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VfGH vom 15.06.2004, g8/04

VfGH vom 15.06.2004, g8/04

Sammlungsnummer

17218

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung des generellen Ausschlusses der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium im Gegensatz zu Aufwendungen für andere Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen, wie etwa Fachhochschulstudien (betreffend ua die Absetzbarkeit von Studiengebühren)

Spruch

Die Worte "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des § 16 Abs 1 Z 10 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. 400, in der Fassung BGBl. I 1999/106, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zlen. B1145/02, B1222/02 und B574/03 Verfahren über Beschwerden nach Art 144 B-VG gegen im Instanzenzug ergangene Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich sowie des Unabhängigen Finanzsenates anhängig, in denen es vor allem um die Frage geht, inwieweit Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, als Werbungskosten iSd. § 16 Abs 1 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. 400, idF BGBl. I 1999/106, (EStG 1988) steuerlich abzugsfähig sind.

2. Der Verfassungsgerichtshof beschloss aus Anlass dieser Beschwerden am , gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 in der genannten Fassung einzuleiten.

3. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht aufzuheben; für den Fall der Aufhebung stellt sie den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG "als Datum des Außerkrafttretens den bestimmen, um gegebenenfalls eine auf Grund des Erkenntnisses erforderliche Neuregelung mit Wirksamkeit für Veranlagungs- sowie Lohnzahlungszeiträume ab dem Kalenderjahr 2005 vornehmen zu können".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung des Steuerreformgesetzes 2000, BGBl. I 1999/106, lautet wie folgt (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"§16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Werbungskosten sind auch:

...

10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen. Keine Werbungskosten stellen Aufwendungen dar, die im Zusammenhang mit dem Besuch einer allgemeinbildenden (höheren) Schule oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen."

(Ordentliche [Universitäts]Studien waren gemäß § 4 Z 2 Universitäts-StudienG, BGBl. 1997/48, - welche Bestimmung kraft § 143 Abs 9 UniversitätsG 2002, BGBl. I 120, mit Ablauf des außer Kraft getreten ist - die Bakkalaureatsstudien, die Magisterstudien, die Diplomstudien und die Doktoratsstudien.)

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Steuerreformgesetzes 2000 führen dazu - auszugsweise - Folgendes aus:

"Erläuterungen

Allgemeiner Teil

...

Die bisherige strenge Differenzierung von steuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die Ausbildung einerseits und von steuerlich abzugsfähigen Kosten für die Fortbildung andererseits soll gelockert werden. Ausbildungskosten werden dadurch in all jenen Fällen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar, in denen sie mit einem bereits ausgeübten oder einem damit artverwandten Beruf im Zusammenhang stehen. Die Abzugsfähigkeit von durch die Aus- oder Fortbildung bedingten Nächtigungen wird betraglich begrenzt.

...

Besonderer Teil

Artikel I

Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988

...

Zu ArtI Z 3 und Z 10 (§4 Abs 4 Z 7 und § 16):

Abzugsfähig sollen in Zukunft sowohl Aus- als auch Fortbildungsmaßnahmen des Steuerpflichtigen sein, wenn sie einer weiteren Berufsentwicklung in dessen ausgeübtem oder in einem dem ausgeübten Beruf artverwandten Beruf dienen. Im Vergleich zur bisherigen Abzugsfähigkeit von Bildungsmaßnahmen ergeben sich daher folgende Erweiterungen:


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-
Abzugsfähig sind nicht nur Bildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf, sondern auch solche, die im Zusammenhang mit einem dem ausgeübten Beruf artverwandten Beruf stehen (zB Umschulung Friseur - Kosmetiker oder Taxichauffeur - zu LKW-Chauffeur).


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-
Abzugsfähig sind nicht nur Fortbildungsmaßnahmen, sondern auch Ausbildungsmaßnahmen, soweit sie im Zusammenhang mit dem ausgeübten bzw. einem damit verwandten Beruf stehen. Dazu zählt auch der Besuch von berufsbildenden (höheren) Schulen und Fachhochschulen (zB HAK-Matura eines Buchhalters oder Fachhochschulstudium eines kaufmännischen Angestellten) sowie von Sprachkursen (zB Italienischkurs eines Exportdisponenten mit Aufgabengebiet Export nach Italien).

Als Aus- und Fortbildungskosten sind insbesondere Kurskosten, Kosten für Lehrbehelfe, Nächtigungskosten und Fahrtkosten anzusehen.

...

Nicht abzugsfähig sind Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen (Diplom- und Doktoratsstudium), und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein mit dem Erststudium qualifiziert verflochtenes Zweitstudium handelt. Aufwendungen für Fachhochschulstudien sowie für Universitätslehrgänge (einschließlich postgradualer Lehrgänge) sind hingegen abzugsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der ausgeübten bzw. einer damit verwandten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen.

