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VfGH vom 26.06.2000, g7/00

VfGH vom 26.06.2000, g7/00

Sammlungsnummer

15859

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung der unterschiedlichen Gestaltung des Beitragsrechts in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz für die sogenannten "neuen Selbständigen" und die sonstigen Gewerbetreibenden; Zusammenfassung aller Risken in der gesetzlichen Sozialversicherung; auch keine sachliche Rechtfertigung der höheren Beiträge von Freiberuflern durch Begründung der Pflichtversicherung erst aufgrund Überschreiten einer bestimmten Einkommensgrenze

Spruch

§27 Abs 1 Z 3 sowie der Ausdruck "Z 1 bis 3" in § 27 Abs 1 Z 2 des Bundesgesetzes vom über die Sozialversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen (Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz - GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, idF des Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997 (ASRÄG 1997), BGBl. I Nr. 139/1997, und der 23. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1998, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im BGBl. I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. § 27 Abs 1 GSVG idF des Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997 (ASRÄG 1997), BGBl. I Nr. 139/1997, und der 23. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1998, lautet (die in Prüfung gezogenen Teile sind hervorgehoben):

"§27. (1) Die Pflichtversicherten

1. gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 4 haben für die Dauer der Pflichtversicherung als Beitrag in der Krankenversicherung 8,6 %,

2. gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 und § 3 Abs 3 haben für die Dauer der Pflichtversicherung als Beitrag in der Pensionsversicherung 14,5 %,

3. gemäß § 2 Abs 1 Z 4 haben für die Dauer der

Pflichtversicherung als Beitrag in der Pensionsversicherung im Jahre

1998 ....................... 15 %

1999 ....................... 15,5 %

2000 ....................... 16 %

2001 ....................... 16,5 %

2002 ....................... 17 %

2003 ....................... 17,5 %

2004 ....................... 18 %

2005 ....................... 18,5 %

2006 ....................... 19 %

2007 ....................... 19,5 %

2008 ....................... 20 %

2009 ....................... 20,25 %

der Beitragsgrundlage zu leisten. Besteht für einen Beitragsmonat eine Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 bzw. § 3 Abs 3 und § 2 Abs 1 Z 4, so ist der Beitragssatz gemäß § 27 Abs 1 Z 2 anzuwenden. Zahlungen, die von einer Einrichtung zur wirtschaftlichen Selbsthilfe auf Grund einer Vereinbarung mit dem Versicherungsträger geleistet werden, sind auf den Beitrag anzurechnen."

§ 34 Abs 1 GSVG lautet:

"§34. (1) In der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz hat der Bund dem Versicherungsträger aus dem Steueraufkommen der gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 Pflichtversicherten für jedes Geschäftsjahr einen Betrag in der Höhe der für dieses Jahr fällig gewordenen Beiträge zur Pensionsversicherung gemäß § 27 Abs 1 Z 2 zu überweisen."

2. § 27 GSVG differenziert somit hinsichtlich der Beitragsleistung zur Pensionsversicherung der nach dem GSVG Versicherten zwischen den Personen, die gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG versichert sind (diese haben für die Dauer ihrer Pflichtversicherung einen Beitrag in der Pensionsversicherung in der Höhe von 14,5 % der Beitragsgrundlage zu leisten) und jenen Personen, die gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG versichert sind (ds. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne des §§22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz in den entsprechenden Versicherungszweigen eingetreten ist). Die letztgenannte Personengruppe, deren Pflichtversicherung im GSVG erst mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 - ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 39/1997 geschaffen und mit der 23. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1998, ergänzt und geändert wurde, hatte hingegen bereits im Jahr 1998 15 % der Beitragsgrundlage für die Dauer der Pflichtversicherung als Beitrag in der Pensionsversicherung zu leisten; der für diese Personengruppe vorgesehene Beitragssatz soll bis zum Jahr 2009 auf 20,25 % angehoben werden.

3. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B2251/98, B2413/98, B2421/98 Beschwerden gegen Bescheide der Landeshauptmänner von Oberösterreich, Kärnten und Steiermark anhängig, mit denen den Beschwerdeführern Beiträge zur Sozialversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z 4 in Verbindung mit § 27 Abs 1 Z 3 GSVG vorgeschrieben wurden (so im Bescheid der zu B2421/98 protokollierten Beschwerde) bzw. festgestellt wurde, daß für die Dauer der Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Beitragspflicht gemäß § 27 leg. cit. bestehe.

4.1. Aus Anlaß dieser Beschwerdeverfahren sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs 1 Z 3 sowie des Ausdrucks "Z 1 bis 3" in § 27 Abs 1 Z 2 GSVG entstanden. Mit Beschluß vom leitete der Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der genannten Bestimmungen ein Gesetzesprüfungsverfahren ein: Er konnte nämlich im Hinblick auf seine Rechtsprechung (vgl. va. VfSlg. 3721/1960, 9365/1982) für die unterschiedliche Ausgestaltung des Beitragsrechtes zwischen den in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG einerseits und den gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Versicherten andererseits keine sachliche Rechtfertigung finden.

Der Verfassungsgerichtshof hat seine Bedenken im einzelnen wie folgt begründet:

"Der Verfassungsgerichtshof vermag vorläufig keine wesentlichen, die unterschiedlichen Beitragssätze rechtfertigenden Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der jeweils betroffenen Gruppen von Pflichtversicherten zu erkennen. Insbesondere vermag sich der Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht dem Argument der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt anzuschließen, wonach die unterschiedliche Ausgestaltung der Versicherungspflicht die unterschiedliche Gestaltung des Beitragsrechtes rechtfertige:

a) Zwar hat die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die Rechtslage zutreffend dahingehend charakterisiert, daß die Versicherungspflicht der nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Pflichtversicherten von der Erwirtschaftung eines Einkommens abhängig ist, das eine im Gesetz festgelegte Mindestgrenze überschreitet (oder, wie hinzuzufügen ist, im Falle der Aufnahme der Versicherung aufgrund einer Erklärung im Sinne des § 2 Abs 1 Z 4 zweiter Satz GSVG auch bei Nichterreichen der Versicherungsgrenze besteht, wobei die Versicherungsgrenze als Mindestbeitragsgrundlage dient), während die Versicherungspflicht der Pflichtversicherten nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 leg. cit. von der Erzielung eines Einkommens in bestimmter Höhe unabhängig ist und sogar im Falle von (steuerlichen) Verlusten aus der betrieblichen Tätigkeit besteht.

