VfGH vom 18.03.1982, G61/81
Sammlungsnummer
9374
Leitsatz
EStG 1972; die Rechtsvermutung des § 34 Abs 3 letzter Satz in den Fassungen aus 1974 und 1978 verstößt gegen das Sachlichkeitsgebot; § 34 Abs 3 letzter Satz in der Stammfassung verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot
Spruch
I. Als verfassungswidrig werden aufgehoben:
1. § 34 Abs 3 letzter Satz des Bundesgesetzes vom , BGBl. 440, über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1972 EStG 1972) idF der Nov. BGBl. 469/1974;
2. Die Worte "Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten sowie" in § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. 280, über Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts.
Die aufgehobenen Bestimmungen treten mit Ablauf des außer Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
II. Der Antrag des VwGH auf Aufhebung des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 (in der Stammfassung) wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Zum Antrag G36/80:
Der VwGH stellt gemäß Art 140 B-VG folgenden Antrag:
"1.) Die Bestimmung des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972, und zwar
a) in der ursprünglichen Fassung des Einkommensteuergesetzes, BGBl. Nr. 440/1972, und
b) in der gemäß ArtII Abs 1 der Einkommensteuergesetznovelle 1974 erstmals für das Kalenderjahr 1975 anzuwendenden Fassung nach ArtI Z 29 dieser Nov., BGBl. Nr. 469/1974,
in eventu
2.) das Wort "geschiedene" in § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in der unter 1.) litb genannten Fassung nach ArtI Z 29 der Einkommensteuergesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 469/1974,
Begründung:
Dem VwGH liegt zur Zahl 1304/79 eine Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. gegen eine Berufungsentscheidung dieser Finanzlandesdirektion zur Entscheidung vor, mit welcher einer Berufung des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten, Dkfm. V. L., teilweise, und zwar dahin Folge gegeben wurde, daß ihm für Unterhaltszahlungen an seine Ehegattin A., von der er seit Jahren getrennt lebte, in den Jahren 1973 bis 1975 eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung nach § 34 EStG 1972 zustehe. Die Finanzlandesdirektion legte ihrem nunmehr beim VwGH angefochtenen Bescheid folgenden Sachverhalt zugrunde:
Dkfm. V. L. war von 1935 bis zu seiner am ausgesprochenen Scheidung mit A. L. verheiratet. Seit Pfingsten 1961 lebte er aber von seiner Frau getrennt. Er hatte damals auf einem Schiurlaub die englische Staatsbürgerin A. Ch. kennengelernt, mit der er in der Folge einige Zeit in Wien und in England zusammenlebte. Später lernte er seine zweite (derzeitige) Ehefrau E. kennen, mit der er einen gemeinsamen Haushalt begründete. In den im Beschwerdefall relevanten Jahren 1973 bis 1975 lebte Dkfm. L. bereits mit seiner späteren zweiten Frau in diesem gemeinsamen Haushalt. An seine damalige Ehefrau A. leistete er in den Jahren 1973 bis 1975 Unterhaltsbeträge von S 48.000,-, 54.000,- und 48.000,-, die er in seinen Einkommensteuererklärungen für diese Jahre als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Während das Finanzamt in erster Instanz diese Zahlungen mit der Begründung nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannte, daß sie dem Steuerpflichtigen nicht zwangsläufig erwachsen seien, vertrat die Finanzlandesdirektion in ihrem angefochtenen Bescheid vom die Auffassung, Dkfm. L. sei infolge der krankhaften Eifersucht seiner ersten Frau A. zum Verlassen der gemeinsamen Wohnung gezwungen gewesen, um seine Gesundheit zu schonen. Er habe daher die Kosten für einen getrennten Haushalt ebensowenig vermeiden können wie die Leistung von Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau.
Mit seiner auf § 292 BAO gestützten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bekämpft der beschwerdeführende Präsident insbesondere, daß die vom Steuerpflichtigen geltend gemachte Belastung zwangsläufig erwachsen sei, weil dieser sich aus freien Stücken zum Verlassen seiner Ehefrau entschlossen habe. Eine Steuerermäßigung iS des § 34 EStG 1972 stehe ihm demzufolge nicht zu.
Im Zuge der Beratungen des für diesen Beschwerdefall zuständigen Senates des VwGH sind Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 34 Abs 3 EStG 1972 in den für die Streitjahre 1973 bis 1975 geltenden Fassungen entstanden. Der VwGH hat diese Bestimmung im Beschwerdefall anzuwenden, weil sie eine - und zwar gerade die im Verwaltungsverfahren umstrittene - Voraussetzung der erfolgreichen Geltendmachung einer außergewöhnlichen Belastung, nämlich die Zwangsläufigkeit der belastenden Aufwendungen, regelt. Die Bedenken des VwGH richten sich gegen den letzten Satz des § 34 Abs 3 EStG 1972 in den für die Jahre 1973 bis 1975 geltenden Fassungen, weil diese Bestimmung eine offenbar mit dem Gleichheitsgrundsatz im Widerspruch stehende Regelung der Zwangsläufigkeit zugunsten von Unterhaltszahlungen geschiedener Ehegatten enthält, die dem Steuerpflichtigen im Beschwerdefall trotz seiner wirtschaftlich völlig gleichgelagerten Situation nicht zugute kommt. Die gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung sprechenden Bedenken werden im folgenden noch gemäß § 62 Abs 1 VfGG 1953 in der Fassung der Nov. BGBl. Nr. 311/1976 im einzelnen dargelegt werden.
Es stellt jedenfalls eine für die Entscheidung des VwGH offenkundige, infolge des Normzusammenhanges aber zumindest nicht denkunmögliche Voraussetzung dar, ob die nach diesem Antrag vom VfGH zu prüfende Gesetzesstelle verfassungsgemäß ist. Die Prozeßvoraussetzung der Präjudizialität ist daher iS der ständigen Rechtsprechung des VfGH zu bejahen (vgl. Slg. 8318/1978, 8136/1977, 7999/1977, 7380/1974 u.a.).
Der VwGH bejaht die Frage der Präjudizialität im vorliegenden Fall aber auch deshalb, weil die hier aufgetretene Frage der Gleichheitswidrigkeit einer begünstigenden Bestimmung, wie sie der letzte Satz des § 34 Abs 3 EStG im übrigen auch noch in der derzeit gemäß ArtX Z 1, BGBl. Nr. 280/1978, geltenden Fassung darstellt, anderenfalls einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle im Zusammenhang mit einem bei einem Höchstgericht anhängigen Beschwerdeverfahren nicht zugeführt werden könnte.