Nach wie vor nicht abzugsfähig sind Bildungsmaßnahmen, die allgemeinbildenden Charakter haben (zB AHS-Matura) sowie Aufwendungen für Ausbildungen, die der privaten Lebensführung dienen (zB Persönlichkeitsentwicklung, Sport, Esoterik, B-Führerschein).

..."

1.2. Mit dem oben wiedergegebenen § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 idFd. Steuerreformgesetzes 2000 wurde die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen sowohl für Aus-, als auch für Fortbildungsmaßnahmen erstmals explizit geregelt. Bis dahin wurde zwischen - bei beruflicher Veranlassung - abzugsfähigen Fortbildungskosten und generell nicht abzugsfähigen Ausbildungskosten differenziert. Aufwendungen im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium oder einem Fachhochschulstudium stellten dabei nach der Rechtsprechung - grundsätzlich - nicht abzugsfähige Ausbildungskosten dar (vgl. VfSlg. 13.696/1994 sowie etwa VwSlg. 5571 F/1981; ; VwSlg. 7097 F/1996).

1.3. In der Folge wurde dann mit dem Bundesgesetz BGBl. I 2002/155 der erste Satz des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 dahingehend erweitert, dass auch "Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die eine Tätigkeit in einem neuen Berufsfeld ermöglichen", als Werbungskosten gelten. Gemäß § 124b Z 75 EStG 1988 war diese Änderung erstmals bei der Veranlagung der Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2003 bzw. für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden, anzuwenden.

1.4. Schließlich wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 2003/71, § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 dahin geändert, dass - im Hinblick auf § 124b Z 77 EStG 1988 erstmalig bei der Veranlagung der Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2004 bzw. für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden - auch Studienbeiträge für ein ordentliches Universitätsstudium dann als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn das Studium eine Aus- oder Fortbildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder damit verwandten beruflichen Tätigkeit oder eine umfassende Umschulungsmaßnahme darstellt, die eine geänderte Tätigkeit in einem neuen Berufsfeld ermöglicht.

2. Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nicht ergeben, dass die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes in seinem Prüfungsbeschluss, er habe bei der Entscheidung über die an ihn gerichteten Beschwerden die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung anzuwenden, unzutreffend wäre. Da auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

3.1. In der Sache stützte der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken, die in Prüfung gezogene gesetzliche Bestimmung könnte verfassungswidrig sein, auf die folgenden Erwägungen:

"Der Verfassungsgerichtshof vermag ... vorläufig keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen, dass kraft § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung Aufwendungen, die in Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, generell nicht steuerlich abzugsfähig sind. Es dürfte nämlich nicht von vornherein ausgeschlossen sein, dass ein ordentliches Universitätsstudium eine 'Aus- [oder] Fortbildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit' darstellt. Das dürfte auch die mittlerweile mit dem Budgetbegleitgesetz 2003 erfolgte Änderung des § 16 Abs 1 Z 10 EStG indizieren, der zu Folge zukünftig Studienbeiträge für ein ordentliches Universitätsstudium steuerlich abzugsfähig sind, 'wenn das Studium eine Aus- oder Fortbildungsmaßnahme im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder damit verwandten beruflichen Tätigkeit oder eine umfassende Umschulungsmaßnahme darstellt, die eine geänderte Tätigkeit in einem neuen Berufsfeld ermöglicht'. Ausgehend davon dürfte aber die im letzten Satz des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung vorgenommene Differenzierung zwischen Aufwendungen im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium einerseits und Aufwendungen im Zusammenhang mit sonstigen 'Aus- [oder] Fortbildungsmaßnahmen' andererseits nicht zu rechtfertigen sein."

3.2. Die Bundesregierung hält dem in ihrer Äußerung Folgendes entgegen:

"1. Bemerkungen zur Rechtslage vor dem Steuerreformgesetz 2000

Bildungsmaßnahmen waren vor Erlassung des Steuerreformgesetzes 2000 nur in eingeschränktem Ausmaß steuerlich absetzbar. Rechtsprechung und Lehre nahmen aufgrund der älteren Rechtslage eine strenge Differenzierung in Aus- bzw. Fortbildungskosten vor. Während bis dahin lediglich die Fortbildungskosten als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig waren, wurden Ausbildungskosten grundsätzlich als nicht abzugsfähige Aufwendungen der privaten Lebensführung qualifiziert (vgl. z.B. Grünberger, Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen nach dem Steuerreformgesetz 2000 und der neu geschaffene Bildungsbeitrag, AnwBl. 2000, 186).

