VfGH vom 13.12.2019, G78/2019 ua (G78-81/2019-56 ua)

VfGH vom 13.12.2019, G78/2019 ua (G78-81/2019-56 ua)

Leitsatz

Keine Verletzung des Effizienzprinzips durch die Vereinigung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse; kein Verstoß gegen demokratische Grundsätze der Selbstverwaltung durch paritätische Zusammensetzung der Organe der Sozialversicherungsträger aus Vertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber; kein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze der Selbstverwaltung durch Auflassung der Kontrollversammlungen; Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze der Selbstverwaltung durch Einführung eines Eignungstests für in die Verwaltungskörper der Sozialversicherungsträger zu entsendende Personen, durch die Einrichtung einer staatlichen Zweckmäßigkeitsaufsicht auch bei Beschlüssen, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres übersteigen, durch die Möglichkeit zur Vertagung von Tagesordnungspunkten durch die Aufsichtsbehörde sowie durch die Maßgeblichkeit der Grundsätze der Mustergeschäftsordnungen für die Geschäftsordnungen der Sozialversicherungsträger; kein Verstoß gegen die Organisationsgrundsätze und das Sachlichkeitsgebot im Hinblick auf die Übertragung von Aufgaben an das Büro im Hinblick auf die umfassende Weisungsberechtigung des Verwaltungsrates; Sachlichkeit der Einrichtung des Dachverbandes, jedoch Verstoß gegen Grundsätze der Selbstverwaltung durch Befugnis des zuständigen Bundesministers zu Verfügungen, die ausschließlich die Arbeitsorganisation der Sozialversicherungsträger betreffen; kein Verstoß der Zielsteuerung Sozialversicherung gegen das Determinierungsgebot; Unsachlichkeit von Bestimmungen zur Überleitungsorganisation hinsichtlich des Zuständigkeitsübergangs an den zuständigen Bundesminister, wenn ein gültiger Beschluss nicht zustande kommt sowie des Ausschlusses von Dienstnehmern vom Vorsitz im Überleitungsausschuss; Verletzung der Organisationsprinzipien der Selbstverwaltung durch Übertragung der Sozialversicherungsprüfung auf die Abgabenbehörden des Bundes ohne Möglichkeit der Einflussnahme auf die Modalitäten dieser Prüfung durch die Gesundheitskasse; kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot, den Gleichheitssatz und das Eigentumsrecht durch Übertragung von Abteilungen und Zuweisung von Bediensteten des ehemaligen Hauptverbandes an die Gesundheitskasse

Spruch

I.§41a Abs 1 des Bundesgesetzes vom über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines SozialversicherungsgesetzASVG), BGBl I Nr 189/1955 idF BGBl I Nr 98/2018, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II.Im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl Nr 189/1955 idF BGBl I Nr 100/2018, werden als verfassungswidrig aufgehoben:

1. § 30a Abs 2 zweiter und dritter Satz, § 30b Abs 3 zweiter und dritter Satz und § 30c Abs 3 zweiter und dritter Satz;

2. die Wortfolge "samt erfolgreich absolviertem Eignungstest" in § 420 Abs 6 Z 5 sowie § 420 Abs 7 und Abs 8;

3. die Wortfolge "entsprechend den Weisungen nach § 444 Abs 5" in § 441f Abs 1 sowie § 444 Abs 5 Z 3 und Abs 5 letzter Satz;

4. die Wortfolge "sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen" in § 449 Abs 2;

5. § 449 Abs 4 vorletzter und letzter Satz;

6. § 456a Abs 2 zweiter Satz und;

7. § 538v Abs 1 vierter Satz und fünfter Satz sowie Abs 3 vierter Satz.

III.Im Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), BGBl I Nr 98/2018, werden als verfassungswidrig aufgehoben:

1. die Wort- und Zeichenfolge "die Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl Nr 189/1955," in § 4 Z 2;

2. die Wort- und Zeichenfolge "und gemäß § 42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 1;

3. die Wort- und Zeichenfolge "§42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 2;

4. die Wortfolge "der Österreichischen Gesundheitskasse" in § 5 Abs 2 Z 2;

5. der zweite Spiegelstrich in § 6 Z 1;

6. die Ziffern 3 und 4 in § 7 Abs 2 sowie § 7 Abs 4 zweiter Satz;

7. § 8 Abs 2;

8. die Wort- und Zeichenfolge ", die Österreichische Gesundheitskasse" in § 10 Abs 3;

9. die Wortfolge "auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse eine Sozialversicherungsprüfung oder" in § 11;

10. die Wort- und Zeichenfolge ", die Österreichische Gesundheitskasse hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung" in § 12 Abs 1;

11. die Wortfolge "Österreichische Gesundheitskasse und die" in § 12 Abs 2;

12. die Wort- und Zeichenfolge ", von der Österreichischen Gesundheitskasse alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung" in § 12 Abs 3;

13. die § 15, 16, 17, 18, 19, 20 und 21 sowie die Wortfolge "und der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften" in § 22.

IV.Die Aufhebungen zu den Punkten I. und III. treten mit Ablauf des in Kraft.

V.Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

VI.Die Bundeskanzlerin ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

VII.Der zu G193/2019 protokollierte Antrag wird im Übrigen abgewiesen.

VIII.Der zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierte Antrag, § 23, § 26 Abs 1, § 84a Abs 3, § 418 Abs 3, § 421 Abs 2 letzter Satz, § 426, § 427 Z 1, § 428 Z 1, § 429 Z 1, § 430, § 432 Abs 1 dritter Satz, § 434 Abs 2, § 441a, § 441b, § 441c Abs 2, § 441f Abs 2 bis 5, § 448 Abs 4 zweiter Satz, § 456a Abs 3 und 4, § 538t, § 538u, § 538v Abs 1 zweiter Satz und Abs 4, § 538w, § 538z Abs 8 und § 718 Abs 7a, 8a, 11, 12, 16 und 18 letzter Satz ASVG idF BGBl I Nr 100/2018 als verfassungswidrig aufzuheben, wird abgewiesen.

IX.Der zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierte Antrag wird im Übrigen zurückgewiesen.

X.Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) ist schuldig, den Antragstellern zu G193/2019 zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 4.164,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Mit dem vorliegenden, zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierten, auf Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG gestützten Antrag begehren 21 Mitglieder des Bundesrates, der Verfassungsgerichtshof möge

1.1 "[…] folgende Bestimmungen des Artikel 1 des SV-OG BGBl I 100/2018, die allesamt Novellierungsanordnungen enthalten, mit deren Beseitigung die Fusion der Gebietskrankenkassen zur Gänze aufgehoben würde:

Ziffer 19-21 sowie 24;

Ziffer 28, soweit § 23 und 26 Abs 1 ASVG betroffen sind,

Ziffern 33, 40, 41, 43, 52, 63, 68, 70,

Ziffer 83, soweit § 152 Abs 2 ASVG betroffen ist,

die Ziffern 97, 110, 114 bis 117, 125, 130, 144, und 155

die Ziffer 156, soweit § 420 Abs 6 Z 5, § 420 Abs 7 und 8, § 421 Abs 2 letzter Satz, § 426‚ 427 Z 1, 428 Z 1‚ 429 Z 1, 430 Abs 2, Abs 3a und Abs 4, § 434 Abs 2 betroffen sind;

die Ziffer 158 soweit 441a Abs 1 Z 1, 441f Abs 5 ASVG betroffen sind,

die Ziffer 159 soweit § 443 betroffen ist;

die Ziffern 161, 164, 169 und 170, soweit § 447h Abs 3 betroffen ist,

die Ziffern 179 und 186;

die Ziffer 190, soweit die § 538t — 538w, und 538z Abs 5 dritter Satz ('Den Vorsitz führt der/die Vorsitzende des Überleitungsausschusses für die Österreichische Gesundheitskasse') ASVG betroffen sind;

die Ziffer 193 soweit § 718 Abs 4, Abs 8a, Abs 10 bis Abs 12 und Abs 16 betroffen sind;

die Ziffer 194 soweit § 720 betroffen ist;"

1.2 "[…] gemäß dem ersten Eventualantrag zum Hauptantrag gemäß Punkt 1.1 im ASVG, BGBl Nr 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 59/2018, in der Fassung des Artikel 1 des SV-OG BGBl I Nr 100/2018, zusätzlich wegen Verletzung der Art 120a bis Art 120c B-VG:

§§23, 26 Abs 1, 75a Abs 1 und 3;

in § 84a Abs 3 die Wortfolge 'und zwar vier Vertreter/ in der Österreichischen Gesundheitskasse, wovon drei Vertreter/ innen vom jeweiligen Landesstellenausschuss zu nominieren sind, darunter jedenfalls der/ die Vorsitzende des Landesstellenausschusses und der/ die Stellvertreter/in des Vorsitzenden, und ein/ e Vertreter/ in der Sonderversicherungsträger je Bundesland';

§342c Abs 3, zweiter Satz; 342c Abs 7 zweiter Satz; § 342c Abs 12 vierter Satz; 343d Abs 2 Z 2; 347 Abs 6 dritter Satz; 360 Abs 5 Einleitungssatz;

§§418 Abs 3;

§420 Abs 6 Z 5, Abs 7 und 8;

§421 Abs 2 letzter Satz;

§427 Z 1; 428 Z 1; 429 Z 1;

in § 430 Abs 2, Abs 3a und Abs 4 jeweils die Wendung 'der Österreichischen Gesundheitskasse sowie',

§§434 Abs 2; 441a Abs 1 Z 1; 441f Abs 5; 443 Abs 1 zweiter Satz; 447a; 447f Abs 18 letzter Satz;

§§538t; 538u; 538v; 538w; 538z Abs 5 dritter Satz;

§§718 Abs 8a, 718 Abs 11 und Abs 12 Z 1 sowie Abs 12 letzter Satz, Abs 16; § 720 soweit er die Änderung von Bezeichnungen der bisherigen Gebietskrankenkassen betrifft;"

1.3 "[…] gemäß dem Zusatzantrag zum ersten Eventualantrag gemäß Punkt 1.2 wegen untrennbaren Zusammenhangs mit der Einrichtung der Österreichischen Gesundheitskasse wegen Verletzung der Art 120a bis Art 120c B-VG und des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG) ferner

§§11 Abs 2 vorletzter Satz; 12 Abs 7; 16 Abs 4 und 5; 31b Abs 3 zweiter Satz;

§§152 Abs 2;

§§319a Abs 1; 342 Abs 2b und 2c; 342b Abs 4 fünfter und sechster Satz; 342c Abs 3 zweiter Satz,

718 Abs 4;

§720, soweit er die Änderung von Bezeichnungen der bisherigen Gebietskrankenkassen anordnet;"

1.4 "[…] gemäß dem zweiten Eventualantrag zum Hauptantrag gemäß Punkt 1.1 im ASVG, BGBl Nr 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 59/2018, in der Fassung des Artikel 1 des SV-OG BGBl. I Nr 100/2018, wegen Verletzung der Art 120a bis Art 120c B-VG und des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG):

§538v Abs 1 zweiter Satz wegen Verletzung von Art 2 StGG, Art 7 B-VG,

sowie

§538v Abs 1 dritter Satz wegen Verletzung von Art 18 B-VG;"

2. die § 420 Abs 6 Z 5, Abs 7 und 8 sowie "die untrennbar verbundene Übergangsbestimmung" des § 718 Abs 7a ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung des Art 120c Abs 1 B-VG und des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG);

3. § 426 ASVG idF BGBl I 100/2018 "zur Gänze" sowie § 430 ASVG idF BGBl I 100/2018, in eventu § 430 Abs 2, 3a und 4 leg. cit. "wegen untrennbaren Zusammenhangs" auf Grund Verletzung der Art 120a bis 120c B-VG, des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG) und des "ihm immanenten Sachlichkeitsgebotes im ASVG";

4.1. in § 449 Abs 2 erster Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 die Wortfolge "sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen" und in § 448 Abs 4 zweiter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 die Wortfolge "oder in wichtigen Fragen (§449 Abs 2) gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen"; § 449 Abs 2, Abs 3 und Abs 4 vorletzter und letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018; § 456a Abs 2 und 4 ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung des Art 120b B-VG, des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG) und des Art 18 B-VG;

4.2. § 432 Abs 1 dritter Satz ("beinhaltend Z 1 bis 4"), § 456a Abs 2 letzter Satz und Abs 3 ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung der Art 120a bis 120c B-VG und des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG);

4.3. "[…] das gesamte Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), Art 1 des Bundesgesetzes BGBl I 98/2018, sowie § 41a Abs 1 [gemeint: ASVG] in der Fassung der Ziffer 1 des Artikel 4 des Bundesgesetzes BGBl I 98/2018, die Änderung des Abs 5 durch Art 4 Z 2, die Umbezeichnung des Abs 5 auf Abs 2, weiters die Aufhebung des § 41a Abs 2 bis 4 durch Art 4 Z 3 des Bundesgesetzes BGBl I 98/2018";

"gemäß erstem Eventualantrag zu diesem Punkt

wegen des untrennbaren Zusammenhangs der die Einrichtung der Behörde betreffenden verfassungswidrigen Bestimmungen mit allen übrigen Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl I Nr 98/2018 das gesamte Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung — ZPFSG), BGBl I 98/2018 wegen Verstoßes, gegen Art 120b und Art 120c B-VG, Art 2 StGG, Art 7 B-VG;

gemäß zweitem Eventualantrag zu diesem Punkt

im Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), in der Fassung des Art 1 des Gesetzes über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung — ZPFSG BGBl I Nr 98/2018, folgende, die Einbeziehung der Beitragsprüfung nach dem ASVG in die neue Behörde konstituierende Bestimmungen, wegen Verstoßes gegen Art 120b und Art 120c B-VG, Art 2 StGG, Art 7 B-VG:

aus der Wendung 'lohnabhängige Abgaben und Beiträge' jeweils die Worte 'und Beiträge' in § 1 Abs 1, § 2 Abs 1, § 3 Einleitungssatz, § 5 Abs 1 erster Satz, § 5 Abs 3, § 7 Abs 1, § 8 Abs 1 Z 4, § 10 Abs 1; ferner

in § 4 die Wortfolge: '2. die Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes — ASVG, BGBl Nr 189/1955,';

in § 5 Abs 1 und 2 jeweils die Wortfolge 'und gemäß § 42 und § 43 ASVG', in § 5 Abs 2 überdies die Wortfolge '2. der Österreichischen Gesundheitskasse';

in § 6 Z 1 die Wortfolge '— der Sozialversicherungsprüfer als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse,';

in § 7 Abs 2 die Ziffern 3 und 4 und in § 7 Abs 4 der zweite Satz;

§8 Abs 2;

in § 10 Abs 3 die Wortfolge ', die Österreichische Gesundheitskasse';

in § 11 die Wortfolge 'auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse eine Sozialversicherungsprüfung oder'

in § 12 Abs 1 die Wortfolge ' , die Österreichische Gesundheitskasse hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung', sowie § 12 Abs 2 zur Gänze und in § 12 Abs 3 die Wortfolge ' , von der Österreichischen Gesundheitskasse alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung';

§13, sowie die § 15 bis 21 samt allen Überschriften;

in § 22 die Wortfolge 'und der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften';

in § 26 Abs 2 die Wortfolge 'oder einer Gebietskrankenkasse';

§41a Abs 1 ASVG in der Fassung des Art 4 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung — ZPFSG), BGBl I 98/2018;

die Änderung des § 41a Abs 5 ASVG durch Art 4 Z 2 sowie die Aufhebung der Abs 2 bis 4 und die Umbezeichnung des Abs 5 des § 41a ASVG zu Abs 2 durch Art 4 Z 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung — ZPFSG), BGBl I 98/2018"

4.4. die § 441f, 444 Abs 5 Z 3, den letzten Satz des § 444 Abs 5 ASVG idF BGBl I 100/2018 sowie in § 449 Abs 2 leg. cit. die Wortfolge "die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach § 441f abgestimmten Ziele," wegen Verletzung von Art 120b B-VG und des Art 18 B-VG;

5.1. "§30a Abs 2 ASVG in eventu § 30a Abs 2 zweiter und dritter Satz, § 30b Abs 3 ASVG in eventu § 30b Abs 3 zweiter und dritter Satz, § 30c Abs 3 ASVG sowie die miteinander untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen des § 718 Abs 12 und 18 ASVG, jeweils in der Fassung des SV-OG BGBl I 100/2018" wegen Verletzung des Art 120a B-VG, des Art 120b B-VG sowie des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG);

5.2. die § 441a, 441b und 441c Abs 2 letzter Halbsatz ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung des Art 120a B-VG, des Art 120b B-VG sowie des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG);

5.3. die § 31 und 441a Abs 2 (in eventu den zweiten Satz) ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung des Art 120a B-VG, des Art 120b B-VG, des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG) sowie des Art 18 B-VG;

5.4. § 538z Abs 6 dritter Satz und Abs 8 ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung des Art 120a bis 120c B-VG, des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG) sowie des Art 18 B-VG;

6. die § 15 und 20 PLABG, BGBl I 98/2018 und § 718 Abs 12 Z 2 und Abs 18 letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verletzung des Art 4 Abs 1 EMRK sowie des Gleichheitssatzes (Art2 StGG, Art 7 B-VG),

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung kostenpflichtig als verfassungswidrig aufheben.

2. Mit dem zu G158/2019 protokollierten, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht, § 15 und § 20 PLABG, in eventu § 15 PLABG, in eventu § 15 Abs 1 letzter Satz PLABG, jeweils idF BGBl I 98/2018, als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Mit dem zu G177/2019 protokollierten, auf Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG gestützten Antrag begehrt der Betriebsrat der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, § 15 und § 20 PLABG, in eventu § 15 PLABG, in eventu § 15 Abs 1 letzter Satz PLABG, jeweils idF BGBl I 98/2018, kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Mit dem zu G193/2019 protokollierten, auf Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG gestützten Antrag begehren weiters 113 Antragsteller, die von der Bundesarbeiterkammer als Versicherungsvertreter nominiert wurden, die Wortfolge "Personen, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter/innen samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist." in § 420 Abs 6 Z 5 sowie § 420 Abs 7 und 8 und § 718 Abs 7a ASVG idF BGBl I 100/2018 kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Am wurde im Bundesgesetzblatt das Sozialversicherungs- Organisationsgesetz (SV-OG), BGBl I 100/2018, kundgemacht. Es ändert mit seinem Art 1 das ASVG (89. Novelle zum ASVG), mit seinen Art 2 bis 7 sowie 11 bis 52 verschiedene weitere Gesetze (darunter mit Art 20 das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977), hebt mit Art 10 das Notarversicherungsgesetz 1972 auf und schafft mit seinen Art 8 und 9 zwei neue Bundesgesetze, nämlich das Notarversorgungsgesetz (NVG 2020) und das Bundesgesetz zur Überführung der Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates in eine Versorgungsanstalt des österreichischen Notariates. Die 89. Novelle zum ASVG (Art1 SV-OG) tritt gemäß der Schlussbestimmung des § 718 ASVG idF dieser Novelle (diese Schlussbestimmung trat mit in Kraft) überwiegend zum in Kraft (§718 Abs 1 Z 3 ASVG), einzelne Änderungen traten jedoch bereits zum (so ua die § 538t bis 538z ASVG idF BGBl I 100/2018) bzw zum in Kraft (§718 Abs 1 Z 1 und 2 ASVG idF BGBl I 100/2018).

2. Die § 319a, 456a, 538t bis 538z und 718 bis 720 ASVG idF des SV-OG, BGBl I 100/2018, lauten wie folgt:

"Besonderer Pauschbetrag

§319a. (1) Die Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen den Gebietskrankenkassen, Betriebskrankenkassen - ausgenommen die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe - sowie der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, soweit nicht Abs 6 anzuwenden ist, zu der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt werden durch die Zahlung eines jährlichen Pauschbetrages abgegolten; zwischen diesen Versicherungsträgern sind die Bestimmungen der § 315 bis 319 nicht anzuwenden.

(2) Für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 beträgt der jährliche Pauschbetrag 209 Mio. Euro.

(5) Der Pauschbetrag ist monatlich im vorhinein mit einem Zwölftel dem Hauptverband zu überweisen; dieser hat die einlangenden Beträge nach einem Schlüssel unter Berücksichtigung der Zahl der Versicherten und der eingetretenen Arbeitsunfälle bei den im Abs 1 genannten Krankenversicherungsträgern auf diese aufzuteilen.

(6) Die Bestimmungen der Abs 1 und 2 sind auf die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, soweit diese Anstalt sowohl Träger der Krankenversicherung als auch Träger der Unfallversicherung für Personen nach § 28 Z 3 lita bis c ist, mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß der aus Mitteln der Unfallversicherung für Personen nach § 28 Z 3 lita bis c zu leistende jährliche Pauschbetrag für das Kalenderjahr 1975 10,7 Millionen Schilling zu betragen hat. Bei der Festsetzung des Pauschbetrages für die folgenden Kalenderjahre sind die Aufwendungen der von der Versicherungsanstalt durchgeführten Krankenversicherung zu berücksichtigen.

Geschäftsordnungen der Verwaltungskörper

§456a. (1) Die einzelnen Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes haben zur Regelung der Vorgangsweise bei der Wahrnehmung der ihnen obliegenden Geschäfte für ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche Geschäftsordnungen zu beschließen, die insbesondere nähere Bestimmungen über die ordnungsgemäße Einberufung und Abwicklung der Sitzungen (Verhandlungsleitung, Berichterstattung, Antragsrechte, Protokollführung usw) zu enthalten haben.

(2) Die Geschäftsordnungen (samt Anhang) der Verwaltungskörper und jede ihrer Änderungen sind innerhalb von vier Wochen nach der Beschlussfassung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Genehmigung vorzulegen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Grundsätze der jeweiligen Mustergeschäftsordnung eingehalten werden.

(3) Die Geschäftsordnungen der Verwaltungsräte haben Anhänge zu enthalten, in denen der Zeitpunkt und der Wortlaut ihrer Beschlüsse anzuführen sind, mit denen sie einzelne ihrer Obliegenheiten dem Obmann/der Obfrau oder die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten, insbesondere jener nach § 432 Abs 1 Z 1 bis 4, dem Büro des Versicherungsträgers übertragen haben. Diese Anhänge sind in ihrer jeweils gültigen Form unverzüglich allen Versicherungsvertreter/inne/n des Versicherungsträgers sowie der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen und außerdem im Internet zu verlautbaren.

(4) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat bis längstens durch Verordnung für den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung gesonderte Mustergeschäftsordnungen aufzustellen, wobei die Mustergeschäftsordnung für den Verwaltungsrat auch einen Anhang nach Abs 3 zu enthalten hat. Diese Mustergeschäftsordnungen gelten so lange unmittelbar als Geschäftsordnungen für die genannten Verwaltungskörper, bis für den einzelnen Verwaltungskörper eine Geschäftsordnung nach Abs 1 erlassen worden ist.

(5) Die Abs 3 und 4 sind auf die Verwaltungskörper des Dachverbandes sinngemäß anzuwenden.

8. Unterabschnitt

Zusammenführung der Gebietskrankenkassen

Österreichische Gesundheitskasse – Errichtung

§538t. (1) Die Burgenländische, Kärntner, Niederösterreichische, Oberösterreichische, Salzburger, Steiermärkische, Tiroler, Vorarlberger und Wiener Gebietskrankenkasse werden ab mit Wirksamkeit ab zur Österreichischen Gesundheitskasse zusammengeführt. Die Österreichische Gesundheitskasse ist Versicherungsträger im Sinne des § 32.

(2) Alle Rechte und Verbindlichkeiten der im Abs 1 genannten Gebietskrankenkassen gehen mit auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Sie ist ab zur Durchführung der Verwaltungs- und Leistungssachen zuständig, die nach den am geltenden Vorschriften von den in Abs 1 genannten Gebietskrankenkassen zu besorgen sind. Der Österreichischen Gesundheitskasse obliegt die Erstellung der Rechnungsabschlüsse, der Geschäftsberichte (§444 Abs 1) und der statistischen Nachweisungen (§444 Abs 2) für das Jahr 2019 für die im Abs 1 genannten Gebietskrankenkassen.

(3) Personen, die am in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskrankenkasse stehen, sind ab Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse.

Österreichische Gesundheitskasse – Versicherungsvertreter/innen und Konstituierung der Verwaltungskörper

§538u. (1) Die Versicherungsvertreter/innen der Österreichischen Gesundheitskasse sind erstmals bis nach den Bestimmungen der § 420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 in die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse zu entsenden, wobei die Entsendung mit wirksam wird. Unvereinbarkeitsbestimmungen sind mit Wirksamkeit der Entsendung anzuwenden.

(2) Die Mitglieder des Überleitungsausschusses (§538v) sind ab die Mitglieder des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse. Der/Die Vorsitzende des Überleitungsausschusses und der/die Stellvertreter/in des/der Vorsitzenden übernehmen ab die Funktion des/der Obmannes/Obfrau und des/der Stellvertreters/Stellvertreterin.

(3) Die Hauptversammlung (§419 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) und die Landesstellenausschüsse (§419 Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) sind vom Verwaltungsrat nach dessen erstmaligem Zusammentreten einzuberufen. Hinsichtlich der Angelobung der Versicherungsvertreter/innen gilt § 431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

(4) Die Amtsdauer nach § 425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit .

Überleitungsausschuss – Errichtung

§538v. (1) Für den Zeitraum bis wird ein Überleitungsausschuss nach den für den Verwaltungsrat maßgeblichen Bestimmungen der § 420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 gebildet. Die Mitglieder des Überleitungsausschusses dürfen keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören. Die § 448 und 449 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sind hinsichtlich des Überleitungsausschusses sinngemäß anzuwenden. Kommt ein gültiger Beschluss (Abs3) des Überleitungsausschusses nicht zustande, so kann der/die Vorsitzende, wenn wichtige Interessen der Österreichischen Gesundheitskasse gefährdet scheinen, die Angelegenheit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Entscheidung vorlegen. Sind finanzielle Interessen des Bundes berührt, so ist das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen.

(2) Im Fall der Verhinderung der im Abs 1 genannten Versicherungsvertreter/innen kann eine Übertragung des Stimmrechtes nach § 420 Abs 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 erfolgen. Im Übrigen finden für die Mitglieder des Überleitungsausschusses die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Versicherungsvertreter/innen in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sinngemäß Anwendung.

(3) Die Mitglieder des Überleitungsausschusses sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass der Überleitungsausschuss ab seine Aufgaben und Obliegenheiten nach § 538w wahrnehmen kann. Mit seinem ersten Zusammentreten ist der Überleitungsausschuss konstituiert. In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder des Ausschusses aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n Stellvertreter/in; das an Lebensjahren älteste Mitglied führt hierbei den Vorsitz. Der/Die Vorsitzende hat der Gruppe der Dienstgeber/innen anzugehören; der/die Stellvertreter/in hat der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören. Der Ausschuss ist bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, sofern im § 432 Abs 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 nichts anderes bestimmt ist. Der Ausschuss wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung vom seinem/ihrem Stellvertreter/seiner/ihrer Stellvertreterin einberufen. Der Überleitungsausschuss hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung seiner Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

(4) Die Organisation der Bürogeschäfte des Überleitungsausschusses obliegt bis zur Bestellung des leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse (§538w Abs 4) einem/einer von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellenden/zu bestellender kommissarischen Leiter/in, der/die von den leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen (des Hauptverbandes) zu unterstützen ist. Für die Durchführung der Bürogeschäfte des Überleitungsausschusses sowie die Vorbereitungshandlungen der Zusammenführung der Versicherungsträger ist der kommissarische Leiter/die kommissarische Leiterin bzw der/die bestellte leitende Angestellte ausschließlich dem Überleitungsausschuss verantwortlich. Der/Die kommissarische Leiter/Leiterin kann sich zur Erfüllung seiner/ihrer Aufgaben der Infrastruktur der Gebietskrankenkassen (des Hauptverbandes) bedienen. Mit Bestellung des/der leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse geht diese Aufgabe auf diese/n über, wobei er/sie von den leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen (des Hauptverbandes) zu unterstützen ist. In den Angelegenheiten des § 538w sind die leitenden Angestellten der Gebietskrankenkassen an die Weisungen des kommissarischen Leiters/der kommissarischen Leiterin bzw des/der bestellten leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse gebunden.

(5) Der Überleitungsausschuss kann in der Zeit bis Rechte und Pflichten für die Österreichische Gesundheitskasse begründen. Der Hauptverband hat diese Rechte und Pflichten bis wahrzunehmen. Der zur Ausführung der Tätigkeit des Überleitungssauschusses erforderliche sowie auf Grund seiner Beschlüsse anfallende Aufwand ist anteilsmäßig im Verhältnis der Anspruchsberechtigten der Gebietskrankenkassen zum Stichtag zu tragen. Zur Ermittlung der jeweiligen Anteile sind diese Aufwendungen beim Hauptverband in einem eigenen Rechenkreis darzustellen.

Überleitungsausschuss – Aufgaben

§538w. (1) Folgende Beschlüsse aus dem Wirkungsbereich der Verwaltungskörper der Gebietskrankenkassen sind, unbeschadet der aufsichtsbehördlichen Genehmigungsrechte (§§448 und 449 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018), allein durch den Überleitungsausschuss zu fassen:

1. Beschlüsse betreffend EDV und Informatik, mit welchen die Verfügungen über einen 100 000 Euro übersteigenden Betrag getroffen werden;

2. sämtliche Beschlüsse betreffend

a. Leiter/innen des gehobenen und des höheren Dienstes sowie Angestellte des bereichsleitenden und des leitenden Dienstes nach der DO. A, soweit diese im Verwaltungsdienst tätig sind,

b. Ärzte und Ärztinnen, die nach § 37 Z 1 und 2 DO. B eingereiht sind,

c. Höherreihungen außerhalb der am gültigen Dienstpostenpläne,

d. Personalaufnahmen im Verwaltungsbereich und

e. Beschlüsse betreffend Angelegenheiten gemäß dem Fünften Abschnitt (Personal) des Bundesgesetzes über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge – PLABG, BGBl I Nr 100/2018.

(2) Der Überleitungsausschuss kann sämtliche Beschlüsse, für deren Wirksamkeit die Zustimmung der Kontrollversammlung erforderlich ist, vor Beschlussfassung im Vorstand der jeweiligen Gebietskrankenkasse an sich ziehen und über diese Angelegenheiten selbst entscheiden. Darüber hinaus kann er auch sämtliche Entscheidungen, die in den Aufgabenbereich des Vorstandes (§434) der Gebietskrankenkassen fallen und die sich auf die Zusammenführung der Versicherungsträger auswirken, jederzeit an sich ziehen. Im Übrigen haben die Vorstände der zusammenzuführenden Versicherungsträger die ihnen nach diesem Bundesgesetz zukommenden Aufgaben und Obliegenheiten bis zu erfüllen.

(3) Der Überleitungsausschuss hat unter sinngemäßer Anwendung des § 443 für das Jahr 2020 eine konsolidierte Gebarungsvorschaurechnung zu erstellen, sowie längstens bis einen Jahresvoranschlag zu beschließen.

(3a) Der Überleitungsausschuss hat die für die Zusammenführung der Gebietskrankenkassen erforderlichen vorbereitenden Handlungen zu setzen.

(4) Der Überleitungsausschuss hat für die Österreichische Gesundheitskasse mit Wirkung ab den/die leitende/n Angestellte/n und dessen/deren drei ständige Stellvertreter/innen sowie mit Wirkung ab den leitenden Arzt/die leitende Ärztin und dessen/deren ständige/n Stellvertreter/in für jeweils 5 Jahre (§460 Abs 3a) zu bestellen; hinsichtlich der Bestellung dieser Personen nach dem sind die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Verwaltungskörper berufen.

(5) Die Gebietskrankenkassen haben dem Überleitungsausschuss auf sein Verlangen sämtliche zur Erfüllung der diesem nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben erforderlichen Mitteilungen zu machen. Der Ausschuss kann die notwendigen Erhebungen durch eines oder mehrere seiner Mitglieder auch unmittelbar bei den einzelnen Versicherungsträgern durchführen.

(6) Der Überleitungsausschuss kann zu allen Sitzungen der Verwaltungskörper der Gebietskrankenkassen Vertreter/innen entsenden, denen beratende Funktion zukommt. Er ist von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihm auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Sitzungsprotokolle, Tagesordnungen, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln.

Allgemeine Unfallversicherungsanstalt – Versicherungsvertreter/innen und Konstituierung der Verwaltungskörper

§538x. (1) In die Verwaltungskörper der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nach den Bestimmungen der § 420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sind die Versicherungsvertreter/innen bis zu entsenden. Die Entsendung wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen wirksam. Unvereinbarkeitsbestimmungen sind mit Wirksamkeit der Entsendung anzuwenden.

(2) Die Entsendung in den Verwaltungsrat (§419 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) wird mit wirksam. Dieser hat bis ausschließlich die Aufgaben nach § 538w wahrzunehmen, ab seine Aufgaben und Obliegenheiten nach § 432 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018. Abweichend von § 538w Abs 4 kann die Bestellung der stellvertretenden leitenden Angestellten bis spätestens vorgenommen werden. Vom bis dürfen die Mitglieder des Verwaltungsrates keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören.

(3) Die Entsendungen in die Hauptversammlung (§419 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) und in die Landesstellenausschüsse (§419 Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) werden mit wirksam. Diese Verwaltungskörper haben ihre Aufgaben ab diesem Zeitpunkt wahrzunehmen.

(4) Die Mitglieder des Verwaltungsrates der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass der Verwaltungsrat ab seine Aufgaben und Obliegenheiten nach § 538w wahrnehmen kann. Mit seinem ersten Zusammentreten ist der Verwaltungsrat konstituiert. In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder des Verwaltungsrates aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n Stellvertreter/in; das an Lebensjahren älteste Mitglied führt hierbei den Vorsitz. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Der/Die Stellvertreter/in hat jener Gruppe anzugehören, der nicht der/die Vorsitzende angehört. Der Verwaltungsrat ist bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Der Verwaltungsrat wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung von seinem/ihrem Stellvertreter/seiner/ihrer Stellvertreterin einberufen. Der Verwaltungsrat hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung seiner Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

(5) Die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse sind vom Verwaltungsrat erstmals nach dessen Konstituierung so einzuberufen, dass diese ihre Aufgaben ab wahrnehmen können. Hinsichtlich der Angelobung der Versicherungsvertreter/innen gilt § 431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

(6) Die Amtsdauer nach § 425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit .

(7) Für die Durchführung der Bürogeschäfte des Verwaltungsrates ist der/die bestellte leitende Angestellte ausschließlich dem Verwaltungsrat verantwortlich.

Pensionsversicherungsanstalt – Versicherungsvertreter/innen und Konstituierung der Verwaltungskörper

§538y. (1) In die Verwaltungskörper der Pensionsversicherungsanstalt nach den Bestimmungen der § 420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 sind die Versicherungsvertreter/innen bis zu entsenden. Die Entsendung wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen wirksam. Unvereinbarkeitsbestimmungen sind mit Wirksamkeit der Entsendung anzuwenden.

(2) Die Entsendung in den Verwaltungsrat (§419 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) wird mit wirksam. Dieser hat bis ausschließlich die Aufgaben nach § 538w wahrzunehmen, ab seine Aufgaben und Obliegenheiten nach § 432 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018. Abweichend von § 538w Abs 4 kann die Bestellung der stellvertretenden leitenden Angestellten bis spätestens vorgenommen werden. Vom bis dürfen die Mitglieder des Verwaltungsrates keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören.

(3) Die Entsendungen in die Hauptversammlung (§419 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) und in die Landesstellenausschüsse (§419 Z 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018) werden mit wirksam. Diese Verwaltungskörper haben ihre Aufgaben ab diesem Zeitpunkt wahrzunehmen.

(4) Die Mitglieder des Verwaltungsrates der Pensionsversicherungsanstalt sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass der Verwaltungsrat ab seine Aufgaben und Obliegenheiten nach § 538w wahrnehmen kann. Mit seinem ersten Zusammentreten ist der Verwaltungsrat konstituiert. In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder des Verwaltungsrates aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n Stellvertreter/in; das an Lebensjahren älteste Mitglied führt hierbei den Vorsitz. Der/Die Vorsitzende hat der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören; der/die Stellvertreter/in hat der Gruppe der Dienstgeber/innen anzugehören. Der erstmalige Wechsel des Vorsitzes nach § 430 Abs 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 erfolgt mit . Der Verwaltungsrat ist bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Der Verwaltungsrat wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung von seinem/ihrem Stellvertreter/seiner/ihrer Stellvertreterin einberufen. Der Verwaltungsrat hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung seiner Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

(5) Die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse sind vom Verwaltungsrat erstmals nach dessen Konstituierung so einzuberufen, dass diese ihre Aufgaben ab wahrnehmen können. Hinsichtlich der Angelobung der Versicherungsvertreter/innen gilt § 431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

(6) Die Amtsdauer nach § 425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit .

(7) Für die Durchführung der Bürogeschäfte des Verwaltungsrates ist der/die bestellte leitende Angestellte ausschließlich dem Verwaltungsrat verantwortlich.

Dachverband der Sozialversicherungsträger – Mitglieder und Konstituierung der Verwaltungskörper

§538z. (1) Der/Die jeweilige Vorsitzende des Verwaltungsrates bzw Überleitungsausschusses der Sozialversicherungsträger sowie deren Stellvertreter/in sind ab Mitglieder der Überleitungskonferenz, die in sinngemäßer Anwendung des § 441a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 zu bilden ist. Die § 448 und 449 sind hinsichtlich des Überleitungsausschusses sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Mitglieder der Überleitungskonferenz sind ab die Mitglieder der Konferenz und haben ab diesem Zeitpunkt ihre Aufgaben und Obliegenheiten nach § 441c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 wahrzunehmen.

(3) Die Hauptversammlung besteht ab aus den in § 441b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 genannten Personen. Sie hat ihre Aufgaben ab diesem Zeitpunkt wahrzunehmen. Die Hauptversammlung ist von der Überleitungskonferenz erstmals nach deren Konstituierung so einzuberufen, dass sie ihre Aufgaben ab wahrnehmen kann. Hinsichtlich der Angelobung der Mitglieder gilt § 431 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018.

(4) Die Amtsdauer nach § 425 beginnt für alle Verwaltungskörper mit .

(5) Die Mitglieder der Überleitungskonferenz sind erstmals von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur konstituierenden Sitzung so einzuladen, dass die Überleitungskonferenz ab ihre Aufgaben und Obliegenheiten nach Abs 7 wahrnehmen kann. Mit ihrem ersten Zusammentreten ist die Überleitungskonferenz konstituiert. Den Vorsitz führt der/die Vorsitzende des Überleitungsausschusses für die Österreichische Gesundheitskasse. Die Überleitungskonferenz wird vom Vorsitzenden/von der Vorsitzenden, bei dessen/deren Verhinderung von dem/der Stellvertreter/in einberufen. Die Überleitungskonferenz hat sich zur zweckmäßigen Erfüllung ihrer Aufgaben auf Basis der von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erlassenden Mustergeschäftsordnung eine Geschäftsordnung zu geben.

(6) Die Überleitungskonferenz hat bis ausschließlich die Aufgaben nach Abs 7 wahrzunehmen. Für die Beschlussfähigkeit und die Beschlussfassung gilt § 441a Abs 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018. Kommt ein gültiger Beschluss der Überleitungskonferenz nicht zustande, so kann der/die Vorsitzende, wenn wichtige Interessen des Dachverbandes gefährdet scheinen, die Angelegenheit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Entscheidung vorlegen. Sind finanzielle Interessen des Bundes berührt, so ist das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen.

(7) Die Aufgaben der Überleitungskonferenz sind:

1.die Bestellung des Büroleiters/der Büroleiterin mit Wirkung ab ;

2.Erstellung des Voranschlags für 2020;

3.Vorbereitung der Überstellung der Mitarbeiter/innen des Hauptverbandes;

4. Vorbereitungshandlungen in Bezug auf die künftigen Aufgaben des Dachverbandes sowie Übertragung derselben an die Sozialversicherungsträger.

(8) Die Organisation der Bürogeschäfte der Überleitungskonferenz obliegt bis zur Bestellung des Büroleiters/der Büroleiterin des Dachverbandes (Abs7 Z 1) einem/einer von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellenden/zu bestellender kommissarischen Leiter/in, der/die von den leitenden Angestellten des Hauptverbandes zu unterstützen ist. Mit Bestellung des Büroleiters/der Büroleiterin des Dachverbandes geht diese Aufgabe auf diese/n über, wobei er/sie von den leitenden Angestellten des Hauptverbandes zu unterstützen ist. In den Angelegenheiten des Abs 7 sind die leitenden Angestellten des Hauptverbandes an die Weisungen des kommissarischen Leiters/der kommissarischen Leiterin bzw des/der bestellten Büroleiters/Büroleiterin des Dachverbandes gebunden.

(9) Das Büro des Hauptverbandes hat die Überleitungskonferenz bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Der Hauptverband hat der Überleitungskonferenz auf ihr Verlangen sämtliche zur Erfüllung der dieser nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben erforderlichen Mitteilungen zu machen. Der Ausschuss kann die notwendigen Erhebungen durch eines oder mehrere seiner Mitglieder auch unmittelbar bei den einzelnen Versicherungsträgern durchführen.

(10) Die Überleitungskonferenz kann zu allen Sitzungen der Verwaltungskörper des Hauptverbandes Vertreter/innen entsenden, denen beratende Funktion zukommt. Sie ist von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihr auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Sitzungsprotokolle, Tagesordnungen, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln.

Schlussbestimmungen zu Art 1 des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 (89. Novelle)

§718. (1) Es treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 in Kraft:

1.mit die § 51 Abs 1 Z 2, 53a Abs 1, 319a Abs 2, 447f Abs 18, 456a sowie der 8. Unterabschnitt des Abschnittes I des Zehnten Teiles samt Überschrift;

2.mit § 716 Abs 7;

3. mit die Überschrift zu § 3, die § 3 Abs 1 und 4, 5 Abs 1 Z 3 litb und c sowie Z 8 und 9, 5a und 5b samt Überschriften, 7 Z 2 lita und c, Z 3 litb, Z 4, 8 Abs 1 Z 1 lita sublitbb und cc, Abs 1 Z 3 lite, 9 erster Satz, 11 Abs 2, 12 Abs 7, 14 Abs 2 erster Satz, 15 Abs 3 Z 3, 16 Abs 4 und 5, 17 Abs 1 Z 1 lita und Abs 2, die Überschrift zu Abschnitt III des Ersten Teiles, der erste und zweite Unterabschnitt des Abschnittes III des Ersten Teiles samt Überschriften, der 3. Unterabschnitt des Abschnittes III des Ersten Teiles samt Überschriften, 31, 31a Abs 1 erster Satz, Abs 3 Z 1 litb, Abs 4 letzter Satz, Abs 7 erster Satz, Abs 8 dritter und vierter Satz, Abs 9 letzter Satz und Abs 10 zweiter Satz, 31b Abs 1 erster und zweiter Satz, Abs 2 erster, zweiter, fünfter und neunter Satz, Abs 2a, Abs 3 zweiter Satz sowie Abs 4 erster und letzter Satz, 31c Abs 2 Z 6 und Abs 4 zweiter Satz, 31d Abs 1, Abs 2 Einleitung und Abs 3 erster Satz, die Überschrift zum 5. Unterabschnitt des Abschnittes III des Ersten Teiles, 32 Abs 1 und 2, 32a Abs 3, 37c erster Satz, 37d erster Satz, 41 Abs 1 und 4 erster Satz, 42a, 42b Abs 2, 4 sowie Abs 5 erster und zweiter Satz, 49 Abs 4 erster Satz, Abs 6 und 7 Einleitung sowie Abs 9 Z 5, 51d Abs 4 erster Satz, 53b Abs 1 und 3, 67a Abs 5 letzter Satz und Abs 5a, 67b Abs 5, 67c Abs 1, 70 Abs 1 erster Satz und Abs 2 erster Satz sowie Abs 4, 70a Abs 1 und 3, 73 Abs 2, 4 und 5, 74 Abs 3 Z 3, 75a samt Überschrift, 80a Abs 6 und 8, 80c Abs 1, Abs 2 erster Satz und Abs 4, 81 Abs 1 erster Satz, Abs 2, Abs 2a, Abs 2b erster Satz und Abs 3 letzter Satz, 81a, 82 Abs 1 erster Satz und Abs 3 erster Satz sowie Abs 5 erster Satz, 84 Abs 6, 84a Abs 1 erster Satz, Abs 2 Einleitung, Abs 3 und Abs 5 Z 2 sowie letzter Satz, 84c, 85 Abs 2, 99 Abs 3 Z 1 litb, 109 erster und zweiter Satz, 110 Abs 1 Z 1, Z 2 lita und b sowie Z 3 und Abs 4, 123 Abs 9 lite, 131 Abs 1, 132a Abs 6, 132b Abs 2 erster Satz, Abs 4 und 6, 132c Abs 3 erster Satz, 135 Abs 3a, 136 Abs 5 und 6, 143c Abs 2 erster und zweiter Satz, 144 Abs 1 erster Satz und Abs 6, 148 Z 3 zweiter Satz, Z 8 zweiter Satz und Z 10 zweiter Satz, 149 Abs 1 erster Satz, Abs 3 erster und zweiter Satz, Abs 3a, Abs 3b erster Satz und Abs 4 zweiter Satz, 152 samt Überschrift, 153 Abs 4a, 153a Abs 3 erster und zweiter Satz sowie Abs 5 erster und zweiter Satz, 154a Abs 7 vorletzter Satz, 155 Abs 4, 194 erster Satz, 213a Abs 4 erster Satz, 231 Z 1 litb, 232 Abs 3, 243 Abs 1 Z 1 und Z 2 lith, 307c zweiter Satz, 307d Abs 2 Z 1, 307g Abs 3 und 4, die Überschrift zum Fünften Teil, 318 Abs 1 Einleitung, 319a Abs 1 und Abs 5 erster Halbsatz, die Überschrift zum 4. Unterabschnitt des Fünften Teiles, 321 Abs 2, 322 Abs 2, 322a Abs 1, Abs 2 erster Satz, Abs 6, Abs 7 erster Halbsatz und Abs 8 erster Halbsatz, 322b Abs 1 erster Satz sowie Abs 2 dritter und vierter Satz, die Überschrift zum Sechsten Teil, 338 Abs 1 erster, dritter und vierter Satz, 339 Abs 1 erster und zweiter Satz, die Überschrift zu Abschnitt II des Sechsten Teiles, 340 Abs 1 und 3, 340a zweiter Satz, 341 Abs 1, 342 Abs 1 Einleitungssatz und Abs 1 Z 3 und 6 sowie Abs 2b und 2c, 342a Abs 4 dritter Satz und Abs 5 erster Satz, 342b Abs 1 zweiter und dritter Satz, Abs 2 Z 7 sowie Abs 4, 342c Abs 3 zweiter Satz, Abs 7 zweiter Satz, Abs 12 vierter Satz und Abs 13 erster Satz, 342d Abs 1 und Abs 2 letzter Satz, 343 Abs 1 zweiter und fünfter Satz und Abs 1a, 343a Abs 1 erster Halbsatz, 343b Abs 1, 343c Abs 1, 343d Abs 1 Z 3 und 4 sowie Abs 2 Z 2, 343e Abs 1 erster Satz, Abs 2 erster Satz sowie Abs 4 dritter und vierter Satz, 343f erster bis dritter Satz, 345 Abs 1 letzter Satz, 346 Abs 2 dritter Satz, Abs 4 Z 3 und Abs 5 vierter und fünfter Satz, 347 Abs 2 erster Satz, Abs 3, 3a, 4, 6 dritter und vierter Satz sowie Abs 7, 347b Abs 2 erster und zweiter Satz sowie Abs 3, 348 Abs 1, Abs 2 zweiter Satz und Abs 4 erster Satz, die Überschrift zu Abschnitt III des Sechsten Teiles, 348a Abs 1 zweiter Satz, Abs 3 Einleitung sowie Abs 4 erster Satz, 348b Abs 1 und 2, 348c Abs 1 erster Satz, Abs 2 und Abs 3 vierter Satz, 348d Abs 2 zweiter Satz, Abs 3 erster und vierter Satz, Abs 4 zweiter und vierter Satz sowie Abs 5, 348e Abs 1 erster und zweiter Satz sowie Abs 2 zweiter Satz, 348g zweiter Satz, die Überschrift zu Abschnitt IV des Sechsten Teiles, 349 Abs 2 zweiter und dritter Satz, 349a zweiter Satz, 350 Abs 1 Z 3 und Abs 3, 351a erster Halbsatz, 351c Abs 1 erster, dritter und vierter Satz, Abs 2 Einleitung, Abs 5 erster Satz, Abs 6 fünfter Satz, Abs 9a Z 1 dritter Satz und Z 3, Abs 10 Z 1 Einleitung und litb zweiter Satz, Z 2 Einleitung und litb zweiter Satz, Z 3 erster Satz, Z 4 sowie Z 5 und 11 erster, dritter und fünfter Satz, die Überschrift zu § 351d, 351d Abs 1 erster Satz und Abs 3, 351e Abs 1 zweiter Satz und Abs 2 zweiter Satz, 351f Abs 1 erster, dritter und vierter Satz sowie Abs 2 erster Satz, 351g Abs 1 erster und letzter Satz, Abs 1a zweiter, dritter, vierter und letzter Satz, Abs 1b letzter Satz, Abs 1c zweiter Satz, Abs 2 dritter und vierter Satz, Abs 3, Abs 4 erster und dritter Satz sowie Abs 5, 351h Abs 2, Abs 3 erster, dritter und vierter Satz, Abs 4 erster, dritter und vierter Satz sowie Abs 5 erster, zweiter, vierter und fünfter Satz, 351i Abs 3 zweiter Satz, 351j Abs 1 vierter Satz, 354 Z 1, 355 Z 5, 360 Abs 1 erster und zweiter Satz, Abs 3 erster Satz, Abs 5 sowie Abs 6 erster und vierter Satz, 360a erster und zweiter Satz, 367a Abs 3 erster Satz, 412a erster Satz sowie Z 2 lita, 412b Abs 1 und 2, 412c Abs 1 bis 4, 412d Z 1 und 2, 413 samt Überschrift, der Abschnitt I des Achten Teiles, die Abschnitte II und III des Achten Teiles samt Überschriften, der Abschnitt IVa des Achten Teiles samt Überschriften, 443 und 444 samt Überschriften, 446 Abs 1 erster und zweiter Satz, Abs 3 sowie Abs 4 erster Satz, 446a erster Satz, 447 Abs 1 und 1a, 447a samt Überschrift, 447f Abs 3, Abs 5 Z 2, Abs 6a, Abs 7a vorletzter und letzter Satz, Abs 9 erster und zweiter Satz, Abs 11 zweiter Satz, Abs 13 letzter Satz, Abs 15 erster Satz und Abs 17 erster Satz, 447g Abs 2 dritter Satz, 447h samt Überschrift, 447i Abs 1 erster und zweiter Satz sowie Abs 4 erster Satz, der Abschnitt VI des Achten Teiles, die Überschrift zu 453, 453 Abs 1 Z 4, Abs 2 und 3, 454 samt Überschrift, 455 Abs 2 erster Satz, 456 Abs 1 und 2, 457 Abs 1 und 3, 458 erster Satz, 459, 459d Abs 1 und Abs 2 erster Satz, 459e Abs 1 erster Satz, 459g Abs 3 zweiter Satz, 460 Abs 1, Abs 1a erster Satz, Abs 3, Abs 3b, 4 und 4a, 460c letzter Satz, 460d erster Satz, 471i und 479 Abs 2 Z 4.

(1a) § 717b in der Fassung des Pensionsanpassungsgesetzes 2019 wird durch § 717b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 ersetzt.

(2) Es treten außer Kraft:

1.mit Ablauf des die § 79c samt Überschrift, 347 Abs 5;

2.mit Ablauf des § 716 Abs 2, 3, 5 und 6;

3.mit Ablauf des die § 2 Abs 2 Z 15, 70 Abs 3, 71 samt Überschrift, 129 samt Überschrift sowie 319a Abs 6, der Abschnitt IV des Achten Teiles, 445 samt Überschrift, 447b samt Überschrift, der erste und zweite Unterabschnitt des Abschnittes II sowie der Abschnitt IIa des Neunten Teiles samt Überschriften;

4. mit Ablauf des § 319a samt Überschrift.

(3) Für die Erstattung von Beiträgen, die vor dem entrichtet wurden, sind weiterhin die § 70 und 70a in der am geltenden Fassung anzuwenden; dies gilt nicht, soweit diese Beiträge zusammen mit Beiträgen, die ab entrichtet wurden, für ein bestimmtes Kalenderjahr entrichtet wurden.

(4) § 131 Abs 1 tritt zu dem Zeitpunkt in Kraft, den die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz durch Verordnung festsetzt. Die Verordnung ist zu erlassen, sobald für die Österreichische Gesundheitskasse ein Gesamtvertrag nach § 341 abgeschlossen wurde und ein einheitlicher Leistungskatalog wirksam wird.

(5) § 319a samt Überschrift tritt mit außer Kraft. Der im § 319a Abs 6 vorgesehene besondere Pauschbetrag ist von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt letztmalig für das Jahr 2019 zu überweisen.

(6) Die zum in Geltung stehenden Gesamtverträge der Gebietskrankenkassen mit der Österreichischen Ärztekammer, den örtlich zuständigen Ärztekammern oder der Österreichischen Zahnärztekammer sowie die zum in Geltung stehenden Verträge dieser Versicherungsträger mit den Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen zur Erbringung der Leistungen der Krankenversicherung gelten bis zu neuen Vertragsabschlüssen durch die Österreichische Gesundheitskasse weiter. Die gesetzlichen Kündigungs- und Erlöschenstatbestände mit Ausnahme der § 342c Abs 4 Z 1 und 2 sowie 343 Abs 2 Z 1 und 2 bleiben von diesem Rechtsübergang unberührt.

(7) Die nach § 342c Abs 3 und 343 Abs 1 in der am geltenden Fassung für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern bestehende Wirksamkeit der Verträge bleibt für diesen Teilbereich der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen ab dem solange aufrecht, bis ein neuer Gesamtvertrag nach § 14 SVSG abgeschlossen wird.

(7a) § 420 Abs 6 Z 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 ist auf Personen, die vor dem als Versicherungsvertreter/innen in einen nach dem genannten Bundesgesetz neu einzurichtenden Verwaltungskörper entsendet werden, so anzuwenden, dass der Nachweis der fachlichen Eignung bis längstens zum Ablauf des bei sonstiger Enthebung nach § 423 Abs 1 Z 5 zu erbringen ist.

(8) Die Betriebskrankenkassen der Wiener Verkehrsbetriebe, Mondi, voestalpine Bahnsysteme, Zeltweg und Kapfenberg werden mit Wirksamkeit ab aufgelöst.

(8a) Das zum Stichtag vorhandene Vermögen und die Verbindlichkeiten der Betriebskrankenkassen Mondi, voestalpine Bahnsysteme, Zeltweg und Kapfenberg, abzüglich des in Abs 9 genannten Betrages, gehen mit auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Dies gilt nicht, sofern und solange mittels Betriebsvereinbarung eine betriebliche Gesundheitseinrichtung im Sinne der § 5a und 5b errichtet wurde. Im Falle der Auflösung einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz die Höhe des Anteils des an den Betriebsunternehmer zu übertragenden Reinvermögens in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten festzusetzen.

(8b) Das zum Stichtag vorhandene Vermögen einschließlich der eigenen Einrichtung und die Verbindlichkeiten der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe, abzüglich des in Abs 9 genannten Betrages, gehen entsprechend dem Versichertenstand zum Stichtag auf die Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über. Die eigene Einrichtung der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe als solche geht mit auf die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über. Die Abwicklung der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe obliegt ausschließlich der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, wobei die Kosten dieser Abwicklung im Rahmen der Vermögensaufteilung zu berücksichtigen sind. Die Vermögensverteilung ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz festzulegen.

(9) Die Betriebsunternehmer der in Abs 8 genannten Betriebe können zum Zweck der Aufrechterhaltung des für die Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen der jeweiligen Betriebskrankenkasse zum Zeitpunkt der Auflösung bestehenden Leistungsniveaus jeweils eine Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit ihrer Beschäftigten einrichten. Dieser Stiftung ist von der jeweiligen Betriebskrankenkasse ein Anteil ihres im Jahresabschluss 2019 ausgewiesenen Reinvermögens zu widmen. Näheres ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Betriebsunternehmer zu regeln, wobei die Höhe des zu widmenden Anteils des Reinvermögens in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten und dem Alter der Anspruchsberechtigten festzusetzen ist.

(10) Bezüglich des im Abs 8 verfügten Vermögensüberganges auf die Österreichische Gesundheitskasse bzw die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau wird Folgendes festgelegt:

1.Der Jahresbericht für das Geschäftsjahr 2019 der Betriebskrankenkassen ist von der Österreichischen Gesundheitskasse bzw der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zu erstellen. Alle Schriften, Bücher und Akten der Betriebskrankenkassen sind mit der Österreichischen Gesundheitskasse bzw der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zu übergeben.

2.Die Österreichische Gesundheitskasse bzw die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau hat

a)zur Nachweisung der Übernahme des Vermögens der mit aufgelösten Betriebskrankenkassen dieses (Aktiva/Passiva) in geeigneten Aufzeichnungen gesondert zu erfassen; abweichende Zuordnungen von Aktiva und Passiva in der Vermögensrechnung sind näher zu begründen;

b)in ihrer Schlussbilanz zum in der Einzelnachweisung zu den Posten allgemeine Rücklage, Leistungssicherungsrücklage und Unterstützungsfonds die übernommenen Vermögensteile jeweils gesondert als 'Vermögensübertragung' anzugeben;

c)in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2020 jedenfalls über das übernommene Vermögen (Aktiva/Passiva) sowie über den zum übernommenen Versichertenstand näher zu berichten;

d) die Aufbewahrungsfristen nach § 58 der Weisungen für die Rechnungslegung und Rechnungsführung der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes (Rechnungsvorschriften – RV) hinsichtlich aller übernommenen Bücher, Aufzeichnungen und sonstigen Unterlagen zu beachten.

(10a) Die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die am bei einer der im Abs 8 genannten und mit aufzulösenden Betriebskrankenkassen beschäftigt sind, gehen, sofern diese Bediensteten im Betrieb, für den die Betriebskrankenkasse errichtet war, nicht mehr weiter beschäftigt werden können, oder in der betrieblichen Gesundheitseinrichtung nicht beschäftigt werden können, auf die Österreichische Gesundheitskasse beziehungsweise im Fall der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe auf die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über.

(11) Die Österreichische Gesundheitskasse hat bis längstens eine Satzung und eine Krankenordnung zu erlassen, die an die Stelle der von den Gebietskrankenkassen erlassenen Satzungen bzw Krankenordnungen tritt. Bis zur Erlassung dieser Satzung (Krankenordnung) gelten die Satzungen (Krankenordnungen) der Gebietskrankenkassen im jeweiligen Bundesland weiter.

(12) Für die am beim Hauptverband beschäftigten Bediensteten kommen mit Wirkung vom folgende Regelungen zur Anwendung:

1.Die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die nicht in einer im Abs 18 genannten Abteilung beschäftigt sind, gehen im Rahmen ihrer Abteilung auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Die Dienstverhältnisse der Mitglieder des Verbandsmanagements gehen nicht auf die Österreichische Gesundheitskasse über.

2.Durch Erklärung des Dienstgebers/der Dienstgeberin kann der/die Bedienstete entsprechend seinem/ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden.

3.Dem/Der Bediensteten bleiben die ihm/ihr aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der auf ihn/sie anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt.

Unbeschadet der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Hauptverband sind die Bediensteten der Abteilungen 'Nationale und internationale Grundsatzangelegenheiten (KV, UV, PV)' und 'Evidenzbasierte wirtschaftliche Gesundheitsversorgung (EWG)' nach dem am geltenden Dienstpostenplan und dem Anhang zur Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes zur Vorbereitung der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen bereits ab dem dem/der kommissarischen Leiter/Leiterin bzw dem/der leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse direkt zugeordnet.

(13) Die bisher dem Hauptverband zukommende Kollektivvertragsfähigkeit verbleibt auch nach dem beim Dachverband. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung bleiben aufrecht.

(14) Für Bedienstete, die am mit einer Funktion nach § 460 Abs 3a betraut sind, finden hinsichtlich der Entgeltbedingungen abweichend von § 460 Abs 3b die Regelungen des § 36 Abs 3 DO. A bzw des § 36 Abs 2 DO. B sinngemäß Anwendung. Diese Bediensteten dürfen jedoch auch vor Ablauf der Befristung im Rahmen der Organisationsreform mit einem Dienstposten des bereichsleitenden Dienstes oder eines anderen gehobenen Aufgabenfeldes betraut werden.

(15) Sozialversicherungsbedienstete, die sich am in einem aufrechten Dienstverhältnis befanden, dürfen dienstgeberseitig nicht aus dem Grund der Organisationsänderungen durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 100/2018 gekündigt werden.

(16) Der Überleitungsausschuss bzw ab die Österreichische Gesundheitskasse hat der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Dachverband ab monatlich über den Umsetzungsstand der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen zu berichten. Näheres über die Art und den Umfang der Berichterstattung hat die Bundesministerin mit Verordnung festzusetzen.

(17) Der Dachverband hat dafür Sorge zu tragen, dass für die Sozialversicherungsbediensteten die besondere Fach- und Führungskräfteausbildung einschließlich der Abschlussprüfungen (§§30a Abs 1 Z 3 und 30b Abs 1 Z 2) in Kooperation mit bestehenden Fachhochschulen ab als Kolloquien erfolgen können.

(18) Folgende Abteilungen des Hauptverbandes, basierend auf dem Anhang zur Geschäftsordnung und dem Dienstpostenplan in der am geltenden Fassung, verbleiben im Dachverband:

1.Finanz- und Rechnungswesen einschließlich Fondsverwaltung,

2.Statistik, Grundlagen und Versicherungsmathematik,

3.Dienstrecht, Akademie und Personal,

4.allgemeine Rechtsangelegenheiten, interne Revision und Organisation der Selbstverwaltung mit Ausnahme der Öffentlichkeitsarbeit,

5.trägerübergreifendes Controlling (TÜC),

6.internationale Angelegenheiten und zwischenstaatliche Sozialversicherung,

7.IT-Management inklusive SVC, Schnittstelle ITSV sowie IT-Organisation,

8.Vertragspartner Medikamente.

Unabhängig davon kann die Konferenz weitere Personalkörper oder Mitarbeiter/innen durch Beschluss an Sozialversicherungsträger übertragen.

(19) § 456a in der am geltenden Fassung ist bis zum Ablauf des weiterhin auf die am bestehenden Verwaltungskörper anzuwenden.

Zuständigkeitsänderungen

§719. Sind auf Grund von Änderungen dieses Bundesgesetzes Änderungen im sachlichen Wirkungsbereich der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) vorgesehen, so gelten auch die Zuständigkeitsvorschriften in anderen Bundesgesetzen als entsprechend geändert.

Ersetzung von Begriffen

§720. Werden in anderen Bundesgesetzen die in der linken Spalte genannten Begriffe verwendet, so treten mit an deren Stelle – in der grammatikalisch richtigen Form – die in der rechten Spalte genannten Begriffe. Dies gilt nicht für die Verwendung dieser Begriffe in Schluss- und Übergangsbestimmungen sowie in In-Kraft-Tretens- und Außer-Kraft-Tretens-Bestimmungen.


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Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger
Dachverband der Sozialversicherungsträger
Wiener Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Burgenländische Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Steiermärkische Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Kärntner Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Salzburger Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Tiroler Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
Vorarlberger Gebietskrankenkasse
Österreichische Gesundheitskasse
(örtlich zuständige) Gebietskrankenkasse(n)
Österreichische Gesundheitskasse
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft
Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen
Sozialversicherungsanstalt der Bauern
Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau

"

3. Die § 5a, 5b, 16, 23, 26, 30, 30a, 30b, 30c, 31, 41a, 75a, 84a, 152, 319a, 342, 342b, 342c, 343d, 347, 360, 413, 418 bis 437, 441 bis 441f, 443, 444, 446, 447a, 447f, 447h und 448 bis 452a ASVG idF des SV-OG, BGBl I 100/2018 (§41a idF des ZFPSG, BGBl I 98/2018) lauten ab wie folgt:

"Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung

§5a. Eine Betriebsvereinbarung zur Errichtung einer von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen anstelle von bestehenden Betriebskrankenkassen kann insbesondere Regelungen zum Kreis der Anspruchsberechtigten und zum Versicherungs-, Melde-, Beitrags- und Leistungsrecht enthalten. Anspruchsberechtigte können (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge, aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedene (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge und deren Angehörige sein. Eine solche Betriebsvereinbarung kann auch eine Verpflichtung zur Beitragsleistung für Dienstgeber und die Personen nach dem zweiten Satz enthalten.

Errichtung und Feststellung der Gleichartigkeit einer betrieblichen Gesundheitseinrichtung

§5b. (1) Zur Errichtung, Ausgestaltung und Auflösung einer von betrieblichen Gesundheitseinrichtungen anstelle von bestehenden Betriebskrankenkassen ist mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung im Sinne des § 5a abzuschließen. Die betriebliche Gesundheitseinrichtung ist mit eigener Rechtspersönlichkeit einzurichten. Die Betriebsvereinbarung hat grundsätzliche Regelungen zum Kreis der Anspruchsberechtigten (wie (ehemalige) Arbeitnehmer, Familienangehörige) sowie zum Leistungs- und Beitragsrecht vorzusehen. § 113 ArbVG ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Der Antrag auf Ausnahme aus der Krankenversicherung ist durch den Betriebsunternehmer nach Abschluss einer Betriebsvereinbarung bis längstens zu stellen. Die Feststellung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit im Sinne des § 5 Abs 1 Z 9 hat in Folge durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erfolgen. Für die Beurteilung sind neben den leistungsrechtlichen auch die beitrags- und versicherungsrechtlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgeblich. Die Ausnahme ist durch Verordnung zu beenden, wenn wesentliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage eingetreten sind, die die Gleichartigkeit oder annähernde Gleichwertigkeit nicht mehr gewährleisten. Die Gesundheitseinrichtung ist verpflichtet, dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz die für die Beurteilung der Ausnahme aus der Krankenversicherung relevanten Unterlagen vorzulegen.

3. UNTERABSCHNITT

Freiwillige Versicherung

Selbstversicherung in der Krankenversicherung

§16. (1) Personen, die nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, können sich, solange ihr Wohnsitz im Inland gelegen ist, in der Krankenversicherung auf Antrag selbstversichern.

(2) Abs. 1 gilt für

1. ordentliche Studierende an einer Lehranstalt oder eines Fachhochschul-Studienganges im Sinne des § 3 Abs 1 Z 1 bis 7 des Studienförderungsgesetzes 1992, die im Rahmen des für die betreffende Studienart vorgeschriebenen normalen Studienganges inskribiert (zum Studium zugelassen) sind,

2. Personen, die im Hinblick auf das Fehlen der Gleichwertigkeit ihres Reifezeugnisses Lehrveranstaltungen, Hochschulkurse oder Hochschullehrgänge, die der Vorbereitung auf das Hochschulstudium dienen, besuchen,

3. Personen, die zur Studienberechtigungsprüfung im Sinne des Studienberechtigungsgesetzes zugelassen sind oder sich auf Prüfungen zwecks Zulassung zu einem Fachhochschul-Studiengang vorbereiten und die zwecks Vorbereitung auf diese Prüfungen Kurse bzw Lehrgänge an Universitäten, Hochschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung, privaten Werkmeisterschulen mit Öffentlichkeitsrecht, Einrichtungen, die Fachhochschul-Studiengänge durchführen, oder staatlich organisierte Lehrgänge besuchen, sowie

4. Hörer (Lehrgangsteilnehmer) der Diplomatischen Akademie in Wien mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Wohnsitzes im Inland der gewöhnliche Aufenthalt im Inland tritt; zum Studien(Lehr)gang zählt auch ein angemessener Zeitraum für die Vorbereitung auf die Ablegung der entsprechenden Abschlußprüfungen und auf die Erwerbung eines akademischen Grades.

(2a) Abweichend von Abs 1 können sich Personen, die sich der Pflege eines behinderten Kindes widmen und die Voraussetzungen des § 18a Abs 1 und 3 erfüllen, auf Antrag bei sozialer Schutzbedürftigkeit selbstversichern, sofern sie nicht in der Krankenversicherung pflichtversichert und nicht anspruchsberechtigte Angehörige einer in der Krankenversicherung pflichtversicherten Person sind. Die im Abs 3 Z 2 genannte Frist von 60 Kalendermonaten ist nicht anzuwenden.

(2b) Abweichend von Abs 1 können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige nach § 123 Abs 7b mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes unter ganz überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft im Inland pflegen, auf Antrag bei sozialer Schutzbedürftigkeit selbstversichern, sofern sie nicht in der Krankenversicherung pflichtversichert und nicht anspruchsberechtigte Angehörige einer in der Krankenversicherung pflichtversicherten Person sind. Die im Abs 3 Z 2 genannte Frist von 60 Kalendermonaten ist nicht anzuwenden.

(3) Die Selbstversicherung beginnt

1. unmittelbar im Anschluß an die Krankenversicherung oder Anspruchsberechtigung in der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, mit Ausnahme des GSVG und des BSVG, wenn der Antrag binnen sechs Wochen nach dem Ende der Versicherung oder Anspruchsberechtigung gestellt wird,

2. sonst mit dem der Antragstellung folgenden Tag, im Falle des Ausscheidens

a) aus der Pflichtversicherung nach § 2 GSVG oder § 2 BSVG oder

b) aus der Selbstversicherung nach § 14a GSVG oder

c) aus der Pflichtversicherung nach § 14b GSVG oder aus einer wahlweise zur Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG geschaffenen Versorgungseinrichtung einer gesetzlichen beruflichen Vertretung

jedoch frühestens 60 Kalendermonate nach dem Ausscheiden.

(4) Der Antrag auf Selbstversicherung ist bei der Österreichischen Gesundheitskasse einzubringen.

(5) Die Österreichische Gesundheitskasse ist zur Durchführung dieser Versicherung zuständig.

(6) Die Selbstversicherung endet außer mit dem Wegfall der Voraussetzungen

1. mit dem Ende des Kalendermonates, in dem der Versicherte seinen Austritt erklärt hat;

2. wenn die für zwei Kalendermonate fällig gewordenen Beiträge nicht entrichtet sind, mit dem Ende des zweiten Kalendermonates, für den ein Beitragsrückstand besteht; bei der Feststellung des Beitragsrückstandes sind die entrichteten Beiträge ohne Rücksicht auf eine vom Beitragszahler vorgenommene Widmung auf die zurückliegenden Kalendermonate in der Reihenfolge der Fälligkeit (§78) anzurechnen;

3. bei den im Abs 2 bezeichneten Personen mit dem Ablauf des dritten Kalendermonates nach dem Ende des Studien(Schul)jahres (§6 des Universitäts-Studiengesetzes bzw § 2 und 5 des Schulzeitgesetzes), in dem der ordentliche Studierende (Hörer) letztmalig inskribiert war bzw einen Lehrgang oder Kurs der Diplomatischen Akademie besucht hat oder in dem die Zulassung zum Studium erloschen ist oder nach dem Verstreichen des letzten Prüfungstermines.

In den Fällen der Z 1 und 2 endet die Selbstversicherung frühestens mit dem Ablauf von sechs aufeinanderfolgenden Kalendermonaten nach dem Beginn der Selbstversicherung, wobei ein neuerlicher Antrag auf Selbstversicherung erst nach Ablauf von weiteren sechs Monaten gestellt werden kann. Dies gilt nicht in den Fällen der Z 1, wenn der Austritt aus dem Grund des Beginnes der Angehörigeneigenschaft im Sinne des § 123, des § 56 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes, des § 78 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes oder des § 83 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes oder aus dem Grund des Beginnes einer Krankenfürsorge seitens einer Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers erklärt wurde.

ABSCHNITT III

Versicherungsträger und ihre Zuständigkeit; Dachverband der Sozialversicherungsträger

1. UNTERABSCHNITT

Träger der Versicherung und ihre Aufgaben

Träger der Krankenversicherung

§23. (1) Träger der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für das ganze Bundesgebiet ist die Österreichische Gesundheitskasse mit dem Sitz in Wien.

(2) Der Träger der Krankenversicherung nach Abs 1 führt die Krankenversicherung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch und wirkt an der Durchführung der Unfallversicherung und der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz mit. Insbesondere obliegt es ihm, für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen. Im Falle eines vertragslosen Zustandes kann die Übernahme dieser Versorgung durch die Länder vereinbart werden. Der Träger der Krankenversicherung hat diese Verpflichtung höchstens im Ausmaß der vergleichbaren ersparten Aufwendungen für ärztliche Hilfe im niedergelassenen Bereich zu übernehmen.

(3) Der Träger der Krankenversicherung ist berechtigt, nach den hiefür geltenden gesetzlichen Bestimmungen

1.Krankenanstalten, Heil- und Kuranstalten, sonstige Einrichtungen der Krankenbehandlung und

2.Einrichtungen zur Feststellung des Gesundheitszustandes

zu errichten, zu erwerben und zu betreiben oder sich an solchen Einrichtungen zu beteiligen. Träger der Krankenversicherung, die am eine Krankenanstalt im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG), BGBl Nr 1/1957, betreiben, sind ab diesem Zeitpunkt zu deren Betrieb verpflichtet.

(4) Der Träger der Krankenversicherung ist berechtigt, sich davon zu überzeugen, dass die ärztlichen Anordnungen und die Bestimmungen der Krankenordnung von der versicherten Person eingehalten werden. Der Träger der Krankenversicherung ist weiters berechtigt, den Gesundheitszustand der erkrankten Person zu prüfen.

2. UNTERABSCHNITT

Zuständigkeit der Versicherungsträger

Sachliche Zuständigkeit der Träger der Krankenversicherung

§26. (1) Zur Durchführung der Krankenversicherung ist die Österreichische Gesundheitskasse sachlich zuständig.

(2) Wird ein/e Dienstnehmer/in in demselben Beschäftigungsverhältnis vorübergehend, jedoch nicht länger als drei Monate, in einer Art beschäftigt, die die Zugehörigkeit zu einem anderen Versicherungsträger begründen würde, so bleibt die Zuständigkeit des bisherigen Versicherungsträgers auch für die Dauer der vorübergehenden Beschäftigung unberührt.

(3) Für Personen, denen Leistungen der beruflichen Ausbildung gewährt werden (§4 Abs 1 Z 8), bleibt für die Dauer dieser Ausbildung jener Träger der Krankenversicherung sachlich zuständig, der die der Ausbildung zuletzt vorangegangene Krankenversicherung durchgeführt hat.

3. UNTERABSCHNITT

Dachverband der Sozialversicherungsträger

Aufgaben

§30. (1) Die in den § 23 bis 25 bezeichneten Versicherungsträger und die Träger der im § 2 Abs 2 bezeichneten Sonderversicherungen gehören dem Dachverband der Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz Dachverband genannt) an.

(2) Dem Dachverband obliegt

1.die Beschlussfassung von Richtlinien zur Förderung der Zweckmäßigkeit und Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger;

2.die Koordination der Vollziehungstätigkeit der Sozialversicherungsträger;

3. die Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung.

(3) Die vom Dachverband beschlossenen Richtlinien und im Rahmen seines gesetzlichen Wirkungskreises gefassten Beschlüsse sind für die dem Dachverband angehörenden Versicherungsträger verbindlich.

Beschlussfassung von Richtlinien

§30a. (1) Zur Förderung der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger sind folgende Richtlinien zu beschließen:

1. zur Erstellung von Dienstpostenplänen der Sozialversicherungsträger unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie unter Bedachtnahme auf sich durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung ergebende Rationalisierungspotentiale;

2. über die Gewährung von freiwilligen sozialen Zuwendungen an die Bediensteten der Sozialversicherungsträger (des Dachverbandes), soweit es sich nicht um Zuwendungen für die im § 49 Abs 3 Z 17 genannten Zwecke handelt, mit der Maßgabe, dass hiefür beim jeweiligen Versicherungsträger (beim Dachverband) ein Betrag im Ausmaß eines vom Dachverband festzusetzenden Hundertsatzes der laufenden Bezüge aller Sozialversicherungsbediensteten im abgelaufenen Geschäftsjahr, höchstens jedoch 2,5% dieser laufenden Bezüge, verwendet werden kann;

3. für die fachliche Aus- und Weiterbildung der Sozialversicherungsbediensteten;

4. für die Zusammenarbeit der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband auf dem Gebiet der automationsunterstützten Datenverarbeitung mit dem Ziel der Herstellung kompatibler EDV-Strukturen und der gemeinsamen Entwicklung, Beschaffung und Anwendung der Software unter Beachtung der Grundsätze der Gesamtwirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit;

5. für die Koordinierung der Öffentlichkeitsarbeit der Sozialversicherungsträger und des Dachverbandes;

6. zur Erhebung und Verarbeitung der für die Versicherung bzw den Leistungsbezug und das Pflegegeld bedeutsamen Daten aller nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Bundesgesetzes versicherten Personen und Leistungsbezieher;

7. über die einheitliche Verwendung der Beitragsgruppen (Tarifsystem), der Symbole und die den einzelnen Beitragsgruppen zugehörigen Versichertenkategorien;

8. über die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Beitragsgrundlage für Selbstversicherte in der Krankenversicherung (§76 Abs 2 und 3) und über Form und Inhalt diesbezüglicher Anträge;

9. über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf § 133 Abs 2. Die Richtlinien sind vom Dachverband im übertragenen Wirkungsbereich zu erlassen; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. In diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner (§§338 ff) verbindlich sind, sind jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (zB für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger anzuwenden sind. Durch diese Richtlinien darf der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden;

10.über die Verrechnung der Kostenersätze zwischen den Versicherungsträgern (und dem Dachverband) für die Vorbereitung von Richtlinien, für die Koordination der Vollziehungstätigkeit und für die Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben;

11.über die Durchführung, Dokumentation und Qualitätssicherung von Kontrollen im Vertragspartnerbereich nach § 32a;

12.über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen; in diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner/innen (§§338 ff) verbindlich sind, soll insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Art und Dauer der Erkrankung bestimmt werden, inwieweit Arzneispezialitäten für Rechnung der Sozialversicherungsträger abgegeben werden können; für Arzneispezialitäten im gelben Bereich des Erstattungskodex, die an Stelle der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes einer nachfolgenden Kontrolle unterliegen, ist in diesen Richtlinien eine einheitliche Dokumentation unter Beachtung einer Rahmenvereinbarung oder Verordnung nach § 609 Abs 9 festzulegen; durch die Richtlinien darf der Heilzweck nicht gefährdet werden; die Richtlinien sind vom Dachverband im übertragenen Wirkungsbereich zu erlassen; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz;

13.für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband auf dem Gebiet der maschinellen (automationsunterstützten) Heilmittelabrechnung einschließlich Retaxierung und bei der Auswertung der Ergebnisse dieser Abrechnung mit dem Ziel der Vereinfachung des Abrechnungsvorganges und der Verbesserung der Überprüfungsmöglichkeiten;

14.für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband im Bereich des Vertragspartnerrechtes, der Leistungserbringung und Leistungsverrechnung sowie mit den Abgabenbehörden bei der Sozialversicherungsprüfung nach § 41a;

15.für die Befreiung von der Rezeptgebühr (Herabsetzung der Rezeptgebühr) sowie für die Befreiung vom Service-Entgelt bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der versicherten Person; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs(Herabsetzungs)möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der versicherten Person sowie der Art und Dauer der Erkrankung vorzusehen; weiters ist nach Einbindung der Österreichischen Apothekerkammer und der Österreichischen Ärztekammer eine Obergrenze für die Entrichtung von Rezeptgebühren vorzusehen; diese ist ohne Berücksichtigung der Sonderzahlungen mit zwei Prozent am jährlichen Nettoeinkommen der versicherten Person für diese und ihre anspruchsberechtigten Angehörigen zu bemessen und über ein vom Dachverband einzurichtendes Rezeptgebührenkonto zu verwalten;

16.für die Befreiung vom Zusatzbeitrag (Herabsetzung des Zusatzbeitrages) für Angehörige nach § 51d bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der versicherten Person; in diesen Richtlinien ist der für die Befreiung (Herabsetzung) in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen zu umschreiben; darüber hinaus ist eine Befreiungs-(Herabsetzungs-)möglichkeit im Einzelfall in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse der versicherten Person vorzusehen;

17.für Gesundheitsförderung und Prävention mit Bezug auf gesundheitsrelevante Verhaltensweisen oder Verhältnisse sowie Krankheitsrisiken, präventiv beeinflussbare Krankheiten oder Bedarfe spezifischer Bevölkerungsgruppen nach § 19 des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes (G-ZG), BGBl I Nr 26/2017;

18.für die Durchführung und Auswertung der Ergebnisse der Jugendlichenuntersuchungen (§132a);

19.für die Durchführung und Auswertung der Ergebnisse der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen (§132b);

20.für die Koordinierung der Aufgaben der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsträger bei der Gewährung freiwilliger Leistungen, insbesondere für das koordinierte Zusammenwirken bei der Behandlung von Anträgen;

21.für die Vorgangsweise, insbesondere das koordinierte Zusammenwirken, der Träger der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung bei der Behandlung und Beurteilung von Leistungsansprüchen und der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Rehabilitation sowie die Koordinierung der Aufgaben der Krankenversicherungsträger im Bereich der Frühintervention zur Verhinderung des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben; bei der Aufstellung dieser Richtlinien ist insbesondere auf den § 307c und auf den Rehabilitationsplan nach § 30b Abs 1 Z 7 Bedacht zu nehmen;

22.für das Zusammenwirken des Dachverbandes und der Versicherungsträger zur Erreichung einer optimalen Auslastung der Sonderkrankenanstalten (Rehabilitationszentren), Kurheime und ähnlichen Einrichtungen im Bereich der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung; bei der Aufstellung dieser Richtlinien ist insbesondere auf den Rehabilitationsplan nach § 30b Abs 1 Z 7 Bedacht zu nehmen;

23.über die Zusammenarbeit der Träger der Kranken- und Unfallversicherung bei der Durchführung der Unfallheilbehandlung im Sinne des § 194;

24.im übertragenen Wirkungsbereich für die einheitliche Anwendung des Bundespflegegeldgesetzes; bei der Erlassung unterliegt der Dachverband den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz;

25.für die Beurteilung von Vermögensanlagen im Sinne des § 446 Abs 1 und 2;

26.für die einheitliche Anwendung der Verordnungen der Europäischen Union und der zwischenstaatlichen Abkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit;

27.für die Befreiung (Herabsetzung) von Zuzahlungen bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit nach den § 154a Abs 7, 155 Abs 3, 302 Abs 4 und 307d Abs 6; hiebei ist der in Betracht kommende Personenkreis nach allgemeinen Gruppenmerkmalen unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu umschreiben;

28.für die Festsetzung von Obergrenzen von Zuschüssen gemäß den § 155 Abs 4 und 307d Abs 2 Z 3 unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des (der) Versicherten;

29.über Ausnahmen von der Meldungserstattung mittels Datenfernübertragung (§41);

30.für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Dachverband auf dem Gebiet eines automationsunterstützten Cash Managements mit dem Ziel der bestmöglichen Veranlagung der finanziellen Mittel und der größtmöglichen Verringerung der Geldverkehrskosten;

31.für den Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten für die Mitglieder der Verwaltungskörper unter Bedachtnahme auf § 3 Abs 1 Gebührenstufe 3 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl Nr 133;

32.für die Vorgangsweise, insbesondere das koordinierte Zusammenwirken, der Träger der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung zur Feststellung des Gesundheitszustandes der Leistungswerber hinsichtlich der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit (Erwerbsunfähigkeit);

33.zur einheitlichen Vollzugspraxis der Versicherungsträger bzw bestimmter Gruppen von Versicherungsträgern im Bereich des Melde-, Versicherungs- und Beitragswesens sowie des Service-Entgelts samt Rückerstattung (§31c Abs 3 bis 5) nach Anhörung der in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretungen; diese Richtlinien sind mindestens ein Mal jährlich neu zu beschließen;

34.zur einheitlichen Vollzugspraxis der Versicherungsträger im Bereich der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG), BGBl I Nr 44/2016, sowie nach den § 7d ff des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl Nr 459/1993;

35.für die Grundsätze der Erstellung von Gutachten in Angelegenheiten der beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation (§307g Abs 3);

36.für das Zusammenwirken der Versicherungsträger untereinander und mit dem Arbeitsmarktservice bei der Durchführung der medizinischen und beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation zur Erhaltung oder Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit;

37.für die trägerübergreifende Zusammenarbeit der mit der Internen Revision befassten Abteilungen der Versicherungsträger;

38.für die Zusammenarbeit der Versicherungsträger, soweit davon nicht ein Regelungsbereich betroffen wird, der Gegenstand einer anderen Richtlinie ist oder zu sein hätte.

(2) Der Dachverband kann die Vorbereitung der Richtlinien nach Abs 1 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Aufgabe mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst.

(3) Die Richtlinien nach Abs 1 sind im Internet zu verlautbaren.

(4) Die nach den Sozialversicherungsgesetzen im Internet zu verlautbarenden Rechtsvorschriften und deren Änderungen müssen

1.jederzeit ohne Identitätsnachweis und sondergebührenfrei zugänglich sein;

2.ab in ihrer verlautbarten Form vollständig und auf Dauer ermittelt werden können.

Die aus der Verlautbarung im Internet zusätzlich entstehenden Kosten sind von jenen Stellen zu tragen, die diese Verlautbarung vorzunehmen haben.

(5) Soweit der Verlautbarung nach Abs 4 ihrem Inhalt nach rechtsverbindliche Kraft zukommt, beginnt diese, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung. Schreibfehler in Verlautbarungen im Internet, ferner Verstöße gegen die innere Einrichtung der Verlautbarung (Nummerierungen, technische Verweisungen, Angabe des Freigabetages usw), werden durch Kundmachung des Dachverbandes berichtigt. Die technische Einrichtung der Verlautbarung im Internet gehört zu den Aufgaben des Dachverbandes nach 30c Abs 1 Z 3.

(6) Dem Dachverband obliegt die Führung eines Registers der nach den § 30a und 30b beschlossenen Richtlinien.

Koordination der Vollziehungstätigkeit

§30b. (1) Zur zentralen Erbringung von Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger gehören:

1. die Beschlussfassung von Richtlinien zur Regelung der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Verhältnisse der Bediensteten der Versicherungsträger und des Dachverbandes und der Abschluss der Kollektivverträge für die Versicherungsträger mit Ausnahme der Festsetzung der Mittel für Dienstordnungs-Pensionen nach § 460b und des Sicherungsbeitrages nach § 460c und § 684 Abs 3. In diesen Richtlinien bzw Kollektivverträgen ist ein Zusatzbeitrag zum Sicherungsbeitrag nach § 460c und § 684 Abs 3 festzusetzen; bei der Festlegung der Höhe dieses Zusatzbeitrages ist Bedacht zu nehmen

a) auf § 13a des Pensionsgesetzes 1965;

b) auf die Beitragssätze für die Dienstordnungs-Pension in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag für die Eigen- oder Hinterbliebenenpension oder für die Eigenpension, von der die Hinterbliebenenpension abgeleitet wird, wenn der jeweilige Stichtag vor dem liegt und in diesem Zeitraum Anspruch auf einen monatlichen Bezug bestand, der die damals geltende monatliche Höchstbeitragsgrundlage überschritten hat.

Des Weiteren sind darin besondere Fördermaßnahmen für Frauen im Sinne der § 11 bis 11d des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG), BGBl Nr 100/1993, vorzusehen. § 12 Abs 1 und 2 B-GlBG ist so anzuwenden, dass der Dachverband für sich und jeweils für die Versicherungsträger berichtet. Die Richtlinien dürfen den öffentlichen Interessen vom Gesichtspunkt des Sozialversicherungsrechtes nicht entgegenstehen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger nicht gefährden;

2. die Beschlussfassung von Vorschriften für die Fachprüfungen der Sozialversicherungsbediensteten;

3. die Beschlussfassung von Vorschriften für die fachliche Information der Versicherungsvertreter/innen;

4. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs 2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Aufnahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach § 351c Abs 1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinien nach § 30a Abs 1 Z 12. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientinnen aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinien nach § 30a Abs 1 Z 12. Bezieht sich die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient/inn/en, Mengenbegrenzung oder Darreichungsform), kann die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes durch eine nachfolgende Kontrolle der Einhaltung der bestimmten Verwendung ersetzt werden. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und gesundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesem Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient/inn/en oder Darreichungsform) beziehen.

d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Behandlung aus zwingenden therapeutische Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Dachverband in der Verordnung nach § 351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten.

5. die Besorgung der Statistik der Sozialversicherung sowie der Statistik der Pflegevorsorge im übertragenen Wirkungsbereich sowohl nach den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz als auch insoweit, als dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Dachverbandes notwendig ist; in diesem Zusammenhang Aufbau und Führung einer Statistikdatenbank mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung;

6. die Vertretung der Sozialversicherungsträger in internationalen Angelegenheiten einschließlich EU;

7. die Beschlussfassung eines Rehabilitationsplanes für die Sozialversicherungsträger;

8. die Abgabe von Stellungnahmen in wichtigen und grundsätzlichen Fragen der Sozialversicherung;

9. die Verwaltung des Ausgleichsfonds nach § 447f, die Verwaltung des Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesundheitsförderung nach § 447h sowie die Verwaltung des Zahngesundheitsfonds nach § 447i;

10. der Abschluss von bundesweiten, trägerübergreifenden Gesamtverträgen.

(2) Die Richtlinien nach Abs 1 Z 1 und die Vorschriften nach Abs 1 Z 2 sowie der Erstattungskodex nach Abs 1 Z 4 sind im Internet zu verlautbaren. Die Richtlinien nach Abs 1 Z 1 können entsprechend den Abschlüssen der Kollektivverträge für die Versicherungsträger auch rückwirkend geändert werden. § 30a Abs 4 und 5 ist anzuwenden.

(3) Der Dachverband kann die Vorbereitung von Richtlinien, Vorschriften und des Rehabilitationsplanes sowie die Aufgaben nach Abs 1 mit Ausnahme der Z 4 und 6 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Vorbereitung bzw der Aufgabe mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst.

Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben

§30c. (1) Zur Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben gehören:

1. die Vergabe von einheitlichen Versicherungsnummern und deren Verknüpfung mit dem entsprechenden bereichsspezifischen Personenkennzeichen (§9 des E-Government-Gesetzes, BGBl I Nr 10/2004) zur Verwaltung personenbezogener Daten im Rahmen der der Sozialversicherung gesetzlich übertragenen Aufgaben;

2. a) die Errichtung und Führung einer zentralen Anlage zur Aufbewahrung und Verarbeitung der für die Versicherung bzw den Leistungsbezug und das Pflegegeld bedeutsamen Daten aller nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Bundesgesetzes versicherten Personen sowie Leistungsbezieher/innen einschließlich der Leistungsbezieher/innen nach den Landespflegegeldgesetzen, wobei dann, wenn hievon für das Pflegegeld bedeutsame Daten verwendet werden, dies im übertragenen Wirkungsbereich nach den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu geschehen hat;

b) auf Grund der in dieser Anlage enthaltenen Daten nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten auf automationsunterstütztem Weg die Erfüllung der ausdrücklich gesetzlich geregelten Pflichten der Versicherungsträger zur Auskunftserteilung;

3. die Festlegung (Form und Inhalt) einheitlicher Formulare, Datensatzaufbaue und maschinell lesbarer Datenträger für den gesamten Vollzugsbereich der Sozialversicherung sowie die Schaffung der technischen Voraussetzungen für die Kundmachung von Rechtsvorschriften im Internet;

4. die Vertretung der Sozialversicherung gegenüber ausländischen Einrichtungen;

5. die Herausgabe der Fachzeitschrift 'Soziale Sicherheit' und weitere Initiativen auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit;

6. Erfassung und Verwaltung der in der Pensionsversicherung teilversicherten Personen, für die der Bund, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds die Beiträge zu zahlen hat;

7. die Errichtung und die Führung einer Pseudonymisierungsstelle zur Pseudonymisierung personenbezogener Daten über Diagnosen und Leistungen aus dem stationären und ambulanten Bereich. Soweit der Dachverband die Pseudonymisierungsstelle für Auftraggeber außerhalb des Kreises der ihm angehörenden Sozialversicherungsträger betreibt, ist er dabei im übertragenen Wirkungsbereich tätig und an die Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gebunden;

8. der Betrieb eines elektronischen Verwaltungssystems (ELSY) für den gesamten Vollzugsbereich der Sozialversicherung (§§31a ff.);

9. die Unterstützung und Mitwirkung beim Vollzug der Vereinbarungen nach Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens und der Vereinbarung über die Zielsteuerung-Gesundheit, insbesondere durch die Erstellung trägerübergreifender Statistiken, die Erarbeitung und Überlassung standardisierter Datengrundlagen, die Entsendung von Vertreterinnen und Vertretern der Sozialversicherung (§84a Abs 2 und 3) und den Betrieb einer Pseudonymisierungsstelle (Z7);

10.die Zusammenführung aller Rechenzentren der Sozialversicherungsträger und die Erstellung eines strategischen IKT-Planes.

11.die Forschung auf dem Gebiet der Sozialen Sicherheit;

12.die Einrichtung und Führung des Pensionskontos;

13. der Aufbau und die Führung einer Dokumentation des österreichischen Sozialversicherungsrechtes im übertragenen Wirkungsbereich nach den Weisungen der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung nach Maßgabe des Abs 2.

(2) Die im Abs 1 Z 13 bezeichnete Dokumentation ist unter besonderer Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsvorschriften (Gesetze, Satzungen, Krankenordnungen, Geschäftsordnungen, Richtlinien und dergleichen) und ihrer Änderungen, der hiezu ergangenen Rechtsprechung und wissenschaftlichen Bearbeitung sowie von Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung aus dem administrativen Bereich in einer Weise aufzubauen und zu führen, dass sie im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, der Sozialversicherungsträger, des Dachverbandes sowie für Zwecke der gesetzgebenden Körperschaften des Bundes verwendbar ist. Der Zugriff zur Dokumentation ist auch den Gerichten, Universitäten und Stellen der Gebietskörperschaften, sofern die von letzteren betriebenen Rechtsdokumentationen auch der Sozialversicherung kostenlos zugänglich gemacht werden, zu ermöglichen. Die Dokumentation ist nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Möglichkeiten gegen Ersatz der dadurch zusätzlich entstehenden Kosten den gesetzlichen beruflichen Vertretungen und anderen Stellen und Personen zugänglich zu machen; dieser Kostenersatz kann, wenn dies der Verwaltungsvereinfachung dient, in einer nach dem durchschnittlichen Ausmaß der Inanspruchnahme bemessenen Pauschalabgeltung festgesetzt werden. Der durch den Aufbau und den Betrieb der Dokumentation entstehende Aufwand ist, soweit er nicht durch die Kostenersätze der abfragenden Stellen gedeckt wird und soweit er nicht ausschließlich Interessen des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz dient und daher von diesem im Rahmen der Kostenersätze zu ersetzen ist, vom Dachverband und vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz je zur Hälfte zu tragen. Über den Aufbau und die Führung der Dokumentation (oder eines ihrer Teile) können mit Zustimmung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auch Vereinbarungen mit anderen Personen abgeschlossen werden, soweit dadurch Kosten eingespart werden können. In solchen Vereinbarungen ist vorzusehen, dass

1.die für die Dokumentation gespeicherten Daten nach Auflösung der Vereinbarung für die Dokumentation erhalten bleiben und

2. die Entscheidungsbefugnis über den Inhalt der Dokumentation und dessen Speicherungsorganisation durch sie nicht verändert wird.

(3) Der Dachverband kann die Aufgaben nach Abs 1 mit Ausnahme der Z 4 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Aufgabe bzw Vorbereitung mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst.

§31. Der Dachverband hat für die Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz jährlich eine Verordnung zu erlassen, in der festgestellt wird, ob und in welcher Höhe ein Kostenbeitrag bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe (§135), bei Inanspruchnahme chirurgischer oder konservierender Zahnbehandlung (§153) und bei Behandlung in einer Spitalsambulanz (§26 KAKuG) im nächstfolgenden Kalenderjahr zu entrichten ist. Er hat hiebei insbesondere auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Versicherten Bedacht zu nehmen. Der Kostenbeitrag ist für die genannten Versicherungsträger einheitlich unter Zugrundelegung der von ihnen im Durchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres erbrachten tariflichen Leistungen festzusetzen. Diese Verordnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.