In der ursprünglichen Fassung des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440/1972, hatte § 34 Abs 3 in wörtlicher Übereinstimmung mit dem bis dahin in Geltung gestandenen § 33 Abs 3 EStG 1967, BGBl. Nr. 268/1967, folgenden Wortlaut:
"Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Unterhaltsleistungen an geschiedene Ehegatten gelten stets dann als zwangsläufig erwachsen, wenn der den Unterhalt leistende Ehegatte wieder verheiratet ist."
Durch die Einkommensteuernovelle 1974, BGBl. Nr. 469/1974, erhielt der zweite (letzte) Satz dieser Gesetzesstelle folgenden, gemäß ArtII Abs 1 Z 1 dieser Nov. erstmalig bei Veranlagungen für das Jahr 1975 anzuwendenden neuen Wortlaut:
"Leistungen des gesetzlichen Unterhaltes an geschiedene Ehegatten gelten als zwangsläufig erwachsen."
Da der Beschwerdefall die Einkommensteuer des Dkfm. L. für die Jahre 1973, 1974 und 1975 umfaßt, sind diese beiden Fassungen des Gesetzes für die Entscheidung relevant. Die Rechtsentwicklung auf diesem Gebiet ab dem Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes 1972 zeigt ganz allgemein geradezu eine Bevorzugung der Geschiedenen gegenüber der aufrechten Ehe (vgl. dazu die ausführliche Darstellung bei Hofstätter - Reichel, Kommentar III C, Tz 6 ff zu § 34 Abs 3 EStG 1972).
Daß es dabei zu gleichheitswidrigen Ergebnissen kommt, zeigt der Beschwerdefall für seinen spezifischen Zusammenhang exemplarisch auf. Durch den Gleichheitsgrundsatz ist der Gesetzgeber gebunden, Regelungen zu vermeiden, die sachlich nicht zu rechtfertigende Differenzierungen enthalten; können gesetzliche Differenzierungen daher innerhalb ein- und desselben Rechtsgebietes nicht aus den entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen abgeleitet werden, dann verstößt das Gesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des VfGH, z.B. Slg. 8004/1977, 7330/1974, 6948/1972, 6411/1971, 5316/1966 u.a.).
Der VfGH hat in seinem Erk. vom , Slg. Nr. 8341/1978, eine gleichheitswidrige Anwendung des § 34 EStG 1972 darin nicht erblickt, daß ein Ehemann die seiner im Haushalt tätigen Ehegattin geleisteten Unterhaltszahlungen nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen kann, und hat in diesem Erk. eine Vergleichbarkeit dieses Falles mit der Regelung des § 34 Abs 3 letzter Satz verneint. Im Gegensatz dazu ist diese Vergleichbarkeit im vorliegenden Beschwerdefall jedoch gegeben, weil der wirtschaftliche Sachverhalt im Falle eines geschiedenen (wiederverheirateten) Ehegatten, der Unterhaltszahlungen an seinen früheren Ehepartner zu leisten hat, mit dem eines aufrecht verheirateten, der von seinem Partner getrennt lebt und die Kosten eines weiteren Haushaltes zu tragen hat, völlig gleichgelagert ist. Dabei ist zu bedenken, daß der Grund für diese Trennung nicht unbedingt die Zerrüttung der Ehe sein muß, sondern daß dafür auch andere, etwa berufliche Gründe in Betracht kommen. Im Beschwerdefall steht fest, daß der Steuerpflichtige von seiner Ehefrau getrennt gelebt und dieser Unterhalt bezahlt hat, wie dies ein Geschiedener keinesfalls in größerem Umfang hätte tun müssen (§67 EheG); er wird aber steuerlich benachteiligt, nur weil seine Ehe noch aufrecht war. Diese Differenzierung ist sachlich nicht begründbar und daher gleichheitswidrig. § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in beiden hier angefochtenen Fassungen läßt aber auch keine verfassungskonforme Auslegung zu, die ihm seinen gleichheitswidrigen Inhalt nehmen könnte (vgl. VfGH Slg. 6610/1971). Durch die ausdrückliche Beschränkung der Begünstigung auf "geschiedene" Ehegatten verbiete sich schon nach wörtlicher Auslegung eine Einbeziehung zwar wirtschaftlich gleichgelagerter, aber nicht Geschiedene betreffender Fälle in diese Regelung.
In seiner für die Jahre 1973 und 1974 geltenden Fassung begünstigte § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 wiederverheiratete Geschiedene gegenüber wirtschaftlich völlig gleichgelagerten Fällen Verheirateter, die von ihren Ehegatten getrennt in einer neu begründeten Haushaltsgemeinschaft mit einem anderen Partner lebten und Unterhaltszahlungen an den Ehegatten leisteten. Daß das Eheverhältnis für sich allein keine sachliche Rechtfertigung für eine steuerliche Differenzierung wirtschaftlich vergleichbarer Sachverhalte darstellt, hat der VfGH in ständiger Rechtsprechung, etwa zur Frage der Haushaltsbesteuerung (vgl. VfGH Slg. 6516/1971, 5954/1969, 4239/1962), aber auch in anderem Zusammenhang (vgl. VfGH Slg. 6773/1972, 5750/1968, 4689/1964) ausgesprochen. Auch der verheirateten Steuerpflichtigen unter den Voraussetzungen des § 33 Abs 4 EStG 1972 zustehende Alleinverdienerabsetzbetrag vermag die hier aufgezeigte Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen, weil er dem Steuerpflichtigen nur zusteht, wenn sein Ehegatte nicht dauernd von ihm getrennt lebt.
Die Diskriminierung des aufrecht verheirateten, mit seinem Ehegatten aber nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Steuerpflichtigen gegenüber dem Geschiedenen wurde durch die Änderung des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 durch die Einkommensteuergesetznovelle 1974 noch verschärft. Es gelten zwar seither nur mehr Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten nach dieser Gesetzesstelle auf jeden Fall als zwangsläufig erwachsen, doch ist nun die Voraussetzung einer Wiederverheiratung des Steuerpflichtigen weggefallen. Dadurch sind auch die Fälle verheirateter Steuerpflichtiger, die von ihrem Ehegatten getrennt leben, aber keine andere Haushaltsgemeinschaft eingegangen sind, mit den vom Gesetz begünstigten Fällen wirtschaftlich vergleichbar geworden. Das Gesetz sieht ab dem Zeitpunkt, in welchem die neue Fassung des letzten Satzes des § 34 Abs 3 EStG 1972 anzuwenden ist, in vermehrtem Ausmaß eine unterschiedliche Behandlung geschiedener Steuerpflichtiger gegenüber wirtschaftlich völlig gleichgelagerten Fällen Verheirateter, denen eine Steuerermäßigung in Form einer außergewöhnlichen Belastung für ihre gesetzlichen Unterhaltszahlungen nicht, jedenfalls nicht auf Grund einer unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung, gewährt wird, vor.
