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VfGH vom 06.10.1989, g8/89

VfGH vom 06.10.1989, g8/89

Sammlungsnummer

12189

Leitsatz

Abweisung des Antrages des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung des § 62 Oö SozialhilfeG 1973; zu Recht vorgenommene Bezeichnung der von den Sozialhilfeverbänden als Träger von Privatrechten zu besorgenden Aufgaben als Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde; Abweisung des Antrages des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung des § 26 Abs 2 Oö SozialhilfeG 1973; kein maßgebender Einfluß des Bezirkshauptmannes als Obmann des Verbandsausschusses auf die Besorgung der Aufgaben des Gemeindeverbandes

Spruch

Den Anträgen wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof stellt aus Anlaß der bei ihm zu Zl. 87/11/0009 anhängigen Beschwerde mit Beschluß vom , Zl. A1/89, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 62 des O.ö. Sozialhilfegesetzes, LGBl. 66/1973, (O.ö. SHG), in eventu § 26 Abs 2 leg.cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

Der erwähnten Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 51 des O.ö. Sozialhilfegesetzes, LGBl. 66/1973, in der Fassung des Gesetzes LGBl. 2/1984, verpflichtet, dem mitbeteiligten Sozialhilfeverband die Kosten zu ersetzen, die ihm durch die Leistung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes an die Ehegattin des Beschwerdeführers erwachsen sind. Dem angefochtenen Bescheid liegt der namens des mitbeteiligten Sozialhilfeverbandes gestellte und "Für den Bezirkshauptmann" gefertigte "Antrag auf Entschädigung nach § 55 Abs 2" O.ö. SHG vom zugrunde.

2. Die Oberösterreichische Landesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen landesgesetzlichen Bestimmungen und begehrt, den Antrag als unbegründet abzuweisen.

In Ansehung des § 26 Abs 2 O.ö. SHG begehrt sie primär, den Eventualantrag als unzulässig zurückzuweisen.

II. Der Verwaltungsgerichtshof begründet seinen auf Aufhebung des § 62 des O.ö. SHG gerichteten Antrag im wesentlichen damit, daß die Gemeinden zu Unrecht zur Vollziehung im eigenen Wirkungsbereich berufen worden seien. Der auf § 26 Abs 2 leg.cit. bezogene Antrag wird damit begründet, daß dem Bezirkshauptmann ein zu großer Einfluß auf die Tätigkeit des Gemeindeverbandes eingeräumt werde.

Das O.ö. SHG besagt in seinen hier maßgebenden Bestimmungen folgendes (die angefochtenen Vorschriften sind hervorgehoben):

Gemäß § 1 Abs 2 umfaßt die Sozialhilfe die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, die Hilfe in besonderen Lebenslagen und die sozialen Dienste.

Nach § 7 besteht auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes ein Rechtsanspruch. Über die Gewährung dieser Hilfe hat die Bezirksverwaltungsbehörde mit Bescheid abzusprechen (§18a Abs 1). Auf die Hilfe in besonderen Lebenslagen und auf die Leistung sozialer Dienste besteht kein Rechtsanspruch (§20 Abs 4 und § 21 Abs 3).

Gemäß § 23 Abs 1 sind Träger der Sozialhilfe das Land, die Sozialhilfeverbände (§23 Abs 2) und die Städte mit eigenem Statut. Dem § 23 Abs 2 zufolge bleiben die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes () bestehenden Bezirksfürsorgeverbände in ihrem rechtlichen Bestand unberührt; sie erhalten die Bezeichnung Sozialhilfeverband; ihre innere Organisation wird nach Maßgabe der §§24 ff. geändert.

Gemäß § 24 sind Organe des Sozialhilfeverbandes die Verbandsversammlung, der Verbandsausschuß, der Obmann des Verbandsausschusses und der Prüfungsausschuß.

Nach § 25 Abs 1 besteht die Verbandsversammlung aus dem Obmann des Verbandsausschusses und einer bestimmten Anzahl von Vertretern der verbandsangehörigen Gemeinden.

Gemäß § 26 Abs 1 besteht der Verbandsausschuß aus dem Obmann und einer bestimmten Anzahl weiterer Mitglieder.