Der Verfassungsgerichtshof ist aber vorläufig der Auffassung, daß sich diese Unterschiede in der Beitragspflicht ihrerseits aus wesentlichen sachlichen Unterschieden der jeweils die Versicherungspflicht begründenden Tätigkeiten ergeben. Während nämlich bei den in § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG umschriebenen Tätigkeiten von der Fortführung des Gewerbebetriebes auch dann auszugehen sein dürfte, wenn dieser (vorübergehend) Verluste erwirtschaftet, scheint bei den in § 2 Abs 1 Z 4 leg. cit. erfaßten, insbesondere bei den Tätigkeiten künstlerischer und intellektueller Art, eine Abgrenzung der Versicherungspflicht begründenden Tätigkeiten nur anhand der Erzielung von Einkünften möglich und praktikabel zu sein, weil bei diesen Tätigkeiten eine betriebliche Infrastruktur, aus deren Fortbestand auf die Fortdauer der die Versicherungspflicht begründenden Tätigkeit geschlossen werden könnte, typischer Weise nicht bestehen dürfte.

b) Der Verfassungsgerichtshof ist aber vorläufig auch der Auffassung, daß der Vergleich, mit dem die Sozialversicherungsanstalt die in Prüfung gezogene Regelung zu rechtfertigten sucht, für die vorzunehmende Prüfung nicht geeignet ist:

Es dürften nämlich nicht solche Pflichtversicherte nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG mit den nach § 2 Abs 1 Z 4 leg. cit. Pflichtversicherten zu vergleichen sein, die keine oder negative Einkünfte erwirtschaften. Der Verfassungsgerichtshof ist vielmehr vorläufig der Auffassung, daß bei Prüfung der vorliegenden Differenzierung nur solche Pflichtversicherte miteinander verglichen werden dürfen, die bei gleichen Einkommensverhältnissen und daher gleicher Bemessungsgrundlage unterschiedlich hohe Beiträge zu bezahlen haben (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation VfSlg. 14.992/1997 mwH). Daß für die eine Gruppe von Pflichtversicherten (soweit sie eine Erklärung iS des § 2 Abs 1 Z 4 zweiter Satz GSVG nicht abgegeben haben) eine Versicherungsuntergrenze besteht, während die andere Gruppe auch bei negativem Einkommen Beiträge von einer Mindestbeitragsgrundlage leisten müssen, scheint den dargelegten Bedenken nicht entgegenzustehen.

Angesichts der zuvor erwähnten Art der Ermittlung der Beitragsgrundlage, bei der Betriebsausgaben und andere wirtschaftliche Belastungen bereits berücksichtigt werden, kommt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einen wie der anderen Gruppe infolge Anknüpfung am Einkommensbegriff des Einkommensteuerrechts nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes bereits in der Beitragsgrundlage zum Ausdruck, zahlt doch bei gleicher Beitragsgrundlage der wirtschaftlich Leistungsschwächere auch bei einheitlichem Beitragssatz grundsätzlich weniger an Beiträgen als der wirtschaftlich Leistungsstärkere. Würde die wirtschaftliche Leistungskraft einer Gruppe bei Bemessung der Beiträge neuerlich Berücksichtigung finden, so läge darin, wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt, eine unsachliche Bevorzugung dieser Gruppe; insofern hat nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nichts anderes zu gelten als das in VfSlg. 3721/1960 zur doppelten Berücksichtigung der Gewerbesteuer bereits Gesagte.

2.2.4. Der Verfassungsgerichtshof vermag vorläufig auch dem anderen von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorgebrachten Argument nicht beizutreten, wonach die in § 2 Abs 1 Z 4 GSVG erfaßten Personen eine eigenständige, in sich abgeschlossene Gruppe bildeten, für die das GSVG ein eigenständiges Versicherungssystem bereithalte. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig vielmehr davon aus, daß die in § 2 Abs 1 leg. cit. erfaßten unterschiedlichen Personengruppen durch diese Regelung in ein einheitliches Versicherungssystem zusammengefaßt werden, in dem sie bei gleicher Bemessungsgrundlage und gleichem Leistungsrecht eine Risikengemeinschaft bilden, weshalb ihre Ungleichbehandlung im Beitragsrecht einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf.

2.2.5. Der Verfassungsgerichtshof ist aus diesen Gründen vorläufig insgesamt der Meinung, daß keine Umstände erkennbar sind, die die in Prüfung gezogene Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen würden.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof geht vielmehr vorläufig davon aus, daß die in VfSlg. 3721/1960 in Widerlegung der schon damals vorgebrachten Rechtfertigungsgründe entwickelten Argumente auf den vorliegenden Fall der Differenzierung der Beitragssätze nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 und Z 4 in Verbindung mit § 27 Abs 1 Z 2 und Z 3 GSVG sinngemäß zu übertragen sind:

2.3.1. Die Regierungsvorlage zum ASRÄG 1997 nennt als Motiv für die unterschiedliche Behandlung der Pflichtversicherten nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG einerseits und Z 4 andererseits den Umstand, daß die nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten mit einer Verdoppelung ihrer Beiträge durch den Bund rechnen könnten, die aus ihrem Steueraufkommen bezahlt werde (886 der Beilagen zu den Sten Prot des NR XX. GP, 110).

Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Auffassung, daß dieser Umstand, wie schon in der Konstellation, die dem Erkenntnis VfSlg. 3721/1960 zugrunde lag, nicht geeignet ist, die Differenzierung der Beitragssätze sachlich zu rechtfertigen:

Im Hinblick auf die Abschaffung der Gewerbesteuer ist nämlich nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes - umso eher als schon im erwähnten Vorerkenntnis - davon auszugehen, daß der nach § 34 Abs 1 GSVG vom Bund geleistete Beitrag, zumal er sich betragsmäßig an der Höhe der Pensionsversicherungsbeiträge und nicht etwa an der Steuerleistung der von dieser Aufstockung betroffenen Versicherten orientiert, aus allgemeinen Steuermitteln stammt.

2.3.2. Im Erkenntnis VfSlg. 3721/1960 hielt es der Verfassungsgerichtshof für unzulässig, die höhere Beitragsbelastung einer Gruppe von Pflichtversicherten schon damit zu rechtfertigen, daß diese Gruppe aus der Einbeziehung in die Pflichtversicherung Vorteile zieht.

Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest und ist vorläufig der Auffassung, daß es dem Gleichheitssatz widersprechen würde, eine (kleinere) Gruppe von Pflichtversicherten bloß deswegen gegenüber einer anderen (größeren) Gruppe von Pflichtversicherten hinsichtlich der Höhe der Beiträge schlechter zu stellen, weil sie als sozial schwächere Gruppe eine eigene Sozialversicherung nur unter ungünstigeren Konditionen erwirtschaften könnte.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt daher vorläufig an, daß auch in dem Umstand selbst, daß die in § 2 Abs 1 Z 4 GSVG genannten Personen in die Pflichtversicherung nach dem GSVG einbezogen wurden, keine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedlichen Beitragssätze nach § 27 Abs 1 Z 2 und 3 GSVG erblickt werden kann."

2. Im Gesetzesprüfungsverfahren haben die Bundesregierung und - als beteiligte Partei - die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Äußerungen erstattet.

2.1. Die Bundesregierung hält den Bedenken des Verfassungsgerichtshofs folgendes entgegen (Hervorhebungen jeweils im Original):

"2.1. Im Beschluss vom vertritt der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, dass alle in § 2 Abs 1 GSVG erfassten Personengruppen ein einheitliches Versicherungssystem bilden. Die Bundesregierung geht hingegen davon aus, dass durch die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG für die Gruppe der neuen Selbständigen ein eigenständiges Versicherungssystem mit eigenständigen Rahmenbedingungen geschaffen wurde, wobei der Beitragssatz nicht unabhängig von diesen Rahmenbedingungen betrachtet werden kann.

