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VfGH vom 11.10.2001, g8/01

VfGH vom 11.10.2001, g8/01

Sammlungsnummer

16328

Leitsatz

Unsachlichkeit einer Regelung des Sbg Landesstraßengesetzes 1972 über die Verknüpfung der den Gemeinden auferlegten Kostentragungspflicht für Landesstraßen mit dem nach straßenpolizeilichen Vorschriften festgelegten Ortsgebiet

Spruch

Die Wortfolgen "Als geschlossene Ortschaft" und "das Ortsgebiet gemäß den straßenpolizeilichen Vorschriften," in § 1 Abs 3 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 119/1972, waren verfassungswidrig.

Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist eine Beschwerde gemäß Art 144 Abs 1 B-VG der (nunmehrigen) Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee gegen einen Bescheid der Salzburger Landesregierung anhängig, mit dem diese ausgesprochen hatte, daß die beschwerdeführende Gemeinde verpflichtet sei, einen Beitrag zu den Kosten der Instandsetzung einer im Verlauf der L 206 - Köstendorfer Landesstraße - gelegenen Westbahnüberführung in Höhe von S 765.290,03 zu leisten.

Die in Rede stehende Westbahnüberführung liegt sowohl im Gemeindegebiet der Stadtgemeinde Neumarkt am Wallersee als auch in deren (straßenpolizeilichem) Ortsgebiet.

1.2. § 22 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972 - LStG 1972, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 119/1972, lautet - soweit hier relevant -:

"§22

(1) Die Kosten

1. des Baues und der Erhaltung der Durchzugsstrecken von Landesstraßen in geschlossenen Ortschaften;

2. ...

werden wenigstens zu einem Drittel von den Gemeinden getragen; den Rest der Kosten trägt das Land.

...

(4) Die nach Abs 1 von der Gemeinde oder nach Abs 3 (a)n diese zu entrichtenden Beträge werden im ersteren Fall auf Grund der Kostenermittlung, in deren Unterlagen die Gemeinde Einsicht nehmen kann, im letzteren Fall auf Grund der Kostenermittlung, deren Unterlagen die Gemeinde der Landesstraßenverwaltung zur Verfügung zu stellen hat, einvernehmlich zwischen der Gemeinde und der Landesstraßenverwaltung festgelegt. Wenn ein Einvernehmen nicht zustande kommt, entscheidet die Landesregierung."

Der Inhalt des Begriffs "geschlossene Ortschaft" in § 22 Abs 1 LStG 1972 ergibt sich aus § 1 LStG 1972. Diese Bestimmung (in der hier maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten der Landesstraßengesetz-Novelle 2001, LGBl. Nr. 92/2001) lautet - soweit hier relevant - samt Überschrift (die in Prüfung gezogenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"I. Abschnitt

Von der Anwendung des Gesetzes und der Einteilung

der öffentlichen Straßen und Wege

§1

(1) Das Gesetz findet auf öffentliche Straßen - mit Ausnahme der Bundesstraßen -, das sind

a) Landesstraßen,

b) Eisenbahnzufahrts- und sonstige Konkurrenzstraßen,

c) Gemeindestraßen,

d) öffentliche Interessentenstraßen und

e) dem öffentlichen Verkehr dienende Privatstraßen

Anwendung.

(2) ...

(3) Als geschlossene Ortschaft im Sinne dieses Gesetzes gilt das Ortsgebiet gemäß den straßenpolizeilichen Vorschriften, als Ortsdurchfahrt eine durch eine geschlossene Ortschaft führende Straßenstrecke.

(4) ..."

2. Aus Anlaß des zuvor erwähnten Beschwerdeverfahrens waren beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit zweier Wortfolgen in § 1 Abs 3 LStG 1972 entstanden, die (anscheinend) auf § 53 Abs 1 Z 17a und Z 17b StVO 1960 verweisen, weshalb er mit Beschluß vom von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der oben bezeichneten Wortfolgen einleitete, und dazu begründend im wesentlichen folgendes ausführte:

"... Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Auffassung, daß § 1 Abs 3 LStG 1972 eine - seiner ständigen Rechtsprechung (zB VfSlg. 12.384/1990 (S 598 mwN)) zufolge verfassungswidrige - sog. 'dynamische Verweisung' auf Normen eines anderen Rechtserzeugungsorgans enthält: Eine solche Verweisung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, daß

'der Gesetzgeber des Bundes oder eines Landes nicht selbst den Inhalt der Norm festlegt, sondern dies einem anderen Gesetzgeber überläßt, indem er für die Zukunft die jeweiligen Gesetzesbefehle des anderen Gesetzgebers als eigene Gesetzesbefehle erklärt, obwohl ihr Inhalt noch gar nicht feststeht und daher auch nirgend(s) umschrieben ist' (VfSlg. 6290/1970 (S 705 f)).

... Dies scheint hier der Fall zu sein:

Die Landesgesetzgebung hat in § 1 Abs 3 LStG 1972 den Begriff der 'geschlossenen Ortschaft' eingeführt, diesem jedoch keine eigenständige Begriffsbestimmung beigefügt, sondern lediglich bestimmt, daß diesem Terminus dieselbe Bedeutung beizumessen sei wie jenem des Ortsgebietes iS des § 53 Abs 1 Z 17a StVO, dessen Inhalt jedoch (...) jeweils erst aus einem Zusammenspiel von Gesetzes- und Verordnungsnormen resultiert.

Gemäß § 22 Abs 1 Z 1 LStG 1972 bestimmt sich nun aber die Kostentragungspflicht der Gemeinde nach der Ausdehnung der 'geschlossenen Ortschaft' und damit - auf Grund der in § 1 Abs 3 LStG 1972 getroffenen Verweisung - jenes Straßennetzes, das innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' gelegen ist. § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 3 LStG 1972 dürfte somit dem Bundesgesetzgeber, dh. einer fremden Rechtsetzungsautorität (vgl. Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG), die Befugnis einräumen, die Entscheidung der Landesregierung über das Bestehen und das Ausmaß einer Kostentragungspflicht der Gemeinde vollständig zu determinieren. Der Landesgesetzgeber scheint sich dadurch der ihm auferlegten Verpflichtung zur eigenständigen Wahrnehmung der ihm durch die Bundesverfassung zugewiesenen Kompetenzen (hier: des Landesstraßenrechts; vgl. Art 15 Abs 1 iVm Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG) unzulässiger Weise entzogen zu haben.

Der Gerichtshof nimmt vorläufig an, daß diesem Bedenken nicht entgegensteht, daß die Erlassung von Verordnungen, mit denen die Aufstellung der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' verfügt wird, in den Bereich des Landesvollziehung fällt (Art11 Abs 1 Z 4 B-VG) und durch Landesbehörden vorzunehmen ist (vgl. Art 11 Abs 3 erster Satz B-VG iVm § 94e und § 94b Abs 1 litb StVO), uzw. deshalb nicht, weil die in Rede stehenden Verordnungen als Durchführungsverordnungen zu § 53 Abs 1 Z 17a und Z 17b StVO zu werten sein dürften und sie inhaltlich somit als durch Bundesrecht präformiert erscheinen.