§ 26 Abs 2 lautet:

"Obmann des Verbandsausschusses ist der Bezirkshauptmann. Der Bezirkshauptmann wird im Falle der Verhinderung von seinem Vertreter im Amt vertreten (Stellvertreter des Obmannes)."

Dem § 27 Abs 3 Z 1 zufolge obliegt die Vertretung des Sozialhilfeverbandes nach außen dem Obmann des Verbandsausschusses.

Dem § 33 zufolge haben die Sozialhilfeträger als Träger von Privatrechten nach Maßgabe der Bestimmungen der §§34 und 35 die durch Bescheide gewährte Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes zu leisten bzw. dafür zu sorgen, daß sie den Hilfeempfängern geleistet wird, sowie Hilfe in besonderen Lebenslagen und soziale Dienste zu gewähren.

§ 34 zählt die Aufgaben des Landes, § 35 jene der Sozialhilfeverbände und der Städte mit eigenem Statut als Sozialhilfeträger auf; so kommt den Sozialhilfeverbänden ua. die Durchführung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes und die Gewährung bestimmter sozialer Dienste zu.

Die Bestimmungen über die Kostentragung enthalten die §§39 ff. Grundsätzlich sind die durch Ersatz- oder Beitragsleistungen nicht gedeckten Kosten für Hilfeleistungen von der Sozialhilfeträgern zu tragen (§39 Abs 1).

Die gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen des Hilfeempfängers haben im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht dem Sozialhilfeträger Kostenersatz zu leisten (§51). Über derartige Ersatzansprüche hat - wenn kein Vergleich zustandekommt - über Antrag des in Betracht kommenden Sozialhilfeträgers die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu entscheiden (§55 Abs 2).

§ 62 bestimmt:

"Die nach diesem Gesetz den Sozialhilfeverbänden und den Städten mit eigenem Statut als Sozialhilfeträger zukommenden Aufgaben, die Wahrnehmung der sonstigen damit im Zusammenhang stehenden und die Sozialhilfeverbände oder Gemeinden treffenden Rechte und Pflichten sowie die Mitwirkung der Gemeinden bei der Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfeträger (§61) sind Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zu § 62 O.ö. SHG

1.a) Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, daß er in der bei ihm anhängigen Beschwerdesache § 62 O.ö. SHG "bei Prüfung der Antragslegitimation des mitbeteiligten Sozialhilfeverbandes" anzuwenden hätte. Diese Bestimmung sei deshalb präjudiziell, "weil darnach die Geltendmachung des Ersatzanspruches nach § 55 Abs 2 O.ö. SHG gleichermaßen wie die Erbringung der Sozialhilfeleistung durch den (mitbeteiligten) Sozialhilfeverband im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu erfolgen hatte".

b) Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10296/1984).

Die Annahme des antragstellenden Verwaltungsgerichtshofes ist keineswegs denkunmöglich, es sei für seine Entscheidung im Anlaß-Beschwerdeverfahren bedeutsam zu klären, ob der mitbeteiligte Sozialhilfeverband im Administrativverfahren einen rechtmäßigen Antrag iS des § 55 Abs 2 O.ö. SHG auf Rückersatz gestellt habe, wobei es bei Lösung dieser Frage auch darauf ankomme, ob der Sozialhilfeverband im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde tätig zu werden hatte, was sich wiederum aus § 62 O.ö. SHG ergebe.

Da außer der Präjudizialität auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der auf Aufhebung des § 62 O.ö. SHG gerichtete (Primär-)Antrag zulässig.