Bei der Frage des finanziellen Aufwandes für Universitätsstudien manifestiert sich nun in typischer Weise die Abgrenzungsproblematik zwischen nicht abzugsfähigen Ausbildungskosten und abzugsfähigen Fortbildungskosten. Ein Universitätsstudium steht typischerweise dem Bereich der Ausbildung wesentlich näher, weil die breit angelegte universitäre Ausbildung über den Rahmen der abzugsfähigen Fortbildung hinausgeht. Aufwendungen für ein Universitätsstudium waren - wie erwähnt - gemäß der vor dem Steuerreformgesetz 2000 maßgeblichen, durch die Judikatur geprägten Rechtslage in der Regel steuerlich nicht abzugsfähig, ausgenommen, es handelte sich um Fälle einer 'qualifizierten Verflechtung' eines (Zweit)Studiums mit einem ausgeübten Beruf (vgl. z.B. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch,

§16 Tz 102, Stichwort 'Fortbildungskosten').

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Verfassungsgerichtshof die Differenzierung zwischen Ausbildungskosten einerseits und Fortbildungskosten andererseits nicht als sachfremd wertete (vgl. VfSlg 13.696/1993). ...

2. Zur Änderung der Rechtslage durch das Steuerreformgesetz 2000

Mit dem Steuerreformgesetz 2000 kam es grundsätzlich zu einer Ausweitung der steuerlich anerkannten Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen. ... Im 'verwandten Bereich' wurden nunmehr auch Ausbildungskosten abzugsfähig gemacht (vgl. § 16 Abs 1 Z 10 EStG i.d.F.

StRefG 2000: 'Aufwendungen für Aus- und Fortbildung im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit'). Andererseits wurden Kosten für eine allgemeinbildende (höhere) Schule und Kosten für ein ordentliches Universitätsstudium vom Abzug ausgeschlossen.

Dadurch konnte der Gesetzgeber den Steuerrechtsvollzug wesentlich vereinfachen und hat im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes damit angeordnet, bestimmte Aufwendungen nicht im Einzelfall zu prüfen, sondern generell entweder der Betriebs- bzw. Berufssphäre oder generell der Privatsphäre zuzuordnen. Anlass für die derart typisierende Regelung waren die Schwierigkeiten, mit denen Zuordnungen im Bereich der Bildungsaufwendungen im Steuerrechtsvollzug verbunden waren, zumal die schwierige und strittige Abgrenzungsfrage zwischen Ausbildung und Fortbildung zuvor zu zahlreichen langwierigen Abgaben(berufungs)verfahren führte.

Diese gesetzgeberische Maßnahme ist - wie erwähnt - Teil des Gesamtkonzeptes einer grundsätzlichen Ausweitung der Abzugsfähigkeit im Aus- bzw. Fortbildungsbereich. Dabei wurden in einem vergleichsweise eingeschränkten Anwendungsbereich - nämlich der Aufwendungen für eine allgemeinbildende (höhere) Schule und ein ordentliches Universitätsstudium - Kosten dem nichtabzugsfähigen Bereich zugewiesen. Im Vergleich zur davor bestehenden Rechtslage bedeutet dies allerdings nur im engen Bereich der sog. 'qualifizierten Verflechtung' des Studiums mit einem Beruf eine Schlechterstellung.

Diese - nach Ansicht der Bundesregierung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers stehende - Wertung erscheint sachlich gerechtfertigt, weil


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im Bereich der allgemeinbildenden (höheren) Schulen und ordentlichen Universitätsstudien typischerweise die Ausbildungskomponente gegenüber einer allfälligen Fortbildungskomponente erheblich überwiegt,


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der Bereich der Abzugsfähigkeit (Bereich der 'qualifizierten Verflechtung') nach der zuvor gegebenen Rechtslage nur einen sehr geringen Anwendungsbereich hatte und


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die in langwierigen Abgabenverfahren zu lösenden schwierigen Abgrenzungsfragen dadurch vermieden werden.

Der Gesetzgeber hat daher in zulässiger Weise derartige Kosten generell dem nichtabzugsfähigen Bereich zugewiesen. Diese Typisierung ist sachlich gerechtfertigt und vermeidet schwierige Abgrenzungsfragen sowie langwierige Abgabenverfahren. Derartige pauschalierende Regelungen im Interesse der Verwaltungsökonomie werden vom Verfassungsgerichtshof regelmäßig nicht beanstandet, sofern sie den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht widersprechen. Dass dabei Härtefälle entstehen können, macht ein Gesetz noch nicht gleichheitswidrig (vgl. dazu zusammenfassend: Öhlinger, Verfassungsrecht, 5. Auflage, Rz 768 ff mit weiteren Nachweisen aus der verfassungsgerichtlichen Judikatur).

