VfGH vom 14.06.2012, g66/11

VfGH vom 14.06.2012, g66/11

Sammlungsnummer

19639

Leitsatz

Teils Zurück-, teils Abweisung des Individualantrags von - Handelsgeschäfte betreibenden - Gesellschaften auf Aufhebung der Regelung über das Verbot der Sonntagsöffnung; öffentliches Interesse an einer Synchronisation der Öffnungszeiten mit der Wochenendruhe; Beschränkung der Freiheit der Erwerbsbetätigung verhältnismäßig; keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes

Spruch

I. Der Antrag der ersten bis siebenten und der

neunten antragstellenden Gesellschaft auf Aufhebung des § 3 zweiter Satz, des § 4 Abs 1 und des § 5 Abs 1 Öffnungszeitengesetz 2003, BGBl. I Nr. 48/2003 idF BGBl. I Nr. 62/2007, wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag der ersten bis

siebenten und der neunten antragstellenden Gesellschaft zurückgewiesen.

III. Der Antrag der achten antragstellenden

Gesellschaft wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.

1. Mit dem auf Art 140 B-VG gestützten

Individualantrag begehren mehrere Gesellschaften, die Handelsgeschäfte in Österreich betreiben, der Verfassungsgerichtshof möge folgende Bestimmungen des Öffnungszeitengesetzes 2003 (in der Folge: ÖffnungszeitenG), BGBI. I 48/2003 idF BGBI. I 62/2007, als verfassungswidrig aufheben:

"(1) In § 3 2. Satz die Wendung 'Samstagen nach

18 Uhr, an Sonntagen, an'; in eventu

die Wendung 'Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an' sowie die Wendung 'und an Montagen bis 6 Uhr'; in eventu

§3 2. Satz zur Gänze.

(2) In § 4 Abs 1 die Wendung ', an Samstagen von 6 Uhr bis 18 Uhr'; in eventu § 4 Abs 1 zur Gänze.

(3) In § 4a Abs 2 die Wendung 'in einer solchen

Verordnung kann der Landeshauptmann auch bestimmen, dass die genannten Verkaufsstellen am Samstag nach 18 Uhr offen gehalten werden dürfen'.

(4) In § 5 Abs 1 die Wendung 'Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an'; in eventu

die Wendung 'Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an' sowie die Wendung 'und an Montagen bis 6 Uhr'; in eventu

§5 Abs 1 zur Gänze.

(5) In § 5 Abs 2 jeweils die (wiederholt gebrauchte) Wendung 'an Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen,'; in eventu

jeweils die (wiederholt gebrauchte) Wendung 'an

Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen,' sowie jeweils die (wiederholt gebrauchte) Wendung 'oder an Montagen bis 6 Uhr'; in eventu

§5 Abs 2 zur Gänze.

In eventu - anstatt (1) bis (5):

(6) § 5 zur Gänze."

2. Der Antrag ist vor dem Hintergrund der folgenden Rechtslage zu beurteilen. Die maßgeblichen Bestimmungen des ÖffnungszeitenG, BGBI. I 48/2003 idF BGBI. I 62/2007, lauten:

"Geltungsbereich

§1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes

gelten, sofern sich nicht nach § 2 anderes ergibt, für alle ständigen und nichtständigen für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen) von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) unterliegen.

(2) Als Betriebseinrichtung im Sinne des Abs 1 gelten auch alle Einrichtungen und Veranstaltungen der im Abs 1 genannten Unternehmungen, bei denen Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden.

(3) [...]

§2. Von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind ausgenommen

1. die Warenabgabe aus Automaten;

2. der Warenverkauf im Rahmen eines Gastgewerbes

[...];

3. Tankstellen [...];

4. - 5. [...]

§3. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes regeln das Offenhalten der Verkaufsstellen (§1). An Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an Feiertagen (§7 Abs 2 des Arbeitsruhegesetzes) und an Montagen bis 6 Uhr sind die Verkaufsstellen, soweit sich nicht nach den folgenden Bestimmungen anderes ergibt, geschlossen zu halten.

Allgemeine Offenhaltezeiten an Werktagen

§4. (1) Die Verkaufsstellen (§1) dürfen, soweit sich nicht nach den folgenden Bestimmungen anderes ergibt, an Montagen bis Freitagen von 6 Uhr bis 21 Uhr, an Samstagen von 6 Uhr bis 18 Uhr offen gehalten werden.

(2) [...]

(3) Die Gesamtoffenhaltezeit gemäß Abs 1 und 2 darf innerhalb einer Kalenderwoche 72 Stunden nicht überschreiten.

Besondere Offenhaltezeiten für Pendler/innen, Tourismusgebiete und Einkaufsevents

§4a. (1) Der Landeshauptmann kann nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie unter Berücksichtigung der Einkaufsbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch der am Pendelverkehr zwischen Wohn- und Arbeitsort teilnehmenden Berufstätigen, und der Einkaufsbedürfnisse der Touristen sowie besonderer regionaler und örtlicher Gegebenheiten mit Verordnung festlegen, dass die Verkaufsstellen an Werktagen ausgenommen Samstag

1. ab 5 Uhr offen gehalten werden dürfen oder

2. in besonders wichtigen Tourismusorten oder

touristisch besonders wichtigen Teilen von Orten über 21 Uhr hinaus offen gehalten werden dürfen oder

3. aus Anlass von Orts- und Straßenfesten

insbesondere in historischen Orts- oder Stadtkernen oder in Gebieten, in denen bedeutende Veranstaltungen stattfinden, am Tag der Veranstaltung über 21 Uhr hinaus offen gehalten werden dürfen oder

4. sofern sie in unmittelbarer Nähe eines für den Kleinverkauf bestimmten Marktes nach § 286 GewO 1994 gelegen sind, für den Verkauf von Waren, die Gegenstand des Marktverkehrs sind, während der Marktzeit offen gehalten werden dürfen, wobei Markttag, -zeit und Gemeinde anzuführen sind.

(2) Für Verkaufsstellen von Bäckereibetrieben, Verkaufsstellen für Naturblumen, Verkaufsstellen für Süßwaren und Verkaufsstellen für Obst und Gemüse kann der Landeshauptmann durch Verordnung eine 72 Stunden übersteigende wöchentliche Gesamtoffenhaltezeit festlegen; in einer solchen Verordnung kann der Landeshauptmann auch bestimmen, dass die genannten Verkaufsstellen am Samstag nach 18 Uhr offen gehalten werden dürfen.

(3) Soweit eine gebietsmäßige Abgrenzung nicht erforderlich ist, können Verordnungen gemäß Abs 1 und 2 sich auf das ganze Land oder auf ein bestimmtes Teilgebiet erstrecken. Soweit sich eine Verordnung nicht auf das ganze Land erstreckt, sind die betroffenen Gemeinden anzuhören. Die Verordnungen können weiters für das ganze Jahr oder nur saisonal oder für bestimmte Tage sowie beschränkt auf bestimmte Waren erlassen werden.

