VfGH vom 28.11.1983, g68/81
Sammlungsnummer
9870
Leitsatz
ASVG;§ 144 Abs 4 idF BGBl. Nr. 775/1974 nicht gleichheitswidrig; chronisch Kranke sind von keinem Leistungsanspruch ausgeschlossen, der akut Kranken zusteht; keine Gleichheitswidrigkeit der vergleichbaren Regelungen im BSVG, GSVG und B-KUVG
Spruch
Den Anträgen wird keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. 1. Die Sbg. Landesregierung beantragt aufgrund ihres Beschlusses vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG und § 62 VerfGG folgende Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben:
I. im § 144 Abs 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der geltenden Fassung,
II. im § 89 Abs 4 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes - BSVG, BGBl. Nr. 559/1978, in der geltenden Fassung und
III. im § 95 Abs 2 des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes - GSVG, BGBl. Nr. 560/1978, in der geltenden Fassung
jeweils die Worte "in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957)" sowie
IV. in § 66 Abs 4 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetezs - B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, in der geltenden Fassung die Worte "und in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957)".
1.2. Die Anträge werden wie folgt begründet:
"Zu I.: Das ASVG regelt gemäß § 1 die Allgemeine Sozialversicherung im Inland beschäftigter Personen einschließlich der den Dienstnehmern nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes gleichgestellten selbständig Erwerbstätigen und die Krankenversicherung der Pensionisten aus der Allgemeinen Sozialversicherung.
Gemäß § 2 Abs 1 leg. cit. umfaßt die Allgemeine Sozialversicherung die Krankenversicherung, die Unfallversicherung und die Pensionsversicherung mit Ausnahme gewisser Sonderversicherungen. Die §§4 ff. ASVG enthalten eine Umschreibung des Personenkreises der nach dem ASVG Versicherten.
Die §§44 ff. ASVG enthalten mehrere Bestimmungen über die Beiträge zur Pflichtversicherung aufgrund des Arbeitsverdienstes (Erwerbseinkommens).
Gemäß § 51 Abs 3 Z 1 ASVG entfallen von den nach Abs 1 festgesetzten Beiträgen, unbeschadet der Sondervorschrift des § 53, in der Krankenversicherung je die Hälfte auf den Versicherten und seinen Dienstgeber. Die §§52 ff. enthalten Sonderbestimmungen.
Gemäß § 116 Abs 1 Z 2 des ASVG trifft die Krankenversicherung Vorsorge für die Versicherungsfälle der Krankheit, der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, der Mutterschaft und des Todes.
Gemäß § 120 Abs 1 Z 1 ASVG gilt der Versicherungsfall als eingetreten, im Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn der Krankheit, das ist des regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes, der die Krankenbehandlung notwendig macht.
Gemäß § 144 Abs 1 ASVG ist Pflege in der allgemeinen Gebührenklasse einer öffentlichen Krankenanstalt, sofern im Sprengel des Versicherungsträgers eine solche Krankenanstalt besteht und der Erkrankte nicht mit seiner Zustimmung in einer nichtöffentlichen Krankenanstalt untergebracht wird, zu gewähren, wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert. § 134 ASVG gilt hiebei entsprechend - dort heißt es ua., daß die Krankenbehandlung während der Versicherung für die Dauer der Krankheit ohne zeitliche Begrenzung gewährt wird. Anstaltspflege kann nach § 144 Abs 1 leg. cit. auch gewährt werden, wenn die Möglichkeit einer entsprechenden häuslichen Pflege nicht gegeben ist.
Gemäß § 144 Abs 4 ASVG gilt jedoch als Anstaltspflege nicht die Unterbringung in einem Heim für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Wartung bedürfen (§2 Abs 1 Z 3 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957), in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957) oder in einer Sonderkrankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation von Versicherten dient.
Die Einschränkung hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke in § 144 Abs 4 ASVG ist Gegenstand der vorliegenden Anfechtung.
Aus den zitierten Bestimmungen (insbesondere § 134 und § 144 Abs 1 ASVG) ergibt sich, daß das ASVG grundsätzlich die Erbringung von Leistungen im Zuge einer Krankenbehandlung für Versicherte vorsieht und dies unabhängig von Art und Dauer der Erkrankung. Diese Leistungen umfassen auch die Gewährung der erforderlichen Pflege in einer Krankenanstalt. Dieser Grundkonzeption des Gesetzes entgegen steht die Bestimmung des § 144 Abs 4 ASVG, in dem es ua. heißt, daß die Unterbringung in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen, nicht als Anstaltspflege gilt.
Die geltende Rechtslage verstößt nach Auffassung der Sbg. Landesregierung gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz.
Kranke, für die die Unterbringung in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke notwendig wird, werden im Gegensatz zu akut Kranken durch die angefochtenen Worte im § 144 Abs 4 ASVG von notwendigen Leistungen der Krankenversicherung nach dem ASVG - nämlich jenen für den medizinisch notwendigen Anstaltsaufenthalt - ausgeschlossen. Diese Differenzierung zwischen Kranken ist sachlich nicht gerechtfertigt und somit gleichheitswidrig.
