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VfGH vom 01.07.1993, g75/93

VfGH vom 01.07.1993, g75/93

Sammlungsnummer

13500

Leitsatz

Aufhebung der die Direktwahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde regelnden Bestimmungen der Tir GdWO 1991 wegen Verletzung des parlamentarisch-demokratischen Systems der Gemeindeselbstverwaltung; keine bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung zur Einführung einer direkt-demokratischen Bestellung von Verwaltungsorganen

Spruch

Folgende Bestimmungen des Gesetzes vom , mit dem die Wahl der Organe der Gemeinde geregelt wird (Tiroler Gemeindewahlordnung 1991), LGBl. für Tirol Nr. 79/1991, werden als verfassungswidrig aufgehoben:


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-
Abs3 und 4 des § 1,
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die Wortfolge "und des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 3,
-
Abs3 des § 3,
-
die Wortfolge "und zur Wahl des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 7,
-
die Wortfolge "und zum Bürgermeister" in § 9,
-
die Wortfolge "und des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 10,
-
Abs2 des § 10,
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die beiden Wortfolgen "und des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 11,
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die Wortfolge "und/oder des Bürgermeisters"
in Abs 1 des § 22,
-
die Wortfolge "und des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 33,
-
die Wortfolge "und für die Wahl des Bürgermeisters je" in Abs 2 des § 33,
-
Abs2 und 3 des § 39,
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die §§40 und 41 samt ihren Überschriften,
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die Wortfolge "und für die Wahl des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 42,
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die beiden Wortfolgen "bzw. für die Wahl des Bürgermeisters" in Abs 3 des § 42,
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die Wortfolge "und für die Wahl des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 43,
-
Abs3 des § 43,
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Abs2 des § 44,
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Abs6 des § 45,
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die Wortfolge "und des Bürgermeisters nach § 41 Abs 3" in Abs 9 des § 45,
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die Wortfolgen "und für die Wahl des Bürgermeisters" sowie "zwei getrennte" in Abs 1 des § 49,
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Abs3 des § 49 einschließlich der Anlage 2,
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die Wortfolge "und für die Wahl des Bürgermeisters" im ersten Satz und des letzten Satzes in Abs 4 des § 49,
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das Wort "je" und die Wortfolge "und für die Wahl des Bürgermeisters" im ersten Satz und des zweiten Satzes in Abs 2 des § 52,
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§57 samt dessen Überschrift,
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die Wortfolge "getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters" in Abs 2 des § 60,
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die beiden Wortfolgen "getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters" im Einleitungssatz des Abs 1 und der Wortfolgen "hinsichtlich der Wahl des Gemeinderates"
und ", hinsichtlich der Wahl des Bürgermeisters die auf die einzelnen Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters entfallenen gültigen Stimmen" in litd des Abs 1 des § 61,
-
§63 samt dessen Überschrift,
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der zweite Satz und die Wortfolge "hinsichtlich der Wahl des Gemeinderates und der Wahl des Bürgermeisters" in § 64,
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die Wortfolge ", bezüglich der lite und h getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters," in Abs 2 des § 65,
-
die Wortfolge ", bezüglich der litd bis f getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters," im Einleitungssatz des Abs 3 und die Wortfolge "und jene für die Wahl des Bürgermeisters nach Wahlwerbern" in lite des Abs 3 des § 65,
-
der letzte Satz in Abs 2 des § 69,
-
die §§70 und 71 samt ihren Überschriften
und der Anlage 3,
-
die Wortfolge "und der Wahl des Bürgermeisters" in Abs 1 des § 72,
-
Abs3 des § 72 und
-
die Wortfolge "und jede Wählergruppe, deren Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters kundgemacht wurde, gegen die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses für die Wahl des Bürgermeisters" in Abs 6 des § 72.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist auf Grund einer Anfechtung einer der wahlwerbenden Parteien bei der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl in der Tiroler Gemeinde Unterperfuß vom u.a. ein Verfahren zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bürgermeisterwahl in dieser Gemeinde anhängig. Bei der Behandlung dieser Wahlanfechtung entstanden beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der die Wahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde regelnden Bestimmungen der Tiroler Gemeindewahlordnung 1991, LGBl. 79 (im folgenden: TGWO). Der Verfassungsgerichtshof nahm vorläufig an, daß er diese Bestimmungen sowohl bei Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit der Wahlanfechtung als auch - im Falle ihrer Zulässigkeit - bei ihrer meritorischen Behandlung anzuwenden haben würde.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher beschlossen, die im Spruch näher bezeichneten und in der folgenden Wiedergabe hervorgehobenen Bestimmungen der TGWO von Amts wegen auf ihre Übereinstimmung mit der Bundesverfassung zu überprüfen.

2. Die TGWO regelt für alle Gemeinden Tirols mit Ausnahme der Landeshauptstadt Innsbruck die Wahl des Gemeinderates, des Bürgermeisters, des Gemeindevorstandes und der Ausschüsse. Sie lautet in den für die direkte Bürgermeisterwahl durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde maßgeblichen Bestimmungen, soweit sie für das vorliegende Wahlprüfungsverfahren relevant sind, folgendermaßen:

"1. A b s c h n i t t Allgemeines

§1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für alle Gemeinden Tirols mit Ausnahme der Landeshauptstadt Innsbruck. Es regelt die Wahl des Gemeinderates, des Bürgermeisters, des Gemeindevorstandes und der Ausschüsse.

(2) Die Mitglieder des Gemeinderates werden von der Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes gewählt. Die Anzahl der Mitglieder des Gemeinderates ergibt sich aus § 18 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. Nr. 4, in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Der Bürgermeister wird außer in den Fällen der §§45 Abs 8, 70 Abs 4, 71 Abs 5 und 73 Abs 4 von der Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Mehrheitswahlrechtes gewählt.

(4) Die Wahl des Gemeinderates und die Wahl des Bürgermeisters sind gleichzeitig durchzuführen, soweit sich aus den §§45 Abs 8, 70 Abs 4, 71 Abs 5 und 73 Abs 4 nichts anderes ergibt.

(5) Die Mitglieder des Gemeinderates, des Gemeindevorstandes und der Ausschüsse und der Bürgermeister bleiben im Amt, bis die neu gewählten Organe ihr Amt übernommen haben. Dies gilt auch für den Fall der Aufhebung einer Wahl mit Wirkung vor der Vergabe der Mandate oder vor der Stimmabgabe.

§2 Wahlsprengel

...

§3 Wahlausschreibung

(1) Die allgemeinen Wahlen des Gemeinderates und des Bürgermeisters sind von der Landesregierung durch Kundmachung im Landesgesetzblatt für alle Gemeinden einheitlich auf einen Sonntag oder einen anderen öffentlichen Ruhetag (Wahltag) auszuschreiben.

...

(2) ...

(3) In der Wahlausschreibung ist ferner der Tag der engeren Wahl des Bürgermeisters nach § 71 zu bestimmen. Dieser Tag darf nicht mehr als drei Wochen nach dem Wahltag liegen und muß ebenfalls ein Sonntag oder ein anderer öffentlicher Ruhetag sein.

(4) ...

§4 Verlängerung der Funktionsdauer

Hat in einer Gemeinde innerhalb von sechs Monaten vor dem Wahltag nach § 3 Abs 1 die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters stattgefunden, so entfallen in dieser Gemeinde die allgemeinen Wahlen des Gemeinderates und des Bürgermeisters und verlängert sich die Funktionsdauer der nach diesem Gesetz gewählten bzw. bestellten Organe bis zum Ende der folgenden Funktionsdauer.

...

§7 Aktives Wahlrecht

(1) Zur Wahl des Gemeinderates und zur Wahl des Bürgermeisters wahlberechtigt ist jeder österreichische Staatsbürger, der vor dem 1. Jänner des Jahres, in dem die Wahl stattfindet, das 18. Lebensjahr vollendet hat, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen ist und in der Gemeinde einen ordentlichen Wohnsitz hat, es sei denn, daß er sich noch nicht ein Jahr in der Gemeinde aufhält und sein Aufenthalt offensichtlich nur vorübergehend ist.

(2) Die Voraussetzungen nach Abs 1 müssen, abgesehen vom Wahlalter, am Stichtag vorliegen.

§8 Passives Wahlrecht

(1) In den Gemeinderat wählbar sind alle nach § 7 wahlberechtigten Personen, die vor dem 1. Jänner des Jahres, in dem die Wahl stattfindet, das 20. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Zum Bürgermeister wählbar sind alle nach Abs 1 wählbaren Personen, die nicht innerhalb der letzten sechs Jahre vor dem Wahltag ihres Amtes als Mitglied des Gemeindevorstandes verlustig erklärt wurden.

§9 Wahlausschließungsgründe

Vom Wahlrecht zum Gemeinderat und zum Bürgermeister ist ausgeschlossen, wer vom Wahlrecht zum Landtag ausgeschlossen ist.

§10 Wahlpflicht

(1) Für die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters besteht Wahlpflicht. Die in den Wählerverzeichnissen eingetragenen Personen sind verpflichtet, am Wahltag innerhalb der Wahlzeit vor der zuständigen Wahlbehörde ihre Stimme abzugeben.

(2) Wahlpflicht besteht auch für die engere Wahl des Bürgermeisters nach § 71.

(3) Die Verpflichtung nach Abs 1 und 2 besteht nicht bei Vorliegen eines gerechtfertigten Entschuldigungsgrundes wie Krankheit, Gebrechlichkeit und dergleichen.

2. A b s c h n i t t Wahlbehörden

§11 Allgemeines

(1) Zur Leitung und Durchführung der Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters sind örtliche und überörtliche Wahlbehörden zu bilden. Die örtlichen Wahlbehörden bleiben bis zum Abschluß des Wahlverfahrens, die Bezirkswahlbehörden bis zu den nächsten allgemeinen Wahlen des Gemeinderates und des Bürgermeisters im Amt.

(2) Den Wahlbehörden obliegen:

...

(5) Örtliche Wahlbehörden sind:


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a)
die Gemeindewahlbehörden,
b)
die Sprengelwahlbehörden und
c)
die Sonderwahlbehörden.

(6) Überörtliche Wahlbehörden sind:


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a)
die Landesregierung (§80),
b)
die Bezirkshauptmannschaften (§80) und
c)
die Bezirkswahlbehörden.


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(folgen nähere Regelungen über die Wahlbehörden)


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...

§22 Entsendung von Vertrauenspersonen

(1) Eine Wählergruppe, die in einer Gemeinde für die Wahl des Gemeinderates und/oder des Bürgermeisters einen Wahlvorschlag eingebracht hat, kann in dieser Gemeinde mit der Einbringung des Wahlvorschlages in jede örtliche Wahlbehörde, für die sie keinen Anspruch auf Namhaftmachung eines Beisitzers hat, je eine Vertrauensperson und für den Fall deren Verhinderung einen Stellvertreter entsenden. ...

§23 Beschlußfähigkeit

...

3. A b s c h n i t t Erfassung der Wahlberechtigten

...

§33 Teilnahme an der Wahl, Ort der

Ausübung des Wahlrechtes

(1) An der Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters dürfen nur Wahlberechtigte teilnehmen, deren Namen in den abgeschlossenen Wählerverzeichnissen enthalten sind.

(2) Jeder Wahlberechtigte hat für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters je eine Stimme.

(3) Jeder Wahlberechtigte hat sein Wahlrecht grundsätzlich im Wahllokal jenes Wahlsprengels auszuüben, in dessen Wählerverzeichnis er eingetragen ist, soweit im § 53 Abs 2 und § 54 nichts anderes bestimmt ist.