Sonderregelung für das Wochenende und für Feiertage

§5. (1) An Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an Feiertagen und an Montagen bis 6 Uhr dürfen die Verkaufsstellen nur für Verkaufstätigkeiten offen gehalten werden, für die durch Verordnungen gemäß Abs 2 bis 4 bestimmte Offenhaltezeiten festgelegt wurden.

(2) Für Verkaufstätigkeiten, für die an Samstagen

nach 18 Uhr, an Sonntagen, an Feiertagen oder an Montagen bis 6 Uhr ein besonderer regionaler Bedarf besteht, hat der Landeshauptmann nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch Verordnung jene Zeiten festzulegen, in denen diese Tätigkeiten an Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an Feiertagen oder an Montagen bis 6 Uhr ausgeübt werden dürfen. Die Verordnung hat auch zu berücksichtigen, ob sich der besondere Bedarf auf das ganze Land oder nur auf ein Teilgebiet erstreckt sowie ob er das ganze Jahr über oder nur saisonal oder nur an bestimmten Tagen besteht. Soweit sich eine Verordnung nicht auf das ganze Land erstreckt, sind auch die betroffenen Gemeinden anzuhören.

(3) Durch eine Verordnung nach Abs 2 kann auch die Beschäftigung von Arbeitnehmern mit Ausnahme von jugendlichen Arbeitnehmern im Sinne des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes zugelassen werden, wenn ein außergewöhnlicher regionaler Bedarf an Versorgungsleistungen gegeben ist. Diese Verordnung hat weiters den örtlichen Geltungsbereich, die Tätigkeiten, die Zeiträume und das maximale Zeitausmaß, während dem die Beschäftigung von Arbeitnehmern zulässig ist, genau zu bezeichnen. Arbeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den bezeichneten zulässigen Arbeiten stehen oder ohne die diese nicht durchführbar wären, sind zuzulassen, soweit sie nicht vor oder nach der Wochenend- oder Feiertagsruhe (§§3 und 7 des Arbeitsruhegesetzes) vorgenommen werden können. Die Zulassung der Beschäftigung von Arbeitnehmern ist nicht zulässig, wenn bereits eine Ausnahme durch das Arbeitsruhegesetz oder durch eine Verordnung des zuständigen Bundesministers auf Grund des Arbeitsruhegesetzes festgelegt wurde.

(4) Verordnungen gemäß Abs 2 und 3 sind dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit jeweils zur Kenntnis zu bringen.

[...]

Verkaufsstellen bestimmter Art

§7. Abweichend von den Regelungen gemäß den §§4 bis 6 dürfen offen gehalten werden:

1. Verkaufsstellen in Bahnhöfen und Autobusbahnhöfen, auf Flughäfen und an Schiffslandeplätzen für den Verkauf von Lebensmitteln, Reiseandenken und notwendigem Reisebedarf

[...];

2. Verkaufsstellen für Süßwaren, Erfrischungen und sonstige genussfertige Lebensmittel sowie für Waren, die einen Bezug zur Veranstaltung oder zum Veranstaltungsort haben

[...];

3. - 5. [...]

[...]

Strafbestimmung

§11. Wer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen seine Verkaufsstelle nicht geschlossen hält, Waren verkauft, Bestellungen entgegennimmt oder die für seine Verkaufsstelle geltenden Ladenöffnungszeiten nicht kundmacht, ist nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 zu bestrafen. Übertretungen von Verordnungen nach § 5 Abs 3 sind nach den Bestimmungen des § 27 des Arbeitsruhegesetzes zu bestrafen."

3. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führen die antragstellenden Gesellschaften aus, dass die angefochtenen Bestimmungen zwingend anordnen, ihre für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Verkaufsstellen zu bestimmten Zeiten geschlossen zu halten. Da längere Offenhaltezeiten insbesondere zu nachfrageintensiven Zeiten vor kulturellen Anlässen oder auch Messeterminen zu höheren Umsätzen führen würden, sei der Rechtseingriff nachteilig. Es würden nicht bloß wirtschaftliche Interessen der antragstellenden Gesellschaften beeinträchtigt, sondern es werde in deren Rechtssphäre eingegriffen; als Eigentümer für den Kleinverkauf von Waren bestimmter Betriebseinrichtungen seien sie Normadressaten der bekämpften Bestimmungen. Eine Ausnahmebestimmung des § 2 ÖffnungszeitenG komme nicht zur Anwendung; ebenso wenig könnten sie ein über die allgemeinen Öffnungszeiten hinausgehendes Offenhalten auf eine Verordnung nach § 4a bzw. § 5 stützen.

Der geltend gemachte Eingriff sei durch die

angefochtenen Bestimmungen eindeutig bestimmt und angeordnet und daher unmittelbar. Einer weiteren Konkretisierung durch Verwaltungsakt bedürfe es nicht, da die bekämpften Bestimmungen keinen Ermessensspielraum gewähren würden. Die rechtlich geschützten Interessen der antragstellenden Gesellschaften seien auch aktuell beeinträchtigt, da diese täglich bzw. wöchentlich zu den im ÖffnungszeitenG festgelegten Zeiten ihre Verkaufsstellen geschlossen zu halten hätten und an jedem Samstagabend bzw. Sonntag erneut daran gehindert wären, ihre Erwerbstätigkeit nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen auszuüben.

Zum Fehlen eines anderen zumutbaren Weges führen die antragstellenden Gesellschaften aus, dass keine gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren anhängig seien, in denen die bekämpften Bestimmungen präjudiziell seien, und nach dem ÖffnungszeitenG auch keine individuellen Entscheidungen vorgesehen seien. Die Erwirkung eines Strafbescheides sei unzumutbar. § 5 ÖffnungszeitenG eröffne keinen "Umweg", da auf die Erlassung einer Verordnung durch den Landeshauptmann kein Anspruch und kein Antragsrecht bestehe.

4. In der Sache behaupten die antragstellenden Gesellschaften, durch die angefochtenen Bestimmungen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verletzt zu sein.

4.1. Die angefochtenen Bestimmungen stellen dem Antrag zufolge einen gravierenden Grundrechtseingriff dar. Zu nachfrageschwachen Zeiten sei ein Verbot des Offenhaltens als geringere Beschränkung anzusehen; umgekehrt bewirke ein Offenhalteverbot trotz starker Nachfrage einen massiveren Grundrechtseingriff, der bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit stärker ins Gewicht falle. So habe der Verfassungsgerichtshof in der allgemein angeordneten Sperrzeit ab 18 Uhr einen Grundrechtseingriff von sehr starkem Gewicht gesehen, wenn es dem Gewerbetreibenden durch die Sperrvorschrift versagt sei, Waren zu Zeiten einer auf Grund der Einkaufsbedürfnisse und -möglichkeiten der Bevölkerung starken Nachfrage anzubieten (VfSlg. 12.094/1989). Daran anknüpfend habe der Verfassungsgerichtshof in einer allgemeinen Sperrzeit ab 18.30 Uhr einen Grundrechtseingriff von sehr starkem Gewicht gesehen (VfSlg. 12.492/1990).