Im Beschwerdefall ist der Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von der sowohl für die Jahre 1973 und 1974 als auch von der ab 1975 geltenden Regelung des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 nachteilig betroffen. Die dargestellten Bedenken gegen die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz veranlaßten den zuständigen Senat des VwGH zu dem Beschluß, beim VfGH primär den Antrag zu stellen, diese Gesetzesstelle in beiden im Beschwerdefall anzuwendenden Fassungen als verfassungswidrig aufzuheben. Diese Bestimmung steht im Hinblick auf das Inkrafttreten der Einkommensteuergesetznovelle 1974 und des ArtX des Bundesgesetzes betreffend Änderungen des Ehegattenerbrechts, des Ehegüterrechts und des Ehescheidungsrechts, BGBl. Nr. 280/1978, mit ihrem jeweils angefochtenen Wortlaut mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich in Geltung.
Zur Stellung des Eventualantrages sah sich der VwGH deshalb veranlaßt, weil die Gleichheitswidrigkeit der betroffenen Gesetzesstelle für den Geltungsbereich nach der Einkommensteuergesetznovelle 1974 auch durch die darin vorgeschlagene Korrektur beseitigt werden kann. Es wird der Beurteilung des VfGH unterliegen, die Grenzen einer allfälligen Aufhebung der in Prüfung stehenden Gesetzesbestimmung so zu ziehen, daß einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt, und daß andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in einem untrennbaren Zusamenhang stehenden Bestimmungen auch erfaßt werden (vgl. dazu VfGH Slg. 7331/1974)."
b) Zum Antrag G89/81:
In einem weiteren beim VwGH anhängigen Beschwerdeverfahren stellt dieser unter Hinweis auf die bereits im Antrag G36/80 geäußerten Bedenken den Antrag auf Aufhebung des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in der Fassung der Nov. BGBl. 469/1974, in eventu auf Aufhebung des Wortes "geschiedene" in der genannten Gesetzesbestimmung. Diesem Beschwerdeverfahren liegt ein Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom zugrunde, mit welchem ua. Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehegattin nur in einem gegenüber dem Antrag verminderten Ausmaß als absetzbar anerkannt wurden.
2. Der VfGH hat in insgesamt 13 bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren gemäß Art 140 B-VG beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 idF der Nov. BGBl. 469/1974 sowie der Worte "Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten sowie" idF BGBl. 280/1978 zu prüfen. Diesen Beschwerden lagen folgende Sachverhalte zugrunde:
a) Zu G54/81 (Anlaßfall B217/77):
Der Beschwerdeführer Dr. W. A., der mit seiner nicht berufstätigen Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebt, beantragte in der Einkommensteuererklärung 1975 die Berücksichtigung des seiner Ehegattin (in natura) geleisteten Unterhalts (dessen Höhe er mit 216.000- S bewertete) als außergewöhnliche Belastung. Die Finanzlandesdirektion für OÖ gab diesem Begehren mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom , der Gegenstand der Verfassungsgerichtshofbeschwerde ist, keine Folge.
b) Zu G55/81 (Anlaßfall B40/77):
Der Beschwerdeführer F. W. der mit seiner nicht berufstätigen Ehefrau im gemeinsamen Haushalt lebt, stellte für das Kalenderjahr 1975 den Antrag, den seiner Ehefrau (in natura) geleisteten Unterhalt (dessen Höhe er mit 51.000,- S bewertete) durch Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Sbg. wies diesen Antrag mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom ab. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B40/77 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
c) Zu G56/81 (Anlaßfall B41/77):
Der Beschwerdeführer Dipl. Ing. A. S., der mit seiner nicht berufstätigen Ehefrau im gemeinsamen Haushalt lebt, stellte für das Kalenderjahr 1975 den Antrag, den seiner Ehefrau (in natura) geleisteten Unterhalt (dessen Höhe er mit 98.468,13 S bewertete) durch Eintragung eines steuerlichen Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Sbg. wies diesen Antrag mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom ab. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B41/77 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
d) Zu G57/81 (Anlaßfall B60/77):
Der Beschwerdeführer G. K., der mit seiner nicht berufstätigen Ehefrau im gemeinsamen Haushalt lebt, stellte für das Kalenderjahr 1975 den Antrag, den seiner Ehefrau (in natura) geleisteten Unterhalt (dessen Höhe er mit 38.728,34 S bewertete) durch Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Sbg. wies diesen Antrag mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom ab. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B60/77 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
e) Zu G58/81 (Anlaßfall B315/77):
Der Beschwerdeführer E. K., der mit seiner nicht berufstätigen Ehefrau im gemeinsamen Haushalt lebt, stellte für das Kalenderjahr 1977 den Antrag, den seiner Ehefrau (in natura) geleisteten Unterhalt (dessen Höhe er mit 70.000,- S - vermindert um den Alleinverdienerabsetzbetrag von 2.400,- S - bewertete) durch Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. wies diesen Antrag mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom ab. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B315/77 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
f) Zu G59/81 (Anlaßfall B468/77):
Der Beschwerdeführer K. H-H., der mit seiner nicht berufstätigen Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebt, beantragte in der Einkommensteuererklärung 1975 die Berücksichtigung des seiner Ehefrau (in natura) geleisteten Unterhalts (dessen Höhe er mit 60.088,- S bewertete) als außergewöhnliche Belastung. Die Finanzlandesdirektion für OÖ gab diesem Begehren mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom keine Folge. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B468/77 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
g) Zu G60/81 (Anlaßfall B484/77):
Der Beschwerdeführer Dr. E. N., der mit seiner nicht berufstätigen Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebt, beantragte in der Einkommensteuererklärung 1975 die Berücksichtigung des seiner Ehefrau (in natura) geleisteten Unterhalts (dessen Höhe er mit 90.000,- S bewertete) als außergewöhnliche Belastung. Die Finanzlandesdirektion für OÖ gab diesem Begehren (sowie einem weiteren, das in diesem Zusammenhang aber nicht zu erörtern ist) mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom keine Folge. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B484/77 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
h) Zu G61/81 (Anlaßfall B532/77):
Der Beschwerdeführer Ing. F. C. stellte für das Kalenderjahr 1976 den Antrag, die Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehegattin in Höhe von 63.177,80 S als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. gab diesem Begehren mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers über eigene Einkünfte (Nettoeinkommen im Jahr 1976: 49.000,- S) verfüge; es sei ihr möglich, ihren angemessenen Unterhalt durch die Erträgnisse ihrer Erwerbstätigkeit zu decken, was bedeute, daß Zahlungen des Beschwerdeführers keinen gesetzlichen Unterhalt iS des § 34 Abs 3 zweiter Satz EStG 1972 (idF BGBl. 469/1974) darstellten.
i) Zu G73/81 (Anlaßfall B185/80):
Der Beschwerdeführer Dr. F. Z. stellte für das Kalenderjahr 1979 den Antrag, die Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehegattin in der Höhe von 62.748,- S als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom gab das Finanzamt dem Antrag des Beschwerdeführers nur teilweise statt und anerkannte 30.992,- S als außergewöhnliche Belastung. Als Begründung hiefür führte das Finanzamt an, daß der Unterhalt der Ehegattin üblicherweise mit 33% des Nettoeinkommens des Ehegatten bemessen werde. Nur bis zu diesem Betrage seien die Aufwendungen des Beschwerdeführers als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.
Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung hat die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Die Finanzlandesdirektion begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, als angemessener und somit als gesetzlicher Unterhalt seien (nur) 33% des Nettoeinkommens des Beschwerdeführers anzusehen, weshalb die darüber hinausgehenden Zahlungen des Beschwerdeführers keinen gesetzlichen Unterhalt iS des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in der Fassung der Nov. BGBl. 469/1974 darstellten.
Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B185/80 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
j) Zu G76/81 (Anlaßfall B631/80):
Der Beschwerdeführer S. K. beantragte, Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehegattin in den Kalenderjahren 1977 und 1978 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Sbg. vom wurden diese Anträge - abgesehen von der Eintragung eines Freibetrages von monatlich 289,- S im Kalenderjahr 1978 - im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers über ein eigenes Einkommen verfüge, weshalb die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers keinen gesetzlichen Unterhalt iS des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in der Fassung BGBl. 469/1974 darstellten.
Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B631/80 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
k) Zu G77/81 (Anlaßfall B371/81):
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erkannte die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom Beschwerdeführer Dipl. Ing. Z. auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches vom im Kalenderjahr 1980 an seine geschiedene Ehegattin gezahlte Unterhaltsleistungen nicht als außergewöhnliche Belastung an. Die Finanzlandesdirektion begründete ihre Entscheidung damit, daß die geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers über ein eigenes Einkommen verfüge, weshalb die Unterhaltszahlungen des Beschwerdeführers keinen gesetzlichen Unterhalt darstellten.
Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B371/81 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
l) Zu G82/81 (Anlaßfall B384/81):
Der Beschwerdeführer Dr. W. P., der von seiner Ehegattin und seinen drei minderjährigen Kindern getrennt lebt, stellte bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für die Kalenderjahre 1978 und 1979 den Antrag, den seiner Ehegattin und seinen Kindern geleisteten Unterhalt in der Höhe von 122.777,- S bzw. 147.370,- S als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. gab diesem Antrag mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom keine Folge. Dieser Bescheid bildet den Gegenstand der zu B384/81 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
m) Zu G124/81 (Anlaßfall B525, 526/81):
Der Beschwerdeführer Ing. M-D. stellte für die Kalenderjahre 1978 und 1979 die Anträge, die Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehegattin in der Höhe von 28.954,92 S und 31.236,20 S als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. gab diesen Begehren mit ihren beiden im Instanzenzug erlassenen Bescheiden vom keine Folge, weil es sich bei den Zahlungen nicht um die Leistung des gesetzlichen Unterhalts gehandelt habe. Diese Bescheide bilden den Gegenstand der zu B525, 526/81 erhobenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde.
3. Der VfGH hat im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens zu B217/77 folgende weitere verfassungsrechtliche Bedenken geäußert:
Der VfGH nehme vorläufig an, daß die in § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 getroffene Regelung das Vorliegen des im § 34 Abs 2 umschriebenen Merkmals der Außergewöhnlichkeit in sich schließt. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise scheine nun die Lage des unterhaltsleistenden Ehegatten, der dem mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten den Unterhalt reicht, der jenes Unterhaltspflichtigen, der Unterhaltsleistungen an seinen geschiedenen Ehegatten erbringt, so weitgehend zu gleichen, daß eine
unterschiedliche einkommensteuerliche Behandlung in bezug auf eine
unterschiedliche einkommensteuerliche Behandlung in bezug auf eine außergewöhnliche Belastung nicht begründbar sei. Bedenken in der gleichen Richtung bestünden jedoch auch dann, wenn man annehme, daß die Lage solcher Unterhaltsleistender zwar wirtschaftlich nicht völlig gleich, aber doch nicht so unterschiedlich ist, als daß es gerechtfertigt erschiene, im betrachteten Bereich des Einkommensteuerrechtes zwar die Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten zur Gänze, die an den im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten hingegen überhaupt nicht zu berücksichtigen. Im gegebenen Zusammenhang sei allerdings die besondere einkommensteuerliche Lage des unterhaltsleistenden Ehegatten angemerkt, dem ein Alleinverdienerabsetzbetrag sowie ein höherer Absetzbetrag für Sonderausgaben zusteht.
In den Beschlüssen auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bei den übrigen Anlaßfällen hat der VfGH auf diese Bedenken verwiesen.
4. a) Die Bundesregierung hat im Verfahren zu G36/80 folgende Äußerung erstattet:
"Zum Antrag des VwGH, § 34 Abs 3 zweiter Satz EStG 1972 in der ursprünglichen Fassung (BGBl. Nr. 440/1972) als verfassungswidrig aufzuheben, wird bemerkt:
Eine dieser Bestimmung wortgleiche Regelung war - schon seit der Einkommensteuergesetznovelle 1962, somit nicht erst ab 1972 - bereits in § 33 Abs 3 EStG 1953 bzw. 1967 enthalten. Mit der Verfassungskonformität dieser beiden Vorgängerbestimmungen zum § 34 Abs 3 zweiter Satz EStG 1972 hat sich der VfGH in seinen Erk. vom , VfGH Sammlung 4729, und vom , VfGH Sammlung 7467, befaßt. Dem zweitgenannten Erk. lag ein mit dem beim VwGH nunmehr anhängigen Beschwerdefall identer Sachverhalt zugrunde:
Ein von seiner Ehegattin dauernd getrennt lebender Steuerpflichtiger war eine Lebensgemeinschaft eingegangen und begehrte die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung. Der VfGH hat in den beiden erwähnten Erk. keine Bedenken gegen die Bestimmung des § 33 Abs 3 zweiter Satz EStG 1953 (1967) gehegt. Er hat dies im wesentlichen damit begründet, daß die Bestimmung des § 33 Abs 3 zweiter Satz EStG 1953 (1967), die wortgleich der vom VwGH angefochtenen Bestimmung des § 34 Abs 3 zweiter Satz EStG 1972 in der ursprünglichen Fassung entspricht, lediglich die Bedeutung habe, daß die Frage der Zwangsläufigkeit von Unterhaltszahlungen im Falle der Wiederverehelichung des den Unterhalt leistenden Ehegatten nicht weiter nach den Gesichtspunkten des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle zu prüfen ist. Gegen diese Regelung für den Fall der Wiederverheiratung bestünden aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil durch die Wiederverheiratung einer mit Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten belasteten Person zufolge rechtlicher Verpflichtung eine doppelte Belastung mit Unterhaltsleistungen erwachse, was in anderen Fällen nicht zutreffe, auch nicht im Fall des Eingehens einer Lebensgemeinschaft.