... Der Gerichtshof übersieht nicht, daß die verfassungswidrige dynamische Verweisung auf Normen, die von einer anderen Gesetzgebungsautorität geschaffen worden sind, vom Fall einer bloßen tatbestandlichen Anknüpfung an fremdes Recht zu unterscheiden ist. Von einer solchen - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Anknüpfung kann aber nur die Rede sein, wenn 'die zum Tatbestandselement erhobene (fremde) Norm nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre vorläufige inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zugrunde gelegt wird' (VfSlg. 12.384/1990 (S 599); Hervorhebung im Original).

Daraus dürfte hier jedoch nichts zu gewinnen sein:

Das LStG 1972 scheint in § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 3 vielmehr anzuordnen, daß die Kostentragungspflicht der Gemeinde davon abhänge, wie - in Vollziehung des § 53 Abs 1 Z 17a StVO - das Ortsgebiet festgelegt worden sei. Dem zur Vollziehung des § 22 Abs 1 Z 1 LStG 1972 berufenen Organ - der Landesregierung - dürfte es demnach nicht offenstehen, bloß im Vorfragenbereich, allenfalls in Orientierung an § 53 Abs 1 Z 17a StVO, jedenfalls aber ohne an die durch Aufstellung der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' getroffene Festlegung des Ortsgebietes gebunden zu sein, zu beurteilen, welches Gebiet als 'Ortsgebiet' anzusehen sei.

... Der Verfassungsgerichtshof nimmt überdies vorläufig an, daß eine Verknüpfung der in § 22 Abs 1 Z 1 LStG 1972 normierten Kostentragungspflicht der Gemeinde mit der jeweiligen Festlegung des Ortsgebietes iS des § 53 Abs 1 Z 17a StVO Bedenken aus dem Blickwinkel des aus dem Gleichheitssatz (Art7 Abs 1 B-VG iVm Art 2 StGG) erfließenden allgemeinen Sachlichkeitsgebots begegnet:

Vorweg ist in Erinnerung zu rufen, daß (auch) Landesstraßen stets zur Gänze im Gebiet von Ortsgemeinden gelegen sind (vgl. Art 116 Abs 1 B-VG). Intendiert der Landesgesetzgeber somit, den jeweils betroffenen Gemeinden die Pflicht aufzuerlegen, zu den durch die Landesstraße auflaufenden Kosten nach Maßgabe ihres besonderen Verkehrsinteresses verhältnismäßig beizutragen, so obliegt es ihm, den von den Gemeinden mitzufinanzierenden Teil von Landesstraßen von dem restlichen Teil der Landesstraße innerhalb der Gemeindegrenzen abzugrenzen.

Ungeachtet des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums, der dem Landesgesetzgeber dabei zukommt, scheint vorerst zweifelhaft zu sein, ob jenes gesetzliche - dem Gesetzeszweck der StVO entsprechend nach Maßgaben der Verkehrstechnik und -sicherheit zu handhabende - Kriterium der 'leicht erkennbaren örtlichen Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke', das für die Aufstellung der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' bestimmend ist (§53 Abs 1 Z 17a und 17b StVO), auch für die Feststellung der Kostenbeitragspflicht der Gemeinde nach Maßgabe von deren Verkehrsinteresse als sachlich gelten kann:

Gedacht sei nämlich etwa an den Fall, daß eine Gemeinde ein relativ dicht bebautes, räumlich konzentriertes 'Kerngebiet' hat, eine andere hingegen eine eher lockere Bebauung aufweist. Für jenes Ausmaß, in dem die Gemeinde jeweils eine Kostenbeitragspflicht trifft, scheint als Folge der Bezugnahme des § 22 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 3 LStG 1972 auf § 53 Abs 1 Z 17a StVO allein die Siedlungsstruktur bestimmend zu sein. Es ist auch der Fall vorstellbar, daß eine der eigentlichen geschlossenen Ortschaft im Abstand vorgelagerte Gruppe von Bauwerken, deren 'örtliche Zusammengehörigkeit ... leicht erkennbar ist' - ungeachtet ihrer untergeordneten Bedeutung unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsinteresses an der Landesstraße bis zum Beginn der eigentlichen Ortschaft - zur Aufstellung einer Ortstafel und damit zu einem höheren Maß der Kostenbeitragspflicht der Gemeinde, damit aber auch zu einer ungleichen, häufig von Zufällen abhängenden Belastung der Gemeinden untereinander führt. So hat im Beschwerdefall bloß der - nach der StVO freilich bedeutsame - Umstand, daß an der Gemeindegrenze an der zur beschwerdeführenden Gemeinde gegenüberliegenden Seite der Brücke ein geschlossenes Ortsgebiet einer anderen Gemeinde anschließt, zur Aufstellung der Ortstafel an jenem Ende der Brücke geführt, woraus der beschwerdeführenden Gemeinde allein eine Beitragspflicht zu den Kosten der Instandsetzung der Brücke entstünde.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt demnach vorläufig an, daß zwischen jenen straßenpolizeilichen Maßgaben, nach denen das Ortsgebiet iS des § 53 Abs 1 Z 17a und 17b StVO festzulegen ist, und dem Ausmaß der Kostenbeitragspflicht der Gemeinde zum Bau bzw. zur Erhaltung von Durchzugsstrecken von Landesstraßen kein sachlicher Zusammenhang besteht.

Erweist sich somit jener rechtliche Kontext, welchem ein Tatbestandselement entnommen ist, das dort (zB in der StVO) eine besondere Funktion hat, als sachfremd, so dürfte es dem Landesgesetzgeber auf dem Boden des Sachlichkeitsgebots der Bundesverfassung verwehrt sein, die Kostentragungspflicht der Gemeinde von einem solchen Tatbestandselement abhängig zu machen. Der Verfassungsgerichtshof hat es aus ähnlichen Gründen in seinem Erkenntnis VfSlg. 8388/1978 abgelehnt (aaO S 123), den Begriff der 'geschlossenen Ortschaft' in § 4 Abs 1 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 ohne weiteres - dh. ohne Rücksicht auf den Zweck der dieses Tatbestandselement enthaltenden Norm - mit jenem der 'geschlossenen Ortschaft' in § 1 Z 14 des (damaligen) Straßenpolizeigesetzes 1946 bzw. des 'verbauten Gebietes' in § 53 Abs 1 Z 17a StVO gleichzusetzen (so auch die nunmehr ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs; s. VwSlg. 9894 A/1979; zuletzt das Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0391 mwN, wonach die Aufstellung der Ortstafeln für die Beurteilung der Frage, ob eine geschlossene Ortschaft iS des Natur- und Landschaftsschutzrechts vorliege, ohne Relevanz sei)."

3. Im Gesetzesprüfungsverfahren erstattete die Salzburger Landesregierung eine Äußerung, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Wortfolgen verteidigt.

Begründend wird dazu folgendes ausgeführt (alle Hervorhebungen im Original):

"... Rechtslage und Motive des Gesetzgebers:

... Nach § 1 Abs 3 LStG 1972 gilt als geschlossene Ortschaft im

Sinn dieses Gesetzes das Ortsgebiet gemäß den straßenpolizeilichen Vorschriften, als Ortsdurchfahrt eine durch eine geschlossene Ortschaft führende Straßenstrecke. Nach § 22 Abs 1 LStG 1972 werden die Kosten des Baues und der Erhaltung von Durchzugsstrecken von Landesstraßen in geschlossenen Ortschaften wenigstens zu einem Drittel von den Gemeinden getragen.

