VfGH vom 04.12.2003, g6/03
Sammlungsnummer
17078
Leitsatz
Kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rechtsschutzsystem durch die im Altlastensanierungsgesetz normierte, nicht bescheidmäßig erfolgende Verständigung des Grundeigentümers über Eintragungen von Verdachtsflächen in den Altlastenatlas; Überprüfbarkeit der Gesetzmäßigkeit der Eintragung durch Bekämpfung der darauf gestützten Sanierungsbescheide; Aufhebung des als Verordnung zu qualifizierenden Altlastenatlasses zur Gänze mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt
Spruch
I. Der fünfte Satz des § 13 Abs 2 Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989, idF BGBl. Nr. 760/1992 ("Der Landeshauptmann hat jene Eigentümer, die zum Zeitpunkt der Eintragung Eigentümer der betroffenen Liegenschaften sind, von der Eintragung in den Altlastenatlas zu verständigen.") wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
II. 1. Der Altlastenatlas, geführt von der Umweltbundesamt GmbH, kundgemacht durch Gewährung der öffentlichen Einsicht beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und beim Amt der jeweiligen Landesregierung, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
3. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aussprüche unter II.1. und 2. im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B622/01 eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom anhängig, mit dem eine Berufung gegen eine gemäß § 13 Abs 2 fünfter Satz Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) an die Liegenschaftseigentümer ergangene, von diesen als Bescheid qualifizierte Mitteilung des Landeshauptmannes für Oberösterreich über die Eintragung zweier ihrer Grundstücke in den Altlastenatlas mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass diesem Schreiben die Bescheidqualität mangle.
Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom ein Gesetzes- und ein Verordnungsprüfungsverfahren ein: Vorläufig davon ausgehend, dass eine Eintragung in den Altlastenatlas als Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu qualifizieren sei, hegte er das Bedenken, dass diese nicht im Bundesgesetzblatt II kundgemachte Verordnung an einem Kundmachungsmangel leide und daher gesetzwidrig sei. Zum anderen erachtete der Verfassungsgerichtshof vorläufig die im § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG vorgesehene - bloße - Verständigung des Eigentümers einer Liegenschaft, die als sicherungs- bzw. sanierungsbedürftige Verdachtsfläche im Altlastenatlas als Altlast eingetragen und ausgewiesen wird, als mit dem Rechtsschutzkonzept der österreichischen Bundesverfassung für nicht vereinbar.
1. a) Der III. Abschnitt des ALSAG trifft Regelungen über die "Erfassung, Abschätzung und Bewertung" von so genannten Altlasten, worunter gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs 1 erster Satz leg.cit. "Altablagerungen und Altstandorte sowie durch diese kontaminierte Böden und Grundwasserkörper" zu verstehen sind, "von denen - nach den Ergebnissen einer Gefährdungsabschätzung - erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen".
Zu diesem Zweck sind gemäß § 13 Abs 1 ALSAG die Landeshauptleute verpflichtet, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft so genannte Verdachtsflächen (worunter gemäß § 2 Abs 11 leg.cit. "abgrenzbare Bereiche von Altablagerungen und Altstandorten, von denen auf Grund früherer Nutzungsformen erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen können", zu verstehen sind) bekannt zu geben (Satz 1). Dieser wiederum hat zur Erfassung von Altlasten die bundesweite Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Verdachtsflächen im Zusammenwirken mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu koordinieren und - soweit erforderlich und finanziell bedeckt - ergänzende Untersuchungen durch den Landeshauptmann zu veranlassen (Satz 2). Die so gewonnenen Daten und Kenntnisse sind an die Umweltbundesamt GmbH (vgl. § 5 UmweltkontrollG, BGBl. I 152/1998) zu übermitteln, durch diese zu verwerten und in einem "Verdachtsflächenkataster" zu führen (Satz 3).
§ 13 Abs 2 ALSAG idF BGBl. 760/1992 bestimmt sodann (der in Prüfung stehende Satz ist hervorgehoben):
"(2) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] hat zur Erfassung von Altlasten alle Maßnahmen zur Abschätzung des Gefährdungspotentials der erfaßten Verdachtsflächen zu koordinieren. Die auf Grund der Gefährdungsabschätzung festgestellten sicherungs- bzw. sanierungsbedürftigen Verdachtsflächen sind in einem Altlastenatlas (§11 Abs 2 Z 2) als Altlasten auszuweisen, der vom Umweltbundesamt [nunmehr:
Umweltbundesamt GmbH] zu führen ist. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] hat den Landeshauptmann von der beabsichtigten Eintragung der festgestellten Altlasten zu verständigen. Die Eintragung von Altlasten in den Altlastenatlas erfolgt durch das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] nach Ablauf einer Woche, gerechnet ab dem Genehmigungsdatum der Mitteilung. Der Landeshauptmann hat jene Eigentümer, die zum Zeitpunkt der Eintragung Eigentümer der betroffenen Liegenschaften sind, von der Eintragung in den Altlastenatlas zu verständigen. In den Altlastenatlas ist beim Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr:
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] und beim Amt der jeweiligen Landesregierung während der Amtsstunden öffentliche Einsicht zu gewähren."
Ausgehend vom Ergebnis der Gefährdungsabschätzung erfolgt nach der Dringlichkeit der Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen und nach Anhörung der Landeshauptleute zum Zweck einer Prioritätenklassifizierung die Einstufung der Altlasten in eine mehrstufige Klasseneinteilung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (näher § 14).
Der IV., mit "Durchführung der Altlastensanierung" überschriebene Abschnitt des ALSAG enthält Regelungen über Duldungspflichten insbesondere der Liegenschaftseigentümer (§16), Zwangsrechte und Behördenzuständigkeit (§17), Sanierungsmaßnahmen durch den Bund (§18) und Entschädigungen (§19).
§ 17 ALSAG (idF vor der erst mit in Kraft tretenden Änderung durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71) lautet:
"(1) Der Landeshauptmann ist zuständige Behörde zur Entscheidung über die zur Sicherung oder Sanierung von Altlasten nach den §§21a, 30 bis 35 und 138 Wasserrechtsgesetz 1959, in der jeweils geltenden Fassung, §§79, 79a und 83 Gewerbeordnung 1973, in der jeweils geltenden Fassung [nunmehr: GewO 1994], sowie gemäß des § 32 Abfallwirtschaftsgesetz, in der jeweils geltenden Fassung [seit In-Kraft-Treten des AWG 2002 §§73 und 74], notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist in Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft [erg. nunmehr: Umwelt und Wasserwirtschaft], in Verfahren nach der Gewerbeordnung der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten [nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit] und in Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft].
(2) Die Zuständigkeitskonzentration beim Landeshauptmann tritt mit der Eintragung der festgestellten Altlast in den Altlastenatlas beim Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie [nunmehr: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft] (§13 Abs 2) ein.
(3) Die mündliche Verhandlung in den Verfahren nach den in Abs 1 genannten Rechtsvorschriften sowie nach Abs 3 [gemeint wohl:
Abs4] ist nach Möglichkeit unter einem durchzuführen.
(4) Kann die Sicherung oder Sanierung nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften nicht oder nicht in jenem Umfang angeordnet werden, daß dadurch die von der Altlast für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehenden Gefahren insbesondere für Boden, Gewässer und Luft abgewendet werden können, so hat der Landeshauptmann die betroffenen Liegenschaftseigentümer sowie die an deren Liegenschaft dinglich oder obligatorisch Berechtigten zu verpflichten, die notwendigen Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen zu dulden. Hiebei ist in bestehende Rechte nicht im größeren Umfang einzugreifen, als dies zur Durchführung der Sicherung oder Sanierung erforderlich ist. Für das Verfahren ist § 16 sinngemäß anzuwenden.
(5) Parteien im Verwaltungsverfahren sind die betroffenen Liegenschaftseigentümer und die an deren Liegenschaften dinglich oder obligatorisch Berechtigten, die betroffenen Wassernutzungsberechtigten sowie der Bund als Träger von Privatrechten (§18 Abs 1) und die betroffenen Gemeinden."
Die Eintragung einer Altlast in den Altlastenatlas, von der der Landeshauptmann schriftlich vom Bundesminister verständigt wird und die nach Ablauf einer Woche, gerechnet ab dem Genehmigungsdatum dieser Mitteilung an den Landeshauptmann erfolgt (§13 Abs 2), bewirkt also die Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Erteilung von Beseitigungs- und Behandlungsaufträgen sowie von nachträglichen Auflagen als Sanierungsmaßnahmen.
b) Im (über Internet abgerufenen) Altlastenatlas finden sich unter "Altlast O 46 Deponie Piesslinger" neben einer Übersichtskarte Angaben über Lage und Art der Altlast, Art der Ablagerungen, Volumen, Ablagerungszeitraum, Schadstoffe, gefährdete Schutzgüter und Prioritätenklasse in Tabellenform und eine Zusammenfassung; im Anschluss daran wird die Altlast näher beschrieben und eine Gefährdungsabschätzung vorgenommen. Diese endet mit den Sätzen:
"Die vorliegenden Unterlagen und Untersuchungsergebnisse zeigen, dass im Bereich der Altablagerung 'Deponie Piesslinger' ca. 4.000 m³ Industrieabfälle abgelagert wurden, welche eine lokale Beeinträchtigung der Grundwasserqualität verursachen. Die Altablagerung stellt daher eine erhebliche Gefährdung für die Umwelt dar und ist als Altlast im Sinne des ALSAG zu bewerten."
In der dem Verfassungsgerichtshof über ausdrückliche Anfrage übermittelten Fassung des die "Deponie Piesslinger" betreffenden rechtsverbindlichen Textes fehlt der letzte Satz.
Abschließend finden sich Ausführungen zur Prioritätenklassifizierung.
2. a) In seinem Prüfungsbeschluss ging der Verfassungsgerichtshof vorläufig von der Zulässigkeit der Beschwerde aus und nahm an, dass er zur Beantwortung der Rechtsfrage, ob die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde mangels Vorliegens eines anfechtbaren erstinstanzlichen Bescheides rechtens erfolgte, den oben wiedergegebenen fünften Satz des § 13 Abs 2 ALSAG anzuwenden hat.
b) Der Gerichtshof nahm ferner vorläufig an, dass der Ausweis sicherungs- bzw. sanierungsbedürftiger Verdachtsflächen als Altlasten in einem "Altlastenatlas" als Verordnung im Sinne des Art 139 Abs 1 B-VG zu qualifizieren sein und die Eintragung der Altlast "O 46 Deponie Piesslinger" in den Altlastenatlas daher eine Änderung bzw. Ergänzung der betreffenden Verordnung über den Altlastenatlas darstellen dürfte sowie dass er bei Überprüfung des angefochtenen Bescheides auch die angeführte Eintragung in den Altlastenatlas anzuwenden hat.
3. Sowohl die Bundesregierung als auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstatteten eine Äußerung. Der Bundesminister legte auf die Einlage O 46 Deponie Piesslinger des Altlastenatlasses bezogene Akten(teile) vor.
a) Die Bundesregierung bestreitet zunächst die Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens mit dem Argument, dass die Entscheidung des Bundesministers einen verfahrensrechtlichen Bescheid darstelle, der seine Grundlage in den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 habe und über die sich aus diesen Bestimmungen ergebenden formellrechtlichen Rechtsverhältnisse abspreche; § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG sei von der Berufungsbehörde bei Erlassung des gemäß Art 144 B-VG bekämpften Bescheides nicht angewendet worden. Es mangle dieser Bestimmung daher an der Präjudizialität im verfassungsgerichtlichen Verfahren.
In der Sache selbst hält die Bundesregierung den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes Folgendes entgegen:
Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes seien wohl darauf zurückzuführen, dass der III. Abschnitt des ALSAG, der die "Erfassung, Abschätzung und Bewertung von Altlasten und Aufsuchen von Altlasten" regelt, nicht mit der gebotenen Klarheit vorzugeben scheine, durch welchen behördlichen Akt im Zuge des Aufsuchens von Altlasten ein normativer Eingriff in die Rechtssphäre der betroffenen Grundstückseigentümer erfolge.
Nach Ansicht der Bundesregierung stelle nicht die "Feststellung" einer Altlast einen normativen Verwaltungsakt dar, sondern die Eintragung einer Altlast in den Altlastenatlas:
"So tritt nach § 17 Abs 2 ALSAG erst mit der Eintragung der Altlast in den Altlastenatlas eine Zuständigkeitskonzentration gemäß § 17 Abs 1 für die Durchführung von Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen beim Landeshauptmann ein. ... Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dabei allein die Eintragung in den Altlastenatlas Voraussetzung für Maßnahmen nach § 17 ALSAG (vgl. etwa ).
...
Es ist somit die Eintragung von Altlasten in den Altlastenatlas, die rechtskonstitutiven Charakter hat. Diese, und nicht die Verständigung nach § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG stellt den außenwirksamen normativen Verwaltungsakt dar."
Was die Frage der Zuordnung der "Eintragