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VfGH vom 11.06.2012, G71/11 ua, V60/11

VfGH vom 11.06.2012, G71/11 ua, V60/11

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Leitsatz

Keine Unsachlichkeit der Aufnahme von Hunden der Rasse "Rottweiler" einschließlich Kreuzungen in den Katalog von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential im Nö Hundehaltegesetz sowie der daraus folgenden Maulkorb- und Leinenpflicht beim Führen eines Kampfhundes; Hinweis auf Vorjudikatur; im Übrigen Zurückweisung der Individualanträge

Spruch

I. Die Eventualanträge auf Aufhebung des Wortes "Rottweiler" in § 2 Abs 2 und auf Aufhebung der Wortfolge "§2 und" in § 8 Abs 4 des Niederösterreichischen Hundehaltegesetzes, LGBl. 4001-1, werden abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die (Eventual )Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die Antragsteller begehren in ihren auf Art 140

Abs1 letzter Satz und Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG gestützten Individualanträgen, der Verfassungsgerichtshof möge

"in § 2 Abs 1 die Wortfolge 'wesensmäßig typischen Verhaltensweise', Abs 2, in eventu die Wortfolge 'oder Kreuzungen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden' und in eventu 'Rottweiler', Abs 3, Abs 4, § 4, § 5, in eventu die Wortfolge in Abs 1 '§2 und', § 6 Abs 1, in Abs 2 die Wortfolge '§2 und', in § 7 das Wort '2', § 8 Abs 4, in eventu die Wortfolge '§2 und', § 10 Abs 1 lit 3, lit 4, in eventu die Wortfolge '§2 und', lit 5, in eventu die Wortfolge '§2 und", lit 6, in eventu die Wortfolge '§2 und', lit 7, in eventu die Wortfolge '§2 und', lit 8, in eventu die Wortfolge '§2 und', und lit 10; Abs 3, § 11, in eventu in Abs 1 die Wortfolge 'bei Vollziehung des § 8 Abs 3 und 4', sowie in eventu Abs 2, § 13, in eventu Abs 1., des NÖ-Hundehaltegesetzes",

und

"in § 2 Abs 1, 2. Satz, die Wortfolgen 'Hunde mit

erhöhtem Gefährdungspotenzial und', sowie '§2', § 7 Abs 1,

2. Satz, in eventu die Wortfolgen 'Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotenzial und', sowie '§2' des NÖ-Hundeabgabengesetzes 1979, Landesgesetzblatt 3702 in der Fassung vom ",

als verfassungswidrig, sowie

"die Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt über die Erhebung der Hundeabgabe vom , kundgemacht durch Anschlag an die Gemeindetafel am , in Punkt 2. als gesetzeswidrig und verfassungswidrig"

aufheben.

2.1. Die Antragsteller bringen zu ihrer Antragslegitimation vor, dass sie ihren ordentlichen Wohnsitz in der Marktgemeinde Breitenfurt in Niederösterreich haben und Halter einer aus einer Kreuzung der Rassen Riesenschnauzer und Rottweiler entstandenen Mischlingshündin seien. Darüber hinaus wird zur Antragslegitimation Folgendes ausgeführt (Zitate ohne die Hervorhebungen im Original):

"Durch die angefochtenen Landesgesetze und durch die angefochtene Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt werden uns Rechtspflichten auferlegt, die in unsere Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingreifen, ohne dass es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Für den Fall eines Zuwiderhandelns gegen die jeweiligen Bestimmungen müssen wir mit der Verhängung von Verwaltungsstrafen rechnen, was unzumutbar ist. Es steht uns auch ein anderer zumutbarer Weg nicht zur Verfügung, um uns gegen die verfassungswidrigen Gesetze und die rechtswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können. Es ist nicht vorgesehen, bzw. ist es rechtlich nicht möglich, den zivilen Rechtsweg zu beschreiten. Weiters werden wir durch die genannten gesetzlichen Bestimmungen unmittelbar zu einem Verhalten verpflichtet, und zwar auf Grund des NÖ-Hundehaltegesetzes werden wir direkt verpflichtet beispielsweise einen Hundeführerschein zu erwerben, es werden Beschränkungen in der Hundehaltung normiert und diverse weitere Vorgaben betreffend der Hundehaltung erstellt. Diese Normierungen und Vorgaben ergeben sich direkt aus dem Gesetz, sollten diese Normen und Vorgaben nicht befolgt werden, können Verwaltungsstrafen verhängt werden. Auf Grund der Verordnung durch die Marktgemeinde Breitenfurt sind wir zu einer deutlich erhöhten Hundeabgabe verhalten, eine Bescheiderlassung ist hiebei nicht vor[g]esehen, die Begleichung der Hundeabgabe ist direkt aus dieser Verordnung, welche auf dem NÖ-Hundeabgabegesetz 1979 beruht, normiert und wirkt ebenfalls ohne Bescheiderlassung. [...] Das Abwarten, bis Verwaltungsstrafen gegen uns verhängt werden, ist unzumutbar."

2.2. Die Niederösterreichisches Landesregierung

erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt,

"der Verfassungsgerichtshof wolle

a) den vorliegenden Individualantrag als unzulässig zurückweisen, bzw.

b) die beantragten Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes und des Hundeabgabegesetzes 1997 nicht als verfassungswidrig und Punkt 2. der Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt über die Erhebung der Hundeabgabe vom nicht als gesetzwidrig aufheben."

Zur Antragslegitimation führt die Niederösterreichische Landesregierung Folgendes aus:

"Schon eine kurze Betrachtung ergibt, dass der Antrag hinsichtlich des NÖ Hundehaltegesetzes überschießend ist, denn sowohl § 4 als auch die Hauptanträge zu § 5, § 6 Abs 1, § 8 Abs 4,

§10 Abs 1 lit 4, § 10 Abs 1 lit 5, § 10 Abs 1 lit 6, § 10 Abs 1 lit 7,

§10 Abs 1 lit 8 sowie § 11 betreffen auch auffällige Hunde gemäß

§3. Aus dem Vorbringen ergibt sich jedoch kein Hinweis darauf, dass die Antragsteller einen solchen auffälligen Hund halten. Im Gegenteil [...] wird § 3 vom Vorwurf der Unsachlichkeit ausdrücklich ausgenommen.

Auch die beantragte Aufhebung von § 2 Abs 2 ist zu

weitgehend, da die Antragsteller nach ihrem Vorbringen sich nur auf eine Mischlingshündin, welche aus einer Kreuzung der Rassen Riesenschnauzer und Rottweiler entstand, beziehen.

Zum Eventualantrag 'und in eventu 'Rottweiler'', ist unklar, ob er sich auf § 2 Abs 2 oder auf den Eventualantrag 'oder Kreuzungen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden' beziehen soll.

Auch hinsichtlich § 2 Abs 3 und 4 ist nicht

ersichtlich, dass die Antragsteller von diesen Bestimmungen betroffen wären - entsprechende Ausführungen fehlen im Antrag.

Die beantragte Aufhebung des Wortes '2' in § 7 ist

unklar, da dadurch der Anwendungsbereich der Bestimmung sogar ausgeweitet werden würde. Weiters ist anzumerken, dass im Antrag keine Ausführungen gemacht werden, die auf eine Betroffenheit der Antragsteller durch diese Bestimmung hindeuten würde.

Auch der Eventualantrag zu § 11',sowie in eventu

Abs2,' ist unklar dahingehend, ob er sich auf den Hauptantrag beziehen soll oder auf den Eventualantrag 'in Abs 1 die Wortfolge 'bei Vollziehung des § 8 Abs 3 und 4''.