Die Kostentragungsregelung ist dabei jener im Bundesstraßengesetz 1971 nachgebildet: Nach § 9 Abs 1 des Bundesstraßengesetzes 1971 (Straßenbaulast in Ortsgebieten) haben die Gemeinden in Ortsgebieten die Kosten des Baues und der Erhaltung der Bundesstraße für bestimmte Teile der Fahrbahn (lita), für Gehsteige und Gehwege (litb), für Parkplätze (litc) sowie für Abstellstreifen (litd) zu tragen.

... § 1 Abs 3 LStG 1972 wurde durch die Landesstraßengesetz-Novelle 1972, LGBl Nr 93, eingefügt. Nach der RV (224 Blg LT 2. Sess 6. WP) sollten mit dieser Bezugnahme Unklarheiten über den Umfang der im LStG (1966) verwendeten Begriffe 'geschlossene Ortschaft' und 'Ortsdurchfahrt' behoben werden. Verwiesen wird in der RV auch auf das Bundesstraßenrecht, welches diese Übereinstimmung mit den straßenpolizeilichen Bestimmungen enthalte. Der Landesgesetzgeber verstand diese Bezugnahme somit als einen Beitrag zur Rechtssicherheit sowie Einheit der Rechtsordnung. Vor dieser Einfügung im Jahr 1972 fehlte es an einer Bestimmung des Begriffes der 'geschlossenen Ortschaft'. Das Landesstraßengesetz hat allerdings bereits in seiner Stammfassung die Kosten des Baues und der Erhaltung der Durchzugsstrecken von Landesstraßen in geschlossenen Ortschaften zu einem Drittel auf die Gemeinden überwälzt (s dazu § 21 des Gesetzes vom über die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen mit Ausnahme der Bundesstraßen (Landes-Straßengesetz), LGBl Nr 28/1934).

... Zum Bedenken der verfassungswidrigen dynamischen

Verweisung.

... Als geschlossene Ortschaft gilt nach dem LStG 1972 das,

was Ortsgebiet nach straßenpolizeilichen Vorschriften ist. Ortsgebiet nach straßenpolizeilichen Vorschriften ist das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen Ortstafel und Ortsende. Die Ortstafel ist nach § 53 Z 17a StVO jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen; das Zeichen Ortsende ist auf der Rückseite des Zeichens Ortstafel anzubringen - somit gibt das Hinweiszeichen Ortsende das Ende des verbauten Gebietes an. Daraus ergibt sich: Ortsgebiet nach straßenpolizeilichen Vorschriften ist jeweils das verbaute Gebiet. Es wird durch die Hinweiszeichen Ortstafel und Ortsende zum Ausdruck gebracht. Eine geschlossene Ortschaft im Sinn des LStG 1972 ist somit jeweils das verbaute Gebiet, wobei ein solches wiederum nur dann vorliegt wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist.

... Die Landesregierung vermag im § 1 Abs 3 LStG 1972 keine verfassungswidrige sog dynamische Verweisung (zu) erkennen. Der Landesgesetzgeber knüpft vielmehr an einen Tatbestand an, der sich zwar aus Rechtsvorschriften des Bundes ergibt, entzieht sich dabei allerdings nicht seiner Verpflichtung zur eigenständigen Wahrnehmung der ihm zugewiesenen Kompetenzen. Auch kann keine Rede davon sein, dass fremde Normen (hier: Straßenverkehrsordnung bzw darauf gestützte Verordnungen) im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen würden. Der Landesgesetzgeber knüpft an den Tatbestand des Ortsgebietes an. Das Ortsgebiet, wie es sich aus straßenpolizeilichen Vorschriften ergibt ist tatbestandliche Voraussetzung für die Kostenbeitragspflicht der Gemeinden.

a) Im § 1 Abs 3 LStG 1972 ist schon gesetzestechnisch keine dynamische Verweisung enthalten: Für eine dynamische Verweisung typisch wäre die legistische Formulierung 'straßenpolizeiliche Vorschriften in der jeweils geltenden Fassung'. Nach Auffassung der Landesregierung ist die Bezugnahme auf das Ortsgebiet 'gemäß den straßenpolizeilichen Vorschriften' im § 1 Abs 3 LStG 1972, so sie überhaupt begrifflich als 'Verweisung' verstanden werden muss, jedenfalls statisch. Der Landesgesetzgeber spricht gegenwartsbezogen von 'den straßenpolizeilichen Vorschriften' und will offenkundig den Begriff so verstanden wissen, wie er sich aus den zum Zeitpunkt der Erlassung des LStG 1972 in Geltung stehenden straßenpolizeilichen Vorschriften ergibt, und nicht so 'wie auch immer (zukünftige) straßenpolizeiliche Vorschriften ihn verstehen'.

§ 1 Abs 3 LStG 1972 geht auf die Landesstraßengesetz-Novelle 1972, LGBl 93, zurück; diese Novelle ist am in Kraft getreten. Im Zeitpunkt der Erlassung dieser Bestimmung stand hinsichtlich der hier maßgeblichen Regelungen noch die Straßenverkehrsordnung 1960 in ihrer Stammfassung in Geltung. Nach § 2 Z 15 in der damals geltenden (Stamm-)Fassung ist Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der Richtzeichen 'Ortstafel' (§53 Z 17a) und 'Ortsende,' (§53 Z 17b). Bereits nach der Stammfassung gibt das Zeichen 'Ortstafel' den Namen eines Ortes an und ist am jeweiligen Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Bereits nach der damals geltenden (Stamm-)Fassung ist ein Gebiet dann verbaut wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist. Weiters ist auch nach der damals geltenden (Stamm-)Fassung das Zeichen 'Ortsende' auf der Rückseite des Zeichens 'Ortstafel' anzubringen. (Die Rechtslage hat sich seit der Stammfassung der StVO 1960 nur insofern geändert, als die Bezeichnung 'Richtzeichen' durch 'Hinweiszeichen' ersetzt, das Erscheinungsbild der Zeichen neu geregelt und überdies Bestimmungen über die Anbringung der Ortstafel auf Autobahnen und der Bezeichnung als Erholungsdorf eingefügt wurden.) Dass eine Verweisung bei Fehlen des Hinweises 'in der jeweils geltenden Fassung' verfassungskonform als statisch zu interpretieren ist, ergibt sich aus der Rechtsprechung (s dazu in aller Deutlichkeit VfSlg 13.274/1992 zu allgemein formulierten Verweisungen des Landesgesetzgebers auf 'bundesrechtliche Vorschriften').

b) Die Landesregierung verkennt nicht, dass die hier in Rede stehende Problematik weniger die Frage betrifft, ob im § 1 Abs 3 LStG 1972 eine statische oder dynamische Verweisung formuliert ist, sondern vielmehr, ob die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde verfassungswidriger Weise von zukünftigen Vorschriften einer fremden Rechtsetzungsautorität abhängig ist oder nicht. Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Ansicht, dass es der durch Bundesrecht präformierte Verordnungsgeber in der Hand hätte, über die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde zu entscheiden. Denn: Je nachdem, wo die Hinweiszeichen angebracht werden, danach richte sich die Kostenbeitragspflicht. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass - selbst bei diesem Verständnis des § 1 Abs 3 iVm § 22 Abs 1 LStG 1972 - keine Verfassungswidrigkeit vorliegt:

Der Landesgesetzgeber knüpft in diesem Fall als Tatbestand für die Kostenbeitragspflicht an Vollzugsakte an. Die im § 1 Abs 3 LStG 1972 enthaltene Anknüpfung ist unter dem hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt nicht anders zu beurteilen, als die im (vom Verfassungsgerichtshof auch zitierten) Erk VfSlg 12384/1990 zugrundegelegenen Fall des gewerberechtlichen Verbotes von Tätigkeiten an Standorten, die durch andere Rechtsvorschriften verboten sind. Sie ist auch nicht anders zu beurteilen als eine Landesvorschrift, die eine gewerberechtliche Genehmigung einer Betriebsanlage zum tatsächlichen Anknüpfungspunkt für bestimmte Rechtswirkungen macht (s VfSlg 8172/1977). In all diesen Fällen kommt es zu einem verfassungsrechtlich unbedenklichen Anknüpfen an Rechtsvorschriften genereller oder individueller Natur. Derartige Rechtsvorschriften sind aber von der Verwaltungsbehörde nicht zu vollziehen, sondern in ihrem Sachverhaltsbereich zu berücksichtigen. Auch die Straßenrechtsbehörde hat nicht die Verordnungen, mit denen jeweils das Ortsgebiet festgelegt wird, zu vollziehen, sondern sie lediglich in ihrem Sachverhaltsbereich zu berücksichtigen.

Die Verordnungsakte sind bundesrechtlich eindeutig vorherbestimmt. Die Hinweiszeichen haben jeweils das verbaute Gebiet zu begrenzen (s § 53 Abs 1 Z 17a StVO) - tun sie dies nicht, sind diese Verordnungsakte gesetzwidrig. Für den diesem Gesetzesprüfungsbeschluss zugrundeliegenden Beschwerdefall hieße dies, dass die so als präjudiziell anzusehende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, wenn sie nicht die Festlegung des Ortsgebietes durch Anbringung der Hinweiszeichen als Begrenzung des verbauten Gebietes betrifft, gesetzwidrig wäre.

Mit einer solchen Anknüpfung entzieht sich der Landesgesetzgeber nicht der eigenständigen Wahrnehmung der ihm zustehenden Kompetenzen. Der Landesgesetzgeber leistet vielmehr einen Beitrag zur Einheit der Rechtsordnung, die ja in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung durchaus bemüht wird (s VfSlg 12384/1990, aber im besonderen auch die Rechtsprechung zu(r) sog bundesstaatlichen Rücksichtnahmepflicht, in welcher der Verfassungsgerichtshof der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung unterstellt, die Grundlage einer harmonisierten Rechtsordnung zu sein - immerhin darf der Landesgesetzgeber auch das in seiner Kompetenz wahrzunehmende Naturschutzinteresse bei Vorliegen bestimmter Planungsakte des Bundes nicht durchsetzen, wodurch es zu einer Beeinflussung und Einschränkung der eigenständigen Kompetenzausübung des Landesgesetzgebers durch Bundesvorschriften kommt, s ). Denn: Wie nach dem Bundesstraßengesetz 1971 sollen auch nach dem Landesstraßengesetz in Ortsgebieten die Gemeinden zur Kostentragung herangezogen werden. Der Begriff 'Ortsgebiet' (geschlossene Ortschaft, verbautes Gebiet) soll in bundesrechtlichen wie landesrechtlichen Vorschriften gleich definiert sein, wenn eine Übernahme des Begriffes aus sachlichen Gründen zulässig ist (...). Letzteres ist aber eine andere Frage und steht damit, ob eine verfassungswidrige, weil 'dynamische', Verweisung auf Normen einer fremden Rechtsetzungsautorität vorliegt, in keinem Zusammenhang. Im Übrigen ist zur 'fremden' Rechtsetzungsautorität darauf zu verweisen, dass die Vollziehung der Straßenverkehrsordnung Landessache ist. Durch die Erlassung von Durchführungsverordnungen wird also nicht Recht von einer fremden Autorität geschaffen. Wird die Vollziehung wie hier dem Land zugewiesen, ist das Land befugt, sie eigenständig und in eigener Verantwortung zu besorgen. Dass ein Landesvollzugsakt bundesrechtlich vorherbestimmt ist, verändert den Umstand nicht, dass (im Weg eines Vollzugsaktes) das Land als Rechtsetzungsautorität tätig wird. Die Determinierung durch Bundesrecht ist nur für die Frage der Gesetzmäßigkeit des Vollzugsaktes maßgeblich. Würde nun tatsächlich im § 1 Abs 3 LStG 1972 keine tatbestandliche Anknüpfung, sondern die dynamische Übernahme von Rechtsvorschriften zu sehen sein, würden somit Vorschriften derselben Rechtsetzungsautorität, nämlich des Landes, übernommen.

c) Wird ein derartiges Anknüpfen des Landesgesetzgebers an bundesrechtlich determinierte Vollzugsakte aber für verfassungswidrig erachtet, so ist § 1 Abs 3 LStG 1972 jedenfalls einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich:

Wie schon dargelegt, hat Ortsgebiet nach straßenpolizeilichen Vorschriften das 'verbaute Gebiet' zu sein. (Der) Landesgesetzgeber nimmt auch nicht lediglich auf § 2 Z 15 StVO Bezug, der als Ortsgebiet das Straßennetz innerhalb der beiden Zeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' begreift, sondern auf die 'straßenpolizeilichen Vorschriften', womit jedenfalls auch § 53 Abs 1 Z 17a und Z 17b StVO als begriffswesentlich erfasst sind. In verfassungskonformer Interpretation ist es daher für die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde ausschlaggebend, ob ein verbautes Gebiet vorliegt und nicht, wo die Hinweiszeichen angebracht sind. Freilich vertraut der Landesgesetzgeber darauf, dass die Hinweiszeichen gesetzeskonform den Beginn und das Ende des verbauten Gebietes angeben.

... Schließlich sieht offenbar auch der Verwaltungsgerichtshof in einzelnen Anknüpfungen der Landesstraßengesetze an das 'Ortsgebiet' iSd straßenpolizeilichen Vorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken (s dazu Zl 96/05/0174).

... Zum Bedenken der Gleichheitswidrigkeit:

Der Umstand, dass die Gemeinden in Ortsgebieten iSd straßenpolizeilichen Vorschriften ein Drittel der Kosten des Baues und der Erhaltung von Landesstraßen tragen müssen, ist nicht gleichheitswidrig. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund des Vorliegens einer vom Kostentragungsgrundsatz des § 2 F-VG abweichenden (finanzausgleichsrechtlichen) Regelung. Die Kostentragungsregelung ist damit am speziellen Gleichheitssatz des § 4 F-VG zu messen (vgl dazu VfSlg 15.039/1997), womit nach neuerer Judikatur für die Beurteilung der Sachlichkeit der Regelung ein über die Kostentragungsregelung bestehender Konsens zwischen den Gebietskörperschaften gegenüber spezifischen sachlichen Gründen in den Vordergrund tritt.

... Interesse der Gemeinde am Bau und an der Erhaltung von Landesstraßen:

Ein Kostenbeitrag der Gemeinden zum Bau und zur Erhaltung von Landesstraßen rechtfertigt sich schon auf Grund des zweifellos gegebenen Interesses der Gemeinde an der Einrichtung eines entsprechenden Straßennetzes zum Zweck ihrer Aufschließung und Anbindung an ein überörtliches Verkehrsnetz. Dies unabhängig davon, dass die Regelung des Straßenrechtes, soweit nicht Bundesstraßen betroffen sind, in den Kompetenzbereich des Landes fällt und dass der Bau und die Erhaltung von Landesstraßen eine (im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) besorgte Aufgabe des Landes im Sinn des § 2 F-VG ist. Eine andere Frage ist, welcher (tunlichst einfach handhabbare) Modus für eine vom Kostentragungsgrundsatz des § 2 F-VG abweichende Regelung, die auch die Gemeinden zur Kostentragung heranzieht, gefunden wird. Der Landesgesetzgeber (und der Bundesgesetzgeber in Bezug auf den Bau und die Erhaltung von Bundesstraßen) sieht einen solchen Modus für eine Kostenbeitragspflicht der Gemeinde in einer Anknüpfung an das Ortsgebiet iSd straßenpolizeilichen Vorschriften.

... Sachlicher Zusammenhang zwischen Kostentragung der Gemeinde und Ortsgebiet:

Ortsgebiet ist das verbaute Gebiet (...). Für die Herstellung und Erhaltung von Landesstraßen in verbauten Gebieten werden die Gemeinden zur Beitragsleistung herangezogen. Dies rechtfertigt sich im Besonderen schon dadurch, dass Landesstraßen der Aufschließung der do Bauten und damit den dort wohnhaften Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger in unmittelbarster Weise dienen.

Die Gemeinde hat ein besonderes Interesse an Landesstraßen in Ortsgebieten (verbauten Gebieten, geschlossenen Ortschaften): Die Landesstraße wird im Ortsgebiet verstärkt für den 'örtlichen Verkehr' genutzt. Es kommt damit zu einer Verdichtung des Überlandverkehrs mit dem Ortsanliegerverkehr. Von Seiten der Gemeinde besteht weiters ein erhöhtes Interesse an Verkehrssicherheit in derartigen verbauten Gebieten, womit die straßenpolizeiliche Festlegung des Ortsgebietes einhergeht.

... Kostenbeitrag der Gemeinde als vom Kostentragungsgrundsatz des § 2 F-VG abweichende Regelung:

Wiederholt hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu § 4 F-VG auf die Bedeutung der Führung von Finanzausgleichsverhandlungen und eines dabei erzielten Einvernehmens hingewiesen (s die Rsp ab VfSlg 12.505/1990; vgl Ruppe, in Korinek/Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 6 zu § 4 F-VG); in VfSlg 15.039/1997 wurde die neuere - bislang auf Regelungen nach § 3 F-VG (Finanzausgleich im engeren Sinn) bezogene - Judikatur zu § 4 F-VG im Grunde auch auf Kostentragungsregelungen nach § 2 F-VG angewendet (s dazu Ruppe, in Korinek/Holoubek (Hg), Rz 7f zu § 4 F-VG). Die neuere Judikatur besagt im Wesentlichen so viel: Wurde über eine finanzausgleichsrechtliche Regelung ein Einvernehmen erzielt. hat die getroffene Regelung die Vermutung der Sachlichkeit für sich. In solchen Fällen kann eine Verletzung des § 4 F-VG nur ausnahmsweise mit Erfolg geltend gemacht werden.

Nun ist freilich nicht mehr nachvollziehbar, inwieweit im Jahr 1933 - also vor erstmaliger Festlegung der Kostenbeitragspflicht der Gemeinden (s § 21 Z 1 des Gesetzes LGBl Nr 28/1934) - zwischen Land und den Gemeinden (bzw deren Interessenvertretung) ein Einvernehmen über die Kostentragungsregelung bestanden hat. Auch ist nicht nachzuvollziehen, inwieweit ein Einvernehmen zwischen Bund und Gemeinden über die Regelung der Straßenbaulast in Ortsgebieten nach dem Bundesstraßengesetz 1971 im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Festlegung bestanden hat. Tatsache ist allerdings, dass die betreffenden Kostentragungsregelungen seit Jahrzehnten (!) feste Bestandteile der Rechtsordnung sind, womit das Bestehens eines Konsenses zwischen den Gebietskörperschaften vorausgesetzt werden kann. Schließlich ist zu fragen, inwieweit nicht das periodische Finanzausgleichspaktum eine Schutzwirkung für solche seit jeher bestehende Kostentragungsregelungen entfaltet: Immerhin kennen die Gebietskörperschaften nicht nur ihre Aufgabenbelastungen, sondern auch ihre speziellen Kostentragungsverpflichtungen. Dh: Wie die einzelnen Aufgaben sind auch spezielle bestehende Kostentragungsverpflichtungen als 'Lasten' iSd § 4 F-VG 'Geschäftsgrundlage' für das Paktum - die Gebietskörperschaften werden diesem nur zustimmen, wenn ihnen zur Erfüllung auch dieser Lasten ausreichende Finanzmittel zukommen."

4. In der Annahme, in Kärnten und Niederösterreich bestehe je eine dem Gegenstand des Prüfungsbeschlusses ähnliche Rechtslage (vgl. § 24 Ktn Straßengesetz 1991 und § 15 Abs 3 iVm Abs 2 NÖ Straßengesetz 1999) - die in den übrigen Bundesländern bestehenden Straßengesetze stellen für das Ausmaß der den Gemeinden auferlegten Kostentragungspflicht für Landesstraßen auf andere Kriterien ab, nämlich auf die - gesetzlich nicht definierte - "geschlossene Ortschaft" (vgl. § 18 Abs 1 Bgld Straßenverwaltungsgesetz, § 28 Abs 1 Stmk Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964), das "Gebiet" der Gemeinde (vgl. § 22 Abs 3 OÖ Straßengesetz 1991), den "Bereich des Baulandes" (vgl. § 10 Abs 2 Tir Straßengesetz) oder das "verbaute Gebiet" (vgl. § 6 Abs 6 Vbg Straßengesetz) -, lud der Verfassungsgerichtshof auch die Landesregierungen der beiden genannten Bundesländer ein, sich zu den von ihm dargelegten Bedenken zu äußern.

4.1. Die Kärntner Landesregierung führte in ihrer Äußerung im wesentlichen folgendes aus:

"...

a) (...)

Die Kärntner Landesregierung ist der Ansicht, dass das K-StrG, durch seine statische Verweisung auf die Bestimmungen der StVO 1960, den Begriff des Ortsgebietes im Sinne des § 2 Abs 1 Z 15 zu mittelbaren Inhalt des Kärntner Straßengesetzes 1991 gemacht hat und die Determinierung des Begriffes 'Ortsgebiet' damit nicht einer fremden Rechtsetzungsautorität überlassen hat. Auch die Erlassung jener Verordnungen, mit denen das Ortsgebiet letztlich festgelegt wird, nämlich die Verordnungen betreffend die Aufstellung der Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende' fällt, wie der VfGH in seinem Beschluss selbst ausführt, in den Bereich der Landesvollziehung.

b) Zum Vorliegen einer bloß tatbestandlichen Anknüpfung an fremdes Recht:

In seinem Beschluss führt der Verfassungsgerichtshof unter Berufung auf das Erkenntnis VfSlg. 12384/1990 aus, dass von einer verfassungsrechtlich unbedenklichen tatbestandlichen Anknüpfung nur dann die Rede sein kann, 'wenn die zum Tatbestandselement erhobene (fremde) Norm nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre vorläufige inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zugrunde gelegt wird.'

(...)

Die geltende Fassung des § 24 K-StrG - soweit sie hier maßgeblich ist - wurde in das Gesetz durch die Novelle LGBl. Nr. 33/1977 eingefügt. Aus dem allgemeinen Teil der Erläuterungen ergibt sich zunächst, dass Ziel dieser Novelle eine Anpassung der Rechtsbegriffe und des Inhaltes des Kärntner Straßengesetzes an das Bundesstraßengesetz 1971, BGBl. Nr. 286, war.

Der Begriff 'Ortsdurchfahrt' wurde wie in der StVO 1960 durch den Begriff 'Ortsgebiet' ersetzt. Auch diese Regelung diente der Vereinheitlichung der Begriffe mit dem Bundesstraßengesetz 1971 (Erläuterungen zu Z 6 (betreffend die Überschrift des 7. Abschnitts) der Regierungsvorlage).

Der Begriff der 'Ortsdurchfahrt' wurde unter anderem deshalb durch den Begriff 'Ortsgebiet' ersetzt, da in der Praxis eine Feststellung der Grenzen der Ortsdurchfahrten nicht erfolgt sei. Bei der Formulierung der die Mehrkosten im Ortsgebiet verursachenden Baumaßnahmen wurde auf die Begriffsbestimmungen des § 2 Abs 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 Bedacht genommen (Erläuterungen zu Z 7 (betreffend § 24) der Regierungsvorlage).

Die Kärntner Landesregierung ist aufgrund der Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle 1977 der Ansicht, dass die Tatsache, dass der Landesgesetzgeber als Anknüpfungspunkt das 'Ortsgebiet' im Sinne des § 2 Abs 1 Z 15 der StVO 1960 gewählt hat, neben Gründen der Rechtsvereinheitlichung, vor allem verwaltungsökonomische Gründe hatte. Sie geht auch davon aus, dass sich der Salzburger Landesgesetzgeber von ähnlichen Überlegungen leiten ließ.

Damit nimmt aber der Landesgesetzgeber das Vorliegen eines Ortsgebietes im Sinne der StVO 1960 zum tatsächlichen Anknüpfungspunkt für die Kostentragungspflicht der Gemeinde; der Umstand, dass dieser tatsächliche Anknüpfungspunkt auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die in (Salzburg) durch den Bundesgesetzgeber geschaffen wird (und in Kärnten auf Landesrecht beruht) und die durch Verordnung einer Landesbehörde konkretisiert wird, ist für die hier maßgebliche Fragestellung ohne Belang (vgl. VfSlg. 8172/1977, S 300f, wo sich der Verfassungsgerichtshof - soweit ersichtlich - erstmals mit der Frage der Abgrenzung zwischen dynamischer Verweisung und tatbestandlichem Anknüpfungspunkt auseinandergesetzt hat).

In dem vom Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss zitierten Erkenntnis VfSlg. 12384/1990 führt er unter Berufung auf VfSlg. 8161/1977 und 9546/1982 auch aus, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist

'wenn die eine Gesetzgebungsautorität an Rechtsinstitute anknüpft und auf Lebenssachverhalte Bedacht nimmt, die von der anderen Gesetzgebungsautorität zu regeln sind, sofern das Anknüpfen und die Bedachtnahme sachlich gerechtfertigt sind;'.

Im zitierten Erkenntnis VfSlg. 12384/1990 führt der Verfassungsgerichtshof weiters aus:

'Keinem Gesetzgeber ist es verfassungsrechtlich verwehrt, an die von einer anderen Rechtssetzungsautorität geschaffene Rechtslage (oder erst recht an bereits vorliegende Vollzugsakte) anknüpfend, diese Rechtslage oder die darauf gestützten Vollzugsakte zum Tatbestandselement seiner eigenen Regelung zu machen. Entscheidendes Kriterium einer derartigen - verfassungsrechtlich zulässigen - tatbestandlichen Anknüpfung an fremde Normen oder Vollzugsakte (im Gegensatz zur verfassungswidrigen dynamischen Verweisung) ist es, dass die zum Tatbestandselement erhobene (fremde) Norm nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre vorläufige inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zugrunde gelegt wird (vgl. zur ähnlichen Regelung des § 77 Abs 1 zweiter Satz Gewerbeordnung 1973 Zl 89/04/047:

'Derartige Rechtsvorschriften, die genereller oder individueller Art(Bescheide) sein können, sind aber von der Verwaltungsbehörde ... nicht zu vollziehen, sondern von ihr im Sachverhaltsbereich zu berücksichtigen.')'

Die Kärntner Landesregierung ist der Ansicht, dass von der Landesregierung im Rahmen der Feststellung der Kostentragungspflicht der Gemeinde gemäß § 24 Kärntner Straßengesetz 1991 zunächst an den (auch landesgesetzlich geregelten) Sachverhalt angeknüpft wird, wie von der Bezirksverwaltungsbehörde - als Landesbehörde - das Ortsgebiet festgelegt wurde. An diesem Sachverhalt anknüpfend, ergibt sich als Rechtsfolge die Kostentragungspflicht der Gemeinde. Die Anknüpfung und die Bedachtnahme sind auch sachlich gerechtfertigt, zumal nach der Kärntner Rechtslage die Gemeinden nur für jene Kosten aufzukommen haben, die durch die besonderen Erfordernisse der Ortsbewohner entstehen. Es entspricht jedoch der Lebenserfahrung, dass erhöhte Errichtungskosten im Sinne des § 24 Kärntner Straßengesetzes 1991 in der Regel nur im Ortsgebiet, dh im verbauten Gebiet im Sinne der straßenpolizeilichen Vorschriften, anfallen."

4.2. Die Niederösterreichische Landesregierung äußerte sich auf das genannte Ersuchen des Verfassungsgerichtshofs wie folgt:

"... Zur Verweisungsproblematik:

Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass § 1 Abs 3 LStG 1972 eine unzulässige 'dynamische Verweisung' auf Normen eines anderen Rechtserzeugungsorgans enthält.