2.2. Folgende Unterschiede zwischen den gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG und jenen gemäß § 2 Abs 1 Z 4 Versicherten sind hervorzuheben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG tritt unabhängig von der Höhe der Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit ein. Es wird bei dieser Versichertengruppe vorausgesetzt, dass zumindest die Mindestbeiträge für die Sozialversicherung aufgebracht werden können, wenngleich mit der 23. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1998, Maßnahmen umgesetzt wurden, die den Einstieg in die Selbständigkeit im Bereich der Sozialversicherung wesentlich erleichtern.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Während der Eintritt der Pflichtversicherung für die gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Versicherten daher ausschließlich von formalen Kriterien abhängig ist und - abgesehen von den im Vergleich sehr restriktiv gehaltenen Ausnahmebestimmungen - unabhängig von der Höhe der Einkünfte ist, ist für das Vorliegen der Pflichtversicherung für die 'neuen Selbständigen', soweit sie eine Erklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 zweiter Satz GSVG nicht abgegeben haben, das Überschreiten der im § 4 Abs 1 Z 5 oder 6 leg.cit. festgelegten Versicherungsgrenze erforderlich.

2.3. Der für die gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Pflichtversicherten bestehenden spezifischen Versichertenstruktur wird durch die unterschiedliche Gestaltung des Beitragsrechtes Rechnung getragen. Das Beitragsrecht für die nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG einbezogenen Versicherten geht demnach von einer anderen Konzeption als jenes für die Gewerbetreibenden aus.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Beschluss in Übertragung der im Erkenntnis VfSlg. 3721/1960 getroffenen Aussagen davon aus, dass die Leistungsfähigkeit der Pflichtversicherten bereits in der Beitragsgrundlage berücksichtigt werde und deshalb nicht bei den Beitragssätzen nochmals berücksichtigt werden dürfe. In diesem Zusammenhang führt der Verfassungsgerichtshof auch aus, dass bei gleicher Beitragsgrundlage der wirtschaftlich Leistungsschwächere auch bei einem einheitlichen Beitragssatz grundsätzlich weniger an Beiträgen zahlt als der wirtschaftlich Leistungsstärkere. Dies erscheint der Bundesregierung jedoch nicht nachvollziehbar, da bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit im Hinblick darauf, dass auf das Einkommen abzustellen ist, keine gleiche Beitragsgrundlage bestehen wird.

3.2. Darüberhinaus ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowohl in der Beitragsgrundlage als auch in den Beitragssätzen Berücksichtigung finden kann. Im Erkenntnis VfSlg. 3721/1960 war der Anknüpfungspunkt der Differenzierung in den Beitragssätzen die Entrichtung der Gewerbesteuer, wobei dies auch schon in der Beitragsgrundlage berücksichtigt wurde. Im gegenständlichen Fall erfolgt die Differenzierung in den Beitragssätzen allerdings nicht auf Grund eines Umstandes, welcher bereits bei der Beitragsgrundlage berücksichtigt worden wäre, weshalb auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht doppelt berücksichtigt wurde.

4.1. Die höheren Beitragssätze für die gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Versicherten finden ihre sachliche Rechtfertigung aber auch in dem bei dieser Gruppe zu erwartenden zusätzlichen Leistungsaufwand im Rahmen des Ausgleichzulagenrechts.

Bereits das Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 292/1957, über die Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen (GSPVG) hat für Gewerbetreibende eine Mindestbeitragsgrundlage vorgesehen, um ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Einkünfte halbwegs ergiebige Beiträge zu erzielen. In der Folge kam es immer wieder zu Anhebungen der Mindestbeitragsgrundlage, um einerseits den Ertrag an Versichertenbeiträgen zu steigern und andererseits den Bezug an Ausgleichszulagen in der Pensionsversicherung zu verringern. Damit wurde den jeweiligen Einsparungszielen für den Bundesbeitrag in der gewerblichen Pensionsversicherung entsprochen. Allein im Zeitraum 1994 bis 1998 betrug der Rückgang an Ausgleichszulagen 3,2 % (siehe Tabelle 3.26 des statistischen Handbuches der österreichischen Sozialversicherung 1999).

Für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG beträgt die monatliche Mindestbeitragsgrundlage für das Jahr 1998 S 13.761,--, wobei an die Stelle dieses Betrages ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab , der unter Bedachtnahme auf § 51 GSVG mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§47 GSVG) vervielfachte Betrag tritt.

Für 'neue Selbständige', die im Beitragsjahr ausschließlich eine oder mehrere Tätigkeiten gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ausüben, beträgt die Mindestbeitragsgrundlage hingegen monatlich nur S 7.400,--.

Auf Grund der - im Vergleich zu den nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Versicherten - geltenden höheren Mindestbeitragsgrundlage für die nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Versicherten fallen für diesen Personenkreis relativ hohe Pensionen und dementsprechend niedrige Ausgleichszulagen an. Wie schon die finanziellen Erläuterungen zur 21. GSPVG-Novelle ausführen, wurde bewusst ein Zusammenhang zwischen der (in der Zwischenzeit laufend und sogar überproportional erhöhten) Mindestbeitragsgrundlage einerseits und dem Ausgleichszulagenrichtsatz andererseits hergestellt. Die nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG einbezogenen Versicherten hatten vor dem keine Möglichkeit, im Bereich des GSVG Versicherungszeiten zu erwerben, die sich in Form von Steigerungsbeträgen auf die Pensionshöhe auswirken würden, sodass im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof vertretenen Durchschnittsbetrachtung davon ausgegangen werden muss, dass bei den nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Versicherten mit niedrigeren Pensionen und höheren Ausgleichszulagen als bei den nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Versicherten zu rechnen ist.

Die folgende Übersicht zeigt für das Jahr 2000 die unterschiedliche Beitragsergiebigkeit:

Mindestbeitragsgrundlage nach dem GSVG


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a)
Gewerbetreibende (Anfänger, nur in den ersten 3 Jahren):

S 7.400 x 14,5 % = S 1.073 pro Monat;

b) Gewerbetreibende: S 14.289 x 14,5 % = S 2.071,91 pro

Monat;


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c)
'neue Selbständige'
ohne zusätzliche Erwerbstätigkeit (ohne Erwerbsersatzeinkommen): S 7.400 x 16 % = S 1.184 pro Monat;
d)
'neue Selbständige'
mit zusätzlicher Erwerbstätigkeit (Erwerbsersatzeinkommen): S 3.977 x 16 % = S 636,32 pro Monat.

Daraus ist ersichtlich, dass jedenfalls 'neue Selbständige' ohne zusätzliche Erwerbstätigkeit (bzw. ohne Erwerbsersatzeinkommen wie z.B. Pension, Arbeitslosengeld u.a.), die Beiträge nur auf Basis der Mindestbeitragsgrundlage leisten, potenzielle Ausgleichszulagenbezieher sein werden (Einzelrichtsatz gemäß § 150 Abs 1a litbb GSVG S 8.312,00). Damit ist trotz des höheren Beitragssatzes in der Pensionsversicherung der 'neuen Selbständigen' ein zusätzlicher Leistungsaufwand gegeben.

Berechnungen haben ergeben, dass die Pensionsversicherungsbeiträge

a) für die 'neuen Selbständigen' - mit Ausnahme des im § 279 Abs 3 GSVG erfassten Personenkreises - unter Berücksichtigung eines Beitragssatzes von

im Jahr 2000 16,00 % 428 Mio. S

im Jahr 2001 16,50 % 664 Mio. S

im Jahr 2002 17,00 % 844 Mio. S

im Jahr 2003 17,50 % 887 Mio. S

im Jahr 2004 18,00 % 930 Mio. S und

b) für den Personenkreis gemäß § 279 Abs 3 GSVG unter Berücksichtigung eines Beitragssatzes von

im Jahr 2000 14,50 % 392 Mio. S (gesamt 820 Mio. S)

im Jahr 2001 14,50 % 406 Mio. S (gesamt 1.070 Mio. S)

im Jahr 2002 14,50 % 420 Mio. S (gesamt 1.264 Mio. S)

im Jahr 2003 14,75 % 438 Mio. S (gesamt 1.325 Mio. S)

im Jahr 2004 15,00 % 457 Mio. S (gesamt 1.387 Mio. S)

betragen werden.

Unter der Annahme eines Beitragssatzes von 14,5 % würden die Pensionsversicherungsbeiträge

a) für die 'neuen Selbständigen' - mit Ausnahme des im § 279 Abs 3 GSVG erfassten Personenkreises (-)

im Jahr 2000 388 Mio. S

im Jahr 2001 584 Mio. S

im Jahr 2002 720 Mio. S

im Jahr 2003 735 Mio. S

im Jahr 2004 749 Mio. S und

b) für den Personenkreis gemäß § 279 Abs 3 GSVG

im Jahr 2000 392 Mio. S (gesamt 780 Mio. S)

im Jahr 2001 406 Mio. S (gesamt 990 Mio. S)

im Jahr 2002 420 Mio. S (gesamt 1.140 Mio. S)

im Jahr 2003 431 Mio. S (gesamt 1.166 Mio. S)

im Jahr 2004 442 Mio. S (gesamt 1.191 Mio. S)

betragen.

Unter der Annahme eines Beitragssatzes von 14,5 % würden die Pflichtbeiträge demnach im Jahr 2000 ein Minus von 40 Mio. S, im Jahr 2001 ein Minus von 80 Mio. S, im Jahr 2002 ein Minus von 124 Mio. S, im Jahr 2003 ein Minus von 159 Mio. S und im Jahr 2004 ein Minus von 196 Mio. S ergeben. Der Beitragsverlust würde in den folgenden Jahren weiter ansteigen. Die höheren Beitragssätze für 'neue Selbständige' erscheinen somit auch gerechtfertigt, um den zu erwartenden zusätzlichen Leistungsaufwand im Rahmen des Ausgleichszulagenrechts - im Lichte der dargestellten finanziellen Auswirkungen, im Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dieser Gruppe - vertretbarer Weise zu decken.

4.3. Der Verfassungsgerichtshof selbst hat mit Beschluss vom die Behandlung der zu B171/95 protokollierten Beschwerdesache, in der unter anderem die unterschiedlichen Beitragssätze nach FSVG und GSVG gerügt worden sind, mit der Begründung abgelehnt, dass diese Beitragssätze wegen der Unterschiedlichkeit der jeweils erfassten Berufsgruppen gar nicht verglichen werden könnten und der im FSVG vorgesehene Beitragssatz unter dem Aspekt der Erzielung eines den Pensionsaufwand deckenden Beitragsaufkommens sachlich gerechtfertigt werden kann.

4.4. In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass im Jahre 1999 über 50 % der gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG erfassten Personen ihre Pensionsversicherungsbeiträge anhand der Mindestbeitragsgrundlage (damals S 14.009,--) entrichteten. Die Entrichtung des Beitragssatzes von 14,5 % der Mindestbeitragsgrundlage bedeutet jedoch keineswegs, dass die betreffenden Versicherten bloß 14,5 % ihres Einkommens für die Pensionsversicherung aufwenden. Bezogen auf monatliche Einkünfte von beispielsweise S 10.000,--, läuft die Beitragsleistung von 14,5 % der Mindestbeitragsgrundlage (also von S 2.031,30) auf eine Zahlung von fast 20,31 % des Einkommens hinaus, bei einem monatlichen Einkommen von beispielsweise S 7.000,-- stellt die Beitragszahlung basierend auf S 2.031,30 sogar einen Aufwand von 29 % der Einkünfte dar. Es stellt somit keineswegs einen atypischen und im Rahmen der Durchschnittsbetrachtung außer Acht zu lassenden Ausnahmefall dar, dass auch einen gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten wirtschaftlich gesehen eine 14,5 % seines Einkommens übersteigende Beitragslast trifft.

5.1. Der für die 'neuen Selbständigen' in der Pensionsversicherung im Vergleich zu den Gewerbetreibenden geltende höhere Beitragssatz trägt aber auch der Regelung des § 34 Abs 1 GSVG betreffend die Überweisung aus dem Steueraufkommen Rechnung:

Mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, wurde mit Wirksamkeit vom die Gewerbesteuer abgeschafft. Die 20. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 21/1994, sah eine durch das Steuerreformgesetz 1993 notwendig gewordene Anpassung der Bestimmung über den Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung nach dem GSVG infolge des Entfalls der Gewerbesteuer vor. Mit dieser Änderung wurde vorgesehen, dass der fiktive Dienstgeberbeitrag aus dem Steueraufkommen der nach GSVG Pflichtversicherten zu tragen ist.

Mit der 22. Novelle zum GSVG, BGBl. I Nr. 139/1997, wurde § 34 Abs 1 leg.cit. in Anpassung an die Einbeziehung der 'neuen Selbständigen' in die Pflichtversicherung nach dem GSVG dahingehend geändert, dass der Bundesbeitrag aus dem Steueraufkommen der gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten zu überweisen ist. Die Verdoppelung des Beitragsaufkommens in der Pensionsversicherung aus Steuermitteln bleibt also auf das Steueraufkommen der gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten beschränkt. Diese Gruppe von Pflichtversicherten hat also bereits eine 'Vorleistung' erbracht, während die gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Pflichtversicherten, weil der Bundesbeitrag nicht auch aus deren Steueraufkommen zu tragen ist, nicht vorbelastet (sind).

Weiters wurde mit dem Entfall der Gewerbesteuer durch das Steuerreformgesetz 1993 zwar diese nur die Gewerbetreibenden belastende Sondersteuer abgeschafft, jedoch das Beitragsaufkommen indirekt insofern gesteigert, als sich die Bemessungsgrundlage zur Einkommensteuer in vielen Fällen erhöht hat. Ein Vergleich von 1994 bis 1998 zeigt, dass sich der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung der gewerblichen Selbständigen von S 13,452.421,-- Mrd. im Jahre 1994 auf S 12,777.144,-- Mrd. im Jahre 1998 vermindert hat (siehe Tabelle 5.07, Handbuch der österreichischen Sozialversicherung).

5.2. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entstehungsgeschichte des GSPVG zu verweisen, als der Beitragssatz in diesem Bundesgesetz dem halben Beitragssatz des ASVG (in weichem die Beitragsleistung auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt war und ist) entsprach und daher das GSPVG-Beitragsaufkommen aus dem Gewerbesteueraufkommen verdoppelt wurde. Es ist aber zuzugeben, dass durch die bereits mehrfach erfolgten Erhöhungen des GSVG-Beitragssatzes die Verdoppelung des Beitragsaufkommens gemäß § 34 Abs 1 GSVG ihrem historischen Zweck nicht mehr voll gerecht wird. Ausgehend vom Beitragssatz in der Pensionsversicherung der Unselbständigen wäre daher die Auffassung vertretbar, dass diesen Steuermitteln nur jener Betrag zu entsprechen hat, der der Differenz zwischen dem Beitragssatz des GSVG von 14,5 % einerseits und dem ASVG-Beitragssatz entspricht. Die vom Gesetzgeber gewählte Form der Finanzierung des Leistungsaufwandes für die gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Versicherten - individueller Beitragssatz 14,5 %, Überweisung aus dem Steueraufkommen als Äquivalent für den Dienstgeberbeitrag (der zum Teil ja schon in den 14,5 % enthalten ist) und höherer faktischer Beitragssatz für Versicherte mit Einkünften bis zur Mindestbeitragsgrundlage - kann jedoch als rein faktischer Unterschied bei der Prüfung der Beitragssätze des GSVG nicht außer Betracht bleiben.

5.3. Weiters ist noch Folgendes zu berücksichtigen: Seit dem Jahre 1979 ist die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bei mehr als 7,5 Versicherungsjahren in den letzten 15 Jahren allein bescheid- und leistungszuständig für die Pensionen, weshalb von anderen Pensionsversicherungsträgern keinerlei Ausgleichszahlung mehr geleistet wird, auch wenn im Durchschnitt diese mindestens 15 Jahre lang Pensionsversicherungsbeiträge nach dem ASVG erhalten, weil der Gewerbetreibende nämlich in der Regel etwa 15 Jahre lang unselbständig beschäftigt (z.B. als Lehrling, Angestellter) ist, bis er eine Gewerbeberechtigung erwirbt. Erst ab diesem Zeitpunkt werden Pensionsversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft geleistet.

Diese Regelung basierte auf dem Konsens der Sozialpartner und der Bundesregierung, dass damit der Bundesbeitrag für die gewerbliche Pensionsversicherung außer Streit gestellt wurde. In der Folge wurden diese 'Wanderversicherungsverluste' immer größer, sodass der Gesetzgeber in § 447g Abs 10 ASVG einen jährlichen Bericht des Sozialministers an die Bundesregierung vorsieht, in dem

1. das Ausmaß der im abgelaufenen Kalenderjahr erworbenen Ersatzzeiten zur Sichtbarmachung der Aufwendungen, die den Pensionsversicherungsträgern aus der Anrechnung dieser Versicherungszeiten erwachsen, sowie

2. die sich im abgelaufenen Kalenderjahr für die Trägerder Pensionsversicherung aus der Wanderversicherung gemäß den §§251 a leg.cit., 129 GSVG und 120 BSVG ergebenden Änderungen der Leistungszuständigkeit enthalten sein müssen,

um die Bundesbeitragsdiskussion bei den Selbständigen zu versachlichen.

Bei den Leistungsempfängern auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ergibt sich, dass ab (erstmalige Einbeziehung in die Pflichtversicherung) vorerst und in den nächsten Jahren jedenfalls die Zuständigkeit der ASVG-Pensionsversicherungsträger in der Regel gegeben sein wird, sodass der Beitragssatz von 20,25 % (derzeit 16 %) dem bei Unselbständigen mit 22,8 % nahe kommt. Somit besteht eine weitere sachliche Rechtfertigung, zumal auch alle Pensionsversicherungsträger der Unselbständigen einen Bundesbeitrag benötigen.

6. Es wird darüberhinaus zum Beschwerdeführer zu B2421/98 darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger im Fach Landwirtschaftswesen unter die in der Anlage 2 zum BSVG (Ziffer 9) genannten land- und forstwirtschaftlichen Unternehmertätigkeiten (Nebentätigkeiten) gemäß § 2 Abs 1 Z 1 BSVG zu subsumieren ist.

7. Insgesamt ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Ausführungen der Ansicht, dass die Differenzierung in den Beitragssätzen zwischen den gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG und jenen gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Versicherten sachlich gerechtfertigt ist."

2.2. Die dem Verfahren als beteiligte Partei beigezogene Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft führt in ihrer Äußerung folgendes aus:

"Vorauszuschicken ist, dass es im Rahmen der oft relevierten Durchschnittsbetrachtung keine Rolle spielen kann, wenn gegenständlich die Beschwerdeführer ihre selbständige Erwerbstätigkeit lediglich neben einem anderen (Haupt-)Beruf ausüben. Vielmehr muss in diesem Zusammenhang die Durchschnittsbetrachtung auch auf die hauptberuflich Erwerbstätigen iSd § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG abstellen.

Zwischen den gemäß § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Versicherten einerseits und den nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG Versicherten andererseits bestehen die Unterschiede, dass die Pflichtversicherung iSd § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG auf eher formalen Kriterien beruht, während die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG von der rein faktischen Ausübung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit abhängt, und dass nur bei den Versicherten iSd § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG die Möglichkeit besteht, gemäß § 5 GSVG aus der Pflichtversicherung herauszuoptieren. (Von dieser Möglichkeit haben auch zwei große Gruppen von Versicherten, nämlich die Ziviltechniker und die Rechtsanwälte, Gebrauch gemacht.) Auch ist laut den Rechnungsvorschriften für die Sozialversicherung für die Versicherten iSd § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG eine gesonderte Erfolgsrechnung zu erstellen. Somit ist von zwei verschiedenen Versichertengruppen auszugehen.

Während die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG - sieht man vom Tatbestand ab, dass die Pflichtversicherung nach Erklärung, dass die Einkünfte aus den der Pflichtversicherung unterliegenden Tätigkeiten die Versicherungsgrenze übersteigen werden, eintritt - nur dann besteht, wenn entsprechend hohe Einkünfte aus der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit erzielt werden, besteht die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG unabhängig von der Höhe der erzielten Einkünfte selbst dann, wenn aus der maßgeblichen Erwerbstätigkeit Verluste erzielt wurden.

Nun entrichteten im Jahr 1999 über 50 % der gemäß § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten ihre Pensionsversicherungsbeiträge auf der Basis der Mindestbeitragsgrundlage (damals 14.009,00 S). Die Beitragsentrichtung unter Anwendung eines Beitragssatzes von 14,5 % der Mindestbeitragsgrundlage bedeutet somit keineswegs, dass die betreffenden Versicherten auch wirklich bloß 14,5 % ihres Einkommens für die Pensionsversicherung aufwenden. Vielmehr läuft - bezogen auf monatliche Gewerbeeinkünfte beispielsweise von 10.000,00 S - die Beitragsleistung von 14,5 % der obigen Mindestbeitragsgrundlage (also von 2.031,30 S) auf eine Zahlung von fast 20,31 % des Einkommens allein für die Pensionsversicherung hinaus, während bei einem monatlichen Gewerbeeinkommen von 7.000,00 S die Beitragszahlung von 2.031,30 S sogar einen Aufwand von 29 % der Gewerbeeinkünfte, ebenfalls allein für die Pensionsversicherung, darstellt. Es ist somit keineswegs ein atypischer (und im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung außer Acht zu lassender) Ausnahmefall, wenn auch einen gemäß § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten wirtschaftlich gesehen eine 14,5 % seines Einkommens übersteigende Beitragslast trifft.