Sozialversicherungsprüfung

§41a. (1) Die Prüfung der Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen (Sozialversicherungsprüfung) obliegt dem Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988). Es hat sich für die Durchführung der Prüfung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge gemäß dem Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge zu bedienen. Zur Sozialversicherungsprüfung gehört insbesondere

–die Prüfung der Einhaltung der Meldeverpflichtungen in allen Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten und der Beitragsabrechnung,

–die Prüfung der Grundlagen von Geldleistungen (Krankengeld, Wochengeld, Arbeitslosengeld usw),

–die Beratung in Fragen von Melde-, Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten.

(2) Die Österreichische Gesundheitskasse hat den Finanzämtern der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) und den Gemeinden alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung bedeutsamen Daten zur Verfügung zu stellen. Diese Daten dürfen nur in der Art und dem Umfang verarbeitet werden, als dies zur Wahrnehmung der gesetzlich übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung ist. Die Verarbeitung nicht notwendiger personenbezogener Daten (Ballastwissen, Überschusswissen) ist unzulässig. Personenbezogene Daten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr benötigt werden, sind möglichst rasch zu löschen.

Aufwandersatz des Bundes für die in die Krankenversicherung einbezogenen Bezieher/innen von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

§75a. (1) Übersteigen in einem Geschäftsjahr die gesamten Leistungsaufwendungen der Österreichischen Gesundheitskasse für die mit Verordnung nach § 9 in die Krankenversicherung einbezogenen Bezieher/innen von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und für ihre anspruchsberechtigten Angehörigen die von den Ländern für diese Personen entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung, so leistet der Bund den Unterschiedsbetrag zwischen den gesamten Leistungsaufwendungen und den für diese Personen durch die Länder geleisteten Beiträgen.

(2) Bei der Ermittlung der geleisteten Beiträge nach Abs 1 sind auch Ersätze für Leistungsaufwendungen (geleistete Regresse), Rezeptgebühren, Kostenbeteiligungen und Beihilfen für nicht abziehbare Vorsteuer zu berücksichtigen.

(3) Der Bund überweist den Unterschiedsbetrag nach Abs 1 an die Österreichische Gesundheitskasse. Der der Österreichische Gesundheitskasse nach Abs 1 gebührende Betrag des Bundes ist monatlich im erforderlichen Ausmaß zu bevorschussen. Die Endabrechnung erfolgt, sobald die Österreichische Gesundheitskasse das endgültige Gebarungsergebnis vorlegt; jedenfalls ist die Endabrechnung jeweils bis zum 31. Oktober des Folgejahres vorzunehmen.

7. UNTERABSCHNITT

Mitwirkung und Beteiligung der Sozialversicherung an der Planung und Steuerung des Gesundheitswesens sowie an der Zielsteuerung-Gesundheit

Grundsätze

§84a. (1) Zur nachhaltigen Sicherstellung der Versorgung der Versicherten haben sich der Dachverband und die Sozialversicherungsträger unter Einbeziehung von wissenschaftlichen (insbesondere gesundheitsökonomischen) Erkenntnissen an einer regionen- und sektorenübergreifenden Planung im Sinne des 6. Abschnitts des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes, Steuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens zu beteiligen. Die Vertragsparteien nach dem Sechsten Teil haben die dabei abgestimmten Planungsergebnisse (zB Österreichischer Strukturplan Gesundheit, Regionale Strukturpläne Gesundheit) in ihrem Verwaltungshandeln und bei der Planung und Umsetzung der Versorgung der Versicherten mit dem Ziel eines optimierten Mitteleinsatzes zu beachten.

(2) Der Dachverband hat jeweils Vertreterinnen/Vertreter nach Maßgabe

1.des § 26 Abs 1 G-ZG in die Bundes-Zielsteuerungskommission,

2.des § 27 Abs 2 G-ZG in den ständigen Koordinierungsausschuss

3.des § 29 Abs 1 G-ZG in die jeweiligen Gesundheitsplattformen im Rahmen der Landesgesundheitsfonds sowie

4.des § 30 Abs 2 Z 4 G-ZG in die Bundesgesundheitskommission,

zu entsenden.

(3) Die gesetzlichen Krankenversicherungsträger haben nach § 29 Abs 2 und 3 G-ZG Vertreter/innen in die Gesundheitsplattform sowie in die Landes-Zielsteuerungskommission des jeweiligen Landesgesundheitsfonds zu entsenden. Demzufolge haben die gesetzlichen Krankenversicherungsträger jeweils insgesamt fünf Vertreter/innen in die Gesundheitsplattformen und die Landes-Zielsteuerungskommissionen der Landesgesundheitsfonds zu entsenden, und zwar vier Vertreter/in der Österreichischen Gesundheitskasse, wovon drei Vertreter/innen vom jeweiligen Landesstellenausschuss zu nominieren sind, darunter jedenfalls der/die Vorsitzende des Landesstellenausschusses und der/die Stellvertreter/in des Vorsitzenden, und ein/e Vertreter/in der Sonderversicherungsträger je Bundesland. Bei der Entsendung von Vertretern/Vertreterinnen und der Wahrnehmung der Aufgaben ist auf die Wahrung der aus der Selbstverwaltung erfließenden Rechte zu achten.

(4) Die Sozialversicherungsträger haben für Reformpoolprojekte, die nach dem als Teil der Landes-Zielsteuerungsübereinkommen fortgeführt werden, im Bedarfsfall die erforderlichen Mittel zu überweisen.

(5) Für die Datenübermittlung gilt Folgendes:

1.Die Sozialversicherungsträger sind verpflichtet, auf elektronischem Weg

a)der Bundesgesundheitsagentur und den Landesgesundheitsfonds auf deren Anforderung die zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigten Daten in entsprechend aufbereiteter und nachvollziehbarer Form zu übermitteln und

b)der Bundesgesundheitsagentur und den Landesgesundheitsfonds pseudonymisierte Diagnose- und Leistungsdaten über die auf ihre Rechnung erbrachten medizinischen Leistungen in einer standardisierten und verschlüsselten Form zur Verfügung zu stellen.

2.Der Dachverband und die Sozialversicherungsträger sind verpflichtet, die personenbezogenen Daten entsprechend den Bestimmungen des § 4 Abs 6 des Bundesgesetzes über die Gesundheit Österreich GmbH, BGBl I Nr 132/2006 und des Bundesgesetzes über die Dokumentation im Gesundheitswesen, BGBl I Nr 745/1996, datenschutzrechtskonform auf elektronischem Weg bereitzustellen bzw zu übermitteln.

Alle personenbezogenen Daten sind vor der Übermittlung an die Bundesgesundheitsagentur, die Landesgesundheitsfonds und die im Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen genannten Stellen zur Sicherstellung der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen durch die Pseudonymisierungsstelle nach § 30c Abs 1 Z 7 zu pseudonymisieren.

Gleichstellung der betrieblichen Gesundheitseinrichtungen als Vertragspartner/innen

§152. (1) Betriebliche Gesundheitseinrichtungen nach den § 5a und 5b sind berechtigt, am allgemeinen Versorgungssystem durch Krankenanstalten und am Verrechnungssystem der Landesgesundheitsfonds (§27b KAKuG) und des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds wie ein Krankenversicherungsträger teilzunehmen, wenn sie alle diesbezüglichen Verpflichtungen, insbesondere Beitragsleistungen, erfüllen und die zu Grunde liegenden Daten zur Verfügung stellen. Der Dachverband wird ermächtigt, die dafür notwendigen Verträge im Auftrag der betrieblichen Gesundheitseinrichtung abzuschließen.

(2) Die abgeschlossenen Gesamtverträge sowie die darauf beruhenden Einzelverträge, weitere Rahmen- und sonstigen Verträge samt Zusatzvereinbarungen der Österreichischen Gesundheitskasse sind auch für die betrieblichen Gesundheitseinrichtungen wirksam, wobei die Bestimmungen des Sechsten Teiles zur Anwendung kommen.

Besonderer Pauschbetrag

§319a. (1) Die Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse zu der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt werden durch die Zahlung eines jährlichen Pauschbetrages abgegolten; zwischen diesen Versicherungsträgern sind die Bestimmungen der § 315 bis 319 nicht anzuwenden.

(2) Für die Jahre 2018 bis einschließlich 2022 beträgt der jährliche Pauschbetrag 209 Mio. Euro.

[…]

(5) Der Pauschbetrag ist monatlich im vorhinein mit einem Zwölftel dem Dachverband zu überweisen; dieser hat die einlangenden Beträge nach einem Schlüssel unter Berücksichtigung der Zahl der Versicherten und der eingetretenen Arbeitsunfälle bei den im Abs 1 genannten Krankenversicherungsträgern auf diese aufzuteilen.

Inhalt der Gesamtverträge

§342. (1) Die Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

1. die Festsetzung der Zahl und der örtlichen Verteilung der Vertragsärztinnen und –ärzte (Vertrags-Gruppenpraxen) unter Bedachtnahme auf die regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) mit dem Ziel, dass unter Berücksichtigung sämtlicher ambulanter Versorgungsstrukturen, der örtlichen Verhältnisse und der Verkehrsverhältnisse, der Veränderung der Morbidität sowie der Bevölkerungsdichte und –struktur (dynamische Stellenplanung) eine ausreichende ärztliche Versorgung im Sinne des § 338 Abs 2 erster Satz der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten und deren Angehörigen gesichert ist; in der Regel soll die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten oder einem Vertragsarzt und einer Vertrags-Gruppenpraxis freigestellt sein;

1a. allfällige Regelungen für Investitionsabgeltungen an den/die bisherigen/bisherige Stelleninhaber/in unter anteiliger Anrechnung auf das Honorarvolumen für den Fall, dass eine im Stellenplan enthaltene Planstelle gestrichen und somit nicht nachbesetzt wird, und weder vom/von der bisherigen Stelleninhaber/in noch von einem/einer anderen Arzt/Ärztin in dessen/deren bisherigen Räumlichkeiten oder mit dessen/deren bisherigen Einrichtungen eine vertrags- oder wahlärztliche Tätigkeit ausgeübt wird; Veräußerungserlöse sind auf die Investitionsabgeltung anzurechnen;

2. die Auswahl der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, Abschluß und Lösung der mit diesen zu treffenden Abmachungen (Einzelverträge);

3. die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte/Vertragsärztinnen und Vertrags-Gruppenpraxen, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung (Abs2 bis 2b) sowie die Überprüfung der Identität des Patienten/der Patientin und die rechtmäßige Verwendung der e card; die Überprüfung ist für Patienten/Patientinnen bis zum vollendeten 14. Lebensjahr nur im Zweifelsfall vorzunehmen; weiters sind Regelungen über die Vorgehensweise bei Nichtvorlage der e card, bei negativer Anspruchsprüfung und bei Undurchführbarkeit der Überprüfung der Identität zu treffen;

4. die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise einschließlich Steuerungsmaßnahmen bei Heilmitteln sowie hinsichtlich der ärztlich veranlassten Kosten, zB in den Bereichen Zuweisung und Überweisung zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Gruppenpraxen), Heilbehelfe, Hilfsmittel und Transporte (Ökonomieprinzip);

5. die Ausstellung von Bescheinigungen, die für die Durchführung der Krankenversicherung erforderlich sind;

6. die Zusammenarbeit der Vertragsärzte (Vertragsärztinnen), Vertragszahnärzte (Vertragszahnärztinnen) und Vertrags-Gruppenpraxen mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung des Erstattungskodex (§30b Abs 1 Z 4) und der Richtlinien nach § 30a Abs 1 Z 9 und 12;

7. die Kündigung und Auflösung des Gesamtvertrages;

8. die Verlautbarung des Gesamtvertrages und seiner Abänderungen;

9. Regelungen über Barrierefreiheit;

10. die Festlegung einer Altersgrenze (längstens bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres) für die Beendigung der Einzelverträge von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten (persönlich haftenden Gesellschafterinnen/Gesellschaftern einer Vertrags-Gruppenpraxis) sowie möglicher Ausnahmen davon bei drohender ärztlicher Unterversorgung. Kommt keine Einigung über eine Altersgrenze zustande, so gilt das vollendete 70. Lebensjahr als Altersgrenze.

(1a) Im Stellenplan nach Abs 1 Z 1 sind, sofern Primärversorgungseinheiten nach § 2 Abs 5 Z 1 lita und Z 2 des Primärversorgungsgesetzes betrieben werden sollen, deren Standorte regional und der jeweilige Primärversorgungstypus (Netzwerk oder Zentrum) zu konkretisieren sowie die Anzahl jener Stellen, die in die Primärversorgungseinheit übergeführt werden sollen, regional festzulegen und der Zeitrahmen für die Umsetzung durch Invertragnahme festzulegen.

(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten ist nach Einzelleistungen oder nach Pauschalmodellen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind jeweils in den Honorarordnungen für Einzelordinationen und für Gruppenpraxen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der jeweiligen Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit (einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe [§131]) bzw für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.

(2a) Bei der Vereinbarung der Honorarordnungen sind von den Gesamtvertragspartnern mit der Zielsetzung einer qualitativ hochwertigen Versorgung, einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung des Trägers der Krankenversicherung und einer angemessenen Honorarentwicklung folgende Kriterien anzuwenden:

1. Die Entwicklung der Beitragseinnahmen des Krankenversicherungsträgers, wobei gesetzlich für andere Zwecke gebundene Beitragsanhebungen nicht zu berücksichtigen sind;

2. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Krankenversicherungsträgers ohne Berücksichtigung der eigenen Einrichtungen und der Verwaltungskosten;

3. die gesamtwirtschaftliche Situation (einschließlich Lohn- und Gehaltsentwicklungen);

4. die allgemeine Kostenentwicklung getrennt nach Vertragsärztinnen/Vertragsärzten sowie Vertrags-Gruppenpraxen;

5. die Auswirkung von Mengensteigerungen der ärztlichen Leistungen (Leistungen von Gruppenpraxen) auf die Ausgaben des Krankenversicherungsträgers;

6. die Ausgabenentwicklung des Krankenversicherungsträgers mit Ausnahme jener Leistungen, die nicht in Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Hilfe stehen;

7. der Stand der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie die Auswirkungen der demographischen Entwicklung und der Veränderungen der Morbidität;

8. die im Rahmen der Planung der Gesundheitsversorgungsstruktur beschlossenen Qualitätsvorgaben.

(2b) Hinsichtlich der Honorierung können die Beziehungen der Österreichischen Gesundheitskasse auf regionaler Ebene durch gesamtvertragliche Honorarvereinbarungen geregelt werden, wobei darin auch eine Regelung über den Stellenplan im jeweiligen Bundesland nach Maßgabe der Abs 1 Z 1, Abs 1a und 3 erfolgen kann. Die Honorarvereinbarungen sind zwischen der Österreichischen Gesundheitskasse und der örtlich zuständigen Ärztekammer innerhalb der Vorgaben nach Abs 2 und 2a für das jeweilige Bundesland abzuschließen.

(2c) Die Kündigung einer gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung für ein Bundesland ist nur durch die Österreichische Gesundheitskasse bzw die jeweilige Landesärztekammer möglich. Eine solche Kündigung bewirkt die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung lediglich für dieses Bundesland. Die Kündigung des bundeseinheitlichen Gesamtvertrags wird hierdurch nicht bewirkt, dieser ist jedoch für die Vertragspartner/innen in diesem Bundesland nicht anwendbar.

(3) Die Planungsvorgaben des RSG betreffend Primärversorgungseinheiten nach dem Primärversorgungsgesetz sind im Stellenplan wie folgt zu berücksichtigen:

1. Regelt der Stellenplan (Abs1 Z 1) die Umsetzung der Planungsvorgaben und wird die Primärversorgungseinheit nach einem Auswahlverfahren nach § 14 Abs 2 des Primärversorgungsgesetzes dennoch als selbständiges Ambulatorium unter Vertrag genommen, so ist der Stellenplan um die im selbständigen Ambulatorium gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente jeweils bei Freiwerden einer geeigneten Planstelle zu reduzieren.

2. Regelt der Stellenplan (Abs1 Z 1) die Umsetzung der Planungsvorgaben vor Durchführung eines Auswahlverfahrens nach § 14 Abs 3 des Primärversorgungsgesetzes nicht, so ist der Stellenplan

a) im Falle des Vertragsabschlusses mit einem selbständigen Ambulatorium um die Hälfte der im selbständigen Ambulatorium gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente

b) im Falle des Vertragsabschlusses mit einem Vertragspartner nach dem Sechsten Teil Abschnitt II 1. Unterabschnitt in vollem Ausmaß der in der Primärversorgungseinheit gebundenen ärztlichen Vollzeitäquivalente

jeweils bei Freiwerden einer geeigneten Planstelle zu reduzieren.

Primärversorgungs-Gesamtvertrag für Primärversorgungseinheiten betreffend ärztliche Hilfe und dessen Inhalt

§342b. (1) Die Beziehungen der Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz zu Primärversorgungseinheiten im Sinne des Primärversorgungsgesetzes, sofern diese nicht in der Organisationsform von selbständigen Ambulatorien (§2 Abs 1 Z 5 KAKuG) betrieben werden, werden betreffend die ärztliche Hilfe, unbeschadet des Abs 4, durch einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag geregelt. Dieser Gesamtvertrag ist für die Träger der Krankenversicherung durch den Dachverband mit der Österreichischen Ärztekammer für die Landesärztekammern auf unbestimmte Zeit abzuschließen. Er kann vom Dachverband und der Österreichischen Ärztekammer zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist schriftlich gekündigt werden.

(2) Der Gesamtvertrag hat unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der Wissenschaft und medizintechnischen Entwicklung insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

1. das aus den § 4 bis 6 des Primärversorgungsgesetzes abgeleitete Mindestleistungsspektrum;

2. die Rechte und Pflichten der Vertragspartner nach § 8 Abs 3 und 5 des Primärversorgungsgesetzes sowie die Überprüfung der Identität der/des Patientin/Patienten und die rechtmäßige Verwendung der e card;

3. Regelungen über die Grundsätze der Vergütung (Abs3);

4. Regelungen über die Ausgestaltung der Honorarvereinbarungen (Abs4);

5. die Vorsorge zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise einschließlich Steuerungsmaßnahmen bei Heilmitteln sowie hinsichtlich der ärztlich veranlassten Kosten, zB in den Bereichen Zuweisung und Überweisung zu niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten (Gruppenpraxen), Heilbehelfe, Hilfsmittel und Transporte (Ökonomieprinzip);

6. die Ausstellung von Bescheinigungen, die für die Durchführung der Krankenversicherung erforderlich sind;

7. die Zusammenarbeit mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung des Erstattungskodex (§30b Abs 1 Z 4) und der Richtlinien nach § 30a Abs 1 Z 9 und 12;

8. die Verlautbarung des Gesamtvertrags und seiner Abänderungen;

9. die Festlegung einer Altersgrenze für die an einer Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie möglicher Ausnahmen. Kommt keine Einigung über eine Altersgrenze zustande, so gilt das vollendete 70. Lebensjahr als Altersgrenze.

(3) Das Honorierungssystem bezüglich der Leistungen der Primärversorgungseinheit hat dazu beizutragen, dass die dem Primärversorgungsgesetz (§§4 bis 6) zu Grunde liegenden Ziele erreicht und die an diese Versorgungsform gestellten Anforderungen sicher erfüllt werden. Die Honorierung hat sich aus Grund- und Fallpauschalen, Einzelleistungsvergütungen sowie gegebenenfalls aus Bonuszahlungen für die Erreichung definierter Ziele zusammenzusetzen und ist in Grundzügen im Gesamtvertrag zu vereinbaren. Art und Umfang der Abrechnung der Tätigkeit sind auf Grundlage einer einheitlichen elektronischen Diagnosen- und Leistungsdokumentation zu vereinbaren. Die sich aus einzelnen Elementen zusammensetzende Grundpauschale dient, unabhängig vom Patientenkontakt zur Abgeltung der zur Verfügung gestellten Infrastruktur, der personellen, technischen und apparativen Ausstattung sowie der mit dieser erbrachten Leistungen. Mit Fallpauschalen soll der Behandlungsaufwand pro Patient/in abgebildet werden, wobei nach Indikations- oder Anspruchsgruppen differenziert werden kann. Für Leistungen mit besonderem Betreuungs- und Behandlungsaufwand sind Einzelleistungsvergütungen zu vereinbaren. Bonuszahlungen können für spezielle vereinbarte Versorgungsziele, insbesondere in Umsetzung der im Versorgungskonzept festgelegten Versorgungsziele vereinbart werden.

(4) Ergänzend zu Abs 1 werden bezüglich der Honorierung die Beziehungen auf regionaler Ebene durch gesamtvertragliche Honorarvereinbarungen geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz durch den Dachverband mit der örtlich zuständigen Ärztekammer innerhalb der nach Abs 3 vorgesehenen Bestimmungen für das jeweilige Bundesland abzuschließen, wobei Sonderregelungen in Bezug auf eine jeweilige Region zulässig sind. Diese gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen bedürfen der Zustimmung des Krankenversicherungsträgers für den sie abgeschlossen werden. Die gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen sind Teil des Gesamtvertrags nach Abs 1. Die Kündigung einer gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung für ein Bundesland ist nur durch die Österreichische Gesundheitskasse bzw die jeweilige Landesärztekammer möglich. Eine solche Kündigung bewirkt die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung lediglich für dieses Bundesland. Die Kündigung des bundesweiten Gesamtvertrags wird hierdurch nicht bewirkt, dieser ist jedoch für die Vertragspartner/innen dieses Bundeslandes nicht anwendbar. Die Kündigung der gesamtvertraglichen Honorarvereinbarung eines Sonderversicherungsträgers (bundesweiter Krankenversicherungsträger und Betriebskrankenkassen) bewirkt nur die Kündigung dessen gesamtvertraglicher Honorarvereinbarung, sodass der bundesweite Gesamtvertrag im jeweiligen Bundesland lediglich für die Vertragspartner/innen des jeweiligen Sonderversicherungsträgers nicht anwendbar ist.

(5) In den gesamtvertraglichen Honorarvereinbarungen nach Abs 4 sind unter Berücksichtigung der Bevölkerungsdichte im unmittelbaren Einzugsgebiet einer Primärversorgungseinheit Honorare sowie allenfalls Bandbreiten samt Zu- und Abschlägen davon zu vereinbaren, bei denen das Gebot der Objektivität, Transparenz und Nichtdiskriminierung zu beachten ist. Das Verhältnis der verschiedenen Honorierungselemente zueinander ist darin, soweit der für die Erbringung der Leistung erforderliche Aufwand dies rechtfertigt, regional zu differenzieren. Des Weiteren sind Richtwerte für den Mindestanteil der Grundpauschale festzusetzen. Ebenso können Gegenstände des Gesamtvertrags nach Abs 2 konkretisiert werden, insoweit sich der Gesamtvertrag auf die Regelung von Grundzügen beschränkt.

(6) Der Bestand oder die Kündigungsfristen eines nach dieser Bestimmung abgeschlossenen Gesamtvertrags oder eines Teiles davon können nicht rechtswirksam an den Bestand oder die Kündigungsfristen eines anderen nach dem Sechsten Teil dieses Bundesgesetzes abgeschlossenen Gesamtvertrags gebunden werden.

Vertragliche Beziehungen zu Primärversorgungseinheiten nach § 8 Abs 1 Z 1 und 3 des Primärversorgungsgesetzes

§342c. (1) Die vertraglichen Beziehungen zu Primärversorgungseinheiten nach § 8 Abs 1 Z 1 und 3 des Primärversorgungsgesetzes werden durch die in den folgenden Absätzen enthaltenen Bestimmungen geregelt. Der Vertragsinhalt des Primärversorgungsvertrags und des Primärversorgungs-Einzelvertrags bestimmt sich nach § 8 des Primärversorgungsgesetzes.

(2) Für die Auswahl einer Primärversorgungseinheit, den Abschluss des Vertrags und dessen Auflösung ist § 343 nicht anzuwenden.

(3) Die Auswahl einer Primärversorgungseinheit erfolgt nach § 14 des Primärversorgungsgesetzes. Der Abschluss des Primärversorgungsvertrags und der Primärversorgungs-Einzelverträge obliegt der Österreichischen Gesundheitskasse.

(4) Das Vertragsverhältnis zwischen der Primärversorgungseinheit und dem

Träger der Krankenversicherung erlischt ohne Kündigung im Falle:

1. der Auflösung des Trägers der Krankenversicherung;

2. des Wirksamwerdens gesetzlicher Vorschriften, durch die die Tätigkeit des Trägers der Krankenversicherung entweder eine örtliche oder eine sachliche Einschränkung erfährt, in deren Folge die Tätigkeit einer Primärversorgungseinheit nicht mehr in Frage kommt;

3.der Auflösung der Primärversorgungseinheit;

4.der rechtskräftigen Verurteilung eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin der Primärversorgungseinheit, einer/eines dort freiberuflich tätigen Ärztin/Arztes oder Angehörige/n eines sonstigen Gesundheitsberufs

a) wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe oder

b) wegen einer mit Bereicherungsvorsatz begangenen gerichtlich strafbaren Handlung;

5. einer im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufs oder eines sonstigen Gesundheitsberufs wegen groben Verschuldens strafgerichtlichen rechtskräftigen Verurteilung eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin der Primärversorgungseinheit, einer/eines dort freiberuflich tätigen Ärztin/Arztes oder Angehörige/n eines sonstigen Gesundheitsberufs;

6. eines wiederholten rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils, in welchem ein Verschulden eines/einer Gesellschafters/Gesellschafterin, einer dort freiberuflich tätigen Person oder der Primärversorgungseinheit im Zusammenhang mit der Ausübung der vertraglichen Tätigkeit festgestellt wird;

7. des Erreichens der jeweils festgelegten Altersgrenze mit Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres.

Sobald die Vertragspartner über das Vorliegen eines Tatbestandes nach Z 4 bis 6 Kenntnis erlangt haben, haben sie den jeweiligen anderen Vertragspartner darüber zu informieren. In den Fällen der Z 4 bis 7 kann eine Primärversorgungseinheit das Erlöschen des Primärversorgungsvertrags verhindern, wenn sie innerhalb von vier Wochen ab dem Einlangen der Mitteilung des Trägers der Krankenversicherung oder sonstigem Informationserhalt oder nach Ablauf des jeweiligen Kalendervierteljahres, in welchem die Altersgrenze erreicht wurde, die betroffene Person aus der Primärversorgungseinheit ausschließt oder das Dienstverhältnis mit der angestellten Person beendet. Die Wiederaufnahme bzw Wiedereinstellung einer ausgeschlossenen Person in eine Primärversorgungseinheit kann nur mit Zustimmung der zuständigen Sozialversicherungsträger erfolgen. Die Rechtsfolge des Erlöschens des Primärversorgungsvertrags nach Z 4 und 5 kann nicht nach § 44 Abs 2 StGB nachgesehen werden.

(5) Mit dem Erlöschen des Primärversorgungsvertrags erlöschen auch die Primärversorgungs-Einzelverträge.

(6) Der Träger der Krankenversicherung ist, wenn die Primärversorgungseinheit nach § 8 Abs 1 Z 1 oder Z 3 lita des Primärversorgungsgesetzes geführt wird, zur Auflösung dieses Vertragsverhältnisses verpflichtet, wenn ein/eine den ärztlichen Beruf ausübender/ausübende Gesellschafter/in einer Primärversorgungseinheit die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs verliert oder wenn ihm/ihr diese Berechtigung von Anfang an fehlte. Wird die Primärversorgung nach § 8 Abs 1 Z 3 litb des Primärversorgungsgesetzes geführt, so ist in einem solchen Fall der Krankenversicherungsträger zur Auflösung des Primärversorgungs-Einzelvertrags verpflichtet. Abs 4 letzter Satz gilt sinngemäß.

(7) Der Primärversorgungsvertrag kann unbeschadet der Bestimmungen der Abs 4 bis 6 von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist, mit Ausnahme im Falle des Abs 8 Z 4, zum Ende eines Kalendervierteljahres unter Angabe der Gründe schriftlich gekündigt werden. Steht eine Primärversorgungseinheit in einem Vertragsverhältnis zu mehreren Krankenversicherungsträgern, so bewirkt die Kündigung des Vertrags mit der Österreichischen Gesundheitskasse auch die Vertragsauflösung mit den übrigen Krankenversicherungsträgern nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz. Der Kündigung hat ein Schlichtungsversuch unter Beiziehung der zuständigen Ärztekammer voranzugehen. Dasselbe gilt bezüglich eines Primärversorgungs-Einzelvertrags einer/eines an einer Primärversorgungseinheit teilnehmenden freiberuflich tätigen Ärztin oder Arztes, ohne dass der Primärversorgungsvertrag als gekündigt gilt.

(8) Der Krankenversicherungsträger kann den Primärversorgungsvertrag aus folgenden Gründen kündigen:

1.wiederholte nicht unerhebliche oder schwerwiegende Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen;

2.Nichterfüllung der im Primärversorgungsvertrag vereinbarten auf Kosten der Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen;

3.Änderung der Organisation der Primärversorgungseinheit oder des Versorgungskonzepts, wenn dies im Widerspruch zu den vereinbarten Planungsvorgaben steht;

4. Wegfall der dem Auswahlverfahren nach § 14 des Primärversorgungsgesetzes zu Grunde gelegten Voraussetzungen oder wesentliche Änderung derselben, im zweiten Fall dann, wenn innerhalb eines Jahres keine Vertragsänderung zustande kommt; hiebei ist Abs 10 zu beachten.

Die gekündigte Primärversorgungseinheit kann innerhalb von zwei Wochen die Kündigung bei der Landesschiedskommission mit Einspruch anfechten. Die Landesschiedskommission hat innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Einspruches über diesen zu entscheiden. Der Einspruch hat bis zum Tag der Entscheidung der Landesschiedskommission aufschiebende Wirkung. In den Fällen der Z 1 und 2 kann die Primärversorgungseinheit die Kündigung des Primärversorgungsvertrags abwenden, wenn sie innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft der Kündigung jene Gesellschafterin/jenen Gesellschafter oder jene/jenen Ärztin oder Arzt oder sonstige/n Angehörige/n eines Gesundheitsberufs, die/der ausschließlich den jeweiligen Kündigungsgrund gesetzt hat, aus der Primärversorgungseinheit ausschließt oder das Dienstverhältnis mit der betroffenen Person beendet. Eine von der gekündigten Primärversorgungseinheit oder der ausgeschlossenen Person eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat ohne Zustimmung des Krankenversicherungsträgers, mit Ausnahme im Falle der Z 4, keine aufschiebende Wirkung.

(9) Der Krankenversicherungsträger kann den Primärversorgungs-Einzelvertrag aus den in Abs 8 Z 1, 2 und 4 genannten Gründen kündigen. Im Übrigen gilt Abs 8 sinngemäß.

(10) Im Falle einer Kündigung nach Abs 8 Z 4 sind die von der Primärversorgungseinheit oder der/dem gekündigte/n freiberuflich tätige/n Ärztin oder Arzt im Vertrauen auf die Treffsicherheit der Planung eingegangenen Verpflichtungen zu berücksichtigen, indem angemessene finanzielle Abgeltungen geleistet werden oder für die Kündigung eine Frist von mindestens drei Jahren einzuhalten ist.

(11) Einzelverträge nach § 343 mit Ärztinnen und Ärzten für Allgemeinmedizin, die nach In-Kraft-Treten des Primärversorgungsgesetzes abgeschlossen werden, können unter Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 343 Abs 4 gekündigt werden, wenn bei Ausschreibung die Planung einer Primärversorgungseinheit im selben Versorgungsgebiet im RSG bereits abgebildet ist und die Ärztin oder der Arzt die Beteiligung an einer Primärversorgungseinheit entgegen einer vorvertraglichen Zusage ablehnt. Eine solche Zusage ist für fünf Jahre bindend, wobei in der Ausschreibung eine abweichende Frist vereinbart werden kann.

(12) Schließen sich Vertragsärztinnen oder -ärzte (Vertrags-Gruppenpraxen) zu einer Primärversorgungseinheit nach dem Primärversorgungsgesetz zusammen, so erlöschen ihre bisherigen (Gruppenpraxis-)Einzelverträge. Im Falle einer Kündigung nach Abs 8 Z 4 leben die bisherigen (Gruppenpraxis-)Einzelverträge wieder auf. Dies gilt auch im Falle der Auflösung der Primärversorgungseinheit oder des Ausscheidens einer/eines freiberuflich tätigen Ärztin oder Arztes innerhalb von drei Jahren ab Invertragnahme. Nach Ablauf von drei Jahren gilt § 342a Abs 3 Z 1 litb mit der Maßgabe, dass für die Mitnahme der Planstelle aus der Primärversorgungseinheit die vorherige Zustimmung der Österreichischen Gesundheitskasse und der jeweiligen Landesärztekammer erforderlich ist. Im Falle der Nachbesetzung in der Primärversorgungseinheit ist zwischen den Gesamtvertragspartnern Einvernehmen über die Anrechnung im Stellenplan herzustellen. Die nach § 342 Abs 1 Z 10 in den jeweiligen Gesamtverträgen festgelegte Altersgrenze für die Beendigung der Einzelverträge von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten (Gesellschafterinnen/Gesellschaftern einer Vertrags-Gruppenpraxis) ist anzuwenden.

(13) Kommt bis für die ärztlichen Leistungen ein Gesamtvertrag nach § 342b mit Wirksamkeit nicht zustande oder tritt danach ein vertragsloser Zustand ein, so kann der Dachverband unter Bedachtnahme auf die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) für die Träger der Krankenversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz Primärversorgungs-Sonderverträge mit Primärversorgungseinheiten nach § 8 Abs 3 und 5 des Primärversorgungsgesetzes nach einheitlichen Grundsätzen abschließen. Ein solcher Primärversorgungs-Sondervertrag bedarf der Zustimmung des Krankenversicherungsträgers, für den er abgeschlossen wird, und der zuständigen Ärztekammer. Der Primärversorgungs-Sondervertrag hat insbesondere die in den § 4 bis 6 des Primärversorgungsgesetzes vorgesehenen Anforderungen und den Leistungsumfang zu konkretisieren, im Übrigen sind die Bestimmungen der Abs 1 bis 12 sinngemäß anzuwenden.

Zahnärzte/Zahnärztinnen

§343d. (1) Auf die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den Angehörigen des zahnärztlichen Berufs nach dem Zahnärztegesetz finden die Bestimmungen dieses Abschnittes mit der Maßgabe Anwendung, dass

1.an die Stelle der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammern die Österreichische Zahnärztekammer sowie

2.an die Stelle des Wortes ärztlich das Wort zahnärztlich in der jeweils grammatikalisch anzuwendenden Form tritt,

3.die Beziehungen zwischen den Krankenversicherungsträgern und den Zahnärzt/inn/en sowie den Gruppenpraxen durch jeweils einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag, der vom Dachverband abzuschließen ist, zu regeln sind und

4. § 342 Abs 1 Z 1a, Abs 2b und 2c sowie 342b nicht anzuwenden sind.

(2) Die Bestimmungen des 3. Unterabschnittes des Abschnittes II des Sechsten Teiles sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1.in den Verfahren nach den § 344 Abs 2 und 345 zwei Beisitzer/Beisitzerinnen durch die zuständige Landeszahnärztekammer bestellt werden,

2.die Kanzleigeschäfte der in den § 344 und 345 vorgesehenen Kommissionen kalenderjährlich abwechselnd von der Österreichischen Gesundheitskasse und den Landeszahnärztekammern jener Länder zu führen sind, in denen die betreffende Kommission eingerichtet ist oder im Einzelfall einzurichten ist.

Allgemeine Bestimmungen über die Kommissionen

§347. (1) Für die Vorsitzenden der in den § 344 bis 346 genannten Kommissionen ist je ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin, für die Mitglieder dieser Kommissionen sind je zwei Stellvertreter/Stellvertreterinnen von den gleichen Organen und auf die gleiche Weise zu bestellen wie jene. Als Mitglieder der Kommissionen können auch Funktionäre und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen der jeweiligen gesetzlichen Interessenvertretungen bestellt (entsendet) werden.

(2) Die in den Kommissionen nach den § 344 bis 346 tätigen Richter/innen des Dienststandes und des Ruhestandes erhalten eine Entschädigung, deren Höhe vom Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer und des Dachverbandes festgesetzt wird. Die übrigen Mitglieder dieser Kommissionen üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Diese Regelung gilt sinngemäß auch für die Stellvertreter/Stellvertreterinnen der Mitglieder der Kommissionen nach den § 344 bis 346, falls sie in dieser Funktion tätig werden.

(3) Die Gerichte, Verwaltungsbehörden, Versicherungsträger (der Dachverband), wie auch die Österreichische Ärztekammer und die Ärztekammern in den Bundesländern sind an die innerhalb der Grenzen der Zuständigkeit gefällten Entscheidungen und Beschlüsse der in den § 344 bis 346 vorgesehenen Kommissionen gebunden.

(3a) Die Kommissionen haben bei ihren Entscheidungen zu prüfen, ob der Dachverband und die Sozialversicherungsträger die Rahmenbedingungen nach § 84a Abs 1 (zB Österreichischer Strukturplan Gesundheit) oder nach § 342 Abs 1 Z 1 (Regionale Strukturpläne Gesundheit) eingehalten haben und ihrerseits die Ergebnisse dieser Strukturpläne ihren Entscheidungen in einschlägigen Angelegenheiten zu Grunde zu legen.

(4) Die in den § 344 bis 346 vorgesehenen Kommissionen fassen ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit; eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig. Im Übrigen sind die Geschäftsordnungen dieser Kommissionen von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer und des Dachverbandes durch Verordnung zu regeln.

(6) Die Verhandlungen der Landesschiedskommission (§345) sind am Sitz des Landesgerichts der jeweiligen Landeshauptstadt, im Land Vorarlberg am Sitz des Landesgerichts Feldkirch, und die Verhandlungen der Bundesschiedskommission (§346) am Sitz des Obersten Gerichtshofes durchzuführen. Im Übrigen bleibt § 40 Abs 1 AVG unberührt. Die Kanzleigeschäfte der in den § 344 und 345 vorgesehenen Kommissionen sind kalenderjährlich abwechselnd von den Ärztekammern und der Österreichischen Gesundheitskasse zu führen. Die Kanzleigeschäfte der Bundesschiedskommission (§346) sind kalenderjährlich abwechselnd von der Österreichischen Ärztekammer und vom Dachverband zu führen.

(7) Die Kosten der Verfahren vor den in den § 344 bis 346 vorgesehenen Kommissionen tragen je zur Hälfte die in Betracht kommende gesetzliche Interessenvertretung und der beteiligte Versicherungsträger (Dachverband).

Rechts- und Verwaltungshilfe

§360. (1) Die Verwaltungsbehörden und die Gerichte sind verpflichtet, den im Vollzug dieses Bundesgesetzes an sie ergehenden Ersuchen der Versicherungsträger und des Dachverbandes im Rahmen ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zu entsprechen. In gleicher Weise haben die Versicherungsträger (der Dachverband) den Verwaltungsbehörden und den Gerichten Verwaltungshilfe zu leisten.

(2) Barauslagen, die der ersuchten Stelle aus der Hilfeleistung erwachsen, mit Ausnahme von Portokosten, sind von der ersuchenden Stelle zu erstatten.

(3) Die Sozialversicherungsträger und der Dachverband sind berechtigt, auf automationsunterstütztem Weg Einsicht in das Grundbuch, das Adressregister, das zentrale Gewerberegister und das Firmenbuch zu nehmen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben, insbesondere zur Erbringung von Leistungen und zur Durchführung des Versicherungs-, Melde- und Beitragswesens, notwendig ist. Die Berechtigung zur Einsicht in das Grundbuch umfaßt auch die Einsichtnahme in das Personenverzeichnis. Die Berechtigung zur Einsicht in das Firmenbuch umfaßt auch die bundesweite Suche nach im Zusammenhang mit den Rechtsträgern gespeicherten Personen.

(5) Die Personenstandsbehörde hat der Österreichischen Gesundheitskasse – möglichst in automationsunterstützter Form – folgende Personenstandsfälle mitzuteilen:

1.Geburten und Vermerke über Annahmen an Kindes statt,

2.Vermerke über verwaltungsbehördliche Namensänderungen sowie Namensänderungen auf Grund zivilrechtlicher Vorgänge,

3.Eheschließungen oder Begründungen von eingetragenen Partnerschaften und Vermerke über Auflösungen von Ehen oder eingetragenen Partnerschaften,

4. Todesfälle.

(6) Die Sozialversicherungsträger und der Dachverband haben zur Sicherung der Unverwechselbarkeit und Richtigkeit der von ihnen verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie zur Durchführung ihrer Verfahren das Recht, das Verfahren der Meldebehörden nach § 14 Abs 2 des Meldegesetzes 1991 in Anspruch zu nehmen. Sie sind verpflichtet, bei Änderungen (Feststellung, Richtigstellung usw) von Familiennamen, Vornamen, Geschlechtsangabe, Staatsbürgerschaft und Geburtsdaten sowie der ZMR-Zahl (§16 Meldegesetz 1991) mit dem Zentralen Melderegister beim Bundesminister für Inneres zum Zwecke der Führung der Gleichsetzungstabelle (§16b Meldegesetz 1991 in der Fassung des Artikels II des Bundesgesetzes BGBl I Nr 28/2001) zusammenzuarbeiten und dort geänderte personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur eindeutigen Identifizierung einer Person notwendig ist. Leistungsansprüche, Anwartschaften oder deren Veränderungen können aus solchen Änderungen nicht abgeleitet werden. Abfragen der Sozialversicherungsträger und des Dachverbandes aus dem Zentralen Melderegister sind auch nach dem Auswahlkriterium der Anschrift (Wohnadresse) zulässig, und zwar zur Überprüfung von Angaben über das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, soweit dies für die Feststellung eines Leistungsanspruches notwendig ist. Die Ergebnisse solcher Abfragen stellen lediglich einen Anhaltspunkt bei der Ermittlung des Tatbestandes des gemeinsamen Haushaltes dar.

(7) Die Abgabenbehörden und ihre Organe nach Maßgabe der Bestimmungen des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes - AVOG, BGBl Nr 18/1975, haben in ihrem Wirkungsbereich an der Vollziehung der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen mitzuwirken. Soweit Organe der Abgabenbehörden nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG Maßnahmen im Sinne des ersten Satzes setzen, ist ihr Handeln dem zuständigen Krankenversicherungsträger zuzurechnen.

Entscheidungen über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern (und dem Dachverband)

§413. (1) Über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern in Verwaltungssachen, ausgenommen Streitigkeiten nach § 412 Abs 1, sowie Streitigkeiten zwischen dem Dachverband und den Versicherungsträgern entscheidet die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.

(2) Durch die Einleitung eines Verfahrens nach Abs 1 zur Entscheidung über Zahlungsverpflichtungen werden diese Verpflichtungen nicht gehemmt.

ACHTER TEIL

Aufbau der Verwaltung

ABSCHNITT I

Verwaltungsstellen der Versicherungsträger

Haupt-, Landes- und Außenstellen

§418. (1) Die Verwaltung der Versicherungsträger ist durch Hauptstellen, durch Landesstellen nach Maßgabe der Abs 3 und 4 und, soweit dies nach Abs 5 vorgesehen ist, durch Außenstellen zu führen.

(2) Die Hauptstelle ist am Sitz des Versicherungsträgers zu errichten. Die Hauptstelle hat die Verwaltung des Versicherungsträgers zu führen, soweit nicht einzelne Aufgaben durch Gesetz den Landesstellen zugewiesen sind.

(3) Die Österreichische Gesundheitskasse und die Pensionsversicherungsanstalt haben in jedem Bundesland jeweils eine Landesstelle für das betreffende Bundesland einzurichten. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat Landesstellen in Wien für die Länder Wien, Niederösterreich und Burgenland, in Linz für das Land Oberösterreich, in Salzburg für die Länder Salzburg, Tirol und Vorarlberg sowie in Graz für die Länder Steiermark und Kärnten zu errichten.

(4) Die Landesstellen nach Abs 3 haben die Hauptstelle in Angelegenheiten des allgemeinen Versicherten- und Dienstgeber/innenservice zu unterstützen und die im § 434 Abs 2 bis 4 genannten Aufgaben zu besorgen. Verantwortlicher im Sinne des Art 4 Z 7 DSGVO ist hinsichtlich dieser Aufgaben stets die Hauptstelle des Versicherungsträgers.

(5) Die Versicherungsträger können, soweit eine im Verhältnis zu den Versicherten und den Dienstgeber/inne/n örtlich nahe Verwaltung zweckmäßig ist, Außenstellen einrichten.

ABSCHNITT II

Verwaltungskörper der Versicherungsträger

Arten der Verwaltungskörper

§419. Die Verwaltungskörper der Versicherungsträger sind

1. der Verwaltungsrat,

2. die Hauptversammlung und

3. die Landesstellenausschüsse am Sitz der Landesstellen.

Versicherungsvertreter/innen

§420. (1) Die Verwaltungskörper bestehen aus Vertreter/inne/n der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen (Versicherungsvertreter/innen).

(2) Versicherungsvertreter/innen können Personen sein, die nicht vom Wahlrecht in die gesetzgebenden Organe ausgeschlossen sind, am Tag der Berufung das 18. Lebensjahr vollendet und, wenn es sich nicht um Bedienstete von Gebietskörperschaften handelt, ihren Wohnort, Beschäftigungsort oder Betriebssitz im Sprengel des Versicherungsträgers haben. Sie müssen entweder seit mindestens sechs Monaten in Österreich als Dienstnehmer/innen oder Unternehmer/innen tätig sein oder

1. Bevollmächtigte von Dienstgeber/inne/n oder

2. Vorstandsmitglieder oder Bedienstete öffentlich-rechtlicher Interessenvertretungen oder von Organisationen der Dienstnehmer/innen bzw Dienstgeber/innen oder

3. Bedienstete von Gebietskörperschaften

sein.

(3) Die Versicherungsvertreter/innen müssen, soweit es sich nicht um Angehörige des im Abs 2 Z 2 und 3 umschriebenen Personenkreises handelt, im Zeitpunkt ihrer Entsendung dem betreffenden Versicherungsträger bzw der betreffenden Landesstelle als pflichtversicherte Dienstnehmer/innen oder Dienstgeber/innen von solchen oder als freiwillig Versicherte angehören.

(4) Jedes Mitglied eines Verwaltungskörpers führt in diesem eine Stimme. Das Mitglied kann jedoch auch zwei Stimmen führen, wenn es von einem anderen Mitglied schriftlich mit seiner Vertretung bei einer einzelnen Sitzung betraut worden ist. Das Recht den Vorsitz zu führen kann nicht übertragen werden. Das vertretene Mitglied ist bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit nicht mitzuzählen.

(5) Die Tätigkeit als Mitglied eines Verwaltungskörpers erfolgt auf Grund einer öffentlichen Verpflichtung und begründet kein Dienstverhältnis zum Versicherungsträger. Hiefür gebühren Entschädigungen nach folgenden Grundsätzen:

1.Die Mitglieder der Verwaltungskörper haben Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten nach Maßgabe von Richtlinien nach § 30a Abs 1 Z 31.

2.Die Obmänner/Obfrauen und ihre Stellvertreter/innen, die Vorsitzenden der Hauptversammlungen und ihre Stellvertreter/innen sowie die Vorsitzenden der Landesstellenausschüsse und ihre Stellvertreter/innen haben Anspruch auf Funktionsgebühren. Das Nähere hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung des Dachverbandes durch Verordnung unter Bedachtnahme auf den örtlichen Wirkungsbereich und die Zahl der Versicherten des jeweiligen Versicherungsträgers zu bestimmen; dabei darf die für ein Jahr zustehende Funktionsgebühr 40% des einem Mitglied des Nationalrates jährlich gebührenden Bezuges nicht übersteigen.

3.Die Mitglieder der Verwaltungskörper, soweit sie nicht unter Z 2 fallen, haben Anspruch auf Sitzungsgeld, dessen Höhe durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung des Dachverbandes festzusetzen ist.

§107 Abs 4 ist anzuwenden.

(6) Von der Entsendung in das Amt eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin sind ausgeschlossen:

1.Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Nationalrates, des Bundesrates, der Landtage, der Bundesregierung und der Landesregierungen;

2.Bedienstete eines Versicherungsträgers und des Dachverbandes;

3.Personen, die auf Grund einer von ihnen ausgeübten Erwerbstätigkeit mit einem Versicherungsträger oder dem Dachverband in regelmäßigen geschäftlichen Beziehungen stehen;

4.Personen, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist;

5. Personen, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter/innen samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist.

(7) Den Eignungstest nach Abs 6 Z 5 hat eine Prüfungskommission durchzuführen, die beim Dachverband einzurichten ist. Die Mitglieder dieser Kommission sind von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen.

(8) Die Prüfungskommission nach Abs 7 besteht aus drei Mitgliedern. Als Prüfer/innen für die Gegenstände 'Organisationsrecht der Sozialversicherung', 'Strukturen der Selbstverwaltung und Aufsichtsrecht', 'Rechte und Pflichten der Versicherungsvertreter/innen', 'Leistungsrecht der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung' sowie 'Melde-, Versicherungs- und Beitragswesen' sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu bestellen. Als Prüfer/innen für die Gegenstände 'Finanzierungsströme der öffentlichen Hand' und 'Grundzüge der Buchhaltung und Bilanzierung sowie volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen' sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen zu bestellen. Näheres über die Organisation der Prüfungskommission sowie über die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festzusetzen.

Bestellung der Versicherungsvertreter/innen

§421. (1) Die Versicherungsvertreter/innen sind von den geschäftsführenden Organen der örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen unter Bedachtnahme auf ihre fachliche Eignung (§420 Abs 6 Z 5) und auf die einzelnen von den entsendeberechtigten Stellen jeweils zu vertretenden Berufsgruppen in die Verwaltungskörper der Versicherungsträger zu entsenden. Dabei ist die Geschlechterparität durch ein ausgewogenes Verhältnis an Versicherungsvertreterinnen und Versicherungsvertretern in den Verwaltungskörpern zu beachten.

(2) Die Interessenvertretungen nach Abs 1 haben die Entsendung nach dem Mandatsergebnis der Wahl zu ihrem jeweiligen satzungsgebenden Organ (z. B. Vollversammlung, Hauptversammlung) auf Vorschlag der jeweils wahlwerbenden Gruppe nach dem System d‘Hondt unter sinngemäßer Anwendung von Abs 5 Z 1 und 2 vorzunehmen; sind die Interessenvertretungen mehrerer Länder oder eine bundesweite Interessenvertretung zur Entsendung berufen, so sind dabei die jeweiligen (bei bundesweiter Zuständigkeit: sämtliche) Landesmandatsergebnisse zusammenzuzählen. Soweit die Wirtschaftskammern zur Entsendung berechtigt sind, hat die Nominierung der Versicherungsvertreter/innen nach dem Mandatsergebnis der Wahlen zu den Fachorganisationen (Fachvertretungen) zu erfolgen. Bei der Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n in die Landesstellenausschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt ist das jeweilige Wahlergebnis auf Landesebene zu berücksichtigen. Die Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n in die Landesstellenausschüsse der Österreichischen Gesundheitskasse erfolgt von den Interessenvertretungen nach Abs 1 auf Vorschlag der jeweiligen Interessenvertretungen auf Landesebene, die bei der Erstattung ihres Vorschlages das jeweilige Wahlergebnis auf Landesebene zu berücksichtigen haben.

(3) Bestehen keine Interessenvertretungen nach Abs 1, so sind die Versicherungsvertreter/innen der Dienstnehmer/innen/gruppe vom Österreichischen Gewerkschaftsbund, und zwar von der in Betracht kommenden Gewerkschaft, zu entsenden. Die Versicherungsvertreter/innen der Dienstgeber/innen/gruppe sind in einem solchen Fall von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Österreich zu entsenden.

(4) Unzulässig ist die gleichzeitige Entsendung ein und derselben Person als Versicherungsvertreter/in

1. sowohl in den Verwaltungsrat als auch in einen Landesstellenausschuss desselben Versicherungsträgers;

2. sowohl in einen Landesstellenausschuss als auch in die Hauptversammlung als weitere/n Versicherungsvertreter/in nach § 426 Abs 2 Z 1 desselben Versicherungsträgers;

3. in die Verwaltungskörper mehrerer Versicherungsträger.

(5) Kommen mehrere entsendeberechtigte Stellen in der Gruppe der Dienstgeber/innen oder in der Gruppe der Dienstnehmer/innen in Betracht, so hat die Aufsichtsbehörde (§448) die auf die einzelnen Stellen entfallende Zahl von Versicherungsvertreter/inne/n unter Bedachtnahme auf die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer/innen in den den einzelnen Stellen zugehörigen Gruppen von Dienstnehmer/inne/n oder Dienstgeber/inne/n festzusetzen. Die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer/innen ist auf Grund einer Stichtagserhebung zum 1. Juli jenes Kalenderjahres zu ermitteln, das der Neubestellung der Verwaltungskörper zweitvorangeht. Die Berechnung der auf die einzelnen Stellen entfallenden Zahl von Versicherungsvertreter/inne/n hat nach dem System d‘Hondt zu erfolgen, wobei

1.die Wahlzahl ungerundet zu errechnen ist und

2.bei gleichem Anspruch mehrerer Stellen auf einen Versicherungsvertreter/eine Versicherungsvertreterin nach dieser Berechnung das Los entscheidet.

Die Aufteilung gilt jeweils für die betreffende Amtsdauer. Vor der Aufteilung der Zahl der Versicherungsvertreter/innen ist den in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(6) Die Aufsichtsbehörde hat die in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften aufzufordern, die Vertreter/innen innerhalb einer angemessenen Frist, die mindestens einen Monat zu betragen hat, zu entsenden. Verstreicht diese Frist ungenützt, so hat die Aufsichtsbehörde selbst die Versicherungsvertreter/innen zu bestellen. Im Fall der Säumigkeit einer öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung hat die Aufsichtsbehörde dabei nach dem System d’Hondt unter Zugrundelegung des Mandatsergebnisses der Wahl zum satzungsgebenden Organ dieser Interessenvertretung unter sinngemäßer Anwendung des Abs 5 Z 1 und 2 vorzugehen, ohne an einen Vorschlag gebunden zu sein; Abs 2 erster Satz letzter Halbsatz ist anzuwenden.

(7) In den Fällen der Abs 5 und 6, in denen der Wirkungsbereich der örtlich und sachlich zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretung der Dienstnehmer/innen sich nicht über mehr als ein Land erstreckt und eine für das gesamte Bundesgebiet zuständige öffentlich-rechtliche Interessenvertretung nicht besteht, ist der Berechnung der auf diese Gruppe von Dienstnehmer/inne/n entfallenden Zahl von Versicherungsvertreter/inne/n die Gesamtzahl der im Bundesgebiet in Betracht kommenden Dienstnehmer/innen zugrunde zu legen. Es sind sodann die Versicherungsvertreter/innen von jener Interessenvertretung zu entsenden, die für sich allein die größte Zahl von Dienstnehmer/inne/n vertritt. Diese hat dabei das Einvernehmen mit den übrigen für diese Gruppe von Dienstnehmer/inne/n in Betracht kommenden Interessenvertretungen herzustellen.

(8) Scheidet ein Versicherungsvertreter/eine Versicherungsvertreterin dauernd aus, so hat die Stelle, die die ausgeschiedene Person bestellt hat, für den Rest der Amtsdauer einen neuen Versicherungsvertreter/eine neue Versicherungsvertreterin zu bestellen. Ist die Neubestellung durch eine Enthebung (§423) erforderlich geworden und tritt nachträglich die Entscheidung über diese Enthebung außer Kraft, so erlöschen mit dem gleichen Zeitpunkt die rechtlichen Wirkungen der Neubestellung.

Ablehnung des Amtes und Recht zur Amtsausübung

§422. (1) Das Amt eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin darf nur aus wichtigen Gründen abgelehnt werden. Nach mindestens zweijähriger Amtsführung kann eine Wiederbestellung für die nächste Amtsdauer abgelehnt werden.

(2) Der Versicherungsvertreter/Die Versicherungsvertreterin hat von der Annahme seiner/ihrer Bestellung (§421) den Versicherungsträger nachweislich in Kenntnis zu setzen und ist unbeschadet des § 425 zweiter Satz ab dem Zeitpunkt des Einlangens dieser Mitteilung beim Versicherungsträger zur Ausübung seines/ihres Amtes ab dem Zeitpunkt, ab dem er/sie bestellt ist, berechtigt.

Enthebung von Versicherungsvertreter/inne/n

§423. (1) Ein Versicherungsvertreter/eine Versicherungsvertreterin ist seines/ihres Amtes zu entheben:

1.wenn Tatsachen bekannt werden, die seine/ihre Bestellung ausschließen würden;

2.wenn der Versicherungsvertreter/die Versicherungsvertreterin seine/ihre Pflichten verletzt;

3. a) wenn er/sie als Vertreter/in der Dienstnehmer/innen entsendet worden ist, aber seit mehr als drei Monaten dem betreffenden Versicherungsträger nicht mehr als pflichtversicherter Dienstnehmer/pflichtversicherte Dienstnehmerin angehört, oder

b) wenn er/sie als Vertreter/in der Dienstgeber/innen entsendet worden ist, aber seit mehr als drei Monaten nicht mehr Dienstgeber/in eines/einer bei dem betreffenden Versicherungsträger pflichtversicherten Dienstnehmers/Dienstnehmerin ist,

in beiden Fällen jedoch nur, wenn er/sie nicht zu jenen Personen zählt, die im § 420 Abs 2 Z 1 bis 3 angeführt sind;

4. wenn ein wichtiger persönlicher Grund zur Enthebung vorliegt und der Versicherungsvertreter/die Versicherungsvertreterin seine/ihre Enthebung unter Berufung darauf beantragt;

5. wenn einer der im § 420 Abs 6 genannten Ausschließungsgründe nach der Entsendung eingetreten ist.

Vor der Enthebung des Versicherungsvertreters/der Versicherungsvertreterin nach Z 4 oder 5 ist die zur Entsendung berufene Stelle anzuhören.

(2) Die Enthebung der Obmänner/Obfrauen und ihrer Stellvertreter/innen sowie der Vorsitzenden der Landesstellenausschüsse und ihrer Stellvertreter/innen steht der Aufsichtsbehörde, die der sonstigen Versicherungsvertreter/innen dem Obmann/der Obfrau bzw dem/der Vorsitzenden des jeweiligen Landesstellenausschusses zu.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann Versicherungsvertreter/innen auf begründeten Antrag der zur Entsendung berufenen Stelle ihres Amtes entheben.

(4) Vor der Enthebung eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin nach Abs 1 Z 1 bis 3 sowie Abs 2 und 3 ist diesem/dieser Gelegenheit zur Äußerung zu geben und gleichzeitig die entsendeberechtigte Stelle (§421) zu verständigen. Der vom Obmann/der Obfrau oder vom/von der Vorsitzenden des Landesstellenausschusses enthobenen Person steht das Recht der Beschwerde zu. Sie ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses über die Enthebung bei der Aufsichtsbehörde einzubringen.

(5) Die Aufsichtsbehörde hat dem Antrag einer entsendeberechtigten Stelle (§421) auf Enthebung der von dieser entsendeten Versicherungsvertreter/innen zu entsprechen, wenn der Antrag wegen der Neuwahl in die betreffende Interessenvertretung innerhalb von sechs Monaten nach der Neuwahl gestellt wird. In diesem Fall entfällt die Anhörung der zu enthebenden Versicherungsvertreter/innen.

(6) Ist das Mitglied eines Verwaltungskörpers gleichzeitig auch Mitglied eines anderen Verwaltungskörpers bei ein und demselben Versicherungsträger (§426 Abs 2), so erstreckt sich die Enthebung auch auf das Amt in anderen Verwaltungskörpern.

(7) Von einer Enthebung ist die Aufsichtsbehörde in Kenntnis zu setzen, die die entsendeberechtigte Stelle zur Entsendung eines neuen Versicherungsvertreters/einer neuen Versicherungsvertreterin aufzufordern hat.

(8) Der Beschwerde gegen die Enthebung eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin von seinem/ihrem Amt kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Die Aufhebung der Entscheidung über die Enthebung eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin wirkt nicht zurück.

Pflichten und Haftung der Versicherungsvertreter/innen

§424. Die Mitglieder der Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes haben bei der Ausübung ihres Amtes die Rechtsvorschriften zu beachten. Sie sind zur Amtsverschwiegenheit und zur gewissenhaften und unparteiischen Ausübung ihres Amtes verpflichtet. Sie haften unbeschadet des Amtshaftungs- und des Organhaftpflichtgesetzes für jeden Schaden, der dem Versicherungsträger (dem Dachverband) aus der Vernachlässigung ihrer Pflichten erwächst. Die Versicherungsträger (der Dachverband) können auf Ansprüche aus der Haftung nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde verzichten. Macht ein Versicherungsträger (der Dachverband) trotz mangelnder Genehmigung der Aufsichtsbehörde die Haftung nicht geltend, so kann diese die Haftung anstelle und auf Kosten des Versicherungsträgers (des Dachverbandes) geltend machen.

Amtsdauer

§425. Die Amtsdauer der Verwaltungskörper währt jeweils fünf Jahre. Nach Ablauf der Amtsdauer hat der alte Verwaltungskörper die Geschäfte so lange weiterzuführen, bis der neue Verwaltungskörper zusammentritt. Die Zeit der Weiterführung der Geschäfte durch den alten Verwaltungskörper zählt auf die fünfjährige Amtsdauer des neuen Verwaltungskörpers.

Zusammensetzung der Verwaltungskörper

§426. (1) Der Verwaltungsrat und die Landesstellenausschüsse bei der Österreichischen Gesundheitskasse, bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und bei der Pensionsversicherungsanstalt setzt sich je zur Hälfte aus Vertreter/inne/n der Dienstnehmer/innen und Vertreter/inne/n der Dienstgeber/innen zusammen.

(2) Die Hauptversammlung bei der Österreichischen Gesundheitskasse, bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und bei der Pensionsversicherungsanstalt setzt sich zusammen aus

1.zwölf Versicherungsvertreter/innen aus der Gruppe der Dienstnehmer/innen und zwölf Versicherungsvertreter/innen aus der Gruppe der Dienstgeber/innen, wobei die ersten sechs Mitglieder der jeweiligen Gruppe die Mitglieder des jeweiligen Verwaltungsrates sind,

2.den Vorsitzenden der jeweiligen Landesstellenausschüsse samt ihren Stellvertreter/inne/n,

3.jeweils drei Senior/inn/envertreter/inne/n, die vom Bundesseniorenbeirat zu entsenden sind,

4.jeweils drei Behindertenvertreter/inne/n, von denen je einer/eine vom ÖZIV Bundesverband, vom Österreichischen Behindertenrat und vom Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich zu entsenden ist.

Die Versicherungsvertreter/innen nach Z 1, die zugleich Mitglieder des Verwaltungsrates sind, sind in der Hauptversammlung auf die Zahl der Versicherungsvertreter/innen jener Gruppe nach § 421 Abs 2 bis 5 anzurechnen, der sie im Verwaltungsrat angehören.

Verwaltungsrat

§427. Die Zahl der Versicherungsvertreter/innen im Verwaltungsrat beträgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
bei der Österreichischen Gesundheitskasse
12;
2.
bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
12;
3.
bei der Pensionsversicherungsanstalt
12.

Hauptversammlung

§428. Die Zahl der Versicherungsvertreter/innen in der Hauptversammlung beträgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
bei der Österreichischen Gesundheitskasse
42;
2.
bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
32;
3.
bei der Pensionsversicherungsanstalt
42.

Landesstellenausschüsse

§429. Die Zahl der Versicherungsvertreter/innen in jedem Landesstellenausschuss beträgt:

1.bei der Österreichischen Gesundheitskasse 10;

2.bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt 6;

3. bei der Pensionsversicherungsanstalt 6.

Vorsitz in den Verwaltungskörpern

§430. (1) Den Vorsitz im Verwaltungsrat führt der/die vom Verwaltungsrat gewählte Obmann/Obfrau. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der/die von der Hauptversammlung gewählte Vorsitzende.

(2) Der Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt hat aus seiner Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode auf Vorschlag der Gruppe der Dienstnehmer/innen und auf Vorschlag der Gruppe der Dienstgeber/innen je einen Obmann/eine Obfrau aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Für die Wahl ist jeweils die einfache Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates sowie die einfache Mehrheit der Gruppe erforderlich, der die zu wählende Person angehört. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die den Vorsitz nicht führende Obmann/Obfrau ist Stellvertreter/in des/der den Vorsitz führenden Obmannes/Obfrau.

(3) Der Verwaltungsrat der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt hat für seine Amtsdauer aus seiner Mitte einen Obmann/eine Obfrau zu wählen. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit sowohl aller Mitglieder des Verwaltungsrates als auch der Gruppe der Dienstgeber/innen erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe der Dienstgeber/innen. Im Anschluss an die Wahl des Obmannes/der Obfrau ist für diesen/diese aus der Mitte des Verwaltungsrates auf dieselbe Weise ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin aus der Gruppe der Dienstnehmer/innen zu wählen.

(3a) Die Hauptversammlung der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt hat aus ihrer Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode je eine/n Vorsitzende/n aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz, beginnend mit jenem/jener Vorsitzenden, der/die nicht der Gruppe angehört, der der/die den Vorsitz führende Obmann/Obfrau des Verwaltungsrates angehört. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit der Mitglieder der Hauptversammlung erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Die den Vorsitz nicht führende Person ist Stellvertreter/in der den Vorsitz führenden Person. Die Vorsitzenden dürfen weder dem Verwaltungsrat noch einem Landesstellenausschuss angehören. Darüber hinaus dürfen sie nicht derselben wahlwerbenden Gruppe angehören, der der Obmann/die Obfrau des Verwaltungsrates zuzurechnen ist.

(3b) Die Hauptversammlung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt hat für ihre Amtsdauer aus ihrer Mitte eine/n Vorsitzende/n zu wählen. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit aller Mitglieder der Hauptversammlung erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe der Dienstgeber/innen. Im Anschluss an die Wahl des/der Vorsitzenden ist für diese/n aus der Mitte der Hauptversammlung ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin aus der Gruppe der Dienstnehmer/innen zu wählen. Der/Die Vorsitzende sowie sein/seine/ihr/ihre Stellvertreter/in dürfen weder dem Verwaltungsrat noch einem Landesstellenausschuss angehören. Darüber hinaus dürfen diese Personen nicht derselben wahlwerbenden Gruppe angehören, der der Obmann/die Obfrau des Verwaltungsrates bzw sein/seine/ihr/ihre Stellvertreter/in zuzurechnen ist.

(4) Die Landesstellenausschüsse der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt haben aus ihrer Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode auf Vorschlag der Gruppe der Dienstnehmer/innen und auf Vorschlag der Gruppe der Dienstgeber/innen je einen Vorsitzenden/eine Vorsitzende aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit aller Mitglieder des Landesstellenausschusses erforderlich. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die den Vorsitz nicht führende Vorsitzende ist Stellvertreter/in der den Vorsitz führenden Person. Der/Die Vorsitzende und sein/ihr Stellvertreter bzw seine/ihre Stellvertreterin vertreten den jeweiligen Landesstellenausschuss in der Hauptversammlung (§426 Abs 2 Z 2).

(5) Die Landesstellenausschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt haben für ihre Amtsdauer einen Vorsitzenden/eine Vorsitzende aus ihrer Mitte zu wählen. Er/Sie muss der Gruppe der Dienstgeber/innen angehören. Für die Wahl ist die einfache Mehrheit aller Mitglieder des Landesstellenausschusses erforderlich. Im Anschluss daran ist ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin des/der Vorsitzenden zu wählen, der/die der Gruppe der Dienstnehmer/innen anzugehören hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die Vorsitzende und sein/ihr Stellvertreter bzw seine/ihre Stellvertreterin vertreten den jeweiligen Landesstellenausschuss in der Hauptversammlung (§426 Abs 2 Z 2).

(6) Die gewählten Obmänner/Obfrauen sowie die gewählten Vorsitzenden der Hauptversammlungen und der Landesstellenausschüsse und ihre Stellvertreter/innen sind, wenn sie die Annahme der Wahl dem zur Wahl berufenen Verwaltungskörper ausdrücklich erklärt haben, sogleich oder ab einem anlässlich der Wahl vom Verwaltungskörper festgelegten Zeitpunkt zur Ausübung ihrer Funktion berechtigt.

(7) Scheidet ein Vorsitzender/eine Vorsitzende (ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin) eines Verwaltungskörpers infolge Enthebung (§423) vom Amt als Versicherungsvertreter/in aus und tritt nachträglich die Entscheidung über diese Enthebung außer Kraft, so erlöschen mit dem gleichen Zeitpunkt die rechtlichen Wirkungen einer bereits erfolgten Wahl des Nachfolgers/der Nachfolgerin und es ist neuerlich eine entsprechende Wahl durchzuführen.

Angelobung der Versicherungsvertreter/innen

§431. Die Obmänner/Obfrauen und ihre Stellvertreter/innen, die Vorsitzenden der Hauptversammlung sowie der Landesstellenausschüsse und ihre Stellvertreter/innen sind von der Aufsichtsbehörde, die übrigen Versicherungsvertreter/innen vom Obmann/von der Obfrau bzw vom vorläufigen Verwalter/von der vorläufigen Verwalterin anzugeloben und dabei nachweislich auf ihre Pflichten nach § 424 hinzuweisen.

ABSCHNITT III

Aufgaben der Verwaltungskörper

Aufgaben des Verwaltungsrates und Vertretung des Versicherungsträgers

§432. (1) Dem Verwaltungsrat obliegt die Geschäftsführung, soweit diese nicht gesetzlich der Hauptversammlung oder einem Landesstellenausschuss zugewiesen ist, die Vertretung des Versicherungsträgers sowie die Vorbereitung der in der Hauptversammlung zu treffenden Beschlüsse. Er kann einzelne seiner Obliegenheiten dem Obmann/der Obfrau und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungsträgers übertragen. Tunlichst dem Büro zu übertragen hat der Verwaltungsrat unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit und seiner Weisungsbefugnis

1.laufende Verwaltungsgeschäfte, sofern im Einzelfall das Eineinhalbfache des für das jeweilige Jahr festgesetzten Schwellenwertes für Dienstleistungen nach § 12 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 nicht überschritten wird,

2.Personalangelegenheiten mit Ausnahme des bereichsleitenden und leitenden Dienstes sowie der Leiter/innen des höheren Dienstes nach der DO. A und des ärztlichen Dienstes nach § 37 Z 1 und 2 DO. B,

3.die Entscheidung in Leistungsangelegenheiten nach den vom Verwaltungsrat zu erlassenden Richtlinien und

4.die Vertretung des Versicherungsträgers nach außen in jenen Angelegenheiten, die nicht der Beschlussfassung des Verwaltungsrates oder der Hauptversammlung bedürfen.

Dem Verwaltungsrat ist über die laufenden Verwaltungsgeschäfte nach Z 1 gemäß der Geschäftsordnung nachträglich, mindestens halbjährlich Bericht zu erstatten.

(2) Die Vertretungsbefugnis natürlicher Personen wird durch eine Bescheinigung der Aufsichtsbehörde oder einen Auszug aus dem die sonstigen Betroffenen erfassenden Teil des Ergänzungsregisters (§6 Abs 4 in Verbindung mit § 2 Z 7 des E-Government-Gesetzes, BGBl I Nr 10/2004) nachgewiesen.

(3) In folgenden Angelegenheiten bedürfen Beschlüsse des Verwaltungsrates zu ihrer Wirksamkeit der einfachen Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen sowohl in der Gruppe der Dienstnehmer/innen als auch in der Gruppe der Dienstgeber/innen:

1. die dauernde Veranlagung von Vermögensbeständen;

2. der Abschluss von Verträgen mit den im Sechsten Teil bezeichneten und sonstigen Vertragspartner/inne/n, wenn diese Verträge eine wesentliche dauernde Belastung des Versicherungsträgers herbeiführen;

3. die Erlassung von Richtlinien nach § 84 Abs 6 über die Verwendung der Mittel des Unterstützungsfonds;

4. der Abschluss von Landes-Zielsteuerungsübereinkommen nach dem G-ZG.

(4) Der Verwaltungsrat darf Beschlüsse

1.über die Erwerbung, Errichtung oder Erweiterung von Gebäuden oder von Einrichtungen in fremden Gebäuden, die Zwecken der Verwaltung, der Krankenbehandlung, der Anstaltspflege, der Jugendlichen- und Vorsorge(Gesunden)untersuchungen, der Erbringung von Zahnbehandlung oder Zahnersatz, der Unfallheilbehandlung, der Rehabilitation, der Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit, der Krankheitsverhütung oder der Gesundheitsvorsorge dienen sollen, sowie

2.über Umbauten von Gebäuden, wenn damit eine Änderung des Verwendungszweckes verbunden ist,

nur dann fassen, wenn ein Bedarf für das jeweilige Bauvorhaben besteht. Die Bedarfsprüfung ist vom Versicherungsträger vorzunehmen und hat sich auf den Bereich der gesamten Sozialversicherung zu erstrecken. Die Grundsätze für die Bedarfsprüfung sind von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz mit Verordnung festzulegen und haben jedenfalls Näheres über den Ablauf und den Umfang der Prüfung sowie die dabei auszuarbeitenden Unterlagen zu enthalten. Nach Abschluss des Bauvorhabens ist der Aufsichtsbehörde eine von den zuständigen Verwaltungskörpern des Versicherungsträgers gebilligte Schlussabrechnung vorzulegen.

(5) Beschlüsse des Verwaltungsrates über die Erstellung von Dienstpostenplänen (§460 Abs 1), soweit sie sich auf die Gehaltsgruppen F (Höherer Dienst) und G (Leitender Dienst) der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO. A) erstrecken, bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.

Aufgaben der Hauptversammlung

§433. (1) Die Hauptversammlung des Versicherungsträgers hat jährlich mindestens zweimal zusammenzutreten. Sie ist vom Verwaltungsrat einzuberufen. Ihr ist vorbehalten:

1.die Beschlussfassung über den Jahresvoranschlag (Haushaltsplan);

2.die Beschlussfassung über den Jahresbericht des Verwaltungsrates, der aus dem durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer/eine beeidete Wirtschaftsprüferin geprüften Rechnungsabschluss und den Statistischen Nachweisungen besteht;

3.die Beschlussfassung über die Entlastung des Verwaltungsrates;

4.die Beschlussfassung über die Satzung und Krankenordnung sowie ihre Änderungen.

(2) Der beeidete Wirtschaftsprüfer/Die beeidete Wirtschaftsprüferin nach Abs 1 Z 2 ist von der Hauptversammlung zu beauftragen.

(3) Über die im Abs 1 Z 2 bis 4 genannten Gegenstände kann nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gültig Beschluss gefasst werden. Bei Ablehnung der Entlastung hat die Aufsichtsbehörde zu entscheiden.

Aufgaben der Landesstellenausschüsse

§434. (1) Den Landesstellenausschüssen obliegt die Geschäftsführung hinsichtlich der ihnen nach den Abs 2 bis 4 zugewiesenen Aufgaben. Der Landesstellenausschuss kann unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit einzelne seiner Obliegenheiten dem/der Vorsitzenden und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro übertragen.

(2) Die Landesstellenausschüsse der Österreichischen Gesundheitskasse haben nach einheitlichen Grundsätzen und Vorgaben des Verwaltungsrates folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Mitwirkung im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit insbesondere bei der regionalen Planung einschließlich die Entsendung von Vertreter/innen in die Gesundheitsplattform und die Landes-Zielsteuerungskommission des jeweiligen Landesgesundheitsfonds;

2. Verhandlung gesamtvertraglicher Honorarvereinbarungen mit den freiberuflich tätigen Ärzten und Ärztinnen und den Gruppenpraxen auf regionaler Ebene einschließlich des Stellenplans nach § 342 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit den Abs 1a und 3;

3. Beschlussfassung über die Auswahl der Vertrags(zahn)ärzte und Vertrags(zahn)ärztinnen, Vertrags-Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten auf regionaler Ebene sowie die Beendigung dieser Vertragsverhältnisse;

4. Beschlussfassung über Einzelverträge mit Hebammen, klinischen Psycholog/inn/en, Psychotherapeut/inn/en sowie Beförderungsunternehmen unter Bedachtnahme auf bestehende Gesamt-, Muster- und Rahmenverträge;

5. Verhandlung und Entscheidung über die Verwendung der am vorhandenen allgemeinen Rücklage der jeweiligen Gebietskrankenkasse und Verwendung der Rücklagen für Gesundheitsreformprojekte in Abstimmung mit der Landes-Zielsteuerungskommission;

6. Entgegennahme von Leistungsanträgen;

7. Bestellung von Bevollmächtigten zur Vertretung der Anstalt bei den für ihren Sprengel in Betracht kommenden Landesgerichten als Arbeits- und Sozialgerichten bzw dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, den Oberlandesgerichten und Landeshauptmännern/Landeshauptfrauen sowie bei anderen Behörden für die in Betracht kommenden Länder;

8. Behandlung von Anträgen an den Unterstützungsfonds;

9. Entscheidung über die Verwendung der der Landesstelle zugewiesenen Mittel aus dem Innovations- und Zielsteuerungsfonds nach § 447a für Gesundheitsreformprojekte;

10.Bestellung der Landesstellenleiter/innen und deren Stellvertreter/innen auf Vorschlag des Verwaltungsrates;

11. regionale Betreuung der Versicherten, der Dienstgeber/innen und der Vertragspartner/innen.

(3) Die Landesstellenausschüsse der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt haben nach einheitlichen Grundsätzen und Vorgaben des Verwaltungsrates folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1.Entgegennahme von Leistungsanträgen;

2.Mitwirkung an der Durchführung der Rehabilitation im Rahmen der Unfallversicherung, Gewährung von Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und ihre Durchführung; Mitwirkung an der Feststellung aller übrigen Leistungen und Vorlage der Leistungsanträge an den zur Entscheidung zuständigen Verwaltungskörper;

3.Standesführung und Kontrolle der im Sprengel der Landesstelle wohnenden Renten(Pensions)empfänger/innen;

4.Bestellung von Bevollmächtigten zur Vertretung der Anstalt bei den für ihren Sprengel in Betracht kommenden Landesgerichten als Arbeits- und Sozialgerichte bzw dem Arbeits- und Sozialgericht Wien, den Oberlandesgerichten und Landeshauptmännern/Landeshauptfrauen sowie bei anderen Behörden für die in Betracht kommenden Länder;

5. Mitwirkung bei der Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften, bei der Überwachung derselben durch Besichtigung der Betriebe und bei der Vorsorge für erste Hilfeleistung bei Arbeitsunfällen.

(4) Die Landesstellenausschüsse der Pensionsversicherungsanstalt haben nach einheitlichen Grundsätzen des Verwaltungsrates folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1.Entgegennahme von Leistungsanträgen;

2.Gewährung von Leistungen aus dem Unterstützungsfonds;

3. Entsendung von Versicherungsvertreter/inne/n in den Widerspruchs-Ausschuss nach § 367a Abs 3.

(5) Die Landesstellenausschüsse sind bei ihrer Geschäftsführung an die Weisungen des Verwaltungsrates gebunden; der Verwaltungsrat kann Beschlüsse der Landesstellenausschüsse aufheben oder ändern.

Sitzungen

§435. (1) Die Sitzungen der Verwaltungskörper sind nichtöffentlich. Der/Die leitende Angestellte und seine/ihre Stellvertreter/innen sind berechtigt, an den Sitzungen der Verwaltungskörper mit beratender Stimme teilzunehmen. Der Obmann/Die Obfrau kann die Teilnahme von Bediensteten des Versicherungsträgers verfügen.

(2) Der ordnungsmäßig einberufene Verwaltungskörper ist bei Anwesenheit des/der Vorsitzenden und von mindestens der Hälfte der Versicherungsvertreter/innen beschlussfähig. Der/Die Vorsitzende ist auf die erforderliche Mindestzahl von anwesenden Versicherungsvertreter/inne/n anzurechnen. Ein gültiger Beschluss bedarf – wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – der Zustimmung der Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen.

(3) In den Sitzungen der Verwaltungskörper hat auch der/die Vorsitzende Stimmrecht. Bei Stimmengleichheit gibt seine/ihre Stimme den Ausschlag; dies gilt nicht für die im § 430 Abs 2, 3a und 4 genannten Vorsitzenden.

(4) Die im § 426 Abs 2 Z 3 und 4 genannten Mitglieder nehmen an den Sitzungen der Hauptversammlung mit beratender Stimme teil.

(5) Verstoßen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers gegen eine Rechtsvorschrift oder in einer wichtigen Frage gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit der Gebarung des Versicherungsträgers, so hat der Obmann/die Obfrau oder der/die Vorsitzende des Landesstellenausschusses ihre Durchführung vorläufig aufzuschieben und unter gleichzeitiger Angabe der Gründe für seine/ihre Vorgangsweise die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen.

Teilnahme der Betriebsvertretung

§436. (1) An den Sitzungen des Verwaltungsrates, der Hauptversammlung und der Landesstellenausschüsse ist die Betriebsvertretung des Versicherungsträgers mit zwei Vertreter/inne/n mit beratender Stimme teilnahmeberechtigt.

(2) Das nach dem Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl Nr 22/1974, in Betracht kommende Organ der Betriebsvertretung hat dem Obmann/der Obfrau des Versicherungsträgers die für die Teilnahme an den Sitzungen der Verwaltungskörper vorgesehenen Vertreter/innen namhaft zu machen. Diese Vertreter/innen sind von jeder Sitzung des Verwaltungskörpers ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieses Verwaltungskörpers; es sind ihnen auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Tagesordnung, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln.

Veröffentlichung von Beschlüssen

§437. Die Beschlüsse des Verwaltungsrates sind im Internet zu veröffentlichen.

ABSCHNITT IVa

Verwaltungskörper des Dachverbandes

Arten der Verwaltungskörper

§441. Die Verwaltungskörper des Dachverbandes sind

1.die Konferenz der Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz Konferenz genannt) und

2.die Hauptversammlung der Sozialversicherungsträger (im Folgenden kurz Hauptversammlung genannt).

Konferenz

§441a. (1) Die Konferenz besteht aus den Obmännern/Obfrauen und ihren Stellvertretern/Stellvertreterinnen

1. der Österreichischen Gesundheitskasse,

2. der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt,

3. der Pensionsversicherungsanstalt,

4. der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen und

5. der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau.

(2) Die Konferenz ist beschlussfähig, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend sind. Ein gültiger Beschluss erfordert Einstimmigkeit, wobei jedem Mitglied eine Stimme zukommt. Kommt kein gültiger Beschluss zustande und wird die Angelegenheit auf Antrag eines Mitgliedes der Konferenz in einer weiteren Sitzung behandelt, so bedarf ein gültiger Beschluss der Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern.

(3) Die Beschlüsse der Konferenz sind im Internet zu veröffentlichen.

(4) Die Konferenz hat aus ihrer Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode zwei Vorsitzende zu wählen. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Die den Vorsitz nicht führende Person ist Stellvertreter/in der den Vorsitz führenden Person. Für die Wahl ist die Mehrheit nach Abs 2 erforderlich. Bei der Wahl ist zu bestimmen, welcher/welche Vorsitzende im ersten halben Jahr der Amtsperiode den Vorsitz führt.

(5) Der/Die Vorsitzende hat insbesondere für die rechtzeitige Einberufung der Konferenz zu sorgen, die Konferenz zu leiten und die Sitzungspolizei wahrzunehmen. Die näheren Bestimmungen sind in einer von der Konferenz zu beschließenden Geschäftsordnung (§456a) zu treffen.

Hauptversammlung

§441b. (1) Die Hauptversammlung besteht aus

1.den vorsitzführenden Obmännern/Obfrauen der Verwaltungsräte der im § 441a Abs 1 genannten Versicherungsträger,

2.den Vorsitzenden der Hauptversammlung und deren Stellvertreter/innen der im § 441a Abs 1 genannten Versicherungsträger,

3.drei Senior/inn/envertreter/inne/n, die vom Bundesseniorenbeirat zu entsenden sind,

4. drei Behindertenvertreter/inne/n, von denen je einer/eine vom ÖZIV Bundesverband, vom Österreichischen Behindertenrat und vom Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich zu entsenden ist.

(2) Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn zumindest die Hälfte ihrer stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Ein gültiger Beschluss bedarf – wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – der Zustimmung der Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen. Die im Abs 1 Z 3 und 4 genannten Mitglieder haben beratende Stimme.

(3) Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der/die jeweilige Vorsitzende der Hauptversammlung jenes Trägers, der auch den Vorsitz in der Konferenz führt. Dieser wird vertreten von seinem/ihrem/seiner/ihrer Stellvertreter/in.

(4) Dem/Der Vorsitzenden obliegt die Vertretung der Hauptversammlung gegenüber den Versicherungsträgern. Er/Sie hat insbesondere für die rechtzeitige Einberufung der Hauptversammlung Sorge zu tragen, die Sitzungen der Hauptversammlung zu leiten und die Sitzungspolizei wahrzunehmen. Die näheren Bestimmungen sind in einer von der Hauptversammlung zu beschließenden 'Geschäftsordnung der Hauptversammlung' (§456a) zu treffen.

Aufgaben der Konferenz

§441c. (1) Der Konferenz obliegt die Besorgung aller Aufgaben des Dachverbandes, die nicht ausdrücklich der Hauptversammlung zugewiesen sind. Sie vertritt den Dachverband nach außen.

(2) Die Konferenz kann unter Aufrechterhaltung ihrer eigenen Verantwortlichkeit die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Dachverbandes übertragen; § 432 Abs 1 letzter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Konferenz hat einen Jahresbericht des Dachverbandes und der bei ihm errichteten Fonds zu erstellen, der aus dem Rechnungsabschluss und den statistischen Nachweisungen besteht.

Aufgaben der Hauptversammlung

§441d. (1) Die Hauptversammlung hat mindestens zweimal im Jahr zusammenzutreten.

(2) Der Hauptversammlung obliegt

1.die Beschlussfassung über den von der Konferenz vorgelegten Jahresvoranschlag (Haushaltsplan einschließlich Investitionsplan) des Dachverbandes; dieser ist der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen;

2.die Genehmigung des durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer/eine beeidete Wirtschaftsprüferin geprüften Rechnungsabschlusses;

3. die Entlastung der Konferenz; diese ist der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Kenntnis zu bringen.

(3) Der beeidete Wirtschaftsprüfer/Die beeidete Wirtschaftsprüferin nach Abs 2 Z 2 ist von der Hauptversammlung zu beauftragen.

Büro des Dachverbandes

§441e. (1) Die Leitung des Büros des Dachverbandes obliegt dem Büroleiter/der Büroleiterin des Dachverbandes, der/die von der Konferenz im Wege einer öffentlichen Stellenausschreibung für eine Funktionsperiode von vier Jahren bestellt wird. Dabei ist das Stellenbesetzungsgesetz, BGBl I Nr 26/1998, anzuwenden, wobei Wiederbestellungen zulässig sind. Auf die gleiche Weise kann ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin des Büroleiters/der Büroleiterin des Dachverbandes bestellt werden.

(2) Der Büroleiter/Die Büroleiterin des Dachverbandes und sein/ihr Stellvertreter bzw seine/ihre Stellvertreterin sind an die Weisungen der Konferenz gebunden; sie haben der Konferenz regelmäßig über die ihnen übertragenen Aufgaben zu berichten und alle Aufklärungen zu geben und alle Unterlagen vorzulegen, die die Konferenz zur Ausübung ihrer Tätigkeit benötigt.

Zielsteuerung-Sozialversicherung

§441f. (1) Die Konferenz hat nach Anhörung der Versicherungsträger zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit Ziele zu beschließen. Sie hat sich dabei eines Zielsteuerungssystems entsprechend den Weisungen nach § 444 Abs 5 zu bedienen.

(2) Die Konferenz hat spätestens im Dezember eines jeden Jahres gesundheits- und sozialpolitische Ziele

1. für das folgende Kalenderjahr und

2. für eine mittelfristige Periode zu beschließen.

(3) Das Zielsteuerungssystem hat jedenfalls strategische Ziele, operative Ziele sowie Maßnahmen und Kennzahlen zu enthalten, wobei jedenfalls Finanzziele und Verwaltungskostenziele/Verwaltungskostensenkung, gegebenenfalls ein Verwaltungskostendeckel, gesondert für jeden Sozialversicherungsträger und den Dachverband vorzusehen sind.

(4) Der/Die Vorsitzende der Konferenz hat dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesministerium für Finanzen laufend über die Erarbeitung der strategischen und operativen Ziele zu berichten. Vor Beschlussfassung nach Abs 1 sind die Ziele mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesminister für Finanzen abzustimmen.

(5) Über die Bestimmungen der Abs 1 bis 4 hinaus ist für die Österreichische Gesundheitskasse zwischen der Hauptstelle und den Landesstellen für das Verwaltungshandeln ein Zielsteuerungssystem zu implementieren.

ABSCHNITT V

Vermögensverwaltung

Jahresvoranschlag und Gebarungsvorschaurechnung

§443. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben für jedes Geschäftsjahr einen Voranschlag und im Zusammenhang damit vierteljährlich für den Bereich der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung eine rollierende Gebarungsvorschaurechnung zu erstellen. Für die Österreichische Gesundheitskasse ist dies sowohl je Bundesland als auch für den gesamten Bereich des Versicherungsträgers zu erstellen, wobei die Versicherten den einzelnen Bundesländern auf Grund des Beschäftigungsortes (§3 Abs 4) bzw bei Pensionisten/Pensionistinnen auf Grund des Wohnortes zuzuordnen sind. Es ist sicherzustellen, dass den Versicherten im jeweiligen Bundesland eine Summe entsprechend den Beiträgen, die im jeweiligen Bundesland entrichtet wurden, zur Verfügung steht.

(2) Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Der der Gebarungsvorschau zu Grunde zu legende Planungszeitraum sind die dem jeweiligen Geschäftsjahr nächstfolgenden vier Geschäftsjahre.

Rechnungsabschluss und Nachweisungen

§444. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben für jedes Geschäftsjahr einen Rechnungsabschluss, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Ende des Jahres bestehen muss und durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer/eine beeidete Wirtschaftsprüferin geprüft wurde, und einen Geschäftsbericht zu verfassen und dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vorzulegen.

(2) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben statistische Nachweisungen zu verfassen und dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Verfügung zu stellen.

(3) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben die nach § 441f festgelegten Ziele jährlich zu evaluieren.

(4) Die Versicherungsträger und der Dachverband haben über die in den Abs 1 bis 3 angeführten Inhalte einen Jahresbericht zu erstellen.

(5) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat nach Anhörung des Dachverbandes und nach Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen Weisungen zu erlassen für

1.die Rechnungsführung inklusive Gebarungsvorschau, die Rechnungslegung sowie die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Jahresberichtes (Abs1 und 4),

2.die statistischen Nachweisungen (Abs2) sowie

3.die Zielsteuerung nach § 441f und deren Evaluierung (Abs3) hinsichtlich deren Struktur und Prozesse.

Bei der Erlassung der Weisungen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Rechnungsabschlüsse und die statistischen Nachweisungen auch für die Zwecke der Zielsteuerung herangezogen werden können.

(6) Die Träger der Sozialversicherung und der Dachverband haben den Jahresbericht im Internet nach den Weisungen gemäß Abs 5 zu veröffentlichen. Die vom Verwaltungsrat/von der Hauptversammlung beschlossene Erfolgsrechnung ist jedenfalls binnen vier Monaten nach der Beschlussfassung im Internet zu verlautbaren.

Schulden-, Vermögens- und Liquiditätsmanagement

§446. (1) Die Versicherungsträger (der Dachverband) haben bei der Vermögensverwaltung sowie beim Schulden- und Liquiditätsmanagement die Grundsätze nach § 2a des Bundesfinanzierungsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die zur Anlage verfügbaren Mittel der Versicherungsträger (des Dachverbandes) sind grundsätzlich zinsbringend anzulegen. Anlagesicherheit und Liquidität haben Vorrang gegenüber der Erzielung eines angemessenen Ertrages. Die Mittel dürfen im Sinne der Anlagesicherheit unbeschadet des Abs 3 und des § 447 nur angelegt werden:

1.in verzinslichen Schuldverschreibungen (verzinslichen Wertpapieren), die in Euro von Mitgliedstaaten (bzw deren Teilstaaten, Bundesländern, Provinzen) des EWR begeben wurden, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird, oder

2.in verzinslichen Schuldverschreibungen, die in Euro von Kreditinstituten begeben wurden, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR haben, oder

3.in auf Euro lautenden Einlagen bei Kreditinstituten, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR haben, oder

4.in verzinslichen Schuldverschreibungen (Emissionen), deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die von Emittenten/Emittentinnen mit Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR begeben wurden, oder

5.in Unternehmensanleihen von Emittenten/Emittentinnen, deren Bonität als zweifelsfrei vorhanden erachtet wird und die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat des EWR haben, oder

6.in Fonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes 2011, BGBl I Nr 77/2011, die den Kriterien nach den Z 1 bis 5 entsprechen.

Für die Beurteilung der Bonität können Mindest-Ratings der vom Markt anerkannten Rating-Agenturen herangezogen werden. Veranlagungen in nachrangige Schuldverschreibungen (nachrangige Wertpapiere) sind nicht zulässig.

(2) Der Einsatz derivativer Instrumente im Sinne der Arten von Derivatgeschäften nach Anhang II Abs 1 lita bis d der Verordnung (EU) Nr 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr 646/2012, ABl. Nr L 176 vom S. 1, zuletzt geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/1556, ABl. Nr L 244 vom S. 9, ist zulässig, wenn er nachweislich zur Absicherung bestehender Positionen nach Abs 1 dient.

(3) Zu ihrer Wirksamkeit bedürfen Beschlüsse der Verwaltungskörper über Vermögensveranlagungen, die in den Abs 1 und 2 nicht erwähnt sind, bei der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, der Pensionsversicherungsanstalt, dem Pensionsinstitut und dem Dachverband der Genehmigung des Bundesministers/der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz. Kriterien für die Genehmigung der beabsichtigten Vermögensveranlagung sind jedenfalls Anlagensicherheit, Liquidität und Ertragsangemessenheit. Es ist jeweils das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen herzustellen. Gegenstand solcher Beschlüsse können sowohl konkrete Vermögensanlagen in einem einzelnen Fall als auch durch gemeinsame Gruppenmerkmale gekennzeichnete und voraussichtlich vorzunehmende Vermögensanlagen sein.

(4) Der Versicherungsträger (der Dachverband) hat dafür zu sorgen, dass die Veranlagung durch Personen erfolgt, die dafür fachlich geeignet sind und eine entsprechende Berufserfahrung nachweisen können. Für jede Vermögensanlage ist begleitend ein Risikomanagement durchzuführen. Eine angemessene Funktionstrennung zwischen der Veranlagung und dem Risikomanagement ist zu gewährleisten.

Innovations- und Zielsteuerungsfonds der Österreichischen Gesundheitskasse

§447a. (1) Bei der Österreichischen Gesundheitskasse ist ein Innovations- und Zielsteuerungsfonds einzurichten, der der Finanzierung von Gesundheitsreformprojekten in den Landesstellen, insbesondere zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung, zur Umsetzung von Präventionsmaßnahmen, e-Health-Anwendungen und zur Zielsteuerung nach § 441f Abs 5 dient.

(2) Die Mittel des Innovations- und Zielsteuerungsfonds werden aufgebracht durch

1. Übertragung von 0,8% der Beitragseinnahmen der Österreichischen Gesundheitskasse an den Fonds und

2.die pauschale Beihilfe nach § 1a GSBG in Höhe von 100 Millionen Euro.

Nähere Regelungen sind durch die Geschäftsordnung zu treffen. Dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und dem Bundesministerium für Finanzen ist im Rahmen der Zielsteuerung Gesundheit zu berichten.

Beiträge der Träger der Sozialversicherung für die Krankenanstaltenfinanzierung; Ausgleichsfonds

§447f. (1) Die Träger der Sozialversicherung leisten an die Landesgesundheitsfonds ab dem Jahr 2008 einen Pauschalbeitrag für Leistungen der Krankenanstalten nach § 148 Z 3. Die Pauschalbeiträge ab dem Jahr 2009 errechnen sich aus dem jeweiligen Jahresbeitrag des Vorjahres, erhöht um jenen Prozentsatz, um den die Beitragseinnahmen der Träger der Krankenversicherung gegenüber dem jeweils vorangegangenen Jahr gestiegen sind. Mehreinnahmen aus

–der Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlagen auf Grund des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl I Nr 142/2004,

–der Erhöhung der Beitragssätze in der Krankenversicherung um 0,1 Prozentpunkte zum auf Grund des Bundesgesetzes BGBl I Nr 156/2004, des Bundesgesetzes BGBl I Nr 101/2007 und der Fortschreibung der Erhöhung durch Bundesgesetz BGBl I Nr 81/2013

–der auf Grund der Beitragssatzerhöhung um 0,15 Prozentpunkte für Pensionisten und Pensionistinnen ab aus Budgetmittel des Bundes erhöhten Überweisung der Pensionsversicherungsträger an die Krankenversicherung

sind bei der Berechnung der Steigerungssätze ab dem Jahr 2008 nicht zu berücksichtigen.