§34 Antrag auf Ausübung des Wahlrechtes

vor Sonderwahlbehörden

...

4. A b s c h n i t t Wahlwerbung

...

§39 Ersatzvorschläge, Ergänzungsvorschläge,

Änderungen

(1) Zieht ein Wahlwerber nach § 38 Abs 2 seine Zustimmungserklärung zurück, stirbt er oder verliert er seine Wählbarkeit, so kann die Wählergruppe ihre Wahlwerberliste durch die Nennung eines anderen Wahlwerbers ergänzen; der neue Wahlwerber ist in der Wahlwerberliste an der Stelle des ausgeschiedenen Wahlwerbers oder im Anschluß an den letzten Wahlwerber zu reihen. Die Ergänzungsvorschläge, die der Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten und der Zustimmungserklärung des neuen Wahlwerbers bedürfen, sind bis spätestens am zehnten Tag vor dem Wahltag, 17.00 Uhr, bei der Gemeindewahlbehörde einzubringen.

(2) Tritt eines der im § 41 Abs 2 erster Halbsatz genannten Ereignisse ein, so kann die Wählergruppe des betreffenden Wahlwerbers die Wahlwerberliste ihres Wahlvorschlages für die Wahl des Gemeinderates durch Reihung eines Wahlwerbers der Wahlwerberliste an die erste Stelle ändern. Die Reihung der übrigen Wahlwerber der Wahlwerberliste ist dieser Änderung anzupassen. Die Änderung ist jedoch nur zulässig, wenn der nunmehr an die erste Stelle gereihte Wahlwerber tatsächlich von der Wählergruppe nach § 41 Abs 2 als Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagen wird und die Änderung spätestens zugleich mit der rechtzeitigen Einbringung des Vorschlages nach § 41 Abs 2 erfolgt. Die Änderung bedarf der Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten.

(3) Stirbt ein Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters nach dem Ablauf des elften Tages vor dem Wahltag, so ist Abs 2 sinngemäß anzuwenden.

§40 Wahlvorschläge für die Wahl

des Bürgermeisters

(1) Die Gemeindewahlbehörde hat spätestens am 42. Tag vor dem Wahltag die Voraussetzungen für die Einbringung von Wahlvorschlägen für die Wahl des Bürgermeisters nach den Abs 2 bis 6 durch öffentlichen Anschlag kundzumachen.

(2) Einen Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters darf nur eine Wählergruppe einbringen, die auch einen Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates einbringt. Dabei gelten Wählergruppen miteinander gekoppelter Wahlvorschläge nicht als eine Wählergruppe. Eine Wählergruppe darf nur den in der Wahlwerberliste ihres Wahlvorschlages für die Wahl des Gemeinderates an der ersten Stelle gereihten Wahlwerber als Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorschlagen. Der Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters muß gleichzeitig mit dem Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht werden.

(3) Der Wahlvorschlag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der Wählergruppe,

b) den Familien- und Vornamen, das Geburtsdatum, den Beruf und die Adresse des Wahlwerbers.

(4) Der Wahlvorschlag muß von mehr als der Hälfte der Wahlwerber aus der Wahlwerberliste des von der Wählergruppe nach lita für die Wahl des Gemeinderates nach § 35 eingebrachten Wahlvorschlages unterfertigt sein.

(5) Der Wahlwerber, der für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagen wird, muß hiezu schriftlich seine Zustimmung erklärt haben. Die Zustimmungserklärung ist dem Wahlvorschlag anzuschließen. Sie gilt zugleich als Unterfertigung nach Abs 4.

(6) Der Zustellungsbevollmächtigte einer Wählergruppe für die Wahl des Gemeinderates ist auch Zustellungsbevollmächtigter für den von dieser Wählergruppe eingebrachten Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters.

(7) Ändert sich nach § 36 die Bezeichnung einer Wählergruppe für die Wahl des Gemeinderates, so ändert sich auch die Bezeichnung nach Abs 3 lita entsprechend.

§41 Zurückziehung der Zustimmungserklärung,

Tod oder Verlust der Wählbarkeit eines Wahlwerbers für die

Wahl des Bürgermeisters; Zurückziehung eines Wahlvorschlages

für die Wahl des Bürgermeisters

(1) Der von einer Wählergruppe für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagene Wahlwerber kann bis spätestens am zwölften Tag vor dem Wahltag, 17.00 Uhr, seine Zustimmungserklärung nach § 40 Abs 5 zurückziehen. Die Zurückziehung der Zustimmungserklärung ist der Gemeindewahlbehörde schriftlich zu erklären. Die Gemeindewahlbehörde hat den Zustellungsbevollmächtigten der Wählergruppe, die den Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagen hat, unverzüglich von der Zurückziehung zu verständigen. Die Zustimmungserklärung nach § 40 Abs 5 gilt als zurückgezogen, wenn der Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters nach § 38 Abs 2 seine Zustimmungserklärung nach § 35 Abs 5 zurückzieht.

(2) Zieht der von einer Wählergruppe für die Wahl des Bürgermeisters vorgeschlagene Wahlwerber nach Abs 1 erster Satz seine Zustimmungserklärung nach § 40 Abs 5 zurück oder gilt sie nach Abs 1 vierter Satz als zurückgezogen oder stirbt er oder verliert er seine Wählbarkeit vor dem zehnten Tag vor dem Wahltag, so kann diese Wählergruppe bis spätestens am zehnten Tag vor dem Wahltag, 17.00 Uhr, den nach § 39 Abs 1 oder 2 an die erste Stelle gereihten Wahlwerber als Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorschlagen. Der Vorschlag hat die Angaben des Wahlwerbers nach § 40 Abs 3 litb zu enthalten. § 40 Abs 4 und 5 ist auf einen solchen Vorschlag anzuwenden.

(3) Stirbt ein Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters nach dem Ablauf des elften Tages vor dem Wahltag, so findet die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters nicht an diesem Tag statt. Der Zustellungsbevollmächtigte der Wählergruppe, die den verstorbenen Wahlwerber vorgeschlagen hat, hat der Gemeindewahlbehörde den Tod des Wahlwerbers unverzüglich mitzuteilen. Die Gemeindewahlbehörde hat den Wahltag für die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters und den Tag der engeren Wahl des Bürgermeisters neu festzusetzen. Beide Tage dürfen nicht mehr als drei Wochen nach den in der Wahlausschreibung nach § 3 für die allgemeinen Wahlen des Gemeinderates und des Bürgermeisters bzw. für die engere Wahl des Bürgermeisters festgesetzten Tagen liegen. Die Gemeindewahlbehörde hat unverzüglich die Verschiebung der Wahl unter Angabe des neuen Wahltages für die Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters und des neuen Tages der engeren Wahl des Bürgermeisters durch öffentlichen Anschlag kundzumachen. Die Wählergruppe, die den verstorbenen Wahlwerber vorgeschlagen hat, kann bis spätestens am zehnten Tag vor dem neuen Wahltag, 17.00 Uhr, den nach § 39 Abs 1 oder 3 an die erste Stelle gereihten Wahlwerber als Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorschlagen; Abs 2 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Im Falle der Verschiebung der Wahl richten sich die Fristen nach § 22 Abs 2,§ 34 Abs 2 und 5 und § 46 Abs 3 nach dem neuen Wahltag.

(4) Eine Wählergruppe kann bis spätestens am 16. Tag vor dem Wahltag, 17.00 Uhr, ihren Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters zurückziehen. Die Zurückziehung des Wahlvorschlages ist der Gemeindewahlbehörde schriftlich zu erklären und muß von der Mehrheit der Personen, die ihn nach § 40 Abs 4 unterfertigt haben, unterzeichnet sein.

(5) Der Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters gilt als zurückgezogen, wenn die Wählergruppe ihren Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates nach § 38 Abs 1 zurückgezogen hat.

§42 Behebung von Mängeln

(1) Die Gemeindewahlbehörde hat die bei ihr rechtzeitig eingelangten Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters unverzüglich zu überprüfen, ob sie dem § 35 bzw. dem § 40 entsprechen und ob die vorgeschlagenen Wahlwerber wählbar sind. ...

(2) ...

(3) Ein Wahlwerber, der auf mehreren Wahlvorschlägen für die Wahl des Gemeinderates bzw. für die Wahl des Bürgermeisters enthalten ist, ist von der Gemeindewahlbehörde aufzufordern, sich schriftlich für einen Wahlvorschlag zu entscheiden. Auf allen anderen Wahlvorschlägen ist er zu streichen. Entscheidet sich der Wahlwerber bis zu dem im Abs 1 genannten Zeitpunkt nicht, so wird er nur auf dem als erstem bei der Wahlbehörde eingebrachten Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates bzw. für die Wahl des Bürgermeisters belassen. Bei gleichzeitig eingebrachten Wahlvorschlägen entscheidet das vom jüngsten Mitglied der Gemeindewahlbehörde zu ziehende Los. Die Unterfertigung des Wahlwerbers nach § 35 Abs 5 und seine sonstigen Unterfertigungen nach diesem Gesetz gelten nur hinsichtlich jenes Wahlvorschlages als erfolgt, auf dem er belassen wird.

(4) ...

§43 Endgültige Prüfung der Wahlvorschläge

(1) Am neunten Tag vor dem Wahltag hat die Gemeindewahlbehörde endgültig über die Zulässigkeit und die Reihung der bei ihr eingebrachten Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters und über die Gültigkeit der Koppelungserklärungen zu entscheiden. ...

(2) ...

(3) Ist zum Zeitpunkt der Mitteilung des Todes eines Wahlwerbers nach § 41 Abs 3 die endgültige Prüfung der Wahlvorschläge noch nicht erfolgt, so ist diese erst am neunten Tag vor dem neuen Wahltag durchzuführen. Ist sie hingegen bereits erfolgt, so findet spätestens am neunten Tag vor dem neuen Wahltag nur mehr die endgültige Prüfung des Wahlvorschlages für die Wahl des Bürgermeisters bzw. des Wahlvorschlages für die Wahl des Gemeinderates jener Wählergruppe statt, deren Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters gestorben ist.

§44 Entscheidung über die Wahlvorschläge

und die Koppelungen

(1) Zurückzuweisen sind Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates, die


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a)
verspätet eingebracht wurden,
b)
keine Bezeichnung nach § 35 Abs 3 lita enthalten,
c)
nicht die Mindestanzahl an Wahlwerbern nach § 35 Abs 3 litb enthalten,
d) nicht von der Mindestanzahl an Wahlberechtigten nach § 35 Abs 4 unterfertigt sind.

(2) Zurückzuweisen sind Wahlvorschläge für die Wahl des Bürgermeisters, wenn

a) der Wahlvorschlag nicht gleichzeitig mit dem Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht wurde; dies gilt nicht im Falle des § 73 Abs 4 erster Satz,

b) der vorgeschlagene Wahlwerber nicht nach § 8 Abs 2 wählbar ist oder die Voraussetzung nach § 40 Abs 2 dritter Satz nicht erfüllt,

c) die Wählergruppe einen Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates eingebracht hat, der nach Abs 1 zurückzuweisen ist,

d) im Wahlvorschlag die Bezeichnung der Wählergruppe nach § 40 Abs 3 lita fehlt,

e) der Wahlvorschlag die Angaben nach § 40 Abs 3 litb nicht enthält,

f) der Wahlvorschlag nicht von der Mindestanzahl an Wahlwerbern nach § 40 Abs 4 unterfertigt ist,

g) die Zustimmungserklärung nach § 40 Abs 5 fehlt,

h) im Falle des § 41 Abs 2 oder 3 kein anderer Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters namhaft gemacht wurde.

(3) Teilweise ungültig sind Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates, soweit ...

§45 Kundmachung der Wahlvorschläge

und der Koppelungen

(1) Die Gemeindewahlbehörde hat die Wahlvorschläge für die Wahl des Gemeinderates, die nicht nach § 38 Abs 1 zurückgezogen oder nach § 44 Abs 1 zurückgewiesen wurden, unverzüglich, spätestens jedoch am achten Tag vor dem Wahltag, durch öffentlichen Anschlag kundzumachen. ...

...

(6) Der Wahlvorschlag einer Wählergruppe für die Wahl des Bürgermeisters ist, sofern er nicht nach § 41 Abs 4 zurückgezogen wurde oder nach § 41 Abs 5 als zurückgezogen gilt oder nach § 44 Abs 2 zurückgewiesen wurde, jeweils im Anschluß an ihren Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates kundzumachen.

(7) Ist kein Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates kundzumachen, so gelten der im Amt befindliche Gemeinderat und der Bürgermeister als wiedergewählt.

(8) Ist kein Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters kundzumachen, so ist der Bürgermeister nach § 78 Abs 2 vom neu gewählten Gemeinderat aus dessen Mitte zu wählen.

(9) Im Falle der Verschiebung der Wahl des Gemeinderates und des Bürgermeisters nach § 41 Abs 3 hat die Kundmachung nach den Abs 1 und 6 erst nach dem Abschluß der endgültigen Prüfung nach § 43 Abs 3, spätestens jedoch am achten Tag vor dem neuen Wahltag, zu erfolgen. Eine bereits erfolgte Kundmachung ist unverzüglich zu entfernen.

5. A b s c h n i t t Abstimmungsverfahren

...

§49 Amtliche Stimmzettel

(1) Für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters sind zwei getrennte amtliche Stimmzettel zu verwenden. Die amtlichen Stimmzettel dürfen nur auf Anordnung der Gemeindewahlbehörde hergestellt werden.

(2) Der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates

...

(3) Der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters hat für jeden Wahlwerber eine gleich große Zeile vorzusehen. Sie hat von links nach rechts zu enthalten:

a) den Familien- und Vornamen und das Geburtsdatum des Wahlwerbers und die Bezeichnung der Wählergruppe und

b) einen Kreis.

Im übrigen hat der amtliche Stimmzettel noch die weiteren Angaben nach dem Muster der Anlage 2 zu enthalten. Die Reihung der Wahlwerber auf dem amtlichen Stimmzettel richtet sich nach ihrer Reihung in der Kundmachung nach § 45.

(4) Die Größe des amtlichen Stimmzettels für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters hat sich nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Wahlvorschläge zu richten. ... Die amtlichen Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates müssen von anderer Farbe sein als die amtlichen Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters.

(5) ...

§52 Stimmabgabe

(1) Zur Stimmabgabe tritt der einzelne Wähler vor die Wahlbehörde, nennt seinen Namen und seine Adresse und weist, sofern er der Mehrheit der Mitglieder der Wahlbehörde nicht persönlich bekannt ist, seine Identität durch einen mit einem Lichtbild versehenen amtlichen Ausweis nach.

(2) Ist der Wähler den Mitgliedern der Wahlbehörde bekannt oder hat er seine Identität nachgewiesen, so hat ihm der Wahlleiter ein leeres Wahlkuvert und je einen amtlichen Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters auszufolgen. Findet nur die Wahl des Gemeinderates oder nur die Wahl des Bürgermeisters statt, so ist dem Wähler neben dem leeren Wahlkuvert nur der amtliche Stimmzettel für die betreffende Wahl auszufolgen.

...

§57 Gültige Ausfüllung des amtlichen Stimmzettels

für die Wahl des Bürgermeisters

(1) Der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters ist gültig ausgefüllt, wenn aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welchen Wahlwerber der Wähler wählen wollte. Dies ist der Fall, wenn der Wähler in einem der rechts neben den Namen der Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters vorgedruckten Kreise ein liegendes Kreuz oder ein anderes Zeichen mit Tinte, Kugelschreiber, Filzstift, Farbstift, Bleistift und dergleichen anbringt, aus dem eindeutig hervorgeht, daß er den in derselben Zeile angeführten Wahlwerber wählen wollte.

(2) Der amtliche Stimmzettel ist auch dann gültig ausgefüllt, wenn der Wille des Wählers auf andere Weise, z.B. durch Anhaken, Unterstreichen, sonstige entsprechende Kennzeichnung des Namens eines Wahlwerbers für die Wahl des Bürgermeisters oder durch Durchstreichen der Namen der übrigen Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters, eindeutig zu erkennen ist.

§58 Verhinderung der Wahlhandlung

...

6. A b s c h n i t t Ermittlung der Wahlergebnisse

§60 Zählung der Wahlkuverts

und der amtlichen Stimmzettel

(1) Nach der Schließung des Wahllokales nach § 59 sind zunächst alle nicht benützten Wahlkuverts und amtlichen Stimmzettel von den Tischen, auf denen das Wahlergebnis ermittelt werden soll, zu entfernen.

(2) Die Wahlbehörde hat sodann unter Berücksichtigung der im Abstimmungsverzeichnis vermerkten allfälligen zusätzlichen Angaben getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters festzustellen, wie viele amtliche Stimmzettel ausgegeben wurden, und zu überprüfen, ob diese Anzahl zusammen mit dem noch verbliebenen nicht ausgegebenen Rest mit der Anzahl der vor der Wahlhandlung vorhandenen amtlichen Stimmzettel übereinstimmt.

(3) Hierauf hat die Wahlbehörde den Inhalt der Wahlurne gründlich zu mischen, die Wahlurne zu entleeren und festzustellen:

a) die Anzahl der von den Wählern abgegebenen Wahlkuverts,

b) die Anzahl der im Abstimmungsverzeichnis eingetragenen Wähler,

c) den mutmaßlichen Grund, wenn die Zahl nach lita mit der Zahl nach litb nicht übereinstimmt.

(4) Das Wahlergebnis ist im Anschluß an die Stimmabgabe ohne Unterbrechung zu ermitteln und festzustellen. Ist eine Unterbrechung notwendig, so sind die Wahlakten samt den amtlichen Stimmzetteln von der Wahlbehörde zu verpacken und bis zur Wiederaufnahme der Arbeiten unter sicherem Verschluß zu verwahren.

§61 Zählung der Stimmen

(1) Die Wahlbehörde hat die Wahlkuverts zu öffnen, die amtlichen Stimmzettel zu entnehmen, deren Gültigkeit zu überprüfen, die ungültigen Stimmzettel getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters mit fortlaufenden Nummern zu versehen und getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters festzustellen:

a) die Gesamtsumme der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen,

b) die Summe der ungültigen Stimmen,

c) die Summe der gültigen Stimmen,

d) hinsichtlich der Wahl des Gemeinderates die auf die einzelnen Wählergruppen entfallenen gültigen Stimmen (Listensummen), hinsichtlich der Wahl des Bürgermeisters die auf die einzelnen Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters entfallenen gültigen Stimmen.

(2) Anschließend hat die Wahlbehörde die Anzahl der Vorzugsstimmen festzustellen, die auf die einzelnen Wahlwerber entfallen. Hiebei erhält jeder Wahlwerber auf der Wahlwerberliste eines nach § 45 kundgemachten Wahlvorschlages für jede gültige Eintragung seines Namens auf dem amtlichen Stimmzettel durch den Wähler eine Vorzugsstimme.

§62 Ungültigkeit des Stimmzettels für

die Wahl des Gemeinderates

...

§63 Ungültigkeit des Stimmzettels für

die Wahl des Bürgermeisters

(1) Der Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters ist ungültig, wenn

a) ein anderer als der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters zur Stimmabgabe verwendet wurde,

b) der Stimmzettel durch Abreißen eines Teiles derart beschädigt wurde, daß nicht eindeutig hervorgeht, für welchen Wahlwerber der Wähler seine Stimme abgeben wollte,

c) der Stimmzettel entgegen dem § 57 Abs 1 und 2, etwa durch Durchstreichen sämtlicher Wahlwerber und dergleichen, behandelt wurde,

d) aus den vom Wähler angebrachten Zeichen oder der sonstigen Kennzeichnung des Stimmzettels nicht eindeutig hervorgeht, für welchen Wahlwerber er seine Stimme abgeben wollte.

(2) Wahlkuverts, die keinen Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters enthalten, gelten als ungültige Stimmen.

(3) Wörter, Bemerkungen oder Zeichen, die auf dem Stimmzettel außer zur Kennzeichnung eines Wahlwerbers angebracht wurden, beeinträchtigen die Gültigkeit des Stimmzettels nicht, wenn sich hiedurch nicht einer der angeführten Ungültigkeitsgründe ergibt. Im Wahlkuvert befindliche Beilagen aller Art beeinträchtigen die Gültigkeit des Stimmzettels nicht.

§64 Mehrere amtliche Stimmzettel

in einem Wahlkuvert

Enthält ein Wahlkuvert mehrere amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates, so sind sämtliche Eintragungen auf diesen amtlichen Stimmzetteln als auf einem von ihnen erfolgt anzusehen. Dies gilt sinngemäß für den Fall, daß ein Wahlkuvert mehrere amtliche Stimmzettel für die Wahl des Bürgermeisters enthält. Die Gültigkeit ist hinsichtlich der Wahl des Gemeinderates und der Wahl des Bürgermeisters nach den §§55, 57, 62 und 63 zu beurteilen. Die Gültigkeit der Eintragungen von Wahlwerbern ist nach § 56 zu beurteilen.

§65 Niederschrift

(1) Die Wahlbehörde hat sofort nach der Prüfung der Stimmzettel und der Zählung der Stimmen den Wahlvorgang in einer Niederschrift zu beurkunden.

(2) Die Niederschrift hat, bezüglich der lite und h getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters, zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Wahlortes (Gemeinde, Wahlsprengel, Wahllokal),

b) den Wahltag,

c) die Namen der anwesenden und der abwesenden Mitglieder der Wahlbehörde und der Vertrauenspersonen mit Angabe ihrer Wählergruppe,

d) den Beginn und das Ende der Wahlhandlung,

e) die Anzahl der übernommenen und der an die Wähler ausgegebenen amtlichen Stimmzettel,

f) die Entscheidungen der Wahlbehörde über die Zulassung oder die Nichtzulassung von Wählern zur Stimmabgabe,

g) sonstige Beschlüsse der Wahlbehörde, die während der Wahlhandlung gefaßt wurden (z.B. Unterbrechung der Wahlhandlung usw.),

h) die Feststellungen der Wahlbehörde nach § 60 Abs 3 und § 61 Abs 1 und 2.

(3) Der Niederschrift sind, bezüglich der litd bis f getrennt für die Wahl des Gemeinderates und für die Wahl des Bürgermeisters, anzuschließen:

a) das Wählerverzeichnis,

b) das Abstimmungsverzeichnis,

c) die Empfangsbestätigung über die Anzahl der übernommenen amtlichen Stimmzettel,

d) die ungültigen Stimmzettel, die in abgesonderten Umschlägen mit entsprechenden Aufschriften zu verpacken sind,

e) die gültigen Stimmzettel, wobei jene für die Wahl des Gemeinderates nach Wählergruppen und innerhalb dieser nach Stimmzetteln mit und ohne Bezeichnung eines Wahlwerbers und jene für die Wahl des Bürgermeisters nach Wahlwerbern in abgesonderten Umschlägen mit entsprechenden Aufschriften zu verpacken sind,

f) die nicht zur Ausgabe gelangten amtlichen Stimmzettel, die ebenfalls in einem Umschlag mit entsprechender Aufschrift zu verpacken sind.