2. Er ist aber nicht berechtigt:

a) Der antragstellende Verwaltungsgerichtshof äußert ob der Verfassungsmäßigkeit des § 62 O.ö. SHG die folgenden Bedenken:

"Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß der im B-VG umschriebene Umfang des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (Art118 Abs 2 und 3 B-VG) nicht nur eine positive Garantie der Gemeindezuständigkeit begründet, sondern auch eine Grenze in dem Sinn darstellt, daß darüber hinaus eine Heranziehung der Gemeinden durch Bundes- und Landesgesetzgeber zur Vollziehung nur mehr im übertragenen Wirkungsbereich zulässig ist. Die Bezeichnung von nicht die Kriterien des Art 118 Abs 2 i.V.m. Abs 3 B-VG erfüllenden Angelegenheiten als solchen des eigenen Wirkungsbereiches ist ebenso verfassungswidrig wie die Unterlassung einer nach dem zweiten Satz des Abs 2 dieser Verfassungsbestimmung gebotenen Bezeichnung.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis Slg. Nr. 9520/1982 (S. 157) die Erbringung von Sozialhilfeleistungen nach dem Tiroler Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 105/1973, (mit Ausnahme der in § 33 Tiroler SHG erwähnten, im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Leistungen der Gemeinden als Träger von Privatrechten zur Hilfe in besonderen Lebenslagen und im Rahmen der freien Wohlfahrtspflege) als nicht dem eigenen Wirkungsbereich zugehörig qualifiziert.

Daraus scheint sich auch in Ansehung des O.ö. SHG zu ergeben, daß die im § 62 angesprochenen Aufgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände, die jedenfalls die Angelegenheiten umfassen, auf die sich der angefochtene Bescheid bezieht, und auf die die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. Nr. 9520 niedergelegten Erwägungen gleichermaßen zutreffen, nicht als Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches hätten bezeichnet werden dürfen."

b) aa) Art 118 Abs 2 letzter Satz B-VG gebietet dem Gesetzgeber, Angelegenheiten, die dem Art 118 Abs 2 und 3 B-VG zufolge solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sind, als solche zu bezeichnen. Daraus ergibt sich umgekehrt das Verbot, Angelegenheiten, die nicht solche des eigenen Wirkungsbereiches sind, dennoch als solche zu benennen.

Das gilt schon im Hinblick auf den Wortlaut des Art 116a Abs 3 erster Halbsatz B-VG auch dann, wenn einzelne Aufgaben der Gemeinde einem Gemeindeverband zur Besorgung zugewiesen werden (vgl. etwa Gallent, Die Gemeindeverbände (vor und) nach Art 116a B-VG, ÖGZ 1986, 14, und die dort zitierte weitere Literatur). Diese Bezeichnung ist auch sinnvoll; denn auch dann, wenn eine Angelegenheit von einem Gemeindeverband besorgt wird, ist es wesentlich, ob er im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde tätig wird oder nicht.

bb) Der Verwaltungsgerichtshof bezieht sich in seinem Antrag auf das hg. Erkenntnis VfSlg. 9520/1982. Der Verfassungsgerichtshof beschäftigte sich damals ausschließlich mit der Frage, ob bestimmte behördliche Aufgaben auf dem Gebiet der Sozialfürsorge solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sind oder nicht.

Darum geht es im vorliegenden Fall - entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichtshofes - aber nicht:

cc) Den - als Gemeindeverbände iS des Art 116a B-VG eingerichteten - Sozialhilfeverbänden obliegt nach dem klaren Wortlaut des O.ö. SHG keinerlei hoheitliche Aufgabe; sie haben vielmehr als Träger von Privatrechten die von der Bezirkshauptmannschaft bescheidmäßig (§18a Abs 1 O.ö. SHG) angeordnete Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes selbst zu leisten bzw. dafür zu sorgen, daß sie geleistet wird (vgl. zum möglichen Auseinanderfallen der Rechtsnatur der behördlichen Anordnung einer Maßnahme und deren Durchführung , S. 13), sowie die (ohne vorherige Erlassung eines Bescheides freiwillige) Hilfe in besonderen Lebenslagen und soziale Dienste zu gewähren.

Das gilt auch für die Stellung von Anträgen auf Rückersatz gemäß § 55 Abs 2 O.ö. SHG.

Dieses Ergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte des O.ö. SHG bestätigt.

So besagt der Bericht des (Landtags-)Ausschusses für öffentliche Wohlfahrt zum nachmaligen O.ö. SHG (Beilage 392/1973, XX. GP):

"Zu § 7:

Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht ein Rechtsanspruch. Dies wird im Abs 1 ausdrücklich festgestellt. Damit im Zusammenhang normiert Abs 2 (nunmehr seit der Novelle 1983: § 18a Abs 1), daß über die Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes mit Bescheid abzusprechen ist. Die Entscheidungen über Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes sind demnach im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu treffen. . . .