Aus Sicht der NÖ Landesregierung handelt es sich im vorliegenden Fall um eine bloße Tatbestandsanknüpfung an eine fremde Norm, da das Ortsgebiet - welches zwar aufgrund einer Verordnung festgelegt wird, wobei die maßgeblichen Kriterien für die Erlassung der Verordnung in § 53 Abs 1 Z. 17a und 17b StVO genannt sind - zum Tatbestandselement für die landesgesetzliche Regelung der Kostentragung gemacht wird. Das Ortsgebiet wird quasi als 'fremde' Rechtslage vom Landesgesetzgeber vorgefunden und gleichsam als Faktum akzeptiert (vgl. dazu M. Attlmayr, Zur Verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des 'Bezugnehmens' auf Normen anderer Rechtsetzungsautoritäten, ÖJZ 2000, 100).

... Zur Sachlichkeit des Abstellens auf das Ortsgebiet im Sinne der StVO:

Mit diesem Problem hat sich der Bauausschuss bei der Erlassung des NÖ Straßengesetzes 1999 auseinander gesetzt, wie aus seinem Bericht zu § 15 NÖ Straßengesetz, Ltg.-61/L-3-1998, hervorgeht:

'Als Umfahrungsprojekt ist dabei die ersatzweise Verlegung einer Landesstraße aus dem Ortsgebiet in das den Ort umgebende Freiland zu verstehen. Voraussetzung für die Gemeindeverpflichtung zur Grundeinlösung ist daher, dass die bestehende Landesstraße durch gemäß § 2 Abs 1 Z. 15 StVO 1960 gekennzeichnetes Ortsgebiet (Hinweiszeichen 'Ortstafel' und 'Ortsende') verläuft. Landesstraßen innerhalb des Ortsgebietes haben nicht nur die Funktion der Abwicklung des überörtlichen Verkehrs, sondern dienen auch als Aufschließungsstraße für die an sie angrenzenden Grundstücke und können daher als Ersatz für eine sonst notwendige Gemeindestraße im Ortsbereich angesehen werden. Die Verlegung einer Landesstraße aus dem Ortsgebiet erfolgt nicht zwingend aus verkehrsökonomischen Gründen, sondern dient in erster Linie der Verkehrsberuhigung im Ortsgebiet. In beiden Fällen (Errichtung im Ort und Umfahrung) handelt es sich daher um Baumaßnahmen, die vor allem im Interesse der Gemeinde bzw. ihrer Bevölkerung erfolgen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass bei Umfahrungen der durch die Neuherstellung entbehrlich werdende alte Landesstraßengrund nach Vorliegen der Umlegungsverordnung der NÖ Landesregierung der jeweiligen Gemeinde rückgewidmet wird. Bezüglich der Berücksichtigung der Finanzkraft der einzelnen Gemeinden ist festzustellen, dass die Länge der genannten Straßenbaumaßnahmen und damit die Höhe der Grunderwerbskosten von der Größe des Ortsbereiches abhängt, wobei sich letztere grundsätzlich aus der Einwohnerzahl (Wohnhausbau) und der Betriebsstruktur der Gemeinde ergibt. Einwohnerzahl (Finanzausgleich) und Betriebsstruktur (Kommunalabgabe) sind bestimmende Faktoren für die Finanzkraft einer Gemeinde. Es ist daher davon auszugehen, dass die finanzielle Belastung durch die Übernahme der Grunderwerbskosten für alle Gemeinden unabhängig ihrer Größe prozentuell gleich sein wird.'

Weiters ist anzuführen, dass entsprechend § 1 Abs 2 Z. 3 lita und b NÖ ROG 1976, LGBl. 8000, die Gemeinde als besonderes Leitziel im Rahmen der örtlichen Raumplanung eine verdichtete, möglichst flächensparende Siedlungsstruktur anzustreben hat, und eine Siedlungsentwicklung grundsätzlich nur innerhalb von Ortsbereichen und im unmittelbaren Anschluss an diese planen darf. § 1 Abs 1 Z. 12 NÖ ROG 1976 definiert den Ortsbereich als einen funktional und baulich zusammenhängenden Teil eines Siedlungsgebietes.

... Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass es dem aus dem Gleichheitssatz erfließenden allgemeinen Sachlichkeitsgebot nicht widerspricht, wenn die Gemeinde im Bereich des Ortsgebietes zur teilweisen Kostentragung für Landesstraßen verpflichtet ist."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Verfahrenshindernisse, die eine meritorische Entscheidung im Anlaßverfahren ausschlössen, sind nicht hervorgekommen. Auch die zunächst vorläufig getroffenen Präjudizialitätsannahmen des Verfassungsgerichtshofs haben sich als zutreffend erwiesen. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist somit zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof findet sein im Einleitungsbeschluß geäußertes Bedenken, die in Prüfung stehende Bestimmung widerspreche dadurch, daß die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde mit dem - straßenpolizeilichen Erfordernissen entsprechend bestimmten - Ortsgebiet verknüpft werde, dem aus dem Gleichheitssatz erfließenden Sachlichkeitsgebot, nicht widerlegt:

2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof bleibt zunächst dabei, daß der Ausdruck "gemäß den straßenpolizeilichen Vorschriften" in § 1 Abs 3 LStG 1972 als Bezugnahme auf jene Vorschriften der (derzeit maßgeblichen) StVO 1960 zu verstehen ist, aus denen sich ergibt, welcher Teil des Gemeindegebiets im Einzelfall als "Ortsgebiet" zu werten sei.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 15 StVO 1960 idF BGBl. Nr. 174/1983 (10. Novelle) gilt als Ortsgebiet

"das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen 'Ortstafel' (§53 Z. 17a) und 'Ortsende' (§53 Z. 17b)".

§ 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960 idF BGBl. Nr. 412/1976 (6. Novelle) und BGBl. Nr. 174/1983 (10. Novelle) bestimmt zum Hinweiszeichen "Ortstafel" folgendes:

"Dieses Zeichen gibt den Namen eines Ortes an und ist jeweils am Beginn des verbauten Gebietes anzubringen. Ein Gebiet ist dann verbaut, wenn die örtliche Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke leicht erkennbar ist.

Auf Autobahnen, ausgenommen am Ende einer Ausfahrtstraße, darf dieses Zeichen nicht angebracht werden. Bei Orten, die berechtigt sind, die Bezeichnung Erholungsdorf zu führen, kann eine grüne Tafel mit der weißen Aufschrift 'Erholungsdorf' unterhalb der Ortstafel angebracht werden."

Das Zeichen "Ortsende" ist gemäß § 53 Abs 1 Z 17b StVO auf der Rückseite des Zeichens "Ortstafel" anzubringen; dem Zeichen kann ein Hinweis auf die Entfernung bis zum nächsten Ort mit Verkehrsbedeutung beigefügt werden.

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 5077/1965 (S 540) ausgesprochen hat, ist jener behördliche Akt, mit dem die Aufstellung der Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" verfügt wird, als Verordnung iS des Art 139 Abs 1 B-VG anzusehen (vgl. auch VfSlg. 5376/1966 (S 616)).

Bei den in § 1 Abs 3 LStG 1972 verwiesenen "straßenpolizeilichen Vorschriften" handelt es sich somit zum einen um die allgemeine Regelung des § 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960, zum anderen um jene (soeben genannten) Verordnungen, mit denen - von den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden (vgl. § 94b Abs 1 Z 2 StVO 1960) - in Anwendung des § 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960 verfügt wurde, an welchem Ort die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" anzubringen seien.