(2) Der vorläufige Pauschalbeitrag nach Abs 1 ist bis zum 31. Dezember des jeweiligen Vorjahres aus dem Jahresbetrag des Pauschalbeitrages nach endgültiger Abrechnung für das jeweils zweitvorangegangene Jahr, vervielfacht mit den vorläufigen Prozentsätzen des jeweiligen Folgejahres, zu errechnen. Die vorläufigen Prozentsätze sind die geschätzten prozentuellen Steigerungen der Beitragseinnahmen der Träger der Krankenversicherung gegenüber dem jeweils vorangegangenen Jahr. Die endgültige Abrechnung des Pauschalbeitrages nach Abs 3 Z 1 und 2 hat bis zum 31. Oktober des Folgejahres zu erfolgen, wobei Abrechnungsreste unverzüglich zu überweisen sind.

(3) Der beim Dachverband errichtete Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung überweist an die Landesgesundheitsfonds der Länder

1.70% des Pauschalbeitrages nach Abs 1 in zwölf gleich hohen Monatsraten jeweils am Monatszwanzigsten, beginnend mit dem Monat April bis zum Monat März des Folgejahres;

2.30% des Pauschalbeitrages nach Abs 1 in vier gleich hohen Quartalsbeträgen jeweils am 20. April, 20. Juli, 20. Oktober und 20. Jänner des Folgejahres;

3.den Betrag von

a)15 Mio. Euro aus der Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlagen auf Grund des Pensionsharmonisierungsgesetzes und

b)60 Mio. Euro aus den Beitragseinnahmen auf Grund der Erhöhung der Krankenversicherungsbeitragssätze um 0,1 Prozentpunkte zum

in zwölf gleich hohen Monatsraten jeweils am Monatszwanzigsten, beginnend mit dem Monat April bis zum Monat März des Folgejahres nach Maßgabe der Abs 4, 4a, 16 und 17;

4. Die Mittel nach Abs 6a nach Maßgabe des Einlangens und nach Maßgabe der Abs 5, 16 und 17.

(4) Die Mittel für die Überweisungen nach Abs 3 Z 1 und 2 sind auf die Landesgesundheitsfonds nach folgendem Schlüssel zu verteilen:


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Burgenland
2,426210014%
Kärnten
7,425630646%
Niederösterreich
14,377317701%
Oberösterreich
17,448140331%
Salzburg
6,441599507%
Steiermark
14,549590044%
Tirol
7,696467182%
Vorarlberg
4,114811946%
Wien
25,520232629%.

(4a) Die nach den Vorwegabzügen nach Abs 16 verbleibenden Beträge nach Abs 3 Z 3 sind rechnerisch um die Hälfte der bundesweiten Einnahmen an Beiträgen nach § 27a Abs 3 KAKuG zu erhöhen und auf die Landesgesundheitsfonds nach dem im Abs 4 genannten Schlüssel zu verteilen. Die so errechneten Ansprüche der Landesgesundheitsfonds sind um die Hälfte ihrer jeweiligen Einnahmen an Beiträgen nach § 27a Abs 3 KAKuG zu verringern.

(5) Die nach den Vorwegabzügen nach Abs 16 verbleibenden Beträge für die Überweisungen nach Abs 3 Z 4 sind rechnerisch um die Hälfte der bundesweiten Einnahmen an Beiträgen nach § 27a Abs 3 KAKuG zu erhöhen und auf die Landesgesundheitsfonds je zur Hälfte wie folgt zu verteilen:

1.nach der Volkszahl entsprechend der aufgrund der Volkszählung 2001 errechneten und auf drei Dezimalstellen kaufmännisch gerundeten Prozentsätze und

2.entsprechend dem Verhältnis der vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen dem Dachverband und den Landesgesundheitsfonds bekannt zu gebenden endgültigen LKF relevanten Kernpunkte des Jahres 2003.

Abs4a letzter Satz ist anzuwenden.

(6) Die Träger der Krankenversicherung leisten an die Bundesgesundheitsagentur ab dem Jahr 2008 einen Pauschalbeitrag in der Höhe von 83 573 759,29 Euro. Dieser Pauschalbeitrag ist in vier gleich hohen Quartalsbeträgen jeweils am 25. März, 25. Juni, 25. September und 25. Dezember zu überweisen.

(6a) Der Bundesminister für Finanzen überweist an den Fonds für die Jahre ab 2020 einen Betrag von 8 282 506,06 Euro jeweils im September des Jahres.

(7) Ausgenommen im ambulanten Bereich hat der (die) Versicherte bei Anstaltspflege eines Angehörigen nach diesem Bundesgesetz und nach dem BSVG und bei Anstaltspflege eines Versicherten nach dem BSVG an den Landesgesundheitsfonds einen Kostenbeitrag zu leisten. Dieser beträgt für jeden Verpflegstag 10% der am in Geltung gestandenen Pflegegebührenersätze, vervielfacht mit dem Prozentsatz für das Jahr 1997 nach § 28 KAG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl Nr 853/1995. Diese Beträge sind jährlich anzupassen, wobei die Prozentsätze nach Abs 1 zweiter und dritter Satz anzuwenden sind. Solange keine endgültigen Prozentsätze vorliegen, sind die vorläufigen Prozentsätze heranzuziehen. Die angepassten Beträge sind auf volle 10 Cent zu runden. Vom Kostenbeitrag ist abzusehen:

1.sobald die Zeiten der Anstaltspflege in einem Kalenderjahr die Dauer von vier Wochen übersteigen,

2.für Anstaltspflege, die aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft geleistet wird,

3.für Leistungen nach § 120a dieses Bundesgesetzes und nach § 76a BSVG (Organspenden) sowie nach § 80 Abs 3 litb, d und g BSVG,

4. für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(7a) Die Sozialversicherungsträger als Träger der Krankenversicherung haben sich an den Kosten, die aus dem Absehen von einem Kostenbeitrag nach § 27a Abs 7 KAKuG und Abs 7 Z 4 resultieren, mit einem Betrag in der Höhe von fünf Millionen Euro jährlich zu beteiligen. Die Mittel werden durch die gesetzlichen Krankenversicherungsträger im Verhältnis der Versichertenzahlen des zweitvorangegangenen Jahres aufgebracht. Dieses Verhältnis ist von der Trägerkonferenz festzustellen. Die Mittel sind am 20. April jeden Jahres im Wege des Dachverbandes im Verhältnis der zu Grunde gelegten Versichertenzahlen an den jeweiligen Landesgesundheitsfonds zu überweisen. Die Beträge der gesetzlichen Krankenversicherungsträger an den Dachverband sind so zu überweisen, dass sie am jeweils vorletzten Bankarbeitstag vor dem Überweisungstermin bei diesem eingetroffen sind.

(8) Mit den Pauschalbeiträgen der Träger der Sozialversicherung nach Abs 1, den Überweisungen nach Abs 3 Z 3 und 4 und den Beiträgen der Versicherten nach Abs 7 an die Landesgesundheitsfonds sind alle Leistungen der im § 148 genannten Krankenanstalten insbesondere im stationären, halbstationären, tagesklinischen und spitalsambulanten Bereich einschließlich der aus dem medizinischen Fortschritt resultierenden Leistungen für Versicherte und anspruchsberechtigte Angehörige der Träger der Sozialversicherung nach Maßgabe des § 148 Z 3 zur Gänze abgegolten.

(9) Der beim Dachverband errichtete Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung hat die Überweisungen der Träger der Sozialversicherung nach Maßgabe der Abs 1 bis 6 und die Aufbringung der dazu benötigten Mittel zu gewährleisten. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Dachverbandes zu verwalten. Allfällige Vermögenserträgnisse eines Geschäftsjahres sind an den Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen nach § 447a zu überweisen. Für jedes Jahr ist ein Rechnungsabschluss zu erstellen, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Ende des Jahres bestehen muss. Weiters ist zum Abschluss eines jeden Jahres ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluss dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen vorzulegen.

(10) Die Mittel für die Überweisungen des Ausgleichsfonds nach Abs 3 Z 1 werden durch Überweisungen der Sozialversicherungsträger nach folgendem Schlüssel aufgebracht:


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Wiener Gebietskrankenkasse
17,44201%,
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse
11,83115%,
Burgenländische Gebietskrankenkasse
1,94019%,
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse
15,08098%,
Steiermärkische Gebietskrankenkasse
10,25023%,
Kärntner Gebietskrankenkasse
5,42866%,
Salzburger Gebietskrankenkasse
4,71656%,
Tiroler Gebietskrankenkasse
5,63745%,
Vorarlberger Gebietskrankenkasse
3,66966%,
Betriebskrankenkasse Austria Tabak
0,09170%,
Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe
0,31496%,
Betriebskrankenkasse Mondi
0,03778%,
Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme
0,28442%,
Betriebskrankenkasse Zeltweg
0,06885%,
Betriebskrankenkasse Kapfenberg
0,20124%,
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (als Träger der Krankenversicherung)
5,20082%
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (als Träger der Krankenversicherung)
7,70689%,
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (als Träger der Krankenversicherung)
5,22166%,
Sozialversicherungsanstalt der Bauern (als Träger der Krankenversicherung)
4,58485%,
Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen (als Träger der Unfallversicherung)
0,01253%,
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (als Träger der Unfallversicherung)
0,00686%,
Allgemeine Unfallversicherungsanstalt
0,00275%,
Sozialversicherungsanstalt der Bauern (als Träger der Unfallversicherung)
0,16929%,
Pensionsversicherungsanstalt
0,09091%,
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (als Träger der Pensionsversicherung)
0,00481%,
Sozialversicherungsanstalt der Bauern (als Träger der Pensionsversicherung)
0,00279%.

Die Höhe der vorschussweisen Zahlungen sind durch Beschluss der Trägerkonferenz festzulegen.

(11) Die Mittel für die Überweisungen des Ausgleichsfonds nach Abs 3 Z 2 werden aufgebracht

1.durch Beiträge in der Krankenversicherung in Höhe von 0,5% der allgemeinen Beitragsgrundlage (§§44, 44a, 472a Abs 1, 474 Abs 1 und 479d dieses Bundesgesetzes, § 25 GSVG,§ 23 BSVG,§ 19 B-KUVG) und der Beitragsgrundlage für Sonderbeiträge (§§49 Abs 2 und 54 dieses Bundesgesetzes, § 21 B-KUVG);

2.soweit die Beiträge nach Z 1 nicht ausreichen, durch Überweisungen der Krankenversicherungsträger (§31 Abs 1) nach folgendem Schlüssel:


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Wiener Gebietskrankenkasse
18,81319 %
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse
11,47897 %
Burgenländische Gebietskrankenkasse
1,29897 %
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse
14,33519 %
Steiermärkische Gebietskrankenkasse
8,41037 %
Kärntner Gebietskrankenkasse
3,70268 %
Salzburger Gebietskrankenkasse
5,23748 %
Tiroler Gebietskrankenkasse
5,42572 %
Vorarlberger Gebietskrankenkasse
3,48345 %
Betriebskrankenkasse Austria Tabak
0,06479 %
Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe
0,35058 %
Betriebskrankenkasse Mondi
0,05842 %
Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme
0,21491 %
Betriebskrankenkasse Zeltweg
0,09834 %
Betriebskrankenkasse Kapfenberg
0,16160 %
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, Abteilung A (als Träger der Krankenversicherung)
1,40884 %
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, Abteilung B (als Träger der Krankenversicherung)
1,47376 %
Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (als Träger der Krankenversicherung)
13,60647 %
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (als Träger der Krankenversicherung)
7,38738 %
Sozialversicherungsanstalt der Bauern (als Träger der Krankenversicherung)
2,98889 %


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Dieser Schlüssel ist jährlich, erstmals für das Geschäftsjahr 2012, unter Berücksichtigung der Entwicklung der Beitragseinnahmen der einzelnen Krankenversicherungsträger von diesem Geschäftsjahr zum Geschäftsjahr 2010 in weiterer Folge vom laufenden Geschäftsjahr zum vorangegangenen Geschäftsjahr vom Dachverband neu festzusetzen. Hiebei sind als Beitragseinnahmen die Beiträge für pflichtversicherte Erwerbstätige, für freiwillig Versicherte und für Arbeitslose heranzuziehen. Die Zusatzbeiträge nach Z 1 sind außer Betracht zu lassen. Abs 10 letzter Satz ist anzuwenden. Für das Geschäftsjahr 2011 ist § 447f Abs 11 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 52/2011 anzuwenden.

(12) Die Mittel für die Überweisungen des Ausgleichsfonds nach Abs 3 Z 3 und Abs 6 werden aufgebracht durch Überweisungen der Krankenversicherungsträger nach einem Schlüssel, der sich aus den Gesamtüberweisungen nach Abs 3 Z 1 und 2 anteilsmäßig für jeden einzelnen Krankenversicherungsträger errechnet. Die Prozentsätze des Schlüssels sind auf fünf Dezimalstellen zu runden. Die Höhe der vorschussweisen Zahlungen sind durch Beschluss der Trägerkonferenz festzulegen.

(13) Alle von den Krankenversicherungsträgern an den Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung zu überweisenden Beträge sind so zu überweisen, dass die betreffenden Beträge beim Dachverband am jeweils letzten Bankarbeitstag vor den Überweisungsterminen nach den Abs 3 und 6 bereits eingetroffen sind.

(14) Die Sozialversicherungsträger leisten an den Fonds nach § 149 Abs 3 zweiter Satz ab dem Jahr 2008 jährlich einen Pauschalbeitrag für Leistungen der Krankenanstalten nach § 149 Abs 3. Die Höhe des Pauschalbeitrages richtet sich nach § 149 Abs 3 und 3a. Die Höhe und Fälligkeitstermine der monatlichen Teilzahlungen für die vorläufigen Beträge nach § 149 Abs 3a sind zwischen dem Hauptverband und dem nach dem Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz eingerichteten Fonds zu vereinbaren.

(15) Die Trägerkonferenz hat mit verbindlicher Wirkung im Sinne des § 30 Abs 3 zu beschließen, zu welchen Teilen die Überweisungen nach § 149 Abs 3 und 3a von den einzelnen Sozialversicherungsträgern vorläufig aufzubringen sind. Ferner sind mit diesem Beschluss der Trägerkonferenz die Höhe der vorschussweisen Zahlungen sowie deren Fälligkeitstermine festzulegen. Die endgültige Berechnung der auf die einzelnen Sozialversicherungsträger entfallenden Überweisungsbeträge hat unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme der Leistungen nach § 149 Abs 3 im jeweiligen Jahr bis zum 30. November des Folgejahres zu erfolgen. Die sich daraus ergebenden Differenzbeträge sind zwischen den Sozialversicherungsträgern unverzüglich auszugleichen.

(16) Aus den Mitteln gemäß Abs 3 Z 3 und 4 erhalten die Landesgesundheitsfonds der Länder Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Tirol Vorweganteile jährlich in folgender Höhe in Millionen Euro:


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ab dem Jahr 2008
Niederösterreich
1,50
Oberösterreich
3,25
Salzburg
3,25
Tirol
14,00

Diese Vorweganteile sind jeweils zur Hälfte von den Mitteln nach Abs 3 Z 3 und zur Hälfte von den Mitteln nach Abs 3 Z 4 zu überweisen, und zwar hinsichtlich der Mittel nach Abs 3 Z 3 ab dem Jahr 2008 jeweils in zwölf gleichen Monatsbeträgen, bei den Mitteln nach Abs 3 Z 4 jeweils zur Gänze bei der Überweisung des Jahresbetrages.

(17) Die Landesgesundheitsfonds haben dem Dachverband bis jeweils spätestens 31. März eines jeden Jahres die Höhe der Einnahmen des Vorjahres an den Beiträgen nach § 27a Abs 3 KAKuG bekannt zu geben. Der Ausgleichsfonds für die Krankenanstaltenfinanzierung hat die endgültige Abrechnung der Mittel vorbehaltlich des fristgerechten Vorliegens der Mitteilungen aller Landesgesundheitsfonds bis spätestens 30. Juni eines jeden Jahres durchzuführen und die Differenzen bei den jeweils nächsten Fälligkeiten auszuzahlen bzw einzubehalten.

(18) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz setzt mit Verordnung für das Jahr 2020 und die folgenden Jahre jene Beträge und Aufteilungsschlüssel der § 149 und 447f fest, wie sie in Folge der Strukturreform der Sozialversicherungsträger durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 100/2018 und der sich daraus ergebenden Zuordnung von Versichertengruppen, insbesondere im Zusammenhang mit der Auflösung der Betriebskrankenkassen, neu zu berechnen sind. In der Verordnung ist festzulegen, dass die Hälfte der nach § 1a GSBG an die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen zugewiesenen Beihilfe für die Beiträge der Träger der Sozialversicherung zur Krankenanstaltenfinanzierung zu widmen ist, wobei gleichzeitig eine Entlastung der Österreichischen Gesundheitskasse um diese Summe zu erfolgen hat.

Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesundheitsförderung

§447h. (1) Beim Dachverband ist ein Fonds für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Gesundheitsförderung zu errichten. Das Vermögen dieses Fonds ist getrennt vom sonstigen Vermögen des Dachverbandes zu verwalten. Für jedes Jahr ist ein Rechnungsabschluss zu erstellen, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Ende des Jahres bestehen muss. Weiters ist zum Abschluss eines jeden Jahres ein Geschäftsbericht zu verfassen und mit dem Rechnungsabschluss dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vorzulegen.

(1a) Der Bundesminister für Finanzen überweist an den Fonds für die Jahre ab 2020 einen Betrag von 4 141 253,03 Euro jeweils im September des Jahres.

(2) Die Mittel des Fonds werden aufgebracht durch:

1. die Überweisungen nach Abs 1a;

2. sonstige Einnahmen.

(3) Die Mittel des Fonds sind für Vorsorge(Gesunden)untersuchungen sowie für vom Dachverband koordinierte Maßnahmen für zielgerichtete, wirkungsorientierte Gesundheitsförderung (Salutogenese) und Prävention zu verwenden. Mindestens 10% dieser Mittel sind jeweils für bundesweite Maßnahmen zur Förderung und Erhöhung der Inanspruchnahme von Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und Maßnahmen für zielgerichtete, wirkungsorientierte Gesundheitsförderung und Prävention zu verwenden; der Dachverband hat die Verwendung dieser Mittel bis 31. August jedes Jahres zu planen und mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz abzustimmen. Die Überweisung der verbleibenden Mittel an die Österreichische Gesundheitskasse, die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau als Träger der Krankenversicherung erfolgt nach Maßgabe des Einlangens unter Berücksichtigung der Entwicklung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen durch Beschluss der Konferenz.

(4) Der Dachverband hat bis zum 30. Juni über das jeweils vorangegangene Jahr dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz einen Bericht über die Entwicklung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen und die Maßnahmen für zielgerichtete, wirkungsorientierte Gesundheitsförderung und Prävention vorzulegen. Dieser Bericht hat insbesondere zu beinhalten:

1. die zahlenmäßige Entwicklung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen sowie eine Darstellung der Maßnahmen zur Steigerung der Inanspruchnahme der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen,

2. eine Evaluierung der Auswirkungen der Änderungen des Untersuchungsprogramms sowie einer Kosten-Nutzen-Bewertung samt einer Prognose der Entwicklung der zumindest nächsten drei Jahre,

3. die Auswirkungen auf Leistungen, die nicht im Untersuchungsprogramm enthalten sind,

4. eine gezielte Evaluierung der Vorsorge(Gesunden)untersuchungen nach spezifischen Risikogruppen,

5. die Maßnahmen für zielgerichtete, wirkungsorientierte Gesundheitsförderung und Prävention, die in Koordination durch den Dachverband (teil-)finanziert wurden.

ABSCHNITT VI

Aufsicht des Bundes

Aufsichtsbehörde

§448. (1) Die Versicherungsträger und der Dachverband samt ihren Anstalten und Einrichtungen unterliegen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auszuüben.

(2) Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die im Rahmen von Finanzierungs- und Betreibermodellen nach § 81 Abs 2 errichteten (gegründeten) Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw Vereine, Fonds oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen der Dachverband oder mindestens ein Versicherungsträger im Rahmen eines solchen Finanzierungs- und Betreibermodells beteiligt ist. Dies gilt jedenfalls so lange, als die Beteiligung des Dachverbandes bzw der Versicherungsträger ein Ausmaß von mindestens 50% umfasst oder die Gesellschafts- oder Stimmrechtsanteile mindestens 50% betragen. Im Fall einer Minderheitsbeteiligung des Dachverbandes bzw der Versicherungsträger sind die Aufsichtsrechte des Bundes in geeigneter Weise sicherzustellen.

(3) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz kann bestimmte Bedienstete ihres Bundesministeriums mit der Aufsicht über die Versicherungsträger und den Dachverband betrauen; der Bundesminister für Finanzen kann zu den Sitzungen der Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes einen Vertreter/eine Vertreterin zur Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes entsenden. Den mit der Ausübung der Aufsicht bzw mit der Wahrung der Interessen des Bundes betrauten Bediensteten und ihren Stellvertreter/inne/n sind Aufwandsentschädigungen zu gewähren, deren Höhe 14% bzw für die Stellvertreter/innen 7% des Gehaltes eines Abgeordneten zum Nationalrat entspricht und die monatlich auszuzahlen sind. Bei mehrfacher Aufsichtstätigkeit gebührt nur eine, und zwar die jeweils höhere Aufwandsentschädigung.

(4) Der Vertreter/Die Vertreterin der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz kann gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers, die gegen eine Rechtsvorschrift oder in wichtigen Fragen (§449 Abs 2) gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen oder die die finanziellen Interessen des Bundes berühren, Einspruch mit aufschiebender Wirkung erheben. Der Vertreter/Die Vertreterin des Bundesministers für Finanzen kann Einspruch mit aufschiebender Wirkung gegen Beschlüsse erheben, die die finanziellen Interessen des Bundes berühren oder in wichtigen Fragen (§449 Abs 2) gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen. Der/Die Vorsitzende hat die Durchführung des Beschlusses, gegen den Einspruch erhoben wurde, vorläufig aufzuschieben und die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Bei einem Einspruch des Vertreters/der Vertreterin des Bundesministers für Finanzen hat die Aufsichtsbehörde die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu treffen.

Aufgaben der Aufsicht

§449. (1) Die Aufsichtsbehörde hat die Gebarung der Versicherungsträger und des Dachverbandes zu überwachen und darauf hinzuwirken, dass im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Sie kann ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erstrecken. Sie soll sich in diesen Fällen auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger und des Dachverbandes nicht unnötig eingreifen. Die Aufsichtsbehörde kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben.

(2) Wichtige Fragen im Sinne des Abs 1 sind insbesondere die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach § 441f abgestimmten Ziele, die Sicherstellung einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen. Auch alle Angelegenheiten nach § 432 Abs 3 sind wichtige Fragen im Sinne des Abs 1.

(3) Der Aufsichtsbehörde sind auf Verlangen alle Bücher, Rechnungen, Belege, Urkunden, Wertpapiere, Schriften und sonstige Bestände vorzulegen und alle zur Ausübung des Aufsichtsrechtes geforderten Mitteilungen zu machen; alle Verlautbarungen sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich zur Kenntnis zu bringen. Diese Verpflichtung trifft die Träger der Pensionsversicherung als Empfänger/innen des Bundesbeitrages nach § 80 auch gegenüber dem Bundesminister für Finanzen. Die Aufsichtsbehörde kann die Satzungen und Krankenordnungen jederzeit überprüfen und Änderungen solcher Bestimmungen verlangen, die mit dem Gesetz in Widerspruch stehen oder dem Zweck der Versicherung zuwiderlaufen. Wird diesem Verlangen nicht binnen drei Monaten entsprochen, so kann sie die erforderlichen Verfügungen von Amts wegen treffen.

(4) Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass die Verwaltungskörper mit einer bestimmten Tagesordnung zu Sitzungen einberufen werden. Wird dem nicht entsprochen, so kann sie die Sitzungen selbst anberaumen und die Verhandlungen leiten. Sie kann zu allen Sitzungen Vertreter/innen entsenden, denen beratende Stimme zukommt. Die Aufsichtsbehörde, der/die mit der Aufsicht betraute Bedienstete der Aufsichtsbehörde und der Vertreter/die Vertreterin des Bundesministers für Finanzen sind von jeder Sitzung der Verwaltungskörper ebenso in Kenntnis zu setzen wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper; es sind ihnen auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Tagesordnung, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln. Auf Verlangen des Vertreters/der Vertreterin der Aufsichtsbehörde oder des Vertreters/der Vertreterin des Bundesministers für Finanzen ist die Beschlussfassung zu bestimmten Tagesordnungspunkten zu vertagen. Dieses Verlangen kann für ein und denselben Tagesordnungspunkt höchstens zwei Mal erfolgen.

(5) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, die Versicherungsträger (den Dachverband) amtlichen Untersuchungen zu unterziehen, wobei sie sich bei Untersuchungen der Versicherungsträger der Mitwirkung des Dachverbandes sowie geeigneter Sachverständiger bedienen kann. Bei Untersuchungen der Pensionsversicherungsanstalt kann der Bundesminister für Finanzen durch einen Vertreter/eine Vertreterin mitwirken. Die Aufsichtsbehörde hat eine solche amtliche Untersuchung anzuordnen, wenn der Bundesminister für Finanzen dies zur Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes verlangt.

Entscheidungsbefugnis

§450. (1) Die Aufsichtsbehörde hat vorbehaltlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit anderer Stellen und unbeschadet der Rechte Dritter bei Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder sowie über die Auslegung der Satzung zu entscheiden.

(2) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, wenn ein Träger der Krankenversicherung seiner Verpflichtung zur Abfuhr der anderen Stellen gebührenden Beiträge oder zur Weiterleitung der für fremde Rechnung eingehobenen Beiträge, Umlagen und dergleichen nicht nachkommt, die zur Sicherstellung der pünktlichen Abfuhr erforderlichen Veranlassungen namens des säumigen Trägers der Krankenversicherung selbst zu treffen.

Vorläufige Geschäftsführung und Vertretung

§451. (1) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, die Verwaltungskörper, wenn sie ungeachtet zweimaliger schriftlicher Verwarnung gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen außer Acht lassen, aufzulösen und die vorläufige Geschäftsführung und Vertretung vorübergehend einem vorläufigen Verwalter/einer vorläufigen Verwalterin zu übertragen. Diesem/Dieser ist ein Beirat zur Seite zu stellen, der im gleichen Verhältnis wie der aufgelöste Verwaltungskörper aus Vertreter/inne/n der Dienstgeber/innen und der Dienstnehmer/innen bestehen soll und dessen Aufgaben und Befugnisse von der Aufsichtsbehörde bestimmt werden. Die § 420 Abs 2 bis 6 und 432 sind auf die Mitglieder des Beirates entsprechend anzuwenden. Der vorläufige Verwalter/Die vorläufige Verwalterin hat binnen acht Wochen vom Zeitpunkt seiner/ihrer Bestellung an die nötigen Verfügungen wegen Neubestellung des Verwaltungskörpers nach § 421 zu treffen. Ihm/Ihr obliegt die erstmalige Einberufung der Verwaltungskörper.

(2) Die Bestimmungen des Abs 1 über die Auflösung eines Verwaltungskörpers und die Übertragung der vorläufigen Geschäftsführung und Vertretung auf einen vorläufigen Verwalter/eine vorläufige Verwalterin sind entsprechend anzuwenden, solange und soweit ein Verwaltungskörper die ihm obliegenden Geschäfte nicht ausführt.

(3) Verfügungen des vorläufigen Verwalters/der vorläufigen Verwalterin, die über den Rahmen laufender Geschäftsführung hinausgehen, wie insbesondere derartige Verfügungen über die dauernde Anlage von Vermögensbeständen im Wert von mehr als 14 534,57 €, über den Abschluss von Verträgen, die den Versicherungsträger für länger als sechs Monate verpflichten, und über den Abschluss, die Änderung oder Auflösung von Dienstverträgen mit einer Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten oder von unkündbaren Dienstverträgen, bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.

Kosten der Aufsicht

§452. Die Kosten der von der Aufsichtsbehörde angeordneten Maßnahmen belasten den Versicherungsträger (Dachverband). Zur Deckung der durch die Aufsicht erwachsenden sonstigen Kosten haben die Versicherungsträger und der Dachverband durch Entrichtung einer Aufsichtsgebühr beizutragen. Deren Höhe hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung des betreffenden Versicherungsträgers (des Dachverbandes) zu bestimmen.

Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

§452a. Gegen Bescheide der Aufsichtsbehörde und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden."

4. Das PLABG, Art 1 BGBl I 98/2018 (ohne Berücksichtigung der erst am in Kraft tretenden Änderungen durch Art 65 BGBl I 104/2019), lautet wie folgt (siehe zum Inkrafttreten § 26 PLABG):

"Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG)

Inhaltsverzeichnis


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1. Abschnitt
Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge
§1.
Einrichtung
§2.
Organisation
§3.
Aufgaben
§4.
Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge
§5.
Allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen
§6.
Zurechnung
2. Abschnitt
Prüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen
§7.
Einrichtung des Prüfungsbeirats
§8.
Aufgaben des Prüfungsbeirats
§9.
Sitzungen des Prüfungsbeirats
3. Abschnitt
Verfahren
§10.
Grundsätze
§11.
Anforderungsrecht
§12.
Informationsaustausch
§13.
Revision
4. Abschnitt
Datenschutz
§14.
Datenverarbeitung
5. Abschnitt
Personal
§15.
Verwendung von Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse
§16.
Personalaufwand
§17.
Refundierung
§18.
Individuelle Beendigung
§19.
Übermittlung personenbezogener Daten
§20.
Sonstige Bestimmungen
6. Abschnitt
Kostentragung und Schlussbestimmungen
§21.
Entgelt für die Dienstleistungserbringung an die Österreichische Gesundheitskasse
§22.
Begriffsbestimmung
§23.
Geschlechtsneutrale Bezeichnung
§24.
Verweise auf andere Bundesgesetze
§25.
Vollziehung
§26.
Inkrafttreten

1. Abschnitt

Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge

Einrichtung

§1. Der Bundesminister für Finanzen hat einen Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge (PLAB) einzurichten. Der Wirkungsbereich des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet.

Organisation

§2. (1) Die Leitung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge erfolgt durch den Vorstand. Ihm obliegt insbesondere die organisatorische, personelle, wirtschaftliche und finanzielle Leitung.

(2) Dem Vorstand können für die fachliche Leitung Fachvorstände zur Seite gestellt werden. Einer der Fachvorstände hat im Fall der Verhinderung des Vorstandes dessen Aufgaben als sein Stellvertreter wahrzunehmen.

Aufgaben

§3. Dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge obliegt

1.die Durchführung der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (§4) im Auftrag des Finanzamtes der Betriebsstätte des Arbeitgebers (§81 des Einkommensteuergesetzes 1988EStG 1988, BGBl Nr 400/1988);

2.die Durchführung von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen nach Maßgabe des § 5 Abs 1 und 2.

Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge

§4. Die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge stellt eine Außenprüfung gemäß § 147 der BundesabgabenordnungBAO, BGBl Nr 194/1961, dar und umfasst

1.die Lohnsteuerprüfung gemäß § 86 EStG 1988,

2.die Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl Nr 189/1955, und

3.die Kommunalsteuerprüfung gemäß § 14 des Kommunalsteuergesetzes 1993, BGBl Nr 819/1993.

Allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen

§5. (1) Die Organe des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge sind berechtigt, für Zwecke der Erhebung von lohnabhängigen Abgaben und Beiträgen die allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen gemäß § 143 bis § 146 BAO und gemäß § 42 und § 43 ASVG durchzuführen.

(2) Der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge hat allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen (§143 bis § 146 BAO bzw § 42 und § 43 ASVG) auf Anforderung


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1.
des Finanzamts der Betriebsstätte (§81 EStG 1988),
2.
der Österreichischen Gesundheitskasse oder
3.
der Gemeinde
durchzuführen.

(3) Die Organe des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge sind berechtigt, für die Erfüllung ihrer Aufgaben (§3) die Befugnisse gemäß § 12 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl I Nr 9/2010, wahrzunehmen.

Zurechnung

§6. Das Organ des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge wird

1.bei der Durchführung

–der Lohnsteuerprüfung als Organ des Finanzamtes der Betriebsstätte (§81 EStG 1988),

–der Sozialversicherungsprüfung als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse,

–der Kommunalsteuerprüfung als Organ der jeweils einhebungsberechtigten Gemeinde tätig;

2. bei der Durchführung von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen als Organ der mit der Einhebung der betreffenden Abgaben oder Beiträge betrauten Stelle tätig.

2. Abschnitt

Prüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen

Einrichtung des Prüfungsbeirats

§7. (1) Für Zwecke der Kooperation und der Koordinierung in Angelegenheiten der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge ist ein Prüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen einzurichten.

(2) Der Prüfungsbeirat besteht aus

1.zwei Vertretern des Bundesministers für Finanzen,

2.zwei Vertretern der für die Erhebung der Lohnsteuer zuständigen Finanzämter,

3.zwei Vertretern des Bundesministers für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz,

4.zwei Vertretern der Österreichischen Gesundheitskasse,

5.einem Vertreter des Österreichischen Gemeindebundes sowie

6.einem Vertreter des Österreichischen Städtebundes.

(3) Jede entsendende Institution hat Ersatzmitglieder zu benennen, die ein von der Institution entsendetes Mitglied bei dessen Verhinderung zu vertreten haben. Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) des Prüfungsbeirates werden von der jeweiligen Institution für die Dauer von fünf Jahren entsendet. Die Wiederbestellung ist zulässig.

(4) Der Vorsitzende wird vom Bundesminister für Finanzen aus dem Kreis seiner Vertreter bestellt. Der Stellvertreter des Vorsitzenden wird von der Österreichischen Gesundheitskasse aus dem Kreis ihrer Vertreter bestellt.

(5) Der Vorsitzende und der Stellvertreter des Vorsitzenden werden für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Eine Wiederbestellung ist nur einmal zulässig.

Aufgaben des Prüfungsbeirats

§8. (1) Dem Prüfungsbeirat obliegen

1.die Festlegung von Grundsätzen für die Erstellung des Prüfungsplans unter besonderer Beachtung des Ressourcenbedarfs für Bedarfsprüfungen,

2.die Festlegung von Grundsätzen für die Anforderung gemäß § 5 Abs 2 und § 11,

3.die Kooperation und Koordinierung zwischen den jeweils entsendenden Institutionen sowie

4.die Festlegung von Grundsätzen für die Aus- und Fortbildung der Bediensteten des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge.

(2) Für den Zeitraum ab bis obliegt dem Prüfungsbeirat die unterstützende Mitwirkung im Zusammenhang mit der Planung und Vorbereitung der Zuweisung der von § 15 Abs 1 erfassten Bediensteten. Für diesen Zeitraum gilt § 7 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Vertreter der Österreichischen Gesundheitskasse die Vertreter des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger treten.

Sitzungen des Prüfungsbeirats

§9. (1) Der Prüfungsbeirat tritt mindestens zweimal jährlich zusammen. Der Vorsitzende beruft die Sitzungen ein. Im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden obliegt die Einberufung dem Stellvertreter des Vorsitzenden.

(2) Die Sitzungen des Prüfungsbeirats sind nicht öffentlich. Er ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist.

(3) Beschlüsse fasst der Prüfungsbeirat mit einfacher Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Im Fall der Verhinderung des Vorsitzenden gibt die Stimme des Stellvertreters des Vorsitzenden den Ausschlag.

(4) Für die Beschlussfassung der Geschäftsordnung und jede ihrer Änderungen ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Stimmen aller anwesenden Mitglieder des Beirates erforderlich.

(5) Das Nähere über die Sitzungen und die Beschlussfassung hat die vom Prüfungsbeirat zu beschließende Geschäftsordnung zu bestimmen.

(6) Die Tätigkeit der Mitglieder des Prüfungsbeirats ist ehrenamtlich. Die Mitglieder haben gegenüber der sie entsendenden Institution Anspruch auf Ersatz der ihnen aus ihrer Tätigkeit im Prüfungsbeirat erwachsenden Barauslagen.

3. Abschnitt

Verfahren

Grundsätze

§10. (1) Auf die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge sind die für Außenprüfungen maßgeblichen Vorschriften der BAO anzuwenden.

(2) Der Prüfungsauftrag ist vom Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) zu erteilen.

(3) Das Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988), die Österreichische Gesundheitskasse und die Gemeinden sind an das Prüfungsergebnis nicht gebunden. Soll in einer Erledigung von den Sachverhaltsfeststellungen des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge abgewichen werden, ist dies dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge vor der Erledigung mitzuteilen.

Anforderungsrecht

§11. Der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge hat auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse eine Sozialversicherungsprüfung oder auf Anforderung einer Gemeinde eine Kommunalsteuerprüfung durchzuführen.

Informationsaustausch

§12. (1) Der Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge hat das Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) hinsichtlich der Lohnsteuerprüfung, die Österreichische Gesundheitskasse hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung und die jeweils einhebungsberechtigte Gemeinde hinsichtlich der Kommunalsteuerprüfung elektronisch

1.von der Prüfung sowie vom Inhalt des Prüfungsberichtes zu verständigen,

2.auf Ersuchen über den Stand der Prüfung und Zwischenergebnisse zu informieren sowie

3.auf Ersuchen die für ein Rechtsmittelverfahren gegen Bescheide, denen eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge vorausgegangen ist, erforderlichen Informationen zu übermitteln.

(2) Die Österreichische Gesundheitskasse und die Gemeinde haben unverzüglich nach erfolgter Verständigung von der Prüfung gemäß Abs 1 Z 1 dem Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) ohne Aufforderung die für die Prüfung maßgeblichen Ergebnisse von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen elektronisch zu übermitteln.

(3) Dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge sind für Zwecke der Erfüllung der Aufgaben gemäß § 3 vom Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) alle für die Erhebung von lohnabhängigen Abgaben, von der Österreichischen Gesundheitskasse alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung und von den Gemeinden alle für die Erhebung der Kommunalsteuer bedeutsamen Daten elektronisch zur Verfügung zu stellen. Daten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr benötigt werden, sind möglichst rasch zu löschen.

Revision



§13. Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes über Beschwerden gegen Bescheide, denen eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge vorausgegangen ist, Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Das Bundesverwaltungsgericht hat Ausfertigungen solcher Entscheidungen unverzüglich dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

4. Abschnitt

Datenschutz

Datenverarbeitung

§14. Die Verarbeitung personenbezogener Daten (insbesondere die gemäß § 12 Abs 3 erlangten personenbezogenen Daten sowie die Versicherungsnummer gemäß § 31 Abs 4 Z 1 ASVG) durch den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge ist zulässig, wenn sie für Zwecke der Erfüllung der Aufgaben gemäß § 3, für den Informationsaustausch gemäß § 12 Abs 1 oder sonst zur Erfüllung seiner Aufgaben oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die ihm übertragen wurde, erforderlich ist.

5. Abschnitt

Personal

Verwendung von Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse

§15. (1) Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse, die zum als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse

1überwiegend dem administrativen Bereich der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA angehörten, oder

2.überwiegend als Prüfer im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA im Sinne des § 4 tätig waren, oder

3.überwiegend als Erhebungs- und Kontrollorgan im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA im Sinne des § 5 Abs 1 tätig waren, oder

4.überwiegend mit juristischen Tätigkeiten bzw überwiegend mit Leitungstätigkeiten der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – GPLA befasst waren, oder

5.überwiegend im Competence Center GPLA (CC-GPLA) mit dem IT Betrieb, der Einhaltung des Service Level Agreements, der operativen Steuerung des Betriebs und der Weiterentwicklung für die Prüfsoftware befasst waren,

werden von der Österreichischen Gesundheitskasse nach Maßgabe der Abs 3 bis 8 auf unbeschränkte Dauer dem Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge spätestens mit Wirksamkeit zum zugewiesen, soweit sie am unbefristet beschäftigt waren. Die Zuweisung kann aus wichtigen, in der Person des Bediensteten gelegenen Gründen unterbleiben oder beendet werden. Das ArbeitskräfteüberlassungsgesetzAÜG, BGBl Nr 196/1988, ist auf die Zuweisungsregelungen nach diesem Bundesgesetz nicht anwendbar.

(2) Die zugewiesenen Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse werden in die durch den Bundesminister für Finanzen einzurichtende Dienstbehörde bzw Personalstelle eingegliedert, bleiben aber hinsichtlich ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung Angestellte der Österreichischen Gesundheitskasse. Die für die Bediensteten nach Abs 1 bisher anzuwendenden Rechtsvorschriften bleiben für die Dauer der Zuweisung weiterhin anwendbar, sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist.

(3) Die Fachaufsicht über die gemäß Abs 1 zugewiesenen Bediensteten kommt den nach den organisationsrechtlichen Bestimmungen in diesem Bundesgesetz zuständigen vorgesetzten Organen des Bundes zu.

(4) Die über die nach Abs 1 zugewiesenen Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse bestehende Dienstaufsicht wird an die für die Fachaufsicht zuständigen Organe des Bundes nach Abs 3 insoweit übertragen, als es sich nicht um die Begründung oder Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Österreichischen Gesundheitskasse handelt. In allen übrigen Fällen ist das Einvernehmen mit dem nach Abs 3 berufenen Organ herzustellen.

(5) Die gemäß Abs 1 zugewiesenen Bediensteten haben einen Anspruch auf Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund und können bis , die Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund nach den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 – VBG, BGBl Nr 86/1948 mit Wirksamkeit vom durch Erklärung erwirken. Das Beisetzen einer Bedingung macht die Erklärung unwirksam. Die im Rahmen der Zuweisung zum Bund zurückgelegte Dienstzeit ist nach Maßgabe der Regelungen für zeitabhängige Ansprüche anzurechnen.

(6) Sollten sich in der Zeit zwischen Abgabe der Erklärung und der Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund die anzuwendenden Rechtsvorschriften ändern, gelangt für den die Erklärung abgebenden Bediensteten bis zur Aufnahme in das Dienstverhältnis zum Bund die jeweils günstigere Regelung zur Anwendung.

(7) Die Zuweisung individueller Bediensteter gemäß Abs 1 kann vom Bund aus wichtigen Gründen vorzeitig beendet werden. Die Zuweisung endet spätestens mit Übernahme in ein Dienstverhältnis gemäß Abs 5 oder mit Pensionsantritt.

(8) Auf Schäden, die von einem zugewiesenen Bediensteten verursacht werden, kommen die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, BGBl Nr 80/1965, des Organhaftpflichtgesetzes – OrgHG, BGBl Nr 181/1967, und des Amtshaftungsgesetzes – AHG, BGBl Nr 20/1949, zur Anwendung.

Personalaufwand

§16. (1) Die Anzahl und Qualifikation der gemäß § 15 Abs 1 dem Bund zugewiesenen Bediensteten richtet sich nach der Anzahl und Qualifikation der Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse, die zum Stichtag als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse im Bereich der Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben – GPLA sowie im Competence Center GPLA (CC-GPLA) tätig sind.

(2) Zu der Anzahl nach Abs 1 zum Stichtag sind auch Bedienstete einzurechnen, die im Zeitpunkt dieses Stichtages dem Bereich der Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben – GPLA sowie dem Competence Center GPLA (CC-GPLA) angehörten und insbesondere karenziert sind oder gemäß den § 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes 1979 nicht beschäftigt werden dürfen oder Präsenzdienst bzw Zivildienst leisten oder vorübergehend zur Dienstleistung in einen anderen Bereich der Krankenversicherungsträger zugewiesen wurden.

Refundierung

§17. Für die im § 15 Abs 1 zugewiesenen Bediensteten hat der Bund der Österreichischen Gesundheitskasse den Aufwand der Dienstbezüge einschließlich einer Abgeltung für Abfertigungs- oder Pensionsansprüche bzw Beiträge zu einer Pensionskasse nach der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte bei den Sozialversicherungsträgern zu ersetzen. Der konkrete Ersatz der Kosten, die diesbezügliche Refundierungsobergrenze und die näheren Modalitäten, insbesondere die Aufschlüsselung der Kosten, sind durch gesonderte Vereinbarung zu regeln. Dienstbezüge sind sämtliche den zugewiesenen Bediensteten gemäß der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte bei den Sozialversicherungsträgern gezahlten wiederkehrenden oder einmaligen Geldleistungen (ständige Bezüge und nichtständige Bezüge). Die Art und die Höhe der ersatzfähigen Dienstbezüge richten sich nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes und erhöhen sich gemäß der Dienstordnung A für Verwaltungsangestellte bei den Sozialversicherungsträgern unbeschadet der in Arbeitsverträgen, Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen getroffenen günstigeren Regelungen, sofern keine andere Art der Valorisierung vorgesehen ist.

Individuelle Beendigung

§18. Die individuelle Beendigung eines gemäß § 15 Abs 1 zugewiesenen Bediensteten bewirkt für den Bund keine Reduktion des zum Stichtag nach Anzahl und Qualifikation festgelegten Kontingents gemäß § 16. Der Ersatz des Aufwandes der Dienstbezüge durch den Bund gemäß § 17 reduziert sich aber diesfalls im entsprechenden Ausmaß.

Übermittlung personenbezogener Daten

§19. Die jeweiligen Gebietskrankenkassen bzw die Österreichische Gesundheitskasse sind zur Wahrnehmung der in den § 15 bis 17 enthaltenen Bestimmungen verpflichtet, die erforderlichen personenbezogenen Daten bezüglich der in § 15 Abs 1 zugewiesenen Bediensteten dem Bundesminister für Finanzen zur Verfügung zu stellen. Die von den jeweiligen Gebietskrankenkassen bzw der Österreichischen Gesundheitskasse übermittelten personenbezogenen Daten werden vom Bundesministerium für Finanzen gemäß den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zweckentsprechend verarbeitet.

Sonstige Bestimmungen

§20. Die Sozialversicherungsanstalten in Form der Gebietskrankenkassen bzw die Österreichische Gesundheitskasse sind verpflichtet, bis für eine einheitliche Anwendung ihrer Dienstordnungen zu sorgen.

6. Abschnitt

Kostentragung und Schlussbestimmungen

Entgelt für die Dienstleistungserbringung an die Österreichische Gesundheits-kasse

§21. Für die Durchführung der Sozialversicherungsprüfung hat die Österreichische Gesundheitskasse dem Bundesministerium für Finanzen bis längstens 31. März des Folgejahres ein Entgelt zu leisten. Das konkrete Entgelt und die näheren Modalitäten, insbesondere die Aufschlüsselung des Entgelts, sind durch gesonderte Vereinbarung zu regeln.

Begriffsbestimmung

§22. Unter Erhebung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle der Durchführung der Abgabenvorschriften und der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften dienenden behördlichen Maßnahmen zu verstehen.

Geschlechtsneutrale Bezeichnung

§23. Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.

Verweise auf andere Bundesgesetze

§24. Wenn in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Vollziehung

§25. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.

Inkrafttreten

§26. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit in Kraft; dies gilt nicht für die § 7 bis 9, die mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten.

(2) Zum noch nicht abgeschlossene gemeinsame Prüfungen lohnabhängiger Abgaben, die vom Finanzamt der Betriebsstätte (§81 EStG 1988) oder einer Gebietskrankenkasse beauftragt wurden, sind vom Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge fortzuführen. Die Wirksamkeit des bereits erteilten Prüfungsauftrages bleibt unberührt.

(3) Für zum noch nicht abgeschlossene gemeinsame Prüfungen lohnabhängiger Abgaben, die von der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau beauftragt wurden, sind die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes für gemeinsame Prüfungen lohnabhängiger Abgaben geltenden Bestimmungen weiterhin anzuwenden."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Zu G78, 79, 80 und 81/2019

1.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates legen ihre Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen und Fußnoten im Original):

"1. Zur Verfassungswidrigkeit der Kassenfusion

1.1 Effizienzprinzip

(1) Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner jüngeren Rechtsprechung im Zusammenhang mit Ausgliederungen dem aus der Bundesverfassung ableitbaren Gebot zu sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger Haushaltsführung die Bedeutung eines allgemeinen, auch die Gesetzgebung bindenden Effizienzprinzips beigemessen (VfSlg 14.473/1996, 14.474/1996). Nach diesem mutatis mutandis auch für Selbstverwaltungskörper geltenden Prinzip haben diese die ihnen zugewiesenen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu besorgen. Soweit daher das Effizienzgebot als eine besondere Ausprägung des Sachlichkeitsgebotes auch an den Gesetzgeber gerichtet ist, obliegt es diesem, Selbstverwaltungskörper gemessen an den ihnen übertragenen Aufgaben zweckmäßig, d.h. so zu gestalten, dass eine diesen Grundsätzen entsprechende Verwaltungsführung gewährleistet ist (VfSlg 17023/2003 — Hauptverbandsreform).

(2) Dazu führt der Salzburger Verfassungsrechtler Walter Berka schlüssig aus:

(3) 'Freilich schafft das Effizienzprinzip eine Art von Beweislast, die der Gesetzgeber zu tragen hat. Eine grundlegende Umgestaltung des gegebenen Systems muss daher nicht nur sachlich gerechtfertigt sei[n]; sie muss auch ökonomisch messbare Vorteile bringen, die nachhaltig zu Buche schlagen. Der Reformgesetzgeber muss daher Effizienzgewinne nicht nur behaupten, sie müssen in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden.'

(4) Für die Rechtsfertigung dieser 'grundlegenden Umgestaltung' des Krankenversicherungssystems bedarf es unter obigem Gesichtspunkt näherer Belege für die behauptete ökonomische Sinnhaftigkeit. Die Empirie weist in die gegenteilige Richtung (vgl dazu die nachstehenden Ausführungen in Punkt 1.2 und 1.3).

(5) Die Fusion der bisherigen neun Gebietskrankenkassen zu einer bundesweiten Gesundheitskasse widerspricht diesem Prinzip in mehrfacher Hinsicht.

1.2 Kein sachlicher Anlass zur Fusion

(6) Die österreichische soziale Krankenversicherung ist international ein Vorzeigemodell. Die Krankenversicherung umfasst alle in Österreich lebenden Menschen und bietet ein umfangreiches Leistungspaket.

(7) Die neun Gebietskrankenkassen besorgen für rund 7,1 Millionen nach dem ASVG (pflicht- und mit)versicherter Personen sowohl die Durchführung der Versicherung einschließlich der Beitragseinhebung, als auch die Versorgung mit hochwertigen Leistungen der Krankenbehandlung, einschließlich der Anstaltspflege und der Rehabilitationsleistungen bzw der Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit in zahlreichen Rehabilitations- und Kuranstalten. Die Leistungserbringung durch die Gebietskrankenkassen funktioniert nach allgemeiner Auffassung klaglos: Die Zufriedenheitsraten ('zufrieden' und 'sehr zufrieden') der Versicherten lagen zwischen 75% und über 80%, die Wertung zufrieden durchwegs über 50%. Die von der London School of Economics 2017 publizierte Studie (LSE Studie) zeigte im internationalen Vergleich höchste Zufriedenheitswerte: 96% der Bevölkerung bezeichnen das Gesundheitssystem in Österreich als gut, 60% halten es für besser als in anderen EU-Staaten.

(8) Die Durchführung der Versicherung erfolgt mit einem Verwaltungsaufwand, welcher der niedrigste aller Versicherungsträger ist: bei einem Einnahmen und Ausgabenvolumen von rund EUR 14,4 Milliarden betrug der Verwaltungsaufwand der Gebietskrankenkassen 2017 2,1%, (demgegenüber jener in der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten 3,7%, der SVA der gewerblichen Wirtschaft 5% und der SVA der Bauern 6,4%; alle Versicherungsträger gemeinsam 2,6%. Die im Auftrag des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im August 2017 erstellte Studie der London School of Economics weist aus, dass die Verwaltungskosten im österreichischen Gesundheitssystem mit 1,97% der Gesundheitsausgaben die niedrigsten im europaweiten Vergleich ähnlicher Systeme (nämlich mit Belgien, Frankreich, Luxemburg, Deutschland, Holland und der Schweiz) sind. In den letzten 20 Jahren ist der Verwaltungsaufwand in der gesamten Sozialversicherung von 2,7% auf 1,99% und in der Krankenversicherung von 3,9% auf 2,6% gesunken.

(9) Ein Anfang 2017 herausgekommener Bericht der OECD stellt den österreichischen Krankenversicherungen wegen der niedrigen Verwaltungskosten ein sehr gutes Zeugnis aus. Alle Krankenversicherungsträger geben gemeinsam rund EUR 500 Millionen für Verwaltung und davon wiederum EUR 3,5 Millionen für die Selbstverwaltung aus.

(10) Bezogen auf die Einnahmen von EUR 20 Milliarden in der KV betragen die Kosten der Selbstverwaltung pro EUR 1000,00 rund 0,18 (18 Cent).

1.3 Durchführung der Fusion nicht professionell und überdies betriebswirtschaftlich nachteilig

1.3.1 Keine Vorteile, aber gravierende Nachteile

(11) Während der Gesetzgeber für die Fusion der PVA der Arbeiter mit der PVA der Angestellten im Jahre 2003 einen Zeitraum von einem Jahr vorgesehen hatte, sollen neun über ganz Österreich verteilte Gebietskrankenkassen mit insgesamt fast 12.000 Beschäftigten innerhalb von neun Monaten fusioniert werden, was daher ganz offensichtlich ein willkürlich gewählter, durch nichts rechtfertigbarer viel zu kurzer Zeitraum ist. Eine vergleichbare, derart monströse Fusionierung unter derartigen Bedingungen ist bislang nicht bekannt geworden. Dazu kommt, dass § 538v Abs 1 zweiter Satz ASVG alle bisher in Organen eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes tätig gewesenen Personen (also all jene, die auf dem Gebiet der Krankenversicherung und der Gebietskrankenkassen aus eigener Tätigkeit bewandert sind) von der Mitwirkung im Überleitungssausschuss der Gesundheitskasse, also in jenem Gremium, das eine klaglose Vollziehung der Fusion steuern soll, ausschließt. Eine Fusion soll also nach diesem 'Konzept' des Gesetzgebers von Personen durchgeführt werden, welche die Sozialversicherung nur von außen kennen.

(12) Einsparungen oder sonstige Vorteile einer solchen Fusion, die mit dem greif- und erkennbaren Risiko der Zerstörung einer kostengünstigen und funktionierenden Versorgung belastet ist, wurden bisher nicht dargestellt. Das behauptete Einsparungsziel war in den Unterlagen zur Ministerialentwurf nicht auffindbar. Die Abschöpfung von Geldmitteln aus der Sozialversicherung war in der Wirkungsfolgenabschätzung nicht abgebildet. In der Regierungsvorlage wird erstmals die Mittelabschöpfung mit zirka 700 Millionen dargestellt. Die Einsparung durch die Änderung der Organisationsstruktur der Sozialversicherung wird ohne nähere Erläuterung wie folgt angegeben:

'Unter der Annahme einer linear ansteigenden Einsparung von bis zu 30% der Personal- und Sachaufwendungen der Sozialversicherung wird im Jahr 2020 ein Einsparungspotential von rd. € 99 Mio. erreicht. Dies steigt dann in den kommenden Jahren auf ca. € 433 Mio. an; das bedeutet eine Effizienzsteigerung von insgesamt ca. € 1 Mrd. in 4 Jahren.'

(13) Aus der weniger komplexen Fusion der Pensionsversicherungsträger, die im wesentlichen bloß Geldleistungen zu administrieren haben, ist bekannt, dass sie zu einer Erhöhung der Kosten geführt hat: Die Fusion zum hat von der Vorbereitung im Jahr 2002 bis Ende 2005 laut Rechnungshof einen Fusionsaufwand von EUR 114,8 Millionen, inkl. Sozialplan EUR 138,5 Millionen, verursacht. Die weiteren Fusionskosten von 2006 bis inkl. 2008 haben für jedes diese[r] Jahre EUR 15,5 Millionen, EUR 8 Millionen bzw EUR 5,6 Millionen betragen, so dass sich eine Summe an Fusionskosten in Höhe von ca. EUR 167 Millionen allein bis 2008 ergibt.

(14) Der Rechnungshof hat aber auch klare Empfehlungen für zukünftige Fusionen von SV-Trägern abgegeben. Fusionen sei ein Einsparungsauftrag zugrunde zu legen, der hinsichtlich Zeitbezug und Höhe eindeutig definiert ist. Der Fusionsaufwand solle klar definiert und mit konkreten Zielvorgaben versehen werden. Der gesamte Fusionsaufwand sei zu erfassen und den Verwaltungskörpern vorzulegen. Für die Vorbereitung und Umsetzung der fusionsbedingten Maßnahmen sollen angemessene Zeiträume vorgesehen werden. Die Entscheidung über die Ausgestaltung der regionalen Verwaltungsstrukturen sei anhand von Kosten-Nutzen-Berechnungen zu treffen. Nichts davon findet sich im SV-OG samt Erläuterungen.

(15) Dies wird — ohne dass man ein Prophet sein muss — in einem um ein Mehrfaches höherem Ausmaß für die Fusionskosten der neun Gebietskrankenkassen gelten. Fusionsbedingte Aufwendungen und die durch eine Harmonisierung der Leistungen sowie der Verträge mit den Leistungserbringern verursachten Mehraufwendungen wurden bisher (offenbar mit Grund) nicht nachvollziehbar dargestellt, wie der Rechnungshof schon in seiner Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf festgestellt hat. Sie werden der neuen Gesundheitskasse enorme Beträge an Geld entziehen.

(16) Die Erfahrungen mit Fusionen im Bereich der Krankenversicherung in Deutschland seit den 1990er Jahren zeigen, dass Versicherungsträger ab einer kritischen Größe — die bei rund 800.000 Versicherten liegt — in der Verwaltung teurer werden. So betragen die Verwaltungskosten von Trägern in Deutschland, die mit der künftigen ÖGK (7 Millionen Versicherte) vergleichbar sind, deutlich mehr als 5 %, sind also mehr als doppelt so hoch als die Verwaltungskosten der neun Gebietskrankenkassen. Dies wurde auch durch eine Studie von Bert Rürup (GKV: Verwaltungskosten und Kassengröße [2006]) und vom Deutschen RH (Kassenfusionen 2011) bestätigt.

(17) Zusätzlich werden auch die Mehrbelastungen, die aufgrund des vorliegenden Gesetzes auf die soziale Krankenversicherung zukommen, nicht vollständig dargestellt. Dies betrifft zB Neuregelungen zur Finanzierung der Privatkrankenanstalten oder die Verschiebung von Finanzierungslasten von der Unfallversicherung in die Krankenversicherung.

(18) Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist der gravierendste Kritikpunkt, dass die abgebildeten Effizienzsteigerungen im Personal- und Sachaufwand in der Höhe von EUR 1 Milliarde offensichtlich ohne konkrete Berechnungsgrundlage geschätzt wurden. Es wird Jahre dauern, bis die Fusion bei der Krankenversicherung und den anderen Trägern mit der notwendigen inneren Fusion vollzogen ist. Seriöse Schätzungen — die seitens der Bundesregierung nicht einmal im Ansatz erstellt worden sind — gehen nicht von einem Fusionsgewinn von EUR 1 Milliarde aus, sondern von einem Fusionsaufwand, einschließlich der Mehrkosten aus der Harmonisierung der Ärzte-Gesamtverträge von EUR 2,1 Milliarden, die das Gesamtsystem finanziell erheblich belasten und zu Leistungskürzungen zwingen würden.

(19) Mit der Fusion der Sozialversicherungsträger sind demnach zahlreiche Mehrkosten verbunden. Die nunmehrige ÖGK muss überdies folgenden Mittelentzug durch einfachgesetzliche Anordnung verkraften:

Durch Einbeziehung weiterer Privatkrankenanstalten in den PRIKRAF und die Erhöhung der Mittel wurde beispielsweise eine Mehrbelastung der nunmehrigen ÖGK ausgelöst (Zeile 'Differenz PRIKRAF'; SV-OG: Art 19, PRIKRAF-G).

Die oben dargestellte Veränderung beim PRIKRAF führt auch zu einem höheren Pflegekostenzuschuss, der nicht durch den Fonds finanziert wird (Zeile 'Höherer Pflegekostenzuschuss'; SV-OG: Art 19, PRIKRAF-G).

Durch den Entfall des Kostenersatzes Unfallversicherung an Krankenversicherung ab 2023 und des Entfalls der Valorisierung davor werden Mehrbelastungen, insbesondere in der nunmehrigen ÖGK, ausgelöst (Zeile 'Differenz besonderer Pauschbetrag § 319a ASVG'; SV-OG: Z 98, 99, § 718 Abs 2 Z 4 ASVG idF SV-OG).

Durch die Umschichtung der GSBG-Mittel, von der die SVS überproportional profitiert, verliert die nunmehrige ÖGK Einnahmen (Zeile 'Differenz Pauschbetrag GSBG' SV-OG Art 13)

Durch die Verschiebungen beim Fonds für Vorsorge- bzw Gesundenuntersuchungen und Gesundheitsförderung nach § 447h ASVG zu Gunsten von SVS und BVAEB verliert die nunmehrige ÖGK Mittel (Zeile 'Restmittel § 447 h ASVG'; SV-OG Z 170).


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Finanzielle Belastung ÖGK
Maßnahme
2019
2020
2021
2022
2023
kumuliert
Differenz PRIKRAF
-9,92
-10,27
-10,63
-11,00
-11,39
-53,21
Höherer Pflegekosten-
zuschuss
-0,34
-0,36
-0,37
-0,38
-0,40
-1,85
Differenz besonderer Pauschbetrag § 319a ASVG
-8,55
-17,69
-27,21
-37,13
-203,61
-294,19
Differenz Pauschbetrag GSBG
0,00
-27,45
-31,23
-35,10
-39,08
-132,86
Restmittel § 447h ASVG
-0,62
-0,62
-0,62
-0,62
-0,62
-3,08
Summe ÖGK
-19,42
-56,38
-70,05
-84,22
-255,10
-485,18

(Quelle: Stellungnahme zum SV-OG des Hauptverbandes, S. 39ff)

(20) Die ÖGK muss außerdem folgenden Mittelentzug durch einfachgesetzliche Anordnung betreffend die AUVA verkraften:

Die AUVA Beitragssenkung geht zu Lasten der ÖGK durch die Beseitigung des § 319a ASVG. Wie die Verrechnung der Leistungen erfolgt, die die ÖGK für Unfallheilbehandlungen erbringt, ist vollkommen offen. Die Streichung der Pauschalabgeltung nach § 319a ASVG wirft daneben die [viel] Frage auf, warum eine Leistungspflicht der ÖGK für die ersten vier Wochen nach einem Arbeitsunfall ohne jegliche Abgeltung durch die AUVA aufrechterhalten wird.

Besonders zu berechnen wäre auch die bis zu lebenslange Zusatzbelastung der ÖGK, die aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten resultieren, und zwar generell, besonders aber für Unfallrentner (die Ausführungen gelten für alle drei Zeilen; SV-OG Z 45, 97-100 samt Übergangsbestimmungen, siehe oben).


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Finanzielle Belastung AUVA
Maßnahme
2019
2020
2021
2022
2023
kumuliert
Senkung UV-Beitrag
auf 1,2%
-117,51
-121,49
-125,62
-129,88
-134,28
-628,78
Entlastung durch
besonderen Pauschbetrag § 319a ASVG
8,55
17,69
27,21
37,13
203,61
294,18
Senkung UV-Beitrag um weitere 0,2 % auf 1 %
0
0
0
0
-268,56
-268,56
Summe AUVA
-108,96
-103,80
-98,41
-92,75
-199,23
-603,16

(Quelle: Stellungnahme zum SV-OG des Hauptverbandes, S. 39ff)

(21) Dies führt in nunmehriger ÖGK und AUVA zu folgenden Belastungen


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Finanzielle Belastungen ÖGK und AUVA gesamt
Maßnahme
2019
2020
2021
2022
2023
kumuliert
Summe ÖGK
und AUVA
-128,38
-106,19
-168,47
-176,98
-454,33
-1.088,34

(Quelle: Stellungnahme zum SV-OG des Hauptverbands, S. 39ff)

(22) Aus dem SV-OG ergeben sich noch weitere Mehrkosten für die Sozialversicherung:

Setzt man zusätzlich die Mehrkosten durch den neuen Ärzte-Gesamtvertrag an, kommen weitere Mehrkosten auf die Krankenversicherungsträger (überwiegend ÖGK) ab vorsichtig geschätzt 2023, womöglich aber auch schon davor, von EUR 500 Millionen pro Jahr zu. ('Kurier' vom , Seite 2: 'Gleiche Arzthonorare für geplante ÖGK kosten 500 Millionen Euro'; Zeile ÄrztegesamtV; SV-OG Z 106 bis 114).

Weiters sind Fusionskosten von (ebenfalls vorsichtig) geschätzt EUR 100 Millionen pro Jahr zu veranschlagen. Wenn schon die Gesamtfusion der PVArb und PVAng (RH Berichte 2007/8 und 2010/5) einen Fusionsaufwand von EUR 145,2 Millionen (und Folgekosten) verursacht hat, so wäre die Fusion von neun Gebietskrankenkassen mit deutlich differenzierteren Leistungskatalogen (unterschiedliche Vertragspartnerabrechnung, Meldewesen, Leistungskataloge etc.) mit einem deutlich höheren Aufwand zu veranschlagen.


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Weitere Kosten
Maßnahme
2019
2020
2021
2022
2023
kumuliert
Übertrag
-128,38
-160,19
-168,47
-176,98
-454,33
-1088,34
ÄrztegesamtV
0
0
0
0
-500
-500
Fusionskosten
-100
-100
-100
-100
-100
-500
Summe
-228,38
-260,19
-268,47
-276,98
-1054,33
-2088,34

(Quelle: Stellungnahme zum SV-OG der Bundesarbeitskammer, S. 9)

(23) Die bei der Versendung des seinerzeitigen Ministerialentwurfs von der Bundesregierung kolportierte angebliche 'Patientenmilliarde', die eingespart werden könne, stellte sich längst als blanke Erfindung heraus und ist auch aus der öffentlichen Diskussion verschwunden.

(24) Diese 'Patientenmilliarde' kann schon deshalb nicht eingespart werden, weil die gesamten Verwaltungskosten aller Krankenversicherungsträger 2017 nur knapp EUR 480 Millionen betragen, wovon EUR 286,6 Millionen auf die neun Gebietskrankenkassen entfallen. Ein von der Österreichischen Wirtschaftskammer in Auftrag gegebenes Gutachten vom kommt zu dem Ergebnis, dass durch eine Fusion der neun Gebietskrankenkassen zu einem Träger, die als 'Extremvariante' eingestuft wird, Einsparungen der Verwaltungskosten in der Höhe von nur 9% erzielt werden könnten, das wären bei allen Gebietskrankenkassen höchstens rund EUR 25 Millionen. Dabei übergeht dieser Gutachter allerdings empirische Untersuchungen aus Deutschland, die zeigen, dass die kritische Größe derartiger Versicherungsträger bei ungefähr 800.000 Versicherten liegt. Dann kommt es zu 'diseconomies of scale', d.h. ab dieser Größe nehmen die Verwaltungskosten nicht mehr ab, sondern es tritt der gegenteilige Effekt ein. Der deutsche Rechnungshof leitete daraus die Forderung ab, dass Fusionen nur genehmigt werden sollten, wenn ein aussagekräftiges Fusionskonzept vorliegt. Dieses sollte nachvollziehbar begründen, dass die beabsichtigte Fusion wirtschaftlich ist. Eine Forderung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Effizienzgebotes auch für die hier bekämpfte Fusion mit Entschiedenheit zu stellen ist.

(25) Aber auch in anderer Hinsicht beruhen behauptete Einsparungen auf puren Erfindungen: 90 % der FunktionärInnen sind ehrenamtlich tätig und erhalten keinerlei Funktionsgebühr (§420 Abs 5 ASVG aF und nF), sondern lediglich pro Sitzung Sitzungsgeld von EUR 42,00.

(26) Funktionsgebühren erhalten nur Obmänner/Obfrauen und deren Stellvertreter/innen, und zwar: Ein Obmann bzw eine Obfrau erhält rund EUR 4.086,00 brutto (12 mal pro Jahr), ein/e Obmann/Obfrau/stellvertreter/in EUR 2.043,00; der/die Vorsitzende der Kontrollversammlung EUR 2.043,00 sein/ihr/e Stellvertreter/in EUR 1.022,00; der/die Vorsitzende eines Landesstellenausschusses erhält EUR 1.634,00 und sein/ihr/e Stellvertreter/in EUR 817,00.

(27) Die Ausgaben für die Selbstverwaltung im Hinblick auf den Gesamtaufwand der gesetzlichen Sozialversicherung von EUR 60 Milliarden betragen nur 0,009 Prozent. In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung werden die gesamten Sitzungsgelder, Funktionsgebühren und Reise- und Aufenthaltskosten mit nur EUR 5,67 Millionen ausgewiesen.

(28) Es wird mit Pensionierungen von Sozialversicherungsmitarbeitern im Ausmaß von 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren gerechnet. Auch diese Schätzung basiert offensichtlich auf keinen validen Berechnungsgrundlagen. Es wurde keine systematische Analyse der gegenwärtigen Organisation der österreichischen Sozialversicherung vorgenommen, die zu eindeutigen Ergebnissen käme. Es gibt auch keine abgesicherte Stärken-/Schwächenanalyse, auf deren Basis ein zum geplanten Fusionsmodell alternatives Organisationsmodell vorliegt. Insbesondere wäre zu fragen, wo genau die gegenwärtigen Probleme und Dysfunktionen im österreichischen Sozialversicherungssystem liegen, welche Ursachen diese haben, um dann (organisatorische) Alternativen abzuleiten, die einen Lösungsbeitrag enthalten.

(29) Die Darstellung der Einsparungen in der WFA zum SV-OG ist weder begründet noch nachvollziehbar. So kritisiert der Budgetdienst des Parlaments in einer Anfragebeantwortung, dass die Berechnungen zur Effizienzsteigerung in der Regierungsvorlage weiterhin grobe Schätzungen seien und ein konkretes Mengengerüst bzw Preisgerüst für die Berechnungen fehlen. Die gegenüber dem ME deutlich früheren und auch in deutlich größerer Höhe beabsichtigten Einsparungen bei den Personal- und Sachaufwendungen sind nicht begründet.

(30) Die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur Gesundheitskasse Österreich verstößt somit eklatant gegen das aus dem Gleichheitssatz abzuleitende Effizienzprinzip. Sie ist geeignet, die Gesundheitsversorgung von mehr als sieben Millionen pflicht- und mitversicherten Personen nachhaltig zu gefährden. Dem Gesetzgeber kommt bei derartigen Maßnahmen zwar ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, dessen Wahrung aber voraussetzt, dass die Maßnahme zumindest als vertretbar erscheint. Die hier gesetzliche vorgesehene Maßnahme ist — wie die dargestellten Fakten zeigen – in jeder Hinsicht unvertretbar.

(31) Die vorgesehenen Überleitungsausschüsse sind im Wesentlichen als Steuerungs- bzw Lenkungsgremien vorgesehen, die den Arbeitsanforderungen und der Dauer eines Fusionsmanagements nicht gerecht werden. Unsachlich ist dabei vor allem auch der Ausschluss aller durch ihre bisherige Tätigkeit mit den Fragen der Krankenversicherung vertrauten Personen durch § 538v Abs 1 ASVG.

1.3.2 Verfassungswidrigkeit der Überleitungsregelung

(32) Die vorgesehenen Überleitungsausschüsse sind im Wesentlichen als Steuerungs- bzw Lenkungsgremien vorgesehen, die den Arbeitsanforderungen und der Dauer eines Fusionsmanagements nicht gerecht werden. Unsachlich ist dabei vor allem auch der Ausschluss aller durch ihre bisherige Tätigkeit mit den Fragen der Krankenversicherung vertrauten Personen durch § 538v Abs 1 ASVG.

(33) Die Überleitungskonstruktion für die österreichische Gesundheitskasse ist in diesem Zusammenhang auch insoweit verfassungswidrig, als mit dem kommissarischen Leiter ein Organ geschaffen wird, das von der Bundesministerin bestellt und entsendet wird und das — entgegen VfSlg 17023/2003 — weder ausdrücklich der Weisung des Überleitungsausschusses unterstellt wird (er ist ihm nach § 538v Abs 4 ASVG nur 'verantwortlich', kann aber vom Überleitungsausschuss weder disziplinär belangt, noch seiner Funktion enthoben werden), noch demokratisch legitimiert ist. Im Gegenteil: die bisherigen Organe der Selbstverwaltung sind nicht dem Überleitungsausschuss, sondern dem kommissarischen Leiter gegenüber weisungsgebunden. Damit führt — wenngleich nur vorübergehend bis zur Bestellung eines leitenden Angestellten) [–] de iure ein an die Weisungen der entsendenden Ministerin gemäß Art 20 B-VG gebundenes Organ die Geschäfte der Selbstverwaltung.

(34) 'Ungeachtet ihres Charakters als Übergangsvorschrift ist die Vorschrift — § 538v Abs 4 ASVG idF SV-OG — im Hinblick auf die verfassungsrechtlich verbürgte 'selbständige Wahrnehmung' der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereichs in Art 120a Abs 1 B-VG äußerst problematisch, weil zum Kernbestand dieser Aufgaben die Personalhoheit der Selbstverwaltungskörper gehört'.

(35) Als verfassungswidrig erweist sich aber auch der im Gesetz vorgesehene Entscheidungsübergang an die Bundesministerin für den Fall, dass 'ein gültiger Beschluss (Abs3)' (§538v Abs 1 dritter Satz ASVG) nicht zustande kommt. Dabei handelt es sich um einen Eingriff in die Selbstverwaltung, der nur dann sachlich gerechtfertigt werden kann, wenn ein für den gesetzmäßigen Vollzug erforderlicher Beschluss gefasst werden muss und ein solcher Beschluss aus formalen Gründen nicht zustandekommt. Die Bestimmung des § 538v Abs 1 lässt aber die Voraussetzungen dafür vollkommen offen, was unter einem 'gültigen Beschluss' bzw dessen Fehlen zu verstehen ist. Die schwammige Formulierung der Norm lässt es zu, dass Anträge, nur deshalb, weil sich für sie im Kollegialorgan keine Mehrheit findet, vom Vorsitzenden der Bundeministerin zur Beschlussfassung vorgelegt werden können. Gerade deshalb, weil es sich bei dieser Norm um einen massiven Eingriff in die Selbstverwaltung handelt, wären die Voraussetzungen, unter denen der/die Vorsitzende die Sache an die Bundeministerin vorlegen kann, im Gesetz im Sinne des Art 18 Abs 1 B-VG genau zu regeln, um jedes Gutdünken des/der Vorsitzenden auszuschließen.

(36) Als verfassungswidrig erachten es die Antragsteller aber auch, dass nach § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG der/die Vorsitzende des Überleitungsausschusses der Gruppe der Dienstgeber anzugehören hat und der Stellvertreter /die Stellvertreterin der Gruppe der Dienstnehmer. In der Selbstverwaltung der versicherten Dienstnehmer/innen widerspricht es dem Grundsatz der Selbstverwaltung iSd Art 120a Abs 1 B-VG, dass der Vertreter einer Gruppe, die bloß aus besonderen Gründen trotz Verschiedenheit der Interessen, dem Selbstverwaltungskörper angehört, dort auch noch den Vorsitz führt, und dies nicht nur etwa während der Funktionsdauer des Überleitungsausschusses, sondern daran anschließend auch gleich für die ersten sechs Monate der am beginnenden Funktionsperiode des Verwaltungsrates (vgl § 538u Abs 2 ASVG).

1.3.3 Verfassungswidrige Abschaffung jeglicher Kontrollinstrumente

(37) Es zählt zu den betriebswirtschaftlichen Binsenweisheiten, dass eine Fusion, wie die hier geplante, begleitend evaluiert werden muss, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Der Gesetzgeber hat demgegenüber bei allen Sozialversicherungsträgern die Kontrollversammlung abgeschafft, ohne ein adäquates Organ der internen Kontrolle vorzusehen, wie dies im Unternehmensrecht durchgängig der Fall ist und zum internationalen und nationalen Standard zählt (vgl § 85 und 107 VAG,§ 82 Aktiengesetz,§ 22 Abs 1 GmbH-Gesetz,§ 22 Abs 1 Genossenschaftsgesetz, uam.).

(38) In einem Selbstverwaltungskörper gibt es zulässigerweise nur zwei Arten von Organen: Selbstverwaltungsorgane und an deren Weisungen gebundene sonstige Organe. Da ein Kontrollorgan nicht an Weisungen des kontrollierten Organs gebunden sein sollte, kommt ein Kontrollorgan nur als Selbstverwaltungsorgan in Betracht, wie dies die Kontrollversammlung und davor der Überwachungsausschuss gewesen sind. Die Kontrollversammlung ist seit Beginn der gesetzlichen Sozialversicherung 1888 (unter der damaligen Bezeichnung 'Überwachungsausschuss' vgl die § 14 ff des Krankenversicherungsgesetzes RGBI. 33/1888) fixer Bestandteil der sozialen Selbstverwaltung. Sie stellt insoweit ein zentrales Element der inneren Gewaltenteilung zwischen Geschäftsführung einerseits und Kontrolle der Geschäftsführung andererseits dar und findet seine Begründung darin, dass die soziale Selbstverwaltung — im Verhältnis etwa zur wirtschaftlichen Selbstverwaltung - [–] nicht nur ungewöhnlich hohe Summen an Geldmitteln bewegt, sondern auch die Aufgabe hat, mit diesen Mitteln existentielle Bedürfnisse der Versicherten zu befriedigen. Es ist daher davon auszugehen, dass ein für die essentiell wichtige Kontrolle der Gebarung derart bedeutsames Element der Selbstverwaltung auch Voraussetzung für deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit gewesen ist, weil nur dies jener Grundstruktur entspricht, in der der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 die soziale Selbstverwaltung vorgefunden und sie der Verfassungsgerichtshof als grundsätzlich unbedenklich erachtet hat bzw wie sie mit der Schaffung der ArtI20a ff B-VG durch die B-VG Novelle BGBl I 2/2008 implizit kodifiziert wurde. Ein Sozialversicherungsträger ohne ein derartiges Kontrollgremium widerspricht daher den Grundsätzen der Selbstverwaltung, wie sie im Sinne der Art 120a-120c B-VG als kodifiziert gelten können.

1.3.4 Zusammenfassung

(39) Abgesehen davon, dass die Fusion durch keine nachteiligen Entwicklungen geboten ist, ist sie somit auch betriebswirtschaftlich dilettantisch und abseits aller unternehmensrechtlichen Standards angelegt, sodass die akute Gefahr besteht, dass der Gesundheitsversorgung von 7,1 Millionen Versicherten großer und nachhaltiger Schaden zugeführt wird. Die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse verstößt daher unter den im SV-OG vorgesehenen Bedingungen gegen das dem Gleichheitssatz immanente Sachlichkeitsgebot, dies insbesondere auch in der Gestalt des auch für Selbstverwaltungskörper geltenden Effizienzgebotes, soweit gegen Organisationsprinzipien der sozialen Selbstverwaltung verstoßen wird, auch den Art 120a bis 120c B-VG, soweit diesen Bestimmungen ein verfassungsgesetzlich vorgefundenes Bild sozialer Selbstverwaltung zugrunde liegt. Das gänzliche Absehen von einer internen Kontrolle widerspricht nicht nur den allgemein anerkannten Grundsätzen des Unternehmensrechts und ist daher unsachlich und gleichheitswidrig; eine solche (Fehl-)Konstruktion der sozialen Selbstverwaltung verstößt gegen die den bundesverfassungsgesetzlichen Vorgaben der Art 120a bis 120c B-VG implizit zugrundeliegenden Prinzipien sozialer Selbstverwaltung.

[…]

2. Zur Verfassungswidrigkeit der Eignungsvoraussetzungen der Versicherungsvertreter

2.1 Die Eignungsvoraussetzungen der Versicherungsvertreter gemäß § 420 Abs 6 Z 5 iVm § 420 Abs 7 und 8 ASVG idF des Art 1 des SV-OG BGBl I Nr 100/2018

(51) Wie schon der Ministerialentwurf sieht auch das SV-OG in der letztlich beschlossenen in § 420 Abs 6 Z 5 ASVG zusätzliche fachliche Eignungsvoraussetzungen für Versicherungsvertreter vor. Danach sind von der Entsendung in das Amt eines Versicherungsvertreters/einer Versicherungsvertreterin ausgeschlossen:

'5. Personen, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter/innen samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist.'

(52) § 420 Abs 7 und 8 SV-OG lauten:

(7) Den Eignungstest nach Abs 6 Z 5 hat eine Prüfungskommission durchzuführen, die beim Dachverband einzurichten ist. Die Mitglieder dieser Kommission sind von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen.

(8) Die Prüfungskommission nach Abs 7 besteht aus drei Mitgliedern. Als Prüfer/innen für die Gegenstände 'Organisationsrecht der Sozialversicherung', 'Strukturen der Selbstverwaltung und Aufsichtsrecht', 'Rechte und Pflichten der Versicherungsvertreter/innen', 'Leistungsrecht der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung' sowie 'Melde-, Versicherungs- und Beitragswesen' sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu bestellen. Als Prüfer/innen für die Gegenstände 'Finanzierungsströme der öffentlichen Hand' und 'Grundzüge der Buchhaltung und Bilanzierung sowie volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen' sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen zu bestellen. Näheres über die Organisation der Prüfungskommission sowie über die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festzusetzen.'

(53) Im Ministerialentwurf waren noch Akademiker der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften oder Personen mit 'Fachausbildung der Sozialversicherungsträger' (wobei aktuelle Bedienstete der SV von dieser Funktion ausgeschlossen sind) oder Geschäftsführer von juristischen Personen mit mindestens fünfjähriger Tätigkeit vom Eignungstest befreit. Derartige Befreiungstatbestände sind nunmehr im SV-OG nicht mehr vorgesehen; sie wurden in eine Verordnungsermächtigung an die Bundesministerin ausgelagert.

(54) Der Eignungstest soll von einer vom Bundesminister für ASGK und vom Bundesminister für Finanzen einvernehmlich zu bestellenden, beim Dachverband einzurichtenden dreiköpfigen Prüfungskommission abgelegt werden und besteht — wie aus dem Gesetzestext entnommen werden kann – aus Prüfungen des gesamten Sozialversicherungsrechts und von Teilgebieten aus der Volkswirtschafts- bzw Betriebswirtschaftslehre.

2.2 Verfassungswidrigkeit der Anforderungen

(55) Diese Anforderungen sind verfassungswidrig, weil sie dem Prinzip der bei der indirekten Wahl bzw Entsendung aus dem Kreis der versicherten Personen zu beachtenden demokratischen Grundsätze widersprechen:

Für die demokratische Legitimation der Organe der Selbstverwaltung ordnet der Verfassungsgesetzgeber die Wahl bzw Bestellung der Versicherungsvertreter aus dem 'Kreis der Versicherten nach demokratischen Grundsätzen' (vgl Art 120c Abs 1 B-VG) an. Demokratischen Grundsätzen liegt das theoretische Modell der so weit als möglich gezogenen Identität von Herrschern und Beherrschten zugrunde;

Politische Gleichheit ist ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Idee.

Art120c Abs 1 B-VG ordnet also an, dass (zumindest) grundlegende demokratische Grundsätze auch für die Selbstverwaltung gelten. Art 120c Abs 1 B-VG ist so zu verstehen, dass im Falle von abgeleiteten Wahlen sich auch die Fähigkeit, zwecks Herstellung von deren demokratischer Legitimation in Organe der Selbstverwaltung entsendet zu werden, nach den für die Wahlen in die gesetzlichen beruflichen Vertretungen geltenden Prinzipien bestimmt. Grundlegende demokratische Grundsätze sind daher auch bei der Regelung der Entsendungsfähigkeit zu beachten.

Das grundlegende Prinzip der demokratischen Legitimation besteht darin, den Kreis der Verwalteten und den der potentiellen Verwalter (zur Wahrung der verfassungsrechtlichen Voraussetzung 'aus dem Kreis der Mitglieder' in Art 120c Abs 1 B-VG) möglichst weitgehend ident zu halten. Dies schließt nicht aus, mit Blick auf die Aufgabenstellung der Selbstverwaltung bestimmte in der Person gelegene Eigenschaften der Versicherungsvertreter, wie zB die Unbescholtenheit und die Eigenberechtigung vorauszusetzen.

Mit Rücksicht auf die Interessenvertretungsfunktion mag auch ein Mindestalter oder eine bestimmte Dauer des Bestandes einer einschlägigen Pflichtversicherung sachlich sein. Es dürfen aber nicht Voraussetzungen normiert werden, welche den in Frage kommenden Personenkreis 'aus dem Kreis der Versicherten' so weit einschränkten, dass diese nur eine kleine Minderheit der zu Repräsentierenden erfüllt, sodass die überwältigende Mehrheit der Versicherten vom Recht, entsendet zu werden, ohne Ablegung der Prüfung ausgeschlossen bleibt.

(56) Die Voraussetzung des § 420 Abs 6 Z 5 widerspricht aus diesen Gründen der Anforderung der Bestellung 'aus dem Kreis der Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen':

Es wird nämlich erstens eine fachliche Eignung der Versicherungstreter verlangt, über die der Kreis derer, aus deren Mitte die Entsendung stattfinden muss, mit der Ausnahme weniger Spezialisten nicht verfügt, sondern die über 90% der Versicherten vielmehr erst erwerben müssen. Schon dies belastet die Regelung wegen Verstoßes gegen Art 120c Abs 1 B-VG mit Verfassungswidrigkeit.

Zweitens ist die Regelung aber auch inhaltlich völlig überzogen: Die fachliche Eignung erfordert den Erwerb hochspezialisierter juristischer Kenntnisse, nämlich auf dem gesamten Gebiet des Sozialversicherungsrechts und dem des Bundeshaushaltsrechts. Diese fachlichen Anforderungen sind schon deshalb durch nichts sachlich gerechtfertigt, weil es in den Organen der Selbstverwaltung in erster Linie auf die legitimierende Repräsentation der Interessen ankommt, denen das spezifische fachliche Know-How — soweit erforderlich — vom Büro beigestellt wird.

Drittens ist es für demokratische Legitimation typisch, dass bei Vorliegen aller persönlichen Voraussetzungen der Unbescholtenheit und eines Mindestalters bzw einer Mindestdauer der Pflichtversicherung die darüber hinausgehenden, insbesondere fachlichen Qualitäten ausschließlich von jenen zu beurteilen ist, die eine Liste aufstellen, die sich zur Wahl stellt oder aus dem Kreis der Versicherten eine Entsendung vorzunehmen hat. Nur die Entsendungsberechtigten haben zu beurteilen, von welchen Personen eine bestmögliche Wahrnehmung der Interessen der versicherten Personen zu erwarten ist, nicht aber von einer Kommission welcher Experten auch immer und unter welchem organisatorischen Dach auch immer. Denn die demokratische Legitimation ist nach Lehre und Rechtsprechung des VfGH ein 'Kerngedanke der Selbstverwaltung' und daher auch von dem in Art 120a B-VG verfassungsrechtlich gewährleisteten selbständigen Wirkungsbereich erfasst. Der Vollzug der die demokratische Legitimation von Selbstverwaltungskörpern sicherstellenden Regelungen hat daher auch durch Organe der Selbstverwaltung zu erfolgen, weshalb die Regelung über die Bestellung der Mitglieder der Prüfungskommission für die 'fachliche Eignung' von Versicherungsvertreter/Innen durch die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen in § 420 Abs 7 jedenfalls als verfassungswidrig zu qualifizieren ist.

[…]

3. Zur Verfassungswidrigkeit der Dienstgeber-Parität in den Selbstverwaltungsorganen

(58) Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 17023/2003 (vgl B4.1.1.a) — Hauptverbandsreform – ausgesprochen, dass der Hauptverband den Selbstverwaltungskörper der Versicherungsträger darstellt, während die Versicherungsträger Selbstverwaltungskörper der Versicherten sind.

(59) Nur die nach dem ASVG versicherten Personen und Leistungsberechtigten sind 'geborene' Mitglieder der Selbstverwaltung der Gebietskrankenkassen. Dienstgeber sind unter dem für die Selbstverwaltung der Krankenversicherung unselbständig Erwerbstätiger maßgebenden Gesichtspunkten — ungeachtet ihrer mit den Dienstnehmern geteilten gesetzlichen Beitragsverpflichtung — lediglich Außenstehende:

(60) 'Dienstgeber sind nach dem ASVG in der Krankenversicherung der Unselbständigen weder krankenversichert noch leistungsberechtigt. Den als Selbstverwaltungskörper eingerichteten Krankenversicherungsträgern (wie mutatis mutandis auch den übrigen Versicherungsträgern) ist die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen der in ihnen zusammengeschlossenen Versicherten sowie im Besonderen der Vollzug der jeweiligen Sozialversicherungsgesetze (hier: des ASVG — wobei den sonach ergehenden Vollzugsakten z.T. Verordnungsqualität zukommt) im übertragenen wie auch im eigenen Wirkungsbereich zugewiesen. Die nach dem ASVG versicherten Personen und Leistungsberechtigten sind daher Mitglieder der Selbstverwaltung der Gebietskrankenkassen. Dienstgeber sind unter dem für die Selbstverwaltung der Krankenversicherung unselbständig Erwerbstätiger maßgebenden Gesichtspunkten Außenstehende im Sinne des Vorgesagten.'.

(61) Die Frage, ob auch Außenstehende Mitglieder eines Selbstverwaltungskörpers sein können[,] ist zunächst gedanklich von der Frage, ob sich die weisungsfreie Tätigkeit des Selbstverwaltungskörpers auf Außenstehende erstrecken darf, zu unterscheiden. Die vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochene Unzulässigkeit der Erstreckung der Tätigkeit eines Selbstverwaltungskörpers auf Außenstehende lässt sich aber insoweit umkehren, als daraus folgt, dass in jenen Organen des Selbstverwaltungskörpers, deren hoheitliche Tätigkeit Rechte und Pflichten der Mitglieder begründet oder ändert, Außenstehende (auch von der Aufsichtsbehörde entsendete Beamte) nicht beteiligt werden dürfen. Die (im Wesentlichen) verfassungsrechtlich insofern gebotene Identität der Verwalter und der Verwalteten, als Erstere aus dem Kreis der Letzteren kommen müssen, steht dem entgegen.

(62) Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob Außenstehende, die unter dem Aspekt der vom Selbstverwaltungskörper verwalteten Angelegenheiten mangels gleichgerichteter Interessen oder Betroffenheit keine Verbandsangehörigen sind, zu (weiteren), die Selbstverwaltung legitimierenden Mitgliedern des Selbstverwaltungskörpers gemacht werden können.

(63) Vor dem Hintergrund der Merkmale eines Selbstverwaltungskörpers, nämlich im Wesentlichen Personen mit überwiegend gleichgerichteten Interessen an dem Gegenstand, den der Selbstverwaltungskörper verwaltet, zur weisungsfreien Besorgung dieser Angelegenheiten zusammenzufassen und diese solcherart gesetzlich gebildete Entität mit demokratisch legitimierten Organen auszustatten, lässt sich jedenfalls sagen, dass sich der oder die 'Außenstehende' dadurch auszeichnet und kennzeichnet, dass diese Personen von diesen gemeinsam verwalteten (ausschließlichen oder überwiegenden) Interessen der Verwalteten rechtlich entweder überhaupt nicht oder nur am Rande oder überhaupt nur von wirtschaftlichen Reflexwirkungen betroffen sind.

(64) Dies trifft auf die Dienstgeber zu, die zu nicht einmal einem Drittel der Mittel der Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen bloß an der Mittelaufbringung beteiligt sind, aber objektiv keine (rechtlich bedeutsamen) Interessen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Versicherung aufweisen. Es ist daher im Lichte der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes an sich verfassungswidrig, wenn die Dienstgeber an der Selbstverwaltung in der Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen nach dem ASVG beteiligt werden.

(65) Selbst wenn man aber die Zulässigkeit der Beteiligung Außenstehender an der Selbstverwaltung der Gruppe der Dienstnehmer trotz Fehlens der überwiegend gleichgerichteten Interessen bejaht, dann kann dies unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten aber auch unter den Gesichtspunkten der Art 120a ff B-VG nicht bedeuten, dass Außenstehenden und in ihren Interessen abweichenden oder vom verwalteten Gegenstand gar nicht Betroffenen jedwede Mitsprache in der Selbstverwaltung der betreffenden Interessensgruppe eingeräumt werden dürfte. Denn ihre Beteiligung steht jedenfalls in einem Spannungsfeld zur Anforderung, dass nur 'im Wesentlichen gleichgerichtete Interessen' zwecks Selbstverwaltung zusammengefasst werden dürfen.

(66) 'Außenstehende dürfen daher weder gleichgestellt sein, noch darf den Außenstehenden ein maßgeblicher Einfluss auf die ordentliche Geschäftsführung des Selbstverwaltungskörpers zukommen, gerade weil die legitimen Interessen Außenstehender an der Beteiligung definitionsgemäß ganz andere sind, als die im wesentlichen gleichgerichteten Interessen, welche die Zusammenfassung der von diesen Interessen Betroffenen zu einem Selbstverwaltungskörper rechtfertigen. Die Repräsentation und Verfolgung der Interessen Außenstehender darf die Durchsetzung der Kerninteressen des Selbstverwaltungskörpers nach dem Maßstab des Sachlichkeitsgebots des Gleichheitssatzes nicht gefährden.'

(67) Ihre Mitsprachemöglichkeit wird — gemessen an ihrem rechtlichen Interesse an der Tätigkeit der Selbstverwaltung — deutlich hinter jenem der 'eigentlich Verwalteten' zurückbleiben müssen.

(68) In die gleiche Richtung argumentieren die Verfassungsexperten Peter Bußjäger und Christof Schramek:

'Auch wenn sich der VfGH in VfSlg 17.023/2003 nicht dazu geäußert hat, wie das Repräsentationsverhältnis von Dienstnehmern und Dienstgebern in den Gremien beschaffen sein muss, und von einem gewissen rechtspolitischen g[G]estaltungsspielraum auszugehen ist, ist allerdings auch dieser Rechtsprechung zu entnehmen: Die Zusammensetzung der Gremien muss sachlich begründet sein und muss den spezifischen Interessenslagen Rechnung tragen. Diese sind, wie schon dargestellt, bei den Dienstnehmern gegenüber den Dienstgebern von einem deutlichen Übergewicht geprägt. Die spezifische Interessenslage der Dienstnehmer als Beitragszahler und l[L]eistungsberechtigte spiegelt auch die historische Entwicklung der Vertretung in den Gremien der Gebietskrankenkasse wider, die stets von einem klaren Übergewicht der Dienstnehmervertreter geprägt war. Diese Rechtslage ist vom VfGH niemals beanstandet worden.

(69) Anders gewendet: das Fehlen gleichgerichteter Interessen am Hauptgegenstand der Selbstverwaltung, das einer uneingeschränkten und gleichberechtigten Einbeziehung in die Selbstverwaltung sowohl unter dem Gesichtspunkt verfassungsrechtlicher Anforderungen an die Einrichtung der Selbstverwaltung (im Wesentlichen gleichgelagerte Interessen) als auch nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes entgegenstünde, darf nicht durch die Hintertür der Beteiligung aufgrund einer sonstigen rechtlichen Betroffenheit zum selben Ergebnis führen.

(70) Entschließt sich der Gesetzgeber, Außenstehenden, deren Interessen durch die Tätigkeit der Selbstverwaltung berührt werden, an der Willensbildung der wesentlichen Organe zu beteiligen, dann ist daher als Schranke vorausgesetzt, dass die Grenzen zwischen Mitgliedern der Selbstverwaltung kraft gleichgerichteter Interessen und jenen Personen, deren andersgeartete Interessen gleichwohl durch die Tätigkeit der Selbstverwaltung berührt werden, nicht verschwimmen dürfen. Außenstehende dürfen daher als 'gekorene' nicht den 'geborenen' Mitgliedern der Selbstverwaltung gleichgestellt sein. Dies bedeutet, dass den Außenstehenden kein maßgeblicher Einfluss auf die ordentliche Geschäftsführung des Selbstverwaltungskörpers zukommen darf, und zwar gerade weil die legitimen Interessen Außenstehender an der Beteiligung definitionsgemäß ganz andere sind, als die im wesentlichen gleichgerichteten Interessen, welche die Zusammenfassung der davon Betroffenen zu einem Selbstverwaltungskörper rechtfertigen. Die Repräsentation und Verfolgung der Interessen Außenstehender darf die Durchsetzung der Kerninteressen des Selbstverwaltungskörpers nach dem Maßstab des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitssatzes nicht gefährden.