3. Zur weiteren Rechtsentwicklung

Mit der neuerlichen Novellierung des § 16 Abs 1 Z 10 EStG durch das Bundesgesetz BGBl I 155/2002 wurde das Konzept der Öffnung der abzugsfähigen Aus- bzw. Fortbildungskosten ausgeweitet ('umfassende Umschulungsmaßnahmen'), ohne den durch das Steuerreformgesetz 2000 eingeschlagenen Weg im Bezug auf allgemeinbildende (höhere) Schulen und ordentlichen Universitätsstudien zu verlassen.

Erst durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 71/2003, wurden (mit Wirksamkeit ab 2004) Studienbeiträge für ein ordentliches Universitätsstudium in die Abzugsfähigkeit einbezogen. Diese Maßnahme stellt eine steuerliche Entlastungsmaßnahme im Hinblick auf die zuvor eingeführten Studienbeiträge für Universitätsstudien dar. Diese gesetzgeberische Entscheidung hat nach Ansicht der Bundesregierung keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der sachlich gerechtfertigten und daher zulässigen Einschränkung hinsichtlich der Jahre vor 2004.

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass nach Ansicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit der den Gegenstand des Gesetzesprüfungsverfahrens bildenden Wortfolge des § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988, BGBl. 400, i.d.F. BGBl. I 106/1999 nicht vorliegt."

3.3. Dieses Vorbringen ist - aus den nachstehenden Erwägungen - nicht geeignet, die im Prüfungsbeschluss vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Bedenken zu zerstreuen.

Die Bundesregierung versucht den generellen Ausschluss der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, im Wesentlichen damit zu rechtfertigen, dass

a) im Bereich der ordentlichen Universitätsstudien typischerweise die Ausbildungskomponente gegenüber einer allfälligen Fortbildungskomponente erheblich überwiege;

b) der Ausschluss der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium im Vergleich zu der zuvor gegebenen Rechtslage nur im engen Bereich der so genannten "qualifizierten Verflechtung" des Studiums mit einem Beruf eine Schlechterstellung darstelle;

c) die in langwierigen Abgabenverfahren zu lösenden schwierigen Abgrenzungsfragen dadurch vermieden würden.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Zu a) Dieses Argument ist angesichts einer Regelung, die - grundsätzlich - die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen sowohl für Ausbildungs- als auch für Fortbildungsmaßnahmen vorsieht, nicht geeignet, den generellen Ausschluss der Aufwendungen für bestimmte (Aus- bzw. Fort-)Bildungsmaßnahmen sachlich zu rechtfertigen.

Zu b) Auch der Umstand, dass die frühere Abzugsfähigkeit von Kosten für ein Universitätsstudium behaupteter Maßen nur einen engen Anwendungsbereich hatte, ist nicht geeignet, die Sachlichkeit der nunmehrigen Differenzierung darzutun, ist die Rechtslage doch jetzt vor dem Hintergrund eines Gesamtkonzeptes zu beurteilen, nach dem Aus- und Fortbildungsmaßnahmen in einem wesentlich größeren Umfang abzugsfähig sind.

Zu c) Die damit angesprochenen Abgrenzungsfragen können allein daraus resultieren, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Aus- oder Fortbildungsmaßnahme "im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit" steht. Inwiefern in dieser Hinsicht ein - für die gleichheitsrechtliche Beurteilung - relevanter Unterschied zwischen einem ordentlichen Universitätsstudium und anderen Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen, wie etwa Fachhochschulstudien, bestehen sollte, wurde von der Bundesregierung nicht dargetan und ist für den Verfassungsgerichtshof auch nicht erkennbar.

4. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken haben sich somit als zutreffend erwiesen. Die in Prüfung gezogene Bestimmung verstößt daher gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz (Art7 Abs 1 B-VG).

Wenngleich die Bestimmung ihren zeitlichen Anwendungsbereich bereits verloren hat (§16 Abs 1 Z 10 EStG 1988, idF BGBl. I 1999/106, war im Hinblick auf § 124b Z 75 EStG 1988, idF BGBl. I 2002/155, letztmalig bei der Veranlagung der Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2002 bzw. - wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug erhoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird - letztmalig für Lohnzahlungszeiträume bis zum anzuwenden), war im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Abgabengesetzen mit beschränktem zeitlichen Anwendungsbereich (s. VfSlg. 8709/1979, S. 417, und die dort angeführte Vorjudikatur) mit einer Aufhebung nach Abs 3 des Art 140 B-VG und nicht mit einem Ausspruch nach Abs 4 vorzugehen.

Im Hinblick auf den beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich kam die von der Bundesregierung begehrte Festsetzung einer Frist für das Außerkrafttreten der in Rede stehenden Bestimmung nicht in Betracht.

5. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 B-VG.

6. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.

7. Diese Entscheidung konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.