Abgesehen davon ist die Mindestbeitragsgrundlage des § 25 Abs 4 Z. 1 GSVG mit 14.289,00 S (Wert für 2000) deutlich höher als die Versicherungsgrenze und Mindestbeitragsgrundlage gemäß § 4 Abs 1 Z. 5 und 6 bzw. 25 Abs 4 Z. 2 GSVG. Wie schon die finanziellen Erläuterungen zur 21. GSPVG-Novelle ausführen, wurde bewusst ein Zusammenhang zwischen der (in der Zwischenzeit laufend und sogar überproportional erhöhten) Mindestbeitragsgrundlage einerseits und dem Ausgleichszulagenrichtsatz andererseits hergestellt. In Folge dieser hohen Mindestbeitragsgrundlage fallen im Bereich der gemäß § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Versicherten relativ hohe Pensionen und dementsprechend weniger Ausgleichszulagen an. Im Gegensatz hiezu hatten die gemäß § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG Pflichtversicherten vor dem zumindest im Bereich des GSVG keine Möglichkeit, Versicherungszeiten zu erwerben, die sich in Form von Steigerungsbeträgen entsprechend auf die Pensionshöhe auswirken würden, und bei ihnen kann auch eine Pflichtversicherung mit wesentlich niedrigeren Beitragsgrundlagen bestehen. Im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof öfters relevierten Durchschnittsbetrachtung kann daher davon ausgegangen werden, dass bei den nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG Versicherten aus den obigen Gründen tendenziell deutlich niedrigere Pensionen möglich sind als bei den übrigen GSVG-Versicherten, sodass mit dem Anfall von deutlich mehr Ausgleichszulagen zu rechnen ist. Der Ausgleich dieser zu erwartenden Ausgleichszulagen ist eine weitere sachliche Rechtfertigung für einen unterschiedlichen Beitragssatz.

Entgegen den vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes können in diesem Zusammenhang die Beiträge des Bundes gemäß § 34 Abs 1 GSVG nicht außer Betracht bleiben. Schon laut der Regierungsvorlage zu § 27 GSPVG in der Stammfassung stellte die Überweisung aus dem Aufkommen an Gewerbesteuer sich als Leistung des gesamten Berufsstandes der gewerblichen Wirtschaft an die Einrichtung der Pensionsversicherung nach dem Entwurf dar. Nunmehr bedeuten die Überweisungen des Bundes gemäß § 34 Abs 1 GSVG einen Ersatz für die Überweisungen des Bundes aus dem Gewerbesteueraufkommen, die infolge der Beseitigung der Gewerbesteuer mit nicht mehr anfallen konnten. Laut den Erläuterungen zum Steuerreformgesetz 1993 ist im Zusammenhang mit den Einkommenswirkungen dieses Bundesgesetzes zu berücksichtigen, dass sich die Abschaffung der Steuern zum Teil durch den Wegfall der entsprechenden Betriebsausgaben selbst finanziert. Im Bereich der nach § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Versicherten führte der Wegfall der Gewerbesteuer somit zu einer Erhöhung der Einkommensteuerbemessungsgrundlage und zu höheren Zahlungen an Einkommensteuer, während die vor dem bereits selbständig Erwerbstätigen iSd nunmehrigen § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG von vornherein nicht zur Zahlung der Gewerbesteuer verpflichtet waren. Wenn nun der Gesetzgeber in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dieser das Einkommensteuervolumen erhöhenden Steuerreform 1993 die 'Partnerleistung' bewusst neuerlich in das GSVG aufgenommen hat, dann hat er im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsfreiraumes eben weiterhin die teilweise Finanzierung der Pensionsversicherung für die betroffene Personengruppe auf dem Umweg über die Steuerleistung normiert.

Auch ist es im Arbeitsleben der Selbständigen die Regel, dass diese zuerst viele Jahre unselbständig erwerbstätig sind und erst später eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen. Zur Zeit ihrer unselbständigen Erwerbstätigkeit entrichten sie und ihre Dienstgeber Beiträge zur Pensionsversicherung nach dem ASVG; in weiterer Folge zahlt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft im Rahmen der Wanderversicherung eine Pension aus, die auf allen in Österreich erworbenen Versicherungszeiten beruht, ohne dass sie für die bei anderen Pensionsversicherungsträgern erworbenen Versicherungszeiten auch nur die geringste Abgeltung erhält. Ausgehend von der Rechtslage, die die Leistungszuständigkeit anhand der letzten 15 Jahre vor dem Pensionsstichtag prüft, und den faktischen Gegebenheiten, dass die Mehrzahl der Selbständigen zuerst unselbständig erwerbstätig ist und dann erst eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, berücksichtigt die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wesentlich mehr Versicherungszeiten, die nach anderen Bundesgesetzen, vor allem dem ASVG, erworben wurden, als andere Versicherungsträger in ihren Pensionsleistungen auch nach dem GSVG erworbene Versicherungszeiten honorieren. Die auf diese Weise entstehenden 'Wanderversicherungsverluste' belaufen sich 1998 auf 5,678 Mrd. S, das sind rund 24 % des gesamten Leistungsaufwandes. Bei den nach § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Versicherten reicht die auf zwei 'Schienen', nämlich der individuellen Beitragsentrichtung und den Überweisungen aus ihrem Steueraufkommen gemäß § 34 Abs 2 GSVG, erfolgende Beitragsleistung aus, um den um die 'Wanderversicherungsverluste' verringerten Gesamtpensionsaufwand voll abzudecken; im Bereich dieser Versicherten ist der Beitragssatz von 14,5% daher sachlich gerechtfertigt. Aus dem Steueraufkommen der nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG Versicherten gibt es keine Überweisungen an den Versicherungsträger, daher besteht zwecks Deckung des Leistungsaufwandes das Erfordernis einer höheren individuellen Beitragsleistung beruhend auf einem höheren Beitragssatz."

In weiterer Folge äußert sich die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gesondert zu einzelnen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes unter Zitierung der jeweiligen Seitenzahl des Prüfungsbeschlusses:

"Zu Pkt. 2.1.1 (Seite 11)

Im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Gewerbesteuer darf nicht übersehen werden, dass diese ja tatsächlich voll entrichtet wurde und durch die ab 1958 vom Gesetzgeber intendierte Teilwidmung eben dazu beigetragen hat, die Leistungen nach dem GSPVG bzw. GSVG mit zu finanzieren.

Zu Pkt. 2.1.2 (Seite 12)

Der bereits in diesem Beschluss erwähnte dg. Beschluss vom , B171/95 und B1460/95, zeigt, dass innerhalb einer Versicherungseinrichtung (GSVG und FSVG) sehr wohl unterschiedliche Beitragssätze sachlich gerechtfertigt sein können.

Zu Pkt. 2.1.3 (Seite 12)

Diese Ausführungen schließen noch nicht aus, dass auch das unterschiedliche Versicherungsrecht und - in Bezug auf die Mindestbeitragsgrundlage - Beitragsrecht eine weitere Differenzierung im Beitragsrecht hinsichtlich des Beitragssatzes zulässig erscheinen lassen.