(71) Es wird also einerseits eine ausreichend enge sachliche Beziehung dieser Außenstehenden zu den Aufgaben des betreffenden Selbstverwaltungskörpers erforderlich sein und es muss sichergestellt sein, dass die Identität der Verwalter mit dem Kreis der Verwalteten dessen ungeachtet im Wesentlichen erhalten bleibt; letzteres bedeutet die verfassungsrechtliche Grenze einer bloßen Minderheitsbeteiligung (ausgedrückt im Anteil der Vertreter der Außenstehenden im Verhältnis zu den Vertretern der eigentlich verwalteten Mitglieder) und die Einräumung eines nur schwachen Einflusses (ausgedrückt in Abstimmungsquoren). Als 'schwach' kann ein Einfluss wohl nur dann gelten, wenn kein maßgebender Einfluss auf die Willensbildung, insbesondere also keine Blockade der Selbstverwaltungsorgane in Angelegenheiten der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit möglich ist.

(72) Die von 1927 bis zum SV-OG unter demokratischen Verhältnissen jeweils geltende Beteiligung der Dienstgeber im Ausmaß von einem Fünftel der Mandate (und sogar im 'Ständestaat' von einem Anteil von einem Drittel) ist — gemessen am Verhältnis der Anzahl Dienstnehmer beschäftigender Dienstgeber zur Anzahl der versicherten Dienstnehmer — bereits ein Entgegenkommen des Gesetzgebers den Dienstgebern gegenüber, die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl nur mit einem Siebtel oder einem Achtel an der Selbstverwaltung beteiligt sein dürften, weil den 3,6 Millionen Beschäftigten 529.693 selbständig Erwerbstätige gegenüberstehen, die WKO-Mitglieder sind, wovon überhaupt nur rund 155.000 auch Dienstnehmer/innen beschäftigen. Die strenge Anwendung der Grundsätze des Verhältniswahlrechts würde also dazu führen, dass die Beteiligung der Dienstgeber noch deutlich geringer sein müsste, als ein Fünftel der Mandate. Bei einem Fünftel der Mandate ist gerade noch die nach der herrschenden Lehre zu beachtende verfassungsrechtliche Grenze gewahrt, dass den Dienstgebern kein maßgebender Einfluss auf die laufende ordentliche Geschäftsführung des Selbstverwaltungskörpers zukommen darf.

(73) Selbst wenn man aber — unzulässigerweise auf Grundsätze des Zensuswahlrechtes des 19. Jahrhunderts zurückgreifend — die von den Dienstgebern entrichteten Beiträge als Maßstab nähme (wie dies die Bundesregierung in Äußerungen mitunter argumentiert hat) kommt man nicht annähernd auf die Parität: nach den vorliegenden Daten des Jahrs 2017 betragen die Beiträge der Dienstgeber zu den Erträgen der Krankenversicherung nach dem ASVG gerade einmal EUR 3,9 Milliarden — von insgesamt EUR 13,7 Milliarden. Damit haben die Dienstgeber gerade einmal 28,9% aller Mittel zur Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen beigetragen.

(74) Angesichts dessen, dass Pensionsbezieher nach dem ASVG — wie die Dienstnehmer - [–] nicht nur zum Kreis der Beitragszahler, sondern auch zum Kreis der versicherten Personen zählen, läge es gemessen am Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes wesentlich näher, diese Personengruppe, die nach dem SV-OG vom Stimmrecht zur Gänze ausgeschlossen ist, mit Sitz und Stimme in die Selbstverwaltung einzubeziehen, als die Dienstgeber. Anders gewendet: wenn eine so große Gruppe der Beitragszahler und Leistungsberechtigten in den Organen der Selbstverwaltung nicht stimmberechtigt ist, dann fehlt an sich jede sachliche Rechtfertigung für eine sogar paritätische Beteiligung einer Gruppe, die für sich nur ins Treffen führen kann, dass sie nicht einmal ein Drittel der Mittel beisteuert, ansonsten aber nicht betroffen ist.

(75) Es ist auch nicht zulässig, auf diese entscheidende Weise von jenem System der Selbstverwaltung abzugehen, das der Verfassungsgesetzgeber der Art 120a ff B-VG im Jahre 2008 vorgefunden hat (nämlich eine Selbstverwaltung in der Organisation der Pflichtversicherung der Dienstnehmer/innen, in der die Dienstnehmer/innen stets eine Mehrheit von zwei Drittel in der Pensionsversicherung und von vier Fünftel in der Krankenversicherung haben, ausgenommen die Unfallversicherung) und das er im Rahmen der B-VG Novelle BGBl I Nr 2/2008 kodifizieren wollte.

(76) Der Gesetzgeber ist unter dem Sachlichkeitsgesichtspunkt verpflichtet, die zweifache Interessenlage der Versicherten als Beitragszahler und Leistungsempfänger gegenüber der 'einfachen' Interessenlage der Dienstgeber als weitere Beitragszahlende zu berücksichtigen. Würde man es hingegen für im Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers gelegen beurteilen, Dienstgeber/innen und Dienstnehmer/innen ungeachtet ihrer objektiv deutlich unterschiedlichen Interessenslage als (Nur-) Beitragszahler/innen auf der einen und als Beitragszahler/innen (in insgesamt deutlich größerem Ausmaß als die Dienstgeber/innen) und Versicherte auf der anderen Seite in gleichgewichtiger Vertretung in die Organe der Selbstverwaltung zu berufen, würde die Aufgabe jeglichen Maßstabs für die demokratische Legitimation bedeuten. Wenn weder die Anzahl der Köpfe noch die Unterschiede in den Interessen zu berücksichtigen wären, dann läge die Verteilung der Mandate der beiden Gruppen im Rahmen der demokratischen Legitimation völlig im Belieben des Gesetzgebers. Denn es gibt keinen Maßstab, der zu[r] Vertretbarkeit einer hälftigen Vertretung der Dienstgeber/innen in der Pflichtversicherung der Dienstnehmer/innen führen würde. Es kann vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich geprägten Begriffs der Selbstverwaltung der Versicherten, wie dies der VfGH zutreffend den Versicherungsträgern zugeschrieben hat (VfSlg 17.023/2003 — Hauptverbandsreform), nicht sein, dass für die Festlegung des Mandatsverhältnisses zwischen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern einerseits sowie Dienstgeberinnen und Dienstgebern andererseits in der Selbstverwaltung der KV der unselbständig Erwerbstätigen überhaupt kein Maßstab gelten würde, der eine klare Differenzierung zwischen jenen, deren Ansprüche aus der KV 'selbstverwaltet' werden sollen und jenen, die lediglich einen (geringen) Teil der Finanzierung besorgen, erlauben würde, mit dem Ergebnis, dass bis zur Grenze der Parität verfassungsrechtlich gleichsam alles erlaubt wäre. Einen solchen Maßstab sieht der Gesetzgeber übrigens selbst in der Mandatsverteilung in der VA der öffentlich Bediensteten (künftig auch der Eisenbahner und des Bergbaus) selbst vor, nämlich verhältnismäßig nach Köpfen (vgl § 133 Abs 2 B-KUVG). Dieser Maßstab muss daher in dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Ordnungssystem folgerichtig auch für die Mandatsverteilung zwischen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern bzw Dienstgeberinnen und Dienstgebern im ASVG maßgebend sein, soll es nicht zu einer völligen Verzerrung bei der Willensbildung der Selbstverwaltung kommen.

(77) Rudolf Müller entlarvt zutreffend die Anwendung mathematischer Taschenspielertricks bei dem Versuch, die nunmehrigen Dienstgeberparität politisch zu rechtfertigen:

(78) 'Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das zur Rechtfertigung des Vorhabens paritätischer Besetzung mitunter in der Diskussion ins Treffen geführte Argument, eine Vereinigung der Organe, die bisher 1:4 bzw 4:1 besetzt waren zu einem paritätisch besetzten Organ seien gleichwertige Alternativen, gänzlich neben der Sache liegt: während das zugunsten der Dienstnehmer mit 4:1 besetzte Organ weitgehend unbehindert vom Fünftel-Anteil der Dienstgeber die Geschäfte führen kann, ist die Kontrollversammlung auf die Kontrolle, d.h. auf allfällige Einsprüche gegen das Verwaltungshandeln der übrigen Organe verwiesen. Soweit Zustimmungsrechte dazu führen können, auch Entscheidungen im Alltagsgeschäft der Personalbewirtschaftung erheblich zu verzögern, ist dieses zwar auch verfassungsrechtlich problematisch, die Mehrheit der Dienstnehmer im Geschäftsführungsorgan Vorstand kann sich aber — Rechtmäßigkeit des Vorhabens vorausgesetzt — notfalls im Rechtsweg durchsetzen. Dies wäre in einem paritätisch besetzten Organ nicht mehr der Fall, da von vornherein kein Beschluss gegen die Stimmen der Dienstgeber wirksam zustande kommen könnte.

(79) Der Gesetzgeber verstößt auch insoweit gegen den Gleichheitssatz, als er bei der demokratischen Legitimation der Selbstverwaltung im zweiten Sozialversicherungsträger der Dienstnehmer, nämlich in der VA der öffentlich Bediensteten (künftig auch der Eisenbahner und des Bergbaus) offenbar trotz gleicher Interessenslage von ganz anderen Maßstäben ausgeht und die Dienstgeber an der Selbstverwaltung (zurecht) nur in deutlich geringerem Ausmaß, nämlich im Ausmaß 3:7 beteiligt (V[v]gl. § 138 B-KUVG). Nur die versicherten Dienstnehmer/innen der ÖGK und PVA dürfen sich nicht selbst verwalten, sondern werden unter die Kuratel der Dienstgeber gestellt: die Repräsentanz von 155.000 Dienstgebern, die Dienstnehmer beschäftigen, soll künftig über die Gesundheitsversorgung von rund 7,1 Millionen versicherten Dienstnehmer/innen, Pensionist/inn/en und deren Angehörigen bestimmen. Dies entspricht nicht mehr den in den Art 120a ff B[.]-VG niedergelegten Prinzipien der demokratischen Selbstverwaltung, also der Verwaltung durch die Verwalteten.

(80) Für sich allein verfassungswidrig ist auch die Regelung über die Vorsitzführung: § 430 Abs 2 ASVG idF des SV-OG BGBl Nr I 100/2018[,] sieht in diesem Zusammenhang vor, dass der Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Pensionsversicherungsanstalt aus seiner Mitte zu Beginn jeder Amtsperiode auf Vorschlag der Gruppe der Dienstnehmer/innen und auf Vorschlag der Gruppe der Dienstgeber/innen je einen Obmann/eine Obfrau aus der Dienstnehmer/innen- und aus der Dienstgeber/innengruppe zu wählen hat. Diese führen abwechselnd jeweils für die Dauer von sechs Monaten den Vorsitz. Für die Wahl sind jeweils die einfache Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates sowie die einfache Mehrheit der Gruppe erforderlich, der die zu wählende Person angehört. Bei Stimmengleichheit entscheidet die einfache Mehrheit in der Gruppe jener Versicherungsvertreter/innen, der die zu wählende Person angehört. Der/Die den Vorsitz nicht führende Obmann/Obfrau ist Stellvertreter/in des/der den Vorsitz führenden Obmannes/Obfrau. Damit wird der 'Machtübernahme' der Dienstgeber in der Selbstverwaltung der Versicherten insofern die Krone aufgesetzt, als die Dienstgeber die Selbstverwaltung der Dienstnehmer aufgrund der Geschäftsführungsbefugnis des Vorsitzenden sogar dominieren können. Dies insbesondere im Zusammenhang mit § 432 Abs 1 ASVG[,] wonach der Verwaltungsrat einzelne seiner Obliegenheiten dem Obmann/der Obfrau übertragen kann. Dasselbe gilt gem. § 430 Abs 3a für die Hauptversammlung und gemäß § 430 Abs 4 für die Landesstellenausschüsse.

(81) Verschärft wird dies dadurch, dass § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG den Dienstgeber/inne/n den Vorsitz schon im Überleitungsausschuss überträgt (vgl § 538u Abs 2 ASVG), sodass die Übermacht der Dienstgeber vom bis — sohin in der gesamten Phase der maßgeblichen Fusionsentscheidungen — andauert.

[…]

4. Zur Verfassungswidrigkeit der Eingriffe in die Selbstverwaltung

4.1 Unverhältnismäßige Eingriffe durch Aufsichtsmittel des Bundes

4.1.1 Bisherige Rechtslage — verfassungsrechtlicher Rahmen

(83) Die Selbstverwaltungskörper haben gem. Art 120b Abs 1 B-VG das Recht, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen und im Rahmen der Gesetze Satzungen zu erlassen. Dem Bund oder dem Land kommt ihnen gegenüber nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung ein Aufsichtsrecht zu. Darüber hinaus kann sich das Aufsichtsrecht auch auf die Zweckmäßigkeit der Verwaltungsführung erstrecken, wenn dies auf Grund der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erforderlich ist.

(84) Diese verfassungsrechtlichen Schranken bedeuten, dass grundsätzlich eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Aufsichtsbehörde unproblematisch, eine Zweckmäßigkeitskontrolle jedoch nur in wichtigen Angelegenheiten zulässig ist (vgl dazu die Materialien ErlAB 370 BIgNR 23 GP, 5 mit dem ausdrücklichen Hinweis auf § 449 ASVG).

(85) Die Rechtslage, an welche die B-VG-Novelle BGBl I Nr 2/2008 angeknüpft hat, sah in § 449 Abs 1 ASVG vor, dass die Aufsichtsbehörde die Gebarung der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) zu überwachen und darauf hinzuwirken haben, dass im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Sie können ihre Aufsicht auf Fragen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erstrecken; sie sollen sich in diesen Fällen auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger (des Hauptverbandes) nicht unnötig eingreifen. Die Aufsichtsbehörden können in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben. § 499 Abs 2 sah bestimmte Einsichtsrechte der Aufsichtsbehörde und Auskunftspflichten der Versicherungsträger vor.

(86) § 449 Abs 3 ASVG sah vor, dass die Aufsichtsbehörde verlangen kann, dass die Verwaltungskörper mit einer bestimmten Tagesordnung zu Sitzungen einberufen werden. Wird dem nicht entsprochen, so kann sie die Sitzungen selbst anberaumen und die Verhandlungen leiten. Sie kann zu allen Sitzungen Vertreter entsenden, denen beratende Stimme zukommt.

(87) Die Aufsichtsbehörde ist gemäß § 449 Abs 4 ASVG ferner berechtigt, die Versicherungsträger (den Hauptverband) amtlichen Untersuchungen zu unterziehen, wobei sie sich bei Untersuchungen der Versicherungsträger der Mitwirkung des Hauptverbandes sowie geeigneter Sachverständiger bedienen kann. Dieser Bestand von Aufsichtsmitteln wurde vom Verfassungsgesetzgeber vorgefunden und ist daher jedenfalls zulässiger Bestand der Aufsichtsrechte. Die Aufsichtsbehörde war auch zur Erlassung von Bescheiden bei Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder gemäß § 450 Abs 1 ASVG zuständig.

(88) Zur Frage der Zweckmäßigkeitsaufsicht war in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeitet worden, dass bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit in einer wichtigen Frage zu berücksichtigen sei, dass durch die Aufsichtstätigkeit in das Eigenleben und die Selbstverantwortung des Versicherungsträgers nicht unnötig eingegriffen werden solle.

(89) Mit der vom Gesetzgeber vorgesehenen Einrichtung der Sozialversicherungsträger in der Organisationsform der Selbstverwaltung, d.h. weisungsfrei gegenüber dem Bundesminister (vgl dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G222/02, G1/03), stünde eine Zweckmäßigkeitskontrolle, die in jede vom Bundesminister als unzweckmäßig empfundene Entscheidung eingreifen und damit in jeder Hinsicht dem Willen der Aufsichtsbehörde zum Durchbruch verhelfen könnte, in Widerspruch. Soweit daher § 449 Abs 1 ASVG die Aufsichtsbehörde ermächtigt, die Aufsicht auch auf Fragen der Zweckmäßigkeit zu erstrecken, ihr gleichzeitig aber aufträgt, in 'das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger nicht unnötig' einzugreifen, kommt im Gesetz zum Ausdruck, dass Beschlüsse der Organe der Selbstverwaltung nur insoweit einer Zweckmäßigkeitskontrolle unterliegen, als sie (erstens) entsprechend dem Gesetzeswortlaut 'wichtige Angelegenheiten' betreffen und als sie (zweitens) die von dem jeweiligen Beschluss angestrebten (oder anzustrebenden) Ziele offenkundig verfehlen, d.h. grob zweckwidrig sind. Bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit eines Beschlusses eines Verwaltungskörpers sind in die dabei anzustellenden (abwägenden) Überlegungen ua auch die vom Vorhaben des Versicherungsträgers berührten finanziellen Interessen des Bundes mit einzubeziehen, der Maßstab für die Untersuchung des Beschlusses auf allfällige grobe Zweckwidrigkeit selbst erfährt aber dadurch keine Veränderungen:

(90) Die Zweckmäßigkeit ist anhand der vom jeweiligen Sozialversicherungsträger insgesamt wahrzunehmenden öffentlichen Aufgaben und Interessen zu beurteilen. Ein Vorhaben muss jedenfalls nicht schon deshalb als grob zweckwidrig zu beurteilen sein, weil finanzielle Bundesinteressen (negativ) berührt werden. Dafür bot die Gesetzeslage bis zum SV-OG keinen Anhaltspunkt. Den Organen der Selbstverwaltung kam bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit der beabsichtigten Maßnahmen und Vorhaben somit nach dem Sinn des Gesetzes eine Einschätzungsprärogative zu, der die Aufsichtsbehörde — abgesehen von der ihr in erster Linie obliegenden Rechtmäßigkeitsaufsicht — nur unter der Voraussetzung mit Erfolg entgegenzutreten vermochte, dass eine grobe Verfehlung der von der Selbstverwaltung nach dem Gesetz grundsätzlich eigenverantwortlich zu berücksichtigenden Zielvorgaben vorgelegen war ( VwSlg 16258 A/2003).

(91) Der Begriff des Erforderlichen in Art 120b Abs 1 B-VG zeigt — abgesehen davon, dass dies nach versteinerungstheoretischen Gesichtspunkten ebenfalls vorauszusetzen wäre –, dass der Verfassungsgesetzgeber diese Grenzen der Aufsicht über die Selbstverwaltung in das B-VG übernehmen wollte; denn dieser Begriff bedeutet in der Terminologie des B-VG, dass ein sehr strenger Standard (im Sinne von 'unerlässlich') anzulegen ist , weshalb schon aus dem Wortsinn der verfassungsrechtlichen Vorgaben auf die Gewährleistung eines weiten Gestaltungsspielraums der Selbstverwaltungskörper bei Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgaben zu schließen ist. Jedenfalls untersagt ist daher eine 'leitende Aufsicht'.

4.1.2 Verfassungswidrige Ausweitung der Zweckmäßigkeitskontrolle

(92) Daher dürfen die gesetzlichen vorgesehenen Aufsichtsmittel der Zweckmäßigkeitskontrolle nicht zu 'eingriffsintensiv' sein. Staatliche Aufsicht im Sinne von Art 120b B-VG hat sich auf 'die Überwachung, insbesondere die präventive, begleitende oder nachträgliche Korrektur von Fehlverhalten der beaufsichtigten Instanz' zu beschränken und darf nicht selbst die 'Verwaltungsführung' vornehmen. Das ist — soweit ersichtlich — einhellige Lehre.

(93) Diesen Grundsätzen genügt die durch das SV-OG neu geschaffene Rechtslage nicht.

(94) Das SV-OG lässt § 449 Abs 1 ASVG in dem Satz unberührt, in dem die Zweckmäßigkeitskontrolle auf wichtige Angelegenheiten beschränkt, wird, definiert jedoch in § 449 Abs 2 diese 'wichtigen' Angelegenheiten auf eine Weise, die es der Aufsichtsbehörde — entgegen der bundesverfassungsrechtlichen Schranke des Art 120b Abs 1 B-VG — gestattet in die laufende Geschäftsführung eines Sozialversicherungsträgers nach Belieben einzugreifen:

(95) Dies gilt schon für den in § 449 Abs 2 erster Satz ASVG vorgesehenen Eingriff in Beschlüsse, die — obwohl rechtmäßig — in den finanziellen Auswirkungen ein Ausmaß von EUR 10 Millionen innerhalb eines Jahres oder gar bloß innerhalb von 5 Kalenderjahren übersteigen. Bei einem jährlich bewegten Budget von über EUR 15 Milliarden allein in der Krankenversicherung zählen Beschlüsse, die EUR 10 Millionen in einem oder gar nur in fünf Jahren 'bewegen' zum Alltagsgeschäft eines großen Versicherungsträgers, wie der Österreichischen Gesundheitskasse. Damit werden praktisch alle für die Erfüllung des Versorgungsauftrages relevanten Beschlüsse in das Aufsichtsregime einbezogen. Eingriffe in das Alltagsgeschäft kommen aber einem unzulässigen Eingriff in die Geschäftsführungstätigkeit des Versicherungsträgers gleich.

(96) Diese Bestimmung ist aber auch aus einem weiteren Grund verfassungswidrig: Eine betragsmäßige Fixierung, die den budgetären Verhältnissen des jeweiligen Versicherungsträgers nicht angepasst ist, widerspricht auch dem Gleichheitssatz. Die Betragsgrenze gilt in ganz gleicher Weise, obwohl diese Grenze bei krass unterschiedlichen Trägerbudgets eine entsprechend unterschiedliche Bedeutung für das tägliche Geschäft hat. Es handelt sich also um eine geradezu klassische verfassungswidrige Gleichbehandlung von Ungleichem.



(97) Schließlich ist es aber auch unsachlich und gleichheitswidrig, wenn in § 448 Abs 4 zweiter Satz ASVG dem Vertreter des Bundeministers für Finanzen, der nicht Aufsichtsbehörde ist, gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers ein suspensives Einspruchsrecht nicht nur — wie bisher – in Angelegenheiten eingeräumt wird, die die finanziellen Interessen des Bundes berühren, sondern auch in wichtigen Fragen im Sinne des § 449 Abs 2, wenn also finanzielle Interessen des Bundes offenbar gar nicht berührt sind (sonst läge ja schon ein Einspruchsrecht nach dem ersten Fall dieser Gesetzesstelle vor), sondern wenn offenbar auf andere Weise gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen wird, im Ergebnis daher in Angelegenheiten, die nicht einmal zum Vollzugsbereich des Bundesmisters für Finanzen gehören.

[…]

4.1.3 Verfassungswidrige Überspannung des Begriffs 'wichtige Fragen'

(99) Die Grenzen des nach Art 120b B-VG Zulässigen überschreitet auch § 449 Abs 2 letzter Satz ASVG, wonach alle Angelegenheiten nach § 432 Abs 3 ASVG in der Fassung des SV-OG wichtige Fragen sind (und daher der uneingeschränkten Zweckmäßigkeitskontrolle unterliegen). Die in § 432 Abs 3 genannten Fragen, die einer doppelten Mehrheit bei Dienstgebern und Dienstnehmern bedürfen, sind:

'1. die dauernde Veranlagung von Vermögensbeständen;

2. der Abschluss von Verträgen mit den im Sechsten Teil bezeichneten und sonstigen Vertragspartner/inne/n, wenn diese Verträge eine wesentliche dauernde Belastung des Versicherungsträgers herbeiführen;

3. die Erlassung von Richtlinien nach § 84 Abs 6 über die Verwendung der Mittel des Unterstützungsfonds;

4. der Abschluss von Landes-Zielsteuerungsübereinkommen nach dem G-ZG'.

(100) Die Z 1 und 2 leg. cit. betreffen privatrechtsgeschäftliche Dispositionen des Versicherungsträgers, wie zB die Genehmigung eines mit der Ärztekammer ausverhandelten Gesamtvertrages, aber auch den Abschluss eines Einzelvertrages mit einem Vertragsarzt, deren Zustandekommen vom Gesetzgeber gewollt ist und die daher auch nicht unzweckmäßig sein können. Es geht verfassungsrechtlich nicht an, dass rechtswirksame zivilrechtliche Vereinbarungen, wie ein Gesamtvertrag oder ein Einzelvertrag, die durch einen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien gekennzeichnet sind, und deren Inhalt daher im Kernbereich der Einschätzungsprärogative des Versicherungsträgers liegt, durch nachträglichen Eingriff der Aufsichtsbehörde zum Nachteil Dritter aus dem Vertrag berechtigter Personen, wie der Ärztekammer bzw der einzelnen Vertragsärzte, einfach rechtsunwirksam gemacht werden können. Dies kann noch dazu unbefristet während der gesamten Laufzeit eines solchen Vertrages geschehen, dann das Gesetz sieht für einen derartigen Eingriff keine zeitliche Beschränkung vor.

(101) Allein deshalb verstößt § 449 Abs 2 letzter Satz ASVG gegen Art 120b Abs 1 B-VG aber auch gegen das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes, ohne dass geprüft werden müsste, ob einzelne der in § 432 Abs 3 ASVG genannte[n] Aufgaben rechtens zu wichtigen Angelegenheiten erklärt werden dürften. Denn der Sitz der hier geltend gemachten Verfassungswidrigkeit ist zweifelsfrei die Aufsichtsregelung des § 449 Abs 2 und nicht die verwiesene Norm, die an der verwiesenen Stelle nur regelt, welchen Quorums die dort genannten Angelegenheiten bedürfen.

(102) Ein unzulässiger Eingriff in die Selbstverwaltung liegt aber auch darin, dass die Aufsichtsbehörde ohne näher determinierende rechtliche Voraussetzungen (es genügt nach dem Wortlaut des Gesetzes ein bloßes 'Verlangen') die Beschlussfassung über einen Tagungsordnungspunkt jedenfalls zweimal verhindern und damit in allen Angelegenheiten, die der Beschlussfassung eines Kollegialorgans bedürfen, nach Belieben verzögern kann. Diese undeterminierte Ermächtigung zum Eingriff in die Geschäftsführung der demokratisch legitimierten Kollegialorgane der Selbstverwaltung in allen Angelegenheiten widerspricht Art 120 b Abs 1 B-VG, aber auch dem Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG.

[…]

4.1.4 Verfassungswidriger Entzug der Kompetenz der Selbstverwaltung zur autonomen Gestaltung der (Muster-)Geschäftsordnung

(104) Gemäß § 456 a Abs 1 ASVG idF SV-OG haben die einzelnen Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes 'zur Regelung der Vorgangsweise bei der Wahrnehmung der ihnen obliegenden Geschälte für ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche Geschäftsordnungen zu beschließen, die insbesondere nähere Bestimmungen über die ordnungsgemäße Einberufung und Abwicklung der Sitzungen (Verhandlungsleitung, Berichterstattung, Antragsrechte, Protokollführung usw) zu enthalten haben'.

(105) Gemäß § 456 a Abs 4 ASVG idF SV-OG hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz bis längstens durch Verordnung für den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung eine 'Mustergeschäftsordnung' aufzustellen. Nach dem letzten Satz des § 456 a Abs 4 sollen diese Mustergeschäftsordnungen so lange 'unmittelbar als Geschäftsordnungen' für die genannten Verwaltungskörper gelten, bis von diesem eine Geschäftsordnung erlassen wurde.

(106) Die Erlassung einer Geschäftsordnung für die Organe der Selbstverwaltung ist demgegenüber eine innere Angelegenheit der Selbstverwaltung und von der Satzungsbefugnis im Sinne des Art 120b Abs 1 B-VG mit umfasst. Die Befugnis für ein staatliches Organ eine für die Versicherungsträger und den Dachverband verbindliche Mustergeschäftsordnung zu erlassen widerspricht den verfassungsrechtlichen Garantien der Selbstverwaltung.

(107) § 456a Abs 4 ASVG idF des SV-OG ist daher verfassungswidrig.

(108) Dies gilt daher auch für die mit der Erlassung einer Mustergeschäftsordnung korrespondierenden Genehmigungspflicht (gegenüber der bisherigen Verpflichtung, die Geschäftsordnungen bloß zur Kenntnis zu bringen) in § 456a Abs 2 ASVG idF des SV-OG.

[…]

4.2 Zwangsdelegation von Aufgaben von der Selbstverwaltung an das Büro

(110) Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 17023/2003 — Hauptverbandsreform, die Rollen zwischen Organen der Selbstverwaltung und anderen Organen, insbesondere dem 'Büro', verfassungsrechtlich in der Weise verteilt, dass zumindest das wichtige Organe der Selbstverwaltung demokratisch legitimiert sein muss und zwischen diesem Organ und allen anderen, demokratisch nicht legitimierten Organen eine Weisungshierarchie bestehen muss. Alle demokratisch nicht legitimierten Organe eines Selbstverwaltungskörpers sind daher weisungsmäßig der Selbstverwaltung unterzuordnen. Zu dieser Weisungs- und Steuerungsbefugnis (ausschließlich) der Selbstverwaltung zählt auch die Entscheidung darüber, welche Angelegenheiten dem Büro zur selbständigen Erledigung übertragen werden bzw — falls die Übertragung sich nicht bewährt — auch wieder an die Selbstverwaltung gezogen werden können.

(111) Ein Zwang zur Delegation bestimmter Angelegenheiten an das demokratisch nicht legitimierte Büro greift hingegen in die innere Organisationsbefugnis jener obersten Organe der Selbstverwaltung ein, die letztlich der Aufsicht des Bundes und damit auch der politischen Verantwortlichkeit für die Tätigkeit des Büros unterliegen, und entzieht diese Angelegenheiten dadurch auch weitgehend dem unmittelbaren Einfluss der Selbstverwaltung und damit auch der politischen Kontrolle der Aufsichtsbehörde. Dies zeigt schon der Umstand, dass dem Verwaltungsrat vom Büro zwar halbjährlich ein Bericht über die Geschäftsführung (eine darüber hinausgehende Berichtspflicht in den anderen zu übertragenden Angelegenheiten ist nicht einmal vorgesehen) zu erstatten ist, aber weder dem Verwaltungsrat noch der Hauptversammlung und schon gar nicht den Versicherungsvertretern Rechte eingeräumt sind, die gem. § 436 ASVG in der Fassung vor der Novelle BGBl I 100/2018 noch der Kontrollversammlung zugestanden sind: Es gibt weder eine Verpflichtung des Büros, Einschau zu gewähren, noch Aufklärungen zu geben oder Belege vorzulegen, noch die Buch- und Kassenführung überwachen zu lassen.

(112) Die Anordnung, bestimmte Angelegenheiten jedenfalls dem Büro zu übertragen, wie dies nach § 432 Abs 1 Z 1 bis 4 ASVG iVm § 456a Abs 3 ASVG intendiert ist, beschränkt daher die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Selbstverwaltung, wie sie in den Art 120a ff B-VG niedergelegt ist, über Gebühr.

(113) Das vom Gesetzgeber offenbar angestrebte Modell einer Kapitalgesellschaft, in der die Aufgaben der Selbstverwaltungsorgane einem Aufsichtsrat ähnlich stark reduziert und die Organe der Selbstverwaltung überdies der Kontroll- und Überwachungsrechte entkleidet sind, sodass nahezu die gesamte Geschäftsführungsmacht unkontrolliert und unkontrollierbar beim Büro liegt, widerstreitet dem verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass die wichtigen Organe demokratisch legitimiert sein müssen. Durch die zwingende Übertragung fast aller Personal- und Geschäftsführungsbefugnisse und damit des gesamten Leistungsrechts auf das Büro bei gänzlicher Freistellung des Büros von allen Kontroll- und Einsichtsbefugnissen der Selbstverwaltung wird in Wahrheit das Büro zu jenem wichtigen Organ, das demokratisch legitimiert zu sein hätte, dies aber nicht ist. Das 'Aufsichtsratsmodell' des Gesetzes widerspricht klar dem Konzept der Selbstverwaltung, wie es seit 130 Jahren den Typus der sozialen Selbstverwaltung ausmacht und wie sie der Verfassungsgesetzgeber 1920/1929 aber auch bei Normierung der Art 120a ff B-VG 2008 vorgefunden hat und kodifiziert wissen wollte.

(114) Daran ändert auch nichts, dass der Gesetzgeber gegenüber dem Ministerialentwurf in § 432 Abs 1 dritter Satz ASVG das Wort 'tunlichst' eingefügt hat, da die (wahre) Absicht des Gesetzgebers klar aus § 456a Abs 3 ASVG hervorgeht, der vorsieht, dass die Delegation der Angelegenheiten des § 432 Abs 1 dritter Satz (beinhaltend Z 1 bis 4) ASVG zwingend im Anhang zur Geschäftsordnung vorzukommen zu haben. Das setzt aber voraus, dass die 'tunlichst' vorzunehmenden Delegationen auch tatsächlich erfolgt sind, da andernfalls ein solcher Anhang zur Geschäftsordnung nicht existent wäre. 'Tunlichst' bedeutet, dass nur die 'Untunlichkeit' der Delegation entgegenstehen kann. Demgegenüber bedeutet aber schon der Verlust des freien Ermessens der Organe der Selbstverwaltung in der Frage der Delegation von Angelegenheiten an das Büro nicht nur einen verfassungswidrigen Eingriff in den Kernbereich der Selbstverwaltung, sondern auch den Verlust der Möglichkeit, Angelegenheiten wieder an sich ziehen zu können. Diese Möglichkeit ist aber essentiell dafür, dass auch delegierte Angelegenheiten der wirksamen Kontrolle der Aufsicht unterliegen können, da sich diese ausschließlich auf die Selbstverwaltungsorgane, nicht aber auf das Büro bezieht. Es liegt auch ein dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitssatzes widersprechender Systemwiderspruch darin, wenn auf der einen Seite die Zweckmäßigkeitsaufsicht auf alltägliche Geschäftsführungsmaßnahmen ausgedehnt werden soll, gleichzeitig aber der Selbstverwaltung zentrale Kompetenzen der Geschäftsführung und der Personalbewirtschaftung zugunsten des Büros entzogen werden sollen.

(115) Die Verfassungswidrigkeit ergibt sich somit aus dem Zusammenspiel der genannten Bestimmungen.

[…]

4.3 Beschränkung der finanziellen Gebarung durch Ausgliederung der Prüfbefugnis der Krankenversicherung an eine staatliche Behörde

4.3.1 Bisherige Rechtslage

(117) Die Beitragsverwaltung, das heißt die Erfassung der Beitragspflichtigen, die Vorschreibung von Beiträgen, ihre Einhebung und Verbuchung und die Kontrolle der Beitragsentrichtung, ist somit wesentlicher Bestandteil ihrer autonomen Geschäftsführung. Mit der Beitragsverwaltung verbunden sind zahlreiche weitere Tätigkeiten, etwa die Entgegennahme von Meldungen, die treuhändige Einhebung weiterer Abgaben oder Umlagen[,] die Weitergabe von Informationen über die Versicherungsverhältnisse und vieles mehr.

(118) Seit Jänner 2019 erfolgt eine Neugestaltung des Melde- und Beitragsabrechnungssystems in der Form der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung, die mit erheblichen Investitionen im Bereich der Sozialversicherung aber auch bei den Dienstgebern sowie Lohnsoftwareherstellern verbunden war. Nach den Erwartungen des Gesetzgebers soll dieses neue Meldesystem eine deutliche Verbesserung für die Dienstgeber und eine Optimierung der Verfahrensabläufe bringen.

(119) Für die Sicherung der Einnahmen der SV und die Effizienz des Gesamtsystems von zentraler Bedeutung ist die Beitragsprüfung (Sozialversicherungsprüfung). Sie umfasst nach § 41 a ASVG (ähnlich den Prüfungsrechten nach § 42 ASVG) insbesondere die Prüfung der Einhaltung der Meldeverpflichtungen in allen Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten und der Beitragsabrechnung, die Prüfung der Grundlagen von Geldleistungen (Krankengeld, Wochengeld, Arbeitslosengeld usw) sowie die Beratung in Fragen von Melde-, Versicherungs-und Beitragsangelegenheiten. Seit 2003 wird die Beitragsprüfung als Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) von den KVTr gemeinsam mit der Finanzverwaltung durchgeführt, die auch die Lohn- und Kommunalsteuerprüfung umfasst, wobei im Regelfall jeweils ein Prüfungsorgan eingesetzt wird, das als Organ der jeweils zuständigen Behörde bzw des KVTr tätig wird. Der Prüfungsauftrag ist von jenem KVTr zu erteilen, der die Prüfung durchführt (§41 a Abs 3 ASVG).

4.3.2 Die Ausgliederung der Beitragsprüfung aus der Selbstverwaltung

(120) Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge erlassen wird und das Einkommensteuergesetz 1988, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Gesetz über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung — ZPFSG) sieht in Art 1 (beinhaltend das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge -PLABG) die Einrichtung eines einheitlichen Prüfdienstes für die Prüfung lohnabhängiger Steuern und Abgaben vor, der beim Finanzministerium angesiedelt sein soll. Er soll die bisherige in Form der GPLA durch die GKK durchgeführte Sozialversicherungsprüfung ersetzen. Dazu sind auch Änderungen des ASVG sowie des EStG 1988 und des KommStG 1993 vorgesehen.

(121) Systematisch ist dieses legistische Vorhaben mit der umfassenden Organisationsreform der österreichischen SV verknüpft. Sie betrifft die Beitragsverwaltung hauptsächlich deshalb, weil in diesem Rahmen die Fusion der GKK zur bundesweiten ÖGK als künftigem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung für die unselbständig Beschäftigten und die damit zusammenhängende Beitragsverwaltung vorgesehen ist.

(122) Dem im Bundesministerium für Finanzen einzurichtenden Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge, dessen Wirkungsbereich sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt (§1 PLABG), soll künftig die Sozialversicherungsprüfung nach dem (neu zu fassenden) § 41 a ASVG obliegen, das heißt die Prüfung aller für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen.

(123) Die Prüfungsgegenstände im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung sollen weiterhin den insoweit unveränderten Regelungen des § 41 a ASVG entsprechen. Dieser Prüfdienst kann die Sozialversicherungsprüfung aus eigenem Antrieb vornehmen (§5 Abs 1 PLABG); die Erteilung des Prüfungsauftrags erfolgt ausschließlich durch das Finanzamt (§10 Abs 2 ZPFSG). Daneben sieht das ZPFSG vor, dass allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen i.S. von § 42, 43 ASVG durch den Prüfdienst 'auf Anforderung' (auch) der ÖGK vorzunehmen sind (§5 Abs 2 PLABG) bzw dass diese auch eine Sozialversicherungsprüfung durch den Prüfdienst anfordern kann (§11 PLABG).

(124) Wie erwähnt, wurde der Prüfungsauftrag bei der Sozialversicherungsprüfung bisher ausschließlich vom KVTr erteilt. § 6 PLABG sieht vor, dass das Prüforgan bei der Sozialversicherungsprüfung 'als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse' tätig wird, nimmt also eine dem geltenden Recht vergleichbare funktionale Zuordnung vor. Eine Bindung des Sozialversicherungsträgers (ÖGK) an das Prüfungsergebnis schließt das Gesetz aus. Soll jedoch in einer Erledigung von den Sachverhaltsdarstellungen des Prüfdienstes abgewichen werden, ist diese dem Prüfdienst vor der Erledigung mitzuteilen (§10 Abs 3 PLABG). Die Zuständigkeit des staatlichen Prüfdienstes erstreckt sich nach dem PLABG allerdings nur auf die Sozialversicherungsprüfung nach § 41 a ASVG. Er ist also (nur) für die Prüfung jener tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zuständig, die für die Bemessung der von der ÖGK eingehobenen Beiträge maßgeblich sind. Die Beitragsprüfung bei den anderen Sozialversicherungsträgern wie der Sozialversicherung der Selbständigen, und der Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst, Eisenbahnen und Bergbau wird von diesen Anstalten weiterhin selbst im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen sein, soweit diese alle oder bestimmte Beiträge für die einzelnen Versicherungszweige selbst einheben.

(125) Diese Neuregelung der Beitragsprüfung halten die Antragsteller für verfassungswidrig.

4.3.3 Die Verfassungswidrigkeit der Ausgliederung

(126) Auszugehen ist davon, dass eine der Grenzen zulässiger Selbstverwaltung darin besteht, dass der eigene (d.h. eigenverantwortlich und ohne Bindung an Weisungen zu besorgende) Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt bleiben muss, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden. Daraus ergibt sich aber auch, dass bei den in Selbstverwaltung wahrzunehmenden Aufgaben in jenen Organen des Selbstverwaltungskörpers, deren hoheitliche Tätigkeit Rechte und Pflichten der Mitglieder begründet oder ändert, Außenstehende (auch von der Aufsichtsbehörde entsendete Beamte) grundsätzlich nicht mitwirken bzw auch nicht beteiligt werden dürfen. Die (im Wesentlichen) verfassungsrechtlich insofern gebotene Identität der Verwalter und der Verwalteten, als Erstere aus dem Kreis der Letzteren kommen müssen, steht dem entgegen.

(127) Was die Qualität der GPLA nach § 41a ASVG (alt) betrifft, so hat der Rechnungshof die GPLA bis dato zweimal einer Prüfung unterzogen. Laut dieser RH-Berichte ist die Sozialversicherung im Vergleich zur Finanzverwaltung besser geeignet, die Sozialversicherungsprüfung durchzuführen. Dies liegt an den darauf ausgerichteten Organisations- und Entscheidungsstrukturen. Der RH stellt dazu fest:

(128) 'Die Organisationsstrukturen der KVT waren annähernd einheitlich gestaltet, ebenso deren hierarchische Entscheidungskompetenzen. Die Prüfer der KVT werden grundsätzlich durch den Innen- und Erhebungsdienst der KVT unterstützt, dies ist in der FV grundsätzlich nicht gegeben. Demgegenüber war die FV uneinheitlich organisiert'. Diese unterschiedliche Organisation und Prüfkultur werden auch in den Ergebnissen sichtbar. Der Rechnungshof stellt dazu fest: 'So war zB das Mehrergebnis SV-Beiträge je KVT-Prüfer um das rund Dreifache höher als jenes der FV-Prüfer'.

(129) In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung werden die Prüferfolge der GPLA-Prüfung zwischen Finanzverwaltung und Gebietskrankenkassen im Zeitraum von 2010 bis 2017 verglichen. Auch hier zeigen sich die besseren Prüfergebnisse betreffend die Sozialversicherungsbeiträge bei einer Prüfung durch die Sozialversicherung. Zusammengefasst errechnet sich aus den Anfragebeantwortungen der Sozialministerin, dass die Prüfer/innen der Sozialversicherung bis zu fünfmal so effizient sind — im Mittel 3,99-fach — als die Finanzverwaltungs-Prüfer/innen. Gegenteilige Behauptungen, die der Bundesminister für Finanzen gelegentlich in der Öffentlichkeit erhoben hat, entbehren daher jeder sachlichen Grundlage. Diese qualitativ hochwertigen Strukturen sollen durch das PLABG offensichtlich zerstört werden.

(130) Die dadurch bewirkte deutlich schlechtere Qualität der Beitragsprüfung hat aber Konsequenzen, die über den Umstand geringerer Einnahmen hinausreichen: das Nichtwahrnehmen bzw Übersehen von Beitragsdifferenzen führt nämlich dazu, dass die Beitragsgrundlagen der versicherten Personen nicht richtig gestellt werden, d.h. zu niedrig bleiben, was sich auf alle Geldleistungen aus der Kranken-, der Unfall- und — vor allem — auch der Pensionsversicherung nachteilig auswirkt. Es ist von elementarer Bedeutung und daher sachlich sowohl für die Beitrags- als auch für die Leistungsgerechtigkeit geboten, dass Beitragsprüfungen wie bisher in der Verantwortung des Krankenversicherungsträgers bleiben.

(131) Die durch das PLABG eingerichtete Behörde steht sowohl außerhalb der demokratischen Legitimation der Selbstverwaltung, als auch außerhalb jeglichen Weisungszusammenhanges mit dieser. Andererseits ist nicht zweifelhaft, dass diese Behörde hoheitliche Maßnahmen setzen soll, die der neuen Österreichischen Gesundheitskasse zuzurechnen sind, soll doch das jeweilige Organ des Prüfdienstes bei der Sozialversicherungsprüfung als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse tätig werden, d.h. als ein Organ der Gesundheitskasse, das weder demokratisch legitimiert ist noch dem Weisungsrecht eines demokratisch legitimierten Organs der Selbstverwaltung unterliegt.

(132) Die Schaffung eines solchen Organs ist aber verfassungswidrig, wie der Verfassungsgerichtshof im Hauptverbandserkenntnis VfSlg 17.023/2003 zweifelsfrei entschieden hat.

(133) Überdies soll es der Gesundheitskasse weiterhin obliegen, auf der Basis dieses Ermittlungsergebnisses einer dem Finanzministerium unterstehenden Behörde den verfahrensbeendenden Schritt durch Erlassung eines Bescheides zu setzen. Es wirkt also an einer Entscheidung der Selbstverwaltung nicht nur ein außenstehendes Organ mit, sondern sogar eine Behörde aus einem anderen Vollzugsbereich, nämlich jenem des Finanzministers, und zwar in einer das gesamte Ermittlungsverfahren betreffenden Weise.

(134) An der Verfassungswidrigkeit dieser Konstruktion wegen Verstoßes gegen Art 120c B-VG ändert auch der Umstand nichts, dass formal keine Bindung der Gesundheitskasse an die Ermittlungsergebnisse besteht, denn es wird ihr durch § 15 PLABG gleichzeitig das personelle Substrat, welches ihr ermöglichen würde, eigene Ermittlungen anzustellen, entzogen: alle mit Beitragsprüfungen beschäftigten Bediensteten werden in die neue Behörde eingegliedert und dem alleinigen Weisungsrecht des Finanzministers unterstellt.

(135) Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 13012/1992 und 11506/1987 und (dies bestätigend) in VfSlg 17023/2003 bekräftigt, schon Mitwirkungen von Fremdorganen in geringerer Intensität als mit der Selbstverwaltung nicht vereinbar qualifiziert.

(136) Es kann kein Zweifel bestehen, dass dies auch für die vom Gesetzgeber gewählte Konstruktion zutrifft, das gesamte Ermittlungsverfahren in Beitragsangelegenheiten an eine dem Bundesminister für Finanzen unterstellte Behörde auszulagern und nur die Bescheiderlassung selbst dem Krankenversicherungsträger zu übertragen. Dabei handelt es sich um einen verfassungswidrigen Eingriff in die Selbstverwaltung in deren existentiellen Kernbereich. Denn die Regelungen über die Einhebung der Beiträge und die Beitragsprüfung dürfen nach den Art 120a ff B-VG nicht so ausgestaltet sein, dass sie eine selbständige und eigenverantwortliche Besorgung der Selbstverwaltungsaufgaben entweder unmöglich machen oder diese gravierend beeinträchtigen, was hier aber der Fall ist, wenn die gesamte Beitragsprüfung einem fremden Weisungsregime unterworfen wird, auf das der SV-Träger keinen Einfluss hat, während ihm gleichzeitig das Personal für die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung entzogen wird.

(137) Überdies handelt es sich um eine Abweichung von einem Prinzip der Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze, die unter der zuständigen Behörde stets jene verstehen, die sowohl für das Ermittlungsverfahren als auch für die Entscheidung zuständig ist.

(138) Die aufgezeigte Abweichung von diesem Prinzip ist angesichts der strengen Vorgaben des Art 11 Abs 2 B-VG für den vom Gesetzgeber angestrebten Zweck nicht 'erforderlich', geschweige denn unerlässlich, was auch aus dem Umstand erhellt, dass der Gesetzgeber diese Vorgangsweise nur bei der Selbstverwaltung der unselbständig Erwerbstätigen nach dem ASVG wählt, während die übrigen Sozialversicherungsträger weiterhin eine uneingeschränkte Verfahrensautonomie bei der Beitragsprüfung und –Einhebung genießen.

(139) Zu dem letztgenannten Moment des isolierten Zugriffs Dritter (einer Behörde des Finanzministers) auf die Sozialversicherung nur der unselbständig Erwerbstätigen nach dem ASVG, während die Beitragsautonomie allen anderen Selbstverwaltungseinrichtungen der Sozialversicherung systemkonform in vollem Umfang erhalten bleibt, wird überdies geltend gemacht, dass diese Abweichung als Ausnahme von einem vom Gesetzgeber selbst gewählten Ordnungsgefüges einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfte. Da eine solche Rechtfertigung fehlt, liegt gesetzgeberische Willkür und damit ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor.

4.3.4 Zum Anfechtungsumfang

(140) Ein Gesetzesprüfungsantrag, der sich auf ein Gesetz seinem ganzen Inhalt nach richtet, muss auch Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit aller Bestimmungen des Gesetzes darlegen (vgl mwN). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so — gleichsam stellvertretend — das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (zB VfSlg 17.099/2003, 17.102/2004, jeweils mwN).

(141) Das Anliegen des PLABG, Art 1 des BGBl I 98/2018 ist die gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben durch eine vom Finanzminister abhängige und von der Sozialversicherung unabhängige Behörde, deren Rechtshandlungen gleichwohl der Gesundheitskasse zuzurechnen sein sollen. Alle Bestimmungen diese Gesetzes dienen – wie dargelegt: in verfassungswidriger Weise — diesem einen Zweck und stehen insofern untereinander in einem untrennbaren Zusammenhang.

(142) Da eine Ausgliederung des Beitragsprüfdienstes aus der Selbstverwaltung der Krankenversicherungsträger in der hier vorgenommenen Form nach Auffassung der Antragsteller verfassungswidrig ist und die Vereinigung der Prüfdienste der Finanzbehörden mit jenen der Krankenversicherung ohne die Einbeziehung der Krankenversicherung nicht denkmöglich, darüber hinaus aber auch das Gesetz als solches (und zwar sämtliche Bestimmun[g]en dieses Gesetzes) auf der Grundlage dieser Ausgliederung und Fusion der Prüfdienste in einer Weise beruht, die ein Herauslösen des Prüfdienstes der Krankenversicherungsträger aus der mit dem Gesetz neu geschaffenen Behörde nicht erlaubt, sind von der behaupteten Verfassungswidrigkeit alle Bestimmungen des Gesetzes betroffen.

(143) Hingegen ist im ASVG die Abschaffung des bisherigen Prüfdienstes gem. § 41a Abs 1 ASVG und seine Ersetzung durch den gemeinsamen Prüfdienst verfassungswidrig, wobei diese Verfassungswidrigkeit nur durch die Beseitigung der Novellierungsanordnung und der damit verbundenen Herstellung der früheren Rechtslage beseitigt werden kann, weshalb die Aufhebung der Novellierungsanordnungen des Art 4 Ziffer 1 bis 4 des Gesetzes über die Zusammenführung der Prüfungsorganisationen der Finanzverwaltung und der Sozialversicherung — ZPFSG, BGBl I Nr 98/2018 zu beantragen war, sowie vorsichtsweise eventualiter auch die Aufhebung der geänderten Bestimmungen.

[…]

4.4 Zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über die Zielsteuerung Sozialversicherung

(148) Die Konferenz hat nach Anhörung der Versicherungsträger zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit Ziele zu beschließen. Sie hat sich dabei eines Zielsteuerungssystems entsprechend den Weisungen nach § 444 Abs 5 zu bedienen. Gemäß dieser Bestimmung hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat nach Anhörung des Dachverbandes und nach Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen Weisungen zu erlassen für die Zielsteuerung nach § 441f und deren Evaluierung (Abs3) hinsichtlich deren Struktur und Prozesse. Darüber hinaus ordnet der Gesetzgeber in § 441f Abs 5 ASVG ein weiteres Zielsteuerungssystem an, diesmal zwischen der Hauptstelle der Gesundheitskasse und den Landesstellen.

(149) Die Einrichtung einer Balanced Score Card (die mit dem Begriff 'Zielsteuerungssystem' gemeint ist) muss als Steuerungsinstrument wie auch jedes andere Steuerungsinstrument dort versagen, wo es nicht um die weitgehend gestaltbare Teilnahme an Märkten und um die Absetzung von Produkten auf solchen Märkten geht, sondern überwiegend um die Vollziehung von Gesetzen im Rahmen der Hoheitsverwaltung, bei der die Ziele vom Gesetzgeber vorgegeben in den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zum Ausdruck kommen (müssen) und es in erster Linie darum geht, diesen Vorschriften gemäß zu handeln, also die Ziele des Gesetzgebers umzusetzen, und nicht pauschal dazu zu ermächtigen, andere, im Gesetz nicht genannte Ziele vorzugeben. Das Instrument, diesen Zielen innerhalb einer Verwaltungsorganisation zum Durchbruch zu verhelfen ist in der Selbstverwaltung aber ausschließlich die (generelle oder konkrete) Weisung der Selbstverwaltung an das Büro bzw das An-sich-ziehen von Aufgaben, die das Büro nicht zufriedenstellend lösen kann.

(150) Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis vom , VfSlg 17172/2004, eine vergleichbare Bestimmung (und zwar § 35a ASVG) aufgehoben und zwar mit der Begründung, es bestehe keine Klarheit darüber, welche Rechtsnatur den 'Zielvereinbarungen' beizumessen sei und unter Mitwirkung welcher Institutionen sie zustande kommen.

(151) Nach dem damaligen § 32a Abs 2 ASVG hatte der Verwaltungsrat des Hauptverbandes — näher umschriebene — 'Ziele' zu beschließen wobei die Regelung auch damals offen gelassen hatte, in welchem Verhältnis die beschlossenen 'Ziele' zu den 'Zielvereinbarungen' (hier: zur Zielsteuerung) stehen. Es war auch — wie hier — unklar, ob ein 'Zielsteuerungssystem' als Instrument des Privatrechts anzusehen war, oder aber ob es sich um eine vom Verwaltungsrat des Hauptverbandes (hier: von der Konferenz des Dachverbandes) nach Anhörung der Krankenversicherungsträger erlassene Zielvorgabe handelt, die insoweit den 'Richtlinien' des Hauptverbandes entspräche und – so wie diese – als Verordnung zu qualifizieren wäre.

(152) Ginge man in diesem Sinne aber davon aus, dass der Inhalt der zu 'treffenden' 'Zielvereinbarung' durch entsprechende Beschlüsse des Verwaltungsrates (hier der Konferenz) vorgegeben wird, so mangelte es in einer Art 18 B-VG widersprechenden Weise an der Klarstellung sowohl der Rechtsform als auch der möglichen Inhalte solcher Beschlüsse. Schließlich hat der Verfassungsgerichtshof schon damals darauf hingewiesen, dass die Bundesverfassung zur Steuerung der Vollziehung im Bereich der Hoheitsverwaltung (wozu auch die Sozialversicherungsträger und der neue Dachverband in Selbstverwaltung berufen sind) Gesetz und Verordnung (Art18 B-VG), die Weisung demokratisch legitimierter oberster Organe der Staats- oder Selbstverwaltung sowie im Falle der Selbstverwaltung überdies das Instrumentarium der staatlichen Aufsicht bereitstellt und dass zur Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit der Vollziehung ein umfassendes Rechtsschutzinstrumentarium vorgesehen ist, das an diese Rechtsinstitute anknüpft. Der Inhalt verschiedener Vorgaben möge zwar durchaus unter Verwendung von im Wirtschaftsleben etablierten Techniken erarbeitet werden, die verbindliche Anordnung selbst müsse jedoch in der Form eines bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmittels getroffen werden.

(153) Die Einführung eines Zielsteuerungsinstruments und die Vorgabe seiner Ziele sind jedenfalls Maßnahmen der Geschäftsführung und nicht der Aufsicht. Die gesetzliche Ermächtigung zur Erteilung von Weisungen durch die Bundesministerin in diesem Bereich (§444 Abs 5 Z 3 ASVG) widerspricht daher unmittelbar dem Art 120b Abs 1 B-VG.

[…]

5. Zur Verfassungswidrigkeit der Ausgestaltung des Dachverbandes

(155) Die bisherigen Hauptverbandskompetenzen (§31 ASVG alt) werden in den § 30 a bis 30 c ASVG in der Fassung des SV-OG, BGBl I Nr 100/2018, neu geordnet, teilweise gekürzt und umgestaltet. Teils soll dem Dachverband in möglichst vielen Bereichen nur mehr die Beschlussfassung zukommen, während deren Vorbereitung Versicherungsträgern übertragen werden soll ('Aufgabensplitting'). Dazu räumt das SV-OG dem Dachverband einerseits eine Befugnis zur Übertragung von Vorbereitungstätigkeiten ein, andererseits wird die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ermächtigt, Übertragungen per Verordnung zu verfügen. Teils ist in § 30b und 30c ASVG die Übertragung nahezu aller Aufh[g]aben des Dachverbandes an Versicherungsträger vorgesehen, die für den Fall der Unterlassung zwangsweise mit Verordnung der Bundesministerin vorgenommen werden kann. Parallel dazu wird in den Schlussbestimmungen eine ex-lege-Übertragung von Abteilungen des Hauptverbandes an die zukünftige Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) angeordnet. Damit wandern zwangsläufig auch die entsprechenden Aufgaben vom Dachverband zur ÖGK.

(156) Ausgenommen davon sind — im Einklang mit dem Verbleib der genannten Abteilungen beim Dachverband — die Vorbereitung der Herausgabe des Erstattungskodex und die Vertretung der Sozialversicherungsträger in internationalen Angelegenheiten sowie die Vertretung der Sozialversicherung gegenüber ausländischen Einrichtungen.

(157) § 30 Abs 2 ASVG weist dem Dachverband folgende, im eigenen und im — hier nicht weiter interessierenden — übertragenen Wirkungsbereich zu besorgenden Aufgaben zu:

die Beschlussfassung von Richtlinien zur Förderung der Zweckmäßigkeit und Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger,

die Koordination der Vollziehungstätigkeit der Sozialversicherungsträger und

die Wahrnehmung trägerübergreifender Verwaltungsaufgaben im Bereich der Sozialversicherung.

(158) Damit bleiben die Grundaufgaben des (derzeitigen) Hauptverbands zumindest formal und mit einigen wenigen Einschränkungen auch für den zukünftigen Dachverband erhalten. Es handelt sich bei allen genannten Angelegenheiten um trägerübergreifende Aufgaben, die sich grundsätzlich auf alle im Haupt- bzw Dachverband zusammengeschlossenen Versicherungsträger beziehen.

5.1 Aufgabensplitting und Zwang zur Delegation trägerübergreifender Zuständigkeiten an Träger

(159) Die die Aufgaben präzisierenden Vorschriften der § 30 a bis 30 c ASVG sehen allerdings ein 'Splitting' der Aufgaben in Vorbereitung und Beschluss vor. Damit sollen die 'Aufgaben des Dachverbandes [...] an dessen neue, schlankere Struktur angepasst' werden. Unter ' Vorbereitung' dürfte das SV-OG Handlungen verstehen, die etwa im Bereich der Hoheitsverwaltung als schlicht-hoheitlich einzuordnen wären, also jedenfalls keine rechtsfeststellende oder rechtsgestaltende Wirkung für Dritte (Außenstehende) oder bindende Wirkung für den Dachverband oder andere Versicherungsträger und ihre Versicherten haben. Nach diesem System soll die formale Beschlussfassung dem Dachverband vorbehalten bleiben, die Vorbereitung der Beschlüsse 'kann' aber übertragen werden. So bestimmt etwa § 30 a Abs 2 leg cit:

(160) 'Der Dachverband kann die Vorbereitung der Richtlinien nach Abs 1 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger übertragen. Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Aufgabe mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst'.

(161) Zu dieser 'generellen Ermächtigung zur Delegation' von Vorbereitungsaufgaben und der entsprechenden Verordnungsermächtigung halten die Erläuterungen fest:

(162) 'Der Selbstverwaltung ist es überlassen zu entscheiden, welche Vorbereitungen und Aufgaben an welchen Versicherungsträger übertragen werden […]. Ausgegangen wird jedenfalls davon, dass derartige Übertragungen im Beschlussweg erfolgen. Damit ist sichergestellt, dass derartige Beschlüsse jedenfalls durch die Selbstverwaltung getroffen werden. Um dies auch sicherzustellen, wird eine Ermächtigung zur Erlassung einer Übertragungsverordnung für die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz vorgesehen, wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bzw Aufgaben bis zum Ablauf des nicht überträgt. Die in dieser Verordnung übertragene Vorbereitung bzw Aufgabe gilt nur so lange, bis die Konferenz einen eigenen Übertragungsbeschluss fasst'.

(163) Mit dem 'Aufgabensplitting' in Zusammenhang steht die Schlussbestimmung des § 718 Abs 18 ASVG. Danach 'verbleiben' bestimmte Abteilungen des derzeitigen Hauptverbands im Dachverband. Was mit den dort nicht genannten Abteilungen bzw Bediensteten zu geschehen hat, bestimmt Abs 12 Z 1 leg cit: Diese gehen mit Wirkung vom 'im Rahmen ihrer Abteilung auf die österreichische Gesundheitskasse' über und zwar unter Wahrung der ihnen aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der Dienstordnung zustehenden Rechte. Zudem sollen zwei Abteilungen zur Vorbereitung der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen bereits ab dem dem/der kommissarischen Leiter/Leiterin bzw dem/der leitenden Angestellten der ÖGK direkt zugeordnet werden.

(164) Im Ergebnis sieht das SV-OG folgende Regelung vor: Dem zukünftigen Dachverband (genauer: der Konferenz) soll zwar die Befugnis eingeräumt werden, Vorbereitungstätigkeiten und entsprechendes Personal auf Versicherungsträger zu übertragen. Diese Befugnis wird aber in zweierlei Hinsicht eingeschränkt: Einerseits, weil bei Untätigkeit des Dachverbands die Übertragung von Vorbereitungstätigkeiten nach Ablauf einer Frist mit ministerieller Verordnung verfügt werden kann, andererseits, weil aufgabenwesentliche Abteilungen und Bedienstete und damit fachliche Kompetenz der ÖGK bereits mit (bzw mit ) ex lege zugewiesen werden sollen, womit zwangsläufig auch die entsprechenden Vorbereitungsaufgaben übergehen. Insofern ist zwischen einer Übertragungsbefugnis und einem Übertragungszwang auf dem Gesetzes- bzw Verordnungsweg zu unterscheiden. Damit liegt das Ob und das Wie der Aufgabenteilung (Vorbereitung und Beschluss) zwischen Dachverband und Versicherungsträgern nicht mehr allein in der Hand der Selbstverwaltung.

(165) Das SV-OG bezweckt vielmehr (anders als dies der bisherigen Praxis der Anhörung der betroffenen Träger entspräche) eine möglichst umfassende und permanente Übertragung der 'Vorbereitungskompetenz'. Gleichzeitig wird dem Dachverband die, 'Personalressource, die es ihm bisher ermöglicht hat, dieser Aufgabe nachzukommen, zur Gänze entzogen. Dies führt aber dazu, dass die betreffenden Träger (also die Normunterworfenen) künftig mit Hilfe des Personals des bisherigen Hauptverbandes selbst bestimmen, welchen Inhalt jene Richtlinien haben sollen, die der Dachverband (also der Normsetzer) zur Koordinierung der Tätigkeit der Träger zu erlassen hat. Insofern sind die Erläuterungen zur Regierungsvorlage irreführend: Es wird der Selbstverwaltung des Dachverbandes gerade nicht 'überlassen zu entscheiden, welche Vorbereitungen und Aufgaben an welchen Versicherungsträger übertragen werden.' Ebenfalls unzutreffend ist die Aussage in den Erläuterungen, dass die Bediensteten als 'Konsequenz aus der Übertragung von Agenden des Hauptverbandes auf die Versicherungsträger' nur 'der Neuverteilung der Aufgaben des Hauptverbandes auf andere Einrichtungen "folgen", weil das Gesetz einen Übergang von Abteilungen auf die ÖGK vorsieht, bevor die Aufgaben tatsächlich (durch Beschluss der Konferenz oder per Verordnung) übertragen worden sind. Dieses System erscheint nicht nur in sich widersprüchlich, weil damit eine zunächst eingeräumte Befugnis weitgehend entleert wird, sondern überdies verfassungswidrig.

5.1.1 Zum Aufgabensplitting

(166) Aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben lässt sich zunächst ableiten, dass die eigenverantwortliche Wahrnehmung der verfassungsrechtlich vorbehaltenen Aufgaben (Interesse, Eignung) eine funktionsgerechte Organisationsstruktur erfordert. Diese Vorgaben erfordern eine sachliche Rechtfertigung der Maßnahmen im Einzelfall. Dabei muss der zeitliche Rahmen der Übertragungen berücksichtigt werden: 'Ad-Hoc-Übertragungen' für eine bestimmte Zeit oder für den Einzelfall sind eher verfassungskonform als permanente Übertragungen. Bezieht sich die Vorbereitungstätigkeit etwa auf Beschlüsse bzw Bescheide des Dachverbands, die mit rechtsverbindlicher Wirkung im Innen- (Versicherungsträger und Versicherte) oder im Außenverhältnis (Außenstehende) erlassen werden, so ist eine permanente Übertragung von Vorbereitungstätigkeiten verfassungswidrig, wenn sie dazu führt, dass dem Dachverband die Fachkompetenz zur inhaltlichen Beurteilung der Vorschläge abgeht, er seine Beschlüsse also nicht mehr selbst verantworten kann.

(167) Es ist aber auch verfassungswidrig, wenn trägerübergreifende Aufgaben vom derzeitigen Hauptverband auf einen Versicherungsträger übertragen werden würden. Einerseits, weil es dem einzelnen Versicherungsträger an der Eignung fehlt wird, die gemeinsamen Interessen aller Träger zu vertreten. Andererseits, weil der Versicherungsträger nur über eine auf seine Angehörigen eingeschränkte demokratische Legitimation verfügt. So ist es nach stRsp des VfGH 'jedenfalls unzulässig', einem Selbstverwaltungskörper durch Gesetz hoheitliche Aufgaben zu übertragen, die sich auf Außenstehende beziehen. Organe eines Versicherungsträgers dürfen also durch ihre Rechtsakte gegenüber Angehörigen eines anderen Versicherungsträgers weder Rechte noch Pflichten begründen.

(168) Der Gesetzgeber versucht diese Problematik dadurch zu umgehen, dass er in den § 30a bis 30c ASVG zum Teil nicht den Übergang von Aufgaben auf einen Versicherungsträger, sondern 'nur' die Übertragung von Vorbereitungstätigkeiten vorsieht, während die formale Beschlussfassung dem auf breiterem (gleichwohl verdünntem) Legitimationsfundament stehenden Dachverband vorbehalten bleibt.

(169) Näher betrachtet erweist sich aber auch diese Konstruktion aus mehreren Gründen als verfassungswidrig: Das Auseinanderfallen von formaler Beschlussbefugnis und inhaltlicher Vorbereitung ist, zusammengenommen mit dem damit verbundenen (und mitunter zwingenden) Abwandern der fachlichen Kompetenz an die mit der Vorbereitung beauftragten Versicherungsträger, schon aus Sicht des demokratischen Prinzips problematisch. Wie oben erwähnt, bestimmt ein normunterworfener Träger welchen Inhalt der Norm der Dachverband als Normsetzer zu erlassen hat, ohne dass dem Dachverband die personellen Ressourcen belassen würden, sich mit den betreffenden Fragen ernsthaft zu beschäftigen. Ein derartiges Unterfangen gerät nämlich in Spannung mit der verfassungsrechtlich erforderlichen demokratischen Legitimation der 'mit entscheidungswichtigen Aufgaben und Befugnissen betrauten Organe des Selbstverwaltungskörpers' (VfSlg 17023/2003 — Hauptverbandsreform).

(170) Das Konzept der demokratischen Legitimation umfasst neben organisatorisch-personellen auch sachlich-inhaltliche Gesichtspunkte, da eine demokratisch fundierte Willensbildung stets auch fachliche Ressourcen voraussetzt. Da ferner zwischen Selbstverwaltungskörpern keine Weisungszusammenhänge bestehen dürfen, wäre es den Organen des zukünftigen Dachverbands zweitens verwehrt, 'ihren' vormaligen Abteilungen Weisungen zu erteilen. Dies steht im Widerspruch zum binnendemokratischen Konzept der Selbstverwaltung, das zur Wahrung der Legitimationszusammenhänge die Weisungsbindung 'im Inneren' voraussetzt (VfSlg 17023/2003 — Hauptverbandsreform)

(171) Hinsichtlich des Befunds der Verfassungswidrigkeit ist allerdings zu differenzieren: Während die Ermächtigung des Dachverbands zur freiwilligen 'Delegation' (Übertragungsbefugnis) in Einzelfällen verfassungskonform wahrgenommen werden kann und sich insofern per se keinen verfassungsrechtlichen Bedenken aussetzt, gilt dies jedenfalls nicht für jene Fälle, die eine Übertragung durch gesetzliche Organisationsvorschriften oder im Verordnungswege gegen den Willen des Dachverbands erzwingen (Übertragungszwang). Die im SV-OG angelegte Abhängigkeit von auszulagernden Fachabteilungen und damit vom Entschluss anderer Selbstverwaltungskörper, insbesondere der ÖGK, sowie das damit verbundene Durchbrechen verfassungsrechtlich erforderlicher Weisungszusammenhänge reduziert die demokratische Legitimation der Beschlüsse des zukünftigen Dachverbands auf ein Maß, das die — gerade bei gegliederten Selbstverwaltungskörpern — verfassungsrechtlich geforderten demokratischen 'Legitimationsketten' nicht gewährleistet.

(172) Dies gilt trotz des Umstands, dass der Dachverband die ihm vorgelegten Entwürfe weder zur Gänze noch zum Teil beschließen muss: Der Dachverband hätte im Ergebnis Beschlüsse zu verantworten, deren Rechtswirkungen voll aufrecht bleiben, deren Vorbereitung er aber weder S[s]teuern noch angemessen inhaltlich kontrollieren kann. Damit gehen nicht nur ein Verlust der Initiativ- und Steuerungsfähigkeit des zukünftigen Dachverbands einher, sondern auch die Gefahr, dass 'interessensgebundenes Fachwissen' von dem beauftragten Versicherungsträger in Beschlussform gegossen wird und eine unnötige, mitunter verfassungswidrige Verkomplizierung der entsprechenden Beschlussverfahren.

5.1.2 Zur Aufgabenübertragung

(173) Diese Konstruktion ist aber auch verfassungswidrig, weil sie gegen Art 120 a B-VG und gegen das Recht auf Selbstverwaltung gem. Art 120 b B-VG verstößt. Gemäß Art 120 a B-VG ist der Zweck der Zusammenfassung von Personen zu einem Selbstverwaltungskörper die selbständige Wahrnehmung eigener, nämlich solcher öffentlicher Aufgaben, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, durch diese gemeinsam besorgt zu werden. Mit der Lehre ist wie erwähnt davon auszugehen, dass bei Vorliegen dieser materiellen Voraussetzungen eine Aufgabe einem bestehenden Selbstverwaltungskörper nicht vorenthalten oder entzogen werden darf: Diesbezüglich besteht also kein politisches Ermessen des Gesetzgebers oder der Verwaltung.

(174) Es ist daher mangels der erforderlichen demokratischen Legitimation aus verfassungsrechtlichen Gründen ausgeschlossen, dass einzelne Versicherungsträger ebenso wie der Haupt- bzw Dachverband geeignet wären, die hier in Rede stehenden trägerübergreifenden Aufgaben im gemeinsamen Interesse aller Versicherungsträger zu besorgen. In diesem Lichte ist es daher verfassungswidrig, wenn dem zukünftigen Dachverband bisherige Hauptverbandsaufgaben wie 'die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung' oder 'die Vertretung der Sozialversicherungsträger in gemeinsamen Angelegenheiten' durch das SV-OG entzogen werden. Ebenso ist es verfassungswidrig, wenn derartige Aufgaben zwar nicht gänzlich entzogen, aber dem Dachverband nur mehr eine formale Beschlussbefugnis verbleibt. Bei richtigem inhaltlichem Verständnis zeigt sich auch, dass nahezu alle in den § 30a, 30b und 30c angeführten Aufgaben trägerübergreifenden Charakter haben, obwohl die Überschrift des § 30c ASVG den Anschein erwecken soll, dass dies nur bei den in dieser Bestimmung genannten Aufgaben der Fall wäre.

(175) Dieses Bedenken verdichtet sich, wenn man Art 120 b Abs 1 B-VG in den Blick nimmt. Diese Bestimmung verbürgt den Selbstverwaltungskörpern das Recht, die ihnen zur 'selbständigen Wahrnehmung' übertragenen Aufgaben, seien diese nun hoheitlicher oder nichthoheitlicher Natur, in 'eigener Verantwortung' und daher unbeeinflusst vom Willen anderer staatlicher Einrichtungen zu besorgen. In der Literatur wird ein Verstoß gegen diese Bestimmung dann angenommen, wenn ein Selbstverwaltungsorgan 'in eigenen Beschlüssen nur Überlegungen und Vorschläge anderer (vornehmlich staatlicher) Organe nachvollzieht'. Daraus ist zu schließen, dass ein staatlicher Rechtsakt, der die inhaltliche Gestaltungsbefugnis an eine andere Einrichtung als den für den Beschluss zuständigen Selbstverwaltungskörper übertragt, verfassungswidrig ist, weil und soweit der Selbstverwaltungskörper dadurch zu einem formalen Beschlussorgan degradiert wird.

(176) Insofern ergibt sich aus dem Recht auf Selbstverwaltung dieselbe Wertung wie aus den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die demokratische Legitimation: Die im SV-OG angelegte, möglichst umfassende fachliche Entleerung der Dachverbandszuständigkeiten lässt sich mit den Vorgaben der Verfassung nicht in Einklang bringen. Das gilt jedenfalls für jene Regelungen, die ohne Rücksicht auf Art und Bedeutung der Aufgabe einen Übergang von Abteilungen (und damit auch der Vorbereitungsaufgaben) gesetzlich erzwingen oder eine entsprechende Verordnungsermächtigung vorsehen, zwingend aber für § 30b Abs 3 und 30c Abs 3 ASVG, da diese Bestimmung[en] es sogar zulassen, dass (in § 30c sogar definitionsgemäß) trägerübergreifende Aufgaben entgegen den insoweit klaren verfassungsrechtlichen Vorgaben auf einzelne Träger übertragen werden.

(177) Die im SV-OG vorgeschlagene Neuregelung hält auch dem Grundsatz der funktionsgerechten Organisationsstruktur nicht stand — und zwar selbst unter der Prämisse, dass sich das verfassungsrechtliche Effizienzprinzip nur im Ausnahmefall zu einem justiziablen Gebot bzw Verbot verdichtet. Dass dem Dachverband keine dem Effizienzprinzip 'entsprechende Verwaltungsführung' gewährleistet wird, kann schon grundsätzlich daraus geschlossen werden, dass auf der einen Seite eine grundsätzlich umfassende und permanente Übertragung der 'Vorbereitungskompetenz' erfolgen soll, während auf der anderen Seite die dem jetzigen Haupt- und zukünftigen Dachverband zugewiesenen Aufgaben, von der Richtliniensetzung über die Koordination der Vollziehungstätigkeit der Versicherungsträger bis zu trägerübergreifenden Aufgaben, ihrem Wesen nach solche sind, die am effizientesten in einem Verband höherer Ordnung besorgt werden. Verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen Art 7 B-VG sind daher jene Bestimmungen des SV-OG die ohne Rücksicht auf Effizienzüberlegungen eine zwingende und unumkehrbare Übertragung von Abteilungen (und damit der Vorbereitungsaufgaben) normieren.

[…]

5.2 Fehlende demokratische Legitimation und Delegation von Aufgaben der Selbstverwaltung an das Büro der Verwaltungskörper des Dachverbandes

(179) Die § 441 ff ASVG regeln die Einrichtung und Zusammensetzung, sowie die Aufgaben der sog 'Konferenz' und der 'Hauptversammlung'. Die Konferenz hat die 'Generalkompetenz', d.h. sie beschließt in allen Angelegenheiten die nicht ausdrücklich der Hauptversammlung zugewiesen sind (§441c Abs 1 ASVG). Die erforderliche demokratische Legitimation besitzt die Konferenz allerdings nicht: sie besteht aus den 'Obmännern/Obfrauen' (richtig: Vorsitzenden) und deren Stellvertretern der ÖGK, der AUVA, der PVA, der SVA der Selbständigen und der VA öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, somit — ohne Bedachtnahme auf die ganz unterschiedliche Größe der von den genannten Personen vertretenen Zahl an Versicherten — aus 10 Personen. Das Gewicht, das den kleinen Versicherungsträgern wie der SVS und der BVA zukommt, ist daher dasselbe wie jenes der großen SV-Träger, wie der neuen Gesundheitskasse mit der mit Abstand größten Zahl von Versicherten. Diese Art der Entsendung berücksichtigt nicht die Anzahl der Versicherten, sie ist daher auch nicht 'abgeleitet' wie die Entsendung in die Organe der Versicherungsträger. Daher sind weder die Konferenz noch die Hauptversammlung nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit demokratisch legitimiert.

(180) Selbst wenn man aber von einer ausreichenden demokratischen Legitimation der Konferenz als dem wichtigsten Organ des Dachverbandes ausginge, dann ist es verfassungswidrig, diesem Organ zentrale Kompetenzen zu entziehen, wie dies in § 441c Abs 2, letzter Halbsatz angeordnet ist. Diese Bestimmung, welche die sinngemäße Anwendung der Regelung des § 432 Abs 1 letzter Satz ASVG anordnet, ist aus denselben Gründen verfassungswidrig wie dies zu § 432 Abs 1 letzter Satz ASVG schon oben ausgeführt wurde. Auch hier sollen der Konferenz 'tunlichst' alle wesentlichen Zuständigkeiten für laufende Geschäftsführung, Personal- und Leistungsangelegenheiten entzogen und dem Büro übertragen werden, obwohl das Büro für diese Aufgaben demokratisch nicht legitimiert ist und es diese Aufgaben sind, welche die demokratische Legitimation der Konferenz erfordern.

[…]

5.3 Verfassungswidrige Entscheidungsstrukturen in der Konferenz

(182) Die Konferenz ist beschlussfähig, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend sind. Ein gültiger Beschluss erfordert Einstimmigkeit, wobei jedem Mitglied eine Stimme zukommt. Kommt kein gültiger Beschluss zustande und wird die Angelegenheit auf Antrag eines Mitgliedes der Konferenz in einer weiteren Sitzung behandelt, so bedarf ein gültiger Beschluss der Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern (§441a Abs 2 ASVG). Dies bedeutet z.B., dass der — gemessen an V[v]ersicherten Personen mit Abstand größte Versicherungsträger in einer gegen den Gleichheitssatz verstoßenden unsachlichen Weise von anderen kleineren Trägern überstimmt werden kann, und zwar auch in Angelegenheiten, die nur oder im Wesentlichen diesen Träger betreffen. Selbst wenn also die Bedenken nicht zutreffen sollten, dass es den Organen des Dachverbandes an der demokratischen Legitimation fehlt, dann wäre vom Gesetzgeber sicherzustellen gewesen, dass ein von einem Beschluss wesentlich betroffener großer Versicherungsträger von den anderen Versicherungsträgern nicht überstimmt werden kann, dass also derartige Beschlüsse grundsätzlich nur einvernehmlich getroffen werden können.

(183) Gem. § 31 Abs 5a ASVG in der Fassung vor dem SV-OG hat der Hauptverband für die Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz jährlich eine Verordnung zu erlassen, in der festgestellt wird, ob und in welcher Höhe ein Kostenbeitrag bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe (§135), bei Inanspruchnahme chirurgischer oder konservierender Zahnbehandlung (§153) und bei Behandlung in einer Spitalsambulanz (§26 KAKuG) im nächstfolgenden Kalenderjahr zu entrichten ist. Art 1 Z 30 des SV-OG ordnet an, dass der bisherige Text des § 31 Abs 5a mit den Maßgaben zum Text eines neuen § 31 wird, dass im ersten Satz das Wort 'Hauptverband' durch das Wort 'Dachverband' ersetzt wird, der zweite Satz und der Ausdruck 'auf die im Ausgleichsfonds der Krankenversicherung vorhandenen Mittel sowie' im drittletzten Satz entfallen und im letzten Satz der Ausdruck 'der Zustimmung der Trägerkonferenz und der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen' durch den Ausdruck 'der Genehmigung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz' ersetzt wird.

(184) § 31 idF des SV-OG BGBI. I 100/2018 lautet daher:

'Der Dachverband hat für die Krankenversicherungsträger nach diesem Bundesgesetz jährlich eine Verordnung zu erlassen, in der festgestellt wird, ob und in welcher Höhe ein Kostenbeitrag bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe (§135), bei Inanspruchnahme chirurgischer oder konservierender Zahnbehandlung (§153) und bei Behandlung in einer Spitalsambulanz (§26 KAKuG) im nächstfolgenden Kalenderjahr zu entrichten ist. Er hat hiebei insbesondere auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Versicherten Bedacht zu nehmen. Der Kostenbeitrag ist für die genannten Versicherungsträger einheitlich unter Zugrundelegung der von ihnen im Durchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres erbrachten tariflichen Leistungen festzusetzen. Diese Verordnung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz.' Im Sinne des zuvor Gesagten bedeutet dies, dass durch die im Verhältnis zur bisherigen Trägerkonferenz des Hauptverbandes geänderte Zusammensetzung der Konferenz des Dachverbandes alle anderen Versicherungsträger gegen die Stimmen der Österreichischen Gesundheitskasse beschließen könnten, dass bei den Versicherten der ÖGK Selbstbehalte eingeführt werden. Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen, unter denen derartige Selbstbehalte eingefügt werden können, im Gesetz (also in § 31 neu) zu regeln gewesen wären, verstößt eine solche Rechtslage gegen demokratische Grundsätze: Der Dachverband wird damit nur zu einer Hülle, innerhalb derer die anderen Versicherungsträger in unsachlicher Weise über die Versicherten eines Versicherungsträgers nach Belieben bestimmen können.

[…]

5.4 Verfassungswidrigkeit der Überleitung

(186) Die Überleitungskonstruktion ist insoweit verfassungswidrig, als mit dem kommissarischen Leiter gem. § 538z Abs 8 ASVG in der Fassung des SV-OG, BGBl I 100/2018, ein Organ geschaffen wird, das von der Bundesministerin entsendet wird (vgl zur Unzulässigkeit der maßgebenden Mitwirkung von Beamten in der Selbstverwaltung VfSlg 13.012/1992 — Beteiligung von Beamten an der Disziplinarbehörde der Tierärztekammer; zum Recht der Selbstverwaltung auf Bestellung ihrer Organe VfSlg 8644/1979 und 17.023/2003 — Hauptverbandsreform) und das — entgegen VfSlg 17.023/2003 — weder ausdrücklich der Weisung des Überleitungsausschusses unterstellt wird (er ist ihm gegenüber nicht einmal verantwortlich), noch demokratisch legitimiert ist. Im Gegenteil: die bisherigen Organe der Selbstverwaltung sind nicht dem Überleitungsausschuss, sondern dem kommissarischen Leiter gegenüber weisungsgebunden. Damit führt — wenngleich nur vorübergehend bis zur Bestellung eines leitenden Angestellten des Dachverbandes) de iure ein gemäß Art 20 Abs 1 B-VG an die Weisungen der entsendenden Ministerin gebundenes Organ die Geschäfte der Selbstverwaltung. Dies verstößt nicht nur gegen die Grundsätze der Selbstverwaltung, wie sie in den Art 120a – 120c B-VG niedergelegt sind (nämlich die Autonomie des[r] Selbstverwaltung bei Bestellung ihrer Organe) sondern auch gegen die verfassungsrechtlichen Beschränkungen der Aufsicht im Sinne des Art 120b Abs 1 B-VG, die eine geschäftsführende Tätigkeit der Aufsichtsbehörde mittels weisungsgebundener Organwalter ausschließt, und entbehrt auch der sachlichen Rechtfertigung im Sinne des Art 7 B-VG.

(187) Als verfassungswidrig erweist sich aber auch der im Gesetz vorgesehene Entscheidungsübergang an die Bundesministerin für den Fall, dass 'ein gültiger Beschluss' nicht zustande kommt (§538z Abs 6 dritter Satz ASVG). Dabei handelt es sich um einen Eingriff in die Selbstverwaltung, der nur dann sachlich gerechtfertigt werden kann, wenn ein für den gesetzmäßigen Vollzug erforderlicher Beschluss gefasst werden muss und ein solcher Beschluss aus formalen Gründen nicht zustandekommt. Die Bestimmung des § 538z Abs 6 dritter Satz ASVG lässt aber die Voraussetzungen dafür vollkommen offen, was unter einem 'gültigen Beschluss' bzw dessen Fehlen zu verstehen ist. Die schwammige Formulierung der Norm lässt es zu, dass Anträge, nur deshalb, weil sich für sie im Kollegialorgan keine Mehrheit findet, von dem/der Vorsitzenden der/dem Bundeminister/in zur Beschlussfassung vorgelegt werden können. Einzige weitere Voraussetzung für eine Vorlage an die/den Minister/in zur Entscheidung ist, dass 'wichtige Interessen des Dachverbandes gefährdet scheinen'. Gerade deshalb, weil es sich bei dieser Norm um einen massiven Eingriff in die Selbstverwaltung handelt, wären die Voraussetzungen, unter denen der/die Vorsitzende die Sache an die/den Bundeminister/in vorlegen kann, im Gesetz im Sinne des Art 18 Abs 1 B-VG genau zu regeln, um jedes Gutdünken des/der Vorsitzenden auszuschließen.

[…]

6. Zur Verfassungswidrigkeit der Zwangstransferierung von Dienstnehmern an andere Dienstgeber

6.1 Zur Zwangstransferierung von Krankenkassenbediensteten zum Prüfdienst

(189) In personeller Hinsicht bedeutet das oben unter 4.3. Beschriebene (Beschränkung der finanziellen Gebarung durch Ausgliederung der Prüfbefugnis der Krankenversicherung an eine staatliche Behörde), dass die Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse gemäß § 15 PLABG 'auf unbeschränkte Dauer dem Bund zur Dienstleistung (...) zugewiesen werden.['] § 15 PLABG lautet wie folgt:

(190) § 15 PLABG lautet wie folgt:

'Verwendung von Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse

§15. (1) Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse, die zum als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse

1. überwiegend dem administrativen Bereich der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben — GPLA angehörten, oder

2. überwiegend als Prüfer im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben — GPLA im Sinne des § 4 tätig waren, oder

3. überwiegend als Erhebungs- und Kontrollorgan im Zusammenhang mit der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben — GPLA im Sinne des § 5 Abs 1 tätig waren, oder

4. überwiegend mit juristischen Tätigkeiten bzw überwiegend mit Leitungstätigkeiten der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben — GPLA befasst waren, oder

5. überwiegend im Competence Center GPLA (CC GPLA) mit dem IT Betrieb, der Einhaltung des Service Level Agreements, der operativen Steuerung des Betriebs und der Weiterentwicklung für die Prüfsoftware befasst waren,

werden von der Österreichischen Gesundheitskasse nach Maßgabe der Abs 3 bis 8 auf unbeschränkte Dauer dem Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge spätestens mit Wirksamkeit zum zugewiesen, soweit sie am unbefristet beschäftigt waren. Die Zuweisung kann aus wichtigen, in der Person des Bediensteten gelegenen Gründen unterbleiben oder beendet werden. Das ArbeitskräfteüberlassungsgesetzAÜG, BGBl Nr 196/1988, ist auf die Zuweisungsregelungen nach diesem Bundesgesetz nicht anwendbar.

(2) Die zugewiesenen Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse werden in die durch den Bundesminister für Finanzen einzurichtende Dienstbehörde bzw Personalstelle eingegliedert, bleiben aber hinsichtlich ihrer dienst-und besoldungsrechtlichen Stellung Angestellte der Österreichischen Gesundheitskasse. Die für die Bediensteten nach Abs 1 bisher anzuwendenden Rechtsvorschriften bleiben für die Dauer der Zuweisung weiterhin anwendbar, sofern in diesem Bundegesetz nichts anderes vorgesehen ist.

(3) Die Fachaufsicht über die gemäß Abs 1 zugewiesenen Bediensteten kommt den nach den organisationsrechtlichen Bestimmungen in diesem Bundesgesetz zuständigen vorgesetzten Organen des Bundes zu.

(4) Die über die nach Abs 1 zugewiesenen Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse bestehende Dienstaufsicht wird an die für die Fachaufsicht zuständigen Organe des Bundes nach Abs 3 insoweit übertragen, als es sich nicht um die Begründung oder Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Österreichischen Gesundheitskasse handelt. In allen übrigen Fällen ist das Einvernehmen mit dem nach Abs 3 berufenen Organ herzustellen.

(5) Die gemäß Abs 1 zugewiesenen Bediensteten haben einen Anspruch auf Aufnahme ein Dienstverhältnis zum Bund und können bis , die Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund nach den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 — VBG, BGBl Nr 86/1948 mit Wirksamkeit vom durch Erklärung erwirken. Das Beisetzen einer Bedingung macht die Erklärung unwirksam. Die im Rahmen der Zuweisung zum Bund zurückgelegte Dienstzeit ist nach Maßgabe der Regelungen für zeitabhängige Ansprüche anzurechnen.

(6) Sollten sich in der Zeit zwischen Abgabe der Erklärung und der Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund die anzuwendenden Rechtsvorschriften ändern, gelangt für den die Erklärung abgebenden Bediensteten bis zur Aufnahme in das Dienstverhältnis zum Bund die jeweils günstigere Regelung zur Anwendung.

(7) Die Zuweisung individueller Bediensteter gemäß Abs 1 kann vom Bund aus wichtigen Gründen vorzeitig beendet werden. Die Zuweisung endet spätestens mit Übernahme in ein Dienstverhältnis gemäß Abs 5 oder mit Pensionsantritt.

(8) Auf Schäden, die von einem zugewiesenen Bediensteten verursacht werden, kommen die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes, BGBl Nr 80/1965, des Organhaftpflichtgesetzes — OrgHG, BGBl Nr 181/1967, und des Amtshaftungsgesetzes — AHG, BGBl Nr 20/1949, zur Anwendung.'

(191) § 15 Abs 1 PLABG bestimmt sohin eine Zuweisung auf unbeschränkte Dauer von Arbeitnehmern an einen Dritten, ohne dass die davon betroffenen Arbeitnehmer irgendeinen Einfluss darauf nehmen könnten. Dies steht im Widerspruch zu wesentlichen Grundsätzen des Arbeitsrechts, da es Arbeitnehmern — nicht zuletzt als Ausprägung der ihnen zukommenden und verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie — überlassen bleiben muss, selbst darüber zu entscheiden, wem sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass hier — ohne dass dies aber dem Text oder den Erläuterungen zu entnehmen wäre — offenkundig von diesem, vor allem in § 1153 ABGB festgelegten Prinzip abgewichen werden soll.

(192) Diese Bestimmung genießt zwar grundsätzlich nicht Verfassungsrang, weiters steht sie unter dem Vorbehalt, dass 'sich aus dem Dienstvertrage oder aus den Umständen nichts anderes ergibt'. Beides liegt vorliegend allerdings nicht vor, die Zuweisung erfolgt nämlich gerade nicht vertraglich (sondern durch die Bestimmung des § 15 Abs 1 PLABG), weshalb auch das Einvernehmen der jeweiligen Bediensteten von Gesetzes wegen unerheblich ist.

(193) Weiters kann der Hinweis auf die 'anderen Umstände' nur im Sinne der § 863 Abs 1 bzw 914 ABGB als konkludente Vereinbarung verstanden werden bzw dass die genannte Norm bei unklarer Vereinbarung eine Vertragsauslegung bzw Ergänzung in einer Weise gestattet, wie sie redliche und vernünftige Vertragsparteien vereinbart hätten. Auch dies trägt aber keine gesetzliche Zuweisung, weil diese keinerlei (auch nicht fiktive) Gestaltungsmöglichkeit für die Vertragsparteien übrig lässt. Dazu kommt, dass der Kreis der zugewiesenen Personen in § 15 Abs 1 PLABG keineswegs präzise gezogen ist. Sohin kann nicht einmal aus den (gleichsam gesetzlich vorgegebenen) 'Umständen Anderes' geschlossen werden.

(194) Unter Berücksichtigung all dessen wäre also eine besondere sachliche Rechtfertigung nötig, um eine Durchbrechung des Grundprinzips des § 1153 ABGB verfassungsrechtlich zulässig zu machen.

(195) Eine derartige Rechtfertigung fällt jedoch umso schwerer, als der einzig gesetzlich geregelte Fall, in dem eine weitgehende Übertragung der Dienstgeberbefugnisse erlaubt wird, diese Übertragung auch von der ausdrücklichen Zustimmung der betroffenen Person abhängig macht.

(196) Gemäß § 2 Abs 2 AÜG darf 'keine Arbeitskraft ohne ihre ausdrückliche Zustimmung überlassen werden'. Das AÜG wäre nach seinem Anwendungsbereich gemäß § 1 AÜG grundsätzlich anwendbar, weiters lässt das PLABG an mehreren Stellen erkennen, dass die vorgeschlagene Konstruktion an das Modell der Arbeitskräfteüberlassung angelehnt ist: Neben der Zuweisungskonstruktion als solche ist auf den Begriff Dienst- und Fachaufsicht zu verweisen, welche in § 4 Abs 2 Z 4 AÜG als Kriterien definiert werden, welche ungeachtet des rechtlichen Rahmens eines Werkvertrages für das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung sprechen.

(197) Gemäß § 15 Abs 2 Satz 1 PLABG werden die zugewiesenen Bediensteten nämlich 'in die durch den BMF einzurichtende Dienstbehörde bzw Personalstelle eingegliedert'. Mit dieser Eingliederung ist die Fachaufsicht über die zugewiesenen Bediensteten verbunden, die den 'nach den organisationsrechtlichen Bestimmungen in diesem Bundesgesetz zuständigen vorgesetzten Organen des Bundes' zukommt (§15 Abs 3 PLABG).

(198) § 15 Abs 4 PLABG bestimmt, dass die Dienstaufsicht 'an die für die Fachaufsicht zuständigen Organe des Bundes (...) insoweit übertragen (wird), als es sich nicht um die Begründung oder Beendigung eines Dienstverhältnisses zur ÖGK handelt'. Auch entspricht die Anordnung der Haftungserleichterungen dem § 15 Abs 8 PLABG, die sowohl DHG als auch OrgHG für Schäden, die Arbeitnehmer allenfalls dem Rechtsträgerbund zufügen, für anwendbar erklären, dem Grundsatz, wie er in § 7 Abs 1 AÜG vorgezeichnet ist.

(199) All diese Gesichtspunkte erlauben nur den Schluss, dass die vorgeschlagene Konstruktion als Arbeitskräfteüberlassung zu beurteilen ist. Demgemäß wäre auch § 2 Abs 2 AÜG anzuwenden, der die ausdrückliche Zustimmung der überlassenen Arbeitskraft zur Überlassung verlangt.

(200) Dem steht aber § 15 Abs 1 letzter Satz PLABG entgegen, der die Anwendbarkeit des AÜG ausdrücklich ausschließt. Demgemäß ist die Sondernorm daraufhin zu überprüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die diese Abweichung nicht nur von den Regelungen des AÜG sondern auch von dem aus der verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie erfließenden Grundsatz des § 1153 ABGB sachlich rechtfertigen könnte.

(201) Die ErläutRV (6) gehen hier von einer 'im öffentlichen Interesse gelegenen Zusammenlegung der Prüfungsaufgaben in einer Organisationseinheit' aus, die 'im Hinblick auf das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit die Zuweisung der entsprechenden Bediensteten der Gehirnkrankenkassen zu dieser Organisationseinheit (erfordert)', wobei 'die von der Leiharbeitsrichtlinie postulierten Gleichbehandlungspflichten (…) erfüllt (werden)' und 'eine Anwendbarkeit des AÜG redundant (wäre)'.

(202) Es ist nicht ersichtlich, dass die Zusammenlegung tatsächlich im 'öffentlichen Interesse' liegt, dies insbesondere im Hinblick darauf, dass ein derartiges Interesse gerade angesichts von wohl verfassungswidrigen Eingriffen in die Grundsätze der Selbstverwaltung besonders stark sein müsste.

(203) Auch die sachliche Rechtfertigung für die Ausnahme nach § 15 Abs 1 letzter Satz PLABG als solche erscheint höchst fragwürdig: Eine — zumal 'auf unbeschränkte Dauer' — erfolgte gesetzliche Zuweisung gerät unweigerlich ein Konflikt mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der Zwangsarbeit (Art4 Abs 2 MRK) geraten, vor allem da ja auch keine der in Abs 3 dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen zum Tragen kommen kann.