Ebenso stellt sich im Hinblick auf das Fehlen eines entsprechenden Vorbringens die Frage der Betroffenheit der Antragsteller in Bezug auf den gesamten § 13 -dies wird zu verneinen sein.

Zum Aufhebungsantrag hinsichtlich des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979 müsste die Wortfolge jeweils am Ende nicht nur '§2' sondern '§2 und' lauten.

Ebenso ist der Aufhebungsantrag zur Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt über die Erhebung der Hundeabgabe vom überschießend, da in 'Punkt 2.' nicht nur Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotenzial, sondern ausdrücklich auch auffällige Hunde nach § 3 des NÖ Hundehaltegesetzes geregelt sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass

Anträge nach Art 139 und Art 140 B-VG, die keine Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit der aufzuhebenden Norm sprechenden Bedenken 'im Einzelnen' enthalten (§62 Abs 1 Satz 2 VfGG), nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht verbesserungsfähig und als unzulässig zurückzuweisen sind (VfSlg. 11.150/1986, 11.970/1989, , V80/10-13).

Die Darlegung der Bedenken der Antragsteller

beschränkt sich auf § 2 Abs 1 und 2 des NÖ Hundehaltegesetzes und § 2 Abs 1 des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979."

3.1. In der Sache bringen die Antragsteller vor, die angefochtenen Regelungen seien gleichheitswidrig. Begründend führen sie im Wesentlichen aus, dass die Unterscheidung zwischen Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential und anderen Hunden unsachlich sei, weil sie sich nicht auf entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen gründe. Insbesondere vertreten die Antragsteller die Ansicht, die Auswahl jener Hunderassen, bei denen gemäß § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz ein erhöhtes Gefährdungspotential stets vermutet wird, sei willkürlich erfolgt und mit empirischen Studien über die Gefährlichkeit der einzelnen Hunderassen nicht in Einklang zu bringen. Zur Stützung dieser Ansicht berufen sich die Antragsteller auf mehrere näher bezeichnete und zum Teil dem Verfassungsgerichtshof vorgelegte Gutachten bzw. Studien.

Da sich die gesetzliche Differenzierung zwischen in § 2 leg.cit. aufgeführten Hunden bzw. Hunderassen und sonstigen Hunden nicht mit Unterschieden im Tatsächlichen rechtfertigen ließen, seien sämtliche Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes, durch die Haltern von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential im Vergleich zu Haltern anderer Hunde zusätzliche Rechtspflichten auferlegt werden, gleichheitswidrig.

Jene Bestimmungen des NÖ Hundeabgabegesetzes und der auf dessen Grundlage ergangenen Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt über die Erhebung der Hundeabgabe vom , durch die Haltern von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential eine höhere Hundeabgabe auferlegt wird, als Haltern anderer Hunde, sind nach dem Antragsvorbringen deshalb gleichheitswidrig, weil eine Gemeinde für Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential nicht mehr Leistungen erbringe, als für andere Hunde.

3.2. Die Niederösterreichische Landesregierung tritt dem Antragsvorbringen in der Sache zusammengefasst mit folgenden Argumenten entgegen:

3.2.1. Im Hinblick auf die beantragte Aufhebung näher bezeichneter Vorschriften des NÖ Hundehaltegesetzes verweist die Landesregierung zunächst auf bereits ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs. Schon in seinem Erkenntnis vom zu G24/11, G26/11 und G45/11 habe sich der Verfassungsgerichtshof mit ähnlichen Bedenken wie jenen der Antragsteller auseinandergesetzt und diese nicht geteilt. Aus der Entscheidung VfSlg. 19.352/11, in der der Verfassungsgerichtshof der Aufnahme der Hunderasse "American Staffordshire Terrier" in die Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von hundeführscheinpflichtigen Hunden, Wr. LGBl. 33/2010, nicht entgegengetreten sei, ergebe sich zum einen, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, die Zulässigkeit der Haltung potentiell gefährlicher Tiere davon abhängig zu machen, dass deren Besitzer einen Hundeführschein besitzen und zum anderen, dass die Bissigkeit von Hunden ein relevantes Kriterium für die Gefährlichkeit von Hunderassen sei.

Dem Vorbringen der Antragsteller, es sei unsachlich, Hunde auf Grund von Wesensmerkmalen in Rassen zu unterteilen, tritt die Niederösterreichische Landesregierung unter Berufung auf einschlägige Fachliteratur und Studien entgegen und führt zur "Situation hinsichtlich der Beißvorfälle in Niederösterreich" aus:

"Um einen Überblick über die Situation in Niederösterreich zu erhalten, wurde für den Zeitraum bis die Anzahl der Beißvorfälle bei denen Hunde der Rassen Bullterrier, Staffordshire Bullterrier und Rottweiler, sowie Mischlinge dieser Rassen involviert waren, erfragt.

Es wurden 51 Beißvorfälle mit Rottweiler

dokumentiert, wobei zwei Menschen getötet worden sind, eine Person sich in Lebensgefahr befand und zwei Personen schwer verletzt worden sind. Auch tödlich endende Übergriffe von Rottweiler auf andere Tiere wurden berichtet. Mit Rottweilermischlingen wurden 25 Zwischenfälle gemeldet wobei es zu einer schweren Körperverletzung gekommen ist."

Die Argumentation, mit der sie der von den Antragstellern behaupteten Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetz entgegentritt, fasst die Niederösterreichische Landesregierung folgendermaßen zusammen:

"Auf Grund der obigen Ausführungen kann davon

ausgegangen werden, dass bei bestimmten Rassen das Verhalten (wesensmäßig typische Verhaltensweisen) ein Zuchtkriterium dargestellt hat bzw. darstellt und somit auch untereinander in Verbindung gebracht werden kann.

Daher kann dem Gesetzgeber aus fachlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, dass die Begriffe 'wesensmäßig typische Verhaltensweise', 'Kreuzungen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden' und 'Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential' im NÖ Hundehaltegesetz genannt und berücksichtigt werden.

Es geht hier nicht um eine 'Verurteilung' oder 'Stigmatisierung' von Rassen, sondern viel mehr um die Tatsache, dass auch gewisse Verhaltensmerkmale (z.B. Kampfbereitschaft, Schutz) bei den genannten Rassen im NÖ Hundehaltegesetz unter anderem züchterische Auswahlkriterien dargestellt haben.

Die Aufnahme einer Hundehaltung muss grundsätzlich immer eine bewusste verantwortungsvolle Entscheidung sein. Entscheidet man sich für bestimmte Rassen, welche auf Grund der Zuchtauswahl bzw. des Verwendungszweckes (z.B. Schutzhund) oder der Herkunft (unseriöse Züchtungen, schlechte Sozialisierung als Welpe) mehr Gefahrenpotential in sich tragen können als andere, ist der Hundehalter umso mehr gefordert. Die genetische Veranlagung (Verhalten) kann mittels Erziehung, Ausbildung und Haltung positiv aber auch sehr leicht negativ beeinflusst werden, abhängig von der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Hundehalters. Deshalb wird auch nicht von einer allgemeinen Gefährlichkeit ausgegangen sondern eben von einem Potential. Durch falsche Erziehung oder durch Nachlässigkeit, aber auch mit voller Absicht, kann eben dieses Potential (= beinhaltet auch Definitionen von Wesen bzw. Charakter einer Rasse) ins Negative gefördert werden.

Bei der Hunderziehung gilt es konstruktiv und

kompetent zu agieren und mit dem Hund aktiv zu arbeiten um eventuelle Defizite (z.B. erniedrigte Reizschwelle) auszugleichen.

Rottweiler sowie deren Kreuzungen sind große und

kräftige Hunde, von denen vor allem bei falscher Haltung, Erziehung und Sozialisierung eine Gefährdung ausgehen kann.

Aus fachlicher Sicht kann daher dem Gesetzgeber auch nicht entgegengetreten werden, wenn für Halter von Hunderassen, welche ihre Entstehungsgeschichte in der Verwendung als Kampfhunde begründet haben, Auflagen vorgesehen werden, damit diese durch das Ablegen eines Sachkundenachweises das Wissen über das Verhalten von Hunden und über den richtigen Umgang mit Hunden erwerben. Diese Maßnahme hat als Ziel, dass unwissentliches oder wissentliches Fehlverhalten des Hundehalters nicht zu Verhaltensstörungen des Hundes führt.

Meistens werden Hunde, welche bereits Verhaltensauffälligkeiten zeigen, früher oder später, im schlimmsten Fall bereits nach einem Beißvorfall, als nicht mehr handelbare 'Problemhunde' ins Tierheim abgeschoben."

3.2.2. Der behaupteten Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen des NÖ Hundeabgabegesetzes tritt die Niederösterreichische Landesregierung entgegen, indem sie auf ihre Ausführungen zur Sachlichkeit der Differenzierung zwischen Hunderassen in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz hinweist und darüber hinaus Folgendes vorbringt:

"Nach Art 116 Abs 2 B-VG hat die Gemeinde das Recht, im Rahmen der Finanzverfassung Abgaben auszuschreiben.

Gemäß § 15 Abs 3 Z. 2 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

'2. Ohne Rücksicht auf ihre Höhe Abgaben für das Halten von Hunden, die nicht als Wachhunde, Blindenführerhunde oder in Ausübung eines Berufes oder Erwerbes gehalten werden, und für das Halten von anderen Hunden, die nicht in Ausübung eines Berufes oder Erwerbes gehalten werden;'

Gemäß § 1 Abs 1 des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979 gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes in jenen Gemeinden, in denen auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Verordnung des Gemeinderates eine Abgabe für das Halten von Hunden, die nicht als Wachhunde, Blindenführerhunde oder in Ausübung eines Berufes oder Erwerbes (Nutzhunde) gehalten werden, erhoben wird (Hundeabgabe).

Unter Abgaben werden Geldleistungen verstanden, die die Gebietskörperschaften kraft öffentlichen Rechts zur Erzielung von Einnahmen erheben (VfSlg. 1465/1932; 3919/1961 u. a.).

Bei der Hundeabgabe handelt es sich um eine Steuer ohne besondere Zweckbindung. Der Ertrag dieser ausschließlichen Gemeindeabgabe fließt ausschließlich der jeweils erhebungsberechtigten Gemeinde zu. Diese Einnahmen unterliegen keiner Zweckwidmung und können von jeder Gemeinde im Rahmen ihres Haushalts frei verwendet werden.

Von daher gehen die Bedenken der Antragsteller im Hinblick auf die monierte Äquivalenz von Leistungen ins Leere, da der Hundeabgabe als Steuer keine konkrete Gegenleistung der Gemeinde gegenüberstehen muss.

Das NÖ Hundeabgabegesetz 1979 hat schon vor

lnkrafttreten der 7. Novelle, LGBI. 3702-8, hinsichtlich der Höhe der Abgabe zwischen Nutzhunden (§3) und 'Luxushunden' (= jene Hunde, die nicht Nutzhunde sind) unterschieden. Im Rahmen der 'Luxushunde' wurde durch diese Novelle eine weitere Differenzierung geschaffen, wobei nunmehr gemäß § 2 Abs 2 des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979 für Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential und auffällige Hunde im Sinne der §§2 und 3 des NÖ Hundehaltegesetzes eine Mindestabgabe in der Höhe der 10-fachen Abgabe für Nutzhunde festgelegt wird.

In der Antragsbegründung zu dieser 7. Novelle (Ltg.-412-1/A-1/30-2009) wird ausgeführt, dass für die im NÖ Hundehaltegesetz vorgesehenen Kategorien der Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential und auffällige Hunde es zu einem administrativen Mehraufwand für die Gemeinden kommt. Es erscheint daher auch angebracht, für diese Hunde ein erhöhtes Mindestausmaß der Hundeabgabe festzusetzen.

Dem einfachen Gesetzgeber steht im Rahmen der Verfassung ein rechtspolitischer Gestaltungsfreiraum (VfSlg. 8457/1978) auch im Hinblick auf die unterschiedliche Besteuerung von Sachverhalten zu. In der oben angeführten Antragsbegründung wird ein entsprechender Grund für die vorgenommene Differenzierung der Abgabenhöhe für u.a. Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential angeführt.

Darüber hinaus darf der Abgabengesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes mit einer Abgabe auch nicht-fiskalische Zwecke verfolgen. Mit einem erhöhten Tarif für Hunde mit einem erhöhten Gefährdungspotential und auffällige Hunde im Sinne der §§2 und 3 des NÖ Hundehaltegesetzes wird auch der Lenkungseffekt verfolgt, dass die Nachfrage nach diesen Hunderassen eingedämmt wird, um das mit den Regelungen des NÖ Hundehaltegesetzes verfolgte Ziel des Schutzes von Menschen (und Tieren) zu unterstützen. Aufgrund der in § 2 des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979 normierten Vorgaben für die Höhe der jährlichen Hundeabgabe kann ein Missbrauch der Abgabenform ausgeschlossen werden.

Die NÖ Landesregierung geht daher davon aus, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung eine sachlich gerechtfertigte Unterscheidung bezüglich des Abgabegegenstandes vorgenommen hat. Er hat die ihm zukommende rechtspolitische Gestaltungsfreiheit in Anspruch genommen, die Regelung entspricht jedoch dem Sachlichkeitsgebot.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass jedoch auch Hunde im Sinne der §§2 und 3 des NÖ Hundehaltegesetzes als Nutzhunde im Sinne des § 3 des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979 gehalten werden können und in diesen Fällen der Tarif für Nutzhunde bzw. gegebenenfalls auch die Befreiungsbestimmungen des § 5 des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979 anzuwenden ist."

Zur Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt über die Erhebung der Hundeabgabe vom führt die Niederösterreichische Landesregierung zusammengefasst aus, die in dieser festgelegten, höhere Abgaben für Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential entsprächen den gesetzlichen Vorgaben des § 2 Abs 1 NÖ Hundeabgabegesetz.

3.3. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Breitenfurt erstattete eine Äußerung. In dieser werden zunächst die gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung einer Hundesteuer durch die Gemeinde dargestellt und darauf verwiesen, dass die in der angefochtenen Hundeabgabenverordnung vorgesehenen Abgabensätze von der Niederösterreichischen Landesregierung im Zuge der Verordnungsprüfung bestätigt worden seien. Darüber hinaus wird in der Äußerung vorgebracht:

"Da die Bevölkerung - unter anderen bedingt durch die entsprechende mediale Berichterstattung - gegenüber Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential und auffälligen Hunden immer sensibler wird, kann ein Anstieg von Beschwerden wegen mangelhafter Führung bzw. Haltung derartiger Tiere am Gemeindeamt verzeichnet werden, wie z.B. gegen Halter von Rottweilern bzw. Dogo Argentino Mischlingen. Diesen Beschwerden muss seitens der Gemeindeverwaltung nachgegangen werden und es kommt dadurch zu einem nicht unerheblichen Aufwand von Zeit und Personal, der damit einen finanziellen Mehraufwand für die Gemeinde darstellt.

Festzuhalten ist weiters, dass entsprechend § 9 des NÖ Hundehaltegesetzes ein im Eigentum der Marktgemeinde Breitenfurt befindliches Grundstück als Hundeauslaufzone verordnet wurde, das auch Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential und auffälligen Hunden ein Freilaufen ermöglicht. Diese Auslaufzone wird sehr gut angenommen und ist stark frequentiert. Die Erhaltung dieses Grundstückes für den vorgesehenen Zweck erfordert laufend Betreuung sowie Instandsetzungsarbeiten (Zaunreparaturen etc.) durch Mitarbeiter des gemeindeeigenen Bauhofes."

II. Rechtslage

1. Die angefochtenen Bestimmungen des Niederösterreichischen Hundehaltegesetzes, LGBl. 4001-1 (im Folgenden NÖ Hundehaltegesetz), samt wesentlichem Umfeld haben folgenden Wortlaut (die in den Haupt- und Eventualanträgen angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§1

Allgemeine Anforderungen für das Halten von Hunden

(1) Wer einen Hund hält, muss die dafür erforderliche Eignung aufweisen und hat das Tier in einer Weise zu führen und zu verwahren, dass Menschen und Tiere nicht gefährdet oder unzumutbar belästigt werden können.

(2) [...]

§2

Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential

(1) Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential sind

Hunde, bei denen auf Grund ihrer wesensmäßig typischen Verhaltensweise, Zucht oder Ausbildung eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren vermutet wird.

(2) Bei Hunden folgender Rassen oder Kreuzungen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden wird ein erhöhtes Gefährdungspotential stets vermutet:

o Bullterrier

o American Staffordshire Terrier

o Staffordshire Bullterrier

o Dogo Argentino

o Pit-Bull

o Bandog

o Rottweiler

o Tosa lnu

(3) Die Landesregierung kann durch Verordnung weitere Rassen oder Kreuzungen von Hunden bestimmen, bei denen aufgrund ihrer wesensmäßig typischen Verhaltensweise, Zucht oder Ausbildung eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren vermutet wird.

(4) Bestehen bei Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden Zweifel, ob der Hund unter die obigen Bestimmung [sic!] fällt, hat der Hundehalter ein Sachverständigen-Gutachten vorzulegen, aus dem unter Zugrundelegung von Zuordnungskriterien wie Erscheinungsbild, Wesen, Bewegungsablauf hervor zu gehen hat, dass der Hund nicht unter die obigen Bestimmungen fällt.

§3

Auffällige Hunde

(1) Auffällig ist ein Hund, bei dem auf Grund

folgender Tatsachen von einer Gefährlichkeit auszugehen ist:

1. Der Hund hat einen Menschen oder ein Tier durch Biss schwer verletzt, ohne selbst angegriffen, oder dazu provoziert worden zu sein, oder

2. der Hund wurde zum ausschließlichen oder

überwiegenden Zweck der Steigerung seiner Aggressivität gezüchtet oder abgerichtet.

(2) Die Auffälligkeit eines Hundes ist von der Gemeinde, in der der Hund gehalten wird, mit Bescheid festzustellen, wenn ihr Tatsachen im Sinne des Abs 1 bekannt werden. Ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Bescheides hat der Hundehalter oder die Hundehalterin binnen sechs Monaten die Nachweise gemäß § 4 Abs 1 Z. 2 bis 6 vorzulegen.

§4

Anzeige der Hundehaltung

(1) Das Halten von Hunden gemäß § 2 ist vom

Hundehalter oder der Hundehalterin bei der Gemeinde, in der der Hund gehalten wird oder gehalten werden soll, unverzüglich unter Anschluss folgender Nachweise anzuzeigen:

1. Name und Hauptwohnsitz des Hundehalters oder der Hundehalterin

2. Rasse, Farbe, Geschlecht und Alter des Hundes

sowie der Nachweis der Kennzeichnung gemäß § 24 a Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008

3. Name und Hauptwohnsitz jener Person bzw. Geschäftsadresse jener Einrichtung, von der der Hund erworben wurde

4. Größen- und lagemäßige Beschreibung der Liegenschaft samt ihrer Einfriedungen und des Gebäudes, in der der Hund gehalten wird oder gehalten werden soll

5. Nachweis der erforderlichen Sachkunde zur Haltung dieses Hundes

6. Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung.

(2) Der Nachweis der erforderlichen Sachkunde für das Halten von Hunden gemäß § 2 und § 3 ist gegeben, wenn der Hundehalter oder die Hundehalterin mit dem betreffenden Hund eine bestätigte Ausbildung bei einer gemäß Z. 1.6. Anlage 1 zur 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004 in der Fassung BGBl. II Nr. 530/2006, berechtigten Person absolviert hat. Ein[e] derartige Ausbildung hat zumindest eine Dauer von 10 Stunden zu umfassen und einen allgemeinen Teil über Wesen und Verhalten des Hundes und einen praktischen Teil über Leinenführigkeit, Sitzen und Freifolgen zu enthalten.

(3) Die Landesregierung hat nähere Bestimmungen zum Inhalt und Umfang der Ausbildung zur Vermittlung der erforderlichen Sachkunde für das gefahrlose Halten eines Hundes gemäß §§2 und 3 durch Verordnung festzulegen.

(4) Ein Hundehalter oder eine Hundehalterin eines Hundes gemäß § 2, der oder die zum Zeitpunkt der Anzeige über keinen Sachkundenachweis gemäß Abs 2 verfügt, hat den Sachkundenachweis binnen sechs Monaten ab Anzeige der Haltung des Hundes der Gemeinde vorzulegen. Handelt es sich um einen jungen Hund, ist der Sachkundenachweis innerhalb des ersten Lebensjahres des Hundes vorzulegen.

(5) Der Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung ist dann gegeben, wenn der Hundehalter oder die Hundehalterin eine auf seinen oder ihren Namen lautende Haftpflichtversicherung für den Hund mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von € 500.000,- für Personenschäden und € 250.000,- für Sachschäden abgeschlossen hat, aufrechterhält und der Nachweis des Bestandes der Gemeinde ab dem Zeitpunkt der Anzeige jährlich vorgelegt wird.

§5

Beschränkung der Hundehaltung

(1) Unbeschadet der Bestimmungen des § 4 ist das Halten von mehr als zwei Hunden gemäß § 2 und § 3 in einem Haushalt verboten.

(2) Davon ausgenommen sind:

1. das Halten von Hunden auf ausreichend großen Liegenschaften, wenn der Hundehalter oder die Hundehalterin einen Bedarf an der Haltung von mehr als zwei derartigen Hunden nachweisen kann (z.B. Wachhunde) und dadurch andere Personen weder gefährdet noch unzumutbar belästigt werden

2. das Halten von Hunden bis zu ihrem 8. Lebensmonat

3. das Halten von Hunden im Rahmen von nach den Bestimmungen des NÖ Veranstaltungsgesetzes, LGBl. 7070, ordnungsgemäß angezeigten Veranstaltungen, nach dem Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008 bewilligten Veranstaltungen oder Ausstellungen und Messen

4. das Halten von Hunden bei zur Ausbildung von

Hunden berechtigten Personen im Zuge der Ausbildung der Hunde

5. das Halten von Hunden zum Zwecke der Zucht, wenn diese gemäß § 31 Abs 4 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, ordnungsgemäß angezeigt wurde.

§6

Hundehalteverbot

(1) Die Gemeinde kann einem Hundehalter oder einer Hundehalterin das Halten eines Hundes gemäß § 2 oder § 3 untersagen, wenn

1. der Hundehalter oder die Hundehalterin entgegen § 3 Abs 2 die Nachweise gemäß § 4 Abs 1 Z. 2 bis 6 nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt,

2. der Hundehalter oder die Hundehalterin keine, eine unvollständige oder verspätete Anzeige gemäß § 4 Abs 1 erstattet hat,

3. die Liegenschaft oder das Gebäude, auf der oder in dem der Hund gehalten wird oder gehalten werden soll, nicht geeignet ist, um eine Gefährdung oder unzumutbare Belästigung durch den gefährlichen Hund für andere Personen auszuschließen,

4. der Hundehalter oder die Hundehalterin keinen Sachkundenachweis gemäß § 4 Abs 2 nachweist,

5. der Hundehalter oder die Hundehalterin keine

ausreichende Haftpflichtversicherung gemäß § 4 Abs 5 nachweist oder

6. mehr als zwei Hunde gemäß § 2 und § 3 in einem Haushalt gehalten werden und die Ausnahmen des § 5 Abs 2 nicht gegeben sind.

(2) Die Gemeinde kann das Halten von Hunden gemäß § 2 und § 3 auch dann untersagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Hundehalter oder die Hundehalterin nicht in der Lage ist, den Hund so zu halten, dass Gefährdungen von Menschen abgewendet werden. Als bestimmte Tatsachen gelten insbesondere:

1. eine gerichtliche Verurteilung wegen einer unter Anwendung oder Androhung von Gewalt begangenen oder mit Gemeingefahr verbundenen vorsätzlichen strafbaren Handlung,

2. eine gerichtliche Verurteilung wegen eines Angriffes gegen die Staatsgewalt, den Staat oder den öffentlichen Frieden,

3. eine gerichtliche Verurteilung wegen einer

strafbaren Handlung nach dem Suchtmittelgesetz, BGBl. I Nr. 112/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 143/2008

4. die wiederholte Bestrafung wegen Verwaltungsübertretungen, die unter Alkohol- oder Suchtmitteleinfluss begangen wurden

5. die wiederholte Bestrafung wegen Verstößen gegen Bestimmungen dieses Gesetzes oder

6. die wiederholte Bestrafung wegen Verstößen gegen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008.

(3) Eine gemäß Abs 2 maßgebliche Verurteilung oder

Bestrafung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist.

§7

Ausnahmebestimmungen

Die Bestimmungen der §§2 bis 6 finden keine

Anwendung:

1. auf das Halten von Hunden im Rahmen von Forschungseinrichtungen

2. auf das Halten von Hunden im Rahmen des

öffentlichen Sicherheits-, Feuerwehr- und Rettungsdienstes

3. für ausgebildete Behindertenbegleit-, Therapie- und Jagdhunde

4. auf das Halten von Hunden in Tierheimen oder in nach dem Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, bewilligten Einrichtungen

5. auf das Halten von Hunden im Rahmen einer gemäß § 23 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, bewilligten gewerblichen Tätigkeit

6. auf bestimmungsgemäß verwendete Hirten-, Hüte- und Herdenschutzhunde.

§8

Führen von Hunden

[...]

(2) Wer einen Hund führt, muss die Exkremente des Hundes, welche dieser an öffentlichen Orten im Ortsbereich, das ist ein baulich oder funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes, sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln, Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Parkanlagen, Einkaufszentren, Freizeit- und Vergnügungsparks, Stiegenhäusern und Zugängen zu Mehrfamilienhäusern und in gemeinschaftlich genutzten Teilen von Wohnhausanlagen hinterlassen hat, unverzüglich beseitigen und entsorgen.

(3) An den in Abs 2 genannten Orten müssen Hunde an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden.

(4) Hunde gemäß § 2 und § 3 sind an den in Abs 2

genannten Orten immer mit Maulkorb und Leine zu führen.

[...]

§10

Verwaltungsübertretung

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

[...]

3. gegen die Bestimmung des § 4 Abs 1 die Anzeige des Haltens von Hunden gemäß § 2 nicht oder unvollständig vorlegt,

4. einen oder mehrere Hunde gemäß § 2 und § 3 ohne

Nachweis der erforderlichen Sachkunde zur Haltung eines derartigen Hundes hält,

5. einen oder mehrere Hunde gemäß § 2 und § 3 ohne

Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung hält,

6. gegen die Bestimmung des § 5 Abs 1 mehr als zwei

Hunde gemäß § 2 und § 3 hält, ohne dass die Voraussetzungen des § 5 Abs 2 vorliegen,

7. trotz Untersagung der Hundehaltung gemäß § 6 Abs 1 einen oder mehrere Hunde gemäß § 2 und § 3 hält,

8. trotz Untersagung der Hundehaltung gemäß § 6 Abs 2 einen oder mehrere Hunde gemäß § 2 und § 3 hält,

9. gegen die Bestimmungen des § 8 Abs 1 bis 3 verstößt,

10. gegen die Bestimmung des § 8 Abs 4 verstößt.

(2) Verwaltungsübertretungen sind, sofern die Tat

nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu € 10.000,- und im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen, im Falle einer Bestrafung gemäß Abs 1 Z. 2, 3 und 9 mit einer Geldstrafe bis zu € 7.000,- und im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Wochen zu bestrafen.

(3) Hunde, die Gegenstand einer strafbaren Handlung sind, können, außer bei einer Bestrafung gemäß § 10 Abs 1 Z. 2, 3 und 9 für verfallen erklärt werden. Zur Sicherung des Verfalls beschlagnahmte Hunde sind bis zur Rechtskraft der Verfallserklärung auf Kosten des Hundehalters oder der Hundehalterin einem Tierheim zur Verwahrung zu übergeben. Im Falle der rechtskräftigen Verfallserklärung trägt der Hundehalter oder die Hundehalterin die Kosten der Verwahrung und allfälliger weitergehender Maßnahmen nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes BGBl. I Nr. 118/2004 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008.

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Gemeinde, in welcher der Hundehalter oder die Hundehalterin den Hund, der Gegenstand der Verwaltungsübertretung ist, hält, über die rechtskräftige Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Abs 1 zu verständigen.

§11

(1) Die Organe der Bundespolizei haben bei

Vollziehung des § 8 Abs 3 und 4 einzuschreiten durch

a) Vorbeugungsmaßnahmen gegen drohende Verwaltungsübertretungen;

b) Maßnahmen, die für die Einleitung oder

Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind.

(2) Weiters haben die Organe der Bundespolizei

mitzuwirken bei Vollziehung des § 10 Abs 3.

[...]

§13

Übergangsbestimmung

(1) Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes einen oder mehrere Hunde gemäß § 2 halten, haben binnen 6 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes die Anzeige an die Gemeinde gemäß § 4 unter Anschluss der erforderlichen Nachweise vorzulegen. Die Vorlage des Nachweises der erforderlichen Sachkunde gemäß § 4 Abs 2 ist nicht notwendig, wenn der Hund zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes älter als acht Jahre ist.