Von der Notwendigkeit der ärztlichen Leistung und Anstaltsbetreuung her unterscheidet sich der chronisch Kranke, der ja nach dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmung ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürftig zu sein hat, nicht vom akut Kranken, der stationärer Anstaltspflege bedarf. Im Gegenteil: in seiner Angewiesenheit auf die anstaltsmäßige Betreuung müßten eher ihm die Versicherungsleistungen gewährleistet, ihm die die Möglichkeiten der durchschnittlichen wirtschaftlichen Existenz übersteigenden Lasten der Kostenselbsttragung abgenommen werden, als dem akut und heilbar, also nur vorübergehend Kranken. Auch die Beurteilung nach der Größe der durch die Versicherung abgenommenen Belastung, also des abgenommenen Risikos, wird in der Regel diese Belastung beim chronisch also bleibend Kranken größer zeigen, als die des sonstigen Kranken, bei dem das Moment der Dauer in seinem Anstaltsaufenthalt in aller Regel geringer ist als bei ersterem. Von der Seite der erbrachten Leistung des Kranken an den Krankenversicherungsträger her ist von vornherein eine Differenzierung ausgeschlossen, da diese Leistungen beim nachmalig chronisch Kranken ident waren wie die beim nachmalig anders Erkrankten. Somit kann kein sachlich die angefochtene Differenzierung rechtfertigender Grund gefunden werden.
In diesem Zusammenhang ist auf das Erk. des VfGH Slg. Nr. 3670/1960 zu verweisen, in dem ua. ausgeführt ist, daß das Wesen der Sozialversicherung darin besteht, in einer bestimmten, von anderen Maßnahmen der Sozialpolitik unterschiedenen Form die mannigfachen Gefahren, die die wirtschaftliche Existenz bedrohen, auszuschalten oder doch zu mildern. Ferner ist das Erk. des VfGH Slg. Nr. 4714/1964 anzuführen, in dem dargetan ist, daß die Sozialversicherung von dem Grundgedanken getragen wird, daß die Angehörigen eines Berufsstandes eine Risikengemeinschaft bilden, in der der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht, der den Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückdrängt. Die Risikengemeinschaft als eine Solidaritätsgemeinschaft, so wird näher ausgeführt, und dieser Gemeinschaftsgedanke sei für die Sozialversicherung typisch und wesentlich (in ähnlichem Sinne s. auch die VfGH Erk. Slg. Nr. 5241/1966, 6015/1969 und 7047/1973). Ist nun schon dem Versicherungsgedanken in der Ausprägung der Vertragsversicherung in den angefochtenen Regelungen widersprochen, so umso stärker dem hier aufgezeigten Versorgungsprinzip der Sozialversicherung. Gerade die 'versorgungsbedürftigsten' Kranken erscheinen von der notwendigen ärztlich betreuten 'Anstaltspflege' auf Kosten des Sozialversicherungsträgers ausgeschlossen.
Daß eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung nach bestimmten Arten von Krankheiten im ASVG verfassungswidrig ist, hat der VfGH bereits einmal für einen bestimmten Fall in seinem Erk. Slg. Nr. 5354/1966 ausgesprochen, mit dem er den § 148 Z 5 ASVG idF der 9. Nov., BGBl. Nr. 13/1962, wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot aufhob. Die damalige Regelung, wonach bei Unterbringung eines Geisteskranken, dem oder für den ein Anspruch auf Anstaltspflege gemäß § 144 ASVG zustand, in einer öffentlichen Sonderheilanstalt für Nerven- und Geisteskranke der Versicherungsträger nur den halben Verpflegskostensatz zu zahlen hatte, wurde als gleichheitswidrig erkannt. Der VfGH führte damals aus, daß kein Grund dafür zu finden sei, daß die Rechtsträger der öffentlichen Sonderheilanstalten für Nerven- und Geisteskranke bei ihrem Anspruch auf Ersatz der Verpflegskosten bei Behandlungsfällen, die in bezug auf die Anstaltsbedürftigkeit auch gleich behandelt werden, nach bestimmten Arten der Krankheiten verschieden behandelt werden.
Wenn schon eine Ungleichbehandlung der Rechtsträger von Krankenanstalten nach bestimmten Arten von Krankheiten nicht gerechtfertigt ist, dann gilt dies erst recht für die Ungleichbehandlung der Versicherten selbst. Derzeit ist nach akut Kranken und chronisch Kranken dahin gehend unterschieden, daß die chronisch Kranken für einen zur ärztlichen Behandlung notwendigen Aufenthalt in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke überhaupt keinen Kostenersatz der Krankenversicherung erhalten.
Die dargestellte Ungleichbehandlung der nach dem ASVG Krankenversicherten, die ärztlicher Leistung in Anstaltspflege bedürfen, wird somit als sachlich nicht gerechtfertigt erachtet. Da das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz auch den Gesetzgeber bindet (vgl. ua. Erk. VfGH Slg. Nr. 8576, 8446) erscheint die angefochtene Gesetzesstelle verfassungswidrig.
Zu II.: Das BSVG regelt gemäß § 1 die Kranken- und die Pensionsversicherung sowie die Unfallversicherung der im Inland in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätigen und ihrer mittätigen Angehörigen sowie die Krankenversicherung der Bezieher einer Pension (Übergangspension) aus der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz.
Die §§2 ff. BSVG enthalten eine Umschreibung des Personenkreises der nach dem BSVG Pflichtversicherten.
Die §§22 ff. BSVG enthalten Bestimmungen über die Beiträge zur Pflichtversicherung durch die Versicherten.
Gemäß § 24 Abs 1 BSVG haben die in der Krankenversicherung Pflichtversicherten, sofern sich nicht aus den Abs 3 und 4 anderes ergibt, für die Dauer der Beitragspflicht als Beitrag 4,8 vH der Beitragsgrundlage zu leisten.
Gemäß § 74 Abs 1 Z 2 BSVG trifft die Krankenversicherung Vorsorge für die Versicherungsfälle der Krankheit, der Mutterschaft und des Todes.
Gemäß § 75 Z 2 leg. cit. sind als Leistungen der Krankenversicherungen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes aus dem Versicherungsfall der Krankheit Krankenbehandlung und Hauskrankenpflege, erforderlichenfalls auch Anstaltspflege zu gewähren.
Gemäß § 76 Abs 1 Z 1 leg. cit. gilt der Versicherungsfall als eingetreten, im Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn der Krankheit, das ist des regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes, der die Krankenbehandlung notwendig macht.
Gemäß § 89 Abs 1 BSVG ist Pflege in der allgemeinen Gebührenklasse einer öffentlichen Krankenanstalt, sofern im Sprengel der für den Erkrankten zuständigen Landesstelle eine solche Krankenanstalt besteht und der Erkrankte nicht mit seiner Zustimmung in einer nichtöffentlichen Krankenanstalt untergebracht wird, zu gewähren, wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert. § 84 leg. cit. gilt hiebei entsprechend - dort heißt es ua., daß die Krankenbehandlung während der Versicherung für die Dauer der Krankheit ohne zeitliche Begrenzung gewährt wird. Die Anstaltspflege kann nach § 89 Abs 1 leg. cit. auch gewährt werden, wenn die Möglichkeit einer entsprechenden häuslichen Pflege nicht gegeben ist.
Gemäß § 89 Abs 4 BSVG gilt jedoch als Anstaltspflege nicht die Unterbringung in einem Heim für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Wartung bedürfen (§2 Abs 1 Z 3 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957), in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957), oder in einer Sonderkrankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation von Versicherten dient.
Die Einschränkung hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke im § 89 Abs 4 BSVG ist Gegenstand der vorliegenden Anfechtung.
Die geltende Rechtslage verstößt nach Auffassung der Sbg. Landesregierung gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Zur näheren Begründung darf auf die Ausführungen unter I. verwiesen werden. Die derzeit geltende Regelung des § 89 Abs 4 BSVG wird hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke als im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz stehend und somit als verfassungswidrig erachtet.
Zu III.: Das GSVG regelt gemäß § 1 die Kranken- und die Pensionsversicherung der im Inland in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen, die Pensionsversicherung sonstiger im Inland freiberuflich selbständiger Erwerbstätiger sowie die Krankenversicherung der Bezieher einer Pension (Übergangspension) aus der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz.
Die §§2 ff. GSVG enthalten eine Umschreibung des Personenkreises der nach dem GSVG Pflichtversicherten sowie Bestimmungen über den Umfang der Versicherung.
Gemäß § 24 GSVG sind die Mittel der Kranken- und Pensionsversicherung durch Beiträge der Versicherten, in der Pensionsversicherung auch durch einen Beitrag des Bundes aufzubringen.
Gemäß § 27 Abs 1 GSVG haben die Pflichtversicherten für die Dauer der Versicherung als Beitrag in der Krankenversicherung 7,7 vH der Beitragsgrundlage zu leisten.
Gemäß § 78 Abs 1 Z 2 des GSVG trifft die Krankenversicherung Vorsorge für die Versicherungsfälle der Krankheit, der Mutterschaft und des Todes.
Gemäß § 80 Abs 1 Z 1 GSVG gilt der Versicherungsfall als eingetreten, im Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn der Krankheit, das ist des regelwidrigen Körper- und Geisteszustandes, der die Krankenbehandlung notwendig macht.
Gemäß § 95 Abs 1 GSVG ist Anstaltspflege in Krankenanstalten iS des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, als Pflichtleistung ohne zeitliche Begrenzung zu gewähren, wenn und solange es die Krankheit erfordert.