2.1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Prüfungsbeschluß festgehalten hat, sei (auch) jede Landesstraße unabweislich (vgl. Art 116 Abs 1 B-VG) im Gebiet einer oder mehrerer Ortsgemeinden gelegen. Es liege angesichts dessen im rechtspolitischen Ermessen des Landesgesetzgebers (zur Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers in Angelegenheiten der Landesstraßen vgl. Art 15 Abs 1 iVm Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG), die Gemeinden zu Beiträgen zu den durch die Landesstraße verursachten Kosten nach Maßgabe des besonderen Verkehrsinteresses der Gemeinden heranzuziehen. Auch bleibe es dem Landesgesetzgeber überlassen, jene Kriterien festzulegen, die dieses besondere Verkehrsinteresse zum Ausdruck brächten und somit das Ausmaß der Kostentragungspflicht der Gemeinden determinieren. Diese Kriterien hätten aber jenen Erfordernissen zu entsprechen, die sich aus dem Gleichheitssatz, insbesondere auch aus dem diesem innewohnenden allgemeinen Sachlichkeitsgebot, ergäben.

Die Salzburger Landesregierung hat - ebenso wie die am Verfahren beteiligten Landesregierungen Kärntens und Niederösterreichs - nichts vorgebracht, was das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs entkräftet hätte, eine Regelung wie jene des § 22 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 LStG 1972, die das Ausmaß der den Gemeinden auferlegten Kostentragungspflicht für Landesstraßen undifferenziert mit dem "Ortsgebiet" iS des § 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960 verknüpfe, widerspreche dem Gleichheitssatz bzw. dem daraus abgeleiteten allgemeinen Sachlichkeitsgebot:

a) § 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960 nennt als entscheidendes Kriterium für die Aufstellung des Hinweiszeichens "Ortstafel" lediglich eine gewisse, die Zusammengehörigkeit mehrerer Bauwerke erkennen lassende, Dichte des Baubestandes. Wie der StVO 1960 jedoch ebenfalls entnommen werden kann, ist das "Ortsgebiet" vielfältiger Anknüpfungspunkt für straßenpolizeiliche Ge- und Verbote (vgl. zB § 7 Abs 3a (freie Fahrstreifenwahl) u. 4 (Verbot des Zufahrens zum linken Fahrbahnrand auf Vorrangstraßen), § 14 Abs 2 litd (Verbot des Umkehrens auf Vorrangstraßen), § 20 Abs 2 (zulässige Höchstgeschwindigkeit), § 24 Abs 1 litf u. h (Halte- und Parkverbote), § 24 Abs 3 litf, g u. i (Parkverbote), § 26a Abs 2 (Verhalten gegenüber Omnibussen des Kraftfahrlinienverkehrs), § 30 Abs 5 StVO 1960 (Wirtschaftsfuhren)). Dem entspricht es, daß es Zweck des Hinweiszeichens "Ortstafel" - wie jedes anderen Hinweiszeichens - ist, die Verkehrsteilnehmer "auf verkehrswichtige Umstände" aufmerksam zu machen (§53 Abs 1 Einleitungssatz StVO 1960).

Es griffe angesichts dessen zu kurz, die räumliche Anordnung der Ortstafeln ausschließlich unter dem Aspekt der in § 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960 genannten Kriterien zu sehen und so unberücksichtigt zu lassen, daß jede Ortstafel einen "verkehrswichtigen Umstand" zum Ausdruck bringen und so letztlich Belangen der Verkehrssicherheit sowie der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dienen soll.

Da Ortstafeln somit eine besondere straßenpolizeiliche Funktion erfüllen, bedarf es keinen näheren Nachweises, daß eine gesetzliche Regelung, die für die Frage, in welchem Ausmaß die Gemeinde eine straßenrechtliche Kostentragungspflicht trifft, bloß auf den Ort abstellt, an dem die beiden Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" aufgestellt wurden, einen sachlichen Anknüpfungspunkt vermissen läßt (vgl. auch das bereits im Prüfungsbeschluß genannte hg. Erkenntnis VfSlg. 8388/1978 (S 123), in dem der Verfassungsgerichtshof es ausdrücklich abgelehnt hat, den in § 4 Abs 1 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 verwendeten Begriff "geschlossene Ortschaft" - ohne Rücksicht auf den besonderen Zweck des § 4 leg. cit. - mit dem des "verbauten Gebietes" in § 53 Abs 1 Z 17a StVO 1960 gleichzusetzen).

b) Die am Verfahren beteiligten Landesregierungen haben allerdings vorgebracht, eine Kostentragungspflicht, deren Ausmaß sich nach dem "Ortsgebiet" bestimme, sei sachlich, weil eine Landesstraße gerade in diesem Bereich verstärkt für den örtlichen Verkehr genutzt werde und somit in besonderem Maß den Bedürfnissen der Gemeindebewohner diene.

Dem ist insoweit zuzustimmen, als eine Landesstraße in der Tat auch die Funktion einer örtlichen Aufschließungsstraße (mit-)erfüllen und somit - wie schon im Prüfungsbeschluß angesprochen - ein besonderes Verkehrsinteresse der Gemeinde(n), in deren Gebiet die Landesstraße verläuft, begründen kann; in welchem Ausmaß dies im Einzelfall zutrifft, hängt freilich nicht von der Situierung der Ortstafeln, sondern ganz allgemein von der Gliederung der Bebauung und von dem in der Gemeinde vorhandenen sonstigen Straßennetz ab. Der Verfassungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, inwieweit gerade der Gesichtspunkt des Aufschließungsnutzens, den eine Landesstraße für eine Gemeinde stiften mag, in dem nach den straßenpolizeilichen Vorschriften festgelegten "Ortsgebiet" zum Ausdruck käme. Dieses Vorbringen ist somit nicht geeignet, die sachliche Rechtfertigung der vom Landesgesetzgeber gewählten Anknüpfung darzutun.

2.1.3. Das eingangs genannte Bedenken des Verfassungsgerichtshofs trifft somit zu. Da § 1 Abs 3 LStG 1972 durch die Landesstraßengesetz-Novelle 2001, LGBl. Nr. 92/2001 (Z1.2.), mit Wirkung vom (vgl. § 47 Abs 2 LStG 1972 idF der erwähnten Novelle) neu gefaßt wurde, hatte sich der Verfassungsgerichtshof auf die Feststellung zu beschränken (vgl. Art 140 Abs 4 erster Satz B-VG), daß die in Prüfung gezogenen Wortfolgen in § 1 Abs 3 LStG 1972 verfassungswidrig waren.

2.2. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf das im Prüfungsbeschluß ebenfalls geäußerte Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, § 1 Abs 3 LStG 1972 enthalte eine dynamische - und insofern unzulässige und verfassungswidrige - Verweisung auf von einem anderen Rechtserzeugungsorgan (nämlich vom Bundesgesetzgeber) geschaffene Normen.

3. Der Ausspruch über die den Landeshauptmann treffende Kundmachungspflicht beruht auf Art 140 Abs 5 B-VG (Satz 2 iVm Satz 1) und § 65 iVm § 64 Abs 2 VerfGG 1953.

4. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953).