(204) Wenn nun aber die einseitige Übertragung der Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis sogar einem privaten Dienstgeber verboten ist, für den die Grundrechte nur mittelbar gelten, muss dies noch viel mehr für den Gesetzgeber als primären Adressaten dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtlich sein. In Ermangelung einer erkennbaren fundierten sachlichen Rechtfertigung wäre daher die gesetzliche Zuweisung von Bediensteten der zukünftigen ÖGK (derzeit noch einer GKK) als verfassungswidrig anzusehen.

(205) Zusammengefasst bedeutet dies, dass der in § 15 Abs 1 letzter Satz PLABG vorgesehene Ausschluss der Anwendbarkeit des AÜG einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung entbehrt und die Zuweisungskonstruktion in Widerspruch mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der Zwangsarbeit (Art4 Abs 1 MRK) und dessen einfach gesetzlichen Ausprägungen in § 1153 ABGB und § 2 Abs 2 AÜG, die zudem auf die verfassungsgesetzliche geschützte Privatautonomie gestützt wird, steht.

(206) Die Bestimmung des § 15 PLABG ist in Verbindung mit § 20 somit unsachlich und daher verfassungswidrig, weil mit ihr — entgegen allen geltenden dienst- und arbeitsrechtlichen Grundsätzen — die geradezu beliebige, auch verschlechternde Versetzung von Dienstnehmern ohne deren Zustimmung an einen anderen Arbeitsort und unter ein anderes arbeitsrechtliches Regime unter gleichzeitigem Ausschluss aller Grundsätze, die nach dem AÜG für derartige Überlassungen gelten würden, erfolgt. Ebenso wie ein Hoheitsakt, der ein bestimmtes Rechtsgeschäft über ein vermögenswertes Privatrecht im Einzelfall unmöglich macht, in das Eigentumsrecht eingreift, bewirkt auch ein Gesetz, das zum Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages verpflichtet, einen Eingriff in das Eigentumsrecht seiner Normadressaten. Da sich die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung gemäß der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auf alle privaten Vermögensrechte erstreckt, umfasst sie auch das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge. Der Staat darf demzufolge – gleichgültig ob er den Abschluss bestimmter Verträge verhindert oder umgekehrt dazu zwingt – in die Privatautonomie lediglich unter den Voraussetzungen eingreifen, welche die Verfassungsordnung ganz allgemein für die Zulässigkeit von Eigentumseingriffen vorsieht, insbesondere muss der Eingriff im öffentlichen Interesse liegen, verhältnismäßig und sachlich sein.

(207) Am öffentlichen Interesse fehlt es schon deshalb, weil die Entziehung der Beitragsprüfung an sich einen verfassungswidrigen Eingriff in die Selbstverwaltung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der Art 120a ff B-VG darstellt. Die Ausnahmslosigkeit der Zuweisung der Bediensteten ohne die geringste Bedachtnahme auf deren Interessen ist per se unverhältnismäßig und unsachlich.

(208) Die Regelung des § 15 leg. cit. greift daher in unverhältnismäßiger und damit verfassungswidriger Weise in die Privatautonomie ein und bildet einen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art 5 StGG bzw Art 1 1. ZPEMRK.

(209) Die Unsachlichkeit des § 15 Abs 1 PLABG wird weiters durch die Unbestimmtheit der Umschreibung des von der Zuweisung erfassten Personenkreises (insbesondere im Hinblick auf das Kriterium 'überwiegend') sowie die in dieser Form unzulässige bzw von den SV-Trägern rechtlich nicht umsetzbare Anordnung einer Angleichung der Anwendung der Dienstordnungen in § 20 PLABG noch verstärkt.

[…]

6.2 Von Dachverbandsbediensteten zu Trägern und umgekehrt

(211) Eine weitere Änderung ergibt sich aus der Ersetzung des derzeitigen Hauptverbands der Sozialversicherungsträger durch einen 'Dachverband'. Im Rahmen dessen ist eine ex-lege-Übertragung von Abteilungen des Hauptverbandes an die zukünftige Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) vorgesehen, die auch mit einer gesetzlich unbestimmten Zuweisung von Arbeitnehmern an andere Beschäftigter als ihre Arbeitgeber einhergeht, die verfassungswidrig ist.

(212) Die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes lauten wie folgt:

§718 Abs 12 ASVG

Für die am beim Hauptverband beschäftigten Bediensteten kommen mit Wirkung vom folgende Regelungen zur Anwendung:

1. Die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die nicht in einer im Abs 18 genannten Abteilung beschäftigt sind, gehen im Rahmen ihrer Abteilung auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Die Dienstverhältnisse der Mitglieder des Verbandsmanagements gehen nicht auf die Österreichische Gesundheitskasse über.

2. Durch Erklärung des Dienstgebers/der Dienstgeberin kann der/die Bedienstete entsprechend seinem/ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden.

3. Dem/Der Bediensteten bleiben die ihm/ ihr aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der auf ihn/sie anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt.

Unbeschadet der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Hauptverband sind die Bediensteten der Abteilungen 'Nationale und internationale Grundsatzangelegenheiten (KV, UV, PV)' und 'Evidenzbasierte wirtschaftliche Gesundheitsversorgung (EWG)' nach dem am geltenden Dienstpostenplan und dem Anhang zur Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes zur Vorbereitung der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen bereits ab dem dem/der kommissarischen Leiter/Leiterin bzw dem/der leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse direkt zugeordnet.

§718 Abs 18 ASVG

(18) Folgende Abteilungen des Hauptverbandes, basierend auf dem Anhang zur Geschäftsordnung und dem Dienstpostenplan in der am geltenden Fassung, verbleiben im Dachverband:

1. Finanz- und Rechnungswesen einschließlich Fondsverwaltung,

2. Statistik, Grundlagen und Versicherungsmathematik,

3. Dienstrecht, Akademie und Personal,

4. allgemeine Rechtsangelegenheiten, interne Revision und Organisation der
Selbstverwaltung mit Ausnahme der Öffentlichkeitsarbeit,

5. trägerübergreifendes Controlling (TÜC),

6. internationale Angelegenheiten und zwischenstaatliche Sozialversicherung,

7.IT-Management inklusive SVC, Schnittstelle ITSV sowie IT-Organisation,

8. Vertragspartner Medikamente.

Unabhängig davon kann die Konferenz weitere Personalkörper oder Mitarbeiter/innen durch Beschluss an Sozialversicherungsträger übertragen.

(213) Verfassungsrechtlich unzulässig ist der Übertragungszwang im Wege gesetzlicher Ausgliederungen von Fachabteilungen oder im Wege einer Verordnung der Bundesministerin, weil dies in Widerspruch zu den Art 120a ff und Art 7 B-VG steht. Dies betrifft jedenfalls jene Vorbereitungstätigkeiten, die sich auf hoheitliche Aufgaben des Dachverbandes bzw auf rechtsverbindliche Beschlüsse desselben beziehen. Die zwangsweise Übertragung sonstiger Vorbereitungstätigkeiten ist sachlich nicht begründet.

(214) Die abteilungsgenauen Organisationsvorschriften des SV-OG sind weiters mit der Organisationsautonomie der Selbstverwaltung unvereinbar. Die Übertragung von Bediensteten und Abteilungen in 'Bausch und Bogen' an die ÖGK bedarf einer sachlichen Rechtfertigung. Die abgesehen von einem nicht überzeugenden Effizienzargument begründungslose gesetzgeberische Maßnahme erfüllt diese Voraussetzung nicht. Die Vermutung liegt nahe, dass das SV-OG eine an sich schon verfassungsrechtlich bedenkliche Aufgabenreorganisation über die 'organisationsrechtliche Hintertüre' beabsichtigt, die einer Umgehung des Rechts auf Selbstverwaltung gleichkommt.

(215) Zudem folgt das SV-OG keinem durchgehend sachlich nachvollziehbaren Konzept: Zwar wurde die gesetzliche Übertragung einzelner Abteilungen gestrichen. Es handelt sich dabei um die Abteilungen 'Vertragspartner Medikamente' (VPM) (§718 Abs 18 Z 8 ASVG) sowie die Abteilung 'Internationale Angelegenheiten und zwischenstaatliche Sozialversicherung' (IESV) (§718 Abs 8 Z 6 ASVG). Wieso aber gerade diese Abteilungen bzw Aufgaben beim Dachverband verbleiben sollen, andere hingegen nicht, bleibt unbegründet. Das SV-OG hat hiermit eine willkürliche Unterscheidung getroffen, die ohnedies schon erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist.

(216) In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist aber auch insbesondere § 718 Abs 12 Z 2 ASVG bedenklich. Wird nämlich grundsätzlich ausgeführt, dass die am beim Hauptverband beschäftigten Bediensteten mit Wirkung vom so behandelt werden sollen, dass die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die nicht in einer im § 718 Abs 18 ASVG genannten Abteilung beschäftigt sind, im Rahmen ihrer Abteilung auf die Österreichische Gesundheitskasse übergehen, die Dienstverhältnisse der Mitglieder des Verbandsmanagements hingegen nicht auf die Österreichische Gesundheitskasse übergehen, bestimmt § 718 Abs 12 Z 2 ASVG, dass durch Erklärung des Dienstgebers/der Dienstgeberin der/die Bedienstete entsprechend seinem/ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden kann. Dem/der Bediensteten bleiben die ihm/ihr aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der auf ihn/sie anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt (§718 Abs 12 Z 3 ASVG).

(217) Unbeschadet der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Hauptverband sind die Bediensteten der Abteilungen 'Nationale und internationale Grundsatzangelegenheiten (KV, UV, PV)' und 'Evidenzbasierte wirtschaftliche Gesundheitsversorgung (EWG)' nach dem am geltenden Dienstpostenplan und dem Anhang zur Geschäftsordnung des Verbandsvorstandes zur Vorbereitung der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen bereits ab dem dem/der kommissarischen Leiter/Leiterin bzw dem/der leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse direkt zugeordnet.

(218) Weiters sieht § 718 Abs 18 ASVG vor, dass die in dieser Bestimmung genannte[n] Abteilungen des Hauptverbandes, basierend auf dem Anhang zur Geschäftsordnung und dem Dienstpostenplan in der am geltenden Fassung, im Dachverband verbleiben sollen (Z1 bis Z 8 § 718 Abs 18 ASVG). Unabhängig davon aber kann die Konferenz weitere Personalkörper oder Mitarbeiter/innen durch Beschluss an Sozialversicherungsträger übertragen.

(219) Dadurch stoßen in Personalangelegenheiten die angeführten Regelungen auf dieselben Bedenken wie oben unter 6.1. ausgeführt; auf die Ausführungen hierzu wird verwiesen.

(220) § 718 Abs 12 Z 2 ASVG bestimmt, dass durch Erklärung des Dienstgebers/der Dienstgeberin der/die Bedienstete entsprechend seinem/ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden kann. Das bedeutet im Ergebnis, dass eine Zuweisung auf unbeschränkte Dauer von Arbeitnehmern an einen Dritten erfolgt, ohne dass die davon betroffenen Arbeitnehmer irgendeinen Einfluss darauf nehmen könnten. Nachdem also zunächst die Arbeitnehmer des Hauptverbandes, soferne sie nicht nach § 718 Abs 18 ASVG durch Tätigkeit in einer der dort angeführten Abteilungen tätig sind, auf die ÖGK übertragen werden, wird in der Folge die Möglichkeit geschaffen, wiederum eine Rückübertragung an den Dachverband vorzunehmen oder dann, wenn sie in einer Abteilung beim Dachverband verbleiben, an einen Versicherungsträger zugewiesen werden können. Diese Übertragung soll durch bloße Erklärung des Arbeitgebers erfolgen.

(221) In ähnlicher Weise disponiert § 718 Abs 18 letzter Satz ASVG in verfassungswidriger Weise mit den Rechten der Arbeitnehmer, die im Hinblick auf die Zuordnung zu spezifischen beim Dachverband verbleibenden Abteilungen Arbeitnehmer des Dachverbandes verbleiben sollen. Das Gesetz besagt in diesem Zusammenhang nämlich: 'Unabhängig davon kann die Konferenz weitere Personalkörper oder Mitarbeiter/innen durch Beschluss an Sozialversicherungsträger übertragen.' Hier ist also nicht die Erklärung des Arbeitgebers sondern der Beschluss der Konferenz für die Übertragung des Arbeitsverhältnisses maßgeblich.



(222) Eine derartige Vorgehensweise steht im Widerspruch zu wesentlichen Grundsätzen des Arbeitsrechts, da es Arbeitnehmern — wie bereits unter 6.1. ausgeführt als Ausprägung der ihnen zukommenden und verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie — überlassen bleiben muss, selbst darüber zu entscheiden, wem sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Es wurde unter 6.1. darauf hingewiesen, dass hier — ohne dass dies aber dem Text oder den Erläuterungen zu entnehmen wäre — offenkundig von diesem, vor allem in § 1153 ABGB festgelegten Prinzip abgewichen werden soll.

(223) Diese Bestimmung genießt zwar grundsätzlich nicht Verfassungsrang, weiters steht sie unter dem Vorbehalt, dass 'sich aus dem Dienstvertrag oder aus den Umständen nichts anderes ergibt'. Beides liegt vorliegend allerdings nicht vor, die Zuweisung erfolgt nämlich gerade nicht vertraglich (sondern durch die Vorgangsweise wie in den Bestimmungen der § 718 Abs 12 Z 2 [Erklärung des Arbeitgebers] und Abs 18 letzter Satz [Beschluss der Konferenz] ASVG), weshalb auch das Einvernehmen der jeweiligen Bediensteten von Gesetzes wegen unerheblich ist.

(224) Weiters kann der Hinweis auf die 'anderen Umstände' nur im Sinne der § 863 Abs 1 bzw 914 ABGB als konkludente Vereinbarung verstanden werden bzw dass die genannte Norm bei unklarer Vereinbarung eine Vertragsauslegung bzw Ergänzung in einer Weise gestattet, wie sie redliche und vernünftige Vertragsparteien vereinbart hätten. Auch dies trägt aber keine gesetzliche Zuweisung, weil diese keinerlei (auch nicht fiktive) Gestaltungsmöglichkeit für die Vertragsparteien übrig lässt. Dazu kommt, dass der Kreis der zugewiesenen Personen in § 718 Abs 12 Z 2 und Abs 18 letzter Satz ASVG in keiner Weise so definiert ist, dass aus der Gesetzesbestimmung ein vorhersehbares Verhalten des Arbeitgebers abgeleitet werden kann. Sohin kann nicht einmal aus dem (gleichsam gesetzlich vorgegebenen) 'Umständen anderes' geschlossen werden.

(225) Unter Berücksichtigung all dessen wäre also eine besondere sachliche Rechtfertigung nötig, um eine Durchbrechung des Grundprinzips des § 1153 ABGB verfassungsrechtlich zulässig zu machen.

(226) Die einseitige Übertragung der Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis ist sogar einem privaten Arbeitgeber verboten, für den die Grundrechte nur mittelbar gelten, daher muss dies noch viel mehr für den Gesetzgeber als primären Adressaten dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtlich sein. In Ermangelung einer erkennbaren fundierten sachlichen Rechtfertigung wäre daher die gesetzliche Zuweisung von Bediensteten der zukünftigen ÖGK an den Dachverband und umgekehrt durch bloße Erklärung des Dienstgebers als verfassungswidrig anzusehen.

(227) Zusammengefasst bedeutet dies, dass die in § 718 Abs 12 Z 2 und Abs 18 letzter Satz ASVG vorgesehene Zuweisung von Arbeitnehmern von einem Rechtsträger an einen anderen und umgekehrt durch bloße Erklärung des Dienstgebers einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung entbehrt, und dass die Zuweisungskonstruktion in Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Verbot der Zwangsarbeit (Art4 Abs 1 MRK) und dessen einfach gesetzlichen Ausprägungen in § 1153 ABGB und § 2 Abs 2 AÜG steht, die zudem auf die verfassungsgesetzliche geschützte Privatautonomie gestützt wird.

(228) Die Unsachlichkeit des § 718 Abs 12 Z 2 und Abs 18 letzter Satz ASVG wird weiters durch die Unbestimmtheit der Umschreibung des von der Zuweisung erfassten Personenkreises noch verstärkt.

(229) Die Bestimmungen des § 718 Abs 12 und 18 ASVG sind darüber hinaus auch unbestimmt. In den genannten Absätzen der Bestimmung des § 718 ASVG wird der Sachverhalt geregelt, dass die Arbeitnehmer des einen Arbeitgebers einem Dritten 'zur Verfügung gestellt werden'. Dabei bedient sich der Gesetzgeber einer völlig uneinheitlichen und unbestimmten Terminologie und Vorgehensweise. § 718 Abs 12 Z 1 ASVG bestimmt, dass 'die Dienstverhältnisse (...) im Rahmen ihrer Abteilung auf die Österreichische Gesundheitskasse über(gehen).' § 718 Abs 12 Z 2 ASVG spricht davon, dass '(d)urch Erklärung des Dienstgebers/der Dienstgeberin (...) der/die Bedienstete entsprechend seinem/ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträger zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden (kann).' § 718 Abs 18 ASVG spricht wiederum davon, dass 'die Konferenz weitere Personalkörper oder Mitarbeiten/innen durch Beschluss an Sozialversicherungsträger übertragen (kann).' 'Übertragung', 'Zuweisung' oder 'Übergang' werden vom Gesetzgeber nicht näher definiert, können aber unterschiedlichste Bedeutungen mit stark divergierenden rechtlichen Konsequenzen haben. 'Übertragung' kann beispielsweise den Wechsel des Arbeitgebers bedeuten, oder aber eine reine Arbeitskräfteüberlassung ohne Arbeitgeberwechsel, also den bloßen Wechsel des Beschäftigers. Der Terminus 'Zuweisung' stammt aus dem Beamtendienstrecht und ist im privaten Arbeitsrecht gänzlich undefiniert und sohin in § 718 ASVG gänzlich deplatziert. Möglicherweise ist, dass vorliegendenfalls eine Versetzung innerhalb des eigenen Arbeitgebers gemeint ist, denkmöglich ist aber auch, dass damit der Wechsel des Arbeitgebers bestimmt werden soll. Für 'Übertragung' gilt das gleiche. Das Gesetz ist jedenfalls so unbestimmt, dass nicht einmal ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber dieselben rechtlichen Vorgänge und Anordnung[en] mit unterschiedlichen Begriffen zum Ausdruck bringt.

(230) Als mögliche Beschäftiger dieser Arbeitnehmer werden einerseits die Österreichische Gesundheitskasse genannt (§718 Abs 12 Z 1 ASVG), andererseits 'eine Organisationseinheit bzw ein Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers' (§718 Abs 12 Z 2 ASVG). In § 718 Abs 18 letzter Satz werden als Beschäftiger 'Sozialversicherungsträger' genannt, mithin nicht einmal die Bestimmung vorgenommen, welcher der bestehenden Sozialversicherungsträger (die Terminologie des Gesetzes verwendet den Plural ohne jeglichen weiteren Hinweis darauf, wer Beschäftiger sein soll!) derjenige sein soll, an den die Arbeitskräfte übertragen werden. Problematisch ist daher die fehlende Determinierung der Anordnung des Aktes der 'Weitergabe' der Arbeitnehmer. Weder ist dabei klar, welche rechtliche Konsequenz die 'Übertragung', 'Zuweisung' oder der 'Übergang' haben soll (Wechsel des Arbeitgebers; Arbeitskräfteüberlassung; Versetzung; 'Dienstzuteilung'), weiters wird nicht präzise beschrieben, welche Personen und/oder Dienststellen betroffen sind, bzw an welche Dienststellten die Arbeitnehmer durch die benannten Akten übertragen werden sollen. Man beachte bloß die Bezeichnung 'Personalkörper', welcher in rechtlicher Hinsicht inhaltsleer ist.

(231) Die Regelungen sind daher nahezu unverständlich und auch nicht kohärent, weshalb sie gegen das Sachlichkeitsgebot und das Legalitätsprinzip verstoßen, da die Gesetzesbestimmungen nicht ausreichend determiniert sind. Der Rechtsunterworfene muss das verwaltungsbehördliche Vorgehen, soweit es seine Rechtsposition berührt, solcherart vorhersehen können, dass sich die Prognoseunsicherheit in sachlich gerechtfertigten Grenzen hält. Vorliegendenfalls erlauben die verba legalia geradezu Willkür, weil keinerlei Bestimmtheit gegeben ist, sodass nicht mehr von Ermessen die Rede sein kann sondern von schlicht unbestimmten Gesetzesbegriffen, die Art 18 B-VG widersprechen. Daher ist es den Gerichten unmöglich gemacht, eine Vollziehung der Gesetze zu überprüfen, und können weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer ihr Verhalten nach diesen Normen einrichten.

(232) Der Gesetzgeber schließt darüber hinaus ausdrücklich aus, dass vorliegendenfalls ein Betriebsübergang vorliegt. In den Materialien der Regierungsvorlage zum SV-OG wird nämlich im Kontext der Neuverteilung der Aufgabenbereiche des Hauptverbandes zu dieser Frage ausgeführt, dass die Bestimmungen des Betriebsübergangsrechts (§3 ff AVRAG) keine Anwendung finden. Gestützt wird diese Ansicht auf die Ausnahmeregelung der Betriebsübergangs-RL in Art 1 Abs 1 litc. Nach dieser Bestimmung sind 'Übertragungen von Aufgaben im Zuge der Umstrukturierung von Verwaltungsbehörden oder bei der Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer Behörde auf eine andere' vom Anwendungsbereich der Betriebsübergangsrichtlinie ausgenommen. Diese Ausnahmeregelung soll nach den Materialien auch für die Betriebsübergangsregelungen des AVRAG Geltung finden. Zwar werden die Ausführungen lediglich in Bezug auf die Neuverteilung der Aufgaben des Hauptverbandes bezogen, allerdings stellt sich diese Frage der Anwendbarkeit der betriebsübergangsrechtlichen Bestimmungen bei der Zusammenlegung der GKK zur ÖGK gleichermaßen.

(233) Folgt man der in den Materialien verwendeten Meinung und handelt es sich bei der Tätigkeit der Gebietskrankenkassen bzw des Hauptverbandes trotz der sehr weiten Interpretation des Anwendungsbereichs durch OGH und EuGH überwiegend um nicht wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne der Betriebsübergangs-RL, schließt dies die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Betriebsübergangsrechts auf einzelne Abteilungen nicht aus. Sowohl Betriebsübergangs-RL als auch das AVRAG sprechen nämlich nicht nur von Unternehmen und Betrieben, sondern auch von Teilen davon. Die Ausnahme einer strukturellen Neuordnung der öffentlichen Verwaltung oder die Übertragung von Verwaltungsaufgaben von einer Behörde auf eine andere ist nur dann nicht von der Richtlinie erfasst, weil und nur soweit hoheitliche Tätigkeiten betroffen sind. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der betreffenden juristischen Person des öffentlichen Rechts insgesamt Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnisse zur Verfügung stehen, sondern ob solche in den fraglichen Betriebsteilen angesiedelt sind. Demnach sind die betriebsübergangsrechtlichen Schutzbestimmungen jedenfalls anzuwenden für organisatorisch abgrenzbare Einheiten, die Leistungen erbringen, die nicht im direkten Zusammenhang mit hoheitlichen Tätigkeiten stehen und klassischerweise wirtschaftliche Tätigkeiten darstellen.

(234) Im Rahmen einer Verneinung der allgemeinen Anwendbarkeit des AVRAG auf die Gebietskrankenkassen bzw den Hauptverband als solchen käme man zu dem nicht vertretbaren Ergebnis, dass bestimmte Arbeitnehmer in gewissen Abteilungen von den betriebsübergangsrechtlichen Bestimmungen geschützt wären, wohingegen andere einem Schutz entbehren. Dies bliebe freilich dann unproblematisch, wenn durch andere (gesetzliche) Regelungen ein identes oder besseres Schutzniveau für die betroffenen Dienstnehmer gewährleistet werden würde. Ist der vorgesehene Schutz allerdings nicht deckungsgleich bzw liegt überhaupt kein Schutz vor, so würde dies auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen.

(235) Sachlich gerechtfertigt ist diese Ungleichbehandlung nicht. Zwar wird in der Lehre vertreten, dass der Hintergrund der Ausnahmeregelung (Art1 Abs 1 litc der Betriebsübergangs-RL) darin bestünde, dass es im Bereich der öffentlichen Verwaltung im Interesse einer Finanzoptimierung geboten sei, das soziale Schutzbedürfnis der Bediensteten stärker als in der Privatwirtschaft zurücktreten zu lassen. Diese Begründung ist jedoch nicht stichhaltig. Die Ausnahmebestimmung in der Betriebsübergangs-RL hat nämlich vielmehr einen kompetenzrechtlichen Hintergrund. Der Kompetenzmangel der Union, Rechtsakte auf bestimmte Bereiche auszudehnen, vermag nicht eine unsachliche Unterscheidung von Bediensteten nach Inhalt ihrer Tätigkeit zu rechtfertigen.

(236) Festzuhalten ist, dass es zweifelhaft erscheint, dass eine derartige Unterscheidung vorliegt. § 718 Abs 12 Z 3 enthält zwar eine Klausel betreffend die individuelle Rechtswahrung, nach Abs 13 der Übergangsbestimmung sollen die bisherigen Bestimmungen der kollektiven Rechtsgestaltungen, also Dienstordnungen und BVs aufrecht bleiben, und schließlich § 718 Abs 15 ASVG die Arbeitgeberkündigungen 'aus dem Grund der Organisationsänderungen' ausschließen. Damit sind materiell die Anforderungen der Betriebsübergangs-RL und auch des AVRAG teilweise erfüllt. Spätere gesetzliche Eingriffe oder Verschlechterungen der bestehenden Kollektivverträge bzw Betriebsvereinbarungen sind damit allerdings nicht ausgeschlossen. In diesem Fall bestehen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Vertrauensschutz. Dies gilt namentlich für den Kündigungsschutz, und zwar gerade deshalb, weil der in § 718 Abs 15 ASVG geforderte Kausalzusammenhang zwischen Organisationsänderung und Kündigung vermutlich umso schwerer nachzuweisen ist, je mehr Zeit seit der Umstellung vergangen ist. Der dort vorgesehene Schutz könnte aber im Ergebnis zu einer ArtBeweislastumkehr führen, dass der Arbeitgeber (ähnlich wie jetzt bei Kündigungen wegen Betriebsübergang) auch in Zukunft beweisen muss, dass nicht die Organisationsänderung, sondern ganz andere Gründe für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend sind.

[…]"

1.2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

"III. In der Sache:

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

Die Bedenken der Antragsteller entsprechen zum Teil jenen, die die Antragsteller im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof G67-71/2019 vorbringen. Die Bundesregierung erhebt daher ihre Äußerung, die sie im Verfahren G67-71/2019 erstattet, zur Gänze als Beilage zum Inhalt ihrer Äußerung im gegenständlichen Verfahren und geht in der Folge auf jene Bedenken ein, auf die im Verfahren G67-71/2019 nicht einzugehen war.

1. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Einrichtung der Überleitungsorgane:

1.1.A. Gemäß § 538v Abs 1 ASVG wird für den Zeitraum bis ein Überleitungsausschuss nach den für den Verwaltungsrat maßgeblichen Bestimmungen der (neuen) § 420 ff ASVG in der Fassung des SV-OG gebildet. Die Mitglieder des Überleitungsausschusses dürfen keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören. Nach Ansicht der Antragsteller sei es unsachlich, alle durch ihre bisherige Tätigkeit mit den Fragen der Krankenversicherung vertrauten Personen von diesem Gremium auszuschließen.

1.1.B. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt dem Bedenken der Antragsteller eine falsche Rechtsauffassung zu Grunde. Durch § 538v Abs 1 ASVG werden bestimmte Personen nicht von ihrer Bestellung in den Überleitungsausschuss ausgeschlossen, sondern handelt es sich dabei vielmehr um eine Unvereinbarkeitsbestimmung, nämlich dahingehend, dass Personen nicht gleichzeitig dem Überleitungsausschuss und einem anderen Verwaltungskörper angehören dürfen. Dem entsprechend wurde eine erhebliche Zahl von Versicherungsvertretern ihrer Funktion enthoben, um in ein Überleitungsgremium entsendet werden zu können.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist diese Inkompatibilitätsregel auch sachlich gerechtfertigt, da es Aufgabe des Überleitungsausschusses ist, bestimmte Beschlüsse an Stelle der Verwaltungskörper der Gebietskrankenkassen zu fassen.

1.2.A. Die Antragsteller vertreten auch die Auffassung, dass es unzulässig sei, dass die zuständige Bundesministerin gemäß § 538v Abs 4 ASVG einen kommissarischen Leiter bestellt. Dieser sei nicht demokratisch legitimiert. Außerdem dürfen an der Selbstverwaltung ein Ministerialbediensteter nicht mitwirken.

1.2.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass der Überleitungsausschuss nach den ab in Kraft tretenden Bestimmungen über die Organkreation gebildet wird. Es ist daher davon auszugehen, dass dieser Ausschuss über dieselbe demokratische Legitimation wie die zukünftigen Verwaltungskörper verfügt. Der kommissarische Leiter wird nur vorübergehend eingesetzt, nämlich bis zur Bestellung des leitenden Angestellten, die nach den Vorgaben des SV-OG bis zu erfolgen hat (vgl für die Österreichische Gesundheitskasse § 538w Abs 4 ASVG in der Fassung des SV-OG). Durch seine rechtzeitige Bestellung soll sichergestellt werden, dass die Bediensteten der Gebietskrankenkassen, denen gegenüber der kommissarische Leiter weisungsbefugt ist, schon ab zu Vorbereitungshandlungen für die Zusammenlegung herangezogen werden können (vgl RV 329 BIgNR XXVI. GP 22). Der kommissarische Leiter ist der zuständigen Bundesministerin auch nicht weisungsgebunden, wie dies die Antragsteller vertreten, sondern 'ausschließlich dem Überleitungsausschuss verantwortlich'. Das Bedenken der Antragsteller ist daher nach Ansicht der Bundesregierung darauf hin einzuschränken, dass der kommissarische Leiter nicht demokratisch legitimiert ist. Ein derartiges Defizit demokratischer Legitimation während (eines Teils) des Übergangszeitraums von alter und neuer Organisation der Sozialversicherung ist jedoch nahezu unvermeidlich.

1.3.A. § 538v Abs 1 dritter Satz ASVG sieht vor, dass für den Fall, dass ein gültiger Beschluss des Überleitungsausschusses nicht zustande kommt, der Vorsitzende, wenn wichtige Interessen der Österreichischen Gesundheitskasse gefährdet scheinen, die Angelegenheit der zuständigen Bundesministerin zur Entscheidung vorlegen kann. Dadurch werde nach Ansicht der Antragsteller in unzulässiger Weise in das Selbstverwaltungsrecht eingegriffen. Insbesondere sei unklar, wann ein gültiger Beschluss nicht zustande kommt und unter welchen Voraussetzungen der Vorsitzende die Angelegenheit an die zuständige Bundesministerin vorlegen kann.

1.3.B. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Entscheidung durch die zuständige Bundesministerin um eine Art der Streitschlichtung handelt, wenn der Überleitungsausschuss einen Beschluss über einen Antrag nicht fasst. Ein Beschluss des Überleitungsausschusses über einen Antrag wird dann nicht gefasst, wenn dieser nicht die notwendige Zustimmung findet (in der Regel einfache Mehrheit; vgl § 538v Abs 3 ASVG).

1.4.A. Die Antragsteller vertreten auch die Auffassung, dass es dem Grundsatz der Selbstverwaltung widerspreche, dass der Vorsitz im Überleitungsausschuss von einem Vertreter der Dienstgeber geführt werde, da es sich bei dieser Gruppe um eine solche handelt, die nur aus besonderen Gründen im Überleitungsausschuss vertreten ist.

1.4.B. Die Bundesregierung verweist diesbezüglich auf die Ausführungen ihrer Äußerung im Verfahren G67-71/2019, wonach es im Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung liege, die näheren Regelungen über die Repräsentation in den Organen der Selbstverwaltungskörper zu treffen.

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Übertragung von Aufgaben auf das Büro:

2.A. Gemäß § 432 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG kann der Verwaltungsrat die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungsträgers übertragen. Die Bestimmung sieht weiter vor, dass der Verwaltungsrat – unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit – tunlichst bestimmte Aufgaben zu übertragen hat. Nach Ansicht der Antragsteller werde dadurch die Autonomie der Selbstverwaltung verletzt; außerdem sei das Büro nicht demokratisch legitimiert.

2.B. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass eine Verpflichtung zur Übertragung bestimmter Aufgaben auf das Büro gesetzlich nicht vorgesehen ist. Auch die Anordnung, wonach der Verwaltungsrat bestimmte Aufgaben 'tunlichst' zu übertragen hat, begründet eine solche Verpflichtung nicht, da es dem Verwaltungsrat möglich ist, sich auch solche Aufgaben vorzubehalten.

Hinsichtlich der fehlenden demokratischen Legitimation des Büros wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um einen Verwaltungskörper, sondern um einen Geschäftsapparat des Selbstverwaltungskörpers handelt, der dem Verwaltungsrat gegenüber verantwortlich ist und die Aufgaben unbeschadet der Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates besorgt. Aus dem Gebot der demokratischen Legitimation der Organe der Selbstverwaltungskörper folgt nach Ansicht der Bundesregierung nicht, dass diese alle Aufgaben auch selbst besorgen müssen, sondern sich zur Besorgung ihrer Aufgaben auch Geschäftsapparaten bedienen können (für welche eine demokratische Legitimation nicht erforderlich ist).

3. Zu den Bedenken hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung durch den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge:

3.1.A. Die Antragsteller vertreten nicht nur die Ansicht, dass die vollständige Übertragung der Sozialversicherungsprüfung auf den Prüfdienst der Bundesfinanzverwaltung gegen die verfassungsrechtlich gewährleisteten Prinzipien der Selbstverwaltung verstoßen würde, sondern auch, dass durch die Neugestaltung der Prüfung eine Trennung des Ermittlungsverfahrens von der Entscheidung dahingehend bewirkt werde, dass dafür nicht mehr dieselbe Behörde zuständig sei. Diese Abweichung von den Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen sei 'nicht erforderlich' im Sinne des Art 11 Abs 2 B-VG.

3.1.B. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind abweichende Regelungen von den Verwaltungsverfahrensgesetzen nur dann im Sinne des Art 11 Abs 2 letzter Halbsatz B[-]VG 'erforderlich', wenn sie zur Regelung des Gegenstandes 'unerlässlich' sind (VfSlg 19.921/2014). Die Bundesregierung weist aber darauf hin, dass die gemäß § 39 Abs 1 und 2 AVG bloß subsidiäre Anwendbarkeit der § 39 bis 55 AVG bedeutet, dass der Verfahrensgesetzgebung im Bereich der Regelung des Ermittlungsverfahrens kein 'Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet' hat, sodass der Maßstab des Art 11 Abs 2 B-VG in diesem Zusammenhang unbeachtlich ist (vgl VfSlg 16.285/2001). Die Ausgestaltung des behördlichen Ermittlungsverfahrens obliegt somit der zuständigen Materiengesetzgebung.

Bei der Prüfung der Grundlagen für die Festsetzung der Beiträge und deren Einhebung werden ein Sachverhalt erhoben, Beweismittel vorläufig gewürdigt und ein Bericht verfasst. Es handelt sich also bei der Prüftätigkeit um eine Vorbereitungshandlung für jene Organe, die diese Beiträge dann tatsächlich vorzuschreiben haben. Daran ändert sich auch durch die angefochtene Zusammenlegung der Prüfdienste nichts, denn der gemeinsame Prüfdienst wird nur als Hilfsorgan der mit der Einhebung der betreffenden Abgaben oder Beiträge betrauten Stelle tätig (vgl § 6 PLABG). Dem jeweiligen Prüforgan kommt im Prüfverfahren die Funktion eines Sachverständigen zu (vgl dazu RV 328 BIgNR XXVI. GP 1). Da weder dadurch noch auf sonstige Weise im PLABG auf die Festsetzung der Beiträge und auf die Tätigkeit der damit auch in Zukunft bei den Sozialversicherungsträgern tätigen Organen Einfluss genommen wird (vgl dazu etwa auch § 10 Abs 3 erster Satz PLABG), sind keine Gründe dafür erkennbar, diese Prüfungstätigkeit als Bestandteil der Festsetzung und Einhebung anzusehen. Die Krankenversicherungsträger bzw die Österreichische Gesundheitskasse sind somit weiterhin jene Stellen, denen die Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens zur Festsetzung oder Einhebung der Beiträge zukommt. Es ist daher nach Auffassung der Bundesregierung ohne Zweifel zulässig, dass die gesetzliche vorgesehene Einbindung bestimmter Sachverständiger bei Durchführung eines Verfahrens sachlich gerechtfertigt und nicht verfassungswidrig ist und dass von einer im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen etablierten einheitlichen sachverständigen Prüforganisation die Grundlagen für die Sozialversicherungsbeiträge geprüft werden können.

3.2.A. Die Antragsteller vermeinen überdies, dass die Einrichtung des Prüfdienstes nur hinsichtlich der Selbstverwaltung der unselbständig Erwerbstätigen nach dem ASVG ein Verstoß gegen das gesetzliche eingerichtete Ordnungsgefüge darstelle, das einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfe, weshalb mangels dieser Rechtfertigung 'gesetzgeberische Willkür' und ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliege.

3.2.B. Die Bundesregierung verweist auf ihre entsprechenden Ausführungen ihrer Äußerung im Verfahren G67-71/2019 wonach es für 'die' Selbstverwaltung an sich keine einheitlichen verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Beitragswesen gibt. Darüber hinaus besteht auch im Bereich der sonstigen Selbstverwaltung kein einheitliches (einfachgesetzliches) System für die Prüfung, Festsetzung und Einhebung von Beiträgen und Umlagen. Anders als die Antragsteller meinen, existiert somit kein einheitliches gesetzliches Ordnungsgefüge an das die Gesetzgebung gebunden sei. Im Übrigen kann der Gesetzgebung bei der Verwirklichung des Ziels der Implementierung einer effizienteren und serviceorientierteren Verwaltungsorganisation (vgl dazu die Zielsetzung des PLABG in 328 BIgNR XXVI. GP 1) nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Reform gegebenenfalls in mehreren Schritten umsetzt und in einem ersten Schritt die Prüftätigkeit nur hinsichtlich bestimmter Selbstverwaltungskörper zentralisiert (um gegebenenfalls in Zukunft aufgrund der gewonnenen Erfahrungen weitere Optimierungs- und Zentralisierungsschritte zu setzen). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der einfachen Gesetzgebung bei der Entscheidung, welche rechtspolitischen Ziele sie mit ihren Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Beurteilung durch den Verfassungsgerichtshof unterliegt nicht die Zweckmäßigkeit der Verfolgung bestimmter rechtspolitischer Ziele, sondern lediglich, ob diese Ziele vertretbar als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (zB VfSlg 12.094/1989, 19.687/2012, ). Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum erfasst sowohl die Wahl der Ziele, die die Gesetzgebung aufgreift, als auch die Wahl der Mittel, die sie dabei vorsieht. Die Bundesregierung vertritt daher die Auffassung, dass das gewählte Regime auch in dieser Hinsicht nicht verfassungswidrig ist.

4. Zu den Bedenken hinsichtlich der Zielsteuerung Sozialversicherung:

4.1.A. Gemäß § 441f ASVG in der Fassung des SV-OG hat die Konferenz des Dachverbandes im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger Ziele zu beschließen. Nach Ansicht der Antragsteller sei die Rechtsnatur dieser Ziele unklar und auch ihre möglichen Inhalte seien gesetzlich nicht ausreichend vorgegeben, weshalb die Bestimmung in Widerspruch zu Art 18 B-VG stehe.

4.1.B. Die Antragsteller berufen sich bei Darlegung ihrer Bedenken auf das Erkenntnis VfSlg 17.172/2004, mit welchem der Verfassungsgerichtshof – unter anderem – eine Bestimmung des ASVG aufgehoben hat, die vorgesehen hat, dass der Hauptverband 'Zielvereinbarungen' zu treffen hat. Die Rechtsnatur dieser Zielvereinbarungen war unklar; insb., ob und gegenüber wem diese Rechtswirkungen entfalten. Weiters war ihr Inhalt nicht ausreichend gesetzlich vorgegeben. Aus Anlass dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs wurde durch das 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004, BGBI. I Nr 171/2004, ein neues System der Zielsteuerung geschaffen, das auch dem § 441f ASVG in der Fassung des SV-OG zu Grunde liegt. Anders als nach der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erachteten Rechtslage sind an das Erreichen der Ziele keine rechtlichen Konsequenzen geknüpft (§447c ASVG in der Fassung der 60. Novelle zum ASVG, BGBl I Nr 140/2002, hatte vorgesehen, dass an die Zielerreichung Zuschüsse aus dem damaligen Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger geknüpft waren).

Da die Ziele durch Beschluss der Konferenz festgelegt werden, sind sie für den Dachverband und die in ihm zusammengefassten Versicherungsträger 'verbindlich' (§30 Abs 3 ASVG in der Fassung des SV-OG – wie auch nach geltender Rechtslage; siehe § 31 Abs 6 ASVG). Sollen die Ziele darüber hinaus Rechtswirkungen entfalten, hat der Dachverband einen entsprechenden Rechtsakt zu erlassen (vgl Lienbacher/Siuda in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg.], Der SV-Komm § 441e ASVG, 223. Lfg., Rz. 3). Da es sich bei den Zielen lediglich um subnormative, politische Selbstvorgaben handelt, bedarf es nach Ansicht der Bundesregierung auch keiner weiteren gesetzlichen Vorgaben ihres Inhalts.

4.2.A. Gemäß § 444 Abs 5 Z 3 ASVG in der Fassung des SV-OG hat die zuständige Bundesministerin für die Zielsteuerung Weisungen zu erlassen. Die Erlassung von Weisungen widerspreche nach Ansicht der Antragsteller Art 120b Abs 1 B-VG, wonach die Selbstverwaltungskörper das Recht haben, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen.

4.2.B. Die Bundesregierung beschränkt sich auf den Hinweis, dass eine Weisungsbefugnis hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten schon im geltenden § 444 Abs 6 ASVG vorgesehen ist.

5. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Überleitung von Dienstverhältnissen:

5.1.A. Gemäß § 15 abs. 1 PLABG werden bestimmte Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse (die Bedienstete einer Gebietskrankenkasse waren) auf unbeschränkte Dauer dem Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zugewiesen. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass dies 'dem Grundprinzip des § 1153 ABGB' widersprechen würde, den Grundsatz der Privatautonomie, das Verbot der Zwangsarbeit und das Grundrecht auf Eigentum verletzen würde, da eine Zuweisung von nicht näher bestimmten Bediensteten auf unbestimmte Zeit ohne deren Zustimmung und ohne Bedachtnahme auf deren Interessen vorgesehen ist. Aus diesen Gründen seien die genannten Regelungen auch unsachlich.

5.1.B. Die Antragsteller weisen zutreffend darauf hin, dass § 1153 ABGB nicht in Verfassungsrang steht. Nach Ansicht der Bundesregierung erübrigt es sich daher, auf dieses Argument näher einzugehen.

Soweit behauptet wird, der Kreis der zugewiesenen Personen wäre nicht präzise gezogen, ist auf § 15 Abs 1 Z 1 bis 5 PLABG zu verweisen, der in detaillierter Weise jene Personen benennt, die dem Bund zugewiesen werden (vgl dazu auch die diesbezüglichen Ausführungen in 328 BIgNR XXVI. GP 5 f). Soweit behauptet wird, der Begriff 'überwiegend' wäre zu unpräzise, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Begriff bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch im Sinne von 'hauptsächlich' bzw 'vor allem' klar verständlich ist und im vorliegenden Kontext jene Bediensteten anspricht, deren Arbeitskraft zu mehr als 50% den in Z 1 bis 5 genannten Bereichen zugeordnet ist. Die Ermittlung der von der angefochtenen Bestimmung betroffenen Bediensteten ist somit eindeutig gewährleistet.

Soweit im Antrag behauptet wird, dass die gesetzliche Zuweisung ohne Zustimmung der betroffenen Bediensteten sachlich nicht gerechtfertigt sei, dem arbeitsrechtlichen Grundsatz des § 2 Abs 2 des ArbeitskräfteüberlassungsgesetzesAÜG, BGBl Nr 196/1988, und der verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie widerspreche sowie eine Verletzung des Grundrechts auf Eigentum darstelle, ist darauf hinzuweisen, dass das AÜG im konkreten Fall nicht anwendbar ist (vgl § 15 Abs 1 letzter Satz PLABG) und auch keinen verfassungsrechtlichen Prüfmaßstab darstellt. Die Antragsteller führen auch nicht aus, auf welches verfassungsrechtlich geschützte Prinzip sich der aus der 'Privatautonomie erfließende Grundsatz des § 1153 ABGB' ergeben sollte. Die Bundesregierung weist vielmehr darauf hin, dass sich aus der Judikatur des Obersten Gerichtshofes im Kontext der Reichweite der Privatautonomie bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen ergibt, dass bei der Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen nachträgliche Anpassungen durch den Dienstgeber zulässig sind (vgl 8 Ob A16/03s).

Da sich die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 1523/1946, 1542/1947, 4010/1961, 7160/1973, 8201/1977, 9392/1982, 9887/1983, 10409/1985) auf alle privaten Vermögensrechte erstreckt, umfasst sie auch das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge. Der Staat darf demzufolge – gleichgültig, ob er den Abschluss bestimmter Verträge verhindert oder umgekehrt dazu zwingt – in die Privatautonomie lediglich unter den Voraussetzungen eingreifen, die die Verfassungsordnung ganz allgemein für die Zulässigkeit von Eigentumseingriffen vorsieht (VfSlg 12.227/1989). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes greift ein Gesetz, das einen privatrechtlichen Vertrag unmittelbar verändert, allein schon dadurch in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile ein und bildet eine Eigentumsbeschränkung (vgl VfSlg 14.075/1995; 17.071/2003 jeweils mwH). Im konkreten Fall ist jedoch darauf hinzuweisen, dass durch die Zuweisung gemäß § 15 Abs 2 PLABG sich die dienst- und besoldungsrechtliche Stellung nicht ändert. Diese Bediensteten bleiben somit weiterhin Angestellte der Österreichischen Gesundheitskasse und die für sie geltenden Rechtsvorschriften, Dienstordnungen und Kollektivverträge gelten weiter. Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass nach Auffassung der Bundesregierung durch die Zuweisung noch nicht einmal ein Eingriff in das Eigentumsrecht erfolgt.

Sofern der Verfassungsgerichtshof diese Auffassung nicht teilen sollte, wird auf folgendes hingewiesen: Nach Auffassung der Bundesregierung könnte die Zuweisung allenfalls nur als Eigentumsbeschränkung qualifiziert werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann die Gesetzgebung angesichts des in Art 1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts – verfassungsrechtlich unbedenkliche – Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern sie dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt (vgl VfSlg 9189/1981, 10.981/1986 und 15.577/1999), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl zB VfSlg 9911/1983, 14.535/1996, 15.577/1999 und 17.071/2003) und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird (vgl etwa VfSlg 13.587/1993, 14.500/1996, 14.679/1996, 15.367/1998 und 15.753/2000). Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eigentumseingriff stehen. Hinsichtlich des vorliegenden öffentlichen Interesses wird wiederum auf die Ausführungen der Äußerung der Bundesregierung im Verfahren G67-71/2019 verwiesen. Dass die Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Zielerreichung erforderlich ist, belegen die differenzierenden Regelungen des § 15 Abs 1 Z 1 bis 5 PLABG, die selektiv nur jene Bedienstete zuweisen, deren Arbeitsbereiche durch die Einrichtung des Prüfdienstes betroffen sind. Die Erforderlichkeit dieser Maßnahme folgt aus der Tatsache, dass ohne diese qualifizierten personellen Ressourcen eine effektive Neuorganisation des Prüfwesens nicht möglich wäre. Darüber hinaus ermöglicht die Regelung des § 15 Abs 1 zweiter Satz PLABG eine differenzierende individuelle Behandlung der Bediensteten, indem er vorsieht, dass die Zuweisung aus wichtigen, in der Person des Bediensteten gelegenen Gründen unterbleiben oder beendet werden kann. Deswegen ist auch das Vorbringen der Antragsteller im Hinblick auf die 'Ausnahmslosigkeit der Zuweisung der Bediensteten ohne geringste Bedachtnahme auf deren Interessen' nicht zutreffend. Dass ein gelinderes Mittel ebenfalls nicht zur Verfügung steht, hat die Bundesregierung bereits in ihrer Äußerung im Verfahren G67-71/2019 dargelegt. Zusammenfassend hält die Bundesregierung fest, dass eine Verletzung des Grundrechts auf Eigentum durch die angefochtenen Bestimmungen nicht vorliegt.

Die Bundesregierung weist überdies auch darauf hin, dass das Instrument der unbefristeten Zuweisung oder Zuteilung zur Dienstleistung an einen neu eingerichteten Rechtsträger aufgrund von Organisationsänderungen in zahlreichen bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften verankert ist (vgl etwa § 64 Abs 2 und 3 des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBI. Nr 313/1994, § 13 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes, BGBI. I B[N]r. 63/2002, Oö. Bediensteten-Zuweisungsgesetz 2015, LGBl Nr 54/2015, Steiermärkisches Gemeindebediensteten-Zuweisungsgesetz, LGBl Nr 54/2003, Wiener ASFINAG – Zuweisungsgesetz, LGBl Nr 43/2006). Da im konkreten Fall die Bestimmungen des PLABG die Zuweisung mit einem Verbleib der Diensthoheit und Dienstgeberfunktion beim bisherigen Dienstgeber verbinden und gleichzeitig durch die Regelungen des PLABG die Rechte der zugewiesenen Bediensteten in einem Ausmaß und einer Weisung gewahrt werden, die dem Schutzniveau des AÜG entsprechen (vgl dazu den expliziten Hinweis in 328 BIgNR XXVI. GP 6), ist es nicht erforderlich, die Bestimmungen des AÜG für anwendbar zu erklären bzw ist es sachlich gerechtfertigt, die Anwendbarkeit der Regelungen des AÜG auszuschließen. Die von den Antragstellern nicht weiter ausgeführte Behauptung, § 15 PLABG führe zu einer geradezu beliebigen, auch verschlechternden Versetzung der Dienstnehmer ohne deren Zustimmung an einen anderen Arbeitsort und unter ein anderes arbeitsrechtliches Regime, ist im Licht der obigen Ausführungen daher nicht zutreffend. Im Übrigen bringen die Antragsteller keine Argumente vor, gegen welche sonstigen verfassungsrechtlichen Normen der Ausschluss der Anwendbarkeit des AÜG verstoßen würde.

Die Antragsteller behaupten schließlich, dass durch die auf Dauer erfolgte gesetzliche Zuweisung gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Zwangsarbeit gemäß Art 4 Abs 2 EMRK verstoßen werde. Nach Art 4 Abs 2 EMRK darf niemand gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu leisten. Als 'Zwangs- oder Pflichtarbeit' gelten nur 'höchstpersönliche Dienstleistungen' (VfSlg 7826/1976, 10.114/1984). Gründet sich eine Dienstleistungspflicht auf die freiwillige Berufswahl des Verpflichteten, hat sie im Verhältnis zu seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit nur eine geringe Bedeutung und ist sie im Rahmen der beruflichen Tätigkeit üblich, ist Art 4 Abs 2 EMRK nicht anwendbar (vgl EGMR , Fall van der Mussele, Serie ANr 70, EuGRZ1985, 477 [Rz. 36 ff]). Entscheidend für die Qualifizierung als Zwangsarbeit ist darüber hinaus, ob die Arbeit ungerecht oder unterdrückend ist oder zwangsläufige Härten zur Folge hat (siehe Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6, 2016, § 20 Rz. 91). Die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung ergibt sich für die zugewiesenen Bediensteten aus ihren (weiterhin aufrechten) Dienstverhältnissen zur Österreichischen Gesundheitskasse. Dass aufgrund von Organisationsänderungen die Erbringung der (inhaltlich identen) Arbeitsleistung an einem anderen Ort und in einer anderen Organisationsstruktur als bisher zu erfolgen hat, ergibt sich aus der Berufswahl der Bediensteten. Darüber hinaus handelt es sich bei der Zuweisung gemäß § 15 PLABG auch um eine im öffentlichen Bereich übliche Regelung (vgl dazu schon die Nachweise oben). Ferner liegt ein Verstoß gegen Art 4 Abs 2 EMRK nach Auffassung der Bundesregierung schon deshalb nicht vor, weil die Verpflichtung auf berechtigten Interessen der Allgemeinheit beruht (vgl VfSlg 16.538/2002) und insoweit nicht ungerecht oder unterdrückend ist, zumal die Bediensteten für ihre Tätigkeiten in unveränderter Weise entlohnt werden (vgl dazu schon ).

Darüber hinaus verweist die Bundesregierung auf die Rechtsprechung der EKMR: Diese hat bereits festgestellt, dass der Begriff 'Zwangsarbeit' physischen oder psychischen Zwang verlangt (vgl dazu EKMR [Erste Kammer] [gegen Österreich], ÖJZ1995, 116). Dass ein derartiger Zwang durch die gesetzliche Regelung des § 15 PLABG zumindest indirekt bewirkt wird, haben die Antragsteller nicht einmal behauptet. Die Bundesregierung weist auch in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gemäß § 15 Abs 1 zweiter Satz PLABG die Zuweisung aus wichtigen, in der Person des Bediensteten gelegenen Gründen unterbleiben oder (auch nach bereits erfolgter Zuweisung) beendet werden kann. Ferner erschließt sich aus der Regelung des § 18 PLABG, dass eine individuelle Beendigung des Bedienstetenverhältnisses für die betroffenen Dienstnehmer stets möglich ist. Aus diesen Bestimmungen erhellt, dass das für eine Verletzung des Art 4 Abs 2 EMRK essentielle Element des 'Zwanges' im Hinblick auf die zu erbringende Leistung nicht besteht. Im Übrigen wurde, außer dem Hinweis auf die Dauer der Zuweisung, nicht näher substantiiert, worin der Konflikt des § 15 PLABG mit Art 4 Abs 2 EMRK bestünde. Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, dass § 15 PLABG nicht gegen Art 4 Abs 2 EMRK verstößt.

5.2.A. Gemäß § 718 Abs 12 ASVG gehen die Dienstverhältnisse von Bediensteten bestimmter Abteilungen des Hauptverbandes auf die Österreichische Gesundheitskasse über. Nach Ansicht der Antragsteller werde dadurch in unzulässiger Weise in die Organisationskompetenz der Selbstverwaltung eingegriffen. Die Regelung sei zudem unsachlich, führe zu arbeitsrechtlichen Verschlechterungen, widerspreche arbeitsrechtlichen Grundsätzen, sei unklar und führe auch zu Ungleichbehandlungen.

5.2.B. Die Bundesregierung hält zunächst fest, dass die Regelung des Übergangs von Dienstverhältnissen auf Grund der neuen Aufgabenverteilung zwischen dem Dachverband und den in ihm zusammengefassten Versicherungsträgern erforderlich ist.

Bei dieser Neuverteilung bleiben die Rechte aus den Arbeitsverhältnissen unverändert gewahrt (§718 Abs 12 Z 3 ASVG). Sozialversicherungsbedienstete, die sich am in einem aufrechten Dienstverhältnis befanden, dürfen nicht aus dem Grund der Organisationsänderungen gekündigt werden (§718 Abs 15 ASVG).

Das SV-OG führt die neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse zusammen und verringert die Anzahl der Sozialversicherungsträger auf fünf. Der Hauptverband führt als 'Dachverband' die Koordinationstätigkeit für die nur mehr fünf Sozialversicherungsträger weiter. Zum Teil können Agenden des Hauptverbandes auf die in der Österreichischen Gesundheitskasse zusammengeführten Versicherungsträger übergehen. Dadurch wird es notwendig, dass die Bediensteten des Hauptverbandes, die diese Agenden wahrnehmen, zur Österreichischen Gesundheitskasse wechseln (siehe zur Auswahl jener Abteilungen des Hauptverbandes, deren Mitarbeiter im Dachverband verbleiben 329 BIgNR XXVI. GP 8 vorletzter Absatz).

Dabei sollen sich aber die derzeit beim Hauptverband bestehenden, funktionellen Organisationseinheiten als solche weiterbestehen. Es war daher im SV-OG der Wechsel der genannten Bediensteten des Hauptverbandes zur Österreichischen Gesundheitskasse in der Organisationsform ganzer Abteilungen vorzusehen.

Grundsätzlich unterliegen die Dienstverhältnisse im Bereich der Sozialversicherung dem Arbeitsrecht, sodass sich im Zusammenhang des Wechsels der Bediensteten zur Österreichischen Gesundheitskasse die Frage nach der Anwendbarkeit der Regelungen zum Betriebsübergang stellt.

Die Wahrung der Ansprüche von Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber sich im Zuge eines Betriebsübergangs verändert, ist in der Richtlinie 2001/23/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (BetriebsübergangsRL) und – in deren Umsetzung – in den § 3 bis 6 AVRAG geregelt.

Die BetriebsübergangsRL gilt nach der Bestimmung des Art 1 Abs 1 litc für Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit – mit oder ohne Erwerbszweck – ausüben. Nach derselben Bestimmung sind von ihrem Anwendungsbereich 'Übertragungen von Aufgaben im Zuge der Umstrukturierung von Verwaltungsbehörden oder Übertragungen von Verwaltungsaufgaben von einer Behörde auf eine andere' ausgenommen. Diese Ausnahme gilt auch für Sachverhalte, die das AVRAG in den § 3 bis 6 regelt.

Der Hauptverband ist hoheitlich als Verwaltungsbehörde tätig, daher ist die Übertragung der ihm zugeordneten Verwaltungsaufgaben auf eine neue Verwaltungseinrichtung kein Fall des Betriebsüberganges nach dem AVRAG (vgl dazu die Entscheidungen und – differenzierter – 9 Ob A153/98k).

Die automatische Überleitung der Arbeitsverhältnisse, wie sie Folge eines Betriebsüberganges nach dem AVRAG wäre, kommt daher beim Übergang der Dienstverhältnisse vom Hauptverband zur Österreichischen Gesundheitskasse nicht zum Tragen.

Dessen ungeachtet verfolgt das SV-OG die Schutzziele des Betriebsübergangsrechts: Bei allen Übergängen und Dienstzuweisungen bleiben die aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt (§718 Abs 12 Z 3 ASVG). Sozialversicherungsbedienstete, die sich am in einem aufrechten Dienstverhältnis befanden, dürfen nicht aus dem Grund der Organisationsänderungen gekündigt werden (§718 Abs 15 ASVG).

Die Antragsteller gehen daher selbst davon aus, dass mit dieser Lösung des SV-OG materiell die Anforderungen der BetriebsübergangsRL und auch des AVRAG – ihnen zufolge allerdings nur teilweise – erfüllt sind.

Das Argument der Antragsteller, zumindest auf einzelne Abteilungen des Hauptverbands wäre jedoch das Betriebsübergangsrecht anwendbar, soweit sie nämlich nicht hoheitliche Tätigkeiten ausüben, kann die Anwendung des Betriebsübergangsrechts nicht stützen, weil der hoheitliche Charakter des Aufgabengebiets des Hautverbands nicht nach der Organisation seiner Abteilungen trenn- und aufspaltbar ist. Ob die Einheit 'Verwaltungsbehörde' iSd Art 1 Abs 1 litc der BetriebsübergangsRL hoheitliche Tätigkeiten ausübt, ist nach ihrem Gesamtzweck und nicht nach einzelnen ihrer Abteilungen zu beurteilen.

Im Zusammenhang der Regelung des Übergangs der Dienstverhältnisse ist wieder auf die vergleichbaren Regelungen bei Ausgliederungen aus dem öffentlichen Dienst hinzuweisen, die regelmäßig eine Wahrung der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag normieren.

§718 Abs 12 bis 18 ASVG sieht einen zweistufigen Übergang der Dienstverhältnisse vor: Zunächst gehen die Dienstverhältnisse aufgrund gesetzlicher Anordnung entweder auf den Dachverband (§718 Abs 18 ASVG) oder auf die Österreichische Gesundheitskasse (§718 Abs 12 Z 1 ASVG) über. Dann ermöglicht es § 718 Abs 12 Z 2 ASVG dass die einzelnen Bediensteten konkret ihrem jeweiligen Arbeitsplatz durch 'Dienstgebererklärung' zugewiesen werden. Auch bei diesen Dienstzuweisungen bleiben die aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt (§718 Abs 12 Z 3 ASVG).

Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller ist § 718 Abs 12 Z 2 ASVG keine Rechtsgrundlage für eine Dienstzuweisung vom Dachverband zur Österreichischen Gesundheitskasse und umgekehrt, sondern nur die Grundlage für eine Dienstzuweisung innerhalb der Organisation (Dachverband oder Österreichische Gesundheitskasse), an die ein Dienstverhältnis aufgrund der Vorschriften des § 718 Abs 12 und 18 ASVG bereits übergegangen ist. Die 'Dienstgebererklärung' des § 718 Abs 12 Z 2 ASVG ermöglicht es dem Dienstgeber im einmal übergegangenen Dienstverhältnis nur, den einzelnen Bediensteten den jeweiligen Aufgabenbereich entsprechend der neuen Aufgabenverteilung konkret zuzuweisen.

6. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

Die der Äußerung zu G78, 79, 80 und 81/2019 beigelegte Äußerung der Bundesregierung zu dem zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019 protokollierten Antrag lautet auszugsweise wie folgt:

"1. Zu den Bedenken, wonach die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse unsachlich und nicht effizient sei:

1.1.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse aus verschiedenen Gründen unsachlich sei.

1.1.B. Die Bundesregierung verkennt nicht, dass der Verfassungsgerichtshof Regelungen betreffend die Staatsorganisation auf ihre Sachlichkeit prüft. Dabei hat jedoch – soweit ersichtlich – die grundsätzliche Frage, ob Regelungen der Staatsorganisation überhaupt am Sachlichkeitsgebot gemessen werden können, keine ausführliche Erörterung erfahren. Die Bundesregierung geht zunächst davon aus, dass das allgemeine Sachlichkeitsgebot – mangels positiver Regelung im Verfassungsrecht – seinen Sitz in Art 7 B-VG hat, wonach alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind. Eine Regelung der Staatsorganisation kann aber also solche (in der Regel) weder zu einer Ungleichbehandlung der Staatsbürger führen, noch sind die Staatsbürger Adressaten einer solchen Regelung. Die Bundesregierung hegt daher Zweifel, dass das Staatsorganisationsrecht im Schutzbereich des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot gelegen ist (vgl Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 275 ff).

Sollte der Verfassungsgerichtshof an seiner bisherigen Auffassung, wonach auch Regelungen der Staatsorganisation am Sachlichkeitsgebot gemessen werden können, festhalten, weist die Bundesregierung darauf hin, dass eine straffere Gestaltung dieser Staatsorganisation per se das Gebot der Sachlichkeit erfüllt; auch werden im Folgenden die einzelnen, von den Antragstellern vorgebrachten Argumente, die gegen die Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen sprechen könnten, entkräftet.

1.2.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse unzulässig sei, da damit keine Einsparungen verbunden seien und langfristig neue Kosten entstünden.

1.2.B. Die Bundesregierung hält zunächst fest, dass sich die Beurteilung der Sachlichkeit und Effizienz der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger sich weder aus einem Gesetzestext noch aus Erläuterungen dazu ergeben kann. Einer im Gesetz oder in den Erläuterungen darzulegenden 'Planung' der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskassen kann es daher von vornherein nicht bedürfen. Die Bundesregierung hat, um die Effizienz der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger nachzuweisen, eine ökonomische Studie in Auftrag gegeben. Aus dieser geht hervor, dass es sich die Ausführungen der Antragsteller im Tatsächlichen als unrichtig erweisen. Diese Studie wird von der Bundesregierung als Beilage zum Inhalt ihrer Äußerung erhoben.

1.3.A. Die Antragsteller erachten es als unsachlich, dass im Zuge der Vorbereitung der Zusammenlegung eine Einbindung der Betroffenen gänzlich unterlassen worden sei. Außerdem würden Vorkehrungen fehlen, die eine Kontrolle der Zusammenlegung gewährleisten, um Fehlentwicklungen in der Zukunft vorzubeugen. Solche Kontrolleinrichtungen seien zwingend intern einzurichten, um Missstände innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs zu korrigieren.

1.3.B. Ein verfassungsrechtliches Gebot zur Einbindung der von der Zusammenlegung Betroffenen besteht nicht. Die Erlassung von Gesetzen hat vielmehr durch die zuständigen Organe der Gesetzgebung zu erfolgen; diese sind demokratisch legitimiert. Allfällige in der Zukunft liegende Fehlentwicklungen, deren Eintritt nicht vorhergesehen werden kann, können eine gesetzliche Bestimmung nicht mit Verfassungswidrigkeit belasten. Auch ist es nicht Aufgabe eines Selbstverwaltungskörpers, Missstände, die Folge einer gesetzlichen Regelung sein können, zu korrigieren, da den Organen der Selbstverwaltungskörper von Verfassung wegen eine Korrektur gesetzlicher Regelungen verwehrt ist. Vielmehr sind auch die Organe der Selbstverwaltungskörper als Organe der Vollziehung an das Legalitätsprinzip gebunden (Art18 Abs 1 B-VG).

1.4.A. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse unzulässig sei, da nicht auch eine damit verbundenen Leistungsharmonisierung vorgenommen wurde. Die Antragsteller führen in diesem Zusammenhang auch aus, dass es der Zusammenlegung nicht bedurft hätte, da das Leistungsrecht bereits weitgehend angeglichen sei.

1.4.B. Für die Bundesregierung sind die Argumente der Antragstellerin nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Zum einen handelt es sich bei der Neuordnung der Sozialversicherung um eine (erste) organisatorische Maßnahme, die den Ausgang für ein modernes Sozialversicherungsrecht bilden soll. Zum anderen zeigt die beispielhafte Aufzählung der Antragsteller, wonach das Leistungsrecht der bestehenden Krankenversicherungsträger bereits weitgehend harmonisiert sei, dass dies eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger umso mehr rechtfertigt. Fragen der Organisation von und der Aufgabenbesorgung durch Organe sind aber dem Grunde nach voneinander zu trennen. Lediglich eine Organisation, die die Aufgabenbesorgung verunmöglicht, könnte sich als unsachlich erweisen. Diesbezüglich bringen die Antragsteller jedoch nichts vor (was auch nur schwer möglich wäre).

1.5.A. Die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse sei zudem unsachlich, da regionale Gegebenheiten nicht beachtet werden; eine Vertretung aller Bundesländer im Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse sei nicht gegeben; eine Zusammenfassung von 85 % der Gesamtbevölkerung in einer Gesundheitskasse sei unzulässig, da nicht davon gesprochen werden könne, dass diese ein 'überwiegendes gemeinsames Interesse' iSv. Art 120a Abs 1 B-VG haben. Außerdem sei das föderalistische System gestört; die bisherige föderale Struktur der Krankenversicherung sei als Ausgleich dafür anzusehen, dass das Sozialversicherungswesen gemäß Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sei. Die Zusammenlegung verstoße schließlich gegen das Subsidiaritätsprinzip.

1.5.B. Nach Ansicht der Bundesregierung gebietet es das föderale System der Bundesverfassung nicht, dass bestimmte Angelegenheiten, die in Vollziehung Bundessache sind, durch föderal organisierte Selbstverwaltungskörper zu besorgen sind, da diese Angelegenheiten nicht nur durch Selbstverwaltungskörper, sondern auch durch staatliche Behörden besorgt werden können. Art 102 Abs 2 B-VG sieht zudem vor, dass die Angelegenheiten des Sozialversicherungswesens in unmittelbarer Bundesverwaltung, also durch eine (einzige) Bundesbehörde besorgt werden können; von dieser Ermächtigung hat der Bund jedoch – mit wenigen Ausnahmen (vgl § 545a ASVG) – keinen Gebrauch gemacht.

Auch die Behauptung, dass von einem 'gemeinsamen' Interesse der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personenmehrheit nicht mehr gesprochen [werden] kann, wenn 85 % der Wohnbevölkerung in einem Krankenversicherungsträger vereinigt werden, erweist sich als unrichtig: Stellt man außer Streit, dass alle auf Grund des ASVG bei einem Krankenversicherungsträger (idR einer Gebietskrankenkasse) versicherten Personen ein gemeinsames Interesse haben, würde dies nahelegen, dass alle diese Personen ein Interesse haben, gemeinsam demselben Krankenversicherungsträger anzugehören. Dass auf Grund des Beschäftigungsortes, der idR maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit der Gebietskrankenkasse ist (vgl § 30 ASVG), die 'Gemeinsamkeit' des Interesses verloren geht, scheint nicht nahe zu liegen. Vielmehr ist die bisherige Ausgestaltung der Organisation der Krankenversicherungsträger anhand (idR) föderaler Gesichtspunkte historisch bedingt.

Allenfalls könnte aus den Bestimmungen über die sonstige Selbstverwaltung (Art120a bis 120c B-VG) bei teleologischer Betrachtungsweise folgen, dass eine Selbstverwaltung der gesamten Wohnbevölkerung unzulässig sei, da diesfalls nur eine Aufgabenbesorgung in staatlicher Verwaltung 'geeignet' sei. Im vorliegenden Zusammenhang mag es allerdings mit diesem Problemaufriss sein Bewenden haben: Das SV-OG fasst die österreichische Gesamtbevölkerung nämlich nicht in der Österreichischen Gesundheitskasse zusammen, sondern sieht – unter Bedachtnahme auf verschiedene Formen der Beschäftigung – als Träger der Krankenversicherung die Österreichische Gesundheitskasse, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau sowie die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vor. Auch der bisherigen Organisation der Sozialversicherung ist die Einrichtung 'großer' Selbstverwaltungskörper (sowohl in territorialer als auch in personeller Hinsicht) nicht fremd, gehören doch der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt etwa 4,8 Millionen Versicherte an. Vor dem Hintergrund der bei Erlassung der B-VG-Novelle BGBI. I Nr 2/2008, mit welcher die sonstige Selbstverwaltung verfassungsrechtlich positiv geregelt wurde, bestehenden Zuständigkeiten der Unfallversicherungsanstalt ist von der Zulässigkeit der Vollziehung des Sozialversicherungsrechts auch durch 'große' Selbstverwaltungskörper auszugehen, deutet doch diese Novelle nicht darauf hin, dass mit ihrem Inkrafttreten Regelungen betreffend eine der wesentlichen Einrichtungen des Sozialversicherungswesens unzulässig werden sollten.

Auch das Argument, wonach sich das Fehlen des gemeinsamen Interesses, ja sogar die 'Gegenläufigkeit' der Interessen daran zeigt, dass das Leistungsangebot durch die bisherigen Gebietskrankenkassen und damit de facto auch länderweise durch die jeweiligen Satzungsregelungen länderweise unterschiedlich geregelt werden kann, verfängt nicht, da es – auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – zulässig ist (und auch geboten sein kann), dass auf Grund von Unterschieden innerhalb der im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personenmehrheit (die dessen ungeachtet auf Grund ihres 'gemeinsamen' Interesses zusammengefasst werden), das Beitrags- und Leistungsrecht differenzierend ausgestaltet wird, um diesen Unterschieden Rechnung zu tragen (vgl etwa VfSlg 11.469/1987, 15.859/2000).

Auch das 'Subsidiaritätsprinzip' steht der Zusammenlegung nicht entgegen. Mag dieses 'Prinzip' in Bezug auf die Gemeinden positivrechtlich verankert sein, als diesen bestimmte Aufgaben von Verfassung wegen vorbehalten sind, so fehlt eine entsprechende Anordnung in Bezug auf die sonstige Selbstverwaltung. Die Antragsteller wollen dieses 'Subsidiaritätsprinzip' aber darüber hinaus nicht auf die Aufgabenbesorgung, sondern auf die Organisation der Selbstverwaltung angewendet wissen. Diesbezüglich enthält das B-VG jedoch keine Vorgaben.

1.6.A. […]

1.7.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass es besonderer Organe der Österreichischen Gesundheitskasse bedürfe, die eine Kontrollfunktion (wie die bisherige Kontrollversammlung) ausüben; diese Kontrollfunktion könne durch die Hauptversammlung nicht ausgeübt werden, da diese nur zwei Mal im Jahr zusammenkommt.

1.7.B. Den Antragstellern ist zunächst zuzustimmen, dass die neue Organisationsstruktur keine Kontrolle des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger durch ein Gremium vorsieht, das der derzeitigen Kontrollversammlung entspricht, allerdings wurde stattdessen ein effizienteres System der Kontrolle eingerichtet, das zum einen in einem Ausbau der internen Revision und zum anderen in einer verstärkten Aufsicht durch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Finanzen besteht. Darüber hinaus dürfen bestimmte Beschlüsse nur mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden, wodurch ein Ersatz für das Zustimmungsrecht der Kontrollversammlung zu bestimmten Beschlüssen des Vorstandes geschaffen wird.

So sieht § 30a Abs 1 Z 37 ASVG in der Fassung des SV-OG eine besondere Richtlinienkompetenz des Dachverbandes vor, die die Regelung der trägerübergreifenden Zusammenarbeit jener Abteilungen der Versicherungsträger, die mit der internen Revision befasst sind, ermöglicht.

Durch eine demonstrative Aufzählung in § 449 ASVG in der Fassung des SV-OG werden die Aufsichtsbefugnisse näher präzisiert, indem festgelegt wird, hinsichtlich welcher 'wichtigen Fragen' eine Zweckmäßigkeitsaufsicht besteht.

Auch jene Angelegenheiten, die gemäß § 432 Abs 3 ASVG in der Fassung des SV-OG vom Verwaltungsrat nur mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können, zählen zu den wichtigen Fragen.

In Summe wird durch das neue Kontrollregime das Kontrollrecht nicht verringert, sondern im Gegenteil ausgebaut. Dies schlägt sich zwar in der Organstruktur nicht nieder, vermeidet aber eine doppelte Beschlussfassung in Vorstand und Kontrollversammlung. In der Praxis war damit die Entscheidungsfindung schwerfällig, brachte aber in der Regel kein Mehr an Kontrolle mit sich, da die Beschlüsse dieser Organe durch nahezu die gleichen Organisationseinheiten des Büros vorb[e]reitet wurden.

Schließlich ist noch auf § 444 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG hinzuweisen, wonach die Versicherungsträger und der Dachverband für jedes Geschäftsjahr dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz einen (aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz zum Jahresende bestehenden) Rechnungsabschluss vorzulegen haben, der durch einen beeideten Wirtschaftsprüfer geprüft wurde.

1.8.A. […]

3. Zu den Bedenken, wonach die Besetzung des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse demokratischen Grundsätzen nicht entspreche:

3.A. Die Antragsteller gehen zunächst davon aus, dass zu der Personengruppe, die in der Österreichischen Gesundheitskasse zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasst wird, nur die Versicherten zählen, die in einem Leistungsverhältnis zur Sozialversicherung stehen; Dienstgeber seien keine Mitglieder der Versichertengemeinschaft, sondern Außenstehende. Eine Beteiligung der Dienstgeber als Außenstehende in der gesetzlichen Krankenversicherung der unselbstständig Erwerbstätigen sei allerdings zulässig, sofern diesen nur eine Minderheitenposition zukomme. Von einer solchen könne aber nicht gesprochen werden, wenn den Dienstgebern eine Vetomöglichkeit zukomme; da sich der Verwaltungsrat zur Hälfte aus Dienstgebern und Dienstnehmern zusammensetze und seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fasse, sei eine solche gegeben. Die Dienstgeber seien im Verwaltungsrat auch überrepräsentiert, da ihr Finanzierungsanteil (der als Argument für ihre Einbeziehung in den Krankenversicherungsträger herangezogen wird) unter 50 Prozent liegt.

3.B. Die Bundesregierung geht zunächst davon aus, dass die Dienstgeber 'Mitglieder' der Österreichischen Gesundheitskasse sind, da das ASVG ihnen die Stellung eines Mitglieds einräumt. Fraglich kann nur sein, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, Dienstgeber und Dienstnehmer in einem Krankenversicherungsträger zusammenzufassen, weil Voraussetzung dafür ist, dass diese über ein gemeinsames Interesse verfügen.

Herkömmlich wird die Einbeziehung der Dienstgeber in die Krankenversicherung damit begründet, dass diese auf Grund der Leistung von Beiträgen mit den beitragspflichtigen Versicherten ein gemeinsames Interesse an einer effizienten und kostengünstigen Krankenversicherung haben (vgl Öhlinger, Die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, DRdA 2002, 191 [199]). Das Interesse der Dienstgeber geht jedoch über diese Beitragsleistung hinaus: Gemäß § 133 Abs 2 ASVG sollen durch die Krankenbehandlung die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt werden. Wie diese Bezugnahme auf die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zeigt, haben die Dienstgeber neben ihrem finanziellen Interesse an der Krankenversicherung (ihre Beiträge möglichst niedrig zu halten) auch ein Interesse an der Arbeitskraft ihrer Dienstnehmer und damit einer möglichst guten Krankenbehandlung. Historisch ist darauf hinzuweisen, dass die Dienstgeber gemäß § 42 des Gesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, RGBI. Nr 33/1888, 'berechtigt' waren, Betriebskrankenkassen einzurichten. Es geht also um eine 'gemeinsam[e] Verantwortung für eine funktionierende Versorgung der Dienstnehmer im Krankheitsfall' (Müller, Die Vertretung der Dienstgeber in den Organen der Selbstverwaltung der österreichischen Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen, in Berka/Th. Müller/Schörghofer [Hrsg.], Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich, 2019, 1 [21]). Außerdem treffen die Dienstgeber auf Grund des ASVG verschiedene Pflichten gegenüber dem Krankenversicherungsträger (vgl etwa die § 33, 41 und 42 ASVG), weshalb sie auch ein Interesse an einer für sie effizienten Aufgabenbesorgung durch die Krankenversicherungsträger haben (vgl auch Müller, in Berka/Th. Müller/Schörghofer, Neuorganisation, 20).

Der Gesetzgebung kommt nicht nur hinsichtlich der Frage, wie die in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personengruppe abzugrenzen ist, ein weiter Gestaltungsspielraum zu, sondern auch dahingehend anzuordnen, wie die im Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personenmehrheit repräsentiert wird. Die Gewichtung der Stimmen der Dienstgeber ist dabei nicht zwingend am Anteil ihrer Beiträge zu messen, da nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes selbst eine 'unterschiedliche Gewichtung der Stimmen und somit ein qualifiziertes Stimm- und Mitspracherecht bei Abstimmungen [...] im Rahmen des (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers in der nichtterritorialen Selbstverwaltung zulässig ist, wenn die unterschiedliche Gewichtung dem aus dem Gleichheitssatz erwachsenden Sachlichkeitsgebot genüge und mit dem sich aus Art 120a und Art 120c B-VG ergebenden demokratischen Prinzip vereinbar ist' (VfSlg 19.751/2013).

Durch die in § 426 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG vorgesehene paritätische Besetzung des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse durch Dienstnehmer und Dienstgeber wurde offenbar nicht an die bloße Beitragsleistung der Dienstgeber in der Krankenversicherung, sondern an deren darüber hinausgehendes Interesse an der Krankenversicherung als solcher angeknüpft, weshalb die Bundesregierung der Auffassung ist, dass § 426 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG nicht verfassungswidrig ist (siehe mit weitergehenden Überlegungen auch Baumgartner/Fister, Zur paritätischen Besetzung der Verwaltungskörper der Sozialversicherungsträger mit Vertretern der Dienstnehmer und Dienstgeber, ZfV 2019, 16 [18 ff].)

3.3.A. Das Interesse der Dienstgeber sei nach Auffassung der Antragsteller auch deshalb jenem der Dienstnehmer nicht gleichwertig, da es das einzige 'Risiko' der Dienstgeber sei, zur Zahlung höherer Beiträge verpflichtet zu werden; die Höhe dieser Beiträge werde allerdings nicht durch die Sozialversicherungsträger selbst, sondern durch Gesetz festgelegt.

3.3.B. Auch dieser Hinweis der Antragsteller taugt nach Ansicht der Bundesregierung nicht, die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen aufzuzeigen, da sich der Bedarf an der finanziellen Ausstattung der Sozialversicherungsträger nicht aus den gesetzlichen Regelungen über die Höhe von Beiträgen ergibt, sondern in untrennbarem Zusammenhang mit den von den Sozialversicherungsträgern erbrachten Leistungen steht.

3.4.A. Zu den demokratischen Defiziten der Zusammensetzung des Verwaltungsrates komme nach Ansicht der Antragsteller hinzu, dass Pensionisten als Leistungsberechtigte der Krankenversicherung nicht repräsentiert seien, was sich auf Grund der Abschaffung der Beiräte, die ihre Interessen repräsentieren, verstärkt habe.

3.4.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass die Senioren- (und Behinderten-)Vertreter an Stelle der Beiräte mit beratender Stimme in die Hauptversammlungen integriert werden (§441b Abs 1 Z 3 und Abs 2 ASVG). An der Repräsentation der Seniorenvertreter hat sich daher dem Grunde nach keine wesentlichen Veränderungen ergeben.

Nach Ansicht der Bundesregierung wären aber auch grundsätzliche Bedenken, wonach die Pensionisten als Leistungsempfänger nicht ausreichend repräsentiert sein könnten, nicht begründet (so im Ergebnis auch Rill/Stolzlechner, Art 120a B-VG, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.] Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg, 2010, Rz. 2, und wohl auch Korinek/Leitl-Staudinger, in Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 23. Lfg., 494): Die Einführung von Bestimmungen betreffend die nichtterritoriale Selbstverwaltung durch das Bundesverfassungsgesetz BGBI. I Nr 2/2008 sollten die Zulässigkeit der nichtterritorialen Selbstverwaltung positivieren. Zuvor wurde ihre Zulässigkeit auf Grund der vom B-VG vorgefundenen historischen Rechtslage begründet. Es ist kein Grund ersichtlich, dass mit der Einführung des Art 120c Abs 1 B-VG die Unzulässigkeit der Organisation eines Selbstverwaltungskörpers (etwa eines Krankenversicherungsträgers) bewirkt werden sollte.

Bei Einführung der Bestimmungen betreffend die nichtterritoriale Selbstverwaltung konnte auf Textvorschläge des Österreich-Konvents zurückgegriffen werden (siehe AB 370 BlgNR XXIII. GP 5). Art 120c Abs 1 B-VG entspricht im Wesentlichen dem vom Ausschuss VII des Österreich-Konvents vorgeschlagenen ArtZAbs1 (über den jedoch kein Konsens gefunden wurde), der folgenden Wortlaut hat:

'(1) Die Organe der Selbstverwaltungskörper sind aus dem Kreis der ihnen angehörenden Personen nach demokratischen Grundsätzen zu bilden.'

Im Ausschussbericht 3/AUBK wird dazu ausgeführt:

'Zu Art. z:

Im Abs 1 wurde im Hinblick auf die dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des VfGH innewohnende Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen das Erfordernis der demokratischen Organkreation bewusst angeführt. Ein Abgehen von der herrschenden Auffassung in Lehre und Rechtsprechung ist nicht beabsichtigt. Die Selbstverwaltung bleibt daher auch künftig sowohl in der Form der direkten als auch der indirekten (sog 'abgeleiteten') Selbstverwaltung mit indirekter Organbestellung zulässig (, G1/03). Der Kreis, aus dem die Organe berufen werden können, wird so wie im geltenden Recht derart verstanden, dass auch Vertreter bestimmter juristischer Personen damit erfasst sind (vgl etwa § 420 ASVG und die korrespondierenden Bestimmungen im GSVG, BSVG, B-KUVG).'

Die hier in Rede stehende, in § 420 ASVG Bildung der Organe der Selbstverwaltungskörper wurde demnach als 'demokratischen Grundsätzen' entsprechend angesehen.

Die Antragsteller dürften das bisherige System der Bildung der Organe der Selbstverwaltungskörper auch nicht als unzulässig erachten, meinen aber, dass bei einer Neuorganisation der Sozialversicherung ein 'Auftrag der Verfassung' bestehe, demokratische Standards 'zu verbessern'. Ein solches Gebot kann dem B-VG jedenfalls nicht entnommen werden.

3.5.A. […]

5. Zu den Bedenken gegen die Ausgestaltung der Prüfung der fachlichen Qualifikation der Versicherungsvertreter und den Qualifikationsanforderungen an sich:

5.1.A. Gemäß § 420 Abs 6 Z 5 ASVG in der Fassung des SV-OG sind Personen, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist, von der Entsendung in das Amt eines Versicherungsvertreters ausgeschlossen. Gemäß § 420 Abs 7 und 8 ASVG in der Fassung des SV-OG ist der Eignungstest durch eine Kommission zu bestimmten Gegenständen durchzuführen. Da diese Kommission von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellen und aus fachkundigen Bediensteten des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz und des Bundesministeriums für Finanzen zu bilden ist, werde in unzulässiger Weise in ihr Recht auf Besorgung der Aufgaben durch Selbstverwaltung gemäß Art 120b Abs 1 B-VG eingegriffen. Aus diesem Grund sei es auch unzulässig, dass die inhaltlichen Vorgaben betreffend die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen durch Ministerialverordnung festgelegt werden.

5.1.B. Nach Auffassung der Bundesregierung kann eine Verletzung des Art 120b Abs 1 B-VG nur dann vorliegen, wenn durch eine staatliche Stelle das Recht eines Selbstverwaltungskörpers auf selbständige Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Art 120a Abs 1 B-VG schlechthin verneint wird (vgl Stolzlechner, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.] Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, Art 120b B-VG Rz. 2). Die Bundesregierung verkennt auch nicht, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dem Selbstverwaltungsbegriff die Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen verfassungsrechtlich innewohnt (vgl VfSlg 8644/1979, 13.012/1992, 17.023/2003 mwN). Allerdings schließt es nach Ansicht der Bundesregierung das Recht der sonstigen Selbstverwaltungskörper auf selbständige Wahrnehmung ihrer Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich keineswegs auch mit ein, die Modalitäten der Organkreation selbstständig und völlig frei festzulegen. Vielmehr geht aus den Vorgaben des Art 120c Abs 1 B-VG sowie der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl VfSlg 17.023/2003, 17.951/2006, 19.751/2013) hervor, dass auch ein gewisses staatliches Interesse an der Bildung der Organe der Selbstverwaltung besteht. Eine Verordnung wie die in Rede stehende, mit der sowohl die Organisation der Prüfungskommission als auch die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen näher ausgestaltet werden, ist Ausdruck dieses staatlichen Interesses, wodurch das Recht auf Selbstverwaltung jedoch nicht schlichtweg verneint wird.

5.2.A. Die Antragsteller hegen auch das Bedenken, dass die Voraussetzung als Versicherungsvertreter entsendet zu werden, fachlich geeignet zu sein, einer demokratischen Bildung der Verwaltungskörper nicht entspreche. Die näheren Vorgaben betreffend diese Voraussetzungen können durch Verordnung bestimmt werden, wobei damit zu rechnen sei, dass diese Voraussetzungen so bestimmt werden, dass nur wenige Mitglieder diese Voraussetzung erfüllen. Ganz allgemein werde aber durch einen bestimmten Befähigungsnachweis nur ein geringer Teil der Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers in Verwaltungskörper entsendet werden können; dies wiederspreche der demokratischen Bildung von Organen der Selbstverwaltungskörper. Die Voraussetzung der fachlichen Eignung der Versicherungsvertreter sei auch unsachlich, da ihre Legitimation, als Versicherungsvertreter entsendet zu werden, schon durch die entsendungsberechtigten Stellen sichergestellt sei.

5.2.B. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht geboten ist, Wahlen in Selbstverwaltungsorgane nach denselben Grundsätzen zu regeln, die bundesverfassungsgesetzlich für staatliche (vgl Art 26, 95 B-VG) und kommunale Wahlen (vgl Art 117 B-VG) gelten (vgl VfSlg 8590/1975, 17.023/2003 unter Verweis auf Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, 221 ff; Stolzlechner, Der Gedanke der Selbstverwaltung in der Bundesverfassung, in: FS 75 Jahre Bundesverfassung, 1995, 361 [382 f]). Vielmehr hat die Gesetzgebung bei der Ausgestaltung der demokratischen Legitimation der Selbstverwaltungsorgane, denen 'entscheidungswichtige Aufgaben' übertragen sind, im Rahmen ihres weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraums auf die dem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben und die potentiellen Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Rechtssphäre seiner Mitglieder Bedacht zu nehmen (vgl VfSlg 17.023/2003). Hierbei gilt es zu bedenken, dass im Gegensatz zu allgemeinen Vertretungskörpern nichtterritoriale Selbstverwaltungskörper – selbst wenn sie eine hohe Anzahl an Mitgliedern haben – stets nur einen nach bestimmten persönlichen Eigenschaften definierten und damit abgegrenzten Personenkreis erfassen, der an der Setzung von speziell für diesen Personenkreis geltenden Rechts beteiligt wird (vgl Stolzlechner, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.] Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, Art 120b B-VG Rz. 14; Eberhard, Nichtterritoriale Selbstverwaltung 294 f). In diesem Sinne sind die durch die soziale Selbstverwaltung Repräsentierten innerhalb dieser nicht ganz allgemein als (Staats-)Bürger, sondern als Versicherte zusammengefasst.

Aufgabe der sozialen Selbstverwaltung ist die autonome Organisation der Vollziehung der gesetzlich geregelten Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung von der Beitragseinhebung bis zur Leistungserbringung. Den in das Amt der Versicherungsvertreter entsendeten Personen kommt bei der Erfüllung dieser Aufgabe eine Rolle zu, die eine hohe fachliche Eignung voraussetzt, was von den Antragstellern auch nicht in Abrede gestellt wird. Nach Auffassung der Bundesregierung ist es daher gerechtfertigt, für den Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung – der auch einen wesentlichen gesamtwirtschaftlichen Faktor darstellt (die Ausgaben der gesetzlichen Sozialversicherung belaufen sich mit mehr als 60 Milliarden Euro auf rund 17 % des BIP) – mittels Eignungstest klare inhaltliche Anforderungen an die fachliche Eignung der Versicherungsvertreter zu stellen, um ein hohes und gleichzeitig einheitliches Wissensniveau dieser Personen zu gewährleisten.

Den Bedenken hinsichtlich der mittels Verordnung zu bestimmenden konkreten Voraussetzungen an die fachliche Eignung der Versicherungsvertreter ist entgegenzuhalten, dass eine solche Verordnung noch nicht erlassen worden ist, weshalb ihr möglicher Inhalt auch nicht feststeht. Schon allein deshalb gehen die diesbezüglichen Bedenken der Antragsteller gänzlich in Leere.

6. […]

7. Zu den Bedenken im Hinblick auf die Organisation der und die Aufgabenbesorgung durch den Dachverband:

7.1.A. Gemäß § 441 ASVG in der Fassung des SV-OG sind die Verwaltungskörper des Dachverbandes die Konferenz und die Hauptversammlung. Gemäß § 441a Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG besteht die Konferenz aus den Obmännern und deren Stellvertretern der fünf im Dachverband zusammengefassten Sozialversicherungsträger. Die Beschlüsse der Konferenz erfordern Einstimmigkeit; kann ein Beschluss so nicht gefasst werden, besteht die Möglichkeit, dass der Beschluss in einer weiteren Sitzung der Konferenz mit Mehrheit von sieben Stimmen gefasst wird (§441a Abs 2 ASVG in der Fassung des SV-OG). Dies sei nach Ansicht der Antragsteller unsachlich: Die Österreichische Gesundheitskasse sei in der Konferenz nur mit zwei Stimmen vertreten, während den beiden anderen Krankenversicherungsträgern in der Konferenz vier Stimmen zukämen; die 'Entscheidungsgewalt in der Konferenz betreffend Krankenversicherungsangelegenheiten' liege somit bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau gemeinsam mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, obwohl in der Krankenversicherung die überwiegende Zahl der Versicherten bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert sind.

7.1.B. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt dem Bedenken der Antragsteller ein falsches Verständnis zu Grunde: § 441a Abs 2 ASVG in der Fassung des SV-OG sieht nicht etwa vor, dass Beschlüsse der Konferenz, die Angelegenheiten der Krankenversicherung betreffen, nur durch die in der Konferenz vertretenen Mitglieder der Krankenversicherungsträger zu treffen wären, sondern dass diese Beschlüsse durch 'die Konferenz', also durch die Mitglieder aller in der Konferenz vertretenen Sozialversicherungsträger zu treffen sind. Von einer 'Entscheidungsgewalt' der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau gemeinsam mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen kann daher von vornherein nicht gesprochen werden. Außerdem besteht kein Gebot, wonach die im Dachverband zusammengefassten Sozialversicherungsträger nach der Anzahl ihrer Mitglieder vertreten sein müssten. Die Frage, ob Institutionen nach ihrer Größe oder als solche in einem Vertretungskörper vertreten sind, ist eine politische (siehe etwa Art 14 Abs 2 EUV und Art 231 AEUV einerseits sowie Art 16 Abs 2 EUV und Art 238 Abs 1 AEUV andererseits).

7.2.A. Die Antragsteller vertreten zudem die Auffassung, dass es unsachlich sei, dass gegen die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau gemeinsam mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen kein Beschluss gefasst werden kann.

7.2.B. Dieser Hinweis ist zutreffend, liegt aber in der Natur der Sache: Wenn Beschlüsse nur mit (einfacher oder qualifizierter) Mehrheit gefasst werden können, kann das Stimmverhalten von Mitgliedern des Kollegialorgans immer dazu führen, dass Beschlüsse nicht gefasst werden können.

7.3.A. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die vom Dachverband zu besorgenden Aufgaben nicht nur solche sind, die die im Dachverband zusammengefassten Sozialversicherungsträger betreffen, sondern auch solche, die 'Außenstehende' betreffen, nämlich die Versicherten.



7.3.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass § 30a Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG betreffend die Beschlussfassung von Richtlinien im Wesentlichen dem bisherigen § 31 Abs 5 ASVG entspricht. Unstrittig ist, dass Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers 'Dachverband' Sozialversicherungsträger sind. Die Tätigkeit des Dachverbandes bezieht sich demnach auf seine Mitglieder. Da diese wiederum aus Mitgliedern bestehen, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass sich die Tätigkeit des Hauptverbandes nicht nur auf seine, sondern auch auf die Mitglieder der Sozialversicherungsträger beziehen. Es ist also nicht unsachlich, wenn der Dachverband – wie schon bisher der Hauptverband – Regelungen trifft, die auch die Versicherungsträger in ihrem Verhältnis zu ihren Versicherten binden (siehe VfSlg 17.686/2005, 17.869/2006; Korinek/Leitl-Staudinger, Die Organisation der Sozialversicherung, in Tomandl [Hrsg.], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 27. Lfg., 512 f; Kröll/Lienbacher in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg.], Der SV-Komm § 31 ASVG, 158. Lfg., Rz. 38). Nur so kann der Dachverband effizient seine trägerübergreifenden, für die Träger und ihre Versicherten geltenden Aufgaben wahrnehmen. Wären dem Dachverband die Aufgaben versagt, die im Antrag genannt werden, so könnte er seiner koordinierenden Aufgabe nur eingeschränkt oder gar nicht nachkommen.

7.4.A. Gemäß § 31 ASVG in der Fassung des SV-OG hat der Dachverband für die Krankenversicherungsträger nach dem ASVG jährlich eine Verordnung zu erlassen, in der festgestellt wird, ob und in welcher Höhe ein Kostenbeitrag zu entrichten ist und hat dabei auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Versicherten Bedacht zu nehmen. Nach Ansicht der Antragsteller sei dies unsachlich; der Dachverband ist dazu auch nicht ausreichend demokratisch legitimiert, da eine solche Verordnung lediglich die bei der Österreichischen Gesundheitskasse Versicherten betreffe, dieser jedoch nur ein Stimmrecht in untergeordnetem Ausmaß zukomme; außerdem fehle es an einem gemeinsamen Interesse der im Dachverband zusammengefassten Sozialversicherungsträger, wenn der Dachverband eine Verordnung erlässt, die nur die Rechtsstellung der bei der Österreichischen Gesundheitskasse Versicherten betrifft.

7.4.B. Die Bundesregierung beschränkt sich auf den Hinweis, dass die durch das SV-OG zu bewirkende Neuorganisation der Sozialversicherung eine Organisationsreform darstellt, die das Beitrags- und Leistungsrecht unberührt lässt. Die Zuständigkeit des Dachverbands zur Erlassung der Verordnung ist bislang in § 31 Abs 5a ASVG geregelt. Diese Bestimmung wurde lediglich in redaktioneller Hinsicht angepasst.