Der VwGH erwähnt in seinem Antrag diese beiden Erk. des VfGH nicht. Er vermeint vielmehr, daß der den Grund für seine Antragstellung bildende Beschwerdefall exemplarisch aufzeige, daß es auf Grund der Regelung des § 34 Abs 3 zweiter Satz EStG 1972 zu gleichheitswidrigen Ergebnissen komme. Dies ist nach Ansicht der Bundesregierung nicht zutreffend:
Wenn der VwGH zum Schluß gelangt, daß die gegenständliche Regelung geschiedene und dann neuerlich verheiratete Unterhaltspflichtige gegenüber vom Ehegatten nur getrennt lebenden, aber weiterhin verheirateten Unterhaltspflichtigen benachteilige (und deshalb gleichheitswidrig sei), so übersieht der VwGH, daß der Gesetzgeber mit der angefochtenen Bestimmung lediglich einen von vielen denkbaren (Zweifels-)Fällen durch eine unwiderlegliche Vermutung klarstellen wollte. Keineswegs hat es aber der Gesetzgeber durch Herausgreifen eines Falles ausgeschlossen, daß in anderen, allenfalls sogar den genannten wirtschaftlich vergleichbaren Fällen dasselbe Ergebnis im Abgabenverfahren erzielt werden kann, nur eben nicht kraft der Vermutung des § 34 Abs 3, Satz 2, sondern dann, wenn die sonst im § 34 enthaltenen Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Belastung (u.a. auch Abs 3 Satz 1) erfüllt sind. Treffend hat deshalb auch der VfGH in den beiden eingangs erwähnten Erk. festgestellt, daß die gegenständliche (Vorläufer-)Bestimmung über die Behandlung anderer Fälle nichts aussage (Erk. VfGH Sammlung 4729) bzw. daß es im Einzelfall zu prüfen sei, ob in ähnlich gelagerten Fällen Zwangsläufigkeit vorliege (Erk. VfGH Sammlung 7467). Es kann daher dem Gesetzgeber auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er die Zwangsläufigkeit nur in einem, und zwar in einem solchen Fall einer Doppelbelastung, unwiderleglich vermutet, in dem diese auf einer rechtlichen Verpflichtung beruht. Der Gesetzgeber hat hier aus verwaltungsökonomischen Gründen einen Fall der zwangsläufig erwachsenen außergewöhnlichen Belastung, dessen Sachverhalt klar ist, hervorgehoben und der Beurteilung der Vollziehung entzogen.
Hingegen konnte und kann vom Gesetzgeber nicht erwartet werden, für den Fall getrennt lebender Ehegatten eine der angefochtenen Bestimmung entsprechende unwiderlegliche Vermutung vorzusehen, da die Umstände im Einzelfall hier völlig unterschiedlich sind und keine Verallgemeinerung erlauben. Sicher ist es möglich, daß, wie der VwGH ausführt, der Grund für eine Trennung nicht unbedingt die Zerrüttung der Ehe sein müsse, sondern daß dafür auch andere, etwa berufliche Gründe, in Betracht kommen. In solchen Fällen einer Trennung aus beruflichen Gründen, verbunden mit einer doppelten Haushaltsführung, werden wohl übrigens Teile dieser Aufwendungen als betrieblich oder beruflich veranlaßt anzusehen und somit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zum Abzug zuzulassen sein. Kommt ein solcher Abzug nicht in Betracht, so wird selbstverständlich, je nach den Umständen des Einzelfalles, die Zwangsläufigkeit einer solchen Belastung nach § 34 Abs 3 Satz 1 EStG 1972 zu prüfen sein.
Die Bundesregierung ist somit der Ansicht, daß die Bestimmung des § 34 Abs 3 Satz 2 EStG 1972 in der ursprünglichen Fassung (BGBl. 440/1972) nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen hat und nicht verfassungswidrig war.
Zu dem weiteren Antrag des VwGH, § 34 Abs 3 Satz 2 EStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 469/1974 als verfassungswidrig aufzuheben, wird bemerkt:
Der VwGH legt dieser Gesetzesstelle den Inhalt bei, daß Unterhaltszahlungen des geschiedenen Ehegatten, soweit es sich dabei um die Leistung des gesetzlichen Unterhaltes handelt, stets als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind, somit auch dann, wenn der den Unterhalt leistende geschiedene Ehegatte nicht wiederverheiratet ist. Der VwGH hält die sich dadurch ergebende Differenzierung für in vermehrtem Umfang unsachlich und führt aus, es seien nun auch die Fälle der verheirateten Steuerpflichtigen, die von ihren Ehegatten getrennt lebten, aber keine andere Haushaltsgemeinschaft eingegangen seien, mit den vom Gesetzgeber begünstigten Fällen wirtschaftlich vergleichbar geworden.
Diesen Ausführungen können zunächst sinngemäß die in den bereits unter I erwähnten Erk. des VfGH, Slg. 4729 und 7467, getroffenen Feststellungen, insbesondere auch zur Frage der Aussagekraft der gegenständlichen Bestimmung für andersgelagerte Fälle, entgegengestellt werden, da insoweit zwischen allen hier in Betracht kommenden Bestimmungen kein entscheidender Unterschied besteht. Wenn der Gesetzgeber eine der möglichen Fallkonstellationen herausgreift, und besonders erwähnt, so ist dies keineswegs unsachlich, da es sich bei der gegenständlichen Unterhaltspflicht um eine durch die Rechtsprechung der Zivilgerichte eindeutig ziffernmäßig konkretisierte handelt, während bei aufrechter, aber getrennter Ehe diese Konkretisierung nicht von vornherein gegeben ist. In diesem letzteren Fall ist demnach das Vorliegen der Zwangsläufigkeit wiederum nach den Bestimmungen des § 34 Abs 3 Satz 1 EStG 1972 zu prüfen.
Im Falle der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 469/1974 kommt noch hinzu, daß der zweite Satz des § 34 Abs 3 den ersten Satz dieser Bestimmung insoweit verdeutlicht, als sich der Unterhaltspflichtige einem "gesetzlichen" Unterhalt ja stets "aus ... rechtlichen ... Gründen nicht entziehen kann" (erster Satz). Im übrigen schwächt der VwGH seine Argumentation selbst dadurch ab, daß er andeutet, es könnte den in Betracht kommenden verheirateten, getrennt lebenden Unterhaltspflichtigen ohnedies kraft Gesetzes eine Steuerermäßigung in Form der Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung gewährt werden (vgl. Seite 7: "jedenfalls nicht auf Grund einer unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung").