Zu den §§33 bis 36 (VII. Abschnitt):

Die Aufgaben der Sozialhilfeträger werden in diesem Abschnitt umschrieben. Ausdrücklich wird klargestellt (§33), daß diese Aufgaben von den Sozialhilfeträgern als Träger von Privatrechten, also unter Ausschluß von Hoheitsbefugnissen, zu erfüllen sind.

Nach § 33 lita und b ist die durch Bescheid (§7 Abs 2) gewährte Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes von den Sozialhilfeträgern selbst zu leisten bzw. haben die Sozialhilfeträger dafür, und zwar in geeigneter Weise, zu sorgen, daß diese Hilfe geleistet wird.

Die Hilfe in besonderen Lebenslagen und die sozialen Dienste sind Kannleistungen. Sie setzen keine Bescheide voraus. Ob und in welchem Umfange solche Leistungen erbracht werden, bestimmen nach Maßgabe der einschlägigen Regelungen des Gesetzentwurfes (siehe im besonderen die §§20 ff.) ausschließlich die Sozialhilfeträger, und zwar wiederum in ihrer Eigenschaft als Privatrechtsträger, selbst.

. . .

Zu den §§57 bis 64 (XII. Abschnitt):

. . .

Gemäß Art 118 Abs 2 B-VG 1929 sind die im Gesetz geregelten Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ausdrücklich als solche zu bezeichnen. Diesem verfassungsrechtlichen Gebot entspricht § 62. Damit im Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß den Gemeinden bzw. den Sozialhilfeverbänden als Gemeindeverbände als Leistungsaufgaben nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ausschließlich Aufgaben zugewiesen sind, die sie als - schon von der historischen Entwicklung her gesehen hiezu prädestinierte - Träger von Privatrechten zu erfüllen haben. Behördliche Aufgaben kommen nach dem Gesetzentwurf - sieht man von rein organisationsrechtlichen Zuständigkeiten im Bereich der Sozialhilfeverbände ab - den Gemeinden nicht zu. Die Tätigkeit der Gemeinden und davon abgeleitet auch der Gemeindeverbände als Träger von Privatrechten gehört aber schon von Verfassungs wegen gemäß Art 118 Abs 2 B-VG. 1929 ausschließlich dem eigenen Wirkungsbereich zu.

. . .".

Aus der Einleitung des Art 118 Abs 2 B-VG ergibt sich zweifelsfrei, daß die im Art 116 Abs 2 B-VG angeführten Angelegenheiten (nämlich die Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinden) zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu zählen sind.

dd) Die vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken treffen also nicht zu. Dem auf § 62 O.ö. SHG bezogenen Antrag war daher keine Folge zu geben.

B. Zu § 26 Abs 2 O.ö. SHG

1.a) Da der Primärantrag abzuweisen war, ist auf den Eventualantrag, § 26 Abs 2 O.ö. SHG aufzuheben, einzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof erblickt die Präjudizialität dieser landesgesetzlichen Vorschrift darin, daß er sie bei Prüfung der Vertretungsbefugnis des für den mitbeteiligten Sozialhilfeverband einschreitenden Obmannes des Verbandsausschusses anzuwenden habe, und weil sich daraus ergebe, daß ua. die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 55 Abs 2 O.ö. SHG durch den Bezirkshauptmann als Organ des antragstellenden Verbandes zu erfolgen habe.

b) Auch diese Annahmen über die Präjudizialität sind denkmöglich.

Wenn die O.ö. Landesregierung einwendet, die Vertretungsbefugnis des Bezirkshauptmannes ergebe sich nicht aus § 26 Abs 2 O.ö. SHG, sondern aus dessen § 27 Abs 3 Z 1,

allenfalls aus dem Zusammenwirken dieser beiden Vorschriften, so ist ihr zu erwidern: Zwar trifft die zuletzt erwähnte Annahme zu; zur Beseitigung der vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen verfassungsrechtlichen Bedenken würde es jedoch hinreichen, § 26 Abs 2 O.ö. SHG aufzuheben, der von § 27 Abs 3 Z 1 durchaus trennbar ist.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der auf § 26 Abs 2 O.ö. SHG bezogene Eventualantrag zulässig.

