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VfGH vom 27.11.2018, G75/2018 ua

VfGH vom 27.11.2018, G75/2018 ua

Leitsatz

Keine Verletzung des Sachlichkeitsgebots durch Bestimmungen des KinderbetreuungsgeldG betreffend die Berechnung der Höhe des Kinderbetreuungsgeldes bzw – bei Überschreitung der als Jahresbetrag vorgesehenen Zuverdienstgrenze – des Rückzahlungsbetrags

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen begehrt das Arbeits- und Sozialgericht Wien, § 8a Abs 1 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl I 103/2001 idF BGBl I 116/2009, als verfassungswidrig aufzuheben.

II.Rechtslage

§2 KBGG idF BGBl I 35/2014, § 8 leg.cit. idF BGBl I 117/2013 und § 8a leg.cit. idF BGBl I 116/2009 lauteten wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Abschnitt 2

Pauschales Kinderbetreuungsgeld

Anspruchsberechtigung

§2. (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern

1. für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376, besteht und Familienbeihilfe für dieses Kind tatsächlich bezogen wird,

2. der Elternteil mit diesem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt,

3. der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte (§8 Abs 1) des Elternteiles im Kalenderjahr den absoluten Grenzbetrag von 16.200 € oder den höheren individuellen Grenzbetrag nach § 8b nicht übersteigt,

4. der Elternteil und das Kind den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und

5. der Elternteil und das Kind sich nach § 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl I Nr 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl I Nr 100/2005 idF BGBl I Nr 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten, es sei denn, es handelt sich

a) um österreichische Staatsbürger oder

b) [um] Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl I Nr 100, gewährt wurde, oder

c) [um] Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde und die keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.

Für nachgeborene Kinder wird das Kinderbetreuungsgeld rückwirkend gewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

(2) - (6) […]

[…]

Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte

§8. (1) Maßgebliche Einkünfte sind die Einkünfte gemäß § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl Nr 400. Der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte (§2 Abs 1 Z 3) ist wie folgt zu ermitteln:

1. Soweit im Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte solche aus nichtselbständiger Arbeit (§25 EStG 1988) enthalten sind, ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) erzielt werden und gemäß § 19 EStG 1988 diesem Anspruchszeitraum zuzuordnen sind. Sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Der danach ermittelte Betrag ist um 30 % zu erhöhen und sodann auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Besteht der Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für den ganzen Kalendermonat, so zählt dieser Kalendermonat zum Anspruchszeitraum, andernfalls ist dieser Kalendermonat nicht in den Anspruchszeitraum einzubeziehen. Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe gelten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, abweichend vom vorletzten Satz ist der ermittelte Betrag um 15 % zu erhöhen. Dem Wochengeld gleichartige Leistungen bleiben außer Ansatz. […]

2. Andere maßgebliche Einkünfte (§§21 bis 23 EStG 1988) sind mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht. Einkünfte aus Betätigungen, die die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellen, sind um 30 % zu erhöhen. Wird bis zum Ablauf des zweiten auf das betreffende Kalenderjahr folgenden Kalenderjahres dem Krankenversicherungsträger nachgewiesen, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraumes (Z1) angefallen sind, sind nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, die während des Anspruchszeitraumes angefallen sind. Im Falle eines derartigen Nachweises, der den steuerrechtlichen Bestimmungen zu entsprechen hat, sind die während des Anspruchszeitraumes angefallenen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Z 1 vierter Satz ist anzuwenden.

(2) […]

Einschleifregelung

§8a. (1) Übersteigt der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte gemäß § 8 den Grenzbetrag nach § 2 Abs 1 Z 3 bzw § 24 Abs 1 Z 3, so verringert sich das für das betreffende Kalenderjahr gebührende Kinderbetreuungsgeld um den übersteigenden Betrag.

(2) Übersteigt der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte gemäß § 8 den Grenzbetrag nach § 9 Abs 3 oder § 12, so verringert sich die für das betreffende Kalenderjahr gebührende Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld um die Summe der übersteigenden Beträge, sofern beide Grenzbeträge jeweils um nicht mehr als 15 % überstiegen werden. Bei einer Überschreitung auch nur eines Grenzbetrages von mehr als 15 %, ist die gesamte in dem Kalenderjahr bezogene Beihilfe zurückzuzahlen."

III.Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Dem zu G75/2018 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am beantragte die Klägerin vor dem einschreitenden Gericht die Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld für ihr am geborenes Kind für den Zeitraum vom bis . Mit Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom wurde der Antrag mit der Begründung abgewiesen, der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte der Klägerin gemäß § 8 Abs 1 KBGG habe den absoluten Grenzbetrag nach § 2 Abs 1 Z 3 leg.cit. von € 16.200,– im Kalenderjahr 2016 um € 4.838,98 sowie im Kalenderjahr 2017 um € 2.915,04 überschritten. Gegen diese Entscheidung wurde Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien erhoben, das aus Anlass dieses Verfahrens den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag stellt.

2.Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"Ausgehend von den in der Klagebeantwortung von der beklagten Partei vorgebrachten Zahlen hat die Klägerin durch ihre Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit zusammen mit dem AMS Bezug im Dezember 2016 nach Erhöhung um dreißig bzw fünfzehn Prozent und Hochrechnung auf einen Jahresbetrag den Grenzbetrag von EUR 16.200,00 um EUR 4.838,98 überschritten. In der auf die hier gegenständlichen Bezugszeiträume anzuwendenden Fassung des § 3 Abs. 1 KBGG vor der Novellierung durch das Familienzeitbonusgesetz beträgt das Kinderbetreuungsgeld in der Anspruchsdauervariante wie hier gewählt von 30+6 Monaten EUR 14,53 täglich. Ohne Überschreitung der Zuverdienstgrenze hätte daher die Klägerin für die 53 Bezugstage des Jahres 2016 EUR 77,09 erhalten und für die 119 Bezugstage des Jahres 2017 EUR 1.729,07. Gemäß dem § 8a Abs. 1 KBGG in der auf diesen Fall anzuwendenden Stammfassung besteht bei Überschreitung der Zuverdienstgrenze durch den nach § 8 KBGG ermittelten maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte nur insofern ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, wenn dieser (auf das gesamte Kalenderjahr hochgerechnete) Überschreitungsbetrag

geringer ist als die in dem jeweiligen Jahr sich errechnete Höhe des Kinderbetreuungsgeldes. Nach dem derzeitigen Verfahrensstand – ergibt sich somit, dass kein Kinderbetreuungsgeld für den hier gegenständlichen Zeitraum zusteht.

[…]

Die Bedenken gegen die Verfassungswidrigkeit beruhen darauf, dass Eltern, welche im jeweiligen Anspruchsjahr nur einen kurzen Bezugszeitraum haben, gegenüber Eltern, für die sich in diesem Jahr […] eine längere Bezugsdauer – bis zu zwölf Monaten – ergibt, aus sachlich nicht erkennbaren Gründen bedeutend weniger von der Einschleifregelung nach § 8a Abs. 1 KBGG profetieren können. Hätte im hier vorliegenden Fall die Klägerin im Jahr 2016 das ganze Jahr Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld gehabt und hätte sie in diesem ganzen Jahr im monatlichen Durchschnitt genau gleich viel dazuverdient, wären der Klägerin im Jahr 2016 vom Jahresbetrag des Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von EUR 5.303,45 (365 Tage à 14,53 Euro) nach Abzug des Überschreitungsbetrages von EUR 4.838,98 noch EUR 464,47 verblieben; für das Jahr 2017 gilt, bei einem Ganzjahresbezug wäre vom Jahresbetrag des Kinderbetreuungsgeldes von EUR 5.303,45 EUR 2.915,04 abzuziehen, die Klägerin hätte in diesem Fall noch EUR 2.388,41 Kinderbetreuungsgeld erhalten. Diese nicht sachlich gerechtfertigte Differenzierung, dass die Einschleifregelung Kurzzeitbeziehern des betreffenden Jahres prozentuell weniger nützt als Beziehern eines längeren Zeitraums bis zu einem ganzen Jahr, ist keine Einzelfallhärte im Randbereich der Gesetzesanwendung, sondern beruht auf einem Fehler im Gesetzessystem. Schlicht und ergreifend fehlt hier für eine gleichheitskonforme Ausgestaltung der Einschleifregelung eine zusätzliche Bestimmung, wonach der nach einer Hochrechnung auf einen Jahresbetrag sich ergebende Überschreitungsbetrag der Freigrenze (hier von § 2 Abs. 1 Z 3 KBGG) auf die Bezugsdauer in diesem Jahr aliquotiert wird. Mit einer tageweisen Aliquotierung ergebe sich hier beispielshaft für das Jahr 2017 ein aliquoter Überschreitungsbetrag von lediglich EUR 950,38 (EUR 2.915,04 geteilt durch 365 Tage multipliziert mit 119 Bezugstagen in diesem Jahr), somit würde als Unterschiedsbetrag der Klägerin noch ein Kinderbetreuungsgeld in Höhe von EUR 778,69 für das Jahr 2017 verbleiben.

Es kann auch nicht argumentiert werden, dass die geltende Regelung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht durch eine zusätzliche Aliquotierungsbestimmung gleichheitskonform ausgestaltet werden kann. Es genügt hier eine zusätzliche Rechenoperation, der Gesetzgeber des KBGG verlangt schließlich seit dem Familienzeitbonusgesetz eher komplizierte tageweise Berechnungen, beispielsweise in § 2 Abs. 5, § 3 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Abs. 5, § 4 Abs. 2, § 5 Abs. 1 und 2, § 5a Abs. 2, § 5c Abs. 1 und Abs. 2, § 5d usw KBGG."

3.Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot:

2.1 Zu den vorgebrachten Bedenken

Das antragstellende Gericht hegt in Hinblick auf § 8a Abs 1 KBGG im Wesentlichen die Bedenken, dass Eltern, welche im jeweiligen Anspruchsjahr nur einen kurzen Bezugszeitraum haben, gegenüber Eltern, für die sich in diesem Jahr eine längere Bezugsdauer von bis zu zwölf Monaten ergebe, aus sachlich nicht erkennbaren Gründen bedeutend weniger von der Einschleifregelung des § 8a Abs 1 KBGG profitieren können. Diese nicht sachlich gerechtfertigte Differenzierung, dass die Einschleifregelung Kurzzeitbeziehern des betreffenden Jahres prozentuell weniger nütze als Beziehern während eines längeren Zeitraums (bis hin zu einem ganzen Jahr), sei keine Einzelfallhärte im Randbereich der Gesetzesanwendung, sondern beruhe auf einem Fehler im Gesetzessystem. Es fehle für eine gleichheitskonforme Ausgestaltung der Einschleifregelung eine zusätzliche Bestimmung, wonach der sich nach einer Hochrechnung auf einen Jahresbetrag ergebende Überschreitungsbetrag der Freigrenze auf die Bezugsdauer in diesem Jahr aliquotiert werde.

2.2 Zur Berechnung des Überschreitungsbetrags

Für die Berechnung des Überschreitungsbetrags sind zuerst die Einkünfte zu ermitteln, die der beziehende Elternteil während der Kinderbetreuungsgeld-Anspruchsmonate im Prüfjahr erzielt hat. Bei unselbständig erwerbstätigen Eltern wird hiefür die Lohnsteuerbemessungsgrundlage für jeden Anspruchsmonat ermittelt und zusammengerechnet. Ein Anspruchsmonat liegt dann vor, wenn an allen Tagen eines Kalendermonats Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht (vgl § 8 Abs 1 Z 1 vierter Satz KBGG). Diese Regelung wurde mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 117/2013 eingeführt und ist auf Bezugszeiträume ab anzuwenden. Die Summe der Lohnsteuerbemessungsgrundlagen wird dann auf das Jahr hochgerechnet, was bedeutet, dass die Summe der Lohnsteuerbemessungsgrundlagen durch die Anzahl der Anspruchsmonate dividiert und dann mit zwölf multipliziert wird. Davon werden die Werbungskosten – mindestens 132 Euro (Werbungskostenpauschale) – in Abzug gebracht. Im Anschluss wird dieser Betrag um 30% erhöht.

Wird mit dem Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte (Endbetrag) die Zuverdienstgrenze überschritten, muss jener Betrag, um den die Zuverdienstgrenze überschritten wurde, zurückgezahlt werden; maximal kann davon das gesamte im Prüfjahr bezogene Kinderbetreuungsgeld erfasst sein.

Im Folgenden soll die Berechnung des Überschreitungsbetrags anhand eines Beispiels illustriert werden:

Ein Elternteil bezieht Kinderbetreuungsgeld vom bis . Während des Bezuges erzielt das Elternteil monatlich eine Lohnsteuerbemessungsgrundlage von 1.100 Euro. Die Zuverdienstgrenze beträgt 16.200 Euro.

Es liegen hier vier Anspruchsmonate vor (Februar, März, April und Mai). Der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte beträgt somit:

([4.400 / 4 x 12] – 132) + 30% = 16.988,40 Euro.

Die Zuverdienstgrenze von 16.200 Euro wird um 788,40 Euro überschritten. Um diesen Betrag reduziert sich der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld im Kalenderjahr 2017. Es sind daher 788,40 Euro zurückzuzahlen.

2.3 Zur Verfassungskonformität

2.3.1 Der Gesetzgeber darf von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen

Von der bekämpften Bestimmung sind nahezu alle Bezieher von Kinderbetreuungsgeld betroffen, da jeder Bezug von Kinderbetreuungsgeld zumindest ein Kalenderjahr enthält, in welchem nicht das ganze Kalenderjahr lang (also unterjährig) bezogen wird; im Regelfall sind es sogar zwei Kalenderjahre mit nicht ganzjähriger Bezugszeit, am Beginn und am Ende des Bezugszeitraumes. Nur ein vernachlässigbar kleiner Teil der Bezieher bzw Bezieher bezieht das ganze Kalenderjahr Kinderbetreuungsgeld, nämlich jene, deren Anspruch von 1. Jänner bis 31. Dezember des Kalenderjahres andauert. Diese Bezieher stellen somit den Ausnahmefall beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld dar.

Bei der Konzipierung und Einführung der bekämpften Bestimmung stellte der Gesetzgeber auf den oben genannten Regelfall ab, um eine möglichst einfach verständliche und leicht administrierbare Berechnung zu schaffen, welche die Zuverdienstberechnung nicht zusätzlich komplizierter macht, um keine Verfassungswidrigkeit zu schaffen, hat doch der Verfassungsgerichtshof in seine[m] Erkenntnis VfSlg 18.705/2009 festgestellt, dass bei der Zuverdienstgrenze in der Fassung vor Einführung der Einschleifregelung ein in die Verfassungssphäre reichendes Ausmaß an Unübersichtlichkeit und Unverständlichkeit (gerade noch) nicht gegeben ist.

Daher – aber auch aus verwaltungsökonomischen Gründen – ging der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung aus und normierte eine pauschale Reduktion des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld im betreffenden Kalenderjahr um jenen Betrag, um den der Elternteil die Zuverdienstgrenze überschritten hat, und zwar unabhängig von der Bezugsdauer. Diese Regelung gilt für alle Elternteile.

Wie bei jeder Pauschalierung gibt es dabei 'Gewinner' und 'Verlierer'. Im gegenständlichen Fall sind die 'Verlierer' jene Eltern, die geringfügig weniger von der Einschleifregelung profitieren als andere – nämlich jene Eltern, die einen kürzeren unterjährigen Zeitraum Kinderbetreuungsgeld beziehen und (trotz eines kürzeren Bezugszeitraums) die Zuverdienstgrenze überschreiten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist es mit dem Gleichheitssatz jedoch durchaus vereinbar, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft, insbesondere, wenn dies der Verwaltungsökonomie dient:

Der Verfassungsgerichtshof selbst judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt ist, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und so eine am Ziel der Verwaltungsökonomie orientierte Gesetzesvollziehung zu ermöglichen (zB VfSlg 16.048/2000 und 18.236/2007). So kann der Gesetzgeber bei der Normsetzung von einer auf den Regelfall abstellenden Durchschnittsbetrachtung ausgehen und typisieren (vgl etwa VfSlg 10.455/1985 und 13.659/1993). Auch pauschalierende Regelungen sind möglich (VfSlg 9624/1983). Solche Regelungen dürfen lediglich, wenn sie im Interesse der Verwaltungsökonomie getroffen werden, nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen (zB VfSlg 4930/1965, 5022/1965, 9608/1983 und 13.726/1994).

Ein solcher Widerspruch liegt bei der gegenständlichen Bestimmung jedenfalls nicht vor: Eine Regelung, die an einen Überschreitungsbetrag anknüpft und bestimmt, dass sich eine Leistung um diesen Überschreitungsbetrag reduziert, ist lebensnah und leicht nachvollziehbar. Zudem mus[s] dem beziehenden Elternteil bewusst sein, dass es sich bei der Zuverdienstgrenze um einen Jahresbetrag handelt und dass sich sein Kinderbetreuungsgeld-Anspruch im betreffenden Kalenderjahr um jenen Betrag reduziert, um den er diese Zuverdienstgrenze im Kalenderjahr überschreitet; zumal er diese Informationen bei der Kinderbetreuungsgeld-Antragstellung mit eigenhändiger Unterschrift nachweislich zur Kenntnis genommen hat.

2.3.2 Rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Gesetzgeber im Bereich der Familienpolitik im Allgemeinen sowie im Beihilfenrecht im Besonderen generell ein weiter rechtspolitischer Spielraum zuzubilligen (VfSlg 19.411/2011). So hat der Verfassungsgerichtshof zusammenfassend im Erkenntnis VfSlg 14.694/1996 (vgl Punkt 4.2. des Erkenntnisses) unter anderem ausgeführt, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist, Beihilfen in unbeschränkter Weise zu gewähren (VfSlg 5972/1969). Den rechtspolitischen Spielraum, der dem Gesetzgeber im Beihilfenrecht generell zuzubilligen ist, hat der Verfassungsgerichtshof auch in anderen Erkenntnissen zum KBGG (VfSlg 18.705/2009 und 19.343/2011) betont.

Diesen ihm zustehenden Spielraum hat der Gesetzgeber bei § 8a Abs 1 KBGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 116/2009 gewahrt, da er bei der Einführung auf den Regelfall jener Eltern abstellte, die unterjährig Kinderbetreuungsgeld beziehen und dabei die Zuverdienstgrenze überschreiten. Bei diesen soll sich der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld im betreffenden Jahr um den Betrag verringern, um den die Zuverdienstgrenze im Kalenderjahr überschritten wurde. Eine Person, die nach der Geburt eines Kindes aus freier Entscheidung nicht die übliche, durchschnittliche Kinderbetreuungsgeld-Dauer in Anspruch nimmt, sondern einen kürzeren Kinderbetreuungsgeld-Bezug beansprucht und zudem die Zuverdienstgrenze überschreitet, muss in Kauf nehmen, dass sie nicht noch weitere Vorteile aus der Einschleifregelung lukrieren kann.

2.3.3 Sachliche Rechtfertigung

Unbeschadet der zulässigen Pauschalierung bestehe zudem eine sachliche Rechtfertigung für die 'Benachteiligung' jener Eltern, die nur für eine kurze Zeit Kinderbetreuungsgeld beziehen:

Der im Verhältnis geringfügig höhere Rückforderungsbetrag bei kürzeren Bezugszeiten findet seine Begründung zum einen darin, dass kürzere Bezugszeiten im Verhältnis höhere Verwaltungskosten begründen, da jeder Antrag – unabhängig von der Bezugsdauer von Kinderbetreuungsgeld – eine Vollprüfung nach sich zieht. Wenn Eltern sich entscheiden, häufig zu wechseln oder nur kurze Zeiträume zu beziehen, müssen sie in Kauf nehmen, dass sie im Falle einer Überschreitung der Zuverdienstgrenzen einen im Verhältnis geringfügig höheren Betrag zurückzahlen müssen.

Zum anderen begründet sich der geringfügig höhere Rückforderungsbetrag bei kürzeren Bezugszeiten auch darin, dass es bei einem kürzeren Bezugszeitraum einfacher und auch zumutbarer ist, eine erhöhte Aufmerksamkeit auf den Zuverdienst zu verwenden und eine Überschreitung der Zuverdienstgrenze zu vermeiden. Je länger der Bezug, umso größer die Gefahr, dass es zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze kommt. Bei einem kürzeren Bezug sind die Einkünfte leichter überschaubar.

2.3.4 Abschließende Bemerkung

Abschließend wird angemerkt, dass sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 18.705/2009 bereits ausführlich mit der Zuverdienstgrenzen-Berechnung befasst und die ihm vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken als unbegründet angesehen hat.

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist."

(Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

4.Das Arbeits- und Sozialgericht Wien stellt zur Zahl G187/2018 einen weiteren Antrag, dem ein in den entscheidenden Punkten gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde liegt: Der Kläger vor dem einschreitenden Gericht bezog für sein am geborenes Kind Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. April bis . Der empfangene Betrag in Höhe von € 1.815,– wurde zur Gänze zurückgefordert, weil der Gesamtbetrag der maßgeblichen Einkünfte des Klägers im Kalenderjahr 2010 den absoluten Grenzbetrag von € 16.200,– um € 14.841,91 (bzw lt. Klagebeantwortung der Behörde vor dem antragstellenden Gericht um € 10.973,95) überschritten habe. Gegen diesen Rückforderungsbescheid wurde Klage erhoben. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien führt sein Bedenken wortgleich wie in dem zu G75/2018 protokollierten Antrag aus.

Der Verfassungsgerichtshof führte zu diesem Antrag des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien (im Hinblick auf § 19 Abs 3 Z 4 VfGG) kein weiteres Verfahren durch.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2.Das Arbeits- und Sozialgericht Wien begehrt in dem zu G187/2018 protokollierten Antrag die Aufhebung des § 8a Abs 1 KBGG "in der Fassung BGBl I 2007/76". Das Arbeits- und Sozialgericht Wien beschränkt seine Bedenken auf Abs 1 des § 8a KBGG, dessen Abs 2 erst mit BGBl I 116/2009 erlassen wurde, und gibt in der Begründung seines Antrages § 8a Abs 1 KBGG in der Fassung BGBl I 116/2009 wörtlich wieder. Hinzu kommt, dass das Kind, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde, im Jahr 2010 geboren ist. Es kann daher in der Sache kein Zweifel bestehen, dass das Gericht die Verfassungswidrigkeit der oben genannten und mit in Kraft getretenen Bestimmung in der Fassung BGBl I 116/2009 behauptet und dessen Aufhebung begehrt. Es ist daher davon auszugehen, dass dem Gericht bei Bezeichnung der angefochtenen Gesetzesstelle ein vom Verfassungsgerichtshof als offenkundiger Schreibfehler gewerteter Zitierfehler unterlaufen ist (vgl VfSlg 18.567/2008, 19.512/2011).

1.3.Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität der angefochtenen Gesetzesbestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge als zulässig.

2.In der Sache

2.1.Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2.Die Anträge sind jedoch nicht begründet.

2.3.Bis zur Einfügung des § 8a KBGG mit BGBl I 76/2007 gebührte im Falle einer Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Zuverdienstgrenze kein Kinderbetreuungsgeld bzw war der gesamte Betrag des bezogenen Kinderbetreuungsgeldes (bzw allenfalls eines Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) zurückzuzahlen. Ausnahmen waren bis dahin in der Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen, mit der Kriterien für Härtefälle nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz festgelegt werden (KBGG-Härtefälle-Verordnung), BGBl II 405/2001, einerseits für den Fall einer bloß geringfügigen, unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze, andererseits für den Fall der Unbilligkeit einer Rückforderung iSd § 60 bis 62 Bundeshaushaltsgesetz (BHG) auf Grund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorgesehen. Mit BGBl I 76/2007 wurde die Einschleifregelung des § 8a KBGG geschaffen, ein Verweis auf die Ausnahmebestimmungen der § 60 bis 62 BHG in § 31 Abs 4 KBGG übernommen und die KBGG-Härtefälle-Verordnung aufgehoben. Mit der Novelle BGBl I 116/2009 wurde die jährliche Zuverdienstgrenze in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG auf € 16.200,– erhöht und § 8a Abs 1 leg.cit. geändert.

Mit der Einschleifregelung des § 8a Abs 1 KBGG sieht der Gesetzgeber nunmehr vor, dass nicht das gesamte in dem betreffenden Kalenderjahr der Überschreitung bezogene Kinderbetreuungsgeld zurückzuzahlen ist, sondern sich das gebührende bzw ausbezahlte Kinderbetreuungsgeld nur um den die Zuverdienstgrenze übersteigenden Betrag verringert. Die Einfügung der Einschleifregelung des § 8a KBGG sollte den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zufolge "zu einer Verringerung der Rückforderungsbeträge und daher zu finanziellen Verbesserungen der Eltern führen" (RV 229 BlgNR 23. GP, 6). Nach dem vom KBGG zugrunde gelegten System werden Einkünfte, die im Zeitraum des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld erzielt werden, auf einen (fiktiven) Jahresbetrag hochgerechnet (vgl im Einzelnen § 8 Abs 2 KBGG) und mit der jährlichen Zuverdienstgrenze abgeglichen (vgl dazu bereits VfSlg 18.705/2009).

2.4.Das Arbeits- und Sozialgericht Wien hegt gegen § 8a Abs 1 KBGG nunmehr das Bedenken, die Regelung führe zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Elternteilen, die für einen kürzeren Zeitraum Kinderbetreuungsgeld beziehen, gegenüber Elternteilen, die für einen längeren Zeitraum Kinderbetreuungsgeld beziehen, weil erstere von der Einschleifregelung nicht in gleicher Weise profitieren könnten. Dabei handle es sich nicht um eine Einzelfallhärte im Randbereich der Gesetzesanwendung, sondern um einen Fehler im Gesetzessystem. Eine gleichheitskonforme Ausgestaltung der Einschleifregelung sei nach Ansicht des antragstellenden Gerichtes etwa durch eine tageweise Aliquotierung des Rückforderungsbetrages zu erreichen.

2.5.Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003, 20.096/2016).

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bei der Verfolgung familienpolitischer Ziele frei ist und ihm im Beihilfenrecht ein weiter, durch das Sachlichkeitsgebot begrenzter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt (VfSlg 14.694/1996 mwN, 17.954/2006, 19.411/2011, 20.096/2016). Dem Gesetzgeber steht es frei, ein Kinderbetreuungsgeld zu gewähren oder nicht (VfSlg 17.954/2006). Bei der Ausgestaltung ist es ihm gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und von einer Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, ist dabei bereits als unsachlich zu werten; auch das Entstehen von Härtefällen macht für sich alleine eine Regelung noch nicht unsachlich (VfSlg 14.694/1996, 18.705/2009, 19.411/2011, 20.096/2016).