Die vom VwGH vorgebrachte Begründung für die behauptete Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen ist sohin zum Teil unklar. Möglicherweise hält es aber der VwGH für gleichheitswidrig, daß zunächst - nur dann, wenn die Belastung nicht zwangsläufig erwachsen war - nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende Unterhaltsleistungen (an den getrennten Ehegatten) alle in als Folge einer rechtskräftigen Ehescheidung nunmehr als Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen sind. Dazu ist aber zu bemerken, daß eine derartige, auf ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil zurückzuführende Unterhaltspflicht auf jeden Fall (unabhängig davon, weshalb sie entstanden ist) zu erfüllen ist und die - allfällige, vgl. unten Pkt. 2 - steuerliche Berücksichtigung einer solchen Verpflichtung letzten Endes die Durchsetzung der Rechtsordnung fördert. Es muß dem Gesetzgeber auch aus verwaltungsökonomischen Überlegungen freistehen, eine ausdrückliche Berücksichtigung nur für solche Unterhaltsverpflichtungen vorzusehen, die rechtskräftig, somit auf Dauer angelegt, bestehen, nicht aber für Rechtsverhältnisse im Schwebezustand (Trennung der Ehegatten, vorübergehende Abwesenheit). Hervorzuheben ist schließlich, daß eine gleiche steuerrechtliche Begünstigung nicht zwangsläufig getrennter Ehegatten (und nur um diesen Personenkreis handelt es sich) und geschiedener, unterhaltspflichtiger Ehegatten im Ergebnis zu einer unterschiedlichen Behandlung des familienrechtlichen Instituts der Ehe führen würde.
Bemerkt sei, daß § 34 Abs 3 zweiter Satz EStG 1972 zwar über die Zwangsläufigkeit, nicht aber auch über die Außergewöhnlichkeit von Aufwendungen eine Aussage trifft. Sollte der VfGH daher befinden, daß eine Außergewöhnlichkeit der Leistung des gesetzlichen Unterhaltes an den geschiedenen Ehegatten dann zu verneinen ist, wenn der den Unterhalt Leistende nicht wiederverheiratet ist - daß also als Vergleichskreis für die Prüfung der Außergewöhnlichkeit nicht die Verheirateten, sondern die Geschiedenen heranzuziehen seien -, dann läßt die gegenständliche Bestimmung auch diese Auslegung zu.
Die Bundesregierung hält sohin auch § 34 Abs 3 Satz 2 EStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 469/1974 nicht für gleichheitssatz- und damit auch nicht für verfassungswidrig, und zwar unabhängig davon, ob diese Bestimmung iS der Ausführungen des VwGH (oben, Pkt. 1) oder gemäß Pkt. 2 ausgelegt wird."
b) Im Verfahren zu G54/81 hat die Bundesregierung eine ergänzende Äußerung abgegeben, in der es heißt:
"Der VfGH hat unter Pkt. II/3 des zitierten Unterbrechungsbeschlusses, als weitere Bedenken vorgebracht, daß bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Lage des unterhaltsleistenden Ehegatten, der dem mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten den Unterhalt leistet, der jenes Unterhaltspflichtigen, der Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehegattin erbringt, so weitgehend zu gleichen scheint, daß eine unterschiedliche einkommensteuerliche Behandlung in bezug auf eine außergewöhnliche Belastung nicht begründbar ist.
Der Ansicht, daß diese beiden Fälle wirtschaftlich vergleichbar sind und damit eine unterschiedliche steuerliche Behandlung sachlich nicht gerechtfertigt erscheint, möchte die Bundesregierung erwidern, daß der Bestimmung des § 34 Abs 3 letzter Satz Einkommensteuergesetz lediglich der Inhalt einer Normierung der Zwangsläufigkeit von Unterhaltsleistungen beigemessen werden kann. Als außergewöhnliche Belastung können Aufwendungen nach § 34 Einkommensteuergesetz aber nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn diese Aufwendungen sowohl außergewöhnlich als auch zwangsläufig sind. Wendet man daher die Bestimmung des § 34 Abs 2 Einkommensteuergesetz für die Frage der Außergewöhnlichkeit auf die beiden vom VfGH aufgezeigten Fälle an, so mangelt es in beiden Fällen an der Außergewöhnlichkeit; in beiden Fällen werden Unterhaltsleistungen nur für eine - wenn auch geschiedene - Ehefrau erbracht. Da es daher in beiden Fällen der Unterhaltsleistung bereits an der Außergewöhnlichkeit mangelt, so wäre die Frage der Zwangsläufigkeit - eben die Bestimmung des § 34 Abs 3 letzter Satz Einkommensteuergesetz - nicht weiter entscheidend."
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Nach § 34 Abs 1 erster Satz EStG 1972 werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Die Formulierung des letzten Satzes des § 34 Abs 3 in der Stammfassung des EStG 1972 ("Unterhaltsleistungen an geschiedene Ehegatten gelten stets dann als zwangsläufig erwachsen, wenn der den Unterhalt leistende Ehegatte wieder verheiratet ist") wurde in das EStG erstmals durch die Nov. 1962 (damals in den § 33 Abs 3 EStG 1953) aufgenommen. Sie blieb unverändert bis zur EStG-Nov. 1974, BGBl. 469, durch deren ArtI Z 29 sie für Veranlagungen ab die Fassung "Leistungen des gesetzlichen Unterhaltes an geschiedene Ehegatten gelten als zwangsläufig erwachsen" erhielt. Seit (s. ArtXXIII § 1 Abs 1 des BG vom , BGBl. 280) hat § 34 Abs 3 letzter Satz folgenden Wortlaut:
"Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten sowie Abgeltungsbeträge gemäß § 98 ABGB, die aus Anlaß der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe gezahlt werden, gelten als zwangsläufig erwachsen."
Auch die angefochtenen bzw. in Prüfung gezogenen Bestimmungen in der Stammfassung des EStG 1972 und in der Fassung der Nov. BGBl. 469/1974 stehen - mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich - nach wie vor in Geltung (vgl. VfSlg. 8101/1977 und 8709/1979).