2. Auch er ist aber nicht begründet:

a) Der antragstellende Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die Verfassungsmäßigkeit der zuletzt erwähnten landesgesetzlichen Bestimmung folgende Bedenken:

"Dem Verfassungsgebot, daß den verbandsangehörigen Gemeinden ein maßgebender Einfluß auf die Besorgung der Aufgaben des Verbandes einzuräumen ist (Art116a Abs 3 B-VG), scheint nicht Rechnung getragen worden zu sein, da die verbandsangehörigen Gemeinden auf die Bestellung eines Organes des Verbandes, nämlich des Obmannes des Verbandsausschusses (Stellvertreter des Obmannes), keinen Einfluß nehmen können. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem maßgebenden Einfluß auf die Besorgung der Verbandsaufgaben nicht mehr gesprochen werden, wenn die Bestellung eines Organes des Verbandes dem Einfluß der verbandsangehörigen Gemeinden gänzlich entzogen ist. Dazu kommt, daß der Bezirkshauptmann (Stellvertreter) in seiner Funktion als Obmann nicht etwa nur nebensächliche und rein routinemäßig zu besorgende Aufgaben hat. Er ist der Vorsitzende der Verbandsversammlung und des Verbandsausschusses. Ihm obliegt die Vertretung des Sozialhilfeverbandes nach außen und die laufende Geschäftsführung. Wenngleich der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, daß der Bezirkshauptmann als Obmann des Verbandsausschusses allfällige Weisungen der Verbandsversammlung zu befolgen hat, und derart die verbandsangehörigen Gemeinden einen mittelbaren Einfluß auf die Besorgung der Aufgaben durch den Obmann des Verbandsausschusses haben, so scheint dies kein 'maßgebender Einfluß' im Sinne des Art 116a Abs 3 B-VG zu sein. Den verbandsangehörigen Gemeinden steht nämlich keinerlei Möglichkeit zu, die Nichtbefolgung derartiger Weisungen zu sanktionieren. Sollte hingegen, was im Lichte des Art 20 Abs 1 B-VG bedenklich wäre, der Bezirkshauptmann als Obmann des Verbandsausschusses keinen materiellen Weisungen unterliegen, so hätten die verbandsangehörigen Gemeinden nicht einmal den oben geschilderten mittelbaren Einfluß auf die Besorgung der Geschäfte des Verbandes durch den Obmann des Verbandsausschusses.

Es sei darauf verwiesen, daß die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Oberösterreichischen Landesgesetzgeber gewählte Konstruktion in der Lehre teilweise geteilt werden (vgl. Berchtold, Verfassungsrechtliche Fragen des österreichischen Sozialhilferechtes, in: Krejci, Probleme der Fürsorge und Sozialhilfe im Wohlfahrtsstaat, 58; Hundegger, Zur Organisation der Sozialhilfeverbände als Gemeindeverbände, ÖGZ 1978, 214, 218)."

b) aa) Dem Art 116a Abs 3 B-VG zufolge ist - soweit Gemeindeverbände Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde besorgen sollen - den verbandsangehörigen Gemeinden ein maßgebender Einfluß auf die Besorgung der Aufgaben des Gemeindeverbandes einzuräumen.

Der Meinung des Verwaltungsgerichtshofes zuwider ist den verbandsangehörigen Gemeinden der gebotene Einfluß ungeachtet des Umstandes gewahrt, daß der Bezirkshauptmann durch das Gesetz zum Obmann des Verbandsausschusses berufen wird:

bb) Der Wortlaut des Art 116a Abs 3 B-VG impliziert, daß es zulässig ist, wenn den verbandsangehörigen Gemeinden nicht der alleinige Einfluß auf die Tätigkeit des Gemeindeverbandes zukommt und daß daher kein Verstoß gegen Art 116a B-VG vorliegt, wenn auch außenstehenden Personen oder Institutionen ein gewisser Einfluß eingeräumt wird; dieser darf nur nicht "maßgebend" sein. Im Hinblick auf Art 7 B-VG muß dieser Einfluß sachlich gerechtfertigt werden können.