7.5.A. Gemäß den § 30a Abs 2, 30b Abs 3 und 30c Abs 3 ASVG in der Fassung des SV-OG kann der Dachverband bestimmte Aufgaben einem oder mehreren Versicherungsträgern übertragen. Dies widerspreche den Art 120a bis 120c B-VG, da daraus abzuleiten sei, dass der Dachverband die ihm zugewiesenen Aufgaben selbst besorgt.

7.5.B. Gemäß Art 120a Abs 1 B-VG können Personen (hier: Sozialversicherungsträger) zu einem Selbstverwaltungskörper (hier: dem Dachverband) zur Wahrnehmung von Aufgaben zusammengeschlossen werden, die geeignet sind, durch sie 'gemeinsam' besorgt zu werden. Daraus folgt nach Ansicht der Bundesregierung nicht, dass die vom Dachverband wahrzunehmenden Aufgaben durch eigens dafür eingerichtete Organe (die sich von den Sozialversicherungsträgern müssen) besorgt werden müssen, sondern auch durch die Sozialversicherungsträger als dem Dachverband angehörende Personen besorgt werden können.

Die angefochtenen Bestimmungen sind auch nicht unsachlich: Die beabsichtigte Verschlankung des zukünftigen Dachverbandes, dem nur mehr fünf Sozialversicherungsträger angehören, bringt auch eine Verschlankung von personellen Ressourcen mit sich. Durch die vorgesehene Kooperation zwischen Dachverband und Sozialversicherungsträgern wird bewirkt, dass viele Aufgaben nunmehr von verbandsangehörigen Sozialversicherungsträgern mitgestaltet werden können. Die gemeinsame Willensbildung darüber liegt jedoch beim Dachverband. Es ist daher die Auffassung unrichtig, dass 'Normunterworfene' (einzelne Sozialversicherungsträger) über den Inhalt der sie betreffenden Normen entscheiden, da die Entscheidungsbefugnis beim Dachverband verbleibt.

Unrichtig ist die Auffassung, dass ein Zwang zur Übertragung von Aufgaben an einen bestimmten Sozialversicherungsträger besteht: Auf welchen (oder welche) Sozialversicherungsträger übertragen wird, liegt im Ermessen des Dachverbandes. Auch ist dadurch, dass die Übertragung von Aufgaben durch Beschluss der Konferenz erfolgt, in der alle Versicherungsträger mit gleichem Stimmrecht vertreten sind, eine hinreichende Legitimation zur Übernahme solcher Aufgaben zu sehen.

Die Bundesregierung teilt auch nicht die Auffassung der Antragsteller, wonach es der Konferenz, in der die Obleute der fünf bundesweit agierenden Versicherungsträger und ihre Stellvertreter vertreten sind, an Fachkompetenz mangeln könnte, um ihre Entscheidungen zu treffen. Die in der Konferenz vertretenen Obleute führen jeweils einen Versicherungsträger, der in der Privatwirtschaft mit einem Großunternehmen vergleichbar ist. Auch spartenübergreifende Fragen können von diesen Versicherungsvertretern kompetent wahrgenommen werden, darüber hinaus verfügt jeder Obmann über eine Büro-Infrastruktur, die alle zu lösenden Fragen fachkompetent abdeckt. Aber es ist auch festzuhalten, dass die Experten eines vorbereitenden Trägers auch als Auskunftspersonen den Gremien des Dachverbandes zur Verfügung stehen. Auf diesem Weg steht dem Gremium die volle Expertise des vorbereitenden Trägers zur Verfügung. Eine Aufgabe kann auch auf mehrere Sozialversicherungsträger oder nur zum Teil übertragen werden, was eine noch intensivere Zusammenarbeit bei der Vorbereitung nötig macht. Im Übrigen erfolgten auch schon bisher die Vorbereitungen insb. der Rechtstexte des Hauptverbandes auf diesem Weg, nämlich unter Einbindung der Sozialversicherungsträger.

Außerdem besteht beim Dachverband weiterhin Personal, das die Organe bei der Beschlussfassung unterstützt und Änderungen an der zu beschließenden Materie vornehmen kann (siehe Souhrada/Glück, 'Dachverband statt Hauptverband', SoSi 2019, 64 [65]).

In diesem Zusammenhang sei auch auf die Möglichkeit der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes bzw Dachverbandes gemäß § 81 Abs 2, 2a und 2b ASVG hingewiesen, zur Erfüllung von Aufgaben Gesellschaften zu gründen oder sich an Gesellschaften oder Vereinen zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund muss es dem Dachverband umso mehr möglich sein, bestimmte Aufgaben einem verbandsangehörigen Sozialversicherungsträger zu übertragen.

Auch ist darauf hinzuweisen, dass bestimmte Aufgaben von der Übertragung ausgenommen sind (das sind aufgrund verfassungsrechtlicher Schranken jene Aufgaben, die im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehen sind, etwa die Richtlinien über die ökonomische Krankenbehandlung gemäß § 30a Abs 1 Z 6 ASVG in der Fassung des SV-OG, sowie aufgrund gesetzlicher Anordnung die wichtigen Aufgaben der Herausgabe eines Erstattungskodex für die Abgabe von Arzneispezialitäten gemäß § 30b Abs 1 Z 4 ASVG in der Fassung des SV-OG, die Vertretung der Sozialversicherungsträger in internationalen Angelegenheiten einschließlich EU gemäß § 30b Abs 1 Z 6 ASVG in der Fassung des SV-OG und die Vertretung der Sozialversicherung gegenüber ausländischen Einrichtungen gemäß § 30c Abs 1 Z 4 ASVG in der Fassung des SV-OG).

8. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Aufsichtsrecht des Bundes:

8.1.A. Die Erstantragstellerin vertritt zunächst die Auffassung, dass das Aufsichtsrecht des Bundes in verfassungswidriger Weise ausgeweitet werde. Gemäß § 449 Abs 1 ASVG konnte sich bislang die Aufsicht des Bundes auf Fragen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Gebarung der Sozialversicherungsträger (des Hauptverbandes) erstrecken, sollte sich in diesen Fällen aber auf 'wichtige Fragen' beschränken. Nunmehr sieht § 449 Abs 2 ASVG in der Fassung des SV-OG vor, was unter diesen 'wichtigen Fragen' zu verstehen ist. Diesbezüglich sei das Aufsichtsrecht des Bundes zu weit gehend.

8.1.B.a. Gemäß Art 120b Abs 1 B-VG kommt dem Bund gegenüber den Sozialversicherungsträgern nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit der Verwaltungsführung ein Aufsichtsrecht zu. Darüber hinaus kann sich das Aufsichtsrecht auch auf die Zweckmäßigkeit der Verwaltungsführung erstrecken, wenn dies auf Grund der Aufgaben der Sozialversicherungsträger erforderlich ist. Die Bundesregierung weist daher zunächst darauf hin, dass die Zweckmäßigkeitsaufsicht des Bundes verfassungsrechtlich nicht auf 'wichtige Fragen' iSd. bisherigen § 449 Abs 1 ASVG beschränkt ist, sondern sich innerhalb der Schranken des Art 120b Abs 1 B-VG zu bewegen hat. Auch kann eine gesetzliche Definition, was unter 'wichtigen Fragen' der Zweckmäßigkeitsaufsicht zu verstehen ist, per se nicht die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen bewirken, da es logisch keinen Unterschied macht, ob die Auslegung der 'wichtigen Fragen' iSd. bisherigen § 449 Abs 1 ASVG Organen der Vollziehung überlassen wird oder ob das Gesetz diese Auslegung selbst vornimmt.

Wie sich aus den Materialien zu Art 120b Abs 1 B-VG unmissverständlich ergibt, wurden die Aufgaben der Sozialversicherung als solche angesehen, die eine Zweckmäßigkeitsaufsicht erforderlich machen (vgl 370 BlgNR XXIII. GP 5). Als Begründung dafür könnte angeführt werden, dass die Aufsicht 'umso intensiver sein muss, je mehr Finanzmittel der Selbstverwalteten umgesetzt werden' (Hauer, Aufsicht und Kontrolle, in ÖVG [Hrsg.], Selbstverwaltung in Österreich, 2009, 75 [81]).

In der Literatur werden § 449 ASVG und Art 120b Abs 1 B-VG in einen Zusammenhang gestellt (vgl etwa bei Eberhard, Nichtterritoriale Selbstverwaltung, 2014, 396 f; Potacs, Aufsichtsrecht und Verfassung, in Berka/Th. Müller/Schörghofer [Hrsg.], Die Neuordnung der Sozialversicherung in Österreich, 2019, 133 [138 f]); es gilt jedoch zu beachten, dass sich § 449 ASVG und Art 120b Abs 1 B-VG hinsichtlich der Zweckmäßigkeitsaufsicht unterscheiden. Während § 449 ASVG die Zweckmäßigkeitsaufsicht auf 'wichtige Fragen' beschränkt, enthält Art 120b Abs 1 B-VG keine solche Einschränkung. Voraussetzung der Zulässigkeit, gesetzlich eine Zweckmäßigkeitsaufsicht einzuführen, ist einzig, dass die Zweckmäßigkeitsaufsicht 'auf Grund der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erforderlich ist'. Daraus folgt, dass sich die Zweckmäßigkeitsaufsicht – sofern sie verfassungsrechtlich vorgesehen werden darf (weil es die Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erfordern) – aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht auf 'wichtige Fragen' beschränkt (eine solche – zusätzliche – Beschränkung kann jedoch einfachgesetzlich, wie in § 449 ASVG, vorgesehen werden); vielmehr kommt der Gesetzgebung ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl Mayer/Muzak, Das österreichische Bundesverfassungsrecht5, 2015, Art 120b B-VG Anm. I.4.). Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass andererseits eine Zweckmäßigkeitsaufsicht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht vorgesehen werden darf, wenn die Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers es nicht erfordern; und zwar auch dann nicht, wenn diese Zweckmäßigkeitsaufsicht 'wichtige Fragen' betreffen würde.

Da die Aufgaben der Sozialversicherung eine Zweckmäßigkeitsaufsicht erfordern (vgl 370 BlgNR XXIII. GP 5), treffen die Bedenken der Antragsteller insgesamt nicht zu.

8.1.B.b. Vor dem Hintergrund dieses Gestaltungsspielraums kann der Gesetzgebung nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Einhaltung genereller Ziele der Sozialversicherung (Zielsteuerung gemäß § 441f ASVG), die noch dazu mit der Aufsichtsbehörde vorab abgestimmt sein müssen, als eine 'wichtige Frage' qualifiziert. Ebensowenig kann der Entscheidung entgegengetreten werden, Angelegenheiten gemäß § 432 Abs 3 ASVG, die allein schon durch ihre erhöhten Beschlusserfordernisse hervorgehoben sind, als 'wichtige Angelegenheiten' zu qualifizieren.

Zu der im SV-OG getroffenen Festlegung, dass Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen das Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen, nunmehr als wichtige Frage explizit dem Aufsichtsregime unterstellt werden, ist zu bemerken, dass die Aufsichtsbehörde Beschlüsse in einer derartigen Größenordnung schon bislang auf ihre Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit prüfen konnte.

Zur Behauptung, dass das staatliche Aufsichtsrecht im Ergebnis auf einfachgesetzlicher Ebene ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedlich stark ausgestaltet sei, da die im § 449 Abs 2 normierte 10-Millionen-Euro-Grenze bei der bei der Österreichischen Gesundheitskasse mit einem hohen Budget von ca. 15 Milliarden Euro und einer damit einhergehenden erhöhten Fallzahl von derartigen Beschlüssen häufiger überschritten werde als bei anderen Versicherungsträgern, woraus sich eine Gleichheitswidrigkeit dieses Grenzbetrages ergäbe, ist Folgendes festzuhalten:

Die Häufigkeit von Beschlüssen in dieser Größenordnung mag sich zum Teil aus dem einer Kasse zur Verfügung stehenden Gesamtbudget ergeben. Beschlüsse, die das Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen, kommen nicht nur im Vertragspartnerbereich (wie dies zB bei der Österreichischen Gesundheitskasse im Hinblick auf den großen Versichertenkreis zu erwarten sein wird) vor. In der Regel stehen Beschlüsse über Maßnahmen in dieser Größenordnung im Zusammenhang mit der Neuschaffung oder der Verpflichtung zur Erhaltung oder Erneuerung vorhandener technischer oder baulicher Infrastruktur. Beschlussfassungen über derartige Maßnahmen stehen vor allem bei Trägern mit einer Vielzahl an eigenen Einrichtungen überproportional häufiger auf der Tagesordnung als bei Trägern, die nur wenige eigene Einrichtungen aufweisen.

Das anhand der Budgetansätze der einzelnen Gebietskrankenkassen errechnete, fiktive Gesamtbudget der Österreichischen Gesundheitskasse, das sich im Jahre 2019 auf 15,2 Milliarden Euro belaufen würde, mag zwar im Vergleich mit den ebenfalls fiktiv für 2019 errechneten Budgetansätzen der ab 2020 bestehenden Sozialversicherungsträger Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt als hoch erscheinen.

Das fiktiv errechnete Budget der Pensionsversicherungsanstalt hingegen übersteigt jenes der Österreichischen Gesundheitskasse um mehr als das Doppelte.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sozialversicherungsträger
Fiktiver Budgetansatz 2019
ÖGK (errechnet anhand der Budgetansätze
GKKs)
15,2 Mrd. €
SVS (errechnet anhand Budgetansätze SVA
und SVB)
8,6 Mrd. €
BVAEB (errechnet anhand Budgetansätze
BVA und VAEB)
3,7 Mrd. €
AUVA
1,5 Mrd. €
PVA
37,3 Mrd. €

Die Behauptung, dass die Österreichische Gesundheitskasse aufgrund ihres hohen Budgetvolumens durch die festgelegte 10-Millionen-Euro-Grenze überdurchschnittlich stark betroffen sei, dadurch im Vergleich zu anderen Trägern sachlich ungerechtfertigt benachteiligt werde, weshalb § 449 Abs 2 ASVG in der Fassung des SV-OG gegen den Gleichheitssatz verstoße, geht damit ins Leere.

Auch hier gilt, dass durch den Verweis auf § 449 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG und die darin normierte Einschränkung, dass durch diese Prüfung in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger bzw des Dachverbandes nicht unnötig eingegriffen werden soll, sichergestellt ist, dass sich die Prüfung auf eine Grobprüfung beschränkt und die Eigenständigkeit des Selbstverwaltungskörpers gewahrt bleibt.

8.2.A. Gemäß § 448 Abs 4 ASVG in der Fassung des SV-OG können ein Vertreter der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie ein Vertreter des Bundesministers für Finanzen gegen Beschlüsse der Vertretungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes einen Einspruch erheben, dem aufschiebende Wirkung zukommt. Das Einspruchsrecht bezieht sich auf die Einhaltung des Grundsatzes der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in wichtigen Fragen und das Berühren finanzieller Interessen des Bundes; jenes des Vertreters der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz darüber hinaus auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften. Nach Ansicht der Erstantragstellerin widerspreche es dem 'Gebot zur Vermeidung einer Doppelgleisigkeit der Verwaltung', sich überschneidende Aufsichtsmittel zweier Bundesminister vorzusehen. Dies verletze auch das Recht der Österreichischen Gesundheitskasse auf Besorgung ihrer Angelegenheiten in eigener Verantwortung.

8.2.B. Nach Ansicht der Bundesregierung steht die Zulässigkeit der Zweckmäßigkeitsaufsicht des Bundes in keinem Zusammenhang mit der Frage, wem diese Zweckmäßigkeitsaufsicht zukommt. Auch besteht ein verfassungsrechtliches 'Gebot zur Vermeidung einer Doppelgleisigkeit der Verwaltung' als solches nicht, wie die Zulässigkeit von Regelungen betreffend das Einvernehmen zweier Bundesminister zeigt.

8.3.A. Gemäß § 456a Abs 4 ASVG hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz bis längstens durch Verordnung für den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung gesonderte Mustergeschäftsordnungen aufzustellen, deren Inhalt für die Erlassung der Geschäftsordnungen der Verwaltungskörper der Versicherungsträger maßgeblich ist (vgl § 456a Abs 2 ASVG). Nach Ansicht der Erstantragstellerin sei dies verfassungswidrig: Die Bindung der Versicherungsträger an die Mustergeschäftsordnung stehe im Widerspruch zum Wesensgehalt des Selbstverwaltungsrechts, autonome Satzungen zu erlassen.

8.3.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass die Selbstverwaltungskörper auch bei Besorgung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs an das Legalitätsprinzip gebunden sind. Wären die näheren Vorgaben betreffend die Geschäftsordnungen durch Gesetz getroffen worden, wäre die 'Satzungsautonomie' der Versicherungsträger keine andere als nach der geltenden Rechtslage. Dass Selbstverwaltungskörper bei Erlassung von Verordnungen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs an Verordnungen einer staatlichen Behörde gebunden werden, ist im Übrigen kein Spezifikum der angefochtenen Bestimmung, sondern kommt in der Rechtsordnung an verschiedenen Stellen vor (siehe vor allem die Bindung der Gemeinden bei Erlassung von Flächenwidmungs- und Bebauungspläne an die Rechtsakte der überörtlichen Raumplanung; vgl VfSlg 11.626/1988, 14.616/1996).

8.4.A. Gemäß § 456a Abs 4 ASVG gelten die Mustergeschäftsordnungen so lange unmittelbar als Geschäftsordnungen für die Verwaltungskörper, bis für den einzelnen Verwaltungskörper eine Geschäftsordnung erlassen wird. Die Erstantragstellerin vertritt die Auffassung, dass es unzulässig wäre, dass eine Verordnung einer staatlichen Behörde in einer Angelegenheit (auch nur vorläufig) gilt, die durch Verordnung eines Selbstverwaltungskörpers im eigenen Wirkungsbereich geregelt wird.

8.4.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass die Geltung der Mustergeschäftsordnung an Stelle der Geschäftsordnung des Versicherungsträgers mit der Erlassung der Geschäftsordnung durch den Versicherungsträger endet. Es liegt daher in der Sphäre des Versicherungsträgers, ob eine staatliche Verordnung an Stelle der eigenen Geschäftsordnung gilt. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Geschäftsordnung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf. Versagt die Aufsichtsbehörde die Genehmigung, kann gegen einen solchen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben werden.

Bei der vorläufigen Geltung der Mustergeschäftsordnung an Stelle der Geschäftsordnung des Versicherungsträgers handelt es sich um das Aufsichtsmittel der Ersatzvornahme. Nach Ansicht der Bundesregierung sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Zulässigkeit einer ersatzweisen Verordnungserlassung durch die Aufsichtsbehörde in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs eines Selbstverwaltungskörpers spricht (vgl Hauer, in ÖVG, Selbstverwaltung, 91; F. Herbst, Die Abgrenzung von Bescheid und Verordnung, 2017, 125).

8.5.A. Gemäß § 432 Abs 5 ASVG in der Fassung des SV-OG bedürfen Beschlüsse des Verwaltungsrates über die Erstellung von Dienstpostenplänen, soweit sie sich auf die Gehaltsgruppen F (Höherer Dienst) und G (Leitender Dienst) der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO. A) erstrecken, der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen. Die Erstantragstellerin erachtet darin einen unzulässigen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht, da das Aufsichtsmittel der Genehmigung nicht erforderlich sei; eine Einspruchsmöglichkeit eines Ministerialvertreters bei Beschlussfassung reiche aus. Außerdem unterliege praktisch jeder Dienstpostenplan als solcher der Genehmigung.

8.5.B. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass es der Gesetzgebung obliegt, die Zweckmäßigkeit eines Aufsichtsmittels zu beurteilen. Zwar ist einzuräumen, dass mit der Genehmigungsbedürftigkeit des Dienstpostenplans ein Eingriff in die Selbstverwaltung vorgenommen wird, es ist jedoch zu beachten, dass die Beschlussfassung über einen Dienstpostenplan allem Anschein nach als eine wichtige Frage iSv. § 449 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG anzusehen ist. (§449 Abs 2 ASVG in der Fassung des SV-OG steht dem nicht entgegen, da es sich dabei nur um eine demonstrative Aufzählung handelt). Im Hinblick auf § 449 Abs 1 ASVG in der Fassung des SV-OG darf der im § 432 Abs 5 ASVG verankerte Genehmigungsvorbehalt nur im Sinne einer 'Grobprüfung' ausgeübt werden. Die Gesetzgebung verfolgt dadurch auch ein legitimes Ziel: Durch die Genehmigungsbedürftigkeit der Dienstpostenpläne wird das Aufsichtsregime des Bundes über die Sozialversicherung verstärkt, wobei die Entscheidungsbefugnis in der Sache beim Selbstverwaltungskörper verbleibt.

Die Ausführungen der Erstantragstellerin, dass praktisch alle Dienstpostenpläne (zur Gänze) der Genehmigung bedürfen, sind zudem unzutreffend: Die Genehmigungsbedürftigkeit erstreckt sich nur auf Dienstposten der Gehaltsgruppen F und G (arg. 'soweit sie sich ... erstrecken') und nicht auf den gesamten Dienstpostenplan, sobald ein Posten der Gehaltsgruppe F oder G vorgesehen ist. Dafür spricht auch ein Vergleich mit der geltenden Rechtslage, wonach gemäß § 31 Abs 7 Z 2 ASVG der Hauptverband Dienstpostenplänen seine Zustimmung zu erteilen hat 'soweit sich diese auf [...] erstrecken: Gehaltsgruppe F-Höherer Dienst Gehaltsgruppe G-Leitender Dienst.'

8.6.A. Gemäß § 449 Abs 4 fünfter und sechster Satz ASVG in der Fassung des SV-OG ist auf Verlangen der Aufsichtsbehörde (eines Ministerialvertreters) die Beschlussfassung zu bestimmten Tagesordnungspunkten zu vertagen. Dieses Verlangen kann für ein und denselben Tagesordnungspunkt höchstens zwei Mal erfolgen. Dies sei nach Ansicht der Antragstellerin zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht erforderlich, also unverhältnismäßig und damit unsachlich. Das Ziel, keine komplexen Gegenstände ohne ausreichende Vorbereitungszeit zu behandeln, könne durch die Möglichkeit der einmaligen Vertagung sichergestellt werden.

8.6.B. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die Vertreter der Aufsichtsbehörde auf Grundlage eines internen Erlasses (Arbeitsbehelf für Beauftragte der Aufsichtsbehörde des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Zl 27.400/3-5/95) schon bislang aus verwaltungsökonomischen Gründen darauf hinzuwirken hatten, dass Anträge auf offenbar nicht rechtskonforme oder in einer wichtigen Frage nicht zweckmäßige Beschlüsse entweder erst gar nicht auf die Tagesordnung gesetzt oder, falls dem nicht mehr entgegengewirkt werden konnte, zurückgestellt, also de facto von der Tagesordnung genommen und vertagt wurden, um Einsprüche nicht erforderlich zu machen.

Im Erlass vom , betreffend Tischvorlagen, wurden die Sozialversicherungsträger darauf aufmerksam gemacht, dass eine überraschende Aufnahme von Tagesordnungspunkten auf die Sitzungsagenda tunlichst zu vermeiden ist. Vielmehr wären die Tagesordnungspunkte mit der Sitzungseinladung eine Woche vor Sitzung an den Aufsichtsbeauftragten zu übermitteln.

Bislang waren die von den Vertretern der Aufsichtsbehörde zu setzenden, 'einspruchsvermeidenden' Verhaltensweisen nicht explizit gesetzlich geregelt. Jedoch zeigt der Umstand, dass den Aufsichtsbeauftragten durch Erlässe bestimmte Handlungsoptionen vorgegeben wurden, um im Falle nicht rechtskonformer, überraschender oder bedenklicher Beschlüsse angemessen reagieren zu können, ohne sofort Einspruch erheben zu müssen, dass im Bereich des Aufsichtsrechts schon immer ein Bedarf an 'gelinderen', einspruchsvermeidenden Mitteln bestand. Die zweimalige Möglichkeit der Vertagung soll sicherstellen, dass problematische Punkte mit der Aufsichtsbehörde (dem Bundesminister für Finanzen) schon im Vorfeld der Beschlussfassung ausreichend abgeklärt werden können. Da sie ein gelinderes Mittel zum Einspruchsrecht des Ministerialvertreters darstellt, scheint sie nach Ansicht der Bundesregierung auch nicht unverhältnismäßig zu sein.

9. Zu den Bedenken im Hinblick auf die gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben:

9.A. Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass die vollständige Übertragung der Sozialversicherungsprüfung auf den Prüfdienst der Bundesfinanzverwaltung gegen die verfassungsrechtlich gewährleisteten Prinzipien der Selbstverwaltung verstößt. Die Beitragsverwaltung einschließlich der Beitragsprüfung dürfe nicht so ausgestaltet sein, dass sie eine selbstständige und eigenverantwortliche Aufgabenbesorgung unmöglich mache oder gravierend erschwere. Die Sozialversicherungsprüfung stehe in untrennbarem Zusammenhang mit der Kernaufgabe der Krankenversicherung, weil dadurch die Sicherung der Einnahmen für die Sozialversicherung gewährleistet und darüber hinaus auch das System der Pflichtversicherung überprüft wird. Der Gesetzgeber sei, sofern er einem Selbstverwaltungskörper einmal übertragene Aufgaben wieder entziehe, an das allgemeine Sachlichkeitsgebot gebunden; die Übertragung der Sozialversicherungsprüfung entbehre jedoch jeglicher sachlichen Rechtfertigung. Die Trennung der Sozialversicherungsprüfung von der faktischen Einhebung der Beiträge, welche bei der Österreichischen Gesundheitskasse verbleibe, verhindere eine effiziente Aufgabenerfüllung durch die Österreichische Gesundheitskasse; man entziehe dem Versicherungsträger ein unerlässliches Kontrollmittel. Durch die Übertragung nehme in verfassungswidriger Weise ein Fremdorgan ohne demokratische Legitimation und Weisungszusammenhang an der Selbstverwaltung teil; § 6 PLABG sei nicht geeignet, der Österreichischen Gesundheitskasse in verfassungskonformer Weise Kompetenzen im Zusammenhang mit den Prüfungen einzuräumen. Ebenso wenig stelle die Befugnis zur Anforderung von Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen gemäß § 5 Abs 2 PLABG ein ausreichendes Gegengewicht zur Prüfungshoheit des Staates dar, da der beim BMF eingerichtete Prüfungsbeirat Grundsätze für die Anforderungen gemäß ua § 5 Abs 2 PLABG festzulegen habe (§8 Abs 1 Z 2 PLABG). Dabei könne es zu Einschränkungen der Anforderungsrechte der Selbstverwaltungskörper kommen. Insgesamt werde durch die Schaffung des einheitlichen Prüfdienstes eine bislang dem eigenen Wirkungsbereich der Sozialversicherung zugeordnete Angelegenheit der Selbstverwaltung vollständig entzogen und der staatlichen Verwaltung zugeordnet. Eine sachliche Rechtfertigung dafür liege nicht vor; im Gegenteil zur behaupteten Effizienz- und Qualitätssteigerung sei mit einer (näher begründeten) Verringerung der Prüfeffizienz und Prüfqualität zu rechnen. Aufgrund dieser ineffizienten Durchführung der Prüfungen käme es zu einem Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum der Erstantragstellerin, da ohne sachliche Rechtfertigung dieser weniger Einnahmen als den bisherigen Gebietskrankenkassen zur Verfügung stehen würden. Der Zweitantragsteller macht aufgrund der geringeren Einnahmen, die zu niedrigeren Leistungshöhen führen würden, einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und ebenso einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum geltend.

9.B.a Die für die Einrichtung eines Selbstverwaltungskörpers jeweils zuständige Gesetzgebung – hier nach Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG (Sozialversicherungswesen) der Bund – kann Selbstverwaltungskörper durch gesetzliche Vorgaben Änderungen unterwerfen. Dass die Erstantragstellerin bzw die neu entstehende Österreichische Gesundheitskasse Selbstverwaltungskörper sind, kann außer Streit gestellt werden. Strittig ist im Wesentlichen die Frage, ob die Sozialversicherungsprüfung dem eigenen oder dem übertragenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers 'Sozialversicherungsträger' zuzuordnen ist. Nur bei einer Zuordnung zum übertragenen Wirkungsbereich, wie von der Bundesregierung im Folgenden vertreten, ist eine verfassungskonforme Übertragung auf den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge möglich. Eine solche Übertragung muss auch sachlich gerechtfertigt sein und darf nicht die Aufgabenbesorgung des Selbstverwaltungskörpers behindern. Diese sachliche Rechtfertigung, die auch dem Einwand in Hinblick auf den Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum (bezüglich beider Antragsteller) und den Verstoß gegen den Gleichheitssatz (bezüglich des Zweitantragstellers) entgegengehalten wird, ist nach Auffassung der Bundesregierung gegeben.

9.B.b. Vermeint man – wie die Antragsteller –, dass die Prüfung lohnabhängiger Abgaben als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gebietskrankenkassen zu qualifizieren ist, die selbständig und daher weisungsfrei erfolgen muss, wäre die Gesetzgebung verpflichtet, diese Aufgabe bei den Sozialversicherungsträgern zu belassen. Eine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches im Sinne des Art 120a Abs 1 B-VG darf weder in den übertragenen Wirkungsbereich noch in die unmittelbare Staatsverwaltung übertragen werden (vgl Rill/Stolzlechner, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, Art 120a B-VG Rz. 16). Kommt man hingegen zum Ergebnis, dass es sich dabei nicht um eine Aufgabe im eigenen Wirkungsbereich des Selbstverwaltungskörpers Sozialversicherung handelt – wovon die Bundesregierung ausgeht und was in der Folge dargelegt werden wird – ist die Einrichtung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge verfassungsrechtlich unbedenklich und einfachgesetzlich zulässig. Damit eine öffentliche Aufgabe als 'selbstständig' (weisungsfrei) zu besorgende Aufgabe qualifiziert werden kann, also als eine solche, die im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen ist, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Die Aufgabe muss erstens im 'ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse' der zu einem Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen gelegen sein und zweitens 'geeignet' sein, durch die im Selbstverwaltungskörper zusammengefassten Personen 'gemeinsam' besorgt zu werden (ibid.).

Aus einem Vergleich der verfassungsrechtlichen Bestimmungen über das kommunale Abgabenwesen mit den fehlenden verfassungsrechtlichen Regelungen über die Beitragsvorschreibung ergibt sich, dass für die Selbstverwaltungskörper der sonstigen Selbstverwaltung ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht, ihren Haushalt selbständig zu führen, ebenso wenig besteht wie das Recht, aufgrund freien Beschlusses Beiträge ausschreiben und anschließend einheben zu dürfen (ähnlich Art 116 Abs 2 B-VG iVm § 7 Abs 5 und § 8 Abs 5 F-VG). In Art 120c Abs 2 B-VG ist für Selbstverwaltungskörper der sonstigen Selbstverwaltung angeordnet, dass eine sparsame Erfüllung der Selbstverwaltungsaufgaben 'nach Maßgabe der Gesetze' – also im Sinne des Legalitätsprinzips nach Art 18 B-VG – durch Beiträge und sonstige Finanzmittel sicherzustellen ist. Bei Beiträgen handelt es sich in der Regel um unmittelbar gesetzlich festgelegte Geldleistungen, die auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen zu bemessen und einzuheben sind (näher Rebhahn, Finanzverantwortung des Bundes für die Gesetzliche Krankenversicherung, 2008, 62 ff). Darüber hinaus fehlt es auch an einer Zuständigkeitsbestimmung, mit der die Ausschreibung, Prüfung, Bemessung und Einhebung von Beiträgen durch eigene Organe des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers ähnlich dem § 11 Abs 3 F-VG hinsichtlich der Einhebung von Gemeindeabgaben durch Gemeindeabgabenbehörden angeordnet wird.

Letztlich besteht für die sonstige Selbstverwaltung auch keine Bestimmung ähnlich jener des Art 118 Abs 2 iVm Art 116 Abs 2 B-VG, wonach die selbständige Haushaltsführung und die Ausschreibung einschließlich Prüfung, Festsetzung und Einhebung von Beiträgen zum eigenen Wirkungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers der sonstigen Selbstverwaltung gehören. In solchen Fällen divergierender verfassungsgesetzlicher Regelungen ist anzunehmen, dass die territoriale und die sonstige Selbstverwaltung (auf Grund des unterschiedlichen Regelungsbedarfs) auch differenziert ausgestaltet ist, was Analogien oder ähnliche Schlüsse unzulässig macht (vgl Stolzlechner, in Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar. Bundesverfassungsrecht, Vorbemerkungen zu B. Sonstige Selbstverwaltung, Rz. 13 f). Bereits das Fehlen jeglicher verfassungsrechtlicher Grundlagen für die Beitragseinhebung im Rahmen der sonstigen Selbstverwaltung lässt nach Ansicht der Bundesregierung nur den Schluss zu, dass es sich (in logischer Konsequenz) bei der Beitragsprüfung um keine Aufgabe des so genannten eigenen Wirkungsbereichs handelt. Den Selbstverwaltungskörpern kommt zwar eine gewisse finanzielle Selbstständigkeit zu, von welchen Organen, also ob von eigenen oder von denen des Bundes, die Prüfungen einer ordnungsgemäßen Beitragsbemessung durchgeführt werden, ist irrelevant; einzig entscheidend ist, dass die vollständige und rechtzeitige Weiterleitung von Sozialversicherungsbeiträgen an die Gebietskrankenkasse sichergestellt ist.

Darüber hinaus kann es sich bei der Beitragsprüfung (wie auch bei der Beitragseinhebung) nach Auffassung der Bundesregierung nie um eine zentrale Aufgabe eines Selbstverwaltungskörpers der sonstigen Selbstverwaltung handeln, da es dabei lediglich um die Sicherung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers geht. An der Sicherung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Selbstverwaltungskörpern haben aber nicht nur deren Mitglieder, sondern in gleichem, wenn nicht sogar überwiegendem Ausmaß, der Staat selbst (vgl Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG) ein Interesse, der ja diese Selbstverwaltungskörper hoheitlich einrichtet und für eine aufgabenangemessene Finanzierung vorzusorgen hat (vgl Art 120c Abs 2 B-VG). Dem trägt auch die Bestimmung des § 2 Abs 4 des Bundeshaushaltsgesetzes – BHG 2013, BGBI. I Nr 139/2009, Rechnung, nach dem letztlich dem Bund die Verantwortung für die Finanzierung der Sozialversicherung zukommt.

Die Sichtweise von Berka (vgl Berka, Zur Reform der Beitragsverwaltung in der gesetzlichen Sozialversicherung, in Berka/Th. Müller/Schörghofer [Hrsg.], Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich, 2019, 157 [177]), die Beitragsverwaltung gehöre zum 'Kerngeschäft' der Sozialversicherung, die Einhebung und Verwaltung der Beiträge seien keine Hilfstätigkeiten, sondern die Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe, ohne welche die Leistungen der sozialen Sicherheit nicht erbracht werden könnten, seien daher eine Sachaufgabe der Sozialversicherungsträger, wird von der Bundesregierung nicht geteilt, ist aber gegenständlich auch insoweit ohne Bedeutung, als die Aufgabe der Beitragseinhebung ja ohnehin bei den Selbstverwaltungskörpern – der Gebietskrankenkasse – belassen bleibt. Lediglich die Prüfungstätigkeit wird im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zusammengeführt, der hier, gleich einem Sachverständigen, sowohl für die Republik Österreich als auch für die Sozialversicherungsträger fungiert. Dazu kommt, dass die Sozialversicherungsträger auch an das vom Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge ermittelte Prüfergebnis nicht gebunden sind, sondern bei der Beitragseinhebung auch von diesem abgehen können. Die Antragsteller vermögen nicht darzutun, aus welchen Gründen die Beitragsprüfung keine Hilfstätigkeit bzw eine Vorermittlung für die Beitragseinhebung sein soll.

Die Bundesregierung ist somit der Auffassung, dass es sich bei der Beitragsprüfung nicht um eine Aufgabe handelt, die im überwiegenden oder gar im ausschließlichen gemeinsamen Interesse der im Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen liegt. Vielmehr hat an deren Besorgung auch der Staat – der Bund – als Letztverantwortlicher für die Erledigung der einem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben ein wesentliches Interesse. Es handelt sich somit bei der Beitragsprüfung nicht um eine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches der Gebietskrankenkassen.

9.B.c. Zu den Beiträgen und deren Bedeutung für die Sozialversicherungen, ob also insbesondere die Prüfung von Beiträgen als 'Wesenselement' der Selbstverwaltung anzusehen sind, erlaubt sich die Bundesregierung auszuführen, dass die Prüfung, Festsetzung und Einhebung von Beiträgen und Umlagen regelmäßig durch den Selbstverwaltungskörper selbst erfolgt. Der (einfache) Gesetzgeber hat allerdings bereits mehrfach mit (einfach-) gesetzlichen Bestimmungen die Prüfung, Festsetzung und/oder Einhebung ausgelagert (vgl beispielsweise § 63 Abs 3 ASVG, der die Träger der Unfall- und Pensionsversicherung zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Bemessung, Einhebung, Verrechnung und Abfuhr der für sie bestimmten Beitragsteile bei den Trägern der Krankenversicherung berechtigt).

Weitere Beispiele, in denen die Mitteleinhebung gegen Erhalt einer Einhebegebühr quasi 'verwaltungsintern' überbunden wird, finden sich etwa betreffend die Kammerumlage in den § 122, 126 und 127 des Wirtschaftskammergesetzes 1998, BGBl I Nr 103/1998, sowie dazu korrespondierend in § 20 Abs 2 Z 4 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes 2010, BGBl I Nr 9/2010, betreffend die Einhebung von Beiträgen zu Tourismusverbänden (vgl § 41 des Salzburger Tourismusgesetzes 2003, LGBl Nr 43/2003, zur Zuständigkeit des Landesabgabenamts zur Überprüfung und Einhebung der Verbandsbeiträge) sowie auch betreffend die Einhebung von Jagdbeiträgen (zB § 124 Abs 3 des Gesetzes über das Jagdwesen im Land Salzburg, LGBl Nr 100/1993, zur Einhebung der Jagdbeiträge durch die Jagdbehörde). Auch ist zum Teil gesetzlich die Betrauung von 'verwaltungsexternen' Dritten vorgesehen (vgl § 90 Abs 1 Z 2 letzter Satz des Ärztegesetzes 1998, BGBl I Nr 169/1998, im Zusammenhang mit der Kammerumlage) oder externe Dienstleister werden ohne spezifische einfachgesetzliche Anordnung herangezogen (vgl ua die Regelungen über die Beiträge an die Österreichische Zahnärztekammer).

Unstrittig ist für die Bundesregierung, dass es zum Wesen einer (sonstigen) Selbstverwaltung gehören muss, dass die Finanzierung der einem Selbstverwaltungskörper zukommenden Aufgaben gewährleistet ist und dieser daher insofern über eine eigene Gebarung zu verfügen hat. Wie bereits dargelegt, ist es dazu aber nicht erforderlich, dass die (gesetzlich vorgesehenen) Beiträge zu den Selbstverwaltungskörpern auch von diesen bzw deren eigenen Organen geprüft werden. Wenn der Verfassungsgesetzgeber vorsieht, dass Selbstverwaltungskörper durch den einfachen Gesetzgeber errichtet, abgeändert und aufgelöst werden können, dann ist davon auszugehen, dass der einfache Gesetzgeber auch die Beitragsverpflichtungen zum Selbstverwaltungskörper und damit dessen Finanzierung bzw Gebarung regeln kann. Dabei kann sich eine Beitragspflicht unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Satzung oder einem satzungskonformen Beschluss des Selbstverwaltungskörpers ergeben. Für das Wesen eines Selbstverwaltungskörpers erscheint es in allen Fällen von wesentlicher Bedeutung, dass gewährleistet ist, dass ihm die Beiträge tatsächlich zufließen und dieser über die Beiträge wirkungsvoll und ohne Einflussnahme von außen verfügen kann.

Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen bei einer Prüfung der Beitragsgrundlagen durch Organe des Bundes in das Recht auf Selbstverwaltung eingegriffen würde. Dazu kommt, dass in jenen Fällen, in denen die Beiträge auf gesetzlicher Grundlage zu leisten sind, dem Gesetzgeber wohl auch die Regelung über deren Festsetzung und Einhebung obliegt. Der Gesetzgeber wäre nur dazu verhalten, adäquat Vorsorge zutreffen, dass der Selbstverwaltungskörper über die ihm von den Beitragspflichtigen geschuldeten Beiträge auch wirksam verfügen kann. Dazu wäre der Gesetzgeber in den Fällen, in denen er die Festsetzung und Vorschreibung der Beiträge nicht den Selbstverwaltungskörpern überlässt, sondern beispielsweise den Abgabenbehörden überantwortet, lediglich verpflichtet, diese zur wirksamen Einhebung auszustatten und anzuhalten.

Die Bundesregierung geht daher aus all diesen Gründen davon aus, dass nicht nur eine gesetzliche Übertragung der Prüfung von Beiträgen der Sozialversicherungsträger an die Abgabenbehörden verfassungsrechtlich zulässig ist, sondern diese Übertragung auch nicht dazu führt, dass die Sozialversicherungsträger nicht mehr als Selbstverwaltungskörper im Sinne des Art 120a B-VG zu qualifizieren wären.

9.B.d. Zur Anfechtung der einfachgesetzlichen Umsetzung der Zusammenführung der Prüfdienste und der Ausgestaltung der Einrichtung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge wird von der Bundesregierung Folgendes ausgeführt:

Wie auch von den Antragstellern selbst ausgeführt, erfolgt seit 2003 die Prüfung lohnabhängiger Abgaben gemeinsam durch Prüfer der Finanzverwaltung und der Sozialversicherungsträger (gemeinsam auch im Folgenden: 'Institutionen'). Diese als 'gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben' (GPLA) bezeichnete Art der Prüfung wurde durch das 2. Abgabenänderungsgesetz 2002, BGBI. I Nr 132/2002, eingeführt und ist als erster gesetzlicher Schritt zur Vereinheitlichung bzw Vereinfachung der Prüfung von Abgaben und Beiträgen, die auf gleicher Beitragsgrundlage zu bemessen sind, zu qualifizieren, dem konsequenter Weise weitere Maßnahmen folgen sollten. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei der Beitragsprüfung um eine der Beitragsfestsetzung vor- oder nachgelagerte Maßnahme.

Der wesentlichste Vorteil seit der Einführung der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben im Jänner 2003 ist, dass nur mehr ein Prüforgan, entweder aus dem Bereich der Finanzverwaltung oder der Sozialversicherung, bei einem Arbeitgeber in einem einzigen Prüfvorgang die tatsächlichen Grundlagen für sämtliche von diesem abzuführenden lohnabhängigen Abgaben kontrolliert. Damit müssen die prüfungsrelevanten Unterlagen vom Arbeitgeber nur mehr einmal zur Verfügung gestellt werden, womit letztlich auch ein bedeutsamer Betrag zur Entlastung der Beitragspflichtigen und damit der Volkswirtschaft verbunden ist. Im Zuge der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben werden die Einhaltung der Versicherungs-, Melde-, und Beitragsbestimmungen der Sozialversicherung sowie die richtige Abfuhr der Lohn- und Kommunalsteuer kontrolliert.

Nach den maßgeblichen Verfahrensvorschriften (BAO bzw GPLA-Richtlinien) ist der Prüfer unabhängig von seiner dienstrechtlichen Zuordnung – er ist entweder ein Sozialversicherungs- oder ein Finanzbediensteter – 'Sachverständiger'. Die abgaben- und beitragsfestsetzende Behörde bleibt jene, die für die Erhebung der jeweiligen Abgabe bzw Beiträge grundsätzlich zuständig ist. Für den Dienstgeber ist es unerheblich, von welcher Institution, der Gebietskrankenkasse oder der Abgabenbehörde, das Prüfungsorgan gestellt wird. Die lohnabhängigen Abgaben und Beiträge wurden somit bereits bisher entweder durch ein Prüforgan eines Finanzamtes oder eines Sozialversicherungsträgers durchgeführt; das heißt, es wurden seit 2003 Sozialversicherungsbeiträge durch Prüforgane der Finanzverwaltung geprüft und umgekehrt auch Dienstgeberbeiträge durch Prüfer der Sozialversicherungsträger. Das Prüfungsergebnis wurde an die für die Festsetzung zuständige Behörde bzw Sozialversicherungsträger übermittelt. Eine Bindungswirkung an das Prüfergebnis bestand nicht. Die Festsetzung und Einhebung der festgestellten Beiträge erfolgte durch die zuständige Behörde bzw Sozialversicherungsträger.

Die Institutionen setzten vor der Einführung der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben verschiedene EDV-Systeme ein und übermittelten die Daten auf unterschiedlichen Wegen. Diese wurden im Zuge der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben über einen so genannten Kommunikationsserver zusammengeschlossen. Dadurch, dass die Institutionen nunmehr gegenseitig Zugriff auf die Daten haben, konnten diese Plausibilitätsprüfungen hinsichtlich des eigenen Prüfungsergebnisses leichter durchgeführt werden.

Bis zur Einführung der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben wurden die lohnabhängigen Abgaben beim Dienstgeber zu unterschiedlichen Zeitpunkten durch den Prüfer der jeweils erhebungsberechtigten Institution durchgeführt. Für die Prüfung der Kommunalsteuer haben sich Gemeinden teilweise zu Einhebungsverbänden zusammengeschlossen, teilweise wurde die Prüfung sporadisch durch Wirtschaftstreuhänder bzw durch eigene Prüforgane durchgeführt. Durch die gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben konnten nicht nur ca. 100 Kommunalsteuerprüfer eingespart, sondern auch eine Gleichmäßigkeit der Kommunalsteuerprüfung bundesweit optimiert werden. Die Kosten für die Kommunalsteuerprüfung werden nunmehr nicht mehr von den Gemeinden, sondern von den beiden Prüforganisationen getragen. Bei der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern wurde der Personalstand von ca. jeweils 250 Prüfern beibehalten. Die Bundesregierung erlaubt sich daher noch einmal die Synergieeffekte, die bereits durch die Einführung der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben erreicht wurden bzw die durch die nunmehrige, weitere Effizienzsteigerung im Bereich der Beitragsprüfung erreicht werden sollen, darzustellen (Einsparung von ca. 100 Kommunalsteuerprüfern). Deren Tätigkeit wird nunmehr von den GPLA-Prüfern wahrgenommen, womit eine Gleichmäßigkeit der Kommunalsteuerprüfung bundesweit erreicht werden konnte.

Die bis dato stattgefundenen drei Prüfungen konnten zu einer Prüfung zusammengefasst werden, wodurch die Arbeitgeber administrativ entlastet wurden, beispielweise dadurch, dass die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen nur einmal bereitzustellen sind. Gleichzeitig konnte die Anzahl der Prüffälle gesteigert werden.

Ein maßgeblicher Nutzen und Effizienzeffekt der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben ist es auch, dass durch den Einsatz von institutionsübergreifenden EDV-Lösungen eine bundeseinheitliche Rechtsanwendung sichergestellt werden konnte und somit die Entwicklung von unterschiedlichen 'Landrechten' verhindert wird. Durch den Einsatz des Elektronischen Datensammelsystems der österreichischen Sozialversicherungsträger (ELDA) ersparte sich die Finanzverwaltung die Entwicklung einer eigenen Datenübermittlungsschiene für die händisch eingegebenen Lohnzetteldaten. Mittels FINANZOnline kann die Kommunalsteuererklärung einfach und schnell elektronisch übertragen werden. Im Übrigen konnten parallel laufende Aktivitäten (zB Erfassung, Auswertung und Übertragung der Daten) durch den Einsatz der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben verhindert werden.

Wie sich aus der obigen Darstellung ergibt, wurde bereits durch die Einführung der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben eine wesentliche Verbesserung und Effizienzsteigerung im Bereich der Beitragsgrundlagenprüfung erreicht. Allerdings erschwerten unterschiedliche Organisationsstrukturen (im Vergleich Finanzämter zu Gebietskrankenkassen bzw Gebietskrankenkassen untereinander) weiterhin die Koordination und die Zusammenarbeit der befassten Institutionen. Zudem kam es immer wieder zu divergierenden Rechtsauslegungen, was vor allem bei den Arbeitgebern große Unsicherheit erzeugte. Oftmals sahen sich Arbeitgeber mit unterschiedlichen Vollzugs- und Servicequalitäten konfrontiert.

9.B.e. Im PLABG ist im Wesentlichen die Einrichtung eines einheitlichen Prüfdienstes geregelt. Aufbauend auf das etablierte System der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben, das sich in der Praxis bewährt hat und gut funktioniert, soll nunmehr – im Sinne einer noch effizienteren und serviceorientierten Verwaltungsorganisation – die Kompetenz zur Prüfung der lohnabhängigen Abgaben und Beiträge einheitlich bei dem innerhalb der Finanzverwaltung eingerichteten Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge gebündelt werden. Dadurch erwartet sich die Bundesregierung eine weitere Effizienzsteigerung im Bereich der Prüfung sowie eine Steigerung der Prüfqualität und damit einhergehend eine einheitliche Rechtsauslegung. Der wesentlichste Unterschied des neu einzurichtenden Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zum bestehenden System der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben ist, dass es sich nunmehr um eine nachgeordnete Dienststelle im Wirkungsbereich des Bundesministers für Finanzen handelt, dem die Fachaufsicht über sämtliche Prüfungsprozesse obliegt. Die wesentlichen Änderungen sollen hier kurz dargestellt werden:

Bisher wurden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber abwechselnd von Organen des Finanzamtes oder eines Sozialversicherungsträgers geprüft. Beide Institutionen haben das gesamte Spektrum der lohnabhängigen Abgaben geprüft, allerdings gegebenenfalls mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. Die unterschiedlichen Organisationsstrukturen erschwerten die Koordination und die Zusammenarbeit der befassten Institutionen. Durch die Einrichtung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge gibt es nur mehr eine Schnittstelle für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zum Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge.

Auch soll es zu einer einheitlichen Auslegung des für die Prüfungshandlungen anzuwendenden Verfahrensrechts kommen. § 41a ASVG sieht bereits derzeit für die Sozialversicherungsprüfung die Anwendung des § 147 BAO vor. Die Auslegung dieser Gesetzesbestimmung ist jedoch nicht unstrittig. Zukünftig ist sichergestellt, dass sämtliche Außenprüfungshandlungen des Prüfdienstes auf die BAO gestützt sein müssen. Dies soll zu einem friktionsfreieren Prüfungsverlauf und damit zu einer kürzeren Prüfungsdauer führen. Weiters können bei Bedarf gemeinsame Prüfungen der allgemeinen Betriebsprüfung mit dem Prüfdienst lohnabhängiger Abgaben und Beiträge leichter koordiniert und durchgeführt werden. Durch einen bundesweiten einheitlichen Prüfdienst wird aus Sicht der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge die Vollzugs- und Servicequalität verbessert und bundesweit eine höhere Rechtssicherheit gewährleistet werden. Die Zusammenlegung der Prüforganisationen führt zu einer weiteren Optimierung von Prozessabläufen und jedenfalls zu einer Verringerung des Abstimmungsaufwandes. Ebenso kann durch eine zentrale Risikoanalyse eine gezieltere Fallauswahl für Prüfungen erfolgen.

Die Aus- und Fortbildung der Bediensteten sowie die IT-Infrastruktur und deren Weiterentwicklung können weiter vereinheitlicht und verbessert werden [,] wodurch sich weitere Synergieeffekte ergeben werden. Die GPLA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gebietskrankenkassen werden der neuen Dienstbehörde Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zugewiesen (§15), sodass eine Dienstbehörde mit einem bundesweiten Fachbereich entsteht. Aus wichtigen, in der Person des Bediensteten liegenden Gründen kann die Zuweisung unterbleiben oder beendet werden. Hinsichtlich ihrer dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung bleiben die Zugewiesenen Angestellte der Österreichischen Gesundheitskasse und die für sie anzuwendenden Rechtsvorschriften (weiterhin) anwendbar, wobei der Bund der Österreichischen Gesundheitskasse die Personalkosten refundiert. Schließlich wurde den Zugewiesenen ein Rechtsanspruch auf Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund eingeräumt, falls sie dies wollen.

Die Zuständigkeit für die Beitragsvorschreibung bzw Bescheiderlassung, für Einhebungs- und Einbringungsmaßnahmen und für die Durchführung von Rechtsmittelverfahren wird nicht berührt und verbleibt bei den bisher zuständigen Stellen, d.h. die Vorschreibung und die Einbringung der Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge (DG) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) erfolgt wie bisher durch das zuständige Finanzamt, jene der Sozialversicherungsbeiträge erfolgt durch die Österreichische Gesundheitskasse und jene der Kommunalsteuer durch die zuständige Gemeinde.

Die Prüforgane des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge werden funktionell für die jeweils zuständige Stelle (Finanzamt, Österreichische Gesundheitskasse, Gemeinde) tätig. Dem Prüforgan kommt die Funktion eines Sachverständigen zu. Die Finanzämter, die Österreichische Gesundheitskasse und die Gemeinden sind an das Prüfergebnis des Prüforgans nicht gebunden und können – etwa bei der Bescheiderstellung – davon abweichen. Soll allerdings in einer Erledigung vom 'Gutachten' abgewichen werden, ist dies dem Prüfdienst vor dieser Erledigung mitzuteilen. Auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse oder einer Gemeinde haben die Organe des Prüfdienstes eine Sozialversicherungsprüfung oder eine Kommunalsteuerprüfung durchzuführen.

Es wird ein Prüfungsbeirat eingerichtet, der die Kooperation und Koordinierung zwischen Finanzverwaltung, Sozialversicherungsträger und Gemeinden im Rahmen der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge fördern bzw gewährleisten soll.

Das mit der GPLA-Prüfung im weiteren Sinne befasste Personal der Gebietskrankenkassen wird der Finanzverwaltung unter Wahrung der gesetzlichen Möglichkeiten und eines geordneten Dienstbetriebes zugewiesen. Das bedeutet:

Mit der Einrichtung des Prüfdienstes werden sämtliche Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse, die mit Stichtag als Bedienstete einer Gebietskrankenkasse dem Bereich der GPLA angehörten und zeitlich überwiegend mit Tätigkeiten der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben bei den Gebietskrankenkassen befasst sind bzw waren, dem Bundesministerium für Finanzen zugewiesen (Prüfer, Erhebungs- und Kontrollorgane inklusive der in diesem Bereich mit juristischen Tätigkeiten befassten Bediensteten, Supportpersonal und Bedienstete des der Tiroler Gebietskrankenkasse zugehörigen Competence Centers GPLA, die für den IT-Betrieb, die Einhaltung des Service Level Agreements und die operative Steuerung des Betriebs und der Weiterentwicklung für die Prüfsoftware zuständig sind bzw waren). Es wurde also – aufbauend auf das bestehende und etablierte Praxismodell der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben – eine organisatorische Vereinheitlichung vorgenommen, die zur Zusammenführung der Prüfdienste der Sozialversicherungsträger und der Finanzverwaltung in einer eigenen Dienststelle führen soll. Die Bundesregierung geht davon aus, dass allein die organisatorische Überführung des gesamten Prüfpersonals in diesem Bereich auf eine Organisationseinheit keine Verfassungswidrigkeit begründen kann.

Die Bundesregierung erwartet sich durch die Zusammenlegung der Prüfdienste auch eine Effizienzsteigerung im Hinblick auf die Kosten bzw auf die durch die durchgeführten Prüfungen erzielten Mehrergebnisse. Entgegen den Ausführungen der Antragsteller, geht die Bundesregierung davon aus, dass es durch die Zusammenlegung des Prüfpersonals zu einer Effizienzsteigerung in mehreren Bereichen kommen wird.

Durch die Anwendung einer risikobasierten Fallauswahl in Kombination mit einer Mehrzahl an Prüfern ist davon auszugehen, dass das durch Prüfungen erzielte Mehrergebnis höher ausfallen wird als derzeit. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Antragsteller unterstellen, die Bundesregierung wolle die Beitragsprüfung insgesamt schwächen bzw ineffizient gestalten. Was die konkreten finanziellen Auswirkungen anbelangt, ist Folgendes auszuführen:

Im Jahr 2020 werden einmalig höhere Aufwendungen in Höhe von EUR 2 Mio. für die Einrichtung der Prüfungsbehörde (Informationsveranstaltungen und Teambuilding für die Prüferinnen und Prüfer, verstärkte gemeinsame Ausbildung, Vereinheitlichung der Ausstattung etc.) erforderlich sein. Unter den laufenden Auswirkungen bzw dem 'Transferaufwand' ergibt sich für das Jahr 2020 für die insgesamt 320 Vollbeschäftigungsäquivalente ein Gesamtaufwand (Personalaufwand inklusive arbeitsplatzbezogener betrieblicher Sachaufwand) von EUR 28.405.804,55, der zu refundieren ist. Die Österreichische Gesundheitskasse hat gemäß § 64 BHG 2013 in Verbindung mit § 22 PLABG dem Bund für die von diesem der Österreichischen Gesundheitskasse erbrachten Leistungen ein Entgelt zu entrichten. Dieses Entgelt entspricht der Höhe nach jenem Betrag, den der Bund an die Österreichische Gesundheitskasse betreffend Refundierung der Personalkosten zu leisten hat. Dem Bruttoprinzip entsprechend werden diese beiden (betragsmäßig gleich hohen) Zahlungsflüsse in der wirkungsorientieren Folgenabschätzung abgebildet.

Es ergibt sich also aus den dargestellten finanziellen Auswirkungen keine maßgebliche 'Kostenexplosion'. Auch einmalige höhere finanzielle Aufwendungen machen ein Reformprojekt nicht verfassungswidrig. Es ist zu erwarten, dass langfristig durch die Zusammenlegung eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Verwaltung im Bereich der Beitragsprüfung hergestellt wird. Es sind nicht nur dem Gesetzestext selbst, sondern auch den dazu gehörigen Erläuternden Bemerkungen deutlich die Überlegungen des einfachen Gesetzgebers zu entnehmen, mit seinen Maßnahmen Effizienzsteigerungen erreichen zu wollen.

Aus all diesen Gründen geht die Bundesregierung daher davon aus, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist, die Prüftätigkeiten, die derzeit von Bediensteten der Gebietskrankenkassen im Rahmen der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben durchgeführt werden, auf eine einheitliche Prüforganisation mit der Fachaufsicht des Bundesministers für Finanzen zu übertragen, die im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen etabliert ist. Die dargelegte Effizienzsteigerung dient als taugliche sachliche Rechtfertigung für die Übernahme der Aufgaben aus dem übertragenen Wirkungsbereich wie auch hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Gleichheitssatzes und des Eigentumsrechts (dazu siehe auch sogleich).

9.B.f. […]

11. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind.

[…]"

2. Zu G158/2019

2.1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Vor dem Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht ist eine auf § 54 Abs 1 ASGG gestützte Klage des Betriebsrates der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse wider die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse als beklagte Partei mit dem Klagebegehren anhängig, das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht möge feststellen, dass die von der beklagten Partei gemäß § 15 Abs 1 PLABG auf unbestimmte Dauer an den Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge spätestens mit Wirksamkeit vom durchzuführende Zuweisung näher bezeichneter Arbeitnehmerkreise rechtswidrig sei. Näherhin wird in der Klage ausgeführt, bei der beklagten Partei seien 1.950 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen zumindest 67 von einer Zuweisung gemäß § 15 Abs 1 PLABG betroffen wären. Der Betriebsrat der beklagten Partei sei als parteifähiges Organ der Arbeitnehmerschaft gemäß § 54 Abs 1 ASGG in dieser Arbeitsrechtssache iSd § 50 leg. cit. zur Klage legitimiert. Aus Anlass dieses Verfahrens fasste das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht den Beschluss, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, dieser möge die § 15 und 20 PLABG als verfassungswidrig aufheben.

2.2. Das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht legt die Bedenken gegen § 15 PLABG, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, der Sache nach wie die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates im zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierten Verfahren (oben III.1.1.) dar.

2.3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrags bestreitet und dem Antrag in der Sache im Wesentlichen mit denselben Argumenten entgegentritt, die sie bereits in dem zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierten Verfahren vorgebracht hat.

2.4. Die vor dem antragstellenden Gericht klagende Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht anschließt und die kostenpflichtige Aufhebung der § 15 und 20 PLABG beantragt.

3. Zu G177/2019

3.1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Vor dem Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht ist eine auf § 54 Abs 1 ASGG gestützte Klage des Betriebsrates der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse wider die Steiermärkische Gebietskrankenkasse als beklagte Partei mit dem Klagebegehren anhängig, das Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht möge feststellen, dass die von der beklagten Partei gemäß § 15 Abs 1 PLABG auf unbestimmte Dauer an den Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge spätestens mit Wirksamkeit vom durchzuführende Zuweisung näher bezeichneter Arbeitnehmerkreise rechtswidrig sei. Näherhin wird in der Klage ausgeführt, bei der beklagten Partei seien 1.295 Arbeitnehmer beschäftigt, von denen zumindest 44 Personen von einer Zuweisung gemäß § 15 Abs 1 PLABG betroffen wären. Das Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht wies dieses Klagebegehren mit Urteil vom , 30 Cga 21/19w-5, ab. Dagegen erhob der Betriebsrat der Steiermärkischen Betriebskrankenkasse am Berufung an das Oberlandesgericht Graz und stellte am selben Tag den zu G177/2019 protokollierten, auf Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG gestützten Antrag an den Verfassungsgerichtshof. Das Oberlandesgericht Graz teilte mit, dass es die Berufung als rechtzeitig und zulässig qualifiziert hat.

3.2. Der Betriebsrat der Steiermärkischen Betriebskrankenkasse legt die Bedenken gegen § 15 PLABG, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, der Sache nach wie die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates im zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierten Verfahren (oben III.1.1.) dar.

3.3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und in der Sache auf ihre zu G158/2019 erstattete (beigelegte) Äußerung verweist.

4. Zu G193/2019

4.1. Die 113 Antragsteller zu G193/2019, im Frühjahr 2019 auf Grundlage der § 538u, 538x und 538y ASVG idF BGBl I 100/2018 von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte als Versicherungsvertreter aus der Gruppe der Dienstnehmer in die Verwaltungskörper der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt entsandte Versicherungsvertreter, legen ihre Bedenken gegen § 420 Abs 6 Z 5, Abs 7 und 8 sowie § 718 Abs 7a ASVG idF BGBl I 100/2018 wie folgt dar:

"Die unter II. angeführten Regelungen sind aus den nachstehenden Gründen verfassungswidrig:

VII.1. Verstoß gegen Art 120b B-VG

Gemäß Art 120b Abs 1 B-VG kommt Selbstverwaltungskörpern das Recht zu, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen. Dieses Recht schützt die Selbstverwaltungskörper unter anderem vor generellen Rechtsnormen, die ungerechtfertigt in ihren Selbstverwaltungsbereich eingreifen. Ein ungerechtfertigter Eingriff in dieses Recht liegt schon dann vor, wenn eine Aufgabe, die dem Selbstverwaltungskörper zu übertragen wäre, diesem vorenthalten oder entzogen, in den übertragenen Wirkungsbereich übertragen oder von der Behörde tatsächlich besorgt wird (Rill/Stolzlechner in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer, Kommentar Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg (2010), Art 120b B-VG Rz 2 mwN). Ein ungerechtfertigter Eingriff ist verfassungswidrig. Welche konkreten Aufgaben den Selbstverwaltungskörpern zu übertragen sind, regelt Art 120a Abs 1 B-VG. Demzufolge ist der Gesetzgeber verpflichtet, eine Aufgabe auf einen bestehenden Selbstverwaltungskörper zu übertragen, wenn diese im ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse der umfassten Personen liegt und geeignet ist, durch diese Personen gemeinsam besorgt zu werden. Es liegt im doppelten Sinn ein Eingriff, sowohl in die Selbstverwaltung der entsendeberechtigten Stelle (Bundesarbeiterkammer) als auch in die Selbstverwaltung der betroffenen Sozialversicherungsträger (ÖGK, AUVA, PVA) vor. In das Recht auf Selbstverwaltung der entsendeberechtigten Interessenvertretung der Arbeitnehmer/innen (BAK) wird insbesondere dadurch eingegriffen, dass sie bei der Auswahl der Versicherungsvertreter/innen insofern eingeschränkt wird, da nur mehr jene Personen, die den Eignungstest bestanden haben, zur Entsendung als Versicherungsvertreter/innen in Frage kommen und die Bundesarbeitskammer nicht mehr 'beliebig' aus einem weiteren Personenkreis Vertreter/innen entsenden kann. Die Sozialversicherungsträger haben bislang selbst beurteilt, welche Personen geeignet sind die Interessen der Versichertengemeinschaft innerhalb der Selbstverwaltung zu vertreten. Der Bund greift nun durch die Normierung von Eignungsvoraussetzungen für Versicherungsvertreter/innen in ein überwiegendes Interesse der Versichertengemeinschaft nachteilig ein.

VII.1.1 Beurteilung der fachlichen Eignung der Versicherungsvertreter durch den Bund

Die Auswahl jener Personen, die als Versicherungsvertreter in den Verwaltungskörpern von ÖGK, PVA und AUVA die Interessen der Dienstnehmer und der Dienstgeber vertreten, obliegt grundsätzlich den entsendenden Interessenvertretungen (§421 Abs 1 ASVG idF BGBl I 100/2018).

§420 Abs 6 Z 5 ASVG idF BGBl I 100/2018 sieht demgegenüber vor, dass von der Entsendung Personen ausgeschlossen sind, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter/innen samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist. Dieser Eignungstest ist von einer Prüfungskommission durchzuführen, die von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu bestellen ist. Als Prüfer sind fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie des Bundesministeriums für Finanzen zu bestellen.

Festzuhalten ist zunächst, dass die Übertragung der Beurteilung an Bundesbehörden und deren Bedienstete, ob eine Person für diese Aufgabe fachlich geeignet ist, massiv in den Selbstverwaltungsbereich der ÖGK (PVA, AUVA) eingreift und das durch Art 120b Abs 1 BVG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Besorgung ihrer Aufgaben in eigener Verantwortung verletzt. Der Verwaltungsrat, dem die Versicherungsvertreter angehören, ist das zentrale Organ der ÖGK (PVA, AUVA), dem nahezu die gesamte Willensbildung zukommt. Damit kommt aber ein Eingriff in die Bestellung dieses Organs einem Eingriff in die Besorgung der Aufgaben des Verwaltungsrats gleich. Durch die Durchführung des 'Auswahlverfahrens' wird es nämlich dem Staat ermöglicht, Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Verwaltungsrats zu nehmen. Dies gilt ceteris paribus auch für die Verwaltungskörper 'Hauptversammlung' und 'Landesstellenausschuss'.

In manchen Fällen kann es durchaus geboten sein, dass bereits der Gesetzgeber die Entsendungsfähigkeit als Versicherungsvertreter/in an bestimmte Voraussetzungen knüpft. So sieht § 420 Abs 2 ASVG idF BGBl I 100/2018 vor, dass die Person volljährig und seit mindestens sechs Monaten in Österreich als Dienstnehmer/in oder Unternehmer/in tätig sein muss. Darüber hinaus darf die Person nicht vom Wahlrecht in die gesetzgebenden Organe ausgeschlossen sein. Ein solcher Ausschluss kann unter bestimmten Voraussetzungen durch ein Strafgericht im Zusammenhang mit einer unbedingten Freiheitsstrafe verhängt werden (§22 NRWO). Die genannten Voraussetzungen sind allesamt sachlich gerechtfertigt. Eine Person soll erst dann andere in wichtigen Angelegenheiten vertreten dürfen, wenn sie selbst voll geschäftsfähig ist und nicht von einem Richter für wahlunfähig erklärt wurde. Eine solche sachliche Regelung liegt jedoch dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber die Beurteilung einer solchen Voraussetzung dem Bund zuweist, und sie damit aus dem Selbstverwaltungsbereich eines Selbstverwaltungskörpers entfernt wird. Die Beurteilung, ob eine Person als fachlich geeignet erscheint, um die Interessen anderer zu vertreten, obliegt denjenigen Personen, die repräsentiert werden bzw die Versicherungsvertreter/innen entsenden.

Darüber hinaus ist die Aufgabe des Selbstverwaltungskörpers, die fachliche Eignung seiner Organe zu überprüfen, durchaus geeignet, von ihm selbst besorgt zu werden. Den Mitgliedern des Selbstverwaltungskörpers ÖGK (PVA, AUVA) kommt der hauptsächliche Nutzen aus der hohen fachlichen Eignung ihrer Vertreter zu. Die Beurteilung der fachlichen Eignung durch Gespräche oder Prüfungen ist darüber hinaus weder besonders schwierig noch bindet sie viele Ressourcen oder benötigt eine hohe Leistungsfähigkeit in Bezug auf Personal, Finanzen, Raumausstattung oder technische Ausstattung.

Für demokratische Legitimation ist es typisch, dass bei Vorliegen aller persönlichen Voraussetzungen der Unbescholtenheit und eines Mindestalters bzw einer Mindestdauer der Pflichtversicherung die darüberhinausgehenden, insbesondere fachlichen Qualitäten ausschließlich von jenen zu beurteilen ist, die eine Liste aufstellen, die sich zur Wahl stellt oder aus dem Kreis der Versicherten eine Entsendung vorzunehmen hat. Nur die Entsendungsberechtigten haben in demokratischer Weise zu beurteilen, von welchen Personen eine bestmögliche Wahrnehmung der Interessen der versicherten Personen zu erwarten ist. Dies kann in keinem Fall eine Kommission welcher Expert/innen auch immer sein und unter welchem organisatorischen Dach auch immer. Daher stellt die Beurteilung der fachlichen Eignung der Versicherungsvertreter/innen durch andere als den Entsendungsberechtigten einen Eingriff in das demokratische Prinzip dar

VII.2. Verstoß gegen Art 120c B-VG

Art120c B-VG legt verfassungsrechtliche Grundsätze für die Organisation von Selbstverwaltungskörpern der sonstigen Selbstverwaltung fest. Durch diese Bestimmung wird der verfassungsrechtliche Rahmen normiert, den der Gesetzgeber bei Regelung der Organisation von Selbstverwaltungskörpern der sonstigen Selbstverwaltung zu beachten hat.

Nach Art 120c Abs 1 B-VG sind die Organe der Selbstverwaltungskörper aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach 'demokratischen Grundsätzen' zu bilden. Die demokratischen Grundsätze sind daher auch bei der Regelung der Entsendungsfähigkeit zu berücksichtigen. Hierbei können die Grundsätze des Wahlrechts sinngemäß herangezogen werden. Diese haben eine gewisse 'Vorbildfunktion', weil sie aus dem Demokratieprinzip (Art1 B-VG) abgeleitet sind, welches insofern auch Bedeutung für die sonstige Selbstverwaltung hat, als die demokratische Bestellung von Selbstverwaltungsorganen einem 'Kerngedanken der Selbstverwaltung' entspricht (vgl Stolzlechner in Rill/Schäffer, Art 120c B-VG Rz 13).

Nach dem Grundsatz des allgemeinen Wahlrechts ist dafür Sorge zu tragen, dass das Recht gewählt zu werden (passives Wahlrecht) allen Staatsbürgern zukommt, ohne dass die Wahlberechtigung von Voraussetzungen – 'ohne Ansehung der Person und des Geschlechts und ohne Bedachtnahme auf Stand, Bildung, Religion, Steuerleistung etc' (Stolzlechner in Rill/Schäffer, Art 120c B-VG Rz 14) – abhängig gemacht werden darf, die nicht jeder Bürger im wahlfähigen Alter erfüllen kann.

Das bedeutet für die Organisation von Selbstverwaltungskörpern der sonstigen Selbstverwaltung, dass das passive Wahlrecht allen dort zusammengefassten Personen zuzukommen hat. Für eine Einschränkung dieses demokratischen Grundsatzes bedarf es (sofern überhaupt zulässig) eines sachlichen Grundes (Stolzlechner in Rill/Schäffer, Art 120c B-VG Rz 11). Sachliche Gründe sind in diesem Zusammenhang beispielsweise der Ausschluss der Entsendung von Minderjährigen (§420 Abs 2 ASVG idF BGBl I 100/2018) oder auch Unvereinbarkeitsregelungen (§420 Abs 6 Z 1 ASVG idF BGBl I 100/2018).

Die angefochtenen Normen schneiden jedoch die Mehrzahl der als Versicherungsvertreter entsendungsfähigen Personen (passiv Wahlberechtigte) von diesem Recht ab, weil sie ohne ausreichende sachliche Rechtfertigung an die Voraussetzung des absolvierten Eignungstests gebunden wird. Grundsätzlich ist der Eignungstest von jedem potentiellen Versicherungsvertreter zu absolvieren. § 420 Abs 8 ASVG idF BGBl I 100/2018 ermächtigt jedoch die BMASGK im Einvernehmen mit dem BMF Näheres über die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen festzusetzen. Im Ministerialentwurf zum SV-OG (75 ME 26. GP) war – wie oben unter 11.2. ausgeführt - im damals geplanten § 420 Abs 6 Z 5 ASVG noch vorgesehen, dass Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften sowie Personen, die eine allgemeine Fachausbildung der Sozialversicherungsträger erfolgreich absolviert haben oder mindestens fünf Jahre als Geschäftsführer einer juristischen Person tätig waren, jedenfalls als fachlich geeignet gelten. Zwar wurde dieser Entwurf letztlich nicht umgesetzt, doch steht zu erwarten, dass mittels Verordnung auf Basis des § 420 Abs 8 letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 die Anrechenbarkeit in ähnlicher Form geregelt werden wird.

Ungeachtet der Tatsache, dass eine Anrechnung derzeit mangels entsprechender Verordnung nicht möglich ist, würden nur sehr wenige Mitglieder diese Voraussetzungen erfüllen. Alle anderen sind von der Entsendungsfähigkeit und damit von ihrem passiven Wahlrecht abgeschnitten bis sie den Eignungstest absolviert haben. Dies widerspricht jedoch dem grundlegenden demokratischen Gedanken, dass der Kreis der Verwalteten und jener der potentiellen Verwalter möglichst weitgehend ident sein sollte. Durch die Voraussetzung eines Befähigungsnachweises ist nur mehr ein kleiner Teil der entsendungsfähigen Personen tatsächlich passiv wahlberechtigt, nämlich jene Personen, die entweder den Eignungstest absolviert haben oder die Anrechnungsvoraussetzungen erfüllen. Die Mehrheit der Mitglieder ist so vom Recht entsendet zu werden ausgeschlossen. Wie viele Mitglieder den Eignungstest tatsächlich bestehen werden, wird maßgeblich von der Schwierigkeit des Tests abhängen. Die angefochtenen Normen ermöglichen, dass der Eignungstest inhaltlich so anspruchsvoll ausgestaltet wird, dass er nur von wenigen, fachlich bereits vorgebildeten, Personen absolviert werden kann.

Dem Bund kommt aber nicht nur ein bedeutender Einfluss im Hinblick auf die Schwierigkeit, sondern auch auf die inhaltliche Ausgestaltung der Eignungstests zu. Somit kommt die Auswahl, welche Personen den Test bestehen und in der Folge als Versicherungsvertreter/innen entsandt werden können zu einem maßgeblichen Teil dem Bund zu. Dies widerspricht dem Grundsatz des Art 120c Abs 1 B-VG, wonach die Organe der Selbstverwaltungskörper aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden sind und damit von ihren Mitgliedern selbst ausgewählt werden können. Dies wird umso mehr dadurch erhärtet, als die Bestimmung im Dauerrecht die Ablegung der Prüfung vor der Entsendung verlangt.

Für die Versicherungsvertreter/innen im Übergangszeitraum, deren Eignungstest gem § 718 Abs 7a ASVG idF SV-OG aufgeschoben ist, selbst, aber auch für die Versichertengemeinschaft und die Sozialversicherungsträger führt der schwebende Ausschluss zur massiven Unsicherheit hinsichtlich der Repräsentanz der Versicherten in der Selbstverwaltung und der im B-VG verankerten Grundsätze. Insbesondere ist bei Ausschluss eines Gutteils der Versicherungsvertreter/innen die Handlungsfähigkeit der Sozialversicherungsträger gefährdet. Nachbesetzungen der Verwaltungskörper können nämlich nicht sichergestellt werden, weil ja dann schon vorab der Eignungstest abgelegt sein muss. Damit würden aber die obersten Organe der Träger handlungsunfähig, Sitzungen könnten mangels entsendeten Personen nicht mehr abgehalten werden. Damit wird zudem die Kontinuität in der Geschäftsführung beeinträchtigt. Solcherart entstünde eine massive Lücke in der durch Selbstverwaltung demokratisch legitimierten Kontrolle des Büros, was wohl im Licht der Art 120a ff B-VG nicht gewünscht sein kann und nicht zulässig ist.

3. Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsprinzip (Art7 B-VG)

Eine gesetzliche Regelung verletzt das Sachlichkeitsgebot, wenn sie unverhältnismäßig ist (vgl VfSlg 18.706/2009). Die angefochtene Regelung ist zur Zielerreichung nicht erforderlich und stellt in keiner Weise ein vom Gesetzgeber gewähltes möglichst schonendes Mittel zur Zielerreichung dar, wobei auch die Alternativen des Gesetzgebers in Betracht zu ziehen sind (VfSlg 17.817/2006).

Die Überprüfung der fachlichen Eignung angehender Versicherungsvertreter/innen durch einen Eignungstest, wie ihn § 420 Abs 6 Z 5 ASVG idF BGBl I 100/2018 vorsieht, ist nicht erforderlich, um die fachliche Eignung dieser Personen sicherzustellen.

Aufgabe der Versicherungsvertreter ist die Repräsentation der Dienstnehmer/innen bzw Dienstgeber/innen in den Verwaltungskörpern der Versicherungsträger. Sie werden von den öffentlichen Interessenvertretungen entsendet, deren geschäftsführende Organe gem § 421 Abs 1 ASVG idF BGBl I 100/2018 auf die fachliche Eignung der Versicherungsvertreter/innen Bedacht zu nehmen haben. Dies erscheint zweckmäßig, weil die Entsendungsberechtigten naturgemäß das größte Interesse daran haben, von fachlich geeigneten Personen vertreten zu werden. Hierfür bedarf es weder eines Eignungstests noch einer gesetzlichen Determinierung von Fachgebieten, in denen Wissen nachgewiesen werden muss. Vielmehr kann die fachliche Kompetenz einer Person schon durch fachliche Gespräche mit den entsendungsberechtigten Organen überprüft werden.

Die einzelnen Versicherungsvertreter/innen bedienen sich außerdem zur fachlich-inhaltlichen Bearbeitung der Entscheidungsbereiche eines professionellen Managements mit fachlich versierten Mitarbeitern (dh mit Dienstprüfung). Die Aufgabenteilung ist vergleichbar mit jener innerhalb eines Ministeriums. Auch hier wird die fachlich-inhaltliche Arbeit von Ministeriumsbediensteten erledigt, während der/die jeweilige Minister/in die politische Richtung vorgibt. Auch für die Bekleidung der Position eines/r Bundesministers/in bestehen keine fachlichen Eignungsvoraussetzungen, obwohl diese Position mit sehr hoher Verantwortung verbunden ist. Die Überprüfung der fachlichen Eignung angehender Versicherungsvertreter/innen durch einen Eignungstest ist aus genannten Gründen unverhältnismäßig und verletzt daher das allgemeine Sachlichkeitsprinzip.

Die Regelung ist demgemäß inhaltlich völlig überzogen: Die fachliche Eignung erfordert nach der Regierungsvorlage den Erwerb hochspezialisierter juristischer Kenntnisse, nämlich auf dem gesamten Gebiet des Sozialversicherungsrechts und dem des Bundeshaushaltsrechts. Diese fachlichen Anforderungen sind schon deshalb durch nichts sachlich gerechtfertigt, weil es in den Organen der Selbstverwaltung in erster Linie auf die legitimierende Repräsentation der Interessen ankommt, denen das spezifische fachliche Know-How – soweit überhaupt erforderlich – vom Büro beigestellt wird. Um einen Vergleich zu ziehen: Auf der Ebene des Parlaments entspreche dem die Regelung, welche von Abgeordneten zum Nachweis der fachlichen Eignung die Ablegung einer Staatsprüfung im Verwaltungs- und Verfassungsrecht und Nationalökonomie verlangt. Das geforderte fachliche Niveau wird auch nur von den wenigsten Personen aus dem Kreis der Versicherten erfolgreich erfüllbar sein. Die Regelung legt es also geradezu darauf an, Arbeiter und Angestellte ohne akademische Ausbildung (also das Gros der Versicherten), insbesondere auch Betriebsräte, wie sie von der Interessenvertretung der Dienstnehmer/innen üblicherweise als Vertreter/innen der Versichertengemeinschaft in die Selbstverwaltung entsendet werden, dauerhaft von dieser Entsendung auszuschließen.

[…]"

4.2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken unter Hinweis auf die im Verfahren zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019 erstattete, im Verfahren zu G193/2019 beigelegte Äußerung entgegentritt.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die Anträge zu G78, 79, 80 und 81/2019, zu G158/2019, zu G177/2019 und zu G193/2019 gemäß den § 187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG mit zehn weiteren zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019 ua Zahlen protokollierten Anträgen zur gemeinsamen Verhandlung verbunden und über sie nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und anschließend beschlossener Trennung von den zehn weiteren zu G67, 68, 69, 70 und 71/2019 ua Zahlen protokollierten Anträgen erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Zu G78, 79, 80 und 81/2019

1.1.1. Gemäß Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auch auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates. Die einschreitenden 21 Mitglieder des Bundesrates verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Bundesrates (vgl Art 34 B-VG iVm der Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Festsetzung der Zahl der von den Ländern in den Bundesrat zu entsendenden Mitglieder, BGBl II 237/2013); dem in Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG normierten Erfordernis ist daher entsprochen.

1.1.2. Bei einem Gesetzesprüfungsverfahren, das auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates durchgeführt wird, handelt es sich um ein Verfahren sui generis, in dem sich die Prüfung der Legitimation – in Abweichung von der grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Regel, nach der es bei der Beurteilung der Prozessvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankommt – auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen hat. Das zur Antragstellung legitimierte Drittel der Mitglieder des Bundesrates ist ab dem Zeitpunkt der wirksamen und zulässigen Antragstellung einer einheitlichen Verfahrenspartei gleichzuhalten, die als solche unabhängig davon fortbesteht, ob einzelne ihrer Mitglieder aus dem Bundesrat ausscheiden (vgl zuletzt mwN der Rsp.).

1.1.3. Ein von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Bundesrates gestellter Antrag ist zulässig, sobald das Gesetz rechtswirksam erlassen wurde, und zwar auch dann, wenn es noch nicht in Wirksamkeit getreten ist (vgl zB VfSlg 16.911/2003 mwN und zuletzt ua). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der am beim Verfassungsgerichtshof eingelangte Antrag auf Aufhebung verschiedener Bestimmungen des SV-OG und des ZPFSG nicht deshalb zurückzuweisen, weil diese Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt (überwiegend) noch nicht in Kraft standen (vgl auch VfSlg 20.213/2017).



1.1.4. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letztes liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Wie der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit Anträgen nach Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG sowie zu Anträgen nach Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG bereits ausgesprochen hat, macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit die unmittelbare und aktuelle Betroffenheit durch alle von einem Antrag nach Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG erfassten Bestimmungen gegeben ist oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies, ist der Antrag in der Sache begründet, im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (siehe , V68/2013 ua; vgl zu auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen von Gerichten, die, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im übrigen Teil abzuweisen sind, VfSlg 19.746/2013 und 19.905/2014). Umfasst ein Antrag nach Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG auch Bestimmungen, die den Antragsteller nicht unmittelbar und aktuell in seiner Rechtssphäre betreffen, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (; VfSlg 19.942/2014; siehe auch VfSlg 18.298/2007, 18.486/2008). Anträge von Gerichten nach Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG sind nach dieser Rechtsprechung dann partiell zurückzuweisen, wenn der Antrag auch Bestimmungen umfasst, die für das antragstellende Gericht offenkundig nicht präjudiziell sind, und die angefochtenen Bestimmungen insoweit offensichtlich trennbar sind (VfSlg 19.939/2014).

Diese Überlegungen sind auf Anträge auf abstrakte Normenkontrolle gemäß Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG zu übertragen (vgl VfSlg 20.000/2015, 20.092/2016). Soweit ein solcher Antrag die Aufhebung von Bestimmungen begehrt, gegen die im Einzelnen konkrete Bedenken in schlüssiger und überprüfbarer Weise dargelegt werden (siehe zur abstrakten Normenkontrolle VfSlg 14.802/1997, 17.102/2004, 20.241/2018 und im Übrigen etwa VfSlg 11.888/1988, 12.223/1989; ; VfSlg 19.938/2014), oder mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, ist der Antrag daher, wenn auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, zulässig. Umfasst ein Antrag nach Art 140 Abs 1 Z 2 B-VG darüber hinaus noch weitere Bestimmungen, führt dies, wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind, zur partiellen Zurückweisung des Antrages.

1.1.5. Mit Antrag 1.1., der sich gegen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse richtet, beantragen die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates die Aufhebung zahlreicher, im Einzelnen bezeichneter Novellierungsanordnungen in Art 1 SV-OG.

1.1.5.1. Begründend führen die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates aus, die Anfechtung einer Novellierungsanordnung sei dann zulässig, wenn eine Bestimmung durch eine Novelle aufgehoben werde, sich das Bedenken gegen diese Aufhebung richte und die behauptete Verfassungswidrigkeit auf anderem Wege als durch die Aufhebung der Novellierungsanordnung nicht beseitigt werden könne (Hinweis auf VfSlg 19.658/2012). Dies sei auch der Fall, wenn Selbstverwaltungskörper durch Gesetz fusioniert werden sollten und diese Maßnahme als verfassungswidrig bekämpft werde. In diesem Fall erschöpfe sich nämlich die behauptete Rechtswidrigkeit in der Erlassung der Novellierungsanordnung, weshalb die Bekämpfung der Novellierungsanordnung als solche zulässig sei (Hinweis auf VfSlg 19.919/2014).

1.1.5.2. Die Bundesregierung hält dem in ihrer Äußerung entgegen, dass sich die zahlreichen, von den Antragstellern angefochtenen Novellierungsanordnungen nicht in einer bloßen Aufhebung von Bestimmungen aus dem Rechtsbestand (etwa nach dem Muster "§… entfällt"; Hinweis auf ) erschöpfen würden. Vielmehr handle es sich um solche Novellierungsanordnungen, mit denen der geltende Gesetzestext geändert werde. Die behauptete Verfassungswidrigkeit könne daher mit einer Anfechtung der neu eingefügten bzw geänderten Bestimmungen geltend gemacht werden, weshalb dieser Antrag unzulässig sei.

1.1.5.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bilden die Bestimmungen eines Gesetzes eine untrennbare Einheit mit den diese Bestimmungen novellierenden gesetzlichen Bestimmungen, sodass grundsätzlich eine generelle Norm in jener Fassung zu bekämpfen ist, die durch Novellierungsanordnungen herbeigeführt wurde, und zwar auch dann, wenn nur in den Novellierungsanordnungen die behauptete Rechtswidrigkeit liegt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sich die behauptete Rechtswidrigkeit in der Erlassung der Novellierungsanordnungen erschöpft; in diesem Fall ist die Bekämpfung der Novellierungsanordnung als solche zulässig, weil mit ihrer Entfernung aus dem Rechtsbestand die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt würde (VfSlg 16.764/2002, 19.522/2011, 19.919/2014). Wie die Bundesregierung zutreffend betont hat, erschöpfen sich die im ersten Hauptantrag genannten Novellierungsanordnungen nicht in einer Aufhebung bestehender Bestimmungen. Der Fall ist nicht mit jenem, den der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 19.919/2014 zu beurteilen hatte, vergleichbar. Daher ist der Antrag zu 1.1. unzulässig.

1.1.5.4. Mit dem als "ersten Eventualantrag zum Hauptantrag gemäß Punkt 1.1" bezeichneten Antrag 1.2. wenden sich die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates gegen im Einzelnen aufgezählte Bestimmungen des ASVG idF BGBl I 100/2018, welche die Zusammenführung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse zum Gegenstand haben. Mit dem als "Zusatzantrag zum ersten Eventualantrag gemäß Punkt 1.2" bezeichneten Antrag zu 1.3. werden "vorsichtsweise" weitere Bestimmungen des ASVG idF BGBl I 100/2018 angefochten, die in untrennbarem Zusammenhang stehen könnten.

1.1.5.5. Die Bundesregierung wendet ein, (ua) mit Eventualantrag 1.2. samt Zusatzantrag 1.3. würden bloß die in Art 1 des SV-OG einschlägigen Bestimmungen, also die Änderungen im ASVG, bekämpft; hingegen würde nicht auch die Aufhebung jener Bestimmungen in anderen Artikeln des SV-OG, in denen ebenfalls Zuständigkeiten der Österreichischen Gesundheitskasse vorgesehen seien, begehrt. Es liege hier aber kein Fall eines bloßen "Unanwendbarwerdens" vor, sondern es würden im Fall der Aufhebung im beantragten Umfang zahlreiche Bestimmungen, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit angefochtenen Bestimmungen des ASVG stünden, unvollziehbar. So würden im Fall der Aufhebung zwar die Organisationsvorschriften der Österreichischen Gesundheitskasse beseitigt. In mehreren anderen Gesetzen wäre jedoch weiterhin eine Zuständigkeit der Österreichischen Gesundheitskasse vorgesehen, etwa in dem nicht angefochtenen § 40 AlVG. Im Fall einer Aufhebung im beantragten Umfang würde die Österreichische Gesundheitskasse diese Aufgabe gemäß § 40 AlVG nicht erfüllen können. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass nach geltender Rechtslage bestimmten Gebietskrankenkassen (zB der Wiener Gebietskrankenkasse nach § 3 Abs 8 AlVG oder der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse nach § 66a AlVG) Zuständigkeiten zugewiesen würden. Diese Zuständigkeiten würden durch das SV-OG auf die Österreichische Gesundheitskasse übertragen. Im Fall der Aufhebung bloß der beantragten Bestimmungen über die Österreichische Gesundheitskasse im ASVG wäre nicht ohne weiteres anzunehmen, dass die Bezugnahmen in den zitierten (nicht angefochtenen) Gesetzesbestimmungen wieder als Bezugnahmen auf die vom Gesetzgeber vor dem SV-OG für zuständig bestimmten Gebietskrankenkassen zu lesen wären, sodass unklar wäre, ob es zu einer Zuständigkeit auch der übrigen Gebietskrankenkassen käme. Nach Ansicht der Bundesregierung seien daher (ua) die Aufhebungsanträge 1.2. und 1.3. zu eng gefasst.

1.1.5.6. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates weisen demgegenüber darauf hin, dass die Mitanfechtung all jener Bestimmungen nicht erforderlich gewesen sei, in denen lediglich statt der Gebietskrankenkassen oder einer bestimmten Gebietskrankenkasse die Österreichische Gesundheitskasse in den Gesetzestext eingefügt werde; diese Bestimmungen wären im Fall der Aufhebung der den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden Bestimmungen zwar nicht mehr vollziehbar; dadurch würde jedoch noch kein untrennbarer Zusammenhang begründet, der eine Mitanfechtung unerlässlich erscheinen ließe.

1.1.5.7. Entgegen der Bundesregierung und mit den antragstellenden Mitgliedern des Bundesrates ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass die organisationsrechtlichen Bestimmungen über die Österreichische Gesundheitskasse im ASVG idF BGBl I 100/2018 nicht in untrennbarem Zusammenhang mit den in den Art 2 ff. SV-OG vorgesehenen Anknüpfungen an die Österreichische Gesundheitskasse stehen. Ein untrennbarer Zusammenhang ist anzunehmen, wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vom Verfassungsgerichtshof anzuwendenden Bestimmungen nicht ohne Mitberücksichtigung weiterer Bestimmungen beantworten lässt, insbesondere deshalb, weil sich ihr (gegebenenfalls verfassungsrechtlich bedenklicher) Inhalt erst mit Blick auf diese weiteren Bestimmungen erschließt. Ein solcher Zusammenhang kann sich aber auch daraus ergeben, dass diese weiteren Bestimmungen durch die Aufhebung der verfassungsrechtlich bedenklichen Normen einen völlig veränderten Inhalt erhielten (vgl VfSlg 8155/1977, 8461/1978, 17.023/2003 uva). Der Umstand allein, dass die nach Aufhebung einer Norm allenfalls verbleibenden Bestimmungen ganz oder zum Teil nicht mehr vollziehbar sind, ist hingegen in aller Regel zwangsläufige (und durchaus auch mitunter ganze Teile von Gesetzen erfassende) Folge eines verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahrens, begründet aber für sich allein keinen solchen Sachzusammenhang, als dessen Folge die eine Norm ohne jene anderen Bestimmungen nicht in Prüfung gezogen werden dürfte (VfSlg 17.023/2003). Der Verfassungsgerichtshof ist daher nicht der Auffassung, dass die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates auch all jene weiteren Bestimmungen in anderen Gesetzen (als dem ASVG) hätten mitanfechten müssen, die der Österreichischen Gesundheitskasse besondere Aufgaben zuweisen.

1.1.5.8. Ebenso wie zahlreiche Bestimmungen, die durch die Art 2 ff. SV-OG novelliert worden sind und künftig auf die Österreichische Gesundheitskasse abstellen, noch nicht allein deshalb in untrennbarem Zusammenhang mit der Anordnung der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen stehen, stehen auch nicht alle Bestimmungen des ASVG idF des SV-OG, welche die Österreichische Gesundheitskasse nennen, zueinander in untrennbarem Zusammenhang. Wegen offenkundiger Trennbarkeit und weil gegen diese Bestimmungen (im Zusammenhang mit dem ersten Hauptantrag) auch keine konkreten Bedenken vorgebracht wurden, ist daher Antrag 1.2. als unzulässig zurückzuweisen, soweit er sich auf die § 75a Abs 1 und 3, 342c Abs 3, 7 und 12, 343d Abs 2 Z 2, 347 Abs 6, 360 Abs 5, 441f Abs 5, 443 Abs 1, 447a sowie 447f Abs 18 ASVG idF BGBl I 100/2018 bezieht. Entsprechendes gilt für Antrag 1.3., soweit er sich auf die § 11 Abs 2, 12. Abs 7, 16 Abs 4 und 5, 31b Abs 3, 152 Abs 2, 319a Abs 1, 342 Abs 2b und 2c, 342b Abs 4, 342c Abs 3 und § 718 Abs 4 ASVG idF BGBl I 100/2018 bezieht.

Im Übrigen, also insbesondere hinsichtlich der § 23, 26 Abs 1, 538t, 538u, 538v und 538w ASVG idF BGBl I 100/2018, ist Antrag 1.2. – da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – zulässig; Antrag 1.3. ist hinsichtlich § 720 leg. cit. zulässig.

Da die Anfechtung von § 538v ASVG idF des SV-OG durch (Eventual-)Antrag 1.2. zur Gänze zulässig ist, erübrigt sich ein Eingehen auf den als "zweiten Eventualantrag zum Hauptantrag gemäß Punkt 1.1" bezeichneten Antrag 1.4.

1.1.6. Zu Antrag 3 bringt die Bundesregierung vor, die Antragsteller würden § 430 ASVG idF BGBl I 100/2018 zur Gänze anfechten, die in diesem Zusammenhang (Rz 80 des Antrags) vorgebrachten Bedenken würden sich jedoch allein auf die – in eventu angefochtenen – Abs 2, 3a und 4, welche Regelungen über den Vorsitz in Verwaltungskörpern der Österreichischen Gesundheitskasse enthalten, beziehen. Es werde auch weder behauptet noch dargelegt, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den in eventu angefochtenen Bestimmungen und den übrigen Bestimmungen des § 430 leg. cit. (etwa jene betreffend die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) bestünde, weshalb sich der Antrag insoweit als unzulässig erweise.

Unstrittig haben die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates Bedenken gegen § 430 Abs 2, 3a und 4 ASVG idF des SV-OG vorgebracht. Da die weiteren Absätze des § 430 leg. cit. nicht offenkundig von diesen Bestimmungen trennbar sind, erweist sich der Antrag 3 – entgegen der Auffassung der Bundesregierung – zur Gänze als zulässig, womit sich erübrigt, auf den diesbezüglichen Eventualantrag einzugehen.