2. Der VwGH und der VfGH haben die bekämpften bzw. in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen in den jeweils in Betracht kommenden Fassungen nicht nur in den Anlaßfällen mit geschiedenen Ehegatten, sondern auch in den übrigen Anlaßfällen insoferne anzuwenden, als sich aus der vom Gesetzgeber im letzten Satz des § 34 Abs 3 EStG 1972 aufgestellten unwiderleglichen Rechtsvermutung der Zwangsläufigkeit des Unterhalts an geschiedene Ehegatten ergibt, daß diese Rechtsvermutung für nicht geschiedene Ehegatten nicht gilt.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
3. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß Leistungen des Unterhalts an geschiedene Ehegatten als zwangsläufig erwachsen gelten, gehen im Prinzip davon aus, daß diese Rechtsvermutung bei Sachverhalten, die als gleichgelagert anzusehen sind, nicht Platz greift. Der VfGH hat sich damit bereits mehrfach auseinandergesetzt:
Im Erk. VfSlg. 4729/1964 hat der VfGH ausgesprochen, daß der zweite Satz des § 33 Abs 3 EStG 1953 in der Fassung der Nov. BGBl. 167/1962 nur die Bedeutung habe, daß die Frage der Zwangsläufigkeit im Falle der Wiederverheiratung des den Unterhalt leistenden geschiedenen Ehegatten nicht weiter nach den Gesichtspunkten des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle zu prüfen sei. Über die Behandlung anderer Fälle sage diese Bestimmung nichts aus. Gegen diese Regelung des § 33 Abs 3 zweiter Satz EStG 1953 in der oben zitierten Fassung für den Fall der Wiederverheiratung bestünden aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil durch die Wiederverheiratung einer mit Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten belasteten Person zufolge rechtlicher Verpflichtung eine doppelte Belastung mit Unterhaltsleistungen erwachse, was in anderen Fällen nicht zutreffe, auch nicht im Falle der Eingehung einer Lebensgemeinschaft. Die in dieser Gesetzesstelle getroffene Differenzierung erwecke somit keine Bedenken, daß sie sachlich nicht gerechtfertigt wäre.
Im Erk. VfSlg. 7467/1974 hat der VfGH festgestellt, daß im § 33 Abs 3 zweiter Satz EStG 1967 in bezug auf Ehegatten lediglich bestimmt werde, daß Unterhaltsleistungen an geschiedene Ehegatten stets dann als zwangsläufig erwachsen gelten, wenn der den Unterhalt leistende Ehegatte wieder verheiratet ist. Ob in ähnlich gelagerten Fällen Zwangsläufigkeit vorliegt, sei im Einzelfall zu prüfen. Wenn die belangte Behörde angenommen habe, daß Zwangsläufigkeit nicht bestehe, wenn bei aufrechter Ehe eine Lebensgemeinschaft eingegangen wird, so sei diese Auslegung nicht gleichheitswidrig, weil im Falle der Scheidung die Unterhaltspflicht sowohl gegenüber dem geschiedenen Ehegatten (durch Gerichtsurteil oder Vergleich) als auch gegenüber dem neuen Ehegatten (durch Gesetz) rechtlich festgelegt sei, was bei einer bloßen Lebensgemeinschaft nicht zutreffe.
Im Erk. VfSlg. 7892/1976 hat der VfGH an der im Erk. VfSlg. 4729/1964 enthaltenen Rechtsauffassung ausdrücklich festgehalten und hinzugefügt, es stehe nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH dem Gesetzgeber - außer im Falle eines Exzesses - frei, im Rahmen der ihm zustehenden rechtspolitischen Überlegungen Steuerbegünstigungen an verschiedene Voraussetzungen zu binden (Hinweis auf VfSlg. 6929/1972, 7010/1973 und 7558/1975). Wenn der Gesetzgeber für den Fall der Unterhaltsleistung an den geschiedenen Ehegatten gegenüber den anderen Fällen einer außergewöhnlichen Belastung im § 33 Abs 3 erster Satz EStG 1953 eine vereinfachte Regelung dadurch getroffen habe, daß er die Zwangsläufigkeit im Falle der Wiederverheiratung jedenfalls für gegeben erachtet, verstoße dieser auch dann nicht gegen das Gleichheitsgebot, wenn der erste Satz des § 33 Abs 3 den Inhalt habe, den ihm die belangte Behörde in Berücksichtigung der Rechtsanschauung des VwGH unterstellt habe.
Im Erk. VfSlg. 8341/1978, betreffend die Frage, ob die Belastung durch Unterhaltsleistungen an die im Haushalt tätige Ehegattin als außergewöhnlich iS des § 34 Abs 2 EStG 1972 anzusehen sei, hat sich der VfGH mit der Verfassungsmäßigkeit des letzten Satzes des § 34 Abs 3 nicht näher auseinandergesetzt.
4. Zu § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 (in der Stammfassung):
Der VfGH sieht keine Veranlassung, von seiner Rechtsprechung, deren Erwägungen auf die Rechtslage bis zur EStG-Nov. 1974 (vgl. oben unter Pkt. 1) nach wie vor zutreffen, abzugehen.
Daraus ergibt sich, daß § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in der Stammfassung nicht gegen das Gleichheitsgebot verstößt und der Antrag des VwGH auf Aufhebung dieser Bestimmung abzuweisen ist.
5. Zu den Bestimmungen des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in den Fassungen der Nov. BGBl. 469/1974 und des Bundesgesetzes BGBl. 280/1978:
a) Zunächst ist festzuhalten, daß - im Gegensatz zur Meinung der Bundesregierung - die unwiderlegliche Rechtsvermutung des § 34 Abs 3 EStG 1972 (in den - wortgleichen - genannten Fassungen aus 1974 und aus 1978) auch das Vorliegen des in Abs 2 umschriebenen Merkmales der Außergewöhnlichkeit in sich schließt, und zwar aus folgenden Gründen:
Der VwGH ist in langjähriger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß von einer Zwangsläufigkeit der Aufwendung dann nicht gesprochen werden kann, wenn sie sich als Folge eines Verhaltens darstellt, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (vgl. etwa VwSlg. 923 F/1954). Auf Grund dieser Auffassung hat der VwGH Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten dann nicht als zwangsläufig erwachsen angesehen, wenn die Ehe aus dem Verschulden des Steuerpflichtigen geschieden worden war (vgl. zB ). Nicht zuletzt im Hinblick auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der EStG-Nov. 1962, BGBl. 167 in den § 33 Abs 3 EStG 1953 die unwiderlegliche Rechtsvermutung aufgenommen, daß Unterhaltsleistungen an geschiedene Ehegatten stets dann als zwangsläufig erwachsen gelten, wenn der den Unterhalt leistende Ehegatte wieder verheiratet ist. Damit sollte die steuerliche Absetzbarkeit von Unterhaltsleistungen an geschiedene Ehegatten gewährleistet werden, wenn der Unterhaltspflichtige wieder verheiratet war.
Mit diesem Verständnis des Begriffes Zwangsläufigkeit stehen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der EStG-Nov. 1974 (1201 BlgNR XIII. GP) völlig in Einklang, wo es auf Seite 14 heißt:
"Nach Z 31 können künftig Alimentationsleistungen an den geschiedenen Ehegatten nicht nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn sich der Steuerpflichtige wieder verehelicht hat."
Die Gesetzesmaterialien gehen also davon aus, daß Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an geschiedene Ehegatten schlechthin als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Diese Auslegung entspricht auch der jahrzehntelangen Praxis der Finanzbehörden.