Erlaubt nun aber Art 116a B-VG, daß auch Außenstehende an der Verbandswillensbildung mitwirken, dann ist es auch zulässig, wenn diese Außenstehenden nicht von den verbandsangehörigen Gemeinden in die Verbandsfunktion berufen werden, sondern die Bestellung etwa unmittelbar durch das Gesetz erfolgt.

Der Einfluß des Bezirkshauptmannes auf die Besorgung der Aufgaben des Gemeindeverbandes ist nach dem O.ö. SHG nicht "maßgebend". So ist insbesondere beachtenswert, daß dem Bezirkshauptmann als Obmann des Verbandsausschusses weder in der Verbandsversammlung noch im Verbandsausschuß ein Stimmrecht zukommt (§25 Abs 7 und § 26 Abs 7 O.ö. SHG); diesen Organen kommt aber der wesentliche Einfluß auf die Verbandstätigkeit zu. § 27 Abs 3 Z 1 (Vertretung des Sozialhilfeverbandes nach außen) und § 27 Abs 3 Z 3 leg.cit. (Durchführung der Beschlüsse der Verbandsversammlung und des Verbandsausschusses) berufen den Obmann lediglich dazu, (individuelle und generelle) Beschlüsse anderer Verbandsorgane zu exekutieren. Auch hinsichtlich der Einberufung der Verbandsversammlung und des Verbandsausschusses (die an sich dem Obmann obliegt), ist den verbandsangehörigen Gemeinden ein maßgebender Einfluß gewahrt (§25 Abs 6 und § 26 Abs 6 O.ö. SHG). Der rechtliche Einfluß des Obmannes auf die Verbandswillensbildung ist mithin vergleichsweise gering, sein Einfluß auf die Gestion des Verbandes keineswegs "maßgebend".

cc) Auch dieses Ergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte der in Betracht kommenden Rechtsvorschriften bekräftigt.

So lautet es im - oben näher zitierten - Ausschußbericht zum nachmaligen O.ö. SHG in den Erläuterungen zu den §§23 bis 32 (VI. Abschnitt):

". . .

Obmann des Verbandsausschusses ist der Bezirkshauptmann; er wird im Verhinderungsfalle vom Vertreter im Amt vertreten (§26 Abs 2). Der Bezirkshauptmann führt in dieser Eigenschaft auch den Vorsitz in der Verbandsversammlung. Diese Lösung ist im Hinblick auf die bezogene Bestimmung des Art 116 Abs 4 B-VG. 1929 offensichtlich unbedenklich, zumal dem Bezirkshauptmann kein Stimmrecht zukommt. Im übrigen sind die nach dem Gesetzentwurf vorgesehenen Aufgaben des Bezirkshauptmannes im Rahmen des Sozialhilfeverbandes (§27 Abs 3) in der Erwägung begründet, daß er infolge der subtilen Kenntnis der Verhältnisse im Bezirk und auf Grund seiner Stellung vornehmlich in der Lage sein wird, erforderlichenfalls ausgleichend zu wirken. Dazu kommt, daß, um den Verwaltungsaufwand möglichst klein zu halten, als Geschäftsstelle des Sozialhilfeverbandes die Bezirkshauptmannschaft vorgesehen ist (§31), der der Bezirkshauptmann als Leiter vorsteht. . . ."

Vor allem aber deckt der Ausschußbericht zur nachmaligen (den Art 116a einführenden) B-VG - Novelle 1984, 468 BlgNR, 16.GP, die oben geschilderte Auffassung:

"Zu Art 116a Abs 3 hält der Verfassungsausschuß fest, daß die derzeit in einigen Ländern gegebene Möglichkeit, den Bezirkshauptmann als Verbandsobmann zu bestellen, unter der Voraussetzung einer entsprechenden landesgesetzlichen Regelung gewahrt bleibt."

dd) Auch die auf § 26 Abs 2 O.ö. SHG bezogenen Bedenken treffen sohin nicht zu; dem Antrag, diese landesgesetzliche Bestimmung aufzuheben, war also keine Folge zu geben.