(2) Die Beschränkung der Anzahl des Haltens von

Hunden gemäß § 5 gilt nicht für jene Hunde, die der Hundehalter oder die Hundehalterin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes hält. Der Hundehalter oder die Hundehalterin hat jedoch die Anzeige der Hunde gemäß Abs 1 vorzunehmen. Wenn jedoch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes mehr als zwei Hunde gemäß § 2 in einem Haushalt gehalten werden, und einer oder mehrere dieser Hunde in den letzten sechs Monaten vor Inkrafttreten des Gesetzes einen Menschen so verletzt hat, dass deswegen eine strafgerichtliche Verurteilung erfolgt, kann die Gemeinde dem Hundehalter oder der Hundehalterin vorschreiben, die Beschränkung der Anzahl des Haltens von Hunden gemäß § 5 binnen eines Jahres herzustellen. Einer strafgerichtlichen Verurteilung ist die Erledigung des Strafverfahrens durch diversionelle Maßnahmen gleichzuhalten.

(3) Bereits erlassene Verordnungen gemäß § 1a Abs 7

NÖ Polizeistrafgesetz, LGBl. 4000 gelten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes als Verordnungen gemäß § 9."

2. Die angefochtenen Bestimmungen des NÖ Hundeabgabegesetzes, LGBl. 3702-9 (im Folgenden: NÖ-Hundeabgabegesetz), samt wesentlichem Umfeld lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Allgemeine Bestimmungen

§1

(1) In jenen Gemeinden, in denen auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Verordnung des Gemeinderates eine Abgabe für das Halten von Hunden, die nicht als Wachhunde, Blindenführerhunde oder in Ausübung eines Berufes oder Erwerbes (Nutzhunde) gehalten werden, erhoben wird (Hundeabgabe), gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Die Gemeinden werden gemäß § 8 Abs 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, für das Halten von Nutzhunden, für deren Halten nicht bereits auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung eine Hundeabgabe erhoben werden darf, durch Verordnung des Gemeinderates eine Hundeabgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

(3) Der Gemeinderat hat in der Verordnung die Höhe der Hundeabgabe festzusetzen und zu bestimmen, ob die Hundeabgabe für alle Hunde oder nur für Hunde, die nicht als Nutzhunde gelten, eingehoben wird.

[...]

Höhe der Abgabe

§2

(1) Die Hundeabgabe für Nutzhunde darf für einen Hund € 6,54 jährlich nicht übersteigen und kann für den ersten, zweiten, dritten und jeden weiteren Nutzhund gestaffelt festgesetzt werden. Die Hundeabgabe für Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential und auffällige Hunde im Sinne der §§2 und 3 NÖ Hundehaltegesetz muss mindestens das Zehnfache, für alle übrigen Hunde mindestens das Doppelte der für Nutzhunde festgesetzten Hundeabgabe betragen.

[...]

Hundeabgabemarke

§7

(1) Für jeden Hund ist einmalig nach Einlangen einer Anzeige über den Erwerb eines Hundes oder den Zuzug mit einem Hund (§4 Abs 7) eine neue Hundeabgabemarke gegen Erstattung der Selbstkosten auszufolgen. Die Hundeabgabemarke für Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotenzial und auffällige Hunde im Sinne der §§2 und 3 NÖ Hundehaltegesetz muss in einer, sich von den anderen Hundeabgabemarken deutlich unterscheidbaren, rötlichen Farbe ausgestaltet sein. Für die im § 3 litk und l genannten Hunde braucht, wenn sie nicht auf die Straße gelassen werden, keine Hundeabgabemarke ausgefolgt werden. Bei Verlust der Abgabemarke ist dem Halter des Hundes auf seinen Antrag gegen Erstattung der Selbstkosten eine Ersatzmarke auszufolgen."

3. Die in ihrem Punkt 2 angefochtene Verordnung der Marktgemeinde Breitenfurt über die Erhebung der Hundeabgabe vom , kundgemacht durch Anschlag an der Gemeindetafel am (im Folgenden: Hundeabgaben-VO), hat folgenden Wortlaut:

"VERORDNUNG ÜBER DIE ERHEBUNG DER HUNDEABGABE

Der Gemeinderat der Marktgemeinde Breitenfurt

beschließt aufgrund der Bestimmungen des NÖ Hundeabgabegesetzes 1979, LGBl. 3702 in der derzeit geltenden Fassung für das Halten von Hunden eine Abgabe wie folgt zu erheben:

1. für Nutzhunde jährlich € 6,54 pro Hund

2. für Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential und auffällige Hunde nach §§2 und 3 NÖ Hundehaltegesetz jährlich € 100,-- pro Hund

3. für alle übrigen Hunde jährlich € 30,-- für den ersten Hund

für jeden weiteren Hund € 50,--

Die Hundeabgabe ist im ersten Jahr binnen eines Monates nach dem Tag der Rechtswirksamkeit der gegenständlichen Verordnung und für die folgenden Jahre jeweils bis zum 15. Februar des laufenden Jahres ohne weitere Aufforderung zu entrichten."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit:

1.1. Gemäß Art 139 und Art 140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen und die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit bzw. Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz bzw. die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 und 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz bzw. die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit bzw. ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 140 Abs 1 und Art 139 Abs 1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 10.353/1985, 15.306/1998, 16.890/2003).

Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz bzw. die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz bzw. die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz bzw. die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

1.2. Zur Zulässigkeit der auf die Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes gerichteten Anträge:

1.2.1. Die Antragsteller sind Halter einer Mischlingshündin, die aus einer Kreuzung der Rassen Riesenschnauzer und Rottweiler entstanden ist. Damit sind die Antragsteller Halter eines Hundes mit erhöhtem Gefährdungspotential iSd § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetzes und unterliegen jenen besonderen Rechtspflichten, die das NÖ Hundehaltegesetz Haltern solcher Hunde - zT jedenfalls, zT unter bestimmten Voraussetzungen - auferlegt.

1.2.2. Aus dem Umstand, dass es sich beim Hund der Antragsteller um einen "Hund mit besonderem Gefährdungspotential" iSd § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz handelt, ergibt sich für die Antragsteller aus § 8 Abs 4

NÖ Hundehaltegesetz die Verpflichtung, ihren Hund an öffentlichen Orten im Ortsbereich stets mit Maulkorb und Leine zu führen. Damit wird unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der Antragsteller eingegriffen. Eine Möglichkeit, einen Festsstellungsbescheid darüber zu erwirken, ob es sich bei einem bestimmten Hund um einen Hund mit erhöhtem Gefährdungspotential iSd § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz handelt, ist in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Sich rechtswidrig zu verhalten und eine Verwaltungsstrafe gemäß § 10 Abs 1 Z 10 leg.cit. zu provozieren, um auf dem "Umweg" einer Bescheidbeschwerde die Normbedenken an den Verfassungsgerichtsgerichtshof herantragen zu können, ist den Antragstellern nicht zumutbar. Die Eventualanträge, mit denen die Aufhebung des Wortes "Rottweiler" in § 2 Abs 2 bzw. der Wortfolge "§2 und" in § 8 Abs 4 NÖ Hundehaltegesetz beantragt wird, sind daher zulässig.