2.6.Der Gesetzgeber hat für die Berechnung des Gesamtbetrages der maßgeblichen Einkünfte nach § 8 KBGG ein Konzept gewählt, das eine Umrechnung der im Bezugszeitraum erzielten Einkünfte auf Jahresbeträge vorsieht. Gleichzeitig ist die in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG vorgesehene Zuverdienstgrenze als Jahresbetrag festgelegt. Zur Unbedenklichkeit dieses Systems hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 18.705/2009 ausführlich Stellung genommen. Der Verfassungsgerichtshof konnte nicht finden, dass die in § 8 KBGG gewählte Form der Berechnung des Gesamtbetrages der maßgeblichen Einkünfte für die potentiell anspruchsberechtigten Bezieher von Kinderbetreuungsgeld unmöglich oder in verfassungswidriger Weise erschwert sei. Es sei auch ohne subtile Sachkenntnis möglich und zumutbar, sich vom Inhalt des § 8 KBGG Kenntnis zu verschaffen und – ausgehend von den am Lohnzettel aufscheinenden Daten – den für die im KBGG festgelegten Grenzbeträge bzw Freigrenzen maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte nach dieser Bestimmung zu ermitteln. Der Gesetzgeber habe in § 8 KBGG eine Regelung getroffen, die einerseits den Zwecken und Besonderheiten des Kinderbetreuungsgeldbezuges und andererseits Gesichtspunkten der administrativen Handhabbarkeit und Verwaltungsökonomie Rechnung trägt, somit geeignet ist, die – verfassungsrechtlich unbedenklichen – Ziele des Gesetzgebers zu verwirklichen (VfSlg 18.705/2009).

2.7.Vor diesem Hintergrund ist dem Gesetzgeber auch nicht entgegenzutreten, wenn er bei der Berechnung des Anspruches bzw des Rückzahlungsbetrages im Falle einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze auf einen Vergleich der entsprechenden Jahresbeträge abstellt und von einer weiteren Differenzierung – wie etwa einer tageweisen Aliquotierung des Rückforderungsbetrages – Abstand nimmt. Dem steht insbesondere auch nicht entgegen, dass die Höhe des zustehenden Kinderbetreuungsgeldes als Tagesbetrag festgelegt ist und von Bezieherinnen und Beziehern nach ihren Bedürfnissen (in der gesetzlich vorgesehenen Mindest- bzw Höchstbezugsdauer) in Anspruch genommen werden kann. Dass § 8a Abs 1 KBGG im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung letztlich dazu führen mag, dass Langzeitbezieher allenfalls einen höheren Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld haben bzw einen geringeren Anteil der insgesamt erhaltenen Leistung zurückzahlen müssen als Kurzzeitbezieher, macht die Regelung nicht unsachlich. Letzteren kommt umgekehrt zugute, dass sie – insbesondere bei nicht monatlich gleichbleibenden Bezügen – die Gesamtsumme ihres Einkommens besser vorhersehen bzw vorberechnen können als Bezieherinnen und Bezieher von Kinderbetreuungsgeld, die während des gesamten Jahres Einkünfte haben. Der Verfassungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass der Gesetzgeber in § 8a Abs 1 KBGG eine dem Sachlichkeitsgebot widerstreitende Regelung getroffen hat.

2.8.Da der zu G187/2018 protokollierte Antrag des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien dem zu G75/2018 protokollierten Antrag gleicht, hat der Verfassungsgerichtshof gemäß § 19 Abs 3 Z 4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in dieser Rechtssache durchzuführen. Dies erfolgt im Hinblick darauf, dass die im Verfahren über den Antrag zu G187/2018 aufgeworfenen Rechtsfragen durch die vorliegende Entscheidung geklärt sind.

V.Ergebnis

1.Die ob der Verfassungsmäßigkeit des § 8a Abs 1 KBGG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Die Anträge sind daher abzuweisen.

2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2018:G75.2018
Schlagworte:
Kinderbetreuungsgeld, Rechtspolitik

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