Diese Überlegungen seien verallgemeinerungsfähig; es sei von einer massiven Beschränkung der Erwerbstätigkeit auszugehen, wenn Gewerbetreibende ihre Verkaufsstellen zu nachfrageintensiven Zeiten geschlossen halten müssten (vgl. VfSlg. 13.318/1992, 15.305/1998). Dies würde daher auch für ein allgemeines Offenhalteverbot an Samstagabenden und Sonntagen gelten, da vor wichtigen kulturellen Anlässen oder auch Messeterminen auf Grund der Einkaufsbedürfnisse und -möglichkeiten der Bevölkerung eine große Nachfrage an geöffneten Verkaufsstellen gerade an Wochenenden bestehe. Die Gewerbetreibenden können allerdings die Öffnungszeiten ihrer Verkaufsstellen nicht an die besondere Nachfragesituation anpassen, da das Offenhalteverbot an Samstagabenden und Sonntagen abgesehen von den für die antragstellenden Gesellschaften nicht anwendbaren Ausnahmebestimmungen uneingeschränkt gelte und keine individuelle Anpassung (auch nicht in nur geringem Ausmaß) ermögliche.

4.2. Als Rechtfertigung komme die vom Verfassungsgerichtshof wiederholt ins Treffen geführte sozialpolitische Bedeutung der Wochenendruhe in Frage, die aber die weitgehende Beschränkung der Erwerbsfreiheit nicht zu rechtfertigen vermöge.

Die antragstellenden Gesellschaften halten zunächst fest, den Grundsatz der Wochenendruhe und die Funktion des Wochenendes für Freizeit, Erholung und soziale Integration anzuerkennen und nicht zu übersehen, dass der Verfassungsgerichtshof den Gleichklang mit der arbeitszeitrechtlichen Wochenendruhe als Rechtfertigungselement für das Geschlossenhalten an Samstagnachmittagen und Sonntagen (VfSlg. 12.094/1989, 16.484/2002) herangezogen habe. Ein allgemeines und ausnahmsloses Verbot des Offenhaltens von Verkaufsstellen an Samstagabenden und Sonntagen könne damit aber nicht gerechtfertigt werden. Dem Öffnungszeitenrecht komme in sozialpolitischer Sicht nur eine Hilfsfunktion zu; soweit sozialpolitische Erwägungen dennoch bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Öffnungszeitenrechts zu berücksichtigen seien, setze eine verfassungskonforme Beschränkung der Erwerbsfreiheit voraus, dass das Interesse an einer freien Erwerbsausübung mit sozialpolitischen Interessen in einem angemessenen Verhältnis stehe. Dies sei bei dem Verbot des Offenhaltens auf Grund der Starrheit und des Fehlens jeglicher Dispositionsmöglichkeiten nicht der Fall.

Zudem handle es sich bei den besonders nachfrageintensiven Zeiten, an denen Bedarf an zusätzlichen Einkaufsmöglichkeiten bestehe, um nur wenige, etwa fünf Wochenenden im Jahr. Eine darauf beschränkte Zulässigkeit des Offenhaltens wäre gegenüber den übrigen Samstagabenden und Sonntagen als bloß geringfügige Einschränkung sozialpolitischer Interessen anzusehen. Gewerbetreibenden sei aber auch eine solche individuelle Anpassung, die insgesamt von der ansonsten geltenden Offenhaltezeit nur in geringem Ausmaß abweiche, nicht erlaubt. Ähnlich starre Ladenschlussregelungen seien bereits in der Vergangenheit für verfassungswidrig befunden worden (VfSlg. 12.094/1989, 12.492/1990, auch VfSlg. 13.318/1992). Dass der Verfassungsgerichtshof sich in diesem Zusammenhang nur auf das Fehlen individueller Gestaltungsmöglichkeiten bei Gleichbleiben der wöchentlichen Gesamtoffenhaltezeit bezogen habe, beeinträchtige den Standpunkt der antragstellenden Gesellschaften nicht, da diese nicht die Gesamtoffenhaltezeit, sondern nur die zu starre Verteilung bekämpften.

Der Verfassungsgerichtshof habe die Verfassungswidrigkeit zu starrer Offenhalteverbote nicht allein auf den dadurch bewirkten Grundrechtseingriff gestützt, sondern auch betont, dass die Entscheidung über eine gesetzlich als notwendig anerkannte Möglichkeit der Verlängerung der Offenhaltezeit einem Verwaltungsorgan übertragen gewesen sei (VfSlg. 12.094/1989, 13.318/1992, 15.305/1998). Nach Überzeugung der antragstellenden Gesellschaften liege die Verfassungswidrigkeit derartiger Regelungen nur in der fehlenden Dispositionsmöglichkeit der Gewerbetreibenden. Läge sie überwiegend in der Verordnungsermächtigung, wäre der Gesetzgeber nicht gehindert, eine die Erwerbsfreiheit gravierend beschränkende Öffnungszeitenregelung einzuführen, indem er keine Verordnungsermächtigung zur Erweiterung der Öffnungszeiten vorsehe. Zwar sei die Überwälzung der unternehmerischen Entscheidung auf ein Verwaltungsorgan verfassungsrechtlich bedenklich, die Verfassungswidrigkeit liege jedoch primär im Fehlen jeglicher Dispositionsmöglichkeiten in nachfrageintensiven Zeiten.

4.3. Weiters wird vorgebracht, dass das ausnahmslose Verbot des Offenhaltens an Samstagabenden und Sonntagen im Vergleich zur Ausnahmebestimmung des § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG nicht sachlich nachvollziehbar sei. Die Ermächtigung sei auf Fälle eines besonderen regionalen Bedarfs beschränkt und schließe Fälle eines besonderen zeitlichen bzw. saisonalen Bedarfs aus; diese unterlägen somit weiterhin dem allgemeinen Offenhalteverbot. Der Gesetzgeber gewähre in einem Fall eine Erleichterung von der Beschränkung der Erwerbsfreiheit, ohne jedoch in einem ähnlichen Fall eine (die entgegengesetzten Interessen sogar weniger beschränkende) Erleichterung vorzusehen.

4.4. Zum Anfechtungsumfang wird im Antrag Folgendes erläutert:

"Im Einzelnen ist daher, wie oben zu (1) beantragt, jene Wendung des § 3 leg cit aufzuheben, wonach die Verkaufsstellen an Samstagen nach 18 Uhr und an Sonntagen geschlossen zu halten sind. Die Antragsteller wenden sich nicht gegen ein Verbot des Offenhaltens an Montagen bis 6 Uhr; ein untrennbarer Zusammenhang dieses Verbots mit dem Verbot des Offenhaltens an Wochenenden ist jedoch nicht ausgeschlossen, sodass eine allfällige Aufhebung dieser Bestimmung zu beantragen ist. Ferner ist zur Verhinderung der Entstehung einer dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Rechtsvorschrift auch die allfällige Aufhebung der gesamten Bestimmung zu beantragten.