1.2.3. Die übrigen auf die Aufhebung näher

bezeichneter Bestimmungen des NÖ Hundehaltegesetzes gerichteten Anträge erweisen sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

1.2.3.1. Soweit die Aufhebung von § 2 Abs 3 und von § 11 bzw. der Wortfolge "bei Vollziehung des § 8 Abs 3 und 4" NÖ Hundehaltegesetz beantragt wird, ergibt sich die Unzulässigkeit daraus, dass es sich bei § 2 Abs 3

NÖ Hundehaltegesetz um eine reine Verordnungsermächtigung und bei § 11 NÖ Hundehaltegesetz um eine Kompetenznorm, durch die die Mitwirkung von Organen der Bundespolizei an der Vollziehung des Gesetzes vorgesehen wird, handelt. Eine Verordnungsermächtigung bzw. eine Kompetenznorm als solche kann nicht in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreifen. Daher sind die Anträge auf Aufhebung von § 2 Abs 3 und von § 11 NÖ Hundehaltegesetz ebenso mangels Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller unzulässig wie die auf die Aufhebung von § 11 Abs 2 bzw. auf Aufhebung der Wortfolge "bei Vollziehung des § 8 Abs 3 und 4" NÖ Hundehaltegesetz gerichteten Eventualanträge. Auch die angefochtene Wortfolge "wesensmäßig typische Verhaltensweise" in § 2 Abs 1 NÖ Hundehaltegesetz greift nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller ein, weil ihr Hund schon auf Grund des § 2 Abs 2

NÖ Hundehaltegesetz als solcher mit erhöhtem Gefährdungspotential gilt, womit sich auch der diesbezügliche Aufhebungsantrag als unzulässig erweist.

1.2.3.2. Aus dem Antragsvorbringen geht nicht hervor, wie alt die Hündin der Antragsteller ist und wie lange sie diese bereits halten. Dass Zweifel daran bestünden, ob der Hund der Antragsteller als Hund mit besonderem Gefährdungspotential zu qualifizieren ist, wird in den Anträgen ebenso wenig behauptet, wie dass die Antragsteller über keinen Hundeführschein und keine Haftpflichtversicherung verfügen. Den Anträgen lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, dass die Antragsteller ihrer Anzeigepflicht gemäß § 4 NÖ Hundehaltegesetz nicht (vollständig) nachgekommen wären. Auch dazu, ob die Antragsteller mehr als einen Hund besitzen oder beabsichtigen, zwei weitere Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential anzuschaffen, finden sich in den vorliegenden Anträgen ebenso wenig Ausführungen wie dazu, dass den Antragstellern das Halten ihres Hundes bereits untersagt wurde bzw. dass sie auf Grund bestimmter Umstände zu befürchten hätten, ihnen könnte das Halten ihres Hundes untersagt werden.

Da es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes ist, Mutmaßungen über die Lebensumstände der Antragsteller anzustellen, die eben genannten Informationen aber zur Beurteilung der unmittelbaren und aktuellen Betroffenheit der Antragsteller erforderlich wären, sind die Anträge auf Aufhebung von § 2 Abs 4, § 5, § 10 Abs 1 Z 3, Z 6, Z 7 bzw. Z 8, § 10 Abs 3, § 13 NÖ Hundehaltegesetz und der auf Aufhebung der Wortfolge "§2 und" in § 6 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz gerichtete Antrag, ebenso wie die Eventualanträge, mit denen die Aufhebung der Wortfolge "§2 und" in § 5 bzw. in § 10 Abs 1 Z 5, Z 6, Z 7 und Z 8 bzw. des § 13 Abs 1 begehrt wird, mangels hinreichender Konkretisierung der unmittelbaren, aktuellen Betroffenheit in ihrer Rechtssphäre durch die Antragsteller unzulässig.

1.2.3.3. In von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).

Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).

Da sich die behauptete Verfassungswidrigkeit durch einen geringeren Aufhebungsumfang als den beantragten beseitigen ließe, sind die auf Aufhebung von § 2 Abs 2, § 4, § 6 Abs 1, § 8 Abs 4, § 10 Abs 1 Z 4, Z 5 bzw. Z 10 NÖ Hundehaltegesetz gerichteten Hauptanträge und der auf Aufhebung der Wortfolge "oder Kreuzungen sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen" in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz gerichtete Eventualantrag überschießend und damit infolge unrichtiger Abgrenzung des Anfechtungsgegenstandes unzulässig.

1.2.3.4. Auch die Anfechtung des Wortes "2" in § 7

NÖ Hundehaltegesetz ist unzulässig, weil hier der Prüfungsumfang insofern unrichtig abgegrenzt wurde, als die im Rechtsbestand verbleibenden Bestimmungen bei einer Aufhebung entsprechend den gestellten Anträgen einen sprachlichen bzw. grammatikalischen Torso bilden würden.

1.3. Zur Zulässigkeit der Anfechtung von "Punkt 2" der Hundeabgaben-VO und näher bezeichneter Bestimmungen des die gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung dieser Verordnung enthaltenden NÖ Hundeabgabegesetzes:

1.3.1. § 7 Abs 2 Satz 2 NÖ Hundesabgabegesetz richtet sich nur an die Behörde, greift aber nicht in die Rechtssphäre der Antragsteller ein. Daher sind der Antrag auf Aufhebung von § 7 Abs 2 NÖ Hundeabgabegesetz und der Eventualantrag, die Wortfolgen "Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential und" sowie "§2" in § 7 Abs 2 leg.cit. aufzuheben, mangels Betroffenheit der Antragsteller in ihrer Rechtssphäre unzulässig.

1.3.2. Auch durch § 2 Abs 1 NÖ Hundeabgabegesetz wird nicht unmittelbar in eine Rechtssphäre der Antragsteller eingegriffen, schließlich bildet diese Bestimmung nur die an die Behörde gerichtete Ermächtigung zur Erlassung einer Verordnung. Zwar ist die (Mit )Anfechtung der einer Verordnung zu Grunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung - wenn die unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller eingreifende Verordnung bereits erlassen wurde - an sich zulässig (vgl. zB VfSlg. 17.161/2004, 19.352/2011).

Allerdings erweisen sich der auf Art 139 B-VG

gestützte Antrag, "Punkt 2" der Hundeabgaben-VO aufzuheben und damit auch der auf Aufhebung der Wortfolgen "Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotenzial und" sowie "§2" im die gesetzliche Grundlage für die primär angefochtene Verordnung bildenden § 2 Abs 1 Satz 2 NÖ Hundeabgabegesetz gerichtete, auf Art 140 B-VG gestützte Antrag - aus folgendem Grund als unzulässig:

1.3.3. Bei der Hundeabgabe handelt es sich um eine dem Regime des § 201 BAO unterliegende Selbstbemessungsabgabe.

§201 BAO sieht vor, dass für den Fall, dass die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, eine erstmalige Festsetzung der Abgabe u.a. dann zu erfolgen hat, "wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."

Die Antragsteller hätten somit die Möglichkeit, durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde die Erlassung eines Bescheides zu erwirken (vgl. VfSlg. 16.193/2001 mwN). Auch könnten sie der Behörde die unrichtige Selbstbemessung mitteilen oder nach § 239 BAO einen Antrag auf Rückerstattung der von ihnen im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgaben mit der Begründung stellen, diese hätten sich als unrichtig erwiesen. Bei Beschreitung dieses Weges befänden sich die Antragsteller in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, die im Bereich der Vollziehung liegende Rechtswidrigkeiten von Steuerbescheiden rügen wollen.

Die Antragsteller könnten - im Hinblick auf die

bereits abgeführte Hundeabgabe im Wege eines Rückzahlungsantrages, im Hinblick auf noch nicht geleistete Abgaben durch Unterlassung der Steuerabfuhr bei gleichzeitiger Offenlegung gegenüber der Abgabenbehörde - eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung nach § 201 BAO erwirken. Dieser Weg ist zumutbar (vgl. hiezu VfSlg. 13.105/1992, 16.193/2001; ua.).

Da die Antragsteller somit die Möglichkeit haben,

ihre Bedenken an der Verfassungskonformität von "Punkt 2" der Hundeabgaben-VO und ihrer gesetzlichen Grundlage im Wege einer Bescheidbeschwerde nach Art 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, ist die Anfechtung dieser Bestimmungen mittels eines - bloß als subsidiärer Rechtsbehelf ausgestalteten - Individualantrages unzulässig.

2. Soweit die Eventualanträge zulässig sind, sind sie nicht begründet:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.1. Die Antragsteller begründen ihre Bedenken ob der Verfassungskonformität der von ihnen (zulässigerweise) angefochtenen Bestimmungen zum einen mit dem Argument, es sei unsachlich, hinsichtlich des Gefährlichkeitspotentials eines Hundes auf dessen Rasse abzustellen, weil die Gefährlichkeit eines Hundes primär von der Haltung und nicht so sehr von der Rasse abhänge. Zum anderen sei die Auswahl der Hunderassen, die in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz genannt werden, gleichheitswidrig, weil die vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung getroffene Annahme, bei diesen Hunden sei - im Gegensatz zu anderen Hunden - stets von einem besonderen Gefährdungspotential auszugehen, nicht mit empirischen Studien in Einklang stehe. Dadurch würden Halter von unter § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz fallenden Hunden strengeren Restriktionen unterworfen als Halter von Hunden anderer als in § 2 Abs 2 genannter Rassen, auch wenn diese ein wesentlich größeres Gefahrenpotential als die Hündin der Antragsteller aufweisen.

2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in

seinem Erkenntnis vom , G24/11 ua., festgehalten, dass die in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz enthaltene Aufzählung von Hunderassen, bei denen der Gesetzgeber ein erhöhtes Gefährdungspotential vermutet, nicht unsachlich ist, weil diese Hunderassen allesamt von der Bevölkerung als "Kampfhunde" wahrgenommen werden und weil der Einteilung in Hunderassen im Hinblick auf die Häufigkeit der Verursachung von Hundebissen eine relevante Bedeutung zukommt. Wie sich aus der Stellungnahme der Niederösterreichischen Landesregierung ergibt, weisen Hunde der hier in Frage stehenden Rasse "Rottweiler" bzw. Hunde, die aus Kreuzungen mit dieser Hunderasse entstanden sind, eine vergleichsweise hohe Bisshäufigkeit auf. Ebenso wenig wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G60/10, V80/10 Bedenken ob der Sachlichkeit der Aufnahme der Rasse "American Staffordshire Terrier" in die durch die Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von hundeführscheinpflichtigen Hunden, LGBl. für Wien 33/2010, festgelegte Liste besonders gefährlicher, hundeführscheinpflichtiger Hunderassen hatte, ist es unsachlich, dass Hunde der Rasse "Rottweiler" und Hunde, die aus Kreuzungen von oder mit solchen Tieren entstanden sind, in den Katalog des § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz aufgenommen sind.

2.1.2. Dem Vorbringen, es sei unsachlich, dass die Halter von Hunden, die tatsächlich ein höheres Gefährdungspotential aufweisen als die Hündin der Antragsteller, den für Halter von Hunden iSd § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz geltenden Restriktionen nicht unterliegen, ist entgegenzuhalten, dass die Halter von "auffälligen Hunden" iSd § 3 NÖ Hundehaltegesetz denselben Restriktionen unterliegen, wie die Halter von Hunden, die aufgrund ihrer Rasse gemäß § 2 NÖ Hundehaltegesetz als Hunde mit besonderem Gefährdungspotential gelten. Damit hat der Gesetzgeber Sorge dafür getragen, dass - unabhängig von der Rasse des "auffällig" gewordenen Hundes - die Halter von Hunden, bei denen aufgrund bestimmter Umstände davon auszugehen ist, dass sie besonders gefährlich sind, denselben Restriktionen unterliegen, wie die Halter von Hunden einer vom Gesetzgeber generell als besonders gefährlich eingestuften Rasse.

2.1.3. Der Gesetzgeber ist durch das Sachlichkeitsgebot aber nicht gehalten, die besonderen Verpflichtungen, die Haltern gefährlicher Hunde auferlegt werden, in jedem Fall von einer individuellen Prüfung des einzelnen Tieres abhängig zu machen, sondern kann sehr wohl von der Überlegung ausgehen, dass bei bestimmten Hunderassen im Allgemeinen ein erhöhtes Gefährdungspotential besteht. Bei der Auswahl der als gefährlich eingestuften Hunderassen kann der Gesetzgeber neben der statistischen Bisshäufigkeit auch andere Faktoren, wie insbesondere die Wahrnehmung bestimmter Hunderassen durch die Bevölkerung berücksichtigen. Daher liegt es im gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum, bestimmte Hunderassen auch unabhängig von einer statistischen "Bisshäufigkeit" nicht als "Kampfhunde" zu qualifizieren und es daher in größerem Maße der Ausübung der Sorgfaltspflicht durch den Halter solcher Hunde zu überlassen, das Tier so zu führen, dass Menschen und Tiere nicht gefährdet oder unzumutbar belästigt werden können (vgl. VfGH, , G24/11 ua.). Es ist - entgegen dem Vorbringen der Antragsteller - daher auch nicht unsachlich, dass der Gesetzgeber den Haltern von Hunden mit besonderem Gefährdungspotential (ebenso wie denjenigen von auffällig gewordenen Hunden) besondere Rechtspflichten wie die Anzeige der Haltung dieser Hunde bei den Behörden, den Erwerb eines Sachkundenachweises oder den Abschluss einer Haftpflichtversicherung auferlegt.

Die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken

gegen das Wort "Rottweiler" in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz treffen daher nicht zu.

2.2. Hinsichtlich der sich aus § 2 Abs 2 iVm § 8 Abs 4 NÖ Hundehaltegesetz ergebenden - durch § 10 Abs 1 Z 10 leg.cit. verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten - Verpflichtung, Hunde der in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz genannten Rassen an öffentlichen Orten im Ortsbereich immer mit Maulkorb und Leine zu führen, hat der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom , G24/11 ua., ausgesprochen, dass es nicht unsachlich ist, wenn der Gesetzgeber für die in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz genannten, allgemein als "Kampfhunde" wahrgenommenen Hunderassen anordnet, dass sie an öffentlichen Orten im Ortsbereich mit Leine und Maulkorb geführt werden müssen. Angesichts der Zumutbarkeit der damit für den Hundehalter verbundenen Einschränkung und der Bedeutung des mit der Regelung verfolgten Ziels der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung an öffentlichen Orten kann der Gesetzgeber schon aus diesem Grund dabei im Wege einer Durchschnittsbetrachtung (auch) darauf abstellen, dass die in § 2 Abs 2 NÖ Hundehaltegesetz genannten "Kampfhunde" einschließlich Kreuzungen aus oder mit solchen Tieren von anderen Menschen typischerweise als solche mit erhöhtem Gefährdungspotential wahrgenommen werden und daher besondere Maßnahmen erforderlich sind, um diesen anderen Menschen Vertrauen in das sichere und keine unzumutbaren Belästigungen verursachende Führen solcher Hunde an öffentlichen Orten zu verschaffen.

Auch die Bedenken der Antragsteller gegen die Wortfolge "§2 und" in § 8 Abs 4 NÖ Hundehaltegesetz treffen daher nicht zu.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die auf Aufhebung des Wortes "Rottweiler" in § 2 Abs 2 und der Wortfolge "§2 und" in § 8 Abs 4 des NÖ Hundehaltegesetzes, LGBl. 4001-1, gerichteten Eventualanträge sind abzuweisen.

2. Im Übrigen sind die (Eventual )Anträge zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.