Gemäß § 95 Abs 2 GSVG gilt jedoch als Anstaltspflege nicht die Unterbringung in einem Heim für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Wartung bedürfen (§2 Abs 1 Z 3 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957), in einer Pflegeanstalt für chronsich Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957) oder in einer Sonderkrankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation von Versicherten dient. § 100 sieht lediglich vor, daß der Versicherungsträger geeignete Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (zB Unterbringung in einem Genesungsheim) gewähren kann.
Die im § 95 Abs 2 leg. cit. enthaltene Einschränkung hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke ist Gegenstand der vorliegenden Anfechtung.
Die geltende Rechtslage verstößt nach Auffassung der Sbg. Landesregierung gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Zur näheren Begründung darf auf die Ausführungen unter I. verwiesen werden. Die derzeitige Regelung des § 95 Abs 2 GSVG wird hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke als im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz stehend und somit als verfassungswidrig erachtet.
Zu IV.: Das B-KUVG regelt gemäß § 1 die Kranken- und Unfallversicherung der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, einem Bundesland, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde stehenden Dienstnehmer sowie einer ganzen Reihe weiterer im Gesetz genau umschriebener Personengruppen.
Gemäß § 18 werden die Mittel zur Bestreitung der Aufwendungen in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz, soweit sie nicht durch sonstige Einnahmen gedeckt sind, durch Beiträge der Dienstgeber und der Dienstnehmer aufgebracht. Die Höhe der Beiträge bestimmt sich wie bei den unter I. bis III. genannten Versicherungen nach einem Hundertsatz einer im Gesetz genau umschriebenen Beitragsgrundlage.
Gemäß § 51 Abs 1 Z 2 B-KUVG trifft die Krankenversicherung Vorsorge für die Versicherungsfälle der Krankheit, der Mutterschaft und des Todes.
Gemäß § 52 Z 2 B-KUVG werden als Leistungen der Krankenversicherung aus dem Versicherungsfall der Krankheit Krankenbehandlung und erforderlichenfalls Anstaltspflege gewährt.
Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 leg. cit. gilt der Versicherungsfall als eingetreten, im Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn der Krankheit, das ist des regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes, der die Krankenbehandlung notwendig macht.
Gemäß § 66 Abs 1 B-KUVG ist Pflege in einer Krankenanstalt zu gewähren, wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert. In gleicher Weise ist die Pflege in einer Krankenanstalt zu gewähren, wenn die Möglichkeit einer entsprechenden häuslichen Pflege nicht gegeben ist.
Gemäß § 66 Abs 4 B-KUVG gilt jedoch als Anstaltspflege nicht die Unterbringung in einem Heim für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Wartung bedürfen (§2 Abs 1 Z 3 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957), und in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957).
Die Einschränkung hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke in § 66 Abs 4 B-KUVG ist Gegenstand der vorliegenden Anfechtung.
Die geltende Rechtslage verstößt nach Auffassung der Sbg. Landesregierung gegen den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz. Zur Begründung sei auf die unter I. vorgebrachten Überlegungen verwiesen. Die Regelung des § 66 Abs 4 B-KUVG wird hinsichtlich der Pflegeanstalten für chronisch Kranke im Hinblick auf die dort geäußerten Bedenken als im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz stehend und somit als verfassungswidrig erachtet."
2.1. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen verteidigt.
2.2. Im wesentlichen wird ausgeführt:
"I. A. ...
§144 Abs 4 ASVG wurde durch die 9. Nov. zum ASVG, BGBl. Nr. 13/1962, eingeführt. ...
Die Einfügung des Abs 4 entsprach ... dem rechtspolitischen Bedürfnis, den Ausschluß der Leistungspflicht der Krankenversicherung in Asylierungsfällen auch für den Fall zu sichern, daß eine vormalige "Heilstätte" nominell in eine "Krankenanstalt" umgewandelt wird. Der angefochtene Teil des Abs 4 stellt daher eine Ergänzung zu § 144 Abs 3 ASVG dar, welche Vorschrift lautet:
"Ist die Anstaltspflege nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt (Asylierung), so wird sie nicht gewährt."
Die Bedenken der Sbg. Landesregierung dürften daher in Wahrheit nicht der - vergleichsweise weniger wichtigen - Sonderbestimmung des § 144 Abs 4, sondern dem § 144 Abs 3 ASVG gelten, in welcher Bestimmung zwischen "Behandlungsfällen" und "Asylierungsfällen" unterschieden wird. Zu dieser Differenzierung hat der VfGH aber in seinem Erk. Slg. Nr. 5354 ausgeführt:
"Die Anstaltspflege ist bei gegebener Spitalsbedürftigkeit eine Pflichtleistung der Krankenversicherung (§144 Abs 1 ASVG). § 144 Abs 3 ASVG sagt jedoch, daß sie nicht gewährt wird, wenn sie nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist. Ein 'Heilfall' oder 'Behandlungsfall' wird daher zB dann vorliegen, wenn die ärztliche Behandlung nach dem Stand der Wissenschaft einen Erfolg verspricht. Die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung iS des § 144 Abs 3 wird auch zu bejahen sein, wenn diese geeignet ist, hintanzuhalten, daß sich eine an sich unheilbare Krankheit verschlechtert. Ein 'Asylierungsfall' iS des § 144 Abs 3 ASVG liegt hingegen dann vor, wenn die Unterbringung eines unheilbar Geisteskranken aus Gründen der öffentlichen Sicherheit notwendig ist."
Die Bundesregierung vermag aus dem zitierten Abschnitt der Begründung des in Rede stehenden Erk. des VfGH nur den Schluß zu ziehen, daß gegen die Differenzierung nach "Behandlungsfällen" und "Asylierungsfällen" dem Grunde nach keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. ...
B. Die Sbg. Landesregierung sieht die unsachliche Differenzierung in § 144 Abs 4 ASVG darin, daß Kranke, die an einer akuten Krankheit leiden, anders behandelt werden als chronisch Kranke. Dazu ist zu sagen, daß das Gesetz einederartige Unterscheidung nicht trifft. An keiner Stelle des ASVG wird bestimmt, daß chronisch Kranke leistungsrechtlich anders zu behandeln sind als Personen, die akut erkrankt sind.
Die soziale Krankenversicherung hat ua. die Aufgabe, für die Versicherungsfälle der Krankheit Vorsorge zu treffen. Im Sozialversicherungsrecht ist Krankheit als regelwidriger Körper- oder Geisteszustand definiert, der die Krankenbehandlung notwendig macht (§120 Abs 1 Z 1 ASVG). Ziel der Krankenbehandlung ist es, die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wieder herzustellen, zu festigen oder zu verbessern. Solange der Versicherungsfall der Krankheit vorliegt, besteht, ohne Rücksicht auf die Dauer der Krankheit, Anspruch auf Leistung der Krankenversicherung (§134 Abs 1 ASVG). Es ist somit ein tragender Grundsatz des Leistungsrechts der sozialen Krankenversicherung, daß es keine zeitliche Begrenzung der Leistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit kennt. ...
C. Die antragstellende Landesregierung sieht eine unsachliche Differenzierung weiters darin, daß es nicht zulässig sei, für bestimmte Arten von Krankheiten leistungsrechtlich eine von der allgemeinen Regelung abweichende Sonderregelung vorzusehen. Dabei beruft sie sich auf das schon zitierte Erk. des VfGH Slg. Nr. 5354, mit welchem § 148 Z 5 ASVG aufgehoben wurde. ... Die Sbg. Landesregierung übersieht, daß § 144 Abs 4 ASVG nicht auf bestimmte Krankheiten abgestellt ist. ...
D. Gegen die oben angestellten Erwägungen spricht nur scheinbar, daß § 1 Abs 2 des Krankenanstaltengesetzes von Einrichtungen spricht, die "zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken" bestimmt sind.
Der Gesetzgeber des Krankenanstaltengesetzes hat besondere Gründe gesehen, die Umwandlung von "Heilstätten" in "Krankenanstalten" zu ermöglichen. Für den Gesetzgeber des Sozialversicherungsrechtes resultierte - wie bereits oben ausgeführt - daraus die Notwendigkeit, sicherzustellen, daß nicht schon durch die Umbenennung der Anstalt, in der der Versicherte untergebracht ist und ohne Rücksicht auf den gegebenen Fall eine Leistungspflicht entsteht.
Im übrigen weist die Bundesregierung auch darauf hin, daß auch das Krankenanstaltengesetz eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Krankenanstalten vornimmt. So definiert § 1 Abs 1 KAG Krankenanstalten als Einrichtungen, die zur Feststellung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung, zur Vornahme operativer Eingriffe, zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung oder zur Entbindung bestimmt sind. Bei Krankenanstalten in diesem Sinne wird somit grundsätzlich auf die Durchführung einer Heilbehandlung mit dem Ziel, eine Heilung, oder zumindest eine Besserung herbeizuführen, abgestellt. Der Abs 2 des § 1 KAG sieht lediglich vor, daß ferner auch jene Einrichtungen, die zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind, als Krankenanstalten anzusehen sind. Aus dieser Formulierung ("anzusehen") geht aber nach Ansicht der Bundesregierung deutlich hervor, daß das KAG selbst eine Unterscheidung trifft.
Daß Pflegeanstalten für chronisch Kranke aufgrund ihrer Funktion von den Krankenanstalten nach § 1 Abs 1 KAG zu unterscheiden sind, geht ferner auch aus § 7 Abs 1 KAG hervor. Nach dieser Gesetzesstelle kommt der Grundsatz, daß für jede Krankenanstalt ein geeigneter Arzt als verantwortlicher Leiter des ärztlichen Dienstes und für die mit der ärztlichen Behandlung der Pfleglinge zusammenhängenden Aufgaben zu bestellen ist, bei den in Rede stehenden Pflegeanstalten nicht zum Tragen, wenn bloß die Aufsicht durch einen geeigneten Arzt gewährleistet ist.
E. Nach Ansicht der Bundesregierung bleibt daher ausschließlich zu prüfen, ob die Ausschlußbestimmung des § 144 Abs 4 ASVG, wonach die Krankenversicherungsträger keine Anstaltspflege gewähren, wenn der Betreffende in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflegebedürfen, untergebracht ist, vom Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes her sachlich begründet werden kann. Die Begründung für die gegenständliche Regelung liegt darin, daß die Betreuung von Pflegefällen nicht in den sachlichen Aufgabenbereich der sozialen Krankenversicherung fällt. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt nämlich der Versicherungsfall der Krankheit dann nicht mehr vor, wenn die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung nicht mehr gegeben ist. ...
Dementsprechend bestimmt § 144 Abs 3 ASVG, daß die Anstaltspflege nicht gewährt wird, wenn sie nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist. Bei den in Betracht kommenden Kranken, für die Anstaltspflege nach § 144 Abs 4 ASVG nicht gewährt wird, handelt es sich nach dem klaren Gesetzeswortlaut um Personen, die einer ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege bedürfen; die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung, die für die Frage entscheidend ist, ob der Versicherungsfall der Krankheit gegeben ist, ist daher in diesen Fällen grundsätzlich nicht mehr gegeben. ...
F. Die Antwort auf die Frage, ab wann ein Krankheitsfall zu einem Pflegefall wird, ist sicherlich schwierig. Die Gerichte haben jedoch im Rahmen des Leistungsstreitverfahrens in der Sozialversicherung eine reiche Judikatur entwickelt, die um eine weite Interpretation des Krankheitsbegriffes bemüht war (vgl. auch Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts/1979/S 48).
Demnach liegt ein Behandlungsfall dann vor, wenn prognostisch abgestellt auf den Zeitpunkt des Beginns der Behandlung (vgl. OLG Wien vom , 15 R 24/68, SVSlg. 18000), festgestellt werden kann, daß das beim Versicherten vorliegende Leiden einer Behandlung zugänglich ist, wenn auch nur eine geringfügige Besserung des Grundleidens erhofft wird (vgl. OLG Wien vom , 15 R 28/67, SVSlg. 17993) oder wenn die Behandlung eine Verschlechterung des Zustandes hintanzuhalten geeignet ist, mag auch das Grundleiden als solches nicht mehr behebbar sein (vgl. Schiedsgericht Wien vom , 21 C 158/68, SVSlg. 19855). Hingegen handelt es sich um einen Asylierungs- oder Pflegefall, wenn ein Krankenhausaufenthalt nur die fehlende häusliche Pflege und Obsorge allein ersetzt und nicht mehr einer erfolgversprechenden Behandlung der Krankheit dient (vgl. OLG Wien vom , 15 R 47/70, SVSlg. 19850). ...
G. Im Antrag der Sbg. Landesregierung wird auf die Erk. des VfGH Slg. Nr. 3670 und 4714 verwiesen. ... Aus diesen - und auch aus den übrigen von der Antragstellerin zitierten - Erk. des VfGH kann nach Auffassung der Bundesregierung im gegenständlichen Verfahren kein Argument für den Standpunkt der Sbg. Landesregierung gefunden werden.
H. Zusammenfassend stellt die Bundesregierung fest, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung weder danach differenziert, ob eine akute oder chronische Krankheit vorliegt, noch danach, um welche Art von Krankheit es sich handelt. Durch sie wird lediglich ausgeschlossen, daß angesichts des Aufgabenbereiches der sozialen Krankenversicherung, der einen Versicherungsfall der Pflegebedürftigkeit ohne Krankheit nicht kennt, die Träger der Krankenversicherung in Pflegefällen zur Leistungserbringung verpflichtet werden. ...
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß die durch die in Prüfung gezogenen Worte in § 144 Abs 4 ASVG bewirkte Differenzierung im rechtspolitischen Spielraum des Gesetzgebers liegt (vgl. zB VfSlg. 5268, 5692, 6031) und im Lichte des Gleichheitssatzes sachlich zu rechtfertigen ist.
II. Die Ausführungen unter I. mögen vom VfGH in gleicher Weise auch auf die in Prüfung gezogenen parallelen Wendungen in § 89 Abs 4 BSVG,§ 95 Abs 2 GSVG und § 66 Abs 4 B-KUVG bezogen werden."
2.3. Die Bundesregierung stellt den Antrag, die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Für den Fall der Stattgebung wird die Setzung einer Frist von einem Jahr für das Wirksamwerden der Aufhebung begehrt, da in diesem Falle weitreichende legistische und wirtschaftliche Maßnahmen erforderlich wären.
3. Der auf die bereits näher bezeichneten Gesetzesstellen bezughabende Antrag auf Gesetzesprüfung ist, da sämtliche Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
4. Der VfGH hat in der Sache selbst erwogen:
4.1. Zum ASVG:
4.1.1. § 144 Abs 4 ASVG idF der 31. Nov., BGBl. Nr. 775/1974, hat folgenden Wortlaut (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
"(4) Als Anstaltspflege gilt nicht die Unterbringung in einem Heim für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Wartung bedürfen (§2 Abs 1 Z 3 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957), in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz BGBl. Nr. 1/1957) oder in einer Sonderkrankenanstalt, die vorwiegend der Rehabilitation von Versicherten dient."
In der Regierungsvorlage zur 31. Nov. (1286 BlgNR XIII. GP, S 16) wird dazu ausgeführt:
"Die vorliegenden Änderungen haben eine Anpassung an die durch die zweite Nov. zum Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 281/1974, geänderte Terminologie hinsichtlich der Bezeichnung der einzelnen Arten der Krankenanstalten zum Inhalt."
Daraus und aus der sprachlichen Fassung der bekämpften Regelung ergibt sich, daß mit dem Klammerausdruck "§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957" das Krankenanstaltengesetz idF der 2. Nov. BGBl. Nr. 281/1974 angesprochen wird.
4.1.2. § 2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz idF der 2. Nov., BGBl. Nr. 281/1974 (künftig kurz: KAG), lautet zusammen mit dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle wie folgt:
"(1) Krankenanstalten iS des § 1 sind:
...
4. Pflegeanstalten für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen;"
Gemäß § 1 Abs 1 KAG sind unter Krankenanstalten (Heil- und Pflegeanstalten) Einrichtungen zu verstehen, die
"a) zur Feststellung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung,
b) zur Vornahme operativer Eingriffe,
c) zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung oder
d) zur Entbindung
bestimmt sind"; gemäß § 1 Abs 2 KAG sind ferner "als Krankenanstalten auch Einrichtungen anzusehen, die zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind".
Aus § 7 Abs 1 KAG ergibt sich sodann, daß bei Pflegeanstalten für chronisch Kranke iS des § 1 Abs 2 (das sind also Anstalten nach § 2 Abs 1 Z 4 KAG) von der Bestellung eines ärztlichen Leiters Abstand genommen werden kann, wenn die Aufsicht durch einen geeigneten Arzt gewährleistet ist. § 22 KAG bestimmt schließlich, daß bei der Aufnahme von Pfleglingen auf den Zweck der Krankenanstalt und auf den Umfang der Anstaltseinrichtung Bedacht zu nehmen ist. Der Anstaltstyp bedingt also, für welche Pfleglinge eine Anstalt bestimmt ist. § 2 Abs 1 Z 4 KAG umschreibt danach eine Anstaltstype, die nur für die Betreuung und Pflege, nicht aber für die Behandlung von Kranken bestimmt und geeignet ist. In Pflegeanstalten gemäß § 2 Abs 1 Z 4 KAG unterzubringen sind demnach nicht behandlungsbedürftige Kranke, sondern nur betreuungs- und pflegebedürftige Personen.
4.1.3. Die Sbg. Landesregierung vermeint nun, aus § 144 Abs 4 ASVG ergebe sich, daß "chronisch Kranke" - gemeint sind damit offenbar Kranke, die einer Anstaltsbehandlung nicht bedürfen -, wenn sie in Anstalten gemäß § 2 Abs 1 Z 4 KAG untergebracht sind, keinen Leistungsanspruch auf Krankenbehandlung hätten, während "akut Kranken" ein solcher Anspruch sehr wohl zustünde. Eine sachliche Rechtfertigung für diese unterschiedliche Regelung sei nicht zu finden.
Diese Auffassung der Sbg. Landesregierung geht jedoch von einem unzutreffenden Verständnis der Regelungszusammenhänge aus.
4.1.4. Anspruch auf Pflege (in der allgemeinen Gebührenklasse) in einer öffentlichen Krankenanstalt steht gemäß § 144 Abs 1 erster Satz ASVG Kranken zu, "wenn und solange es die Art der Krankheit erfordert".
Aus § 144 Abs 3 ASVG - und zwar schon aus der Stammfassung dieser Bestimmung - ergibt sich, daß ein Anspruch des Versicherten auf Tragung der Verpflegskosten für Anstaltspflege durch den Sozialversicherungsträger nicht besteht, wenn die Anstaltspflege nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist, wenn es sich also um eine Asylierung handelt.
Während sich demnach aus § 144 Abs 3 ASVG ergibt, daß Versicherten gegenüber dem Sozialversicherungsträger kein Leistungsanspruch auf Anstaltspflege zusteht, wenn eine solche nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist (womit auf die durch den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers gebotene Art der Anstaltsbehandlung abgestellt wird), ergibt sich aus Abs 4, daß für Versicherte, die in Anstalten gemäß § 2 Abs 1 Z 4 KAG untergebracht sind, Pflegegebühren für den Anstaltsaufenthalt vom Sozialversicherungsträger nicht zu tragen sind.
Wie sich aus der Zusammenschau dieser Bestimmungen mit §§144 Abs 1 und 134 ergibt, wird aber in § 144 Abs 4 nur das deklariert, was sich bereits aus § 144 Abs 3 ASVG ergibt. Aus dem zweiten Satz des § 144 Abs 1 - lautend: "§134 gilt entsprechend." - geht nämlich hervor, daß Personen auch während einer Anstaltspflege - und unabhängig von der Art der Anstalt, in der sie untergebracht sind - Anspruch auf Krankenbehandlung für die Dauer der Krankheit ohne zeitliche Begrenzung bei aufrechtem Bestand der Versicherung, sonst nach Maßgabe der Abs 2 und 3 leg. cit., haben. Voraussetzung einer Leistung gemäß § 134, also für den Anspruch auf Krankenbehandlung, ist (ausschließlich) das Vorliegen einer Krankheit, worunter nach § 120 ASVG ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand zu verstehen ist, der eine Krankenbehandlung notwendig macht. Ist eine solche Notwendigkeit nicht gegeben, so besteht keine Leistungsverpflichtung der Sozialversicherung auf Gewährung von Krankenbehandlung. Ist ein Anspruch auf Krankenbehandlung jedoch zu bejahen, weil die Notwendigkeit hiezu aufgrund eines regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes vorliegt, so ist dieser Leistungsanspruch bei einem in einer Krankenanstalt Untergebrachten nicht davon abhängig, daß von ihm die Anspruchsvoraussetzungen auch für die Gewährung der Anstaltspflege iS des § 144 ASVG erfüllt werden; der Anspruch auf Krankenbehandlung besteht also gegenüber dem Sozialversicherungsträger auch während eines Krankenanstaltenaufenthaltes (welcher Art immer), und zwar selbst dann, wenn für letzteren kein Leistungsanspruch besteht. Der Anspruch auf Krankenbehandlung kann demnach unabhängig vom Vorliegen eines Anspruches auf Anstaltspflege Gegenstand eines Leistungsbegehrens sein.
Zu gleichen Ergebnissen führt der erste Satz des § 144 Abs 1 hinsichtlich des Leistungsanspruches eines Versicherten auf Anstaltspflege.
Der sich aus § 144 Abs 4 ergebende Ausschluß von der Verpflegskostentragung durch den Sozialversicherungsträger setzt nach dem Gesagten voraus, daß es sich um einen Asylfall handelt; ist dies nicht der Fall, so ergibt sich schon aus § 144 Abs 1, daß dem Versicherten gegenüber dem Sozialversicherungsträger ein Anspruch auf Anstaltsunterbringung in der dazu geeigneten Anstalt zusteht.
4.1.5. So gesehen erweist sich, daß die Bedenken der Sbg. Landesregierung gegen die angefochtene Regelung nicht zutreffen. "Chronisch Kranke", die der Behandlung bedürfen, haben in gleicher Weise wie "akut Kranke" Anspruch auf Krankenbehandlung, erstere werden - ohne Rücksicht auf ihre allfällige Unterbringung in einer Krankenanstalt gemäß § 2 Abs 1 Z 4 KAG - von keinem Leistungsanspruch ausgeschlossen, der letzteren zusteht.
Die angefochtene Gesetzesstelle ist demnach mit der von der Sbg. Landesregierung behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht belastet; die bekämpfte Wortfolge in § 144 Abs 4 ASVG idF der 31. Nov. war somit nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
4.2. Zu den weiteren Gesetzesprüfungsanträgen hat der VfGH in der Sache selbst erwogen:
Gegen die Worte "in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957)" in § 89 Abs 4 BSVG, BGBl. Nr. 559/1978 idF 284/1981, und in § 95 Abs 2 GSVG, BGBl. Nr. 560/1978 idF BGBl. Nr. 283/1981, sowie die Worte "und in einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 des Krankenanstaltengesetzes)" in § 66 Abs 4 des B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967 idF BGBl. Nr. 285/1981, werden von der antragstellenden Sbg. Landesregierung dieselben Bedenken vorgetragen, aus denen die Aufhebung der vorzitierten Wortfolge in § 144 Abs 4 ASVG idF BGBl. Nr. 775/1974 begehrt wird. Die Bundesregierung hat auch die Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Gesetzesstellen des BSVG, GSVG und des B-KUVG unter Hinweis auf ihre Ausführungen zu der angefochtenen Bestimmung des ASVG verteidigt.
Aufgrund der Identität der verfassungsrechtlichen Bedenken und der insofern mit dem ASVG vergleichbaren Rechtslage genügt es, daß auf die Darlegungen zu § 144 Abs 4 ASVG verwiesen wird, die sinngemäß auch auf die übrigen angefochtenen Gesetzesstellen zutreffen. Hieraus ergibt sich, daß auch diese Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufzuheben waren.
5. Den Anträgen der Sbg. Landesregierung war somit keine Folge zu geben.