In gleicher Weise ist zu (2) die Aufhebung des § 4

Abs1 insoweit zu beantragen, als darin eine höchstzulässige Offenhaltezeit an Samstagen zwischen 6 Uhr und 18 Uhr normiert ist. Zur Verhinderung der Entstehung einer dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Rechtsvorschrift ist auch die allfällige Aufhebung der gesamten Bestimmung zu beantragten.

Wie zu (3) beantragt ist auch die entsprechende

Wendung in § 4a Abs 2 aufzuheben, um die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit vollständig zu beseitigen.

Das Verbot des Offenhaltens an Samstagen nach 18 Uhr und an Sonntagen wird auch in § 5 Abs 1 und 2 normiert, sodass die gänzliche Beseitigung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit nur durch eine Aufhebung auch der entsprechenden Wendungen in dieser Bestimmung, allenfalls der Bestimmung als Ganzes, erreicht werden kann (4) und (5).

Alternativ zu (1) bis (5) könnte als ausschließlicher Sitz der Verfassungswidrigkeit § 5 gesehen werden, da diese Bestimmung keine Sonderregelung für Samstagabende und Sonntage vor kulturellen Anlässen enthält. Auch die Aufhebung lediglich dieser Bestimmung war daher zu beantragen (6)."

5. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung bzw. die Abweisung des Antrags begehrt und für den Fall der Aufhebung den Antrag stellt, der Verfassungsgerichtshof wolle für das Außerkrafttreten eine Frist von zwölf Monaten bestimmen.

5.1. Die Bundesregierung hält den Antrag für

teilweise unzulässig:

Eine unmittelbare Anfechtung der Verordnungsermächtigung des § 4a Abs 2 sei nicht zulässig; auch würden die Verkaufstätigkeiten der antragstellenden Gesellschaften die darin genannten Waren nicht umfassen; es fehle daher an der unmittelbaren Betroffenheit. Jene antragstellende Gesellschaft, die ein Reisebüro betreibe, sei kein Unternehmen, das Betriebseinrichtungen für den Kleinverkauf von Waren betreibe, und daher nicht antragslegitimiert.

Die Aufhebung der Wortfolgen in § 3 und § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG könnte zur Folge haben, dass das Offenhalten der Verkaufsstellen am Wochenende rund um die Uhr zulässig wäre. Dies wäre dem rechtspolitischen Gestaltungswillen des Gesetzgebers diametral entgegengesetzt, da sich aus den derzeitigen Regelungen ergebe, dass das Offenhalten der Verkaufsstellen während der Wochenendruhe restriktiver geregelt sein solle als das Offenhalten an Werktagen außer Samstag.

5.2. In der Sache bringt die Bundesregierung zunächst vor, dass die geltenden Regelungen keine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts auf Erwerbsfreiheit darstellen würden, sondern dass ein angemessener Ausgleich zwischen den zu beachtenden Interessen getroffen worden sei. Wie der Verfassungsgerichtshof, beginnend mit VfSlg. 11.558/1987, wiederholt ausgesprochen habe, lägen die Ziele, denen die Öffnungszeitenregelungen dienen - die Bedachtnahme auf die Verbraucherinteressen, die wettbewerbsordnende und die sozialpolitische Funktion - im öffentlichen Interesse. Die Regelungen seien auch in ihrer konkreten Ausgestaltung verhältnismäßig.

Die Aussagen, die der Verfassungsgerichtshof zu den abendlichen Ladenschlusszeiten an Werktagen unter Berücksichtigung der Einkaufsbedürfnisse der berufstätigen Bevölkerung getroffen habe (vgl. VfSlg. 12.094/1989, 12.492/1990), seien insofern nicht verallgemeinerungsfähig, als die zu berücksichtigenden sozialpolitischen Interessen und die in den genannten Erkenntnissen maßgeblichen Interessen jeweils verschieden zu gewichten seien. Öffnungszeiten am Samstagabend und Sonntag fallen in die Wochenendruhe; dies sei eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, die den Sonntag umfasse und für alle Arbeitnehmer spätestens am Samstag um 13 Uhr beginne (§2 Abs 1, § 3 Abs 2 Arbeitsruhegesetz, in der Folge: ARG).

Der Verfassungsgerichtshof habe sich mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit der Gesetzgeber auf Grund der Erwerbsfreiheit gehalten sei, den Unternehmern den Verkauf ihrer Waren zu Zeiten der Wochenendruhe zu ermöglichen. Dem Erkenntnis VfSlg. 12.094/1989 sei eine Regelung zugrunde gelegen, nach der die Verkaufsstellen entweder an einem Abend in der Woche (ausgenommen Samstag) bis 20 Uhr oder einmal im Monat am Samstag bis spätestens 17 Uhr offengehalten werden durften. Damit sei es dem Gewerbetreibenden in einem eingeschränkten Ausmaß möglich gewesen, seine unternehmerische Disposition an eine gerade für den Sperrhalbtag bestehende Nachfrage anzupassen. Die Wahl des Samstagnachmittags als Sperrhalbtag sei vor allem deshalb gerechtfertigt, weil damit eine weitgehende Synchronisation mit dem arbeitszeitrechtlichen Grundsatz der Wochenendruhe hergestellt werde. Auch sei die besondere Funktion des Wochenendes für Freizeit, Erholung und soziale Integration ein öffentliches Interesse von erheblichem Gewicht (vgl. auch VfSlg. 13.567/1993, 15.305/1998, 16.484/2002). Die angefochtene Bestimmung sei im Kontext mit den Sonderregelungen (§§5, 6 des damals geltenden LadenschlußG) bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe daher noch als verhältnismäßig anzusehen.

Die besonderen Ausführungen zu Sperrzeiten an

Wochenenden stünden daher einer Verallgemeinerung der Aussagen des Verfassungsgerichtshofs zu den abendlichen Sperrzeiten an Werktagen entgegen und seien vielmehr für die Beurteilung der hier angefochtenen Regelungen maßgeblich.