1.1.7. Selbiges gilt auch für die entsprechenden Einwände der Bundesregierung zu den Anträgen 4.1., 4.2. und 6.; diese Anträge sind daher – mit einer Ausnahme – ebenfalls zulässig: Soweit sich Antrag 4.1. (im zweiten Spiegelstrich) gegen § 449 Abs 2 (letzter Satz) ASVG idF des SV-OG wendet (siehe Rz 99 bis 101 des Schriftsatzes), bringt er Bedenken gegen einzelne Ziffern in § 432 Abs 3 leg. cit. vor, ohne jedoch § 432 Abs 3 leg. cit. in die Anfechtung miteinzubeziehen, um den Verfassungsgerichtshof im Fall der Stattgabe in die Lage zu versetzen, den Aufhebungsumfang entsprechend abzugrenzen. Da der Anfechtungsumfang in dieser Hinsicht zu eng gewählt ist, ist der Antrag 4.1. hinsichtlich § 449 Abs 2 (letzter Satz iVm § 432 Abs 3) ASVG idF des SV-OG als unzulässig zurückzuweisen.

1.1.8. Mit Antrag 4.3. begehren die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates die Aufhebung des gesamten PLABG (Art1 des ZPFSG) und von "§41a Abs 1 [gemeint: ASVG] in der Fassung der Ziffer 1 des Artikel 4 des Bundesgesetzes BGBl I 98/2018, die Änderung des Abs 5 durch Art 4 Z 2, die Umbezeichnung des Abs 5 auf Abs 2, weiters die Aufhebung des § 41a Abs 2 bis 4 durch Art 4 Z 3 des Bundesgesetzes BGBl I 98/2018".

1.1.8.1. Die Bundesregierung hält dem entgegen, die Antragsteller würden damit auch einzelne Novellierungsanordnungen in Art 4 ZPFSG anfechten. Da § 41a ASVG durch Art 4 ZPFSG geändert werde, jedoch nicht ersatzlos aus dem Rechtsbestand entfallen solle, sei eine Anfechtung der Novellierungsanordnungen unzulässig. Der Hauptantrag sei daher "teilweise unzulässig". Ferner bringt die Bundesregierung vor, es werde das gesamte PLABG angefochten. Dieses regle jedoch nicht allein die Übertragung der Sozialversicherungsprüfung, sondern allgemein die Einrichtung eines Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge, der auch die Lohnsteuerprüfung und die Kommunalsteuerprüfung zu besorgen habe (§4 PLABG). Ein Zusammenhang mit den vorgebrachten Bedenken bestehe insoweit hinsichtlich § 41a Abs 1 ASVG und hinsichtlich § 4 Z 2 PLABG, der Wortfolge "und gemäß § 42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 1 sowie "bzw § 42 und 43 ASVG" in § 5 Abs 2 PLABG und schließlich § 8 Abs 2, der § 15 bis 20 und 26 Abs 2 PLABG (eventuell auch bei § 6 Z 1 zweiter Teilstrich und den zur Aufhebung beantragten Wortfolgen in § 11, § 12 Abs 1 und 2 sowie § 22). Über diesen Umfang hinaus seien die pauschalen Anträge unzulässig.

1.1.8.2. Mit diesem Vorbringen ist die Bundesregierung teilweise im Recht:

Der Antrag 4.3. und der dazugehörige erste Eventualantrag richten sich gegen das PLABG bzw gegen das ZPFSG zur Gänze. Eine Anfechtung (jeweils) des gesamten Gesetzes wäre aber nur im Fall eines Zusammenhanges sämtlicher Bestimmungen oder dann möglich, wenn gegen alle Bestimmungen – klar zugeordnete – Bedenken vorgebracht würden. Dies ist nicht der Fall. Weder erhebt der Antrag Bedenken gegen alle Regelungen des PLABG bzw des ZPFSG noch stehen alle Bestimmungen dieser Gesetze in einem Zusammenhang mit jenen Regelungen, gegen welche Bedenken erhoben wurden. Vielmehr werden gegen jene Bestimmungen des Gesetzes, die sich lediglich auf die Lohnsteuerprüfung und die Kommunalsteuerprüfung beziehen, keine gesonderten Bedenken geltend gemacht. Antrag 4.3. und der erste diesbezügliche Eventualantrag sind daher unzulässig.

Hingegen ist der zweite Eventualantrag zu 4.3. (ausgenommen der letzte Spiegelstrich, der sich auf Novellierungsanordnungen bezieht) zulässig; er richtet sich gegen die Übertragung der Sozialversicherungsprüfung auf die Finanzverwaltung und Bestimmungen, die damit in Zusammenhang stehen. An der Zulässigkeit ändert die (erst) zum in Kraft tretende Novelle BGBl I 104/2019 zum PLABG nichts.

1.1.9. Soweit sich Antrag 5.3. gegen § 31 ASVG idF des SV-OG aus Gründen eines Verstoßes gegen Art 18 B-VG wendet, ist er mangels hinreichender Darlegung der Bedenken unzulässig: Gemäß § 62 Abs 1 VfGG hat ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken "im Einzelnen" darzulegen. Zu diesem Zweck müssen die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit – in überprüfbarer Art– präzise ausgebreitet werden, dh, dem Antrag muss mit hinreichender Deutlichkeit entnehmbar sein, zu welcher Verfassungsbestimmung die zur Aufhebung beantragte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese These sprechen (zB VfSlg 11.150/1986, 13.851/1994, 14.802/1997, 19.938/2014; ). Soweit solche Darlegungen zu den Bedenken fehlen, liegt ein nicht verbesserungsfähiger inhaltlicher Mangel vor. Dementgegen führen die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates im gegebenen Zusammenhang (Rz 184 des Antrags) bloß aus, dass die Voraussetzungen, unter denen "Selbstbehalte" eingeführt werden können, in § 31 ASVG "zu regeln gewesen wären". Dieses pauschale und allgemeine Vorbringen, das insbesondere offen lässt, ob damit moniert werden soll, dass die Festsetzung eines "Selbstbehaltes" im Gesetz selbst zu erfolgen habe, oder aber, dass die Voraussetzungen einer Verordnung genauer zu regeln gewesen wären, erfüllt die strengen Anforderungen des § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG nicht. Antrag 5.3. ist daher, soweit er sich gegen § 31 ASVG idF des SV-OG "wegen Verstoßes gegen Art 18 B-VG" wendet, als unzulässig zurückzuweisen.

. Antrag 5.4. ist, soweit er die Aufhebung von § 538z Abs 6 dritter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 begehrt, wegen zu eng gewählten Anfechtungsumfanges unzulässig und daher in diesem Umfang zurückzuweisen, weil sich § 538z Abs 6 vierter Satz leg. cit., der nicht in die Anfechtung miteinbezogen wurde, auf den dritten Satz bezieht und in untrennbarem Zusammenhang mit diesem steht.

. Im Übrigen sind die Anträge, gegen deren Zulässigkeit auch die Bundesregierung keine Einwände erhoben hat und weil auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, zulässig, weshalb es sich erübrigt, auf allfällige diesbezügliche Eventualanträge (zu den Anträgen 4.4., 5.1. und 5.3.) einzugehen.

1.2. Zu G158/2019

1.2.1. Zu G158/2019 begehrt das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht die Aufhebung der § 15 und 20 PLABG aus Anlass einer Klage eines Betriebsrates nach § 54 Abs 1 ASGG.

1.2.2. Der Verfassungsgerichtshof erachtet sich nach ständiger Rechtsprechung als nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2.3. Der zu G158/2019 protokollierte Antrag des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht ist daher, da auch keine anderen Prozesshindernisse hervorgekommen sind, zulässig, weshalb es sich erübrigt, auf die diesbezüglichen Eventualanträge einzugehen.

1.3. Zu G177/2019

1.3.1. Zu G177/2019 begehrt der Betriebsrat der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse die Aufhebung der § 15 und 20 PLABG aus Anlass seiner Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , mit dem eine nach § 54 Abs 1 ASGG erhobene Klage des antragstellenden Betriebsrates abgewiesen wurde.

1.3.2. Gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach § 62a Abs 1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben. Ein auf Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß § 62 Abs 2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litd B-VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 20.010/2015, 20.029/2015).

1.3.3. Das Landesgericht Graz als Arbeits- und Sozialgericht hat sein Urteil vom auf § 15 PLABG bezogen. Der zu G177/2019 protokollierte Antrag des Betriebsrates der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse ist daher, da auch keine anderen Prozesshindernisse hervorgekommen sind, zulässig, weshalb es sich erübrigt, auf die diesbezüglichen Eventualanträge einzugehen.

1.4. Zu G193/2019

1.4.1. Gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003, 19.894/2014).

1.4.2. Die 113 Antragsteller zu G193/2019 – sie begehren die Aufhebung von § 420 Abs 6 Z 5, Abs 7 und Abs 8 sowie von § 718 Abs 7a ASVG idF BGBl I 100/2018 – bringen zu ihrer Antragslegitimation unter anderem vor, im Jahr 2019 auf Grundlage der § 538u, 538x und 538y ASVG idF BGBl I 100/2018 von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte als Versicherungsvertreter aus der Gruppe der Dienstnehmer in die Verwaltungskörper der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt entsandt worden zu sein; im Falle der Nichtablegung des Eignungstests iSd § 420 Abs 6 Z 5 ASVG idF BGBl I 100/2018 würden sie gemäß § 718 Abs 7a leg. cit. mit Ablauf des von ihrer Funktion als Versicherungsvertreter – und zwar vor Ablauf der Funktionsperiode – enthoben. Die angefochtenen Vorschriften würden unmittelbar und aktuell in ihre Rechtssphäre eingreifen, ein anderer zumutbarer Weg, die Bedenken geltend zu machen, sei nicht vorhanden.

1.4.3. Die Bundesregierung ist dieser Darlegung der Zulässigkeit des Antrags zu G193/2019 dem Grunde nach nicht entgegengetreten.

1.4.4. Gemäß § 538u Abs 1, § 538x Abs 1 und 3 sowie § 538y Abs 1 und 3 ASVG idF BGBl I 100/2018 waren die Versicherungsvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt bis "nach den Bestimmungen der § 420 ff. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018" zu entsenden; die Entsendung wird hinsichtlich der Hauptversammlungen und Landesstellenausschüsse mit "wirksam", hinsichtlich des Überleitungsausschusses für die Österreichische Gesundheitskasse bzw des Verwaltungsrates der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der Pensionsversicherungsanstalt bereits mit (siehe die § 538v, 538x Abs 2 und 538y Abs 2 leg. cit.). Gemäß § 718 Abs 7a ASVG idF des SV-OG ist "§420 Abs 6 Z 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 100/2018 […] auf Personen, die vor dem als Versicherungsvertreter/innen in einen nach dem genannten Bundesgesetz neu einzurichtenden Verwaltungskörper entsendet werden, so anzuwenden, dass der Nachweis der fachlichen Eignung bis längstens zum Ablauf des bei sonstiger Enthebung nach § 423 Abs 1 Z 5 zu erbringen ist".

1.4.5. Die bereits aktuelle Verpflichtung zum Nachweis der fachlichen Eignung bei ansonsten drohender Abberufung nach § 423 Abs 1 Z 5 iVm § 420 Abs 6 Z 5 ASVG idF BGBl I 100/2018 greift in die Rechtssphäre von Versicherungsvertretern ein (vgl VfSlg 17.023/2003). Ein Zuwarten auf die Einleitung eines Enthebungsverfahrens nach § 423 Abs 1 Z 5 ASVG ist nicht zumutbar (vgl VfSlg 12.331/1990, 19.352/2011). Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der zu G193/2019 protokollierte Antrag zulässig.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003, 19.894/2014).

Die Anträge sind teilweise begründet:

2.1. Zur Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen

2.1.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates wenden sich zunächst gegen die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse an sich. Sie bringen vor, das auch den Gesetzgeber bindende Effizienzprinzip (Hinweis auf VfSlg 14.473/1996, 14.474/1996) verpflichte diesen, "Selbstverwaltungskörper gemessen an den ihnen übertragenen Aufgaben zweckmäßig, dh so zu gestalten, dass eine diesen Grundsätzen entsprechende Verwaltungsführung gewährleistet" sei (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003). Eine "grundlegende Umgestaltung des Krankenversicherungssystems" bedürfe ökonomisch messbarer Vorteile, die nicht bloß zu behaupten, sondern auch näher zu belegen seien (Hinweis auf Berka in: Berka/Th. Müller/Schörghofer [Hrsg.], Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich [2019] 173). Die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zu einer bundesweiten Gesundheitskasse widerspreche dem Effizienzprinzip in mehrfacher Weise:

2.1.1.1. Sowohl die erhobenen Zufriedenheitswerte mit dem bestehenden System in der Bevölkerung als auch der selbst im europaweiten Vergleich niedrige Verwaltungskostenanteil der bestehenden Krankenversicherung würden deutlich machen, dass kein sachlicher Anlass zur Fusion bestünde.

2.1.1.2. Demgegenüber sei die Durchführung der Fusion nicht professionell und betriebswirtschaftlich nachteilig. Sie berge keine Vorteile, aber gravierende Nachteile. Während etwa für die Fusion der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter mit jener der Angestellten im Jahr 2003 ein Zeitraum von einem Jahr vorgesehen gewesen sei, solle nun eine "derart monströse Fusionierung" wie jene der neun "über ganz Österreich verteilte[n] Gebietskrankenkassen" binnen neun Monaten erfolgen. Dazu komme, dass nach § 538v Abs 1 zweiter Satz ASVG gerade jene Personen, die auf den Gebieten der Krankenversicherung und der Gebietskrankenkassen aus eigener Tätigkeit bewandert seien, von der Mitwirkung im Überleitungsausschuss ausgeschlossen wären. Die Fusion solle also nach dem Konzept des Gesetzgebers "von Personen durchgeführt werden, welche die Sozialversicherung nur von außen kennen". Einsparungen und andere Vorteile der Fusion seien bisher nicht dargestellt worden. Das behauptete Einsparungsziel sei in den Unterlagen zum Ministerialentwurf nicht auffindbar. Die Abschöpfung von Geldmitteln sei in der Wirkungsfolgenabschätzung nicht abgebildet. Erstmals in der Regierungsvorlage werde die Mittelabschöpfung mit zirka 700 Millionen Euro dargestellt. Die Einsparungen seien ohne nähere Erläuterung angegeben worden. Bei der Fusion der Pensionsversicherungsträger sei die Erfahrung gemacht worden, dass diese zu einer Kostenerhöhung geführt habe. Daraus habe auch der Rechnungshof klare Empfehlungen für künftige Fusionen von Sozialversicherungsträgern abgeleitet, wovon sich aber im SV-OG samt den Erläuterungen nichts finde. Daher werde auch bei der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen mit Kostenerhöhungen zu rechnen sein. Fusionsbedingte Aufwendungen und Mehraufwendungen durch eine Harmonisierung der Leistungen sowie der Verträge mit Leistungserbringern seien bisher "offenbar mit Grund" nicht nachvollziehbar dargestellt worden. Erfahrungen in Deutschland würden zeigen, dass die Verwaltung von Versicherungsträgern ab einer kritischen Größe von rund 800.000 Versicherten teurer würde. Weiters würden Mehrbelastungen auf Grund des SV-OG (etwa infolge von Neuregelungen zur Finanzierung von Privatkrankenanstalten oder infolge der Verschiebung von Finanzierungslasten von der Unfallversicherung in die Krankenversicherung) nicht vollständig dargestellt. Den gravierendsten Kritikpunkt "aus betriebswirtschaftlicher Sicht" bilde, dass die Effizienzsteigerungen im Personal- und Sachaufwand in der Höhe von einer Milliarde Euro ohne konkrete Berechnungsgrundlage geschätzt worden seien. "Seriöse Schätzungen" gingen nicht von einem Fusionsgewinn, sondern von einem Fusionsaufwand aus, der das Gesamtsystem finanziell erheblich belasten und zu Leistungskürzungen zwingen würde. Überdies müsse die Österreichische Gesundheitskasse einen Mittelentzug durch weitere einfachgesetzliche Anordnungen (etwa durch Art 19 SV-OG zum PRIKRAF-G oder durch den Entfall von § 319a ASVG) verkraften. Mehrkosten von geschätzt 500 Millionen Euro jährlich würden sich auch aus dem neuen Ärzte-Gesamtvertrag ergeben. Die Fusionskosten selbst seien mit geschätzt 100 Millionen Euro jährlich zu veranschlagen. Die im Zuge der Versendung des Ministerialentwurfes seitens der Bundesregierung kolportierte "Patientenmilliarde" sei eine "blanke Erfindung", zumal schon die gesamten Verwaltungskosten aller Krankenversicherungsträger im Jahr 2017 nur knapp 480 Millionen Euro (davon 286 Millionen Euro bei den Gebietskrankenkassen) betragen hätten und ein – ohnehin auch zu hinterfragendes – Gutachten im Auftrag der Wirtschaftskammer bloß ein Einsparungspotential bei Verwaltungskosten von 9 % (also 25 Millionen Euro) ergeben habe. Auch das Einsparungspotential hinsichtlich der Funktionsgebühren beruhe auf "puren Erfindungen". Die Schätzung der erwartbaren Pensionierungen von Sozialversicherungsmitarbeitern im Ausmaß von 30 % habe keine validen Berechnungsgrundlagen. Die Darstellung der Einsparungen in der Wirkungsfolgenabschätzung zum SV-OG sei weder begründet noch nachvollziehbar. Die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse verstoße somit eklatant gegen das aus dem Gleichheitssatz abzuleitende Effizienzprinzip. Sie sei geeignet, die Gesundheitsversorgung von sieben Millionen Personen nachhaltig zu gefährden. Zwar komme dem Gesetzgeber bei derartigen Maßnahmen ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu, dessen Wahrung aber voraussetze, dass die Maßnahme zumindest vertretbar erscheine. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen seien aber "in jeder Hinsicht unvertretbar".

2.1.2. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken entgegen, indem sie zunächst Zweifel hegt, ob Vorschriften des Staatsorganisationsrechtes überhaupt am Maßstab des Gleichheitssatzes (und des aus ihm abgeleiteten Sachlichkeitsgebotes) zu messen wären (Hinweis auf Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008] 275 ff.). Auch wenn man Regelungen der Staatsorganisation am Sachlichkeitsgebot zu messen habe, würde "eine straffere Gestaltung dieser Staatsorganisation per se das Gebot der Sachlichkeit" erfüllen. Zum Argument, wonach die Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger zur Österreichischen Gesundheitskasse nicht mit Einsparungen, sondern nur mit Kosten verbunden sei, hält die Bundesregierung fest, dass sich die Beurteilung der Sachlichkeit und Effizienz der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger weder aus einem Gesetzestext noch aus Erläuterungen hiezu ergeben könne. Einer im Gesetz oder in den Erläuterungen darzulegenden Planung der Zusammenlegung der Krankenversicherungsträger bedürfe es daher von vornherein nicht. Aus einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen ökonomischen Studie gehe hervor, dass die Tatsachenausführungen der Antragsteller unrichtig seien (die Studie wurde der Äußerung beigelegt und zum Inhalt der Äußerung erhoben). Lediglich eine Organisation, welche die Aufgabenbesorgung "verunmöglicht", könnte sich als unsachlich erweisen. Dies würden aber auch die Antragsteller nicht behaupten.

2.1.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates sind nicht berechtigt:

2.1.3.1. Die Gebietskrankenkassen sind (wie die Betriebskrankenkassen) als Sozialversicherungsträger Körperschaften öffentlichen Rechts (§32 ASVG) und Selbstverwaltungskörper iSd Art 120a ff. B-VG. Die Art 120a ff. B-VG garantieren nicht per se die Existenz von Gebietskrankenkassen (Wiederin, Verfassungsrechtliche Probleme des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes, RdM 2019, 239 [241]; vgl weiters VfSlg 19.919/2014; Mayer/Muzak, B-VG-Kommentar5 [2015] 417; Rill, Die Verankerung der Sozialpartner und ihres Dialogs in Art 120a Abs 2 B-VG, ZfV 2008, 730 [737]; Rill/Stolzlechner, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art 120a B-VG Rz 55 [6. Lfg. 2010]) und verbieten nicht deren Auflösung oder Zusammenlegung (vgl abermals nur zB Wiederin, RdM 2019, 241; allgemein Rill/Stolzlechner, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art 120a B-VG Rz 8 [6. Lfg. 2010]). Auch die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates behaupten nicht, dass die Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse jedenfalls gegen die Art 120a ff. B-VG verstoßen würde, etwa weil diesen Bestimmungen eine verfassungsrangige Bestandsgarantie zugunsten der Gebietskrankenkassen zu entnehmen wäre. Vielmehr vertreten sie die Auffassung, die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot in der Form des Effizienzgebotes. Mit diesem Vorbringen sind sie jedoch nicht im Recht.

2.1.3.2. Entgegen der Auffassung der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates liegt es prinzipiell im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des einfachen Gesetzgebers, eine ihm als rechtspolitisch zweckmäßig erscheinende Reform vorzunehmen und eine wenn auch bewährte Rechtslage durch eine ihm günstiger erscheinende zu ersetzen, ohne hiefür in jedem Fall einen äußeren, spezifischen "sachlichen Anlass" zu benötigen. Gleichzeitig ist es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, die rechtspolitischen Ziele und Schwerpunktsetzungen des Gesetzgebers einer rechtspolitischen Bewertung zu unterziehen. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu finden, dass der Gesetzgeber mit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse und mit den damit verknüpften Erwartungen wie Einsparungen und Effizienzsteigerungen diese ihm zustehende rechtspolitische Einschätzungsprärogative in einer Weise überschritten hätte, welche die Verfassungswidrigkeit zur Folge hätte.

2.1.3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem, auch auf das Effizienzprinzip Bezug nehmenden Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber infolge des Effizienzprinzips als einer besonderen Ausprägung des Sachlichkeitsgebotes obliege, "Selbstverwaltungskörper gemessen an den ihnen übertragenen Aufgaben zweckmäßig, dh so zu gestalten, dass eine diesen Grundsätzen entsprechende Verwaltungsführung gewährleistet ist". Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu finden, dass die Zusammenführung von neun länderweise eingerichteten Gebietskrankenkassen zu einer bundesweiten Gesundheitskasse zwangsläufig zur Folge hätte, dass eine zweckmäßige und effiziente Verwaltungsführung nicht mehr gewährleistet wäre.

2.1.3.4. Die kritisierten "Mittelabschöpfungen" von Krankenversicherungsträgern, die durch andere Reformpunkte des SV-OG (etwa durch die Reform von § 319a ASVG) erfolgen, stehen mit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen in keinem rechtlich zwingenden Zusammenhang und belasten diese daher nicht mit Verfassungswidrigkeit.

2.1.3.5. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass selbst unvollständige, in sich widersprüchliche oder nicht nachvollziehbare Gesetzesmaterialien oder solche Angaben in der bloß einfachgesetzlich vorgesehenen (§17 Bundeshaushaltsgesetz) "wirkungsorientierten Folgenabschätzung" ebenso wie auch (behauptetermaßen) politisch einseitige Darstellungen in der Gesetzwerdungsphase keine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes begründen, auf das sie Bezug haben.

2.1.4. Die von den antragstellenden Mitgliedern des Bundesrates gegen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen vorgebrachten Bedenken erweisen sich daher als nicht berechtigt.

2.2. Zur "Dienstgeber-Parität" in den Selbstverwaltungsorganen

2.2.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates begehren, § 426 und § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 sowie wegen untrennbaren Zusammenhanges auch § 430 leg. cit. wegen Verstoßes gegen die Art 120a ff. B-VG und das Sachlichkeitsgebot als verfassungswidrig aufzuheben. Ihre Bedenken begründen sie auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

2.2.1.1. Die Versicherungsträger seien die Selbstverwaltungskörper der Versicherten (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003). Nur die nach dem ASVG versicherten bzw leistungsberechtigten Personen seien "geborene" Mitglieder der Selbstverwaltung der Gebietskrankenkassen. Dienstgeber seien unter den für die Selbstverwaltung der Krankenversicherung unselbständig Erwerbstätiger maßgebenden Gesichtspunkten und ungeachtet ihrer mit den Dienstnehmern geteilten Beitragspflicht lediglich Außenstehende (Hinweis auf Müller in: Berka/Th. Müller/Schörghofer [Hrsg.], Die Neuorganisation der Sozialversicherung in Österreich [2019] 19). Der Gedanke der Unzulässigkeit der Erstreckung der Tätigkeit eines Selbstverwaltungskörpers auf Außenstehende (Hinweis auf VfSlg 17.869/2006) lasse sich insoweit umkehren, als in Organen des Selbstverwaltungskörpers, dessen hoheitliche Tätigkeit Rechte und Pflichten der Mitglieder begründen oder ändern würde, Außenstehende nicht beteiligt werden dürften (verfassungsrechtlich gebotene Identität von Verwalter und Verwalteten). Außenstehende seien Personen, die von den gemeinsam verwalteten (ausschließlichen oder überwiegenden) Interessen der Verwalteten rechtlich entweder überhaupt nicht oder nur am Rande oder nur von wirtschaftlichen Reflexwirkungen betroffen seien (Hinweis auf VfSlg 17.686/2005). Dies treffe auf Dienstgeber zu, die zu nicht einmal einem Drittel an der Mittelaufbringung in der Krankenversicherung beteiligt seien und objektiv keine rechtlich bedeutsamen Interessen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Versicherung aufweisen würden. Daher sei es an sich verfassungswidrig, wenn Dienstgeber an der Selbstverwaltung der Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen nach ASVG beteiligt würden. Keinesfalls aber dürfe Außenstehenden jedwede Mitsprache eingeräumt werden. Außenstehende dürften nicht als "gekorene" den "geborenen" Mitgliedern der Selbstverwaltung gleichgestellt werden. Außenstehenden dürfe daher kein maßgeblicher Einfluss auf die ordentliche Geschäftsführung des Selbstverwaltungskörpers zukommen. Die Repräsentation und Verfolgung der Interessen Außenstehender dürfe die Durchsetzung der Kerninteressen des Selbstverwaltungskörpers nach dem Maßstab des Sachlichkeitsgebotes nicht gefährden. Daraus folge die verfassungsrechtliche Grenze einer bloßen Minderheitsbeteiligung (gemessen am Verhältnis der Vertreterzahl) und der Einräumung eines nur schwachen Einflusses (ausgedrückt in Abstimmungsquoren). Es dürfe kein maßgebender Einfluss auf die Willensbildung und keine Blockade der Selbstverwaltungsorgane in Angelegenheiten der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit möglich sein. Bereits die bisherige Beteiligung der Arbeitgeber zu einem Fünftel der Mandate sei – gemessen am Verhältnis der (Dienstnehmer beschäftigenden) Dienstgeber zur Anzahl versicherter Dienstnehmer – als Entgegenkommen des Gesetzgebers zu werten (nach Grundsätzen der Verhältniswahl wäre nur ein Siebtel oder ein Achtel angemessen). Die noch geltende Fünftelbeteiligung wahre gerade noch die verfassungsrechtliche Grenze des Zulässigen. Aber auch wenn man – unzulässigerweise auf Grundsätze des Zensuswahlrechtes des 19. Jahrhunderts zurückgreifend – auf das Beitragsvolumen abstellen würde, komme man nicht annähernd zu einer Parität (sondern auf rund 28,9 % für das Jahr 2017). Nach dem Sachlichkeitsgebot läge es wesentlich näher, nicht die Dienstgeber, sondern die Pensionsbezieher, die wie Dienstnehmer nicht nur Beitragszahler, sondern auch Versicherte seien und die nach dem SV-OG vom Stimmrecht zur Gänze ausgeschlossen wären, mit Sitz und Stimme in die Selbstverwaltung einzubeziehen. Wenn eine so große Beitragszahler- und Versichertengruppe nicht stimmberechtigt sei, fehle umso mehr die sachliche Rechtfertigung für die paritätische Beteiligung der Dienstgeber, die für sich nur ins Treffen führen könnten, nicht einmal ein Drittel der Mittel beizusteuern, ansonsten aber nicht betroffen seien. Auch sei es nicht zulässig, vom im Jahr 2008 vom Verfassungsgesetzgeber vorgefundenen System der Selbstverwaltung (nämlich eine Zweidrittelmehrheit der Dienstnehmer in der Pensionsversicherung und eine Vierfünftelmehrheit in der Krankenversicherung), das dieser "im Rahmen der B-VG Novelle BGBl I Nr 2/2008 kodifizieren wollte", abzugehen. Das Sachlichkeitsgebot verpflichte dazu, die zweifache Interessenlage der Versicherten (als Beitragszahler und Leistungsempfänger) gegenüber der einfachen Interessenlage der Dienstgeber (als weitere Beitragszahler) zu berücksichtigen. Andernfalls würde jeglicher Maßstab für die demokratische Legitimation aufgegeben und – wenn weder die Zahl der Köpfe noch die unterschiedlichen Interessen berücksichtigt würden – die Verteilung der Mandate im Belieben des Gesetzgebers stehen. Es könne angesichts des Begriffes der Selbstverwaltung der Versicherten (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003) nicht sein, dass für die Mandatsverteilung in der Krankenversicherung der unselbständig Erwerbstätigen überhaupt kein Maßstab gelten solle. Auch im Vergleich zum zweiten Sozialversicherungsträger der Dienstnehmer, nämlich der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten, Eisenbahnen und Bergbau, bei der trotz gleicher Interessenlage von einem anderen Maßstab (nämlich 3:7; Hinweis auf § 138 B-KUVG) ausgegangen werde, liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Lediglich die versicherten Dienstnehmer der Österreichischen Gesundheitskasse und der Pensionsversicherungsanstalt dürften sich nicht selbst verwalten, sondern würden unter die Kuratel der Dienstgeber gestellt. Die Repräsentanz von 155.000 (Dienstnehmer beschäftigenden) Dienstgebern solle künftig über die Gesundheitsversorgung von rund 7,1 Millionen versicherter Dienstnehmer, Pensionisten und deren Angehörigen bestimmen. Dies widerspreche den Prinzipien der demokratischen Selbstverwaltung nach den Art 120a ff. B-VG im Sinn einer Verwaltung durch die Verwalteten.

2.2.1.2. Schon für sich allein verfassungswidrig sei § 430 Abs 2 ASVG idF des SV-OG, wonach im Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse bzw der Pensionsversicherungsanstalt sechsmonatlich abwechselnd ein Dienstgeber- bzw ein Dienstnehmervertreter den Vorsitz zu führen habe. Mit dieser Regelung würde der "'Machtübernahme' der Dienstgeber in der Selbstverwaltung der Versicherten insofern die Krone aufgesetzt", als die Dienstgeber die Selbstverwaltung der Dienstnehmer auf Grund der Geschäftsführungsbefugnis des Vorsitzenden sogar dominieren könnten. Dies insbesondere im Zusammenhang mit § 432 Abs 1 ASVG, wonach der Verwaltungsrat einzelne seiner Obliegenheiten dem Obmann übertragen könne. Entsprechendes gelte gemäß § 430 Abs 3a und Abs 4 leg. cit. auch für die Hauptversammlung und für die Landesstellenausschüsse. Verschärft werde das Problem noch dadurch, dass § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG den Dienstgebern den Vorsitz schon im Überleitungsausschuss übertrage, sodass die Übermacht der Dienstgeber vom bis zum andauere.

2.2.2. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken wie folgt entgegen:

2.2.2.1. Zunächst sei davon auszugehen, dass die Dienstgeber "Mitglieder" der Österreichischen Gesundheitskasse seien, da das ASVG ihnen die Stellung von Mitgliedern einräume. Fraglich könne nur sein, ob die Zusammenfassung von Dienstgebern und Dienstnehmern verfassungsrechtlich zulässig sei, wofür Voraussetzung sei, dass diese über ein gemeinsames Interesse verfügten. Die Einbeziehung der Dienstgeber in die Krankenversicherung werde herkömmlich damit begründet, dass diese auf Grund der Leistung von Beiträgen mit den beitragspflichtigen Versicherten ein gemeinsames Interesse an einer effizienten und kostengünstigen Krankenversicherung hätten (Hinweis auf Öhlinger, Die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, DRdA 2002, 191 [199]). Das Interesse der Dienstgeber gehe jedoch über diese Beitragsleistung hinaus: Gemäß § 133 Abs 2 ASVG solle durch die Krankenbehandlung die Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt werden. Dies zeige, dass die Dienstgeber neben ihrem finanziellen Interesse an der Krankenversicherung (ihre Beiträge möglichst niedrig zu halten) auch ein Interesse an der Arbeitskraft ihrer Dienstnehmer und damit an einer möglichst guten Krankenbehandlung hätten. In historischer Hinsicht sei darauf hinzuweisen, dass die Dienstgeber nach § 42 des Arbeiter-Krankenversicherungsgesetzes, RGBl. 33/1888, "berechtigt" waren, Betriebskrankenkassen einzurichten. Es gehe also um eine gemeinsame Verantwortung für eine funktionierende Versorgung der Dienstnehmer im Krankheitsfall. Außerdem träfen die Dienstgeber verschiedene Pflichten gegenüber dem Krankenversicherungsträger (etwa nach den § 33, 41 und 42 ASVG), weshalb sie auch ein Interesse an einer für sie effizienten Aufgabenbesorgung durch die Krankenversicherungsträger hätten. Der Gesetzgeber habe nicht nur hinsichtlich der Frage, wie die in einem Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personengruppe abzugrenzen sei, einen weiten Gestaltungsspielraum, sondern auch dahingehend, anzuordnen, wie die im Selbstverwaltungskörper zusammengefasste Personenmehrheit repräsentiert werde. Die Gewichtung der Stimmen der Dienstgeber sei dabei nicht zwingend am Anteil ihrer Beiträge zu messen, da nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes selbst eine "unterschiedliche Gewichtung der Stimmen und somit ein qualifiziertes Stimm- und Mitspracherecht bei Abstimmungen […] im Rahmen des (weiten) rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers in der nichtterritorialen Selbstverwaltung zulässig ist, wenn die unterschiedliche Gewichtung dem aus dem Gleichheitssatz erwachsenden Sachlichkeitsgebot genüge und mit dem sich aus Art 120a und Art 120c B-VG ergebenden demokratischen Prinzip vereinbar ist" (Hinweis auf VfSlg 19.751/2013). Durch die in § 426 Abs 1 ASVG vorgesehene paritätische Besetzung des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse durch Dienstnehmer und Dienstgeber sei offenbar nicht an die bloße Beitragsleistung der Dienstgeber in der Krankenversicherung, sondern an deren darüber hinausgehendes Interesse an der Krankenversicherung als solcher angeknüpft worden, weshalb § 426 Abs 1 ASVG nicht verfassungswidrig sei.

2.2.2.2. Ein Vergleich mit der Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau sei unzulässig, da unterschiedliche Selbstverwaltungskörper nicht miteinander verglichen werden könnten. Das zeige sich schon daran, dass eine Zusammenfassung von Personen bei der Österreichischen Gesundheitskasse nur im Versicherungszweig der Krankenversicherung erfolge, während die Zusammenfassung von Personen bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau in den Versicherungszweigen der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung erfolge. Zwar könne sein, dass die Dienstgeber auf Grund der Finanzierung der Unfallversicherung in der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau sogar in stärkerem Ausmaß vertreten sein müssten, dies werde jedoch durch die Zuständigkeit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau im Versicherungszweig der Pensionsversicherung wieder relativiert. Bei gesamthafter Betrachtung müsse dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zugestanden werden, die Organisation der Verwaltungskörper der Selbstverwaltung an praktischen Bedürfnissen zu orientieren, weshalb eine unterschiedliche Organisation der Sozialversicherungsträger selbst dann zulässig sein könne, wenn diese Leistungen derselben Versicherungszweige erbrächten, solange diese Organisationen nicht in sich unsachlich seien.

2.2.3. Gemäß § 419 ASVG idF des SV-OG sind die Verwaltungskörper der Versicherungsträger, sohin auch der Österreichischen Gesundheitskasse, ab der Verwaltungsrat, die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse am Sitz der Landesstellen. Die Verwaltungskörper bestehen gemäß § 420 Abs 1 ASVG idF des SV-OG aus Versicherungsvertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber. Gemäß § 426 Abs 1 ASVG idF des SV-OG setzen sich der Verwaltungsrat und die Landesstellenausschüsse bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ferner bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und bei der Pensionsversicherungsanstalt) ab je zur Hälfte aus Vertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber zusammen. Gemäß § 426 Abs 2 ASVG idF des SV-OG setzt sich die Hauptversammlung bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ferner bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und bei der Pensionsversicherungsanstalt) ab wie folgt zusammen: aus zwölf Dienstnehmer- und zwölf Dienstgebervertretern (wobei die ersten sechs Mitglieder der jeweiligen Gruppe die Mitglieder des jeweiligen Verwaltungsrates sind); aus den Vorsitzenden der jeweiligen Landesstellenausschüsse samt ihren Stellvertretern; schließlich aus jeweils drei Seniorenvertretern und jeweils drei Behindertenvertretern, denen jedoch gemäß § 435 Abs 4 ASVG idF des SV-OG bloß beratende Funktion zukommt. Insgesamt setzen sich der Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse aus 12 Versicherungsvertretern (§427 Z 1 ASVG idF des SV-OG), die Hauptversammlung aus 42 Versicherungsvertretern (§428 Z 1 leg. cit.) und die Landesstellenausschüsse aus 10 Versicherungsvertretern (§429 Z 1 leg. cit.) zusammen. Den Vorsitz im Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse führt halbjährlich abwechselnd ein Obmann aus der Gruppe der Dienstgeber bzw aus der Gruppe der Dienstnehmer (näher § 430 Abs 1 und 2 ASVG idF des SV-OG). Sinngemäß Entsprechendes gilt für die Vorsitzführung in der Hauptversammlung und in den Landesstellenausschüssen (§420 Abs 3a und 4 ASVG idF des SV-OG).

2.2.3.1. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates haben im Wesentlichen zwei Stoßrichtungen: Erstens seien Dienstgeber "Außenstehende", weshalb ihre Einbeziehung in Verwaltungskörper der als Selbstverwaltungseinrichtungen organisierten Versicherungsträger überhaupt fragwürdig sei. Zweitens verstoße die Parität von Dienstgeber- und Dienstnehmervertretern gegen die durch die Art 120a ff. B-VG für solche Selbstverwaltungseinrichtungen vorgegebenen demokratischen Grundsätze und das aus diesen Verfassungsbestimmungen abzuleitende Sachlichkeitsgebot. Damit sind die Antragsteller jedoch nicht im Recht:

2.2.3.2. Gemäß Art 120c Abs 1 B-VG sind die Organe der Selbstverwaltungskörper "aus dem Kreis ihrer Mitglieder" zu bilden. Demnach können (grundsätzlich) nur "Mitglieder" Organfunktionen in Selbstverwaltungskörpern wahrnehmen.

2.2.3.3. Nun bestimmt das ASVG nicht explizit, wer "Mitglied" des Selbstverwaltungskörpers Österreichische Gesundheitskasse ist. Aus § 420 Abs 3 ASVG idF des SV-OG ist aber abzuleiten, dass einem Versicherungsträger im Sinne des ASVG "pflichtversicherte Dienstnehmer/innen", "Dienstgeber/innen von solchen" sowie "freiwillig Versicherte" "angehören" (vgl bereits § 420 Abs 3 ASVG in der Stammfassung BGBl 189/1955), also – in der Begrifflichkeit des Art 120c Abs 1 B-VG – deren "Mitglieder" sind. "Mitversicherte" Personen (im Besonderen Familienangehörige) sind demnach zwar Begünstigte, aber ausweislich § 420 Abs 3 ASVG nicht Mitglieder des Krankenversicherungsträgers.

2.2.3.4. Nach dem Konzept des ASVG begründet also die Dienstnehmer- bzw Dienstgebereigenschaft die Zugehörigkeit zum Versicherungsträger. Die Sozialversicherung in der Österreichischen Gesundheitskasse ist gesetzlich somit als Selbstverwaltung des Personenkreises der Dienstgeber und der (aktiven) Dienstnehmer gestaltet. Dies entspricht den historischen Wurzeln dieser Versicherung, hat sich doch die Krankenversicherung insbesondere auf Betriebsebene entwickelt. Dies wurde in der Folge auch in jenen Fällen beibehalten, in denen die Krankenversicherung schon historisch früh auf eine überbetriebliche Ebene gehoben wurde, um den Versicherungsschutz von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kleinerer Betriebe abzukoppeln (siehe zur historischen Entwicklung nur Hofmeister, Ein Jahrhundert Sozialversicherung in Österreich [1981] ua 55 ff., 118 ff.).

2.2.3.5. Diese Ausgestaltung der (gebietsbezogenen) sozialen Krankenversicherung nach dem ASVG hat der Verfassungsgesetzgeber der Art 120a ff. B-VG vorgefunden. Es ist nicht anzunehmen, dass der Verfassungsgesetzgeber diese vorgefundene traditionelle Form der sozialen Selbstverwaltung als gemeinsame Selbstverwaltung von Dienstnehmern und Dienstgebern grundsätzlich in Frage stellen wollte (vgl AB 370 BlgNR 23. GP, 5, wo – im Zusammenhang mit der Aufsicht – ausdrücklich auf die Sozialversicherung nach dem ASVG Bezug genommen wird).

2.2.3.6. Aus der historischen Entwicklung der allgemeinen Krankenversicherung als Selbstverwaltung der Krankenbehandlung der Versicherten durch den Personenkreis der Dienstgeber und Dienstnehmer erklärt sich auch, dass die Organe des Selbstverwaltungskörpers Österreichische Gesundheitskasse im Sinne des Art 120c Abs 1 B-VG in der sozialen Selbstverwaltung indirekt oder "abgeleitet" in dem Sinn bestellt werden, dass Versicherungsvertreter (nicht aus der Mitte der, der Österreichischen Gesundheitskasse angehörenden Dienstnehmer und Dienstgeber unmittelbar, sondern) aus dem Kreis dort gewählter Funktionsträger der zuständigen öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen der Dienstnehmer und Dienstgeber entsendet werden (siehe mit ausführlicher Begründung VfSlg 17.023/2003; diese Konstruktion der abgeleiteten demokratischen Legitimation wurde in Art 120c Abs 1 B-VG ebenso grundsätzlich akzeptiert wie der Mitgliederkreis der sozialen Selbstverwaltung).

2.2.3.7. An der prinzipiellen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Repräsentation der Dienstgeber in den Sozialversicherungsträgern nach ASVG besteht sohin kein Zweifel.

2.2.3.8. Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 17.023/2003 ausgeführt, dass diese abgeleitete demokratische Legitimation in der sozialen Selbstverwaltung unter der Maßgabe steht, "dass die gebotene Intensität der Mitwirkung jener, deren Angelegenheiten in Selbstverwaltung geführt werden sollen, an der Kreation der Organe des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers nicht ohne Blick auf die dem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben bestimmt werden kann und auch von den potenziellen Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Rechtssphäre seiner Mitglieder abhängt".

2.2.3.9. Art 120c Abs 1 B-VG räumt dem Gesetzgeber bei der konkreten Ausgestaltung der demokratischen Repräsentation in den Organen des Versicherungsträgers einen erheblichen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum ein. Diesen hat der Gesetzgeber mit der Anordnung der Parität von Dienstgebern und Dienstnehmern in § 426 ASVG idF des SV-OG nicht überschritten: Die Aufgabe des Versicherungsträgers Österreichische Gesundheitskasse liegt darin, "für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen" (§23 Abs 2 ASVG). Für die Beurteilung der die "Intensität der Mitwirkung" bestimmenden "potentiellen Auswirkungen" dieser Tätigkeit auf die Rechtssphäre der Dienstnehmer einer- und der Dienstgeber andererseits ist sowohl die Beitrags- als auch die Leistungsseite der Tätigkeit des Versicherungsträgers in den Blick zu nehmen. Zwar betrifft nur die Dienstnehmer als "Versicherte" der Krankenversicherung die Leistungsseite elementar im Hinblick auf ihre Interessen an der Vorsorge für ihre Krankenbehandlung, doch kommt auch hier den Dienstgebern ein gewisses Kontroll- und Effizienzsicherungsinteresse zu. Auf der Beitragsseite sind demgegenüber sowohl Dienstgeber als auch Dienstnehmer durch ihre Beitragsleistung betroffen, hier leisten die Dienstgeber ebenso wie die Dienstnehmer einen Beitrag aus dem gemeinsamen Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die nach dem ASVG Versicherten heraus. Angesichts dieser Beitragsleistung und der besonderen Aufgabenkonstellation der Allgemeinen Sozialversicherung hat der Gesetzgeber den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er angesichts der spezifisch sozialpartnerschaftlichen Anknüpfung bei der abgeleiteten Repräsentation in den Organen des Versicherungsträgers Österreichische Gesundheitskasse eine Parität von Dienstgebern und Dienstnehmern vorsieht. Als Fortschreibung dieser Parität auf Vorsitzebene bestehen dann aber unter den genannten Voraussetzungen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die abwechselnde Vorsitzführung in den verschiedenen Verwaltungskörpern (§430 Abs 2, 3a und 4 ASVG idF des SV-OG).

2.. Auch aus dem von den antragstellenden Mitgliedern des Bundesrates gezogenen Vergleich mit dem B-KUVG und der dort geregelten Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau lässt sich für die Antragsteller nichts gewinnen, handelt es sich dabei doch um ein eigenständiges Regelungssystem, dessen Ausgestaltung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt (vgl VfSlg 13.634/1993 mwN).

2.. Der Antrag, die § 426 und 430 ASVG idF BGBl I 100/2018 als verfassungswidrig aufzuheben, ist daher abzuweisen.

2.3. Zum "Eignungstest"

2.3.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates begehren, § 420 Abs 6 Z 5, Abs 7 und Abs 8 sowie § 718 Abs 7a ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verstoßes gegen Art 120c Abs 1 B-VG und gegen das Sachlichkeitsgebot als verfassungswidrig aufzuheben:

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates erachten diese Anforderungen als verfassungswidrig, weil sie den bei der indirekten Wahl bzw Entsendung aus dem Kreis der versicherten Personen zu beachtenden demokratischen Grundsätzen (Art120c Abs 1 B-VG) widersprächen. Demokratischen Grundsätzen liege das theoretische Modell der so weit wie möglich gezogenen Identität von Herrschern und Beherrschten zugrunde; politische Gleichheit sei ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Idee. Grundlegende demokratische Grundsätze seien auch bei der Regelung der Entsendungsfähigkeit zu beachten. Zwar schließe Art 120c Abs 1 B-VG nicht aus, mit Blick auf die Aufgabenstellung der Selbstverwaltung bestimmte in der Person gelegene Eigenschaften der Versicherungsvertreter (zB Unbescholtenheit, Eigenberechtigung) vorauszusetzen. Es dürften aber keine Voraussetzungen normiert werden, welche den in Frage kommenden Personenkreis "aus dem Kreis der Versicherten" so weit einschränkten, dass diese nur eine kleine Minderheit der zu Repräsentierenden erfülle, sodass die überwältigende Mehrheit der Versicherten vom Recht, entsendet zu werden, ohne Ablegung der Prüfung ausgeschlossen bleibe. § 420 Abs 6 Z 5 ASVG idF BGBl I 100/2018 widerspreche diesen Anforderungen der Bestellung "aus dem Kreis der Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen" aus drei Gründen: Erstens werde eine fachliche Eignung verlangt, über die der Kreis derer, aus deren Mitte die Entsendung stattfinden müsse, mit der Ausnahme weniger Spezialisten nicht verfüge, sondern die über 90 % der Versicherten erst erwerben müssten. Zweitens sei die Regelung aber auch "inhaltlich völlig überzogen". Die fachliche Eignung erfordere den Erwerb hochspezialisierter juristischer Kenntnisse auf allen Gebieten des Sozialversicherungsrechtes und des Bundeshaushaltsrechtes, die schon deshalb sachlich nicht gerechtfertigt seien, weil es in den Organen der Selbstverwaltung in erster Linie auf die legitimierende Repräsentation der Interessen ankomme, denen das spezifische fachliche Know-How – soweit erforderlich – vom Büro beigestellt werde. Drittens sei es für die demokratische Legitimation typisch, dass die fachlichen Qualitäten ausschließlich von jenen zu beurteilen seien, die eine Liste aufstellten, die sich zur Wahl stelle, oder aus dem Kreis der Versicherten eine Entsendung vornehmen würden. Nur die Entsendeberechtigten hätten zu beurteilen, von welchen Personen eine bestmögliche Wahrnehmung der Interessen der versicherten Personen zu erwarten sei, nicht aber eine Kommission welcher Experten auch immer und unter welchem organisatorischen Dach auch immer. Der Vollzug der die demokratische Legitimation von Selbstverwaltungskörpern sicherstellenden Regelungen habe daher auch durch Organe der Selbstverwaltung zu erfolgen, weshalb die Regelung über die Bestellung der Mitglieder der Prüfungskommission durch die nach § 420 Abs 7 ASVG bestimmte Bundesministerin jedenfalls als verfassungswidrig zu qualifizieren sei.

2.3.2. Die zu G193/2019 antragstellenden 113 Versicherungsvertreter wenden sich der Sache nach mit entsprechenden Argumenten gegen § 420 Abs 6 Z 5, Abs 7 und Abs 8 sowie § 718 Abs 7a ASVG jeweils idF BGBl I 100/2018.

2.3.3. Die Bundesregierung vertritt demgegenüber die Auffassung, eine Verletzung von Art 120b Abs 1 B-VG könne nur dann vorliegen, wenn durch eine staatliche Stelle das Recht eines Selbstverwaltungskörpers auf selbständige Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Art 120a Abs 1 B-VG schlechthin verneint werde. Die Bundesregierung verkenne nicht, dass dem Selbstverwaltungsbegriff nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Befugnis zur Bestellung der eigenen Organe aus der Mitte der Verbandsangehörigen verfassungsrechtlich innewohne (Hinweis auf VfSlg 8644/1979, 13.012/1992, 17.023/2003). Allerdings schließe das Recht der sonstigen Selbstverwaltungskörper auf selbständige Wahrnehmung ihrer Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich keineswegs auch mit ein, die Modalitäten der Organkreation selbständig und völlig frei festzulegen. Vielmehr gehe aus den Vorgaben des Art 120c Abs 1 B-VG sowie der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003, 17.951/2006, 19.751/2013) hervor, dass auch ein gewisses staatliches Interesse an der Bildung der Organe der Selbstverwaltung bestehe. Eine Verordnung wie die in Rede stehende, mit der sowohl die Organisation der Prüfungskommission als auch die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen näher ausgestaltet würden, sei Ausdruck dieses staatlichen Interesses, wodurch das Recht auf Selbstverwaltung jedoch nicht schlichtweg verneint werde.

Den Bedenken einer Verletzung demokratischer Grundsätze hält die Bundesregierung entgegen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht geboten sei, Wahlen in Selbstverwaltungsorgane nach denselben Grundsätzen zu regeln, die bundesverfassungsgesetzlich für staatliche und kommunale Wahlen gelten würden (Hinweis auf VfSlg 8590/1979, 17.023/2003). Vielmehr habe die Gesetzgebung bei der Ausgestaltung der demokratischen Legitimation der Selbstverwaltungsorgane, denen "entscheidungswichtige Aufgaben" übertragen seien, im Rahmen ihres weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes auf die dem Selbstverwaltungskörper übertragenen Aufgaben und die potentiellen Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Rechtssphäre seiner Mitglieder Bedacht zu nehmen (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003). Es gelte zu bedenken, dass im Gegensatz zu allgemeinen Vertretungskörpern nichtterritoriale Selbstverwaltungskörper – selbst wenn sie eine hohe Anzahl von Mitgliedern hätten – stets nur einen nach bestimmten persönlichen Eigenschaften definierten und damit abgegrenzten Personenkreis erfassen würden, der an der Setzung von speziell für diesen Personenkreis geltendem Recht beteiligt werde. In diesem Sinn seien die durch die soziale Selbstverwaltung Repräsentierten innerhalb dieser nicht ganz allgemein als (Staats-)Bürger, sondern als Versicherte zusammengefasst.

Aufgabe der sozialen Selbstverwaltung sei die autonome Organisation der Vollziehung der gesetzlich geregelten Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung von der Beitragseinhebung bis zur Leistungserbringung. Den in das Amt der Versicherungsvertreter entsendeten Personen komme bei der Erfüllung dieser Aufgabe eine Rolle zu, die eine hohe fachliche Eignung voraussetze. Es sei daher gerechtfertigt, für den Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung – der auch einen wesentlichen gesamtwirtschaftlichen Faktor darstelle (Ausgaben im Ausmaß von 17 % des BIP) – mittels Eignungstest klare inhaltliche Anforderungen an die fachliche Eignung der Versicherungsvertreter zu stellen, um ein hohes und gleichzeitig einheitliches Wissensniveau dieser Personen zu gewährleisten.

Da eine Verordnung iSd § 420 Abs 8 ASVG noch nicht erlassen worden sei und ihr möglicher Inhalt daher noch nicht feststehe, gingen schließlich Bedenken der Antragsteller hinsichtlich der mittels Verordnung zu bestimmenden konkreten Anforderungen an die fachliche Eignung ins Leere.

2.3.4. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates und der 113 antragstellenden Versicherungsvertreter sind begründet:

2.3.4.1. Nach § 420 Abs 1 ASVG idF des SV-OG bestehen die Verwaltungskörper der Versicherungsträger, das sind der Verwaltungsrat, die Hauptversammlung und die Landesstellenausschüsse, aus Vertretern der Dienstnehmer und der Dienstgeber, mithin aus den Versicherungsvertretern. Welche Personen entsprechend § 421 ASVG idF des SV-OG in die Verwaltungskörper entsandt werden können, regeln die Abs 2, 3 und 6 des § 420 leg. cit. Demnach sind etwa Personen von der Funktion als Versicherungsvertreter ausgeschlossen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die vom Wahlrecht in die gesetzgebenden Organe ausgeschlossen sind. § 420 Abs 6 Z 5 ASVG idF des SV-OG schließt ab aber auch Personen von der Entsendung in das Amt eines Versicherungsvertreters aus, deren fachliche Eignung nicht durch den Besuch einer regelmäßig vom Dachverband durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter samt erfolgreich absolviertem Eignungstest nachgewiesen ist. Auf Personen, die vor dem als Versicherungsvertreter in einen nach dem ASVG idF des SV-OG neu einzurichtenden Verwaltungskörper entsendet werden, ist § 420 Abs 6 Z 5 leg. cit. so anzuwenden, dass der Nachweis der fachlichen Eignung bis längstens zum Ablauf des bei sonstiger Funktionsenthebung nach § 423 Abs 1 Z 5 ASVG zu erbringen ist (§718 Abs 7a ASVG idF des SV-OG).

Die Prüfungskommission, die den Eignungstest durchzuführen hat, ist gemäß § 420 Abs 7 ASVG beim Dachverband einzurichten; als Mitglieder der – aus drei Personen bestehenden – Prüfungskommission sind von der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen fachkundige Bedienstete dieser Ministerien für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Aus § 420 Abs 8 ASVG idF des SV-OG ergeben sich folgende Prüfungsfächer: "Organisationsrecht der Sozialversicherung", "Strukturen der Selbstverwaltung und Aufsichtsrecht", "Rechte und Pflichten der Versicherungsvertreter/innen", "Leistungsrecht der Kranken-, Unfall-, und Pensionsversicherung", "Melde-, Versicherungs- und Beitragswesen", "Finanzierungsströme der öffentlichen Hand", "Grundzüge der Buchhaltung und Bilanzierung sowie volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen". Das Nähere über die Organisation der Prüfungskommission sowie über die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzulegen (§420 Abs 8 letzter Satz ASVG idF des SV-OG).

2.3.4.2. Vorauszuschicken ist, dass der Verfassungsgerichtshof – insoweit ist der Äußerung der Bundesregierung auch zu folgen – mit Blick auf die Fragestellung, ob Sachverstand in Angelegenheiten der Sozialversicherung von den zu entsendenden Personen in der Weise und in dem Ausmaß verlangt werden kann, wie es die angefochtenen Bestimmungen des Abs 6 Z 5 (absolvierter Eignungstest), Abs 7 (Prüfungskommission bestellt durch die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz als Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen) und Abs 8 (Zusammensetzung der Prüfungskommission, Festlegung der Prüfungsgegenstände und Verordnungsermächtigung für die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen über die Organisation der Prüfungskommission sowie über die Gestaltung des Lehrplanes und die Anrechenbarkeit gleichwertiger Ausbildungsteile oder beruflich erworbener Qualifikationen) des § 420 ASVG idF des SV-OG vorsehen, keine Veranlassung sieht, von seiner Rechtsprechung zu Art 120c B-VG abzuweichen.

Gemäß Art 120c Abs 1 B-VG sind die Organe der Selbstverwaltungskörper aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind (jedenfalls) die mit "entscheidungswichtigen Aufgaben und Befugnissen" betrauten Organe des Selbstverwaltungskörpers (die leitenden Organe, vgl VfSlg 11.469/1987) von diesem "autonom" (VfSlg 8644/1979), dh aus der Mitte seiner Angehörigen bzw für die soziale Selbstverwaltung "abgeleitet" (oben IV.2.2.3.6.; VfSlg 17.023/2003), zu bestellen, um demokratisch legitimiert zu sein. Diese demokratische Bestellung der Organe entspricht einem Kerngedanken der Selbstverwaltung (vgl VfSlg 17.023/2003 mwN).

Allgemeine Ausschlussgründe für in diese Organe zu entsendende Mitglieder vorzusehen, ist dem Gesetzgeber zwar nicht schlechthin verwehrt, doch darf – abgesehen davon, dass diese Ausschlussgründe sachlich zu sein haben – keine Anforderung vorgesehen werden, die geeignet wäre, eine Entsendung nach demokratischen Grundsätzen zu konterkarieren. Damit könnte sich nämlich der Gesetzgeber – und hier im konkreten Fall sogar die verordnungserlassende Behörde – über das verfassungsrechtliche Gebot des Art 120c Abs 1 B-VG hinwegsetzen.

Dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, bei der Regelung der Entsendung von Versicherungsvertretern auf fachliche Qualifikationen Bedacht zu nehmen (vgl dazu die Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP, 16; vgl auch hinsichtlich der besonderen Sachkunde bei Mitgliedern von Kollegialbehörden VfSlg 14.362/1995 mwH). Dass er jedoch ein Instrumentarium in Form einer Prüfung mit von außerhalb des Selbstverwaltungskörpers festgelegten (überzogenen, wohl weit über das Notwendige hinausgehenden) Inhalten durch eine außerhalb des Selbstverwaltungskörpers einzurichtende Prüfungskommission schafft, verstößt hinsichtlich der einzelnen Elemente, jedenfalls jedoch in einer Zusammenschau gegen Art 120c Abs 1 B-VG, geht dies doch weit über die bis zum Inkrafttreten des SV-OG bestehende, verfassungsrechtlich unbedenkliche Voraussetzung der "fachlichen Eignung" hinaus.

2.3.4.3. Hingegen bestehen allein gegen die Verpflichtung, ein Mindestmaß an fachlicher Eignung durch den Besuch einer vom Dachverband regelmäßig durchzuführenden Informationsveranstaltung für angehende Versicherungsvertreter nachzuweisen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weshalb in § 420 Abs 6 Z 5 ASVG idF des SV-OG lediglich die Wortfolge "samt erfolgreich absolviertem Eignungstest" und die damit untrennbar verbundenen Abs 7 und 8 leg. cit. als verfassungswidrig aufzuheben sind. § 718 Abs 7a ASVG, der bloß an § 420 Abs 6 Z 5 leg. cit. anknüpft, begegnet bei dieser bereinigten Rechtslage keinen verfassungsrechtlichen Bedenken mehr.

2.4. Zu den Aufsichtsbefugnissen des Bundes

2.4.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates bringen Bedenken gegen mehrere Befugnisse der Aufsichtsbehörde vor:

2.4.1.1. Zunächst begehren sie, die Wortfolge "sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen" in § 449 Abs 2 erster Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 als verfassungswidrig aufzuheben: Diese Regelung sei verfassungswidrig, da die gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsmittel der Zweckmäßigkeitskontrolle nicht zu "eingriffsintensiv" sein dürften. Staatliche Aufsicht dürfe nicht selbst die Verwaltungsführung vornehmen. Zwar lasse das SV-OG § 449 Abs 1 ASVG insofern unberührt, als die Zweckmäßigkeitskontrolle auf wichtige Angelegenheiten beschränkt werde, jedoch definiere § 449 Abs 2 ASVG idF des SV-OG diese "wichtigen" Angelegenheiten auf eine Weise, welche es der Aufsichtsbehörde – entgegen Art 120b Abs 1 B-VG – gestatte, in die laufende Geschäftsführung eines Sozialversicherungsträgers nach Belieben einzugreifen. Bei einem jährlich bewegten Budget von über 15 Milliarden Euro allein in der Krankenversicherung zählten Beschlüsse, die 10 Millionen Euro in einem oder gar nur in fünf Jahren "bewegen", zum Alltagsgeschäft eines großen Versicherungsträgers wie der Österreichischen Gesundheitskasse. Damit würden praktisch alle für die Erfüllung des Versorgungsauftrages relevanten Beschlüsse in das Aufsichtsregime einbezogen. Eingriffe in das Alltagsgeschäft kämen aber einem unzulässigen Eingriff in die Geschäftsführungstätigkeit des Versicherungsträgers gleich.

Dazu komme, dass eine betragsmäßige Fixierung, die den budgetären Verhältnissen des jeweiligen Versicherungsträgers nicht angepasst sei, auch dem Gleichheitssatz widerspreche. Die Betragsgrenze gelte in ganz gleicher Weise, obwohl diese Grenze bei "krass unterschiedlichen" Trägerbudgets eine entsprechend unterschiedliche Bedeutung für das tägliche Geschäft habe. Es handle sich also um eine geradezu klassische verfassungswidrige Gleichbehandlung von Ungleichem.

2.4.1.2. Weiters sei es gleichheitswidrig, wenn in § 448 Abs 4 zweiter Satz ASVG dem Vertreter des Bundesministers für Finanzen, der nicht Aufsichtsbehörde sei, gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers ein suspensives Einspruchsrecht nicht nur – wie bisher – in Angelegenheiten eingeräumt werde, die die finanziellen Interessen des Bundes berühren, sondern auch in wichtigen Fragen iSd § 449 Abs 2 leg. cit., wenn also finanzielle Interessen des Bundes offenbar gar nicht berührt seien, sondern wenn auf andere Weise gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen werde, im Ergebnis daher in Angelegenheiten, die nicht einmal zum Vollzugsbereich des Bundesministers für Finanzen gehörten.



2.4.1.3. Ein unzulässiger Eingriff in die Selbstverwaltung liege aber auch in § 449 Abs 4 vorletzter und letzter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018, wonach die Aufsichtsbehörde ohne näher determinierte rechtliche Voraussetzungen (nach dem Gesetzeswortlaut genüge ein bloßes "Verlangen") die Beschlussfassung über einen Tagesordnungspunkt jedenfalls zweimal verhindern und damit in allen Angelegenheiten, die der Beschlussfassung eines Kollegialorganes bedürften, nach Belieben verzögern könnte. Diese nicht determinierte Ermächtigung zum Eingriff in die Geschäftsführung der demokratisch legitimierten Kollegialorgane der Selbstverwaltung in allen Angelegenheiten widerspreche sowohl Art 120b Abs 1 B-VG als auch dem Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG.

2.4.2. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken wie folgt entgegen:

2.4.2.1. Gemäß Art 120b Abs 1 B-VG komme dem Bund gegenüber den Sozialversicherungsträgern nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung ein Aufsichtsrecht zu. Darüber hinaus könne sich das Aufsichtsrecht auch auf die Zweckmäßigkeit der Verwaltungsführung erstrecken, wenn dies auf Grund der Aufgaben der Sozialversicherungsträger erforderlich sei. Die Zweckmäßigkeitsaufsicht des Bundes sei von Verfassungs wegen nicht auf "wichtige Fragen" iSd bisherigen § 449 Abs 1 ASVG beschränkt, sondern habe sich innerhalb der Schranken des Art 120b Abs 1 B-VG zu bewegen. Auch könne eine gesetzliche Definition, was unter "wichtigen Fragen" der Zweckmäßigkeitsaufsicht zu verstehen sei, nicht per se die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung bewirken, da es logisch keinen Unterschied mache, ob die Auslegung der "wichtigen Fragen" iSd bisherigen § 449 Abs 1 ASVG Organen der Vollziehung überlassen werde oder ob das Gesetz diese Auslegung selbst vornehme. Aus den Materialien zu Art 120b B-VG ergebe sich unmissverständlich, dass die Aufgaben der Sozialversicherung als solche angesehen worden seien, die eine Zweckmäßigkeitsaufsicht erforderlich machen würden (Hinweis auf AB 370 BlgNR 23. GP, 5). Als Begründung könne dafür ins Treffen geführt werden, dass die Aufsicht umso intensiver sein müsse, je mehr Finanzmittel der Selbstverwalteten umgesetzt würden. Die Literatur stelle § 449 ASVG und Art 120b Abs 1 B-VG in einen Zusammenhang; es müsse allerdings beachtet werden, dass sich § 449 ASVG und Art 120b Abs 1 B-VG hinsichtlich der Zweckmäßigkeitsaufsicht unterscheiden würden. Während § 449 ASVG die Zweckmäßigkeitsaufsicht auf "wichtige Fragen" beschränke, enthalte Art 120b Abs 1 B-VG kein solche Einschränkung. Voraussetzung der Zulässigkeit für die Einführung einer Zweckmäßigkeitsaufsicht sei einzig, dass diese "auf Grund der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erforderlich" sei. Daraus folge, dass die Zweckmäßigkeitsaufsicht – sofern sie verfassungsrechtlich vorgesehen werden dürfe (weil es die Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erfordern würden) – aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht auf "wichtige Fragen" beschränkt sei (wenn auch der einfache Gesetzgeber eine solche zusätzliche Einschränkung vorsehen könne); vielmehr komme dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wenn die Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers es hingegen nicht erfordern würden, dürfe eine Zweckmäßigkeitsaufsicht – und zwar auch in "wichtigen Fragen" – nicht vorgesehen werden. Da es die Aufgaben der Sozialversicherung erfordern (Hinweis auf AB 370 BlgNR 23. GP, 5), träfen die Bedenken nicht zu.

Angesichts seines Gestaltungsspielraumes könne der Gesetzgeber die Einhaltung der generellen Ziele der Sozialversicherung (Zielsteuerung gemäß § 441f ASVG), die noch dazu mit der Aufsichtsbehörde vorab abgestimmt werden müssten, als "wichtige Frage" qualifizieren. Entsprechendes gelte für die Angelegenheiten nach § 432 Abs 3 ASVG, die allein schon durch ihre erhöhten Beschlusserfordernisse hervorgehoben seien. Zur Festlegung, dass Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen das Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen, als wichtige Fragen nunmehr ausdrücklich dem Aufsichtsregime unterstellt seien, sei zu bemerken, dass die Aufsichtsbehörde Beschlüsse in einer derartigen Größenordnung schon bislang auf ihre Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit prüfen habe können. Die Häufigkeit solcher Beschlüsse möge sich zum Teil aus dem einer Kasse zur Verfügung stehenden Gesamtbudget ergeben. Beschlüsse, die das Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren überstiegen, kämen nicht nur im Vertragspartnerbereich (wie dies zB bei der Österreichischen Gesundheitskasse im Hinblick auf den großen Versichertenkreis zu erwarten sein werde) vor. In der Regel stünden Beschlüsse über Maßnahmen in dieser Größenordnung im Zusammenhang mit der Neuanschaffung oder der Verpflichtung zur Erhaltung oder Erneuerung vorhandener technischer oder baulicher Infrastruktur. Beschlüsse über derartige Maßnahmen stünden vor allem bei Trägern mit einer Vielzahl an eigenen Einrichtungen überproportional häufiger auf der Tagesordnung als bei Trägern, die nur wenige eigene Einrichtungen aufwiesen. Das (fiktive) Gesamtbudget der Österreichischen Gesundheitskasse für 2019 (15,2 Milliarden Euro) möge zwar im Vergleich mit den Budgetansätzen der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt hoch erscheinen. Das Budget der Pensionsversicherungsanstalt übersteige hingegen jenes der Österreichischen Gesundheitskasse um mehr als das Doppelte. Damit gehe die Behauptung, dass die Österreichische Gesundheitskasse auf Grund ihres hohen Budgetvolumens durch die festgelegte 10-Millionen-Euro-Grenze im Vergleich mit anderen Versicherungsträgern überdurchschnittlich stark betroffen sei, ins Leere. Auch hier gelte, dass durch den Verweis auf § 449 Abs 1 ASVG und die darin normierte Einschränkung, dass durch diese Prüfung in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger bzw des Dachverbandes nicht unnötig eingegriffen werden solle, sichergestellt sei, dass sich die Prüfung auf eine Grobprüfung beschränke und die Eigenständigkeit des Selbstverwaltungskörpers gewahrt bleibe.

2.4.2.2. Zum Einspruchsrecht nach § 448 Abs 4 ASVG bringt die Bundesregierung vor, dass die Zulässigkeit der Zweckmäßigkeitsaufsicht in keinem Zusammenhang mit der Frage stehe, wem diese Zweckmäßigkeitsaufsicht zustehe. Ein verfassungsrechtliches "Gebot zur Vermeidung einer Doppelgleisigkeit der Verwaltung" bestehe nicht, wie die Zulässigkeit von Regelungen betreffend das Einvernehmen zweier Bundesminister zeige.

2.4.2.3. Zu § 449 Abs 4 ASVG vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Vertreter der Aufsichtsbehörde auf Grundlage eines internen Erlasses schon bislang aus verwaltungsökonomischen Gründen darauf hinzuwirken gehabt hätten, dass Anträge auf offenbar nicht rechtskonforme oder in einer wichtigen Frage nicht zweckmäßige Beschlüsse entweder erst gar nicht auf die Tagesordnung gesetzt oder zurückgestellt, also de facto von der Tagesordnung genommen und vertagt werden, um Einsprüche nicht erforderlich zu machen. Bislang seien die von den Vertretern der Aufsichtsbehörde zu setzenden "einspruchsvermeidenden" Verhaltensweisen nicht explizit gesetzlich geregelt gewesen. Der Umstand, dass den Aufsichtsbehörden durch Erlässe schon bisher bestimmte Handlungsoptionen vorgegeben worden seien, um im Fall nicht rechtskonformer, überraschender oder bedenklicher Beschlüsse angemessen reagieren zu können, ohne sofort Einspruch erheben zu müssen, zeige, dass schon immer ein Bedarf an gelinderen, einspruchsvermeidenden Mitteln bestanden habe. Die zweimalige Möglichkeit der Vertagung solle sicherstellen, dass problematische Punkte mit der Aufsichtsbehörde (bzw dem Bundesministerium für Finanzen) schon im Vorfeld ausreichend abgeklärt werden könnten. Da sie ein gelinderes Mittel zum Einspruchsrecht des Ministerialvertreters darstellten, seien sie auch nicht unverhältnismäßig.

2.4.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates zu Teilen der § 448 f. ASVG idF des SV-OG sind teilweise begründet:

Art120b Abs 1 zweiter Satz B-VG räumt dem Bund bzw dem Land gegenüber jedem Selbstverwaltungskörper nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ein Aufsichtsrecht "hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung" ein. Darüber hinaus kann sich das Aufsichtsrecht gemäß Art 120b Abs 1 dritter Satz B-VG auch auf die Zweckmäßigkeit der Verwaltungsführung erstrecken, "wenn dies auf Grund der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erforderlich ist". Das B-VG unterscheidet demnach zwischen einer, an keine weiteren Voraussetzungen (als der einfachgesetzlichen Determinierung) geknüpften Rechtmäßigkeitsaufsicht und einer Zweckmäßigkeitsaufsicht, die der einfache Gesetzgeber vorsehen darf, wenn diese auf Grund der Aufgaben des Selbstverwaltungskörpers erforderlich ist. Angesichts der Gesetzesmaterialien (AB 370 BlgNR 23. GP, 5), wonach "in Sonderfällen in Abhängigkeit von der Art der wahrzunehmenden Aufgaben (vgl § 449 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl Nr 189/1955, in der Fassung des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2003, BGBl I Nr 145) – soweit erforderlich – auch eine Zweckmäßigkeitskontrolle vorgesehen werden" könne, ist davon auszugehen, dass die vorgesehene Zweckmäßigkeitskontrolle nur teilweise zulässig ist:

2.4.3.1. Nach § 449 Abs 1 ASVG idF des SV-OG "kann" die Aufsichtsbehörde ihre Aufsicht (auch) "auf Fragen der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erstrecken. Sie soll sich in diesen Fällen auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger und des Dachverbandes nicht unnötig eingreifen. Die Aufsichtsbehörde kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben". § 449 Abs 2 ASVG idF des SV-OG definiert den Begriff der "wichtige[n] Fragen" in demonstrativer Aufzählung. Zu wichtigen Fragen zählen demnach (auch) "Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen".

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates bringen dagegen vor, dass solche Beschlüsse bei einem jährlich bewegten Budget von über 15 Milliarden Euro allein in der Krankenversicherung "zum Alltagsgeschäft" zählten, dass aber Eingriffe in das Alltagsgeschäft als Eingriffe in die Geschäftsführungstätigkeit des Versicherungsträgers unzulässig wären.

Mit diesem Vorbringen sind die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates im Ergebnis im Recht: Die Ermächtigung zur Zweckmäßigkeitsaufsicht bezieht sich nach § 449 Abs 2 ASVG jedenfalls auf Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen von 10 Millionen Euro in fünf Jahren (die alternative Bezugnahme auf ein Jahr hat angesichts des Fünfjahreszeitraumes keine normative, einschränkende Bedeutung). Ist schon die Betragsgrenze von 10 Millionen Euro bei einem von den Antragstellern ins Treffen geführten Jahresbudget von 15 Milliarden Euro in der Krankenversicherung, dem die Bundesregierung nicht entgegengetreten ist, als niedrig anzusetzen, führt jedenfalls die Bezugnahme auf einen Wirkungszeitraum von fünf Jahren dazu, dass damit im Ergebnis nahezu alle Dispositionen jenseits von Einzelfallentscheidungen in Leistungssachen erfasst werden. Wenn sich aber die Zweckmäßigkeitsaufsicht infolge dieser Wertgrenze nahezu auf die gesamte Gebarung der Sozialversicherungsträger abseits bloßer Einzelfallentscheidungen bezieht, kann nicht mehr davon die Rede sein, dass diese Zweckmäßigkeitsaufsicht auf das Maß des "Erforderlichen" im Sinne von Art 120b Abs 1 B-VG beschränkt ist.

Die Wortfolge "sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen" in § 449 Abs 2 ASVG idF des SV-OG ist daher wegen Widerspruches zu Art 120b Abs 1 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

2.4.3.2. Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz übt nach § 448 Abs 1 ASVG idF des SV-OG die Aufsicht des Bundes über die Versicherungsträger aus. Sie kann Bedienstete ihres Ministeriums mit der Aufsicht über die Versicherungsträger betrauen, aber auch der Bundesminister für Finanzen kann einen Vertreter zu den Sitzungen der Verwaltungskörper entsenden (§448 Abs 3 leg. cit.). § 448 Abs 4 erster Satz ASVG idF des SV-OG ermächtigt sowohl den Vertreter der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz als auch den Vertreter des Bundesministers für Finanzen, gegen Beschlüsse eines Verwaltungskörpers einen Einspruch mit aufschiebender Wirkung zu erheben. Beide Vertreter können einen Einspruch mit finanziellen Interessen des Bundes oder (beschränkt auf die Fälle des § 449 Abs 2 ASVG) mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, (nur) der Vertreter der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auch mit Rechtswidrigkeit des Beschlusses begründen. In allen Fällen entscheidet letztlich die Aufsichtsbehörde (Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) über den Einspruch endgültig (§448 Abs 4 letzter Satz ASVG). Bei Einsprüchen von Behördenvertretern nach § 448 Abs 4 ASVG idF des SV-OG handelt es sich demnach nicht um Bescheide, sondern um vorläufige, unselbständige Anordnungen, die letztlich in Bescheide der Aufsichtsbehörde münden.

Art120b Abs 1 B-VG lässt dem Gesetzgeber einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, auch den Bundesminister für Finanzen bzw seine Vertreter in die Führung der Aufsicht über die Versicherungsträger nach ASVG miteinzubeziehen. Der Verfassungsgerichtshof hält es vor dem Hintergrund der spezifischen rechtlichen und fachlichen Expertise des Bundesministeriums für Finanzen auch nicht für unsachlich, wenn Vertreter dieses Bundesministeriums ermächtigt werden, Einsprüche nicht nur bei einer Gefährdung der finanziellen Interessen des Bundes, sondern (im Anwendungsbereich von § 449 Abs 2 ASVG) darüber hinaus auch bei Verstößen gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erheben. Die vorgebrachten Bedenken gegen § 448 Abs 4 zweiter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 treffen nicht zu.

2.4.3.3. Nach § 449 Abs 4 ASVG sind die Aufsichtsbehörde, der mit der Aufsicht betraute Bedienstete der Aufsichtsbehörde und der Vertreter des Bundesministers für Finanzen von jeder Sitzung ebenso wie die Mitglieder dieser Verwaltungskörper in Kenntnis zu setzen; es sind ihnen auch die diesen zur Verfügung gestellten Behelfe (Tagesordnung, Ausweise, Berichte und andere Behelfe) zu übermitteln. Auf Verlangen des Vertreters der Aufsichtsbehörde oder des Vertreters des Bundesministers für Finanzen ist die Beschlussfassung zu bestimmten Tagesordnungspunkten zu vertagen. Gemäß § 449 Abs 4 letzter Satz ASVG kann dieses Verlangen für ein und denselben Tagesordnungspunkt höchstens zweimal erfolgen.

Diese Aufsichtsbefugnis, die Vertagung bestimmter Tagesordnungspunkte einer Sitzung eines Verwaltungskörpers zu verlangen, ist im Zusammenhang mit den anderen Aufsichtsbefugnissen des VI. Abschnittes des Achten Teiles des ASVG zu sehen. Insbesondere besteht gemäß § 448 Abs 4 ASVG idF des SV-OG eine Ermächtigung des Vertreters der Aufsichtsbehörde bzw des Bundesministers für Finanzen, unter jeweils näher geregelten Voraussetzungen Einspruch gegen Beschlüsse der Verwaltungskörper zu erheben. Nach § 449 Abs 3 ASVG idF des SV-OG sind der Aufsichtsbehörde auf Verlangen alle Bücher, Rechnungen, Belege, Urkunden, Wertpapiere, Schriften und sonstige Bestände vorzulegen und alle zur Ausübung des Aufsichtsrechtes geforderten Mitteilungen zu machen.

Der Aufsichtsbehörde stehen damit nicht nur im Vorfeld einer Sitzung eines Verwaltungskörpers entsprechende Informationsrechte zu, sondern sie verfügt auch im Wege des Einspruchsrechtes – dessen Ausübung zur Folge hat, dass der Vorsitzende eines Verwaltungskörpers die Durchführung des Beschlusses, gegen den Einspruch erhoben wurde, vorläufig aufzuschieben und die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen hat – über ein Instrument, die Umsetzung von Beschlüssen zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof unter Berücksichtigung der Bedeutung zeitlicher Aspekte bei der Verwaltungsführung durch Beschlüsse in den Verwaltungskörpern keine sachliche Notwendigkeit dafür zu erkennen, dass die Aufsichtsbehörde befugt ist, Beschlüsse nicht inhaltlich zu beurteilen, sondern schlicht anlass- und begründungslos die Vertagung von Tagesordnungspunkten zu erwirken.

Der vorletzte und der letzte Satz des § 449 Abs 4 ASVG idF des SV-OG stellen daher einen sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten durch die Verwaltungskörper der Versicherungsträger dar und sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2.5. Zu den "Mustergeschäftsordnungen"

2.5.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates begehren die Aufhebung von § 456a Abs 2 und 4 ASVG idF BGBl I 100/2018 wegen Verstoßes gegen Art 18 Abs 1 und Art 120b Abs 1 B-VG als verfassungswidrig und begründen ihre Bedenken wie folgt: Gemäß § 456a Abs 4 ASVG idF des SV-OG habe die zuständige Bundesministerin bis längstens durch Verordnung für den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung eine "Mustergeschäftsordnung" aufzustellen. Nach dem letzten Satz des § 456a Abs 4 leg. cit. sollten diese Mustergeschäftsordnungen so lange "unmittelbar als Geschäftsordnungen" für diese Verwaltungskörper gelten, bis von diesen eine Geschäftsordnung erlassen werde. Die Erlassung einer Geschäftsordnung für die Organe der Selbstverwaltung sei jedoch eine innere Angelegenheit der Selbstverwaltung und von der Satzungsbefugnis iSd Art 120b Abs 1 B-VG mit umfasst. Die Befugnis für ein staatliches Organ, eine für die Versicherungsträger und den Dachverband verbindliche Mustergeschäftsordnung zu erlassen, widerspreche den verfassungsrechtlichen Garantien der Selbstverwaltung, weshalb § 456a Abs 4 ASVG idF des SV-OG verfassungswidrig sei. Dies gelte daher auch für die mit der Erlassung einer Mustergeschäftsordnung korrespondierende Genehmigungspflicht (gegenüber der bisherigen Verpflichtung, die Geschäftsordnungen bloß zur Kenntnis zu bringen) in § 456a Abs 2 leg. cit.

2.5.2. Die Bundesregierung entgegnet, dass die Selbstverwaltungskörper auch bei Besorgung von Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches an das Legalitätsprinzip gebunden seien. Wären die näheren Vorgaben betreffend die Geschäftsordnungen durch Gesetz getroffen worden, wäre die "Satzungsautonomie" der Versicherungsträger keine andere als nach der geltenden Rechtslage. Dass Selbstverwaltungskörper bei Erlassung von Verordnungen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches an Verordnungen einer staatlichen Behörde gebunden würden, sei im Übrigen kein Spezifikum der angefochtenen Bestimmung, sondern komme in der Rechtsordnung an verschiedenen Stellen vor (etwa bei Bindung der Gemeinden bei Erlassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen an die Rechtsakte der überörtlichen Raumplanung; Hinweis auf VfSlg 11.626/1988, 14.616/1996). Mit Erlassung der Geschäftsordnung des Versicherungsträgers würde die Geltung der Mustergeschäftsordnung enden. Es liege daher in der Sphäre des Versicherungsträgers, ob eine staatliche Verordnung an Stelle der eigenen Geschäftsordnung gelte. Bei der vorläufigen Geltung der Mustergeschäftsordnung an Stelle der Geschäftsordnung des Versicherungsträgers handle es sich um das Aufsichtsmittel der Ersatzvornahme. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Zulässigkeit einer ersatzweisen Verordnungserlassung durch die Aufsichtsbehörde in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches eines Selbstverwaltungskörpers sprächen.

2.5.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates sind teilweise berechtigt:

2.5.3.1. Gemäß § 456a Abs 1 ASVG idF des SV-OG haben die einzelnen Verwaltungskörper der Versicherungsträger und des Dachverbandes Geschäftsordnungen zu beschließen. § 456a Abs 2 erster Satz leg. cit. stellt diese Geschäftsordnungen und ihre Änderungen unter aufsichtsbehördlichen Genehmigungs-vorbehalt. Gemäß § 456a Abs 4 ASVG idF des SV-OG hat(te) die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz bis längstens durch Verordnung für den Verwaltungsrat und die Hauptversammlung gesonderte Mustergeschäftsordnungen aufzustellen, die so lange unmittelbar als Geschäftsordnungen für die genannten Verwaltungskörper gelten, "bis für den einzelnen Verwaltungskörper eine Geschäftsordnung nach Abs 1 erlassen worden ist". Gemäß § 456a Abs 2 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG ist die Genehmigung für Geschäftsordnungen der Verwaltungskörper (nur) zu erteilen, "wenn die Grundsätze der jeweiligen Mustergeschäftsordnung eingehalten werden".

2.5.3.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt zunächst keine Bedenken gegen § 456a Abs 4 ASVG idF des SV-OG, handelt es sich bei dieser Bestimmung doch nur um eine übergangsweise angeordnete Substitution für die von den Verwaltungskörpern ansonsten selbst zu erlassenden Geschäftsordnungen, "um die sofortige Handlungsfähigkeit der im Zuge der Organisationsreform neu zu errichtenden Verwaltungskörper sicherzustellen" (so die Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP, 20). Auch wenn der Verfassungsgerichtshof die Wirkung des diesbezüglichen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsvorbehaltes nicht verkennt, haben es die Verwaltungskörper grundsätzlich selbst in der Hand, die Dauer der unmittelbaren Geltung der Mustergeschäftsordnung als Geschäftsordnung kurz zu halten, indem sie alsbald ihre eigene Geschäftsordnung erlassen (vgl Wiederin, RdM 2019, 247).

2.5.3.3. Weiters vermag der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er in § 456a Abs 2 ASVG idF des SV-OG einen Genehmigungsvorbehalt (an Stelle einer Anzeigepflicht) für Geschäftsordnungen der Verwaltungskörper der sozialen Selbstverwaltung vorsieht. Indem der Gesetzgeber die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung aber daran knüpft, dass "die Grundsätze der jeweiligen Mustergeschäftsordnung eingehalten werden", und die Bundesministerin den Organen der Selbstverwaltungskörper damit wesentliche Teile von deren Geschäftsordnungen vorgeben kann, greift der Gesetzgeber in verfassungswidriger Weise in die Satzungsautonomie der Versicherungsträger ein.

2.5.3.4. § 456a Abs 2 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2.6. Zur Übertragung von Aufgaben an das Büro

2.6.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates begründen ihre Bedenken gegen die "Zwangsdelegation von Aufgaben der Selbstverwaltung an das Büro" damit, dass die Anordnung (§432 Abs 1 dritter Satz, § 456a Abs 2 letzter Satz und Abs 3 ASVG), bestimmte Angelegenheiten jedenfalls dem Büro zu übertragen, die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Selbstverwaltung (Art120a ff. B-VG) über Gebühr und unsachlich beschränke. Nach VfSlg 17.023/2003 müssten zumindest wichtige Organe der Selbstverwaltung demokratisch legitimiert und allen anderen, demokratisch nicht legitimierten Organen weisungsmäßig übergeordnet sein. Zur Weisungs- und Steuerungsbefugnis der Selbstverwaltung zähle auch die Entscheidung darüber, welche Angelegenheiten dem Büro zur selbständigen Erledigung übertragen würden bzw diesem wieder abgenommen würden. Die Pflicht zur Delegation bestimmter Angelegenheiten an das demokratisch nicht legitimierte Büro greife in die innere Organisationsbefugnis der obersten Organe der Selbstverwaltung ein und entziehe diese Angelegenheit dadurch weitgehend dem unmittelbaren Einfluss der Selbstverwaltung und damit "auch der politischen Kontrolle der Aufsichtsbehörde". Das zeige schon der Umstand, dass das Büro zwar dem Verwaltungsrat halbjährlich Bericht zu erstatten habe, dass aber weder dem Verwaltungsrat noch der Hauptversammlung noch den Versicherungsvertretern Rechte eingeräumt seien, die § 436 ASVG aF der Kontrollversammlung zugestanden habe, nämlich Rechte auf Einschau, auf Auskunft etc. Das offenbar gesetzlich angestrebte Modell einer Kapitalgesellschaft, in der die Aufgaben der Selbstverwaltungsorgane – einem Aufsichtsrat ähnlich – stark reduziert und die Organe der Selbstverwaltung überdies der Kontroll- und Überwachungsrechte entkleidet seien, sodass nahezu die gesamte Geschäftsführungsmacht unkontrolliert und unkontrollierbar beim Büro liege, widerstreite dem verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass die wichtigen Organe demokratisch legitimiert sein müssten. Durch die zwingende Übertragung fast aller Personal- und Geschäftsführungsbefugnisse und damit des gesamten Leistungsrechtes auf das Büro (bei gänzlicher Freistellung von allen Kontroll- und Einsichtsbefugnissen) werde das Büro in Wahrheit zu jenem wichtigen Organ, das demokratisch legitimiert zu sein hätte, es aber nicht sei. Das "Aufsichtsratsmodell" widerspreche klar dem Konzept der Selbstverwaltung, das der Verfassungsgesetzgeber 1920 bzw 1929 und bei der Schaffung der Art 120a ff. B-VG vorgefunden habe "und kodifiziert wissen wollte". Daran ändere auch das Wort "tunlichst" nichts: Die wahre Absicht des Gesetzgebers ergebe sich klar aus § 456a Abs 3 ASVG, wonach die Delegation der Angelegenheiten zwingend im Anhang zur Geschäftsordnung vorzukommen habe. Schon der im Grunde des Begriffes "tunlichst" liegende Verlust des freien Ermessens der Organe der Selbstverwaltung in der Delegationsfrage stelle nicht nur einen verfassungswidrigen Eingriff in den Kernbereich der Selbstverwaltung, sondern auch den Verlust der Möglichkeit, Angelegenheiten wieder an sich zu ziehen, dar. Diese Möglichkeit sei aber essentiell dafür, dass auch delegierte Angelegenheiten der wirksamen Kontrolle der Aufsicht unterliegen könnten, da sich diese ausschließlich auf die Selbstverwaltungsorgane und nicht auf das Büro bezögen. Es liege ein Systemwiderspruch darin, wenn einerseits die Zweckmäßigkeitsaufsicht auf alltägliche Geschäftsführungsmaßnahmen ausgedehnt werden solle, andererseits aber der Selbstverwaltung zentrale Kompetenzen der Geschäftsführung und der Personalbewirtschaftung zugunsten des Büros entzogen werden sollten.

2.6.2. Die Bundesregierung gibt demgegenüber zu bedenken, dass eine Verpflichtung zur Übertragung bestimmter Aufgaben auf das Büro gesetzlich nicht vorgesehen sei. Die Anordnung, wonach der Verwaltungsrat bestimmte Aufgaben "tunlichst" zu übertragen habe, begründe keine solche Verpflichtung, da es dem Verwaltungsrat möglich sei, sich auch solche Aufgaben vorzubehalten. Hinsichtlich der behaupteten fehlenden demokratischen Legitimation des Büros sei darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um keinen Verwaltungskörper, sondern um einen Geschäftsapparat des Selbstverwaltungskörpers handle, der dem Verwaltungsrat gegenüber verantwortlich sei und Aufgaben unbeschadet der Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates besorge. Aus dem Gebot der demokratischen Legitimation der Organe der Selbstverwaltungskörper folge nicht, dass diese alle Aufgaben auch selbst besorgen müssten, sondern sie könnten sich zur Besorgung ihrer Aufgaben auch (für sich demokratisch nicht legitimierter) Geschäftsapparate bedienen.

2.6.2.1. § 432 ASVG idF des SV-OG regelt die Aufgaben des Verwaltungsrates und die Vertretung des Versicherungsträgers. Gemäß Abs 1 erster Satz leg. cit. obliegt dem Verwaltungsrat die Geschäftsführung, soweit diese nicht gesetzlich der Hauptversammlung oder einem Landesstellenausschuss zugewiesen ist, weiters die Vertretung des Versicherungsträgers sowie die Vorbereitung der in der Hauptversammlung zu treffenden Beschlüsse. Nach dem zweiten Satz leg. cit. ist der Verwaltungsrat ermächtigt, einzelne seiner Obliegenheiten dem Obmann "und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungsträgers [zu] übertragen". Gemäß dem (neuen) dritten Satz in § 432 Abs 1 leg. cit. "hat" der Verwaltungsrat näher aufgelistete Aufgaben "unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit und seiner Weisungsbefugnis" "tunlichst dem Büro zu übertragen".

2.6.2.2. Im Zusammenhang damit steht § 456a Abs 3 ASVG idF des SV-OG, wonach die Geschäftsordnungen der Verwaltungsräte Anhänge zu enthalten haben, in denen der Zeitpunkt und der Wortlaut ihrer Beschlüsse anzuführen sind, mit denen sie einzelne ihrer Obliegenheiten dem Obmann oder die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungsträgers übertragen haben. Diese Anhänge sind unter anderem im Internet zu verlautbaren.

Nähere Organisationsvorschriften für die Büros der Versicherungsträger, die § 419 ASVG idF des SV-OG auch nicht zu deren Verwaltungskörpern zählt, enthält das ASVG (wie schon bisher) nicht (vgl demgegenüber § 441e ASVG idF des SV-OG zum Büro des Dachverbandes).

2.6.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt vor diesem rechtlichen Hintergrund die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates nicht:

2.6.3.1. Es kann im gegebenen Zusammenhang dahinstehen, ob die Übertragung von Geschäften an das Büro (§432 Abs 1 ASVG) als Delegation oder als Mandat zu deuten ist (in diesem Punkt unterscheidet sich die Rechtslage idF des SV-OG auch nicht von der bislang geltenden Rechtslage; vgl § 434 Abs 1 ASVG idF vor dem SV-OG). In keinem dieser Fälle bedarf das Büro als weisungsgebundenes Hilfsorgan der in Art 120c Abs 1 B-VG für "Organe" geforderten demokratischen Legitimation. Der verfassungsrechtlich gebotene demokratische Legitimationszusammenhang wird durch Zugriffsbefugnisse, insbesondere das Weisungsrecht, des demokratisch legitimierten Verwaltungsrates hergestellt, der die Gebarung des Büros nach § 432 Abs 1 ASVG idF des SV-OG zu verantworten hat. Im Unterschied zur bisherigen Kontrollversammlung, der § 436 ASVG idF vor dem SV-OG (bloß) einzelne Ingerenzrechte eingeräumt hat, bedarf der Verwaltungsrat einer Zuschreibung solcher Einzelbefugnisse nicht, ist er doch (im Unterschied zur bisherigen Kontrollversammlung) umfassend weisungsberechtigt und auch legitimiert, übertragene Geschäfte wieder an sich zu ziehen. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, inwiefern mit dieser Gestaltung eine Einschränkung von Aufsichtsbefugnissen der Aufsichtsbehörde verbunden sein sollte, unterliegt doch die gesamte Gebarung der Sozialversicherungsträger der staatlichen Aufsicht.

2.6.3.2. Im Unterschied zur bisherigen Rechtslage sieht allerdings § 432 Abs 1 dritter Satz ASVG vor, dass die dort aufgelisteten Angelegenheiten "tunlichst", wenn auch bei voller Verantwortung und Weisungsbefugnis des Verwaltungsrates, dem Büro zu übertragen sind. Damit ist keine bedingungslose Verpflichtung angeordnet. Vielmehr soll die Übertragung lediglich nach Tunlichkeit erfolgen; damit kann eine Übertragung, wenn es dem Verwaltungsrat untunlich erscheint, auch unterbleiben und der Verwaltungsrat kann die Übertragung auch wieder zurücknehmen. Auch § 456a Abs 3 ASVG idF des SV-OG führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis, soll diese Bestimmung doch lediglich Transparenz über erfolgte Übertragungen sicherstellen: § 456a Abs 3 ASVG verpflichtet zu den dort vorgesehenen Maßnahmen, wenn eine Übertragung erfolgt ist (setzt also eine Übertragung voraus), liefert allerdings kein Argument dafür, dass Übertragungen bedingungslos zu erfolgen haben. Das folgt auch daraus, dass schon § 456a Abs 3 ASVG idF vor dem SV-OG eine gleichsinnige Regelung enthielt, obwohl die Rechtslage vor dem SV-OG noch keine "tunlichste" Übertragung kannte.

2.6.3.3. Die gegen § 432 Abs 1 dritter Satz und § 456a Abs 2 und 3 ASVG idF des SV-OG vorgebrachten Bedenken hinsichtlich eines Verstoßes gegen die Organisationsgrundsätze der Art 120a ff. B-VG und gegen das Sachlichkeitsgebot treffen daher nicht zu.