Eine andere Auslegung hält der VfGH bei Berücksichtigung aller dieser Umstände nicht für möglich.
b) Wenn der Gesetzgeber also Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an geschiedene Ehegatten ganz allgemein als zwangsläufige und außergewöhnliche Belastung wertet, dann ist zunächst zu prüfen, ob eine sachlich begründbare Differenzierung (vgl. zB VfSlg. 6773/1972) dafür vorhanden ist, diese Begünstigung - noch dazu ohne jede weitere Differenzierung - auf jene Fälle des gesetzlichen Unterhalts an Ehegatten zu beschränken, in denen die Ehe geschieden ist. In diesem Zusammenhang ist zunächst zum Vorbringen der Bundesregierung zu bemerken, daß das in der Vorjudikatur angeführte Argument, es sei im Einzelfall zu prüfen, ob in Fällen, die den von der Rechtsvermutung erfaßten ähnlich sind, Zwangsläufigkeit vorliegt, nicht so verstanden werden kann, daß infolgedessen in der steuerlichen Begünstigung geschiedener und nicht geschiedener Ehegatten im Ergebnis kein Unterschied besteht. Für die dem in aufrechter Ehe lebenden Ehegatten aus der Gewährung des Unterhalts an seine Gattin erwachsenden Belastungen besteht nämlich nicht die jede weitere diesbezügliche Prüfung von vornherein ausschließende Vermutung der Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit. Der Umstand, daß die unwiderlegliche Rechtsvermutung das Vorliegen dieser Voraussetzung in anderen Fällen nicht ausschließt, beseitigt nicht die durch die Rechtsvermutung verursachte verschiedene Ausgangslage. Es trifft also auch in diesem Punkt das Vorbringen der Bundesregierung nicht zu.
Die durch die in Prüfung gezogene Rechtsvermutung entstandene Ausgangslage bewirkt, daß der an den geschiedenen Ehegatten geleistete gesetzliche Unterhalt - abgesehen von der Verminderung um die zumutbare Mehrbelastung nach § 34 Abs 4 und 5 EStG 1972 - zur Gänze als außergewöhnliche und zwangsläufig erwachsene Belastung vor Berechnung der Einkommensteuer vom Einkommen abgezogen wird, und zwar seit der EStG-Nov. 1974 auch dann, wenn der den Unterhalt leistende Ehegatte nicht wieder verheiratet ist. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß das in der oben unter Pkt. 3 zitierten Vorjudikatur für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung herangezogene Hauptargument, wonach durch die Wiederverheiratung einer mit Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten belasteten Person infolge ihrer rechtlichen Verpflichtung eine doppelte Belastung mit Unterhaltsleistungen erwachse, was in anderen Fällen nicht zutreffe, auf die Rechtslage seit der EStG-Nov. 1974 in dieser Form nicht mehr anwendbar ist.
c) Es steht dem Steuergesetzgeber sicherlich frei, Begünstigungen wie etwa die im § 34 EStG 1972 enthaltenen zu schaffen, dies allerdings unter Berücksichtigung des aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebotes (vgl. VfSlg. 8037/1977, S 279).
Der VfGH hat gegen die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen das Bedenken geäußert, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise scheine die Lage des unterhaltsleistenden Ehegatten, der dem mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegattin den Unterhalt reicht, der jenes Unterhaltspflichtigen, welcher Unterhaltsleistungen an seinen geschiedenen Ehegatten erbringt, so weitgehend zu gleichen, daß eine unterschiedliche Behandlung in bezug auf eine außergewöhnliche Belastung nicht begründbar sei. Dieses Bedenken wurde im Gesetzesprüfungsverfahren nicht entkräftet: Selbst wenn man berücksichtigt, daß die wirtschaftliche Lage der Unterhaltsleistenden vor allem deshalb nicht völlig gleich ist, weil im Falle einer Scheidung in der Regel eine getrennte Haushalts- und Wirtschaftsführung stattfindet, besteht dennoch kein Unterschied derart, welcher es sachlich rechtfertigen würde, die mit der unwiderleglichen Rechtsvermutung verbundenen Vorteile nur den Geschiedenen zukommen zu lassen.
Die abgabenrechtlich unverhältnismäßige Begünstigung des geschiedenen im Vergleich zum nicht geschiedenen Ehegatten kann auch durch die Schaffung des Alleinverdiener-Absetzbetrages in der Höhe von derzeit 3.200,- S jährlich (§33 Abs 4 EStG 1972 idF BGBl. 571/1978) im Hinblick auf dessen Geringfügigkeit auch nicht annähernd ausgeglichen werden (vgl. in diesem Zusammenhang Schimetschek, "Probleme der steuerlichen Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung", Finanzjournal, April 1975, S 49 ff. sowie Hofstätter - Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, zu § 34 Abs 3 EStG 1972, TZ 6). Die Alleinverdienern zustehenden höheren Abzugsbeträge für Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1972 ändern daran schon deshalb nichts, weil den höheren Abzugsbeträgen auch höhere Verpflichtungen (Kosten der Krankenversicherung für zwei Personen, erhöhte Vorsorgepflicht für den Todesfall, höherer Bedarf an Wohnraum) gegenüberstehen.
Die Rechtsvermutung des § 34 Abs 3 letzter Satz EStG 1972 in den genannten Fassungen aus 1974 und aus 1978, welche im betrachteten Bereich des Einkommensteuerrechts, wie oben dargelegt, undifferenziert eine Besserstellung von geschiedenen Ehegatten bewirkt, verstößt also gegen das Sachlichkeitsgebot. Der Umstand, daß die Rechtsvermutung ohne jede weitere Differenzierung alle Geschiedenen erfaßt, hat ihre Verfassungswidrigkeit auch unter den Aspekten zur Folge, welche vom VwGH geltend gemacht wurden (Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Situation Geschiedener und getrennt lebender Verheirateter).
6. Die bekämpften bzw. in Prüfung gezogenen Bestimmungen des letzten Satzes des § 34 Abs 3 EStG 1972 in der Fassung der EStG-Nov. 1974, BGBl. 469 sowie in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 280/1978 sind daher wegen Verstoßes gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot als verfassungswidrig aufzuheben.
Eine Beschränkung der Aufhebung auf das Wort "geschiedene" kommt deshalb nicht in Betracht, weil die Grenzen der Aufhebung so gezogen werden müssen, daß der dann verbleibende Gesetzestext nicht einen völlig veränderten Inhalt erhält (vgl. VfSlg. 7331/1974, 8461/1978).
7. Die Aussprüche über die Setzung einer Frist für das Außerkrafttreten und über die Kundmachung der Aufhebung beruhen auf Art 140 Abs 5 B-VG. Der Ausspruch, wonach frühere Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, stützt sich auf Art 140 Abs 6 B-VG.
Fundstelle(n):
ZAAAE-27830