5.3. Seit den genannten Erkenntnissen habe sich die Rechtslage deutlich zugunsten der unternehmerischen Dispositionsfreiheit verändert. Die für Werktage vorgegebenen Öffnungszeiten ergäben einen zeitlichen Rahmen von 87 Stunden, innerhalb dessen der Unternehmer seine Öffnungszeiten bis zur zulässigen Gesamtoffenhaltezeit von 72 Stunden pro Woche selbst festlegen könne; an Samstagen dürften die Verkaufsstellen bis 18 Uhr offen gehalten werden. Dadurch würden die Öffnungszeiten und die Beschäftigungszeiten der Arbeitnehmer an Samstagen relativ weit (fünf Stunden) in die Wochenendruhe hineinreichen. Dies ändere nichts an der gesetzgeberischen Wertung der Wochenendruhe. Das Offenhalten der Geschäfte am Samstagabend nach 18 Uhr und am Sonntag würde zu einer weiteren Verkürzung der Erholungszeit am Wochenende führen. Es sei nicht geboten, dass der Gesetzgeber das sozialpolitische Interesse an einem von Erwerbstätigkeit freien Wochenende gegenüber der Dispositionsfreiheit des Unternehmers noch weiter hintanstelle. Den Gesetzesmaterialien könne zwar die Absicht der Flexibilisierung der Offenhaltezeiten an Werktagen, aber nicht die Absicht entnommen werden, die Offenhaltezeiten an Samstagen nach 18 Uhr und Sonntagen zu lockern; es solle sich bei Verkaufstätigkeiten an Samstagen nach 18 Uhr, Sonntagen und Montagen bis 6 Uhr weiterhin um eine Ausnahme handeln.

5.4. Der Behauptung einer erhöhten Nachfrageintensität vor bzw. im Zusammenhang mit bestimmten Anlässen hält die Bundesregierung insbesondere entgegen, dass im Antrag nicht dargelegt sei, worauf sich diese Behauptung stütze. Auch in Anbetracht der ohnehin bestehenden Einkaufsmöglichkeiten an Samstagen bis 18 Uhr sei ein derartiges dringendes Bedürfnis der Bevölkerung nach längeren Öffnungszeiten an einzelnen Wochenenden nicht zu erkennen.

Abgesehen davon stelle die Ermöglichung des Offenhaltens an einigen wenigen Wochenenden keine "bloß geringfügige Einschränkung sozialpolitischer Interessen" dar. Ein Eingriff in die Interessen an einem Familienleben und der gemeinsamen Freizeitgestaltung sei umso erheblicher, wenn er zu Zeiten von Festen erfolge, die üblicherweise im Kreis der Familie verbracht werden.

5.5. Der Behauptung, dass die Verordnungsermächtigung des § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG Fälle eines besonderen zeitlichen Bedarfs ausschließe, sei entgegenzuhalten, dass gemäß § 5 Abs 2 zweiter Satz zu berücksichtigen sei, ob der Bedarf "das ganze Jahr über oder nur saisonal oder nur an bestimmten Tagen" bestehe; somit sei eine zeitlich differenzierte Regelung möglich.

6. In ihrer Gegenäußerung treten die antragstellenden Gesellschaften der Äußerung der Bundesregierung entgegen.

6.1. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags

bringen sie im Wesentlichen vor, dass § 4a Abs 2 ÖffnungszeitenG deshalb angefochten werde, da bei Aufhebung der §§3 und 4 ÖffnungszeitenG der Sinn der Bestimmung verloren ginge. Dem Vorbringen, durch die Aufhebung von Wortfolgen in § 3 und § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG entstünde eine dem Gestaltungswillen des Gesetzgebers entgegengesetzte Rechtslage, wird entgegengehalten, dass in eventu die Aufhebung des gesamten § 3 zweiter Satz und des gesamten § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG beantragt worden sei und eine Aufhebung im Ganzen sicherstellen würde, dass die Offenhaltezeiten an Wochenenden nicht länger wären als jene an Wochentagen.

6.2. Betreffend die Verallgemeinerung von Aussagen aus Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes zu den abendlichen Sperrzeiten an Werktagen entgegnen die antragstellenden Gesellschaften, dass auch in Erkenntnissen zu Sperrzeiten an Wochenenden Aussagen aus Erkenntnissen zu Sperrzeiten an Werktagen herangezogen worden seien (zB VfSlg. 11.558/1987, 15.305/1998). Der Verfassungsgerichtshof sei offensichtlich davon ausgegangen, dass die in seiner Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für grundsätzlich jede Beurteilung von Offenhalte- bzw. Beschäftigungsverboten von Bedeutung seien.

Das Interesse der Gewerbetreibenden, nach eigener Einschätzung auf besondere Nachfragesituationen reagieren zu können, werde vom Verfassungsgerichtshof durchgehend anerkannt. Es wäre nicht nachvollziehbar, wenn auf Grund eines allenfalls größeren Gewichts der sozialen Interessen der Arbeitnehmer am Wochenende die Interessen der Gewerbetreibenden bedeutungslos wären. Gerade das Offenhalteverbot an nachfragestarken Samstagabenden und Sonntagen stelle sich als gravierender und unverhältnismäßiger Eingriff in die Erwerbsfreiheit dar, der sozialpolitische Interessen überwiege. Die vom Verfassungsgerichtshof als ausschlaggebend erachteten Gesichtspunkte gelten gleichermaßen für die Beurteilung von Offenhalteregeln an Wochen- bzw. Werktagen wie für jene an Wochenenden. Lediglich in der Abwägung der Gesichtspunkte sei eine unterschiedliche Gewichtung durch den Verfassungsgerichtshof festzustellen.

6.3. Auf den Verweis der Bundesregierung auf die Wochenendruhe nach § 3 Abs 2 ARG erwidern die antragstellenden Gesellschaften, dass der Schutz der Wochenendruhe primär Aufgabe des Arbeitsrechts und nicht des Öffnungszeitenrechts sei. Eine Synchronisation der Ladenöffnungszeiten mit der Wochenendruhe nach ARG bestehe seit geraumer Zeit nicht mehr.

6.4. Bestritten wird, dass nach dem ÖffnungszeitenG in ausreichendem Ausmaß unternehmerische Dispositionsmöglichkeiten gegeben seien; diese würden sich ausschließlich auf die Zeit von Montag, 6 Uhr, bis Samstag, 18 Uhr, beschränken und den Gewerbetreibenden keinerlei Spielraum lassen, auf besondere Nachfragesituationen an Samstagabenden und Sonntagen zu reagieren. Gerade solche Reaktionsmöglichkeiten seien ausschlaggebend für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit. Nach der Rechtsprechung sei nicht maßgeblich, ob den Gewerbetreibenden überhaupt Dispositionsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, sondern vielmehr, ob ihnen diese zu besonders nachfragestarken Zeiten zukämen.

Es komme auch nicht darauf an, ob der Gesetzgeber ein Offenhalten an Samstagen nach 18 Uhr und an Sonntagen als Ausnahme angesehen habe; es sei lediglich darauf abzustellen, ob die bestehende Regelung dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit entspreche. Außerdem werde der Ausnahmecharakter einer auf wenige Wochenenden im Jahr beschränkten Offenhalteerlaubnis an Samstagabenden und Sonntagen nicht in Frage gestellt.