2.7. Zur Auflassung der Kontrollversammlung

2.7.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates monieren, der Gesetzgeber habe bei allen Sozialversicherungsträgern die Kontrollversammlung abgeschafft, ohne ein adäquates Organ der inneren Kontrolle vorzusehen. Die Kontrollversammlung sei seit Beginn der gesetzlichen Sozialversicherung im Jahre 1888 (unter der damaligen Bezeichnung als "Überwachungsausschuss" nach den § 14 ff. Arbeiter-Krankenversicherungsgesetz, RGBl. 33/1888) fixer Bestandteil der sozialen Selbstverwaltung. Die soziale Selbstverwaltung bewege nicht nur ungewöhnlich hohe Geldsummen, sondern habe auch die Aufgabe, mit diesen Mitteln existenzielle Bedürfnisse der Versicherten zu befriedigen. Daher sei ein für die essentielle Kontrolle der Gebarung derart bedeutsames Element der Selbstverwaltung auch Voraussetzung für deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit. Nur dies entspreche jener Grundstruktur, in welcher der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 die soziale Selbstverwaltung vorgefunden, sie der Verfassungsgerichtshof als unbedenklich befunden und sie die Art 120a ff. B-VG implizit kodifiziert hätten. Ein Sozialversicherungsträger ohne ein derartiges Kontrollgremium widerspreche daher den Grundsätzen der Selbstverwaltung, wie sie in den Art 120a ff. B-VG kodifiziert seien, und sei auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

2.7.2. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken wie folgt entgegen: Den Antragstellern sei zwar zuzustimmen, dass die neuen Organisationsstrukturen keine Kontrolle des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger durch ein Gremium wie die bisherige Kontrollversammlung vorsehe, allerdings sei stattdessen ein "effizienteres System der Kontrolle" eingerichtet worden, das zum einen in einem Ausbau der internen Revision und zum anderen in einer verstärkten Aufsicht bestehe. Überdies dürften bestimmte Beschlüsse nur mit qualifizierter Mehrheit gefasst werden, womit ein Ersatz für das Zustimmungsrecht der Kontrollversammlung zu bestimmten Beschlüssen geschaffen worden sei. In Summe werde das Kontrollrecht nicht verringert, sondern ausgebaut. Dies schlage sich zwar nicht in der Organstruktur nieder, vermeide aber eine doppelte Beschlussfassung in Vorstand und Kontrollversammlung (in der bisherigen Praxis sei die Entscheidungsfindung schwerfällig gewesen, habe aber kein Mehr an Kontrolle gebracht, zumal die Beschlüsse dieser Organe durch nahezu die gleichen Organisationseinheiten des Büros vorbereitet worden seien). Schließlich sei auch noch die Pflicht zur Vorlage des Rechnungsabschlusses an das zuständige Bundesministerium (§444 Abs 1 ASVG) zu erwähnen.

2.7.3. Den Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates betreffend die Beseitigung der Kontrollversammlung (§§419 Abs 1 Z 3, 429 und 436 f. ASVG idF vor dem SV-OG) ist entgegenzuhalten, dass die Art 120a ff. B-VG – im Gegensatz zu Art 117 Abs 1 B-VG über die territoriale Selbstverwaltung – keinen Mindeststandard an Organen von sonstigen Selbstverwaltungskörpern festsetzen, sodass dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bleibt. Vor dem Hintergrund dieses systematischen Befundes zum B-VG sowie des Umstandes, dass auch die Gesetzesmaterialien (vgl AB 370 BlgNR 23. GP, 5, wonach die "Ausgestaltung" von Selbstverwaltungskörpern, im Besonderen deren "organisatorische Struktur", dem einfachen Gesetzgeber obliegen soll) keine anderen Hinweise enthalten, kann der Verfassungsgerichtshof auch nicht finden, dass mit der B-VG-Novelle BGBl I 2/2008 der damals einfachgesetzlich vorgefundene Bestand an Organen von sozialen Selbstverwaltungskörpern gleichsam – wie die Antragsteller meinen – "kodifiziert" worden wäre.

2.8. Zur Zielsteuerung Sozialversicherung

2.8.1. Gemäß § 441f Abs 1 ASVG idF BGBl I 100/2018 hat die Konferenz des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger zur Koordinierung des Verwaltungshandelns der Versicherungsträger "im Rahmen ihrer Zuständigkeit Ziele zu beschließen" und sich dabei eines "Zielsteuerungssystems entsprechend den Weisungen nach § 444 Abs 5 [leg. cit.] zu bedienen". Gemäß § 441f Abs 2 leg. cit. hat die Konferenz spätestens im Dezember jedes Jahres gesundheits- und sozialpolitische Ziele für das folgende Kalenderjahr und für eine mittelfristige Periode zu beschließen. Das "Zielsteuerungssystem" hat gemäß § 441f Abs 3 ASVG idF BGBl I 100/2018 "jedenfalls strategische Ziele, operative Ziele sowie Maßnahmen und Kennzahlen zu enthalten, wobei jedenfalls Finanzziele und Verwaltungskostenziele/Verwaltungskostensenkung, gegebenenfalls ein Verwaltungskostendeckel, gesondert für jeden Sozialversicherungsträger und den Dachverband vorzusehen sind". Der Vorsitzende der Konferenz hat dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie dem Bundesministerium für Finanzen laufend über die Erarbeitung der strategischen und operativen Ziele zu berichten; vor der Beschlussfassung nach Abs 1 leg. cit. sind die Ziele mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie dem Bundesminister für Finanzen "abzustimmen" (§441f Abs 4 ASVG idF des SV-OG).

Darüber hinaus "ist für die Österreichische Gesundheitskasse zwischen der Hauptstelle und den Landesstellen für das Verwaltungshandeln ein Zielsteuerungssystem zu implementieren" (§441f Abs 5 ASVG idF des SV-OG).

Gemäß § 444 Abs 5 Z 3 ASVG idF BGBl I 100/2018 hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ua "Weisungen" für "die Zielsteuerung nach § 441f und deren Evaluierung (Abs3) hinsichtlich deren Struktur und Prozesse" zu erlassen.

Die Zweckmäßigkeitsaufsicht der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz über die Versicherungsträger und den Dachverband bezieht sich insbesondere auf "die Einhaltung der im Rahmen der Zielsteuerung nach § 441f abgestimmten Ziele" (§449 Abs 1 und 2 ASVG idF des SV-OG).

2.8.2. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates verweisen zu ihren Bedenken gegen § 441f ASVG auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 17.172/2004, mit welchem der Verfassungsgerichtshof mit § 32a ASVG eine vergleichbare Bestimmung mit der Begründung aufgehoben habe, es sei unklar, welche Rechtsnatur den (damaligen) "Zielvereinbarungen" beizumessen sei und welche Institutionen an ihrem Zustandekommen mitwirken würden. Nach der damaligen Regelung des § 32a Abs 2 ASVG sei unklar gewesen, in welchem Verhältnis die "Ziele" zu den Zielvereinbarungen (nunmehr: der Zielsteuerung) stünden. Auch sei – ebenfalls wie hier – unklar gewesen, ob ein "Zielsteuerungssystem" als Instrument des Privatrechtes oder aber als Verordnung zu qualifizieren war. Gegebenenfalls mangelte es (entgegen Art 18 B-VG) an einer Klarstellung sowohl der Rechtsform als auch des Inhaltes. Zwar möge der Inhalt verschiedener Vorgaben durchaus unter Verwendung von im Wirtschaftsleben etablierten Techniken erarbeitet werden, die verbindliche Anordnung selbst müsse jedoch in der Form eines bundesverfassungsrechtlich vorgesehenen Gestaltungsmittels getroffen werden.

Davon abgesehen seien die Einführung eines Zielsteuerungsinstrumentes und die Vorgabe seiner Ziele jedenfalls Aufgaben der Geschäftsführung und nicht der Aufsicht. § 444 Abs 5 Z 3 ASVG, der in diesem Zusammenhang zur Erteilung von Weisungen durch die Bundesministerin ermächtige, widerspreche daher Art 120b Abs 1 B-VG.

2.8.3. Die Bundesregierung weist in ihrer Äußerung darauf hin, dass aus Anlass des Erkenntnisses VfSlg 17.172/2004, auf das sich die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates stützen, mit dem 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004, BGBl I 171/2004, ein neues System der Zielsteuerung geschaffen worden sei, das auch § 441f ASVG in der Fassung des SV-OG zugrunde liege. Anders als nach der vom Verfassungsgerichtshof damals als verfassungswidrig erachteten Rechtslage seien an das Erreichen der Ziele keine rechtlichen Konsequenzen geknüpft (hingegen hätte § 447c ASVG in der damals geltenden Fassung der 60. Novelle zum ASVG, BGBl I 140/2002, vorgesehen, dass an die Zielerreichung Zuschüsse aus dem damaligen Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger geknüpft gewesen wären). Da die Ziele durch Beschluss der Konferenz festgelegt würden, seien sie für den Dachverband und die in ihm zusammengefassten Versicherungsträger "verbindlich" (Hinweis auf § 30 Abs 3 und § 31 Abs 6 ASVG). Sollten die Ziele darüber hinaus Rechtswirkungen entfalten, hätte der Dachverband einen entsprechenden Rechtsakt zu erlassen (Hinweis auf Lienbacher/Siuda in: Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg.], Der SV-Komm § 441e ASVG, 223. Lfg., Rz 3). Da es sich bei den Zielen lediglich um subnormative, politische Selbstvorgaben handle, bedürften sie nach Ansicht der Bundesregierung auch keiner weiteren gesetzlichen Vorgaben ihres Inhaltes. Zur Frage der Weisungsbefugnis beschränkt sich die Bundesregierung auf den Hinweis, dass diese bereits im geltenden § 444 Abs 6 ASVG vorgesehen sei.

2.8.4. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates sind teilweise begründet:

2.8.4.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates bringen unter Hinweis auf VfSlg 17.172/2004 vor, dass § 441f ASVG idF des SV-OG dem Determinierungsgebot des Art 18 Abs 1 B-VG widerstreite, weil sowohl die Rechtsform, ob privatrechtlich oder hoheitlich, als auch der Inhalt nicht hinreichend klargestellt bzw vorherbestimmt seien. Damit sind sie nicht im Recht:

Im Unterschied zu jener, der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 17.172/2004 zugrunde liegenden Rechtslage (§32a ASVG idF BGBl I 92/2000 und BGBl I 140/2002), wonach dass eine "Zielvereinbarung" zu "treffen" war, weshalb unklar blieb, ob damit eine privatrechtliche Vereinbarung oder eine einseitig zu erlassende Richtlinie (Verordnung) des Hauptverbandes vorgesehen war, hegt der Verfassungsgerichtshof zu § 441f Abs 1 bis 4 ASVG idF des SV-OG keine Zweifel, dass damit im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu fassende Beschlüsse des Dachverbandes (§30 Abs 3 leg. cit.) vorgesehen werden. Auch regelt § 441f Abs 1 bis 4 ASVG idF des SV-OG den Urheber und mitwirkende Stellen (dies wiederum im Gegensatz zu der Rechtslage, die VfSlg 17.172/2004 zugrunde lag), ferner das einzuhaltende Verfahren und Inhaltskategorien des Zielsteuerungssystems. Dieser Begriff eines Zielsteuerungssystems und sein Verhältnis zu den Zielen sind für die berührten Fachkreise verständlich; sie genügen daher den Anforderungen des Art 18 Abs 1 B-VG (vgl zB VfSlg 18.420/2008, 19.771/2013). Schließlich ergeben sich die inhaltlichen Determinanten für die Festlegung der "Ziele", soweit solche im Rahmen der Satzungsautonomie überhaupt erforderlich sind, aus den Vorgaben des ASVG in seiner Gesamtheit. § 441f Abs 1 bis 5 ASVG idF des SV-OG verstößt daher nicht gegen Art 18 Abs 1 B-VG.

2.8.4.2. Die "Zielsteuerung-Sozialversicherung" nach § 441f ASVG idF des SV-OG ist nicht dem übertragenen Wirkungsbereich der Sozialversicherungsträger bzw des Dachverbandes zugewiesen und folglich in deren eigenem Wirkungsbereich wahrzunehmen (vgl Art 120b Abs 2 zweiter Satz B-VG). Art 120b Abs 1 B-VG schließt staatliche Weisungen an (sonstige) Selbstverwaltungskörper in Bezug auf Aufgaben ihres eigenen Wirkungsbereiches aus. Die Weisungsbindung durch die Wortfolge "entsprechend den Weisungen nach § 444 Abs 5" in § 441f Abs 1 zweiter Satz sowie die Weisungsbefugnis in § 444 Abs 5 Z 3 ASVG idF des SV-OG samt der damit in untrennbarem Zusammenhang stehende letzte Satz in § 444 Abs 5 leg. cit. sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2.9. Zur Ausgestaltung des Dachverbandes

2.9.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates wenden sich gegen mehrere Regelungen zur Organisation des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger.

2.9.1.1. Zunächst erachten sie die verpflichtende Übertragung von Vorbereitungsaufgaben durch den Dachverband (§§30a bis 30c ASVG) als verfassungswidrig: Die eigenverantwortliche Wahrnehmung der "verfassungsrechtlich vorbehaltenen Aufgaben (Interesse, Eignung)" erfordere eine funktionsgerechte Organisationsstruktur. Eine permanente Übertragung der Vorbereitungstätigkeit zu rechtsverbindlichen Beschlüssen und Bescheiden sei verfassungswidrig, wenn sie dazu führe, dass dem Dachverband die Fachkompetenz zur inhaltlichen Beurteilung der Vorschläge abgehe, er seine Beschlüsse also nicht mehr selbst verantworten könne. Verfassungswidrig sei es aber auch, wenn trägerübergreifende Aufgaben vom Hauptverband auf einen Versicherungsträger übertragen würden. Dies einerseits, weil der einzelne Versicherungsträger ungeeignet sei, die gemeinsamen Interessen aller Träger zu vertreten, andererseits, weil der Versicherungsträger nur über eine beschränkte, seine Angehörigen betreffende demokratische Legitimation verfüge. Es sei nach der Rechtsprechung (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003) unzulässig, einem Selbstverwaltungskörper hoheitliche Aufgaben zu übertragen, die sich auf Außenstehende beziehen. Der Gesetzgeber versuche dieses Problem dadurch zu umgehen, dass er mit den § 30a bis 30c ASVG "nur" die Übertragung von Vorbereitungstätigkeiten vorsehe, die formale Beschlussfassung aber dem Dachverband vorbehalte. Diese Konstruktion sei aber aus mehreren Gründen verfassungswidrig: Das Auseinanderfallen sei (iVm dem "Abwandern" der fachlichen Kompetenz an die vorbereitenden Versicherungsträger) schon aus der Sicht des "demokratischen Prinzips" problematisch; der normunterworfene Träger bestimme den Inhalt der Norm des Dachverbandes, ohne dass dem Dachverband personelle Ressourcen belassen würden, sich mit den Fragen ernsthaft zu beschäftigen; eine demokratisch fundierte Willensbildung setze aber stets auch fachliche Ressourcen voraus. Zweitens könne der Dachverband seinen vormaligen, nunmehr "abgewanderten" Abteilungen keine Weisungen mehr erteilen, was im "Widerspruch zum binnendemokratischen Konzept der Selbstverwaltung" (Weisungsbindung zwecks Legitimationszusammenhanges) stehe. Zwar sei die Ermächtigung an den Dachverband zur freiwilligen "Delegation" verfassungskonform handhabbar; soweit das Gesetz aber eine Übertragung durch gesetzliche Organisationsvorschriften oder im Verordnungsweg auch gegen den Willen des Dachverbandes vorsehe, sei es aber verfassungswidrig. Dies gelte ungeachtet des Umstandes, dass der Dachverband die ihm vorgelegten Entwürfe nicht beschließen müsse.

2.9.1.2. Diese Konstruktion verstoße aber auch gegen Art 120a B-VG und gegen das Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art 120b B-VG. Nahezu alle Aufgaben nach den § 30a bis 30c ASVG hätten trägerübergreifenden Charakter. Diese Aufgaben dürften daher dem Dachverband nicht entzogen werden. Mangels demokratischer Legitimation sei es ausgeschlossen, dass diese trägerübergreifenden Aufgaben von einzelnen Versicherungsträgern besorgt würden. Dies gelte nicht nur für eine gänzliche Entziehung, sondern auch für den Fall, dass dem Dachverband "nur mehr eine formale Beschlussbefugnis verbleibt". Art 120b Abs 1 B-VG verbürge den Selbstverwaltungskörpern das Recht, die ihnen zur selbständigen Wahrnehmung übertragenen Aufgaben in "eigener Verantwortung" und daher unbeeinflusst vom Willen anderer staatlicher Einrichtungen zu besorgen. Ein staatlicher Rechtsakt, der die inhaltliche Gestaltungsbefugnis an eine andere Einrichtung als den für den Beschluss zuständigen Selbstverwaltungskörper übertrage, sei daher verfassungswidrig, weil und soweit der Selbstverwaltungskörper dadurch zu einem formalen Beschlussorgan degradiert werde. Die im SV-OG angelegte, möglichst umfassende fachliche "Entleerung" der Dachverbandszuständigkeiten lasse sich mit den Vorgaben der Verfassung nicht in Einklang bringen. Dies gelte jedenfalls für Regelungen, die ohne Rücksicht auf Art und Bedeutung der Aufgabe einen Übergang von Abteilungen gesetzlich erzwingen oder eine entsprechende Verordnungsermächtigung vorsehen würden. Diese Regelungen hielten aber auch dem "Grundsatz der funktionsgerechten Organisationsstruktur nicht stand". Die Bestimmungen des SV-OG, die ohne Rücksicht auf Effizienzüberlegungen eine zwingende und unumkehrbare Übertragung von Abteilungen (und damit der Vorbereitungsaufgaben) anordnen würden, widersprächen daher auch Art 7 B-VG.

2.9.1.3. Gegen die § 441a und 441b ASVG bringen die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates vor, es mangle der Konferenz des Dachverbandes an der erforderlichen demokratischen Legitimation. Sie setze sich aus den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, der Pensionsversicherungsanstalt, der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, somit aus zehn Personen, zusammen. Diese Zusammensetzung nehme keine Rücksicht auf die ganz unterschiedliche Größe der von diesen Versicherungsträgern vertretenen Zahl an Versicherten. Da diese Art der Entsendung die Anzahl der Versicherten nicht berücksichtige, sei sie auch nicht "abgeleitet" wie die Entsendung in die Organe der Versicherungsträger. Daher seien weder die Konferenz noch die Hauptversammlung nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit demokratisch legitimiert.

2.9.1.4. Unabhängig davon sei jedenfalls der Verweis in § 441c Abs 2 letzter Halbsatz ASVG auf § 432 Abs 1 letzter Satz leg. cit. über die "Zwangsdelegation von Aufgaben an das Büro" aus denselben Gründen verfassungswidrig, welche die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates bereits zu § 432 Abs 1 letzter Satz ASVG (oben IV. 2.6.1.) dargestellt haben.

2.9.1.5. Gegen die "Entscheidungsstrukturen in der Konferenz" des Dachverbandes bringen die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates Folgendes vor: Die Konferenz sei beschlussfähig, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend seien. Ein gültiger Beschluss erfordere Einstimmigkeit. Komme kein gültiger Beschluss zustande und werde die Angelegenheit auf Antrag eines Mitgliedes der Konferenz in einer weiteren Sitzung behandelt, so bedürfe ein gültiger Beschluss gemäß § 441a Abs 2 ASVG nur noch der Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern. Das bedeute aber, dass der – gemessen an versicherten Personen – mit Abstand größte Versicherungsträger in einer gegen den Gleichheitssatz verstoßenden unsachlichen Weise von anderen kleineren Trägern überstimmt werden könne, und zwar auch in Angelegenheiten, die nur oder im Wesentlichen diesen Träger beträfen. Vielmehr hätte der Gesetzgeber sicherstellen müssen, dass ein von einem Beschluss wesentlich betroffener großer Versicherungsträger von den anderen Versicherungsträgern nicht überstimmt werden könne, dass also derartige Beschlüsse grundsätzlich nur einvernehmlich getroffen werden könnten. Dies bedeute am Beispiel des § 31 ASVG, dass im Grunde dieser Entscheidungsstrukturen "alle anderen Versicherungsträger gegen die Stimmen der Österreichischen Gesundheitskasse beschließen könnten, dass bei den Versicherten der ÖGK Selbstbehalte eingeführt werden". Der Dachverband werde damit zu "einer Hülle, innerhalb derer die anderen Versicherungsträger in unsachlicher Weise über die Versicherten eines Versicherungsträgers nach Belieben bestimmen" könnten.

2.9.2. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken wie folgt entgegen:

2.9.2.1. Dem Bedenken gegen § 441a Abs 2 ASVG hält sie entgegen, dass kein Gebot bestehe, wonach die im Dachverband zusammengefassten Sozialversicherungsträger nach der Anzahl ihrer Mitglieder vertreten sein müssten. Es sei eine politische Frage, ob Institutionen nach ihrer Größe oder als solche in einem Vertretungskörper vertreten seien (wie sich exemplarisch auch an Art 14 Abs 2 EUV und Art 231 AEUV einerseits, sowie Art 16 Abs 2 EUV und Art 238 Abs 1 AEUV anderseits zeige).

2.9.2.2. Dem Einwand, der Dachverband hätte auch Aufgaben zu besorgen, die nicht nur die in ihm zusammengefassten Sozialversicherungsträger, sondern auch Versicherte und damit "Außenstehende" betreffen würden, hält die Bundesregierung entgegen, dass § 30a Abs 1 ASVG idF des SV-OG über die Beschlussfassung von Richtlinien im Wesentlichen dem bisherigen § 31 Abs 5 ASVG entspreche. Unstrittig sei, dass Mitglieder des Selbstverwaltungskörpers "Dachverband" Sozialversicherungsträger seien. Die Tätigkeit des Dachverbandes beziehe sich demnach auf seine Mitglieder. Da diese wiederum aus Mitgliedern bestünden, habe dies zwangsläufig zur Folge, dass sich die Tätigkeit des Hauptverbandes nicht nur auf seine, sondern auch auf die Mitglieder der Sozialversicherungsträger beziehen würden. Es sei also nicht unsachlich, wenn der Dachverband – wie schon bisher der Hauptverband – Regelungen treffe, die auch die Versicherungsträger in ihrem Verhältnis zu ihren Versicherten binden würden (Hinweis auf VfSlg 17.686/2005, 17.869/2006). Nur so könne der Hauptverband effizient seine trägerübergreifenden, für die Träger und ihre Versicherten geltenden Aufgaben wahrnehmen. Wären dem Dachverband die Aufgaben versagt, so könnte er seiner koordinierenden Aufgabe nur eingeschränkt oder gar nicht nachkommen.

2.9.2.3. Was die Delegationsmöglichkeit durch die § 30a Abs 2, 30b Abs 3 und 30c Abs 3 ASVG anlangt, folge nach Auffassung der Bundesregierung aus Art 120a Abs 1 B-VG ("durch sie 'gemeinsam' besorgt zu werden") nicht, dass die vom Dachverband wahrzunehmenden Aufgaben durch eigens dafür eingerichtete Organe besorgt werden müssten, sondern dass diese Aufgaben auch durch die Sozialversicherungsträger als dem Dachverband angehörige Personen besorgt werden könnten. Die angefochtenen Bestimmungen seien auch nicht unsachlich. Die beabsichtigte Verschlankung des zukünftigen Dachverbandes, dem nur mehr fünf Sozialversicherungsträger angehören würden, bringe auch eine Verschlankung von personellen Ressourcen mit sich. Durch die vorgesehene Kooperation zwischen Dachverband und Sozialversicherungsträgern werde bewirkt, dass viele Aufgaben nunmehr von verbandsangehörigen Sozialversicherungsträgern mitgestaltet werden könnten. Die gemeinsame Willensbildung darüber liege jedoch beim Dachverband. Es sei daher unrichtig, dass einzelne Sozialversicherungsträger über den Inhalt der sie betreffenden Normen entscheiden würden, da die Entscheidungsbefugnis beim Dachverband verbleibe.

2.9.2.4. Unrichtig sei die Auffassung, dass ein Zwang zur Übertragung von Aufgaben an einen bestimmten Sozialversicherungsträger bestehe: Auf welchen (oder welche) Sozialversicherungsträger übertragen werde, liege im Ermessen des Dachverbandes. Auch sei dadurch, dass die Übertragung von Aufgaben durch Beschluss der Konferenz erfolge, in der alle Versicherungsträger mit gleichem Stimmrecht vertreten seien, eine hinreichende Legitimation zur Übernahme solcher Aufgaben gegeben. Auch mangle es der Konferenz, in der die Obleute der fünf bundesweit agierenden Versicherungsträger und ihre Stellvertreter vertreten seien, nicht an Fachkompetenz für ihre Entscheidungen. Die in der Konferenz vertretenen Obleute führten jeweils einen Versicherungsträger, der in der Privatwirtschaft mit einem Großunternehmen vergleichbar sei. Auch spartenübergreifende Fragen könnten von diesen Versicherungsvertretern kompetent wahrgenommen werden, darüber hinaus verfüge jeder Obmann über eine Büro-Infrastruktur, die alle zu lösenden Fragen fachkompetent abdecke. Es sei aber auch festzuhalten, dass die Experten eines vorbereitenden Trägers auch als Auskunftspersonen den Gremien des Dachverbandes zur Verfügung stünden. Auf diesem Weg stehe dem Gremium die volle Expertise des vorbereitenden Trägers zur Verfügung. Eine Aufgabe könne auch auf mehrere Sozialversicherungsträger oder nur zum Teil übertragen werden, was eine noch intensivere Zusammenarbeit bei der Vorbereitung notwendig mache. Im Übrigen erfolgten auch schon bisher die Vorbereitungen insbesondere der Rechtstexte des Hauptverbandes auf diesem Weg, nämlich unter Einbindung der Sozialversicherungsträger. Außerdem verfüge der Dachverband weiterhin über Personal, das die Organe bei der Beschlussfassung unterstütze und Änderungen an der zu beschließenden Materie vornehmen könne. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Möglichkeit der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes bzw Dachverbandes gemäß § 81 Abs 2, 2a und 2b ASVG hinzuweisen, zur Erfüllung von Aufgaben Gesellschaften zu gründen oder sich an Gesellschaften oder Vereinen zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund müsse es dem Dachverband umso mehr möglich sein, bestimmte Aufgaben einem verbandsangehörigen Sozialversicherungsträger zu übertragen. Auch sei darauf hinzuweisen, dass bestimmte Aufgaben von der Übertragung ausgenommen seien (das seien auf Grund verfassungsrechtlicher Schranken jene Aufgaben, die im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehen seien, etwa die Richtlinien über die ökonomische Krankenbehandlung gemäß § 30a Abs 1 Z 9 ASVG idF des SV-OG, sowie auf Grund gesetzlicher Anordnung die wichtigen Aufgaben der Herausgabe eines Erstattungskodex für die Abgabe von Arzneispezialitäten gemäß § 30b Abs 1 Z 4 ASVG idF des SV-OG, die Vertretung der Sozialversicherungsträger in internationalen Angelegenheiten einschließlich EU gemäß § 30b Abs 1 Z 6 leg. cit. und die Vertretung der Sozialversicherungsträger gegenüber ausländischen Einrichtungen gemäß § 30c Abs 1 Z 4 leg. cit.).

2.9.2.5. Zu § 31 ASVG vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass die durch das SV-OG bewirkte Neuorganisation der Sozialversicherung eine Organisationsreform darstelle, die das Beitrags- und Leistungsrecht unberührt lasse. Die Zuständigkeit des Dachverbandes zur Erlassung der Verordnung sei bislang in § 31 Abs 5a ASVG geregelt gewesen. Diese Bestimmung sei lediglich in redaktioneller Hinsicht angepasst worden.

2.9.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates sind aus folgenden Gründen teilweise berechtigt:

2.9.3.1. Zu den § 441a und 441b ASVG idF des SV-OG: Die Verwaltungskörper des Dachverbandes sind die Konferenz der Sozialversicherungsträger und die Hauptversammlung der Sozialversicherungsträger (§441 ASVG idF des SV-OG). Die Konferenz besteht aus den Obmännern und deren Stellvertretern der Österreichischen Gesundheitskasse, der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, der Pensionsversicherungsanstalt, der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (§441a ASVG idF des SV-OG), sohin aus zehn Personen.

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates rügen in diesem Zusammenhang die mangelnde demokratische Legitimation der Konferenz der Sozialversicherungsträger, da § 441a ASVG idF des SV-OG nicht darauf Rücksicht nehme, dass die genannten Versicherungsträger höchst unterschiedliche Versichertenzahlen repräsentieren würden, weshalb kleine Versicherungsträger dasselbe Gewicht hätten wie große; die Art der Entsendung sei daher auch nicht "abgeleitet" wie die Entsendung in die Organe der Versicherungsträger.

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates gehen dabei von der unzutreffenden Vorstellung aus, dass der Dachverband der Sozialversicherungsträger die Versicherten der einzelnen Versicherungsträger repräsentiere. Vielmehr gehören dem Dachverband die in § 30 Abs 1 ASVG idF des SV-OG genannten Versicherungsträger als Mitglieder an (vgl VfSlg 17.023/2003). Der Dachverband der Sozialversicherungsträger ist der Selbstverwaltungskörper der Sozialversicherungsträger (Kröll/Lienbacher, in: Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg.], Der SV-Komm, § 31 ASVG Rz 4 [Stand: ]), nicht jener der bei diesen Versicherten (VfSlg 17.023/2003). Der Vorwurf der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates geht daher insofern an der Rechtslage vorbei. Sinngemäß Entsprechendes gilt für das – lediglich angedeutete – entsprechende Vorbringen zur Zusammensetzung der Hauptversammlung des Dachverbandes nach § 441b Abs 1 ASVG idF des SV-OG.

2.9.3.2. Gemäß § 441a Abs 2 ASVG idF des SV-OG ist die Konferenz des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger beschlussfähig, wenn mindestens sieben Mitglieder anwesend sind; ein gültiger Beschluss erfordert Einstimmigkeit, wobei jedem Mitglied eine Stimme zukommt; kommt kein gültiger Beschluss zustande und wird die Angelegenheit auf Antrag eines Mitgliedes der Konferenz in einer weiteren Sitzung behandelt, so bedarf ein gültiger Beschluss der Zustimmung von mindestens sieben Mitgliedern.

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates erblicken in dieser Rechtslage einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot und gegen die Art 120a ff. B-VG, weil sie es ermögliche, dass die Österreichische Gebietskrankenkasse als versichertenreichste Versicherungsanstalt unsachlich von anderen, kleineren Versicherungsträgern überstimmt werden könne, insbesondere in Angelegenheiten, die lediglich die Österreichische Gesundheitskasse beträfen (wie etwa die Festlegung von Kostenbeiträgen nach § 31 ASVG idF des SV-OG).

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass der Dachverband der Sozialversicherungsträger der Selbstverwaltungskörper dieser Körperschaften öffentlichen Rechts und nicht jener der Versicherten ist, weshalb Hinweise auf die Zahl der Versicherten, die eine Versicherungsanstalt repräsentiere, nicht entscheidend sind. Zwar könnte der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes auch eine Stimmgewichtung bei der Beschlussfassung in der Konferenz des Dachverbandes nach Maßgabe der Versichertenzahlen vorsehen; der Verfassungsgerichtshof vermag dem Gesetzgeber aber auch nicht entgegenzutreten, wenn er jedem Pflichtmitglied des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger – ohne Ansehen des jeweiligen Versicherungsträgers – gleichermaßen zwei Sitze und damit zwei Stimmen in der Konferenz einräumt. Es liegt nun im Wesen "demokratischer Grundsätze" (Art120c Abs 1 B-VG), dass die Repräsentanten einzelner Pflichtmitglieder eines Selbstverwaltungskörpers in dessen Organen überstimmt werden können. § 441a Abs 2 ASVG idF des SV-OG, der ohnehin hohe Konsens-Anforderungen stellt (grundsätzlich Einstimmigkeit, in einer Folgesitzung immerhin mindestens 70 % Konsensquorum), widerspricht daher weder den Art 120a ff. B-VG noch dem Sachlichkeitsgebot. Soweit die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates aber meinen sollten, es seien dem Dachverband Aufgaben zugewiesen, die lediglich einen Versicherungsträger beträfen (und daher keine "gemeinsamen" Aufgaben iSd Art 120a Abs 1 B-VG wären), wären diese Bedenken gegen die jeweiligen Aufgabenzuweisungen und nicht gegen die – für sich genommen nicht zu beanstandende – Regelung der Willensbildung in der Konferenz des Dachverbandes (§441a Abs 2 ASVG idF des SV-OG) zu richten.

2.9.3.3. Gemäß § 441c Abs 2 ASVG idF des SV-OG "kann" die Konferenz die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Dachverbandes "unter Aufrechterhaltung ihrer eigenen Verantwortlichkeit" übertragen. § 441c Abs 2 zweiter Halbsatz leg. cit. ordnet an, dass "§432 Abs 1 letzter Satz" leg. cit. sinngemäß anzuwenden sei. § 432 Abs 1 letzter Satz ASVG idF des SV-OG regelt die Pflicht zur Berichterstattung durch das Büro an den Verwaltungsrat der Versicherungsträger in bestimmten Angelegenheiten. Hingegen ist § 432 Abs 1 dritter Satz leg. cit., wonach der Verwaltungsrat bestimmte Aufgaben "tunlichst" dem Büro zu übertragen habe, weder sinngemäß anzuwenden, noch enthält § 441c ASVG idF des SV-OG eine ähnlich gelagerte Verpflichtung.

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates irren daher über den Bedeutungsgehalt des § 441c Abs 2 ASVG idF des SV-OG, wenn sie meinen, eine "tunlichste" Übertragung von Aufgaben der Konferenz an das Büro wäre verfassungswidrig. Der in Anfechtung gezogene letzte Halbsatz in § 441c Abs 2 ASVG idF des SV-OG hat diesen Inhalt – entgegen den Erläut zur RV (329 BlgNR 26. GP, 10) – nicht; andere Bedenken werden gegen diese Bestimmung nicht vorgebracht.

2.9.3.4. Dem Dachverband obliegt gemäß § 30 Abs 2 Z 1 ASVG idF des SV-OG ua die Beschlussfassung von Richtlinien zur Förderung der Zweckmäßigkeit und Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger. § 30a leg. cit. präzisiert, welche Richtlinien zu diesem Zweck zu beschließen sind. § 30a Abs 2 ASVG idF des SV-OG ermächtigt den Dachverband, "die Vorbereitung der Richtlinien nach Abs 1 mit Beschluss der Konferenz zur Gänze oder zum Teil auf einen oder mehrere Versicherungsträger [zu] übertragen".

§30a Abs 2 zweiter und dritter Satz ASVG idF des SV-OG ermächtigt daran anknüpfend die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Übertragung von Vorbereitungsaufgaben: "Wenn und soweit der Dachverband die Vorbereitung bis zum Ablauf des nicht überträgt, kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Übertragungen mit Verordnung vornehmen. Die Übertragung der Aufgabe mittels Verordnung gilt solange und soweit, als die Konferenz keinen eigenen Beschluss fasst".

Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken – auch im Hinblick auf das Vorbringen zum Effizienzprinzip und zur Organisationsstruktur des Dachverbandes (dazu oben IV. 2.1.3.3. bzw unten IV. 2.12.) – gegen die Ermächtigung an den Dachverband, näher bezeichnete Vorbereitungsaufgaben an einzelne seiner Mitglieder zu übertragen (§30a Abs 2 erster Satz ASVG idF des SV-OG), nicht, weil die – entscheidende – Willensbildung dem demokratisch legitimierten Organ (Art120c Abs 1 B-VG) verbleibt und der Dachverband die Übertragung der Vorbereitungsaufgaben als Hilfsgeschäfte auch wieder rückgängig machen kann.

Anders verhält es sich hingegen mit der Übertragung nach § 30a Abs 2 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG durch die Aufsichtsbehörde. Diese Regelung stellt es der Aufsichtsbehörde anheim, Ermessen, das einem Selbstverwaltungsorgan eingeräumt ist, an dessen Stelle zu üben und in Vertretung dieses Selbstverwaltungsorgans Verfügungen zu treffen, welche dessen Aufgabenorganisation zum Gegenstand haben. Diese aufsichtsbehördliche Befugnis lässt sich weder unter den zweiten noch unter den dritten Satz des Art 120b Abs 1 B-VG subsumieren. § 30a Abs 2 zweiter und dritter Satz ASVG idF des SV-OG ist daher wegen Verstoßes gegen Art 120b Abs 1 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates gegen diese Bestimmung einzugehen ist.

Übertragungsermächtigungen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, die jener nach § 30a Abs 2 ASVG idF des SV-OG weitgehend wörtlich entsprechen, enthalten auch die § 30b Abs 3 und 30c Abs 3 leg. cit. Jeweils die zweiten und dritten Sätze dieser Bestimmungen sind daher ebenfalls wegen Widerspruches zu Art 120b Abs 1 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

2.9.3.5. Zu den Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates hinsichtlich § 31 ASVG idF des SV-OG ist, soweit sie sich in diesem Zusammenhang gegen die "Entscheidungsstrukturen" im Dachverband wenden, auf die diesbezüglichen Ausführungen (IV. 2.9.3.2.), soweit sie jedoch einen Verstoß gegen Art 18 Abs 1 B-VG monieren, auf die Ausführungen oben (IV. 1.1.9.) hinzuweisen.

2.10. Zur Überleitungsorganisation

Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates erheben weiters Bedenken gegen mehrere Bestimmungen des Rechts der Überleitungsorganisation (§§538u ff. ASVG idF des SV-OG):

2.10.1. Zur Inkompatibilität

2.10.1.1. Gegen § 538v Abs 1 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG bringen sie vor, der "Ausschluss aller durch ihre bisherige Tätigkeit in den Fragen der Krankenversicherung vertrauten Personen" von Funktionen im Überleitungsausschuss sei unsachlich.

2.10.1.2. Die Bundesregierung hält entgegen, dem liege eine verfehlte Rechtsauffassung zugrunde, da § 538v Abs 1 ASVG nicht bestimmte Personen von ihrer Bestellung in den Überleitungsausschuss ausschließe, sondern eine Unvereinbarkeitsbestimmung dahingehend enthalte, dass Personen nicht gleichzeitig dem Überleitungsausschuss und einem anderen Verwaltungskörper angehören dürften. Dementsprechend sei auch eine erhebliche Zahl von Versicherungsvertretern ihrer Funktion enthoben worden, um in ein Überleitungsgremium entsendet werden zu können. Diese Inkompatibilitätsregel sei sachlich gerechtfertigt, da es Aufgabe des Überleitungsausschusses sei, bestimmte Beschlüsse an Stelle der Verwaltungskörper der Gebietskrankenkasse zu fassen.

2.10.1.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates treffen nicht zu: § 538v Abs 1 ASVG idF des SV-OG ordnet für den (Übergangs-)Zeitraum vom bis zum die Bildung eines Überleitungsausschusses zur Zusammenführung der Gebietskrankenkassen an (gemäß § 538u Abs 2 ASVG idF des SV-OG sind die Mitglieder des Überleitungsausschusses ab die Mitglieder des Verwaltungsrates der Österreichischen Gesundheitskasse). Gemäß § 538v Abs 1 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG dürfen die Mitglieder des Überleitungsausschusses "keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers oder des Hauptverbandes angehören". Die Gesetzesmaterialien führen zu dieser Bestimmung Folgendes aus (Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP, 21 f.):

"Für die Phase der Fusion der neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse wird zwischen und ein Überleitungsausschuss errichtet, dem spezifische Aufgaben zukommen (§538w). Die Zusammensetzung des Überleitungsausschusses richtet sich nach den für den Verwaltungsrat geltenden Bestimmungen, also nach der neuen Rechtslage. Abgesehen von der gesetzlich ab vorgesehenen Mitgliedschaft im Verwaltungsrat und der Hauptversammlung bzw in den Landesstellenausschüssen und der Hauptversammlung dürfen die Mitglieder des Überleitungsausschusses keinem anderen Verwaltungskörper eines Versicherungsträgers angehören. Sie dürfen also neben dem Überleitungsausschuss keinem Verwaltungskörper 'ihres' Versicherungsträgers nach alter Rechtslage angehören (§538v Abs 1 zweiter Satz), sie dürfen aber auch keinem Verwaltungskörper eines anderen Versicherungsträgers (des Hauptverbandes) – weder nach alter Rechtslage noch Überleitungsausschuss – angehören (dies ergibt sich bereits aus der Entsendung nach den § 420 ff. idF BGBl I Nr xx/2018, weil § 421 Abs 4 Z 2 idF BGBl I Nr xx/2018 die Entsendung in die Verwaltungskörper mehrerer Versicherungsträger ausschließt).

Nach der 'neuen' Rechtslage, die bei Bestellung der Verwaltungskörper bereits zur Anwendung kommt, ist es ausgeschlossen, Mitglied in Verwaltungskörpern mehrerer Versicherungsträger zu sein. Sofern nicht anderes bestimmt ist, ist es weiters ausgeschlossen, Mitglied in mehreren Gremien eines Sozialversicherungsträgers zu sein. Konsequenterweise ist daher auch die gleichzeitige Mitgliedschaft in 'alten' und 'neuen' Verwaltungskörpern ausgeschlossen. Zu berücksichtigen ist auch, dass mit der vorliegenden Reform – für alle Versicherungsträger – die Verwaltungskörper neu geregelt werden und die Aufgaben neu verteilt werden. Die Überleitungsgremien sind bereits nach der neuen Rechtslage zu bilden. Schließlich stellt die Fusion von neun Gebietskrankenkassen zu einem neuen Sozialversicherungsträger eine spezifische Aufgabenstellung dar, weshalb es notwendig erscheint, Doppelfunktionen im Überleitungsausschuss und in Gremien des 'alten' Versicherungsträgers auszuschließen, um eine möglichst effiziente Abwicklung der Fusion zu gewährleisten. […]"

Wie die Bundesregierung zu Recht betont, verbietet es § 538v Abs 1 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG – entgegen der Annahme der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates – nicht, Personen in den Überleitungsausschuss zu entsenden, die bereits infolge bisheriger Tätigkeiten in Verwaltungskörpern mit den Aufgaben von Versicherungsträgern vertraut sind (bei einem solchen Verständnis wäre die Bestimmung tatsächlich unsachlich und damit verfassungswidrig), sondern er unterbindet Doppelmitgliedschaften, insbesondere solche im Vorstand einer Gebietskrankenkasse und im Überleitungsausschuss (also in dem künftigen Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse). Diese Bestimmung steht daher einer Entsendung in den Überleitungsausschuss nicht entgegen, wenn zuvor die Funktion in anderen Verwaltungskörpern, insbesondere im Vorstand einer Gebietskrankenkasse, beendet wird. Damit dient § 538v Abs 1 zweiter Satz ASVG idF des SV-OG der Vermeidung von Interessenkollisionen (vgl idS die bereits zitierten Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP, 22) und ist diesem Regelungsziel auch adäquat. Der von den antragstellenden Mitgliedern des Bundesrates behauptete Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes liegt daher nicht vor.

2.10.2. Zum kommissarischen Leiter

2.10.2.1. Die Überleitungsorganisation ist nach Meinung der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates aber auch insoweit verfassungswidrig, als mit dem kommissarischen Leiter ein Organ geschaffen werde, das von der Bundesministerin bestellt und entsendet werde, das aber – entgegen VfSlg 8644/1979, 13.012/1992, 17.023/2003 – weder ausdrücklich der Weisung des Überleitungsausschusses unterstellt werde (nach § 538v Abs 4 ASVG sei es ihm nur "verantwortlich", könne aber vom Überleitungsausschuss weder disziplinär belangt noch seiner Funktion enthoben werden), noch demokratisch legitimiert sei. Im Gegenteil seien die bisherigen Organe der Selbstverwaltung nicht dem Überleitungsausschuss, sondern dem kommissarischen Leiter gegenüber weisungsgebunden. Damit führe – wenn auch nur vorübergehend bis zur Bestellung eines leitenden Angestellten – de iure ein an die Weisungen der entsendenden Ministerin gebundenes Organ die Geschäfte der Selbstverwaltung. Dies verstoße nicht nur gegen die Grundsätze der Selbstverwaltung, wie sie in den Art 120a bis Art 120c B-VG niedergelegt seien (nämlich die Autonomie der Selbstverwaltung bei der Bestellung ihrer Organe), sondern auch gegen die verfassungsrechtlichen Beschränkungen der Aufsicht iSd Art 120b Abs 1 B-VG, die eine geschäftsführende Tätigkeit der Aufsichtsbehörde mittels weisungsgebundener Organwalter ausschließe und entbehre überdies auch der sachlichen Rechtfertigung iSd Art 7 B-VG. Sinngemäß entsprechende Bedenken erheben die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates auch gegen § 538z Abs 8 ASVG betreffend den kommissarischen Leiter bei der Überleitungskonferenz.

2.10.2.2. Die Bundesregierung erwidert, dass der Überleitungsausschuss, der nach den ab in Kraft tretenden Bestimmungen gebildet werde, über dieselbe demokratische Legitimation wie die zukünftigen Verwaltungskörper verfügen würde. Der kommissarische Leiter werde nur vorübergehend eingesetzt, nämlich bis zur Bestellung des leitenden Angestellten, die gemäß § 538w Abs 4 ASVG bis zum zu erfolgen habe. Mit der Bestellung des kommissarischen Leiters werde sichergestellt, dass die Bediensteten der Gebietskrankenkassen, denen gegenüber er weisungsbefugt sei, schon ab zu Vorbereitungshandlungen für die Zusammenlegung herangezogen werden könnten (Hinweis auf Erläut zur RV 329 BlgNR 26. GP, 22). Der kommissarische Leiter sei der Bundesministerin auch nicht weisungsgebunden, sondern "ausschließlich dem Überleitungsausschuss verantwortlich". Das Bedenken reduziere sich also darauf, dass der kommissarische Leiter nicht demokratisch legitimiert sei. Dieses Defizit für einen (Teil des) Übergangszeitraumes von alter zu neuer Organisation sei jedoch nahezu unvermeidlich.

2.10.2.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates gegen § 538v Abs 4 ASVG idF des SV-OG sind unbegründet:

Die Einrichtung des kommissarischen Leiters ist eine Übergangsregelung, die bloß für drei Monate bis zur regulären Bestellung des leitenden Angestellten der Österreichischen Gesundheitskasse vorgesehen war. Angesichts des Übergangscharakters dieser Bestimmung, welche die sofortige Einsatzfähigkeit der Übergangsorganisation sicherstellen sollte, begegnet die Bestellung des kommissarischen Leiters durch die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal es sich beim kommissarischen Leiter (wie beim leitenden Angestellten) auch nicht um ein "Organ" iSd Art 120c Abs 1 B-VG, sondern bloß um ein unterstützendes Hilfsorgan handelt, das dem Übergangsausschuss als dem demokratisch iSv Art 120c Abs 1 B-VG bestellten Organ verantwortlich und – damit implizit angeordnet – weisungsgebunden ist.



Die Bedenken der Antragsteller, § 538v Abs 4 ASVG idF des SV-OG widerspreche aus den dargelegten Gründen dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG) und den Art 120a ff. B-VG, erweisen sich daher als unbegründet. Dies gilt sinngemäß auch für die entsprechende Regelung des § 538z Abs 8 ASVG idF des SV-OG über den kommissarischen Leiter der Bürogeschäfte der Überleitungskonferenz des Dachverbandes, dessen Tätigkeit mit der Bestellung des Büroleiters durch die Überleitungskonferenz (§538z Abs 7 Z 1 leg. cit.) endete.

2.10.3. Zum Zuständigkeitsübergang

2.10.3.1. Nach dem Vorbringen der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates erweise sich auch der in § 538v Abs 1 dritter [gemeint: vierter] Satz ASVG vorgesehene Zuständigkeitsübergang an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz für den Fall, dass "ein gültiger Beschluss (Abs3)" nicht zustande komme, als verfassungswidrig. Dabei handle es sich um einen Eingriff in die Selbstverwaltung, der nur dann sachlich gerechtfertigt werden könne, wenn ein für den gesetzmäßigen Vollzug erforderlicher Beschluss gefasst werden müsse und ein solcher Beschluss aus formalen Gründen nicht zustande komme. § 538v Abs 1 ASVG lasse aber die Voraussetzungen dafür völlig offen, was unter einem "gültigen Beschluss" bzw dessen Fehlen zu verstehen sei. Die "schwammige Formulierung" lasse es zu, dass Anträge schon dann vom Vorsitzenden der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zur Entscheidung vorgelegt werden könnten, wenn sich für Anträge im Kollegialorgan keine Mehrheit finden würde. Infolge der Eingriffsintensität in die Selbstverwaltung wären die Voraussetzungen einer Vorlage genau zu regeln gewesen.

2.10.3.2. Die Bundesregierung vertritt demgegenüber die Auffassung, dass es sich bei der Entscheidung durch die zuständige Bundesministerin um eine ArtStreitschlichtung handle, wenn der Überleitungsausschuss einen Beschluss über Antrag nicht fasse. Ein Beschluss des Überleitungsausschusses über Antrag werde dann nicht gefasst, wenn dieser nicht die notwendige Zustimmung, also in der Regel einfache Mehrheit, finde.

2.10.3.3. Gemäß § 538v Abs 1 vierter Satz ASVG idF des SV-OG kann der Vorsitzende des Überleitungsausschusses, wenn "ein gültiger Beschluss (Abs3)" des Überleitungsausschusses nicht zustande kommt und "wenn wichtige Interessen der Österreichischen Gesundheitskasse gefährdet scheinen", die Angelegenheit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz "zu Entscheidung vorlegen". Gemäß § 538v Abs 3 ASVG idF des SV-OG ist der Überleitungsausschuss bei Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder beschlussfähig; er fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, in den Angelegenheiten des § 432 Abs 3 ASVG idF des SV-OG jedoch nur mit der einfachen Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen, sowohl in der Gruppe der Dienstnehmer als auch in der Gruppe der Dienstgeber.

Der Verfassungsgerichtshof kann dahingestellt lassen, welche Bedeutung der Tatbestand, dass ein gültiger Beschluss nicht zustande gekommen ist, im Einzelnen hat. Jedenfalls kommt ein gültiger Beschluss nicht zustande, wenn das gesetzliche Anwesenheitsquorum (§538v Abs 3 ASVG) nicht erfüllt ist, womit es eine entsprechende Anzahl von Mitgliedern in der Hand hat, allein durch ihr Fernbleiben von einer einberufenen Sitzung dem Vorsitzenden die Möglichkeit einzuräumen, die Entscheidung im Ergebnis der Aufsichtsbehörde zu übertragen. Bereits daraus resultiert ein dem Sachlichkeitsgebot widerstreitender Eingriff in das Recht auf Selbstverwaltung nach Art 120b Abs 1 B-VG.

§538v Abs 1 vierter und fünfter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2.10.4. Zum Vorsitz im Überleitungsausschuss

2.10.4.1. Verfassungswidrig sei nach Auffassung der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates schließlich, dass nach § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG der Vorsitzende des Überleitungsausschusses der Gruppe der Dienstgeber anzugehören habe, der Stellvertreter hingegen der Gruppe der Dienstnehmer. In der Selbstverwaltung der versicherten Dienstnehmer widerspreche es Art 120a Abs 1 B-VG, dass der Vertreter einer Gruppe, die bloß aus besonderen Gründen trotz Verschiedenheit der Interessen dem Selbstverwaltungskörper angehöre, dort auch noch den Vorsitz führe, und dies nicht etwa bloß für die Funktionsdauer des Überleitungsausschusses, sondern anschließend auch noch für die ersten sechs Monate der Funktionsperiode des Verwaltungsrates (§538u Abs 2 ASVG).

2.10.4.2. Die Bundesregierung vertritt in ihrer Äußerung hiezu die Auffassung, dass es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liege, die näheren Regelungen für die Repräsentation in den Organen der Selbstverwaltungskörper zu treffen.

2.10.4.3. Gemäß § 538v Abs 3 dritter Satz ASVG idF des SV-OG wählen die Mitglieder des Überleitungsausschusses in der konstituierenden Sitzung aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter. Gemäß dem vierten Satz hat der Vorsitzende der Gruppe der Dienstgeber und der Stellvertreter der Gruppe der Dienstnehmer anzugehören.

Der Verfassungsgerichtshof vermag keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen, warum § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG den Überleitungsausschuss bei der Wahl seines Vorsitzenden auf Personen aus der Gruppe der Dienstgeber einschränkt und damit Personen aus der Gruppe der Dienstnehmer ausschließt. Auch die Bundesregierung konnte keine sachliche Begründung anführen. Die differenzierende Behandlung der Gruppe der Dienstnehmer und der Dienstgeber durch § 538v Abs 3 vierter Satz ASVG idF BGBl I 100/2018 widerspricht daher dem Sachlichkeitsgebot und ist als verfassungswidrig aufzuheben.

2.11. Zur Übertragung der "Sozialversicherungsprüfung"

2.11.1. Gemäß § 41a ASVG idF vor BGBl I 98/2018 haben die Krankenversicherungsträger "die Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen zu prüfen (Sozialversicherungsprüfung)". Dazu zählt insbesondere die Prüfung der Einhaltung der Meldeverpflichtungen in allen Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten und der Beitragsabrechnung sowie die Prüfung der Grundlagen von Geldleistungen (wie Krankengeld, Wochengeld und Arbeitslosengeld). Für diese Sozialversicherungsprüfung gelten die für Außenprüfungen (§147 BAO) maßgeblichen Vorschriften der BAO.

2.11.1.1. Das 2. Abgabenänderungsgesetz 2002, BGBl I 132, führte eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben ein:

Gemäß § 41a Abs 3 ASVG idF vor dem ZPFSG haben die Krankenversicherungsträger gemeinsam mit der Sozialversicherungsprüfung auch die Lohnsteuerprüfung nach § 86 EStG 1988 durchzuführen (der Prüfungsauftrag ist von jenem Krankenversicherungsträger zu erteilen, der die Prüfung durchführen wird). Bei der Durchführung der Lohnsteuerprüfung ist das Prüforgan des Krankenversicherungsträgers als Organ des für die Lohnsteuerprüfung zuständigen Finanzamtes tätig (§41a Abs 4 ASVG idF vor dem ZPFSG). Das Finanzamt ist von der Prüfung und vom Inhalt des Prüfungsberichtes oder der aufgenommenen Niederschrift zu verständigen (§41a Abs 4 letzter Satz ASVG idF vor dem ZPFSG).

Umgekehrt hat das Finanzamt der Betriebsstätte gemeinsam mit der Lohnsteuerprüfung auch die Sozialversicherungsprüfung und die Kommunalsteuerprüfung (§14 KommStG) durchzuführen (§86 Abs 1 EStG 1988): Der Prüfungsauftrag ist von jenem Finanzamt zu erteilen, das die Prüfung durchführen wird. Bei der Durchführung der Sozialversicherungsprüfung ist das Prüfungsorgan des Finanzamtes als Organ des sachlich und örtlich zuständigen Krankenversicherungsträgers tätig. Der Krankenversicherungsträger ist von der Prüfung sowie vom Inhalt des Prüfungsberichtes zu verständigen.

Für Zwecke des Informationsaustausches und der Kooperation in allen Angelegenheiten der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben ist ein Prüfungsbeirat beim Bundesministerium für Finanzen einzurichten, dem Vertreter der Bundesfinanzverwaltung, des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen, des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, des Österreichischen Gemeindebundes sowie des Österreichischen Städtebundes angehören (§86 Abs 4 EStG 1988).

2.11.1.2. Mit dem ZPFSG, BGBl I 98/2018, soll (auch) die Sozialversicherungsprüfung ab (ausschließlich) vom Finanzamt der Betriebsstätte besorgt werden, das sich dabei des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge (PLAB) gemäß dem PLABG zu bedienen hat (§§41a Abs 1 und 721 ASVG idF des ZPFSG). Das Nähere regelt das Bundesgesetz über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (PLABG), Art 1 BGBl I 98/2018:

Der Wirkungsbereich des vom Bundesminister für Finanzen einzurichtenden Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge (PLAB) erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet (§1 PLABG). Dem Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge obliegt die Lohnsteuerprüfung, die Sozialversicherungsprüfung und die Kommunalsteuerprüfung (§4 PLABG) "im Auftrag" des Finanzamtes der Betriebsstätte des Arbeitgebers (§3 Z 1 PLABG) sowie die Durchführung von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen (§§143 bis 146 BAO,§ 42 f. ASVG) "auf Anforderung" des Finanzamtes der Betriebsstätte, der Österreichischen Gesundheitskasse oder der Gemeinde (§5 Abs 2 PLABG). Gemäß § 11 PLABG hat der Prüfdienst eine Sozialversicherungsprüfung (auch) "auf Anforderung" der Österreichischen Gesundheitskasse durchzuführen. Gemäß § 6 PLABG werden die Organe des Prüfdienstes bei der Durchführung der Sozialversicherungsprüfung bzw von allgemeinen Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen in Zusammenhang mit sozialversicherungsrechtlichen Beiträgen als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse, im Übrigen als Organ des Finanzamtes der Betriebsstätte oder der Gemeinde tätig, die zur Einhebung der Kommunalsteuer berechtigt ist.

Der Prüfdienst muss die Österreichische Gesundheitskasse unter anderem (vorab) von einer Prüfung und (sodann) vom Inhalt des Prüfungsberichtes verständigen (§12 Abs 1 PLABG). Die Österreichische Gesundheitskasse ist an das Prüfungsergebnis nicht gebunden, muss aber, wenn sie von den Sachverhaltsfeststellungen des Prüfdienstes abweichen will, dies dem Prüfdienst "vor der Erledigung" mitteilen (§10 Abs 3 PLABG).

Dem Prüfungsbeirat beim Bundesminister für Finanzen, dem unter anderem zwei Vertreter der Österreichischen Gesundheitskasse angehören, obliegt unter anderem die Festlegung von Grundsätzen für die Erstellung des Prüfungsplanes und für Anforderungen nach § 5 Abs 2 und § 11 PLABG (§§7 und 8 PLABG).

Gemäß § 21 PLABG hat die Österreichische Gesundheitskasse dem Bundesministerium für Finanzen für die Durchführung der Sozialversicherungsprüfung ein – zu vereinbarendes – Entgelt zu leisten.

Die Regelungen des PLABG treten grundsätzlich mit in Kraft, die § 7 bis 9 leg. cit. über den Prüfungsbeirat traten bereits mit in Kraft. Auf die Änderungen des PLABG durch das Finanz-Organisationsreformgesetz, BGBl I 104/2019, das erst zum in Kraft treten wird, braucht nicht eingegangen zu werden.

2.11.2. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates halten die Neuregelung der Sozialversicherungsprüfung durch § 41a ASVG idF BGBl I 98/2018 und das PLABG für verfassungswidrig und begründen ihre Bedenken auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

2.11.2.1. Laut Rechnungshofberichten sei die Sozialversicherung im Vergleich zur Finanzverwaltung besser geeignet, die Sozialversicherungsprüfung durchzuführen; das Mehrergebnis an Sozialversicherungsbeiträgen je Krankenversicherungsprüfer sei um das rund Dreifache höher als jenes der Finanzprüfer. Eine parlamentarische Anfragebeantwortung bestätige dieses Ergebnis. Offensichtlich sollten durch das PLABG diese qualitativ hochwertigen Strukturen "zerstört" werden. Die schlechtere Qualität der Beitragsprüfung habe aber nicht bloß geringere Einnahmen zur Folge, sondern wirke sich, wenn die Beitragsgrundlagen nicht richtiggestellt würden, auch negativ auf Geldleistungen aus der Kranken-, der Unfall- und vor allem der Pensionsversicherung aus. Daher sei von elementarer Bedeutung und daher sachlich sowohl für die Beitrags- als auch die Leistungsgerechtigkeit geboten, dass Beitragsprüfungen wie bisher in der Verantwortung des Krankenversicherungsträgers blieben.

2.11.2.2. Eine Grenze zulässiger Selbstverwaltung bestehe darin, dass der eigene Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt bleiben müsse, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet seien, von dieser Gemeinschaft besorgt zu werden. Daraus ergebe sich aber auch, dass bei den in Selbstverwaltung wahrzunehmenden Aufgaben in Organen des Selbstverwaltungskörpers, deren hoheitliche Tätigkeit Rechte und Pflichten der Mitglieder begründe und ändere, Außenstehende grundsätzlich nicht mitwirken bzw auch nicht beteiligt werden dürften. Dem stehe die verfassungsrechtlich gebotene Identität der Verwalter und Verwalteten entgegen, indem Erstere aus dem Kreis der Letzteren kommen müssten (Hinweis auf VfSlg 8644/1979, 11.506/1987, 13.012/1992, 17.023/2003). Die durch das PLABG eingerichtete "Behörde" stehe sowohl außerhalb der demokratischen Legitimation der Selbstverwaltung als auch außerhalb jeglichen Weisungszusammenhanges mit dieser. Andererseits sei nicht zweifelhaft, dass diese "Behörde" hoheitliche Maßnahmen setzen solle, die der neuen Österreichischen Gesundheitskasse zuzurechnen seien, solle doch das jeweilige Organ des Prüfdienstes bei der Sozialversicherungsprüfung als Organ der Österreichischen Gesundheitskasse tätig werden, dh als ein Organ der Gesundheitskasse, das weder demokratisch legitimiert sei, noch dem Weisungsrecht eines demokratisch legitimierten Organes der Selbstverwaltung unterliege. Die Schaffung eines solchen Organes sei verfassungswidrig (Hinweis auf VfSlg 17.023/2003).

2.11.2.3. Weiters bringen die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates vor, die Gesundheitskasse solle künftig auf Basis von Ermittlungsergebnissen einer dem Finanzministerium unterstehenden "Behörde" den verfahrensbeendenden Schritt durch Erlassung eines Bescheides setzen. Es wirke also an einer Entscheidung der Selbstverwaltung nicht nur ein außenstehendes Organ mit, sondern sogar eine Behörde aus einem anderen Vollzugsbereich (jenem des Bundesministers für Finanzen), und zwar in einer "das gesamte Ermittlungsverfahren betreffenden Weise". Am Widerspruch dieser Konstruktion zu Art 120c B-VG ändere auch der Umstand nichts, dass formal keine Bindung der Gesundheitskasse an die Ermittlungsergebnisse bestehe. Denn gleichzeitig werde der Gesundheitskasse mit § 15 PLABG das personelle Substrat entzogen (und dem Weisungsrecht des Bundesministers für Finanzen unterstellt), welches es ihr ermöglichen würde, eigene Ermittlungen anzustellen. Schon die Mitwirkung von Fremdorganen in geringer Intensität sei mit der Selbstverwaltung nicht vereinbar (Hinweis auf VfSlg 13.012/1992, 11.506/1987). Dies treffe auch für die Konstruktion zu, das gesamte Ermittlungsverfahren in Beitragsangelegenheiten an eine dem Bundesminister für Finanzen unterstellte "Behörde" auszulagern und nur die Bescheiderlassung selbst dem Krankenversicherungsträger zu übertragen. Dabei handle es sich um einen verfassungswidrigen Eingriff in den "existenziellen Kernbereich" der Selbstverwaltung. Denn Regelungen über die Einhebung der Beiträge und die Beitragsprüfung dürften nach den Art 120a ff. B-VG nicht so ausgestaltet werden, dass sie eine selbständige und eigenverantwortliche Besorgung der Selbstverwaltungsaufgaben entweder unmöglich machen oder gravierend beeinträchtigen würden. Das sei hier der Fall, wenn die gesamte Beitragsprüfung einem fremden Weisungsregime unterworfen sei, auf das der Sozialversicherungsträger keinen Einfluss habe, während ihm gleichzeitig das Personal für die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung entzogen werde.

2.11.2.4. Da dies nur in Bezug auf die Sozialversicherung der unselbständig Erwerbstätigen nach ASVG erfolge, während die "Beitragsautonomie" allen anderen Selbstverwaltungseinrichtungen der Sozialversicherung "systemkonform" in vollem Umfang erhalten bleibe, verletze diese Abweichung von einem "vom Gesetzgeber selbst gewählten Ordnungsgefüge" – mangels besonderer sachlicher Rechtfertigung hiefür – auch den Gleichheitssatz.

2.11.2.5. Schließlich monieren die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates, es liege auch eine angesichts von Art 11 Abs 2 B-VG verfassungswidrige Abweichung von einem "Prinzip der Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze [vor], die unter der zuständigen Behörde stets jene verstehen, die sowohl für das Ermittlungsverfahren als auch für die Entscheidung zuständig ist". Diese Abweichung sei nicht erforderlich im Sinn von "unerlässlich" (Art11 Abs 2 B-VG), was sich schon daran zeige, dass der Gesetzgeber nur bei der Selbstverwaltung der unselbständig Erwerbstätigen nach ASVG so vorgehe, während die übrigen Sozialversicherungsträger weiterhin uneingeschränkte Verfahrensautonomie bei der Beitragsprüfung und Einhebung genießen würden.

2.11.3. Das zu G158/2019 antragstellende Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht und der zu G177/2019 antragstellende Betriebsrat der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, die sich ausschließlich gegen die § 15 und 20 PLABG wenden, führen mit näherer Begründung aus, diese Bestimmungen würden gegen das Sachlichkeitsgebot, gegen die Privatautonomie (Recht auf Unversehrtheit des Eigentums) sowie gegen das Verbot der Zwangs- und Pflichtarbeit verstoßen.

2.11.4. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken wie folgt entgegen:

2.11.4.1. Die vom Bundesrat zitierten Rechnungshofberichte betreffend die Jahre 2012 bzw 2015 seien – im Gegensatz zu den daraus gezogenen Schlüssen – zutreffend. Infolge dieser Rechnungshofberichte seien zwischenzeitlich Maßnahmen gesetzt worden, etwa eine risikobasierte anstelle einer zufallsbasierten Fallauswahl ab 2015. Infolgedessen seien mittlerweile – wie aus einer Beilage zur Stellungnahme hervorgehe – die Mehrergebnisse der Finanzprüfer besser als jene der Sozialversicherungsprüfer; die Aussage, dass die Finanzprüfer "schlechter" prüfen würden, erwiesen sich daher als "gänzlich unrichtig".

2.11.4.2. Nach Auffassung der Bundesregierung zähle die Sozialversicherungsprüfung zum übertragenen Wirkungsbereich der Selbstverwaltung, weshalb die Übertragung auf den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge verfassungskonform sei. Sie sei auch sachlich gerechtfertigt und behindere die Aufgabenbesorgung des Selbstverwaltungskörpers nicht. Hingegen wäre eine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches den Sozialversicherungsträgern zu belassen und dürfe weder in den übertragenen Wirkungsbereich noch in die unmittelbare Staatsverwaltung übertragen werden. Aus einem Vergleich mit dem Gemeinderecht ergebe sich, dass die sonstige Selbstverwaltung weder ein verfassungsrechtlich verbrieftes Recht habe, ihren Haushalt selbständig zu führen, noch ein Recht, auf Grund freien Beschlusses Beiträge auszuschreiben und einzuheben. Über Art 120c B-VG hinaus fehle es an einer Zuständigkeitsbestimmung, mit der die Ausschreibung, Prüfung, Bemessung und Einhebung von Beiträgen durch eigene Organe des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers (ähnlich § 11 Abs 3 F-VG hinsichtlich der Einhebung von Gemeindeabgaben durch Gemeindeabgabenbehörden) angeordnet werde. Auch bestehe für die sonstige Selbstverwaltung keine Bestimmung ähnlich jener des Art 118 Abs 2 iVm Art 116 Abs 2 B-VG, wonach die selbständige Haushaltsführung und die Ausschreibung einschließlich Prüfung, Festsetzung und Einhebung von Beiträgen zum eigenen Wirkungsbereich der sonstigen Selbstverwaltung gehört. Infolge dieser Divergenz sei anzunehmen, dass die territoriale und die sonstige Selbstverwaltung auch differenziert ausgestaltet seien, was Analogien und ähnliche Schlüsse unzulässig mache. Bereits das Fehlen jeglicher verfassungsrechtlicher Grundlagen für die Beitragseinhebung im Rahmen der sonstigen Selbstverwaltung lasse nach Ansicht der Bundesregierung nur den Schluss zu, dass es sich bei der Beitragsprüfung um keine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches handle. Darüber hinaus handle es sich bei der Beitragsprüfung (und Beitragseinhebung) nie um eine zentrale Aufgabe eines Selbstverwaltungskörpers der sonstigen Selbstverwaltung, da es dabei lediglich um die Sicherung und Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers gehe. Daran hätten aber nicht nur Mitglieder, sondern in gleichem, wenn nicht sogar überwiegendem Ausmaß, der Staat selbst ein Interesse, der schließlich für eine aufgabenangemessene Finanzierung zu sorgen habe (Hinweis auf § 2 Abs 4 Bundeshaushaltsgesetz). Hinzuweisen sei auch darauf, dass der (einfache) Gesetzgeber mehrfach Bestimmungen der Prüfung, Festsetzung und Einhebung von Beiträgen "auslagere", etwa durch § 63 Abs 3 ASVG, durch die § 122 und 126 f. Wirtschaftskammergesetz 1998 (korrespondierend § 20 Abs 2 Z 4 Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz), bei der Einhebung von Beiträgen zu Tourismusverbänden (zB nach § 41 Salzburger Tourismusgesetz 2003) und bei der Einhebung von Jagdbeiträgen (zB § 124 Abs 3 Salzburger Jagdgesetz). Auch im § 90 Abs 1 letzter Satz Ärztegesetz 1998 sei die Betrauung von "verwaltungsexternen" Dritten vorgesehen. Zwar müsste die Finanzierung der einem Selbstverwaltungskörper zukommenden Aufgaben gewährleistet sein und dieser daher über eine eigene Gebarung verfügen; dazu sei aber nicht erforderlich, dass er auch die (gesetzlich vorgesehenen) Beiträge selbst bzw durch eigene Organe prüfe. Bei der Prüfung der Beitragsgrundlagen durch Bundesorgane werde nicht in die Selbstverwaltung eingegriffen. Dem Gesetzgeber obliege auch die Regelung über die Festsetzung und Einhebung von Beiträgen, wenn solche auf gesetzlicher Grundlage zu leisten seien. Die Übertragung der Beitragsprüfung führe daher nicht dazu, dass die Sozialversicherungsträger nicht mehr als Selbstverwaltungskörper iSd Art 120a B-VG zu qualifizieren seien.

2.11.4.3. Weiters führt die Bundesregierung ins Treffen, dass bei der Prüfung der Grundlagen für die Festsetzung der Beiträge und deren Einhebung ein Sachverhalt erhoben, Beweismittel vorläufig gewürdigt und ein Bericht verfasst werde. Es handle sich also bei der Prüftätigkeit um eine Vorbereitungshandlung für jene Organe, die diese Beiträge dann tatsächlich vorzuschreiben hätten. Daran ändere sich auch durch die angefochtene Zusammenlegung der Prüfdienste nichts, denn der gemeinsame Prüfdienst werde nur als Hilfsorgan der mit der Einhebung der betreffenden Abgaben oder Beiträge betrauten Stelle tätig (Hinweis auf § 6 PLABG). Dem jeweiligen Prüforgan komme im Prüfverfahren die Funktion eines Sachverständigen zu (Hinweis auf Erläut zur RV 328 BlgNR 26. GP, 1). Da weder dadurch noch auf sonstige Weise im PLABG auf die Festsetzung der Beiträge und auf die Tätigkeit der damit auch in Zukunft bei den Sozialversicherungsträgern tätigen Organe Einfluss genommen werde (Hinweis auf § 10 Abs 3 erster Satz PLABG), sei kein Grund erkennbar, diese Prüfungstätigkeit als Bestandteil der Festsetzung und Einhebung anzusehen. Die Österreichische Gesundheitskasse sei somit weiterhin jene Stelle, der die Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens zur Festsetzung oder Einhebung der Beiträge zukomme. Es sei daher nach Auffassung der Bundesregierung ohne Zweifel zulässig, dass die gesetzlich vorgesehene Einbindung bestimmter Sachverständiger bei Durchführung eines Verfahrens sachlich gerechtfertigt und nicht verfassungswidrig sei und dass von einer im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen etablierten einheitlichen sachverständigen Prüforganisation die Grundlagen für die Sozialversicherungsbeiträge geprüft werden könnten.

2.11.4.4. Es gebe – so die Bundesregierung – für "die" Selbstverwaltung an sich keine einheitlichen verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Beitragswesen. Darüber hinaus bestehe auch im Bereich der sonstigen Selbstverwaltung kein einheitliches (einfachgesetzliches) System für die Prüfung, Festsetzung und Einhebung von Beiträgen und Umlagen. Anders als die Antragsteller meinten, existiere somit kein einheitliches gesetzliches Ordnungsgefüge an das die Gesetzgebung gebunden sei. Im Übrigen könne der Gesetzgebung bei der Verwirklichung des Zieles der Implementierung einer effizienteren und serviceorientierteren Verwaltungsorganisation (Hinweis auf die Zielsetzung des PLABG in Erläut zur RV 328 BlgNR 26. GP, 1) nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Reform gegebenenfalls in mehreren Schritten umsetze und in einem ersten Schritt die Prüftätigkeit nur hinsichtlich bestimmter Selbstverwaltungskörper zentralisiere (um gegebenenfalls in Zukunft auf Grund der gewonnenen Erfahrungen weitere Optimierungs- und Zentralisierungsschritte zu setzen). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei der einfachen Gesetzgebung bei der Entscheidung, welche rechtspolitischen Ziele sie mit ihren Regelungen verfolge, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes unterliege nicht die Zweckmäßigkeit der Verfolgung bestimmter rechtspolitischer Ziele, sondern lediglich, ob diese Ziele vertretbar als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen seien. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum erfasse sowohl die Wahl der Ziele, die die Gesetzgebung aufgreife, als auch die Wahl der Mittel, die sie dabei vorsehe. Das gewählte Regime sei daher auch in dieser Hinsicht nicht verfassungswidrig.

2.11.4.5. Den Bedenken hinsichtlich Art 11 Abs 2 B-VG hält die Bundesregierung entgegen, dass die gemäß § 39 Abs 1 und 2 AVG bloß subsidiäre Anwendbarkeit der § 39 bis 55 AVG bedeute, dass der Verfahrensgesetzgeber im Bereich der Regelung des Ermittlungsverfahrens kein "Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet" habe, sodass der Maßstab des Art 11 Abs 2 B-VG in diesem Zusammenhang unbeachtlich sei (Hinweis auf VfSlg 16.285/2001). Die Ausgestaltung der behördlichen Ermittlungsverfahren obliege somit der zuständigen Materiengesetzgebung.

2.11.5. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates hegen ua das Bedenken, dass der durch das PLABG eingerichtete Prüfdienst sowohl außerhalb der demokratischen Legitimation der Selbstverwaltung als auch außerhalb jeglichen Weisungszusammenhanges mit dieser stehe. Der Prüfdienst setze aber hoheitliche Maßnahmen, die der Österreichischen Gesundheitskasse zuzurechnen seien. Es solle der Österreichischen Gesundheitskasse weiterhin obliegen, auf der Basis des Ermittlungsergebnisses dieses dem Bundesminister für Finanzen unterstehenden Organes über die Beitragserhebung im Bescheidweg zu entscheiden. Dass ein solches Organ an der im eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Gesundheitskasse gelegenen Aufgabe der Beitragserhebung mitwirke, halten die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates unter Verweis auf VfSlg 17.023/2003 für verfassungswidrig. Denn es werde die gesamte Beitragsprüfung einem fremden Weisungsregime unterworfen, auf das der Sozialversicherungsträger keinen Einfluss habe, während ihm gleichzeitig das Personal für die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung entzogen werde. Mit diesem Bedenken sind die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates im Recht:

2.11.5.1. § 41a ASVG idF des ZPFSG iVm dem PLABG zufolge obliegt die Prüfung der Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen (Sozialversicherungsprüfung) dem Finanzamt der Betriebsstätte. Dieses hat sich für die Durchführung der Prüfung des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge gemäß den näheren Vorschriften des PLABG zu bedienen.

Das PLABG richtet den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge als staatliche Organisationseinheit im Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Finanzen ein. Der Auftrag zu Sozialversicherungsprüfungen ist – ungeachtet des Anforderungsrechtes der Österreichischen Gesundheitskasse (§5 Abs 2 Z 2 und § 11 PLABG) – durchwegs durch das zuständige Finanzamt zu erteilen (§3 Z 1, § 10 Abs 2 und § 11 PLABG; Erläut zur RV 328 BlgNR 26. GP, 1 und 4). Der Österreichischen Gesundheitskasse sind keine (fachlichen) Weisungsbefugnisse gegenüber dem Prüfdienst in Belangen der Sozialversicherungsprüfung bzw allgemeiner Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen nach § 5 Abs 2 PLABG eingeräumt (vgl allgemein für dem Bund zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zugewiesene Bedienstete der Österreichischen Gesundheitskasse auch § 15 Abs 3 und 4 PLABG).

Aus § 6 Z 1 zweiter Spiegelstrich PLABG, wonach das Organ des Prüfdienstes für lohnabhängige Abgaben und Beiträge bei der Durchführung der Sozialversicherungsprüfung als "Organ der Österreichischen Gesundheitskasse" tätig wird, folgt im System des § 41a ASVG iVm den § 1 ff. PLABG keine Weisungs- oder sonstige Leitungsbefugnis der Österreichischen Gesundheitskasse. Es kann hier dahinstehen, welche Bedeutung dieser rechtlichen Zurechnung zukommt. Jedenfalls sind die durch den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge ermittelten Prüfergebnisse der Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen (§41a ASVG) eine wesentliche Grundlage für die (weiterhin) im eigenen Wirkungsbereich der Österreichischen Gesundheitskasse durch diese durchzuführende Erhebung der Beiträge (siehe § 58 ff. ASVG). Die Österreichische Gesundheitskasse ist für die ihr gesetzlich zustehenden Beiträge der Träger der Krankenversicherung, der gemäß § 58 Abs 6 ASVG "ausschließlich berufen [ist], die Beitragsforderung rechtlich geltend zu machen" (vgl Erläut zur RV 328 BlgNR 26. GP, 1).

Angesichts der Bedeutung der vom Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge durchgeführten Sozialversicherungsprüfung für das Ermittlungsverfahren zur (Durchsetzung der) Beitragserhebung ändert auch § 10 Abs 3 PLABG, demzufolge die Österreichische Gesundheitskasse an das Prüfergebnis der Sozialversicherungsprüfung nicht gebunden ist (aber deren Ablauf rechtlich nicht beeinflussen und faktisch in aller Regel eine solche Prüfung mangels qualifizierten Personals auch nicht selbst durchführen kann), nichts daran, dass die vom Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge durchzuführende Sozialversicherungsprüfung die maßgebliche Grundlage für die von der Österreichischen Gesundheitskasse durchzuführende Beitragsdurchsetzung darstellt.

2.11.5.2. Ein Regelungssystem, das dem in einem Verwaltungsverfahren im eigenen Wirkungsbereich entscheidenden Selbstverwaltungskörper praktisch jeden Einfluss auf Art und Umfang des Ermittlungsverfahrens nimmt, ist unsachlich und widerspricht im konkreten Zusammenhang Organisationsprinzipien der Selbstverwaltung, wie sie – in den Art 120a ff. B-VG rezipiert – in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Ausdruck kommen. So hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 17.023/2003 ausgeführt:

"Soweit in Selbstverwaltungskörpern Organe eingerichtet sind, denen wichtige Aufgaben zukommen, die jedoch den verfassungsrechtlichen Kriterien eines Selbstverwaltungsorganes nicht genügen, müssen solche Organe daher jedenfalls an die Weisungen von Organen der Selbstverwaltung, die ihrerseits über eine entsprechende demokratische Legitimation verfügen, gebunden sein." Der Verfassungsgerichtshof hat dabei auch darauf hingewiesen, dass dieses Verfassungsgebot "auch nicht dadurch umgangen werden [kann], dass ein solches Verwaltungsorgan bloß formal einem Selbstverwaltungskörper zugeordnet wird, ohne selbst jenen verfassungsrechtlichen Anforderungen zu entsprechen, die an Organe der Selbstverwaltung gestellt sind".

Indem die in diesem Zusammenhang angefochtenen Regelungen des ASVG bzw des PLABG den (ausschließlich) dem Bundesminister für Finanzen weisungsgebundenen Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge mit der Sozialversicherungsprüfung für die beitragserhebende Österreichische Gesundheitskasse betrauen, verstoßen sie gegen das den Gesetzgeber bei Eingriffen in die Autonomie des Selbstverwaltungsträgers bindende Sachlichkeitsgebot.

2.11.5.3. Daher sind § 41a Abs 1 ASVG und im PLABG in § 4 Z 2 die Wort- und Zeichenfolge "die Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl Nr 189/1955,"; die Wort- und Zeichenfolge "und gemäß § 42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 1; die Wort- und Zeichenfolge "§42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 2; die Wortfolge "der Österreichischen Gesundheitskasse" in § 5 Abs 2 Z 2; der zweite Spiegelstrich in § 6 Z 1; die Ziffern 3 und 4 in § 7 Abs 2 sowie § 7 Abs 4 zweiter Satz; § 8 Abs 2; die Wort- und Zeichenfolge ", die Österreichische Gesundheitskasse" in § 10 Abs 3; die Wortfolge "auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse eine Sozialversicherungsprüfung oder" in § 11; die Wort- und Zeichenfolge ", die Österreichische Gesundheitskasse hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung" in § 12 Abs 1; die Wortfolge "Österreichische Gesundheitskasse und die" in § 12 Abs 2; die Wort- und Zeichenfolge ", von der Österreichischen Gesundheitskasse alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung" in § 12 Abs 3; die § 15, 16, 17, 18, 19, 20 und 21 sowie die Wortfolge "und der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften" in § 22 PLABG als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof geht dabei davon aus, dass die den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherungsprüfung berufenden, der Aufhebung verfallenen Bestimmungen miteinander in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Dies gilt insbesondere für die in den § 15 ff. PLABG geregelte Zuweisung von Bediensteten der Österreichischen Gesundheitskasse zur Dienstleistung im Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge, kommt diese doch nur bei einer Sozialversicherungsprüfung des Prüfdienstes für die Österreichische Gesundheitskasse in Betracht.

2.11.5.4. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die weiteren Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates, des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht und des Betriebsrates der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse einzugehen.

2.12. Zu § 718 Abs 12 und 18 ASVG

2.12.1. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates hegen auch Bedenken gegen § 718 Abs 12 Z 2 und Abs 18 letzter Satz ASVG. Im Rahmen der Ersetzung des Hauptverbandes durch den Dachverband sei eine ex lege-Übertragung von Abteilungen des Hauptverbandes an die Österreichische Gesundheitskasse vorgesehen, die auch mit einer gesetzlich unbestimmten Personalzuweisung einhergehe. § 718 Abs 12 Z 2 ASVG ermächtige zur Zuweisung von Dienstnehmern (die zuvor vom Dachverband auf die Österreichische Gesundheitskasse übertragen worden seien), ohne dass die betroffenen Dienstnehmer darauf Einfluss nehmen könnten. Auch § 718 Abs 18 letzter Satz ASVG disponiere über die Rechte der Dienstnehmer, indem die Konferenz des Dachverbandes durch Beschluss Personalkörper oder Mitarbeiter an Sozialversicherungsträger übertragen könne. Diese Regelungen stünden in Widerspruch zu Grundsätzen des Arbeitsrechtes. Dazu komme, dass der betroffene Personenkreis unbestimmt sei, sodass das Verhalten des Arbeitgebers nicht vorhersehbar sei (so sei der Begriff "Personalkörper" unklar). Auch die jeweils verwendeten Begriffe "Übertragung", "Zuweisung" und "Übergang" seien mangels Definition so unbestimmt, dass die rechtlichen Konsequenzen unklar seien. Auch sei unbestimmt, an welche Arbeitsplätze oder Arbeitgeber übertragen werden könne. Die Regelungen seien nahezu unverständlich und nicht kohärent, weshalb sie gegen das Sachlichkeitsgebot und das Legalitätsprinzip verstoßen würden. Hier würden die verba legalia "geradezu Willkür" erlauben. Von Ermessen könne keine Rede sein, sondern es handle sich um schlicht unbestimmte Gesetzesbegriffe, die Art 18 B-VG widersprächen. Nach den Materialien fänden die Regelungen des Betriebsübergangsrechtes (§§3 ff. AVRAG) keine Anwendung.

2.12.2. Die Bundesregierung hält dem zunächst entgegen, dass die Regelung des Überganges von Dienstverhältnissen auf Grund der neuen Aufgabenverteilung zwischen dem Dachverband und den in ihm zusammengefassten Versicherungsträgern erforderlich sei. Bei dieser Neuverteilung blieben die Rechte aus den Arbeitsverhältnissen gemäß § 718 Abs 12 Z 3 ASVG unverändert gewahrt. Kündigungen auf Grund der Organisationsänderungen wären unzulässig. Das SV-OG führe die neun Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse zusammen und verringere die Anzahl der Sozialversicherungsträger auf fünf. Der Hauptverband führe als "Dachverband" die Koordinationstätigkeit für die nur mehr fünf Sozialversicherungsträger weiter. Zum Teil könnten Agenden des Hauptverbandes auf die in der Österreichischen Gesundheitskasse zusammengeführten Versicherungsträger übergehen. Dadurch werde es notwendig, dass die Bediensteten des Hauptverbandes, die diese Agenden wahrnehmen, zur Österreichischen Gesundheitskasse wechseln würden. Da die derzeit beim Hauptverband bestehenden funktionellen Organisationseinheiten als solche weiterbestehen sollten, sei im SV-OG der Wechsel der genannten Bediensteten des Hauptverbandes zur Gesundheitskasse in der Organisationsform ganzer Abteilungen vorzusehen gewesen. Das AVRAG sei nicht anwendbar, weil der Hauptverband hoheitlich als Verwaltungsbehörde tätig sei und daher die Übertragung der ihm zugeordneten Verwaltungsaufgaben auf eine neue Verwaltungseinrichtung kein Fall des Betriebsüberganges nach dem AVRAG sei (Hinweise auf ; 9 Ob A153/98k). Im Übrigen sehe § 718 Abs 12 bis 18 ASVG einen zweistufigen Übergang der Dienstverhältnisse vor: Zunächst gingen die Dienstverhältnisse auf Grund gesetzlicher Anordnung entweder auf den Dachverband (§718 Abs 18 leg. cit.) oder auf die Österreichische Gesundheitskasse (§718 Abs 12 Z 1 leg. cit.) über. Dann ermögliche es § 718 Abs 12 Z 2 ASVG, dass die einzelnen Bediensteten konkret ihrem jeweiligen Arbeitsplatz durch "Dienstgebererklärung" zugewiesen würden. Auch bei diesen Dienstzuweisungen blieben die aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller sei § 718 Abs 12 Z 2 ASVG keine Rechtsgrundlage für eine Dienstzuweisung vom Dachverband zur Gesundheitskasse und umgekehrt, sondern nur die Grundlage für eine Dienstzuweisung innerhalb der Organisation (Dachverband oder Gesundheitskasse), auf die ein Dienstverhältnis auf Grund der Vorschriften des § 718 Abs 12 und 18 ASVG bereits übergegangen sei. Die "Dienstgebererklärung" des § 718 Abs 12 Z 2 ASVG ermögliche es dem Dienstgeber im einmal übergegangenen Dienstverhältnis nur, den einzelnen Bediensteten den jeweiligen Aufgabenbereich entsprechend der neuen Aufgabenverteilung konkret zuzuweisen.

2.12.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Bundesrates sind aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

2.12.3.1. Infolge der mit dem SV-OG angeordneten Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen und der damit verbundenen Reorganisation (auch der Aufgaben) des Dachverbandes verfügt § 718 Abs 18 erster Satz ASVG idF des SV-OG, dass (nur) die dort (taxativ) aufgelisteten Abteilungen des (bisherigen) Hauptverbandes im Dachverband verbleiben. Daran anknüpfend sieht § 718 Abs 12 Z 1 leg. cit. vor, dass "die Dienstverhältnisse von Bediensteten", die in anderen Abteilungen beschäftigt sind, "im Rahmen ihrer Abteilung auf die Österreichische Gesundheitskasse über[gehen]" (davon sind lediglich die Dienstverhältnisse der Mitglieder des Verbandsmanagements [§441g ASVG idF vor dem SV-OG] ausgenommen). Die Abteilungsgliederung und die Zuordnung von Dienstposten zu Abteilungen basiert gemäß § 718 Abs 18 leg. cit. "auf dem Anhang zur Geschäftsordnung und dem Dienstpostenplan in der am geltenden Fassung". Der Verfassungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, inwiefern die jeweils erfassten Personenkreise nicht in einer den Anforderungen des Art 18 Abs 1 B-VG entsprechenden Weise hinreichend bestimmt sind.

2.12.3.2. An diese Personalaufteilung (des Personals des bisherigen Hauptverbandes) knüpft die Ermächtigung des § 718 Abs 12 Z 2 ASVG idF des SV-OG an: Durch Erklärung des Dienstgebers können Bedienstete entsprechend ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit bzw einem Arbeitsplatz des Dachverbandes oder des Versicherungsträgers zur dauernden Dienstleistung zugewiesen werden. Diese Bestimmung enthält zwei Ermächtigungen, nämlich einerseits an den Dachverband, ihm verbleibende Bedienstete (entsprechend ihrem bisherigen Aufgabenbereich) im Rahmen des Dachverbandes einer Organisationseinheit oder einem Arbeitsplatz zuzuweisen, und andererseits an den Versicherungsträger, also grundsätzlich die Österreichische Gesundheitskasse, die auf sie übergegangenen Bediensteten des bisherigen Hauptverbandes (entsprechend ihrem bisherigen Aufgabenbereich) im Rahmen des Versicherungsträgers einer Organisationseinheit oder einem Arbeitsplatz zuzuweisen. Eine Ermächtigung an den Versicherungsträger zur "Rückübertragung", also zur neuerlichen Zuweisung von Bediensteten von der Österreichischen Gesundheitskasse an den Dachverband, ist damit nicht verbunden, weshalb daran anknüpfende Bedenken von vornherein ins Leere gehen.

2.12.3.3. Dazu kommt die Ermächtigung des § 718 Abs 18 letzter Satz ASVG idF des SV-OG: "Unabhängig davon", also ungeachtet des Umstandes, dass die im ersten Satz dieser Bestimmung genannten Abteilungen (samt Bediensteten) grundsätzlich im Dachverband verbleiben, kann die Konferenz des Dachverbandes "weitere Personalkörper oder Mitarbeiter" durch Beschluss "an Sozialversicherungsträger übertragen". Diese Ermächtigung bezieht sich demnach nur auf jene Personalkörper oder Bedienstete, die nach der Grundregel des ersten Satzes dieser Bestimmung prinzipiell beim Dachverband verbleiben sollen, und zwar sowohl auf einzelne Mitarbeiter als auch auf "Personalkörper", also auf zu innerorganisatorischen Einheiten zusammengefasste Personalgesamtheiten. Für den Fall einer solchen Übertragung greift die Ermächtigung des (empfangenden) Versicherungsträgers nach § 718 Abs 12 Z 2 ASVG idF des SV-OG, die übertragenen Bediensteten durch Dienstgebererklärung entsprechend ihrem bisherigen Aufgabenbereich einer Organisationseinheit oder einem Arbeitsplatz (lediglich) des (empfangenden) Versicherungsträgers zuzuweisen.

2.12.3.4. Die antragstellenden Mitglieder des Bundesrates vermögen mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass die mit der Zusammenführung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse verbundene Veränderung des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger durch Verlagerung von Abteilungen samt Bediensteten zur Österreichischen Gesundheitskasse nicht im öffentlichen Interesse liegt. § 718 Abs 12 und Abs 18 ASVG regelt den damit verbundenen ex lege-Übergang, also Dienstgeberwechsel vom Dachverband zur Gesundheitskasse (§718 Abs 12 Z 1 leg. cit.), die Zulässigkeit weiterer Übertragungen, also im Einzelfall zu verfügender Dienstgeberänderungen (§718 Abs 18 letzter Satz leg. cit.), und die Ermächtigung zur körperschaftsinternen Zuweisung per Dienstgebererklärung im Einzelfall (Abs12 Z 2 leg. cit.) in einer der Auslegung zugänglichen, hinreichend klaren Weise. Da den betroffenen Bediensteten die ihnen aus dem bisherigen Dienstverhältnis und der auf sie anzuwendenden Dienstordnung zustehenden Rechte unverändert gewahrt bleiben (ausdrücklich § 718 Abs 12 Z 3 ASVG), vermag der Verfassungsgerichtshof den antragstellenden Mitgliedern des Bundesrates nicht zu folgen, wenn diese in den genannten Übertragungen bzw Zuweisungen vom Dachverband zur Österreichischen Gesundheitskasse Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz, gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums oder gegen das Verbot der Zwangs- und Pflichtarbeit sehen. Der Antrag auf Aufhebung von § 718 Abs 12 Z 2 und Abs 18 letzter Satz ASVG ist daher als unbegründet abzuweisen.

V. Ergebnis

1. § 30a Abs 2 zweiter und dritter Satz, § 30b Abs 3 zweiter und dritter Satz und § 30c Abs 3 zweiter und dritter Satz; § 41a Abs 1; in § 420 Abs 6 Z 5 die Wortfolge "samt erfolgreich absolviertem Eignungstest" sowie § 420 Abs 7 und Abs 8; in § 449 Abs 2 die Wortfolge "sowie Beschlüsse, deren finanzielle Auswirkungen ein Ausmaß von 10 Millionen Euro innerhalb eines Kalenderjahres oder innerhalb von fünf Kalenderjahren übersteigen"; § 449 Abs 4 vorletzter und letzter Satz; § 456a Abs 2 zweiter Satz; die Wortfolge "entsprechend den Weisungen nach § 444 Abs 5" in § 441f Abs 1 sowie § 444 Abs 5 Z 3 und Abs 5 letzter Satz und § 538v Abs 1 vierter Satz und fünfter Satz, Abs 3 vierter Satz Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl 189/1955 idF BGBl I 100/2018 (§41a Abs 1 idF BGBl I 98/2018), sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Wort- und Zeichenfolge "die Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955," in § 4 Z 2; die Wort- und Zeichenfolge "und gemäß § 42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 1; die Wort- und Zeichenfolge "§42 und § 43 ASVG" in § 5 Abs 2; die Wortfolge "der Österreichischen Gesundheitskasse" in § 5 Abs 2 Z 2; der zweite Spiegelstrich in § 6 Z 1; die Ziffern 3 und 4 in § 7 Abs 2 sowie § 7 Abs 4 zweiter Satz; § 8 Abs 2; die Wort- und Zeichenfolge ", die Österreichische Gesundheitskasse" in § 10 Abs 3; die Wortfolge "auf Anforderung der Österreichischen Gesundheitskasse eine Sozialversicherungsprüfung oder" in § 11; die Wort- und Zeichenfolge ", die Österreichische Gesundheitskasse hinsichtlich der Sozialversicherungsprüfung" in § 12 Abs 1; die Wortfolge "Österreichische Gesundheitskasse und die" in § 12 Abs 2; die Wort- und Zeichenfolge ", von der Österreichischen Gesundheitskasse alle für das Versicherungsverhältnis und die Beitragsentrichtung" in § 12 Abs 3; die § 15, 16, 17, 18, 19, 20 und 21 sowie die Wortfolge "und der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften" in § 22 des Bundesgesetzes über die Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge, BGBl I 98/2018, sind daher als verfassungswidrig aufzuheben.

3. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG und wurde wegen laufender Sozialversicherungsprüfungen vorgenommen.

4. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG

5. Die Verpflichtung der Bundeskanzlerin zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

6. Der zu G193/2019 protokollierte Antrag wird im Übrigen abgewiesen.

7. Der zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierte Antrag, § 23, § 26 Abs 1, § 84a Abs 3, § 418 Abs 3, § 421 Abs 2 letzter Satz, § 426, § 427 Z 1, § 428 Z 1, § 429 Z 1, § 430, § 432 Abs 1 dritter Satz, § 434 Abs 2, § 448 Abs 4 zweiter Satz, § 441a, § 441b, § 441c Abs 2, § 448 Abs 4, § 441f Abs 2 bis 5, § 456a Abs 3 und 4, § 538t, § 538u, § 538v Abs 1 zweiter Satz und Abs 4, § 538w, § 538z Abs 8, § 718 Abs 7a, 8a, 11, 12, 16 und 18 letzter Satz ASVGidF BGBl I 100/2018 als verfassungswidrig aufzuheben, wird abgewiesen.

8. Der zu G78, 79, 80 und 81/2019 protokollierte Antrag wird im Übrigen als unzulässig zurückgewiesen.

9. Den antragstellenden Mitgliedern des Bundesrates sind Kosten nicht zuzusprechen, weil in Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen ein Kostenersatz nur in dem – hier nicht gegebenen – Fall des § 65a VfGG in Betracht kommt.

10. Der beteiligten Partei zu G158/2019 sowie der antragstellenden Partei zu G177/2019 sind Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes oder der Partei einer von einem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens Sache des zuständigen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010, 20.102/2016).

11. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Antrages zu G193/2019 gründet sich auf § 65a VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 654,– sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von € 240,– enthalten.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2019:G78.2019
Schlagworte:
Sozialversicherung, Behördenorganisation, Selbstverwaltungsrecht, Krankenversicherung, Weisung, Verwaltung weisungsfreie, Aufsichtsrecht, Determinierungsgebot, Rechtspolitik, Dienstzuteilung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Parteiantrag, VfGH / Individualantrag, VfGH / Fristsetzung

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