Zu Pkt. 2.2.3 (Seite 14, letzter Absatz)

Diese Überlegungen sind an sich richtungweisend, dürfen aber - sollen keine lebensfremden Ergebnisse eintreten - nicht losgelöst von den Fakten gelten und berücksichtigen nicht den bereits erwähnten Umstand, dass im Bereich des GSVG mehr als 50 % der nach § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 Versicherten ihre Beiträge zur Pensionsversicherung anhand der Mindestbeitragsgrundlage entrichten; diese Tatsache kann eben nicht außer Betracht bleiben, denn das ausschließliche Abstellen auf Pflichtversicherte mit jeweils gleichen Einkommensverhältnissen würde zu solchen lebensfremden Ergebnissen führen. Eine Realitätsferne läge darin, dass der - von einer den Einkommensverhältnissen der nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG Versicherten auch wirklich entsprechenden Beitragsgrundlage ausgehende - Beitragssatz des § 27 Abs 1 Z. 3 GSVG und die darauf beruhende Beitragsleistung mit einer Beitragsleistung, die in vielen Fällen auf einer - nicht den tatsächlichen Einkommensverhältnissen entsprechenden - Mindestbeitragsgrundlage und dem Beitragssatz des § 27 Abs 1 Z. 2 GSVG beruht, verglichen würden.

Auch bei den Aussagen des Verfassungsgerichtshofes auf S. 15 erster Absatz besteht die Gefahr, dass sie an den bereits dargestellten Unterschieden im Faktischen - hoher Prozentsatz der nach § 2 Abs 1 Z. 1 bis 3 GSVG Versicherten mit Mindestbeitragsgrundlage - vorbeigehen und daher zu lebensfremden Ergebnissen führen. Die Sach- und Rechtslage muss im Hinblick auf diesen eklatanten Unterschied in den Einkommensverhältnissen eben in einem anderen Licht gesehen werden. Weiters erscheint die Aussage des Verfassungsgerichtshofes auf S. 15, zweiter Absatz, dass bei gleicher Beitragsgrundlage der wirtschaftlich Leistungsschwächere auch bei einheitlichem Beitragssatz grundsätzlich weniger an Beiträgen zahlt als der wirtschaftlich Leistungsstärkere, in sich widersprüchlich, weil bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eben keine gleiche Beitragsgrundlage bestehen wird.

Zu Pkt. 2.2.4 (Seite 15)

In Bezug zum Leistungsrecht muss doch bedacht werden, dass aus den oben angeführten Gründen bei den nach § 2 Abs 1 Z. 4 GSVG Versicherten tendenziell niedrigere Bemessungsgrundlagen vorliegen werden, was sich im Wege höherer Ausgleichszulagen entsprechend auswirken wird."

II. 1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig.

Der von der Bundesregierung erhobene Einwand, die Tätigkeit des Beschwerdeführers im zu B2421/98 protokollierten Verfahren sei unter das BSVG zu subsumieren, steht dem Gesetzesprüfungsverfahren nicht entgegen: Da die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des GSVG gestützt und diese auch denkmöglich anzuwenden hatte und auch der Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides die geprüften Normen anzuwenden haben wird, ist das Gesetzesprüfungsverfahren auch hinsichtlich der zu B2421/98 protokollierten Beschwerde zulässig.

Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was an der Zulässigkeit der Beschwerde und an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen in den Anlaßverfahren zweifeln ließe; die Prozeßvoraussetzungen sind daher gegeben.

2. Die Bedenken des VfGH erweisen sich auch als begründet; es ist weder der Bundesregierung noch der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gelungen, die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken zu entkräften:

3.1. Die von der Bundesregierung und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorgebrachten, im Wesentlichen übereinstimmenden Gründe, aus denen die unterschiedliche Gestaltung des Beitragsrechts sachlich gerechtfertigt sei, vermögen nicht zu überzeugen.

3.1.1. Der Gleichheitssatz verbietet es, innerhalb einer im Gesetz zusammengefaßten Risikengemeinschaft ohne sachliche Rechtfertigung unterschiedliche Beitragssätze vorzusehen: Wenn eine Differenzierung von Versicherungsbeiträgen auf ihre sachliche Rechtfertigung untersucht wird, ist stets von der vorliegenden Versicherungseinrichtung auszugehen und zu prüfen, ob innerhalb ihres Systems die Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist (VfSlg. 3721/1960).

Zwar trifft es zu, daß die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG unabhängig von der Höhe der Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit (selbst bei Verlusten) eintritt und vorausgesetzt wird, daß zumindest die Mindestbeiträge für die Sozialversicherung aufgebracht werden können, während für die sogenannten "neuen Selbständigen", soweit keine Erklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 zweiter Satz GSVG abgegeben worden ist, erst durch das Überschreiten der im § 4 Abs 1 Z 5 oder 6 leg. cit. angeführten Einkommensgrenzen eine Pflichtversicherung begründet wird. Dies allein kann aber keine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Gestaltung des Beitragsrechts in Fällen von gleich hohen Einkünften (und damit gleich hoher Beitragsgrundlage) und gleichem Leistungsrecht innerhalb derselben Versichertengemeinschaft sein.

3.1.2. Soweit die Bundesregierung die vom Verfassungsgerichtshof geprüften Bestimmungen insofern als sachlich gerechtfertigt ansieht, als sie meint, es sei bei der Gruppe der gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Pflichtversicherten ein zusätzlicher Leistungsaufwand im Rahmen des Ausgleichszulagenrechts zu erwarten, was sie mit einem umfangreichen Zahlenwerk zu untermauern sucht, verkennt sie den Kern der vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken:

Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. aus jüngerer Zeit VfSlg. 14.802/1997) judiziert, steht in der Sozialversicherung, im besonderen in der Pensionsversicherung der Versorgungsgedanke im Vordergrund, wohingegen der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist (VfSlg. 4714/1964, 5241/1966); es gilt daher in der Sozialversicherung auch nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung (zB VfSlg. 3670/1960, 4714/1964, 7047/1973), sodaß auch in Kauf genommen werden muß, daß es in manchen Fällen trotz Leistung von Pflichtbeiträgen zu keiner Versicherungsleistung kommt (zB VfSlg. 6015/1969, 7047/1973).

Umgekehrt hat der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 3721/1960 dargelegt, daß Vorteile, die einer sozialen Gruppe durch die Einbeziehung in die Versicherung erwachsen, bei der Bemessung der Beitragspflicht unberücksichtigt bleiben müssen, denn ansonsten würden immer gerade die Gruppen der sozial Schwächsten, die durch die Einbeziehung in die Versicherung den größten Vorteil erlangt haben, zu den größten Beitragsleistungen heranzuziehen sein, was dem Gedanken einer sozialen Versicherung widerspricht und daher sachlich nicht gerechtfertigt sein kann. Innerhalb einer Versichertengemeinschaft müßten vielmehr auch "schlechte Risken" in Kauf genommen werden (VfSlg. 3670/1960, bekräftigt ua. in VfSlg. 10.451/1985).

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest: In der gesetzlichen Sozialversicherung ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt, innerhalb derselben Risikengemeinschaft zwischen "guten" und "schlechten" Risiken wie in der privatrechtlichen Versicherung zu unterscheiden. Es ist vielmehr ein Charakteristikum der gesetzlichen Sozialversicherung, daß in ihr alle Risiken zu einer Risikengemeinschaft zusammengefaßt und einem einheitlichen Beitragsrecht unterstellt werden (vgl. VfSlg. 12.739/1991 mwN; ferner Grillberger, Österreichisches Sozialrecht, 3. Aufl., Wien - New York 1996, 10 f.).

3.3. Es trifft allerdings zu, daß sich die Gruppe der "neuen Selbständigen" iS des § 2 Abs 1 Z 4 GSVG von den übrigen nach dem GSVG Versicherten ua. dadurch - in einer letztlich auf das Beitragsrecht durchschlagenden Weise - unterscheidet, daß es bei den übrigen nach dem GSVG Versicherten - anders als bei der Gruppe der "neuen Selbständigen" - möglich ist, aus dem (Fort-)Bestehen einer behördlichen (gewerberechtlichen) Bewilligung auf Beginn, Dauer und Beendigung der Erwerbstätigkeit zu schließen. Wie sich aus § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ergibt, knüpft die Pflichtversicherung für die "neuen Selbständigen" der Sache nach in erster Linie am Vorhandensein von Einkünften einer bestimmten Einkunftsart in bestimmter Höhe im Besteuerungszeitraum an (wobei den betreffenden Personen dadurch, daß sie im vorhinein gegenüber dem Sozialversicherungsträger erklären können, daß die Einkünfte eine bestimmte Versicherungsgrenze übersteigen werden, schon während ihrer freiberuflichen Tätigkeit der Versicherungsschutz und damit zB die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Sachleistungen in der Krankenversicherung gewährleistet wird).

Die zuvor angeführten Unterschiede im Tatsächlichen zwischen der Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit der hier in Rede stehenden Art und gewerblichen Tätigkeiten finden ihre Entsprechung aber nicht nur in der unterschiedlichen Umschreibung des zur Versicherungspflicht führenden Tatbestandes, sondern darüber hinaus auch im Beitragsrecht, das bei der Personengruppe des § 2 Abs 1 Z 4 GSVG folgerichtig Versicherungsgrenzen (§4 Abs 1 Z 5 und 6 GSVG) kennt (die zugleich auch Mindestbeitragsgrundlagen sind - § 25 Abs 4 Z 2 lita und b GSVG), während für Gewerbetreibende (die bei aufrechter, nicht ruhender Gewerbeberechtigung auch im Falle von Verlusten kontinuierlich versicherungspflichtig bleiben) nur eine (deutlich höhere) Mindestbeitragsgrundlage (§25 Abs 4 Z 1 GSVG), jedoch keine Versicherungsgrenze besteht. Daraus ergeben sich - woraus die Bundesregierung mit Recht hinweist - bei Einkünften zwischen der Versicherungsgrenze der "neuen Selbständigen" und der Mindestbeitragsgrundlage des § 25 Abs 4 Z 1 GSVG für beide Gruppen je und je unterschiedliche Beitragslasten, die nicht allein am Beitragssatz gemessen werden können. Diese Unterschiede vermögen die in Prüfung gezogene Bestimmung, die - unabhängig von der Einkommenshöhe - generell eine unterschiedliche Beitragsbelastung bewirkt, indes sachlich nicht zu rechtfertigen.

3.4. Auch ein weiteres Argument der Bundesregierung, nämlich daß § 34 Abs 1 GSVG in Anpassung an die Einbeziehung der "neuen Selbständigen" in die Pflichtversicherung dahin geändert worden sei, daß der Bundesbeitrag aus dem Steueraufkommen der gemäß § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten zu überweisen sei und daß diese Pflichtversicherten daher eine "Vorleistung" erbracht hätten, während die gemäß § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Pflichtversicherten, weil der Bundesbeitrag nicht auch aus deren Steueraufkommen zu tragen sei, nicht vorbelastet wären, vermag die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs nicht zu zerstreuen:

Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Prüfungsbeschluß ausgeführt hat, ist nämlich davon auszugehen, daß der nach § 34 Abs 1 GSVG vom Bund geleistete Beitrag, der sich ja betragsmäßig an der Höhe der für das jeweilige Kalenderjahr fällig gewordenen Pensionsversicherungsbeiträge und nicht etwa an der Steuerleistung der von dieser Aufstockung betroffenen Versicherten orientiert, aus allgemeinen Steuermitteln stammt: Abgesehen davon, daß nirgendwo eine Zweckbindung der von den nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Versicherten erbrachten Steuerleistung normiert ist, übersieht die Bundesregierung, daß den aus den genannten Steuermitteln geleisteten Beitragszuschüssen keine steuerliche Sonderleistung der genannten Versicherten gegenübersteht, sodaß letztlich durch diesen Zuschuß die allgemeinen Steuermittel vermindert werden. Hinzu kommt, daß gerade in jenem - den von der Bundesregierung und von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erstatteten Äußerungen zufolge häufig auftretenden - Fall, daß nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG Versicherte derart niedrige Einkünfte beziehen, daß sich ihre Pensionsversicherungsbeiträge nach der Mindestbeitragsgrundlage bestimmen, das auf diese Versicherten entfallende Einkommensteueraufkommen so gering sein wird, daß der vom Bund nach § 34 Abs 1 GSVG geschuldete Beitrag nicht allein aus diesem Steueraufkommen bestritten werden kann, sondern hiefür zusätzlich auf allgemeine Steuermittel zurückgegriffen werden muß.

3.5. Auch das Argument, daß viele selbständig Erwerbstätige zunächst viele Beitragsmonate im System des ASVG erwerben und erst spät solche nach dem GSVG, sodaß in Extremfällen auch eine geringe Anzahl von Versicherungsjahren nach dem GSVG dazu führen kann, daß die Versicherungsgemeinschaft der selbständig Erwerbstätigen die ganze (überwiegend aus anderen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung stammende) Pensionslast zu tragen hat, vermag keineswegs unterschiedliche Höhen von Beiträgen innerhalb der im GSVG zusammengefaßten Versichertengemeinschaft zu rechtfertigen, da diese Erwägung offenkundig auf alle nach dem GSVG versicherten Personen zutrifft und es gerade bei der Gruppe der "neuen Selbständigen" mehr als zweifelhaft ist, ob just eine solche Beschäftigung während der letzten 15 Jahre vor Erreichung des Pensionsalters überwiegen wird. Es wäre überdies vielmehr Sache des Gesetzgebers, entweder die in der derzeitigen Wanderversicherung liegenden möglichen Nachteile für kleinere Versicherungsgemeinschaften durch geeignete - sachliche - Maßnahmen (wie zB einen Ausgleich der "Wanderversicherungsverluste" durch Überweisungen von einem gesetzlichen Sozialversicherungsträger an den anderen) zu neutralisieren oder die "Wanderversicherung" auf eine andere, diese Nachteile mildernde Weise zu regeln.

4. Da im Verfahren somit nichts hervorgekommen ist, was die Differenzierung der Beitragssätze zwischen den Pflichtversicherten nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 und Z 4 GSVG sachlich rechtfertigen könnte, widerspricht die unterschiedliche Beitragshöhe in § 27 Abs 1 Z 3 GSVG dem Gleichheitssatz. § 27 Abs 1 Z 3 war daher als verfassungswidrig aufzuheben. Der Ausdruck "Z 1 bis 3" in § 27 Abs 1 Z 2 GSVG steht mit dieser Bestimmung in so engem Zusammenhang, daß er mit § 27 Abs 1 Z 3 GSVG aufzuheben war.

5. Die übrigen Aussprüche gründen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG. Folge der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen ist eine nunmehr einheitliche Beitragshöhe für alle Versicherten nach dem GSVG, sodaß eine Fristsetzung entbehrlich erscheint.

6. Diese Entscheidung konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gefällt werden (§19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953).