6.5. Das Bestehen eines Bedarfs könne nur auf der Grundlage möglichst aussagekräftiger Hinweise bzw. eines Vergleichs mit Nachbarländern beurteilt werden, in denen Verkaufsstellen zu den fraglichen Zeiten offen halten dürfen. So habe der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 12.094/1989 ausgeführt, dass die öffentliche Diskussion, aber auch Beispiele aus dem Ausland zeigten, dass den Gewerbetreibenden das Geschlossenhalten ihrer Verkaufsstellen zu Zeiten vorgeschrieben werde, zu denen von Seiten der Konsumenten offenbar ein gewisser Bedarf nach offenen Handelsgeschäften gegeben sei; damit begründe schon ein zu gewissen Zeiten bestehender Bedarf schlechthin - und nicht erst ein besonders erhöhter Bedarf - ein (grund-)rechtlich relevantes Interesse der Gewerbetreibenden an der Zulässigkeit der Ladenöffnung zu diesen Zeiten.

6.6. Die antragstellenden Gesellschaften räumen ein, dass der Schutz sozialpolitischer Interessen ein legitimes Ziel der Beschränkung einer gewerblichen Tätigkeit sein könne; dies sei aber nicht primär Aufgabe des Öffnungszeitenrechts, sondern des Arbeitsrechts. Auch handle es sich bei den genannten Wochenenden mehrheitlich nicht um Festtage, die üblicherweise im Kreis der Familie verbracht würden. Beispiele aus dem Ausland würden zeigen, dass sozialpolitische Interessen ein generelles Verbot des Offenhaltens an Samstagabenden und Sonntagen nicht rechtfertigen könnten. Die Berücksichtigung religiöser Bedürfnisse der Arbeitnehmer und deren Familien sei möglich, da der Gesetzgeber ein Offenhalten an Sonntagen erst ab Mittag zulassen könnte. Festzuhalten sei, dass die ganzjährige Zulässigkeit der Sonntagsöffnung in Bahnhöfen oder in Tourismusgebieten eine größere Beeinträchtigung sozialpolitischer Interessen darstelle, als die Zulässigkeit des Offenhaltens an wenigen Wochenenden im Jahr ausmachen würde.

6.7. Dem Vorbringen der Bundesregierung, dass die Verordnungsermächtigung des Landeshauptmanns nach § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG die Berücksichtigung eines zeitlichen Bedarfs an geöffneten Verkaufsstellen ermögliche, halten die antragstellenden Gesellschaften entgegen, dass die Möglichkeit der Berücksichtigung eines saisonal oder nur an bestimmten Tagen gegebenen Bedarfs immer nur unter der Voraussetzung eines regionalen Bedarfs bestehe.

II.

Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrags erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist

einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

2. Soweit die Wortfolge "in einer solchen Verordnung kann der Landeshauptmann auch bestimmen, dass die genannten Verkaufsstellen am Samstag nach 18 Uhr offen gehalten werden dürfen" in § 4a Abs 2 ÖffnungszeitenG angefochten wird, ist der Antrag der ersten bis siebenten sowie der neunten antragstellenden Gesellschaft unzulässig:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine (unmittelbare) Anfechtung von Verordnungsermächtigungen, die sich an Verwaltungsorgane richten, grundsätzlich nicht zulässig, weil sie erst durch die Erlassung der konkreten Verordnung für deren Adressaten wirksam werden und dadurch allenfalls Eingriffe in die Rechtssphäre einer Person zu bewirken vermögen (vgl. VfSlg. 17.676/2005 mwN, 17.957/2006). Eine (Mit-)Anfechtung der einer Verordnung zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung ist nur zulässig, wenn die - unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifende - Verordnung bereits erlassen wurde und gemeinsam mit der Verordnungsermächtigung angefochten wird (vgl. dazu insbesondere VfSlg. 15.316/1998 mwN, 16.808/2003). Das ist hier jedoch schon deshalb nicht der Fall, weil keine nach § 4a Abs 2 ÖffnungszeitenG erlassene Verordnung angefochten wurde.

Vor diesem Hintergrund erweisen sich auch der Antrag, näher bezeichnete Wortfolgen in § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG, und der Eventualantrag, die Bestimmung des § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG zur Gänze aufzuheben, als unzulässig.

3. Das ÖffnungszeitenG legt fest, wann für den Kleinverkauf bestimmte Verkaufsstellen offen gehalten werden dürfen. Die antragstellenden Gesellschaften betreiben - mit Ausnahme jener, welche Reisebüros betreibt - Verkaufsstellen iSd § 1 Abs 1 ÖffnungszeitenG. Sie sind unmittelbare Adressaten der Bestimmungen des § 3, des § 4 Abs 1 und des § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG, durch welche die Möglichkeiten des Offenhaltens der Verkaufsstellen eindeutig bestimmt werden.

Soweit die antragstellenden Gesellschaften diese Bestimmungen oder Teile davon anfechten, sind sie in ihrer Rechtssphäre direkt und aktuell betroffen; einer Konkretisierung durch Urteil oder Bescheid bedarf es nicht. Ein anderer zumutbarer Weg, um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, steht den antragstellenden Gesellschaften nicht zur Verfügung.

4. Die gegen die unter 3. genannten Bestimmungen und Teile davon gerichteten Anträge erweisen sich jedoch zum Teil deshalb als unzulässig, weil sie zu eng gefasst sind.

4.1. Nach der ständigen, sowohl Gesetzesprüfungsanträge als auch amtswegig eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren betreffenden Judikatur zu den Verfahrensvoraussetzungen ist der Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmung derart abzugrenzen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen erfasst werden (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Es ist dabei in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (VfSlg. 7376/1974, 7786/1976, 13.701/1994). Dem folgend geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der Anfechtungsumfang im Gesetzesprüfungsverfahren bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (so etwa VfSlg. 8155/1977, 12.235/1989, 14.131/1995, 14.498/1996). Wenn bei Aufhebung bloß eines Teiles einer Norm der Sinn der verbleibenden Bestimmung nicht mehr dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen entspricht, ist nur der Antrag auf Aufhebung der gesamten Regelung zulässig (zB VfSlg. 16.911/2003 mwN, 19.411/2011).

4.2. Vor diesem Hintergrund erweist sich zunächst der Antrag der ersten bis siebenten sowie der neunten antragstellenden Gesellschaft, die Wortfolge "Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an" in § 3 ÖffnungszeitenG als verfassungswidrig aufzuheben, als zu eng gefasst und daher als unzulässig: Eine diesem Anfechtungsumfang entsprechende Gesetzesaufhebung gäbe dem verbleibenden Teil des § 3 ÖffnungszeitenG einen gänzlich veränderten, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbaren Inhalt, dem zufolge die Geschäfte nur mehr an Feiertagen und an Montagen bis 6 Uhr geschlossen zu halten wären. Durch die Aufhebung in diesem Umfang würde die gesetzgeberische Absicht, das Geschlossenhalten von Verkaufsstellen am Wochenende ab Samstag, 18 Uhr, anzuordnen, in gleichsam positiver Rechtsschöpfung vereitelt.

4.2.1. Aus demselben Grund ist auch der erste Eventualantrag, die Wortfolgen "Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an" sowie "und an Montagen bis 6 Uhr" in § 3 ÖffnungszeitenG aufzuheben, nicht zulässig.

4.2.2. Als zulässig erweist sich hingegen der zweite Eventualantrag, den ganzen zweiten Satz des § 3 ÖffnungszeitenG aufzuheben (vgl. zur Zulässigkeit der Anfechtung des vergleichbaren § 3 Abs 1 Ladenschlußgesetz 1958 VfSlg. 12.094/1989).

4.3. Der Antrag, die Wortfolge ", an Samstagen von 6 Uhr bis 18 Uhr" in § 4 Abs 1 ÖffnungszeitenG aufzuheben, ist nicht zulässig, weil es keinesfalls dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen entspricht, das Offenhalten an Samstagen zu verbieten.

Der in diesem Zusammenhang gestellte Eventualantrag, § 4 Abs 1 ÖffnungszeitenG zur Gänze aufzuheben, ist als zulässig anzusehen.

4.4. Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter 4.1. ist ferner der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an" in § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG sowie der in diesem Zusammenhang in eventu gestellte Antrag auf Aufhebung der Wortfolgen "Samstagen nach 18 Uhr, an Sonntagen, an" und "an Montagen bis 6 Uhr" in § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG zu eng gefasst.

Als zulässig erweist sich der zweite Eventualantrag, § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG zur Gänze aufzuheben.

5. Der Antrag der achten antragstellenden

Gesellschaft, welche Reisebüros betreibt, ist mangels Antragslegitimation schon deshalb zurückzuweisen, weil diese keine für den Kleinverkauf von Waren bestimmte Verkaufsstelle iSd § 1 Abs 1 ÖffnungszeitenG betreibt und daher nicht in den Anwendungsbereich des ÖffnungszeitenG fällt.

III.

Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2. Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (s. zB VfSlg. 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Dies gilt auch für gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken. Sie müssen ebenso ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel verfolgen und auch sonst sachlich gerechtfertigt, dh. bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein. Es steht dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung jedoch ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s. etwa VfSlg. 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.024/2000 und 16.734/2002).

3. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Freiheit der Erwerbsbetätigung im Allgemeinen und zur Verfassungsmäßigkeit von Ladenschlussregelungen im Besonderen treffen die Bedenken der antragstellenden Gesellschaften gegen die angefochtenen Bestimmungen nicht zu:

3.1. Die allgemeinen Ziele, denen Ladenschluss- bzw. Öffnungszeitenregelungen dienen, nämlich der Schutz der Interessen der Verbraucher, das Ziel der Wettbewerbsordnung und die sozialpolitische Funktion, liegen nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im öffentlichen Interesse (VfSlg. 11.558/1987, 12.094/1989, 12.492/1990, 13.318/1992).

Für den Ladenschluss an Wochenenden tritt das

besondere Ziel der Wahrung der sozial- und familienpolitischen Funktion des Wochenendes hinzu (vgl. VfSlg. 15.305/1998 mwN). Bereits in seinem Erkenntnis zur Regelung, die für den Samstagnachmittag das generelle Geschlossenhalten der Verkaufsstellen anordnete, betonte der Verfassungsgerichtshof, dass damit eine "weitgehende Synchronisation mit dem allgemeinen arbeitszeitrechtlichen Grundsatz der Wochenendruhe" hergestellt wird, und er verwies auf die besondere Funktion des Wochenendes "für Freizeit, Erholung und soziale Integration" (VfSlg. 12.094/1989).

Der gesellschaftliche Wandel der vergangenen beiden Jahrzehnte hat nichts am öffentlichen Interesse an der (weitgehenden) Synchronisation mit dem Grundsatz der Wochenendruhe geändert. In allen europäischen Gesellschaften gibt es einen Ruhetag in der Woche, mag dieser aus religiösen Gründen, aus Gründen der Erholung für die arbeitende Bevölkerung oder aus anderen sozial- und familienpolitischen Gründen angeordnet sein und mag die Ruhe in unterschiedlichem Maße eingehalten werden. Wenn der Gesetzgeber auch mit den Mitteln des Gewerberechts zur Wahrung und Erhaltung der Wochenendruhe beitragen möchte, so verfolgt er daher jedenfalls ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel.

3.2. Ladenschlussregelungen sind dem Grundsatz nach geeignet, diese Ziele zu erreichen. Die Beschränkung der Ladenöffnungszeiten während des Wochenendes allgemein und im Besonderen des Sonntags stellt ein an sich geeignetes Mittel zur Erreichung der genannten Ziele dar.

3.3. Die angefochtenen Bestimmungen bilden keine unverhältnismäßige Beschränkung des Grundrechts.

Vorauszuschicken ist, dass der Gesetzgeber berechtigt ist, auch mehrere, einander teilweise widerstreitende Ziele gleichzeitig zu verfolgen, dabei die Interessen der Verbraucher, der Gewerbetreibenden und der Arbeitnehmer gegeneinander abzuwägen (VfSlg. 11.558/1987, 13.318/1992, 13.328/1993) und in den Regelungen des ÖffnungszeitenG zum Ausgleich zu bringen (vgl. Grabenwarter, Ladenschlußrecht, 1992, 197 ff. mwN).

3.3.1. Zur Schwere des Grundrechtseingriffs ist

darauf zu verweisen, dass der Gewerbetreibende die Möglichkeit hat, die Verkaufsstelle unter Beachtung der Gesamtoffenhaltezeit an jedem Werktag, nämlich Montag bis Freitag von 6 bis 21 Uhr, am Samstag von 6 bis 18 Uhr, offen zu halten und seine Geschäftstätigkeit in diesem Rahmen der Marktsituation anzupassen. Angesichts dessen kann nicht die Rede davon sein, dass dem Gewerbetreibenden jede Dispositionsmöglichkeit genommen wird.

Zwar stellen die angefochtenen Bestimmungen eine Beschränkung der Freiheit der Erwerbsausübung an Wochenenden, an denen die Verkaufsstellen in großem zeitlichen Ausmaß geschlossen zu halten sind, dar, weil der Handelsunternehmer in zeitlicher Hinsicht nur beschränkt über den Einsatz seiner Betriebsmittel verfügen kann. Einzuräumen ist auch, dass Unternehmer, deren Betriebe sich in räumlicher Nähe zu Verkaufsstellen befinden, die keiner vergleichbaren Beschränkung unterliegen, von dieser stärker betroffen sind (vgl. VfSlg. 12.094/1989 zu Verkaufsstellen in Grenznähe).

Der Umstand, dass dem Antragsvorbringen zufolge an einigen bestimmten Wochenenden im Jahr eine starke Nachfrage nach offenen Handelsgeschäften besteht, macht den Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit angesichts der Möglichkeit, an Samstagen bis 18 Uhr offen zu halten, jedoch nicht unverhältnismäßig (vgl. auch das Erkenntnis

VfSlg. 12.094/1989, in dem die Festlegung des Samstagnachmittags als Sperrhalbtag angesichts der Möglichkeit, einmal im Monat am Samstagnachmittag offen zu halten, nicht als unverhältnismäßige Einschränkung beurteilt wurde). Etwas Anderes lässt sich auch aus der über zwanzig Jahre zurückliegenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu jenen Fällen, in denen die damals noch wesentlich stärker beschränkten Einkaufsmöglichkeiten der berufstätigen Bevölkerung an Werktagen für die Interessenabwägung maßgeblich waren (vgl. VfSlg. 12.094/1989, 12.492/1990), nicht ableiten.

3.3.2. Soweit die antragstellenden Gesellschaften implizit eine Schlechterstellung ihrer Verkaufsstellen gegenüber anderen Geschäften geltend machen, die auf Grund von Ausnahmen günstigeren Bestimmungen unterliegen (zB Verkaufsstellen an Bahnhöfen oder in Tourismusgebieten), so ist ihnen entgegenzuhalten, dass diese Ausnahmen an bestimmte im Gesetz umschriebene Voraussetzungen materieller oder verfahrensrechtlicher Art geknüpft sind, die ihrerseits den Anforderungen der Bundesverfassung entsprechen müssen. Allfällige Defizite in der Vollziehung der Ausnahmeregelungen machen den Grundtatbestand in einem Fall wie diesem nicht verfassungswidrig.

3.3.3. Was das Gewicht der den Eingriff

rechtfertigenden Gründe, mithin der vom Gesetzgeber mit Ladenschlussregelungen am Wochenende verfolgten Ziele betrifft, vermag zunächst der Hinweis der Bundesregierung auf die durch Ladenschlussregelungen erfolgende Begrenzung der Arbeitszeit von Handelsangestellten nicht durchzuschlagen. Die Begrenzung der Arbeitszeit, in der Arbeitnehmer beschäftigt werden dürfen, ist primär Gegenstand arbeits(zeit)rechtlicher Regelungen. Dem Öffnungszeitenrecht kommt bloß eine sozialpolitische Hilfsfunktion zu, zumal diesem auch Unternehmungen unterliegen, in denen keine Arbeitnehmer beschäftigt werden (vgl. VfSlg. 11.558/1987, 15.305/1998).

Das der Funktion des Wochenendes für Freizeit,

Erholung und soziale bzw. familiäre Integration Rechnung tragende Ziel (vgl. VfSlg. 15.305/1998 zum Arbeitsrecht) erschöpft sich im Bereich des Ladenschlussrechts nicht im Schutz der im Handel beschäftigten Arbeitnehmer. Wenn die antragstellenden Gesellschaften in ihrer Gegenäußerung den Einwand erheben, dass der Schutz der Wochenendruhe nicht Aufgabe des Öffnungszeitenrechts (sondern primär des Arbeitsrechts) sei und eine Synchronisation der Ladenöffnungszeiten mit der Wochenendruhe nach § 3 Abs 1 und 2 ARG seit geraumer Zeit nicht mehr bestehe, vernachlässigen sie diesen Umstand. Das Ziel der Synchronisation und Harmonisierung der Öffnungszeiten mit der arbeitszeitrechtlichen Wochenendruhe geht vielmehr über das arbeitsrechtliche Regelungsziel hinaus, weil damit nicht nur die Möglichkeit einer wenigstens partiellen Synchronisation gesellschaftlicher Abläufe an einem Tag der Woche erreicht werden soll, sondern ganz allgemein eine Reduktion des erforderlichen Ausmaßes der Erbringung von Dienstleistungen, die auch die nicht unmittelbar im Handel beschäftigten Personen davon entbindet, in einem mit Werktagen vergleichbaren Ausmaß zu arbeiten (zB Arbeitnehmer und öffentlich Bedienstete, die im Bereich der Daseinsvorsorge wie etwa zur Aufrechterhaltung der Verkehrsinfrastruktur oder zur Abfallbeseitigung an Orten eingesetzt werden müssen, die zu Zeiten geschlossener Geschäfte nicht oder kaum frequentiert werden, etc.).

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis VfSlg. 16.484/2002 ausgesprochen, dass das Verbot des Offenhaltens an Samstagnachmittagen angesichts der besonderen Funktion des Wochenendes prinzipiell verfassungsmäßig ist und dass die mit diesem Verbot verbundenen öffentlichen Interessen von erheblichem Gewicht sind. Das gilt auch für Regelungen, die einen allgemeinen Ladenschluss an Sonn- und Feiertagen (und an Samstagabenden) anordnen; dem öffentlichen Interesse an solchen Regelungen kommt demgemäß ein erhebliches Gewicht zu, das größer ist als das Gewicht der Nachteile für die Unternehmer, die Beschränkungen ihrer zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten während der zweiten Hälfte des Wochenendes hinnehmen müssen.

3.3.4. Das Gewicht der mit den Ladenschlussregelungen verfolgten Interessen ist größer als die Schwere des dadurch bewirkten Grundrechtseingriffs. Der Eingriff bildet eine verhältnismäßige Beschränkung des Grundrechts der Freiheit der Erwerbsbetätigung, welche die Grenzen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht überschreitet.

3.4. Soweit die antragstellenden Gesellschaften vorbringen, dass das ausnahmslose Verbot des Offenhaltens an Samstagabenden und Sonntagen im Vergleich zur Ausnahmebestimmung des § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG, die auf Fälle eines besonderen regionalen Bedarfs beschränkt sei und Fälle eines besonderen zeitlichen bzw. saisonalen Bedarfs ausschließe, sachlich nicht nachvollziehbar sei, wenden sie sich gegen die Verordnungsermächtigung des § 5 Abs 2 ÖffnungszeitenG, dessen gesonderte Anfechtung nicht zulässig ist (s. oben II.2.). Inwiefern der Inhalt dieser Bestimmung, die die Vollziehung im Rahmen der Verordnungsermächtigung verpflichtet, den Bedarf an Ladenöffnungszeiten zu ermitteln und bei der Verordnungserlassung zu berücksichtigen, zur Verfassungswidrigkeit des § 3 zweiter Satz, des § 4 Abs 1 und des § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG führen soll, ist nicht nachvollziehbar.

IV.

1. Der Antrag der ersten bis siebenten und der

neunten antragstellenden Gesellschaft auf Aufhebung des § 3 zweiter Satz, des § 4 Abs 1 und des § 5 Abs 1 ÖffnungszeitenG wird abgewiesen.

2. Im Übrigen wird der Antrag der ersten bis

siebenten und der neunten antragstellenden Gesellschaft zurückgewiesen.

3. Der Antrag der achten antragstellenden

Gesellschaft wird zurückgewiesen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.