(4) Die Niederschrift ist von den anwesenden Mitgliedern der Wahlbehörde zu unterfertigen. Wird sie nicht von allen anwesenden Mitgliedern unterfertigt, so ist der Grund hiefür anzugeben.

(5) Die Niederschrift samt ihren Beilagen bildet den Wahlakt der Wahlbehörde.

...

§69 Vergabe der Mandate an die einzelnen

Wahlwerber; Ersatzmitglieder

(1) Die auf eine Wählergruppe entfallenen Mandate sind den einzelnen Wahlwerbern dieser Wählergruppe nach den Abs 2 bis 4 zuzuweisen.

(2) Die zu vergebenden Mandate sind zuerst den Wahlwerbern nach ihrer Reihung auf der Wahlwerberliste zuzuweisen, wobei bei einem Mandat der auf der Wahlwerberliste erstgereihte Wahlwerber, bei zwei Mandaten die ersten beiden Wahlwerber, bei drei Mandaten die ersten drei Wahlwerber usw. zuerst einen Anspruch auf Zuweisung eines Mandates haben. Ein Mandat ist jedoch nur jenen von diesen Wahlwerbern zuzuweisen, die mindestens so viele Vorzugsstimmen erhalten haben, wie die Wahlzahl beträgt. Hat der Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters mehr als die Hälfte der für die Wahl des Bürgermeisters abgegebenen gültigen Stimmen erreicht oder ist er einer der in die engere Wahl gekommenen Wahlwerber oder gilt er nach § 70 Abs 3 als zum Bürgermeister gewählt, so ist ihm jedenfalls zuerst ein Mandat zuzuweisen.

(3) Können nicht alle Mandate auf die im Abs 2 beschriebene Weise vergeben werden, so sind die restlichen Mandate den Wahlwerbern einer Wahlwerberliste nach der Anzahl der erhaltenen Vorzugsstimmen zuzuweisen, wobei mit der Höchstzahl der Vorzugsstimmen zu beginnen ist. Ein Mandat ist jedoch nur jenen Wahlwerbern zuzuweisen, die so viele Vorzugsstimmen erhalten haben, wie die Wahlzahl beträgt. Bei gleicher Anzahl an erhaltenen Vorzugsstimmen sind die Mandate den Wahlwerbern nach ihrer Reihung auf der Wahlwerberliste zuzuweisen.

(4) Verbleibende Mandate sind sodann den Wahlwerbern, die noch kein Mandat erhalten haben, nach ihrer Reihung auf der Wahlwerberliste zuzuweisen.

(5) Wahlwerber einer Wählergruppe, die mindestens ein Mandat erhalten hat, sind, wenn ihnen nach den Abs 2 bis 4 kein Mandat zugewiesen wurde, Ersatzmitglieder des Gemeinderates nach folgender Reihung: Die Ersatzmitglieder, die mindestens so viele Vorzugsstimmen erhalten haben, wie die Wahlzahl beträgt, sind zuerst zu reihen. Ihre Reihung richtet sich nach der Anzahl der erhaltenen Vorzugsstimmen, wobei mit der Höchstzahl der Vorzugsstimmen zu beginnen ist. Im Anschluß daran sind die übrigen Ersatzmitglieder nach ihrer Reihung auf der Wahlwerberliste zu reihen.

§70 Ergebnis der Wahl des Bürgermeisters

(1) Zum Bürgermeister ist jener Wahlwerber gewählt,

a) auf dessen Wählergruppe mindestens ein Mandat zum Gemeinderat nach § 67 entfällt und

b) der mehr als die Hälfte der für die Wahl des Bürgermeisters abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat.

(2) Konnte kein Wahlwerber, auf dessen Wählergruppe mindestens ein Mandat zum Gemeinderat nach § 67 entfällt, mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erreichen, so hat zwischen jenen beiden Wahlwerbern, auf deren Wählergruppen jeweils mindestens ein Mandat zum Gemeinderat nach § 67 entfällt und die die meisten gültigen Stimmen für die Wahl des Bürgermeisters erhalten haben, ein zweiter Wahlgang (engere Wahl) stattzufinden. Würden wegen Stimmengleichheit mehr als zwei Wahlwerber in die engere Wahl kommen, so entscheidet das vom jüngsten Mitglied der Gemeindewahlbehörde zu ziehende Los, wer in die engere Wahl kommt.

(3) Als zum Bürgermeister gewählt gilt unabhängig von der Anzahl der für ihn abgegebenen gültigen Stimmen der Wahlwerber jener Wählergruppe, auf die mindestens ein Mandat zum Gemeinderat nach § 67 entfällt, wenn auf die Wählergruppen der übrigen Wahlwerber für die Wahl des Bürgermeisters kein Mandat zum Gemeinderat nach § 67 entfällt.

(4) Entfällt auf keine Wählergruppe eines Wahlwerbers für die Wahl des Bürgermeisters ein Mandat zum Gemeinderat nach § 67, so ist der Bürgermeister nach § 78 Abs 2 vom neu gewählten Gemeinderat aus dessen Mitte zu wählen.

§71 Engere Wahl des Bürgermeisters

(1) Die Gemeindewahlbehörde hat die engere Wahl mindestens acht Tage vorher durch öffentlichen Anschlag kundzumachen. Die Kundmachung hat neben dem Tag der engeren Wahl den Familien- und Vornamen, das Geburtsdatum, den Beruf und die Adresse der in die engere Wahl gekommenen Wahlwerber und die Bezeichnung der Wählergruppe sowie den Hinweis zu enthalten, daß bei der engeren Wahl nur für einen dieser beiden Wahlwerber die Stimme gültig abgegeben werden kann.

(2) Der engeren Wahl sind die abgeschlossenen Wählerverzeichnisse der ersten Wahl unverändert zugrunde zu legen.

(3) Für die engere Wahl ist ein amtlicher Stimmzettel zu verwenden. Dieser hat für jeden der beiden Wahlwerber eine gleich große Zeile vorzusehen. Sie hat von links nach rechts zu enthalten:

a) den Familien- und Vornamen und das Geburtsdatum des Wahlwerbers und die Bezeichnung der Wählergruppe und

b) einen Kreis.

Weiters hat der amtliche Stimmzettel noch die weiteren Angaben nach dem Muster der Anlage 3 zu enthalten. Im übrigen gilt § 49 Abs 1 zweiter Satz, 3 vierter Satz, 4 und 5 sinngemäß.

(4) Die Bestimmungen über die Wahl des Bürgermeisters gelten auch für die engere Wahl.

(5) Die engere Wahl findet nicht statt, wenn einer der beiden Wahlwerber darauf verzichtet, sich dieser Wahl zu stellen. In diesem Fall gilt der andere Wahlwerber als gewählt. Die engere Wahl findet auch dann nicht statt, wenn beide Wahlwerber darauf verzichten, sich dieser Wahl zu stellen. In diesem Fall ist der Bürgermeister nach § 78 Abs 2 vom neu gewählten Gemeinderat aus dessen Mitte zu wählen. Der Verzicht ist bis spätestens am fünften Tag vor dem Tag der engeren Wahl, 17.00 Uhr, bei der Gemeindewahlbehörde schriftlich zu erklären. Später abgegebene Verzichtserklärungen gelten als nicht erfolgt.

(6) Stirbt ein Wahlwerber zwischen dem Tag der ersten Wahl und dem Tag der engeren Wahl, so ist § 41 Abs 2 bzw. 3 sinngemäß anzuwenden. Als Wahlwerber für die engere Wahl des Bürgermeisters darf jedoch nur ein Wahlwerber vorgeschlagen werden, dem nach § 67 ein Mandat zugewiesen wurde oder der für den verstorbenen Wahlwerber als Ersatzmitglied nachrückt. Wird kein Wahlwerber vorgeschlagen, so findet die engere Wahl nicht statt und gilt der andere Wahlwerber als gewählt.

(7) Erhalten bei der engeren Wahl beide Wahlwerber dieselbe Anzahl an Stimmen, so gilt jener Wahlwerber als zum Bürgermeister gewählt, dessen Wählergruppe bei der Wahl des Gemeinderates die größere Anzahl an Stimmen erreicht hat. Haben die Wählergruppen beider Wahlwerber bei der Wahl des Gemeinderates die gleiche Anzahl an Stimmen erreicht, so entscheidet das vom jüngsten Mitglied der Gemeindewahlbehörde zu ziehende Los. Wählergruppen miteinander gekoppelter Wahlvorschläge gelten nicht als eine Wählergruppe.

§72 Feststellung und Kundmachung der

Wahlergebnisse; Einsprüche

(1) Die Gemeindewahlbehörde hat das Ergebnis der Wahl des Gemeinderates und der Wahl des Bürgermeisters in einer Niederschrift zu beurkunden. Für die Niederschrift gelten die Bestimmungen des § 65 Abs 2 lita bis e, g und h.

(2) Hinsichtlich der Wahl des Gemeinderates hat die Niederschrift überdies zu enthalten:

a) die Anzahl der auf die einzelnen Wählergruppen entfallenen Mandate,

b) die Namen der gewählten Gemeinderatsmitglieder nach der Reihenfolge der Mandatszuweisung nach § 69 Abs 2 bis 4 und

c) die Namen der Ersatzmitglieder nach ihrer Reihung nach § 69 Abs 5.

(3) Hinsichtlich der Wahl des Bürgermeisters hat die Niederschrift überdies zu enthalten:

a) den Namen des Wahlwerbers, der als Bürgermeister gewählt wurde, oder

b) im Falle der engeren Wahl die Namen der beiden Wahlwerber, zwischen denen die engere Wahl stattfindet, oder

c) die Feststellung, daß der Bürgermeister vom Gemeinderat zu wählen ist.

(4) Die Gemeindewahlbehörde hat die Feststellungen nach den Abs 2 und 3 und nach § 65 Abs 2 lith, soweit sich diese auf die Feststellungen nach § 61 Abs 1 beziehen, unverzüglich durch öffentlichen Anschlag kundzumachen. Die Kundmachung hat die Bestimmung des Abs 6 als Belehrung zu enthalten.

(5) Die Gemeindewahlbehörde hat das Wahlergebnis unverzüglich der Bezirkswahlbehörde bekanntzugeben und eine Ausfertigung der Niederschrift nach Abs 1 vorzulegen. Die Wahlakten bleiben bei der Gemeinde.

(6) Binnen einer Woche nach der Kundmachung des Wahlergebnisses kann jede Wählergruppe, deren Wahlvorschlag für die Wahl des Gemeinderates kundgemacht wurde, durch ihren Zustellungsbevollmächtigten gegen die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses der Wahl des Gemeinderates und jede Wählergruppe, deren Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters kundgemacht wurde, gegen die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses für die Wahl des Bürgermeisters bei der Gemeindewahlbehörde schriftlich Einspruch erheben. Der schriftliche Einspruch kann nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch telegraphisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden. Der Einspruch ist zu begründen.

(7) Die Gemeindewahlbehörde hat der Bezirkswahlbehörde den Einspruch mit ihrer allfälligen Äußerung zur Entscheidung vorzulegen. Ein nicht begründeter Einspruch ist ohne weitere Überprüfung unverzüglich zurückzuweisen. Ergibt die Überprüfung die Unrichtigkeit der Ermittlung, so hat die Bezirkswahlbehörde das Wahlergebnis sofort richtigzustellen. Das richtige Wahlergebnis ist von der betreffenden Gemeindewahlbehörde durch öffentlichen Anschlag kundzumachen. Gegen die Entscheidung der Bezirkswahlbehörde ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

§73 Vorrücken der Ersatzmitglieder;

Neuwahlen

..."

(Der 7. Abschnitt enthält Regeln über die Wahl des Gemeindevorstandes, der 8. Abschnitt Schluß-, Straf- und Übergangsbestimmungen.)

Die Anlagen 1 bis 3 enthalten Muster Amtlicher Stimmzettel, und zwar für die Wahl des Gemeinderates, für die Wahl des Bürgermeisters und für die engere Wahl des Bürgermeisters.

3. a) Der Verfassungsgerichtshof nahm im Prüfungsbeschluß die Präjudizialität aller in Prüfung genommenen Bestimmungen an und führte dazu aus:

"Die in Prüfung genommenen Bestimmungen regeln die Direktwahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde. Sie scheinen miteinander in einem untrennbaren Zusammenhang zu stehen, da sie die Bürgermeisterwahl als einen einheitlichen Vorgang regeln. Sie lagen daher insgesamt der angefochtenen Bürgermeisterwahl zugrunde, weshalb sie vom Verfassungsgerichtshof im anhängigen Wahlprüfungsverfahren anzuwenden sein dürften. Da der Gerichtshof Bedenken ob ihrer Verfassungsmäßigkeit hegt, hatte er sie insgesamt in Prüfung zu ziehen.

Der Verfassungsgerichtshof nahm dabei vorläufig an, daß er um des Zusammenhanges willen auch Bestimmungen in Prüfung zu nehmen hat, die isoliert betrachtet in dem zur Beurteilung stehenden Wahlverfahren nicht angewendet wurden, wie die Regeln über die Folgen des Versterbens eines Bürgermeisterkandidaten oder der Zurückziehung seiner Zustimmungserklärung (§39 Abs 2 und 3, § 41), die Vorschriften über die "engere Wahl" (§10 Abs 2 und § 71 sowie die Anlage 3 des Gesetzes) oder die Kandidatur auf mehreren Wahlvorschlägen (§42 Abs 3).

Andere Bestimmungen, die ebenfalls einen Bezug zur Bürgermeisterwahl aufweisen, waren hingegen nicht in Prüfung zu nehmen, teilweise weil sie - wie etwa die Bestimmungen des § 4 oder des Abs 7 des § 45 TGWO - vom Entfall einer Wahl handeln (und daher in dem zu beurteilenden Wahlverfahren sicherlich nicht angewendet wurden und auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit anderen, in Prüfung genommenen Bestimmungen über die Direktwahl des Bürgermeisters stehen), teilweise weil sie bloße Verweisungen enthalten, die im Falle der Aufhebung der in Prüfung genommenen Bestimmungen allenfalls inhaltsleer würden - wie etwa in den §§42 oder 64 TGWO -, für sich aber nicht bedenklich sind.

Ebenfalls nicht in Prüfung zu ziehen waren jene Bestimmungen über die Bürgermeisterwahl der TGWO, die von den in Prüfung genommenen trennbar sind und auch für die mögliche Bürgermeisterwahl durch den Gemeinderat Anwendung finden können, wie etwa § 8 Abs 2 und § 45 Abs 8, die also für die vorläufig als verfassungsrechtlich bedenklich angesehene Direktwahl des Bürgermeisters nicht konstituierend sind. Daß diese Vorschriften im Falle der Aufhebung der in Prüfung genommenen Bestimmungen einen Teil ihres Anwendungsbereiches verlören, verschlägt jedenfalls nichts."

b) Seine Bedenken hat der Gerichtshof in diesem das Verfahren einleitenden und bestimmenden Beschluß folgendermaßen umschrieben:

"Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, daß die Bundesverfassung in ihren die Bestellung und die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters betreffenden Bestimmungen an das hergebrachte System der Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat (vgl. Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, 1985, 297 f.) anknüpft und dieses System bewußt übernommen und fixiert hat (vgl. Gallent, Gemeinde und Verfassung, 1978, 106; diese Auffassung dürfte auch dem Erkenntnis VfSlg. 8447/1978 zugrundeliegen - vgl. dazu Gallent, ÖGZ 6/1991, 7 f.). Diese bundesverfassungsgesetzliche Systementscheidung dürfte insbesondere in Art 117 in Verbindung mit der Verantwortlichkeitsbestimmung des Art 118 Abs 5 B-VG und der Regelung der verfassungsgerichtlichen Wahlprüfung (Art141 Abs 1 litb B-VG) zum Ausdruck kommen.

Die in Prüfung genommenen Bestimmungen der TGWO konstituieren nun ein System der Direktwahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Mehrheitswahlrechts. Dies scheint in der konkreten Ausgestaltung der Bürgermeisterwahl durch die TGWO (angesichts deren § 40 Abs 2,§ 69 Abs 2 letzter Satz und § 70 Abs 1 bis 3) zwar nicht dem Proportionalitätsprinzip des Art 117 Abs 2 B-VG zu widersprechen, wohl aber dem Grundsatz der mittelbaren demokratischen Bestellung des Bürgermeisters. Dieser Grundsatz aber scheint bundesverfassungsrechtlich vorgegeben zu sein, wie sich aus den folgenden Überlegungen ergeben dürfte:

Aus der Systematik der Art 117 und 118 Abs 5 B-VG scheint sich die zentrale Stellung des Gemeinderates im demokratischen Aufbau der Gemeindeorganisation zu ergeben. Mit Antoniolli-Koja (Allgemeines Verwaltungsrecht2, 1986, 413 f.) nimmt der Verfassungsgerichtshof vorläufig an, daß im Gemeinderat 'ein Kerngedanke der Selbstverwaltung, nämlich der demokratischen Bestellung und Verantwortlichkeit der Organe, in zweifacher Hinsicht seinen Ausdruck findet: Art 117 Abs 1 B-VG schreibt für die Bestellung des Gemeinderates die freie Wahl auf Grund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechts aller (wahlberechtigten) Staatsbürger, die in der Gemeinde ihren Wohnsitz haben, vor; ferner soll Art 118 Abs 5 B-VG sicherstellen, daß der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes und alle anderen Organe der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich dem Gemeinderat verantwortlich sind.'

Dieses System verlangt offenbar, daß der Bürgermeister mittelbar demokratisch bestellt wird. Einerseits scheint nämlich nur so die von der Verfassung vorgesehene zentrale Stellung des Gemeinderates, von dem die weiteren Gemeindeorgane ihre Legitimation zu erhalten haben, gewährleistet zu sein; andererseits dürfte die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat nur so verständlich und erklärbar sein. Abs 7 des Art 117 B-VG (der durch die B-VG-Novelle BGBl. 490/1984 angefügt wurde) scheint den (Landes-)Gesetzgeber nicht zu ermächtigen, eine Direktwahl des Bürgermeisters vorzusehen.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt auf Grund dieser Erwägungen vorläufig an, daß die die Organisationsstruktur der Gemeinde vorschreibenden bundesverfassungsrechtlichen Regelungen von einer Bestellung des Bürgermeisters durch den Gemeinderat ausgehen und diese implizit anordnen.

Dieser Befund wird auch durch eine Betrachtung des Art 141 B-VG (auch iVm mit den diese Bestimmung konkretisierenden Regelungen des VerfGG) erhärtet:

Gemäß Art 141 Abs 1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Anfechtung von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde. Zu diesen Organen zählt ohne Zweifel auch der Bürgermeister (vgl. WI-9/90 mwN sowie VfSlg. 12532/1990).

Schon die Systematik des Art 141 Abs 1 B-VG macht deutlich, daß die Bundesverfassung von einer mittelbaren Wahl des Bürgermeisters (durch den Gemeinderat) ausgeht; wird doch die Wahl des Bürgermeisters - anders als die Wahl des Gemeinderates - nicht in lita (der von der Anfechtung der direkten Volkswahlen handelt), sondern in litb (also gemeinsam mit den - jedenfalls mittelbar zu wählenden - Organen Landesregierung und Gemeindevorstand) genannt.

Das wird bestätigt, sobald man die Regelung der Anfechtungsbefugnis im VerfGG mit in die Betrachtung einbezieht: Die Anfechtungsbefugnis für die Wahlen zu einem mit der Vollziehung betrauten Organ einer Gemeinde steht nämlich nur Mitgliedern des Gemeinderates zu (§67 Abs 1 und Abs 2 erster Satz VerfGG). Auch dies dürfte Ausfluß der verfassungsgesetzlichen Entscheidung dafür sein, daß die anderen mit der Vollziehung betrauten Organe der Gemeinde und eben auch der Bürgermeister nicht vom Volk, sondern vom Gemeinderat zu wählen sind. Es stellte nämlich einen geradezu unerklärlichen Widerspruch dar, würde man annehmen, daß das B-VG zwar eine landesgesetzliche Regelung zuläßt, nach der der Bürgermeister durch das Gemeindevolk direkt zu wählen ist, während die Berechtigung zur Anfechtung einer solchen Wahl nur den Mitgliedern des Gemeinderates übertragen bleibt.

Der Verfassungsgerichtshof hat somit insgesamt das Bedenken, daß die eine Direktwahl des Bürgermeisters konstituierenden Vorschriften der TGWO jenen Bestimmungen der Bundesverfassung widersprechen, die eine Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat vorauszusetzen scheinen und damit einer Änderung des Systems der mittelbar-demokratischen Bestellung des Bürgermeisters - ohne entsprechende Änderung der Bundesverfassung - im Wege stehen dürften."

4. a) Die Tiroler Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens bezweifelt und dementsprechend die Einstellung des Verfahrens begehrt. Hiezu wird ausgeführt:

"Nach Art 140 Abs 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungsmäßigkeit eines Bundes- oder Landesgesetzes, sofern er ein solches Gesetz in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen.

Gegen die Zulässigkeit des gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahrens bestehen folgende Bedenken:

Mit Schriftsatz vom stellte die Wählergruppe 'Allgemeine Liste Unterperfuß A.L.U.', vertreten durch den Zustellungsbevollmächtigten Karl Reinisch, 6175 Unterperfuß Nr. 27, nach Art 141 Abs 1 lita B-VG und § 67 VerfGG den Antrag, das ganze Wahlverfahren in der Gemeinde Unterperfuß wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens aufzuheben. Aus dem Inhalt dieses Schriftsatzes läßt sich ersehen, daß nicht nur die Wahl des Gemeinderates, sondern auch die Wahl des Bürgermeisters angefochten werden soll. Die Anfechtung der Wahl des Bürgermeisters durch die Wählergruppe scheint aber nach Ansicht der Tiroler Landesregierung nicht zulässig zu sein.

Nach Art 141 Abs 1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und nach Art 141 Abs 1 litb B-VG über Anfechtungen von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde.

Wer zur Anfechtung der genannten Wahlen befugt ist, ergibt sich aus § 67 VerfGG. So sind zur Anfechtung der Wahl eines allgemeinen Vertretungskörpers - somit also auch der Wahl des Gemeinderates nach § 67 Abs 2 leg.cit. - Wählergruppen (Parteien) berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter.

Nach § 67 Abs 1 leg.cit. können Anfechtungen von Wahlen zu einem mit der Vollziehung betrauten Organ einer Gemeinde (im folgenden Gemeindevorstand genannt) wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhoben werden. Die Anfechtung der Wahl zu einem Gemeindevorstand bedarf nach § 67 Abs 2 leg.cit. des Antrages von einem Zehntel der Mitglieder der Gemeindevertretung, mindestens aber von zwei Mitgliedern.

Aus den zit. Bestimmungen ergibt sich somit, daß eine Wählergruppe - hier die Wählergruppe 'Allgemeine Liste Unterperfuß A.L.U.' - zwar zur Anfechtung der Wahl des Gemeinderates, nicht jedoch zur Anfechtung der Wahl des Bürgermeisters legitimiert ist. Der Bürgermeister ist nämlich ein mit der Vollziehung betrautes Organ einer Gemeinde, dessen Wahl nach dem VerfGG jedenfalls nicht durch eine Wählergruppe angefochten werden kann.

Die Anfechtung der Wahl des Bürgermeisters durch die Wählergruppe 'Allgemeine Liste Unterperfuß A.L.U.' wäre daher durch den Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückzuweisen. Die Anfechtungslegitimation ist - wie bereits ausgeführt - nach § 67 VerfGG zu beurteilen, weshalb in dieser Frage das VerfGG und keinesfalls die Tiroler Gemeindewahlordnung 1991 'anzuwenden' ist, sodaß es jedenfalls an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Tiroler Gemeindewahlordnung 1991 mangelt."

b) Zur Sache stellt die Tiroler Landesregierung eventualiter den Antrag, die in Prüfung genommenen Bestimmungen der TGWO nicht als verfassungswidrig aufzuheben und führt dazu aus:

"1. Der Verfassungsgerichtshof hat vorläufig angenommen, 'daß die Bundesverfassung in ihren die Bestellung und die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters betreffenden Bestimmungen an das hergebrachte System der Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat (vgl. Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, 1985, 297 f.) anknüpft und dieses System bewußt übernommen und fixiert hat (vgl. Gallent, Gemeinde und Verfassung, 1978, 106; diese Auffassung dürfte auch dem Erkenntnis VfSlg. 8447/1978 zugrundeliegen - vgl. dazu Gallent, ÖGZ 6/1991, 7 f.)'.

Diese Aussage enthält mehrere sachlich nicht zutreffende Feststellungen. Zunächst wird darauf hingewiesen, daß die Bundesverfassung hinsichtlich der Bestellung des Bürgermeisters keine Regelungen enthält, weder ausdrückliche noch (wie zu zeigen sein wird) solche, die mittelbar zum Ausdruck kommen würden. Im Art 117 B-VG wird vielmehr nur hinsichtlich der Bestellung des Gemeinderates eine bundesverfassungsrechtlich bestimmte Form, nämlich die Wahl durch die Gemeindebürger, festgelegt, nicht aber hinsichtlich der übrigen dort erwähnten Gemeindeorgane (Gemeindevorstand, Bürgermeister). Schon diese erste, durch die Textgestaltung klar zum Ausdruck gebrachte Differenzierung zwischen der Bestellung des Gemeinderates auf der einen Seite und der Bestellung des Gemeindevorstandes und des Bürgermeisters auf der anderen Seite macht deutlich, daß es eine bundesverfassungsrechtliche Festlegung zu einer bestimmten Art der Bestellung des Bürgermeisters nicht gibt, diese Frage vielmehr dem Organisationsgesetzgeber überlassen wurde (vgl. dazu Stolzlechner,

Die Bürgermeister-Direktwahl - eine Möglichkeit zur Verlebendigung der Gemeindedemokratie? ÖGZ 10/1989, 23).

Das Lehrbuch von Adamovich-Funk kann nicht als Stütze für die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit der Direktwahl des Bürgermeisters herangezogen werden. Die beiden Autoren gehen vielmehr von der Offenheit der Bundesverfassung in dieser Frage aus, wenn es heißt: 'Wesentliche Fragen des Gemeindeorganisationsrechts, im besonderen die Bestellung des Gemeindevorstandes und des Bürgermeisters sowie die Aufgabenverteilung zwischen Gemeinderat, Gemeindevorstand und Bürgermeister werden vom B-VG nicht behandelt, sondern bleiben der Regelung durch die Gemeindegesetzgebung der Länder (Gemeindeordnungen und Stadtstatute) überlassen.' (Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 1985, 297) Im übrigen vertritt die Mehrzahl der Autoren, die sich mit der Direktwahl des Bürgermeisters beschäftigt haben, deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit (vgl. die einschlägigen Literaturstellen bei Stolzlechner, ÖGZ 10/1989, 23).

Auch das vom Verfassungsgerichtshof zur Unterstützung seiner vorläufigen Annahme herangezogene Erkenntnis VfSlg. 8447/1978 enthält keinen einzigen Hinweis zur Frage der Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit einer direkt-demokratischen Bestellung des Bürgermeisters. Hauptgegenstand dieses Erkenntnisses ist vielmehr das Proportionalitätsprinzip (Art117 Abs 5 B-VG) sowie die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der sog. Fraktionswahl.

2. Auch die Aussage, der Bundesverfassungsgesetzgeber habe bei der Formulierung der Gemeindeverfassungsnovelle 1962 'bewußt' das bis dahin geltende System der indirekten Wahl des Bürgermeisters übernommen, und zwar als bundesverfassungsrechtliche Systementscheidung mit der Folge, daß die Einführung der Direktwahl unzulässig wäre, erscheint sachlich nicht zutreffend. Für diese vorläufige Annahme gibt es weder im Worlaut des B-VG noch in der Entstehungsgeschichte noch im 'System' des B-VG eine sachliche Rechtfertigung. Daß der Wortlaut des B-VG die Direktwahl nicht ausschließt, wurde bereits erwähnt. Aber auch der Motivenbericht zur Regierungsvorlage der Gemeindeverfassungsnovelle 1962 läßt einen derartigen Schluß nicht zu, vielmehr geht aus dem Motivenbericht klar die Offenheit des Bestellmodus des Bürgermeisters hervor, wenn es dort heißt: 'Ferner hat der Bundesverfassungsgesetzgeber dafür Sorge zu tragen, daß diese Gemeindeorgane nach demokratischen Grundsätzen gebildet und eingerichtet werden.' (639 BlgNR 9. GP) 'Demokratischen Grundsätzen' entspricht aber sowohl die Wahl durch den Gemeinderat als auch - sogar in einem stärkeren Ausmaß - die Direktwahl durch die Bürger (in diesem Sinne bereits Stolzlechner, ÖGZ 10/1989, 23).

3. Der Verfassungsgerichtshof möchte aber vor allem aus der Systematik der Art 117 und 118 Abs 5 B-VG den Grundsatz der mittelbar demokratischen Bestellung des Bürgermeisters ableiten, denn auf Grund dieser Bestimmungen ergebe sich eine 'zentrale Stellung' des Gemeinderates. Das 'System' der Gemeindeorganisation verlange - so der Verfassungsgerichtshof in seiner vorläufigen Annahme weiter - die mittelbare Wahl des Bürgermeisters. Denn nur auf diese Weise könne die zentrale Stellung des Gemeinderates sichergestellt werden; andererseits könne nur so die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat (Art118 Abs 5 B-VG) verständlich gemacht werden.

Auch diese systematischen Überlegungen vermögen die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit der Direktwahl des Bürgermeisters nicht überzeugend zu rechtfertigen. Es ist unbestritten, daß der Gemeinderat insbesondere mit Rücksicht auf seine Befugnis zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit gegenüber allen anderen Gemeindeorganen (Art118 Abs 5 B-VG) zentrales Organ der Gemeinde ist. Es scheint aber nicht zutreffend, daraus eine Schlußfolgerung hinsichtlich eines zwingenden Bestellmodus der übrigen Gemeindeorgane ableiten zu wollen. Dem österreichischen Bundesverfassungsrecht, und damit auch dem Kommunalverfassungsrecht, ist ein 'Systemgedanke' dergestalt, daß jenes Organ, das zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit einem anderen Organ gegenüber berufen ist, ident sein müsse mit jenem Organ, das das betreffende andere Organ bestellt, fremd. Schon Kelsen hat in seiner Allgemeinen Staatslehre einen solchen zwingenden Zusammenhang zwischen Subordination/Verantwortlichkeit und Berufung in Abrede gestellt (Kelsen, Allgemeine Staatslehre, 1966, 303). Dieser Gedanke findet sich aber auch nicht in der Bundesverfassung. Die Bundesverfassung enthält vielmehr zahlreiche Fälle, in denen jenes Organ, das zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit berufen ist, ein anderes Organ ist als das, dem die Bestellung obliegt: Nach Art 60 B-VG wird der Bundespräsident vom Bundesvolk gewählt. Für die Ausübung seines Amtes ist der Bundespräsident jedoch der Bundesversammlung im Wege einer staatsrechtlichen Anklage nach Art 142 B-VG verantwortlich (Art68 B-VG). Der Bundeskanzler und auf seinen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten ernannt (Art70 B-VG), verantwortlich sind die Mitglieder der Bundesregierung jedoch dem Nationalrat gegenüber, und zwar wiederum im Wege einer möglichen Anklage nach Art 142 B-VG (Art76 B-VG) oder im Wege eines Mißtrauensvotums nach Art 74 B-VG. Der Landeshauptmann wird - so wie die übrigen Mitglieder der Landesregierung - vom Landtag gewählt (Art101 B-VG); für Handlungen im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung wird er jedoch von der Bundesregierung zur Verantwortung gezogen (Art142 Abs 1 litd; ähnlich auch die übrigen mit Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung betrauten Landesregierungsmitglieder).

Lediglich hinsichtlich der Landesregierung ist der Landtag jenes Organ, das sowohl die Bestellung vornimmt als auch die rechtliche Verantwortung geltend macht (Art101, Art 142 Abs 2 litc B-VG).

Schon diese Regelungen lassen klar erkennen, daß es der Bundesverfassung an einem 'Grundsatz' mangelt, wonach jenes Organ, das zur Geltendmachung der (rechtlichen) Verantwortlichkeit befugt ist, ident sein muß mit jenem Organ, das die Bestellung (eines anderen Organs) vornimmt. Bestellung und Geltendmachung der Verantwortlichkeit eines Organs sind vielmehr wesentliche organisatorische Aspekte, die durchaus verschiedenen Organen übertragen werden können. Damit aber kann sich die Tiroler Landesregierung der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes, aus der Verantwortlichkeitsbestimmung des Art 118 Abs 5 B-VG eine zwingende Schlußfolgerung dahingehend abzuleiten, daß der Bürgermeister vom Gemeinderat bestellt werden müßte, nicht anschließen. Da Bestellung und Geltendmachung der Verantwortlichkeit jeweils verschiedenen Organen übertragen werden können, wird es als bundesverfassungsrechtlich zulässig angesehen, den Bürgermeister direkt vom Gemeindevolk wählen zu lassen. An der rechtlichen Verantwortlichkeit eines direkt gewählten Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat ändert sich dadurch nichts.

Bundesverfassungswidrig wäre es lediglich, ausschließlich das Gemeindevolk unter gänzlicher Ausschaltung des Gemeinderates zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit gegenüber dem Bürgermeister zu berufen (Stolzlechner, ÖGZ 10/1989, 26).

Im übrigen zeigen die Beispiele des Bundespräsidenten und der Bundesregierung, daß die Bundesverfassung durchaus bei Verwaltungsorganen verschiedene Arten von Verantwortlichkeiten kennt und zu ihrer Geltendmachung verschiedene Organe einsetzt.

4. Bedenken gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Direktwahl des Bürgermeisters können auch nicht aus Art 141 Abs 1 litb B-VG abgeleitet werden. Denn auch diese Verfassungsbestimmung ist hinsichtlich des Wahlmodus der anzufechtenden Wahlen der dort genannten Organtypen offen. Diese Verfassungsbestimmung handelt von der Anfechtung von 'Wahlen ... in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde'. Eine solche Wahl ist aber sowohl eine indirekte Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat als auch eine Direktwahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk. Aus dieser Bestimmung kann daher keine bundesverfassungsrechtliche Festlegung hinsichtlich der indirekten Bestellung des Bürgermeisters abgeleitet werden.

5. Der Verfassungsgerichtshof sieht schließlich in der Bestimmung des § 67 VerfGG, wonach lediglich Mitgliedern des Gemeinderates die Anfechtungsbefugnis zusteht, einen 'geradezu unerklärlichen Widerspruch' mit einer möglichen Direktwahl des Bürgermeisters, weil in einem solchen Fall der Bürgermeister zwar vom Gemeindevolk zu wählen wäre, die Anfechtung der Wahl aber (ausschließlich) dem Gemeinderat überlassen bliebe.

Auch dieses Argument vermag nicht zu überzeugen. Art 141 B-VG enthält keine Bestimmung darüber, welchen Organen bzw. Personen die Anfechtungsbefugnis zukommen soll. Diese Verfassungsbestimmung überläßt die Klärung dieser Frage vielmehr dem einfachen Gesetzgeber (VerfGG). Die Übertragung der Anfechtungsbefugnis ist daher offen.

Bis vor wenigen Jahren galt in Österreich hinsichtlich der Bürgermeisterwahl ausschließlich das System der indirekten Wahl durch den Gemeinderat. Für diesen Wahlmodus ist die ausschließliche Anfechtungsbefugnis für Mitglieder des Gemeinderates konsequent.

Seit 1990 wurde in drei Bundesländern die Direktwahl des Bürgermeisters eingeführt. Die Bestimmungen des VerfGG 1953 bezüglich der Anfechtung direkter Bürgermeisterwahlen wurden diesem neuen Wahlmodus bisher noch nicht angepaßt. Aus dieser Säumnis des (einfachen) Bundesgesetzgebers kann aber kein bundesverfassungsrechtliches Argument gegen die Möglichkeit der Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters abgeleitet werden.

6. Zusammenfassend vertritt die Tiroler Landesregierung daher die Ansicht, daß die vom Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommene bundesverfassungsrechtliche Systementscheidung zugunsten einer indirekten Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat nicht besteht. Eine solche Systementscheidung kann weder aus dem Normwortlaut der Bundesverfassung noch aus den Gesetzesmaterialien oder dem systematischen Zusammenhang des B-VG abgeleitet werden. Die Bundesverfassung läßt die Frage der Bestellung des Bürgermeisters vielmehr grundsätzlich offen, weshalb der Gemeindeorganisationsgesetzgeber zur Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters befugt erscheint, ohne damit gegen die Bundesverfassung zu verstoßen."

5. Von der vom Verfassungsgerichtshof den (übrigen) - im Gesetzesprüfungsverfahren allerdings keine Parteistellung genießenden - Landesregierungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme haben innerhalb der gesetzten Frist lediglich die Regierungen von Kärnten und Vorarlberg Gebrauch gemacht; sie treten den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs entgegen und meinen, daß die im Prüfungsbeschluß hervorgehobenen verfassungssystematischen Argumente nicht zwingend die Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat verlangen, sondern die Landesgesetzgeber von Verfassungs wegen ermächtigt sind, im Rahmen der ihnen zukommenden gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit auch eine Direktwahl durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde vorzusehen. Ähnlich argumentiert auch die Bundesregierung, die über Einladung des Verfassungsgerichtshofes ebenfalls eine Stellungnahme abgegeben hat.

Nach Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist langten noch Stellungnahmen der Burgenländischen und der Oberösterreichischen Landesregierung ein, die nicht mehr berücksichtigt werden konnten.

II. 1. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof wiederholte der Vertreter der Tiroler Landesregierung zunächst die oben wiedergegebenen Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens, indem er die Präjudizialität der in Prüfung genommenen Bestimmungen der TGWO für das Anlaßverfahren bezweifelte.

2. Der Verfassungsgerichtshof verkündete daraufhin nach Beratung den Beschluß, daß das Verfahren zulässig ist. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Verfassungsgerichtshof bei einer Sachentscheidung über die Bürgermeisterwahl in der Gemeinde Unterperfuß die diese Wahl betreffenden Bestimmungen der TGWO anzuwenden hätte. Die Tiroler und die Kärntner Landesregierung vermeinen jedoch, daß der Gerichtshof zunächst die Anfechtungslegitimation der wahlanfechtenden Partei zu prüfen und diese gem. § 67 Abs 1 und 2 VerfGG hinsichtlich der Anfechtung der Bürgermeisterwahl zu verneinen hätte, weil zur Anfechtung der Wahl eines mit der Vollziehung betrauten Organs der Gemeinde (und somit des Bürgermeisters) nur ein Zehntel der Mitglieder der Gemeindevertretung, mindestens aber zwei Mitglieder, nicht jedoch eine Wählergruppe berufen ist. Bei dieser Entscheidung hätte - so meinen die beiden Landesregierungen weiter - der Verfassungsgerichtshof zwar die genannten Bestimmungen des VerfGG, nicht aber die der TGWO anzuwenden.

Die Regierungen übersehen dabei freilich die im Prüfungsbeschluß näher erläuterte wechselseitige Wirkung der Bestimmungen über die Antragslegitimation im VerfGG und jener über die Direktwahl des Bürgermeisters. Denn ob die Bestimmungen des § 67 Abs 1 und 2 VerfGG angesichts der Beschränkung der Anfechtungslegitimation für die Bürgermeisterwahl - wie die Kärntner Landesregierung meint - allenfalls verfassungswidrig wären (oder sich die Anfechtungslegitimation diesfalls direkt aus Art 141 B-VG ableiten ließe; vgl. etwa VfSlg. 9044/1981) oder ob gegen diese Bestimmungen des VerfGG schon von vornherein gar nichts einzuwenden ist, da sie auf die Direktwahl des Bürgermeisters nicht zu beziehen sind, weil eine solche von Verfassungs wegen gar nicht zulässig ist, hängt letztlich eben davon ab, ob die Bestimmungen über die Bürgermeisterwahl in der TGWO ihrerseits verfassungskonform sind. Diese Frage zu klären ist daher - wie immer man die Sache sieht - Voraussetzung einer Entscheidung über die beim Verfassungsgerichtshof anhängige Anfechtung der Bürgermeisterwahl, weshalb die genannten Bestimmungen sowohl für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Wahlanfechtung wie auch über die Sache präjudiziell sind.

Auch die vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofs über den Umfang der in Prüfung genommenen Bestimmungen (vgl. dazu im einzelnen die Begründung im Prüfungsbeschluß oben Pkt. I/3/a), denen im Verfahren nichts entgegengehalten wurde, haben sich als zutreffend herausgestellt, sodaß sich das Verfahren insgesamt als zulässig erweist.

III. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

Die im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken treffen zu; die in Prüfung genommenen Bestimmungen der TGWO sind aus folgenden Gründen verfassungswidrig:

1. Unbestritten ist, daß die Bundesverfassung keine ausdrückliche Bestimmung über die Art der Bestellung des Bürgermeisters enthält. Weder regelt sie explizit, daß dessen Bestellung dem Gemeinderat zukommt, noch sieht sie ausdrücklich eine Wahl durch das Gemeindevolk vor.

Die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes in dem dieses Gesetzesprüfungsverfahren einleitenden Beschluß, daß die Bundesverfassung in ihren die Bestellung und die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters betreffenden Bestimmungen an das hergebrachte System der Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat anknüpft, hat sich als zutreffend erwiesen. Dies wird unter anderem durch das im Prüfungsbeschluß hervorgehobene und näher erläuterte systematische Argument des Aufbaus von Art 141 Abs 1 B-VG deutlich; aber auch eine historische Betrachtung bestätigt diese vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes: Vor Erlassung der Gemeinde-Verfassungsnovelle 1962 wurden viele Neuerungen verfassungspolitisch diskutiert, von denen manche in die Verfassungsnovelle Eingang fanden. Es findet sich jedoch weder in den Materialien noch in den literarischen Äußerungen zu dieser Novelle ein Anhaltspunkt dafür, daß die Möglichkeit der Änderung des Wahlmodus für den Bürgermeister in Richtung auf eine direkte Wahl durch das Gemeindevolk erörtert worden wäre, geschweige denn verfassungsrechtlich ermöglicht werden sollte (vgl. etwa Loebenstein, Öst. Gemeinderundschau H 1/1963, 9 ff.). (Wenn die Kärntner Landesregierung auf das Vorarlberger Bürgermeister-Volkswahlgesetz, LGBl. 11/1958, hinweist, das in Vorarlberg einige Jahre hindurch bis zum Inkrafttreten des Gemeindegesetzes, LGBl. 45/1965, galt, so kann sie aus diesem Hinweis schon deshalb nichts gewinnen, weil auch dieses Gesetz keine Direktwahl des Bürgermeisters kannte, sondern nur eine unter der Voraussetzung der Bestellung einer nicht der Gemeindevertretung angehörenden Person zum Bürgermeister vorzunehmende Volksabstimmung über die von der Gemeindevertretung für das Amt bestimmte Person.)

Dafür, daß diese Art der mittelbaren Bestellung des Bürgermeisters von der Verfassung vorgefunden wurde - und nicht, wie die Landesregierungen von Kärnten und Tirol die entsprechenden Passagen im Prüfungsbeschluß mißverstehend meinen: für andere Annahmen - wurde im Prüfungsbeschluß das Lehrbuch von Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, 1985, 297 f. zitiert. Es gehen daher jene Äußerungen ins Leere, die zwar diese Aussage nicht bestreiten, aber darzutun bemüht sind, daß in diesem Werk die weiteren Annahmen des Verfassungsgerichtshofes, daß das B-VG dieses vorgefundene System bewußt übernommen und verfassungsrechtlich fixiert hat, nicht bestätigt werden.

Nun ist diese Frage in der Tat die für das Verfahren entscheidende. Es gilt zu klären, ob die Verfassung die Bestellung des Bürgermeisters nur nach dem hergebrachten System einer Wahl durch ein nach den Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips gewähltes kollegiales Gemeindeorgan (nach Art eines parlamentarischen Systems) ermöglicht oder ob sie zur Systemänderung offen ist und auch eine direkte Wahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk zuläßt, also eine Organkreation, die den Bürgermeister nicht mehr als ein vom Gemeinderat (oder von einem von diesem bestellten und diesem verantwortlichen Gemeindeorgan) bestelltes, sondern als ein von ihm unabhängig bestelltes Organ der Gemeindeselbstverwaltung vorsieht. Oder anders formuliert: Es geht um die Frage, ob es die Bundesverfassung zuläßt, vom System ausschließlich repräsentativ, nach Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit bestellter (oder von solchen ihrerseits bestellter) Gemeindeorgane abzugehen und ein System einzuführen, das neben dieser Art demokratisch-parlamentarischer Organkreation auch Elemente eines direkt gestalteten Vorganges der Bestellung eines monokratischen Führungsorgans enthält.

2. Den Schlüssel zur Antwort auf diese Frage bietet Art 118 Abs 5 B-VG. Zu Recht legen die Äußerungen der Tiroler und der Kärntner Landesregierung und auch die der Bundesregierung daher großes Gewicht auf die Interpretation eben dieser Verfassungsnorm. Sie meinen, daß aus der in dieser Bestimmung festgelegten Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat nicht zwingend auf die Bestellung durch den Gemeinderat zu schließen ist. In diesem Sinn wird etwa in der Stellungnahme der Bundesregierung ausgeführt:

"Demgegenüber ist aber zur Erwägung zu stellen, daß die Frage der Bestellung durch Regelungen über die Verantwortlichkeit nicht in gleichem Maße vorherbestimmt zu sein scheint wie die Frage der Abberufung. Im gegebenen Zusammenhang geht es aber nicht um die Abberufung, sondern um die Bestellung des Bürgermeisters. Damit ist die Frage verbunden, ob aus dem Umstand, daß - jedenfalls implizite - verfassungsrechtliche Regelungen für die Abberufung eines Organes bestehen, der Schluß gezogen werden muß, daß diese Regelungen mittelbar auch die Bestellung des betreffenden Organes betreffen. Hiezu ist zunächst darauf hinzuweisen, daß im B-VG der Grundsatz, daß das Kreationsorgan und das zur Abberufung eines Funktionärs zuständige Organ identisch sind, nicht lückenlos verwirklicht ist (vgl. etwa Art 74 Abs 1 iZm Art 70 Abs 1 B-VG). Demgemäß dürfte es nicht zwingend sein, ein solches Prinzip als für den Landesgesetzgeber bei der Ausgestaltung des Gemeinderechts bindend zu erachten. Es dürfte daher zu weit gehen, in der im übrigen in der Rechtsordnung anzutreffenden Gestaltungsform, daß das Kreationsorgan und das zur Abberufung zuständige Organ identisch sind, einen allgemeinen Rechtsgrundsatz bzw. genauer: einen in der Verfassung verankerten Grundsatz, an den auch der Gemeindeorganisationsgesetzgeber gebunden wäre, zu sehen. Es scheint daher auch nicht zwingend zu sein, die verfassungsrechtliche Regelung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat als Teil einer bewußten verfassungsrechtlichen Entscheidung für den 1962 gegebenen Bestellungsmodus des Bürgermeisters (nämlich die Bestellung durch den Gemeinderat) zu verstehen.

Der Umstand, daß einem vom Gemeindevolk gewählten Bürgermeister eine Mehrheit von Mitgliedern des Gemeinderats gegenüberstehen kann, die nicht jener Liste angehören, auf der der Bürgermeister kandidierte, mag im Zusammenhang mit der rechtspolitischen Beurteilung (der Zweckmäßigkeit) der Regelung eine Rolle spielen, dürfte jedoch kein durchschlagendes verfassungsdogmatisches Argument liefern. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf zu verweisen, daß auch die Mitglieder des Gemeindevorstandes, die in der Regel aufgrund einer Fraktionswahl bestimmt werden, gemäß Art 118 Abs 5 B-VG dem Gemeinderat verantwortlich sind, sodaß auch insofern der allgemeine Vertretungskörper über die Abberufung eines Organs entscheidet, das zu seiner Kreation nicht des Vertrauens der Mehrheit des Vertretungskörpers bedurfte. Wenn aber die Kreation des Gemeindevorstandes und dessen Abberufung von Verfassungs wegen auf diese Weise differenzierend geregelt ist, fällt es schwer, eine materiell ähnliche, einfachgesetzliche Regelung für die Kreation und Abberufung von Bürgermeistern als unzulässig zu qualifizieren."

Diese Überlegungen (und auch die ähnlichen Argumentationslinien der Kärntner und der Tiroler Landesregierung, nicht aber jene Ausführungen der Tiroler Landesregierung, in denen Fragen der umfassenden politischen Verantwortung oberster Organe mit der rechtlichen Verantwortung nach Art 142 B-VG vermengt werden) haben durchaus Gewicht. Es könnte fraglich sein, ob aus der Regelung über die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat als solcher auf eine zwingende Einschaltung des Gemeinderats in die Kreation des Organs "Bürgermeister" zu schließen ist (verneinend insb. Stolzlechner, ÖGZ 10/1989, 25 f., mwH). Diese Frage kann indes dahinstehen: Denn entscheidend ist (was in den referierten Stellungnahmen und auch in der literarischen Diskussion dieser Frage nicht ausreichend beachtet wird), daß in Art 118 Abs 5 B-VG im Zusammenhang mit jenen Verfassungsnormen, die die zentrale Stellung des Gemeinderats in der Gemeindeselbstverwaltung zum Ausdruck bringen - anders als die Tiroler Landesregierung meint -, auch eine für die Interpretation wesentliche (vgl. Winkler, Verfassungsrecht und Verfassungsrechtsdenken, in: Verfassungstag 1991, 54 ff., 64 ff.) Systementscheidung zum Ausdruck kommt:

Wenn die Bundesverfassung nämlich zum einen dem Gemeinderat organisatorisch und funktionell die zentrale Stellung in der Gemeindeselbstverwaltung zuweist (vgl. dazu etwa Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 1986, 413 f.) und zum anderen in Art 118 Abs 5 B-VG für alle anderen Gemeindeorgane eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat festgelegt wird, so ist damit ein bestimmtes - demokratisch-parlamentarisches - System der Gemeindeselbstverwaltung konstituiert. Die Bestellung des Bürgermeisters unter Ausschaltung des Gemeinderates verletzt dieses System; sie verändert, ja entleert weitgehend den Begriff der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat und schafft ein duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes Organisationssystem, indem sie den Bürgermeister neben dem Gemeinderat als ein weiteres direkt vom Gemeindevolk gewähltes, sohin unmittelbar demokratisch legitimiertes, mit dem Gemeinderat daher in dieser Weise nicht mehr verbundenes Organ einrichtet. Das parlamentarisch-demokratische System der Gemeindeselbstverwaltung wird durch ein sowohl aus Elementen des parlamentarisch-demokratischen Systems als auch aus Elementen eines Systems direkt-demokratisch legitimierter monokratischer Leitung bestehendes neues System ersetzt. Ein solcher Systemwechsel ist aber ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig.

Wenn die Vorarlberger Landesregierung meint, daß die "Argumentation des Verfassungsgerichtshofes ... nicht zwingend" sei, da die Regelung der Bestellung der Gemeindeorgane dem bundesstaatlichen Bauprinzip der Verfassung entsprechend der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers nur insoweit entzogen sei, als es ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Normen gäbe, die einer landesgesetzlichen Regelung entgegenstünden, so beachtet sie nicht, daß das Bundesverfassungsrecht vom Grundgedanken der repräsentativen Demokratie und auch der mittelbaren Bestellung der Organe der Vollziehung geprägt ist. Es entspricht der herrschenden Lehre, das demokratische Baugesetz als repräsentativ-demokratisches Grundprinzip mit ausnahmehaft vom Verfassungsgesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen direkt-demokratischen Elementen zu verstehen (vgl. etwa Merkl, Die Baugesetze der österreichischen Bundesverfassung, in: Klecatsky (Hg.), Die Republik Österreich - Gestalt und Funktion ihrer Verfassung, 1968, 77 ff.). So formuliert Rill (Möglichkeiten und Grenzen des Ausbaus direkt-demokratischer Elemente in der österreichischen Bundesverfassung, 1987, 7, mwH), daß nach herrschender Lehre die "Entscheidung des Bundesverfassungsgesetzgebers für die repräsentative Demokratie ... grundlegenden Charakter" hat. In diesem Sinn hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 3134/1956 das parlamentarische System zu den - den Landesverfassungsgesetzgeber (und somit auch den einfachen Landesgesetzgeber) bindenden - Grundzügen der Bundesverfassung gezählt. Für die Verwaltungsorganisation bedeutet dies die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, Verwaltungsorgane - soweit es sich nicht um allgemeine Vertretungskörper handelt - nicht unmittelbar vom Bundes-, Landes- oder wie hier vom Gemeindevolk wählen, sondern sie von den selbst mit direkt-demokratischer Legitimation ausgestatteten Staatsorganen bestellen und diesen gegenüber verantwortlich sein zu lassen (wie dies im übrigen die Vorschriften über die Bestellung des Bundeskanzlers (Art70 B-VG) und des Landeshauptmanns (Art101 B-VG), dessen Stellung die des Bürgermeisters in vielem nachgebildet ist, explizit vorsehen).

Dort, wo das B-VG von diesem Grundkonzept abweicht, ist dies ausdrücklich festgelegt. Es ist also systematisch verfehlt, aus dem Stillschweigen der Verfassung auf die Zulässigkeit der einfach-gesetzlichen Einführung einer direkt-demokratischen Bestellung von Verwaltungsorganen schließen zu wollen.

Das wird für die Gemeinden auch durch eine Bedachtnahme auf die Bestimmung des Art 117 Abs 7 B-VG und seine Entstehungsgeschichte bestätigt. Ausdrücklich wird in dieser durch die B-VG-Novelle BGBl. 490/1984 eingeführten Bestimmung die Landesgesetzgebung ermächtigt, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorzusehen. Diese Ermächtigung erfolgte im Hinblick auf das verfassungspolitische Anliegen der Einführung direkt-demokratischer Mitwirkungsrechte des Gemeindevolkes; ihre Existenz bestätigt das eben skizzierte Grundkonzept einer repräsentativ-demokratischen Verfassung mit jeweils ausdrücklich formulierten direkt-demokratischen Elementen.

Daß die Ermächtigung des Art 117 Abs 7 B-VG aber ihrerseits bloß zur Teilnahme und Mitwirkung des Gemeindevolkes bei der Besorgung von Agenden der Gemeindeverwaltung ermächtigt, nicht aber eine Direktwahl von Gemeindeorganen zu decken vermag, wird aus den Materialien zu dieser Bestimmung deutlich. So heißt es in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieser B-VG-Novelle (446 BlgNR 17. GP, 7) zu Art 117 Abs 7:

"Ziel dieser Bestimmung ist es, mögliche Einrichtungen und zum Teil derzeit bereits praktizierte Formen direkter Demokratie auf Gemeindeebene bundesverfassungsgesetzlich abzusichern.

Dabei soll die unmittelbare Teilnahme der zum Gemeinderat Wahlberechtigten darin bestehen, daß ihnen - wie dies etwa bei einer Volksabstimmung der Fall ist - in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die Entscheidung anstelle der an sich zuständigen Gemeindeorgane überlassen wird. Dagegen erfaßt der Begriff der Mitwirkung andere Formen direkter Demokratie, wie zB Volksbegehren oder Volksbefragungen."

Von einer Erweiterung der direkten Volkswahl von Gemeindeorganen über die in Art 117 Abs 1 und 2 B-VG vorgesehene Gemeinderatswahl hinaus ist weder in Art 117 Abs 7 B-VG noch in den wiedergegebenen Erläuterungen zu dieser Bestimmung die Rede.

3. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die in Prüfung genommenen Bestimmungen der TGWO den oben beschriebenen Wechsel im System des organisatorischen Aufbaus der Gemeindeselbstverwaltung von einem System parlamentarisch-demokratischer Organkreation zu einem dualen, auch Elemente einer direkt-demokratisch gestalteten Bestellung eines monokratischen Führungsorgans enthaltenden System konstituieren, daß für einen solchen Systemwechsel aber die notwendige bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung fehlt, weshalb die geprüften Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben waren.

Wenn ein verfassungspolitisches Bedürfnis besteht, auf Gemeindeebene ein solches duales Verwaltungssystem zu errichten, so darf dies nicht mittels einfachen Gesetzes befriedigt werden; eine solche Änderung bedarf vielmehr - wie auch die anderen verfassungsgesetzlichen Ausnahmen vom repräsentativ-demokratischen Grundprinzip der Verfassung - der bundesverfassungsgesetzlichen Verankerung gem. Art 44 Abs 1 B-VG.

4. Für die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen, die auch von der Tiroler Landesregierung nicht beantragt wurde, sah der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf § 78 TGWO keine Notwendigkeit.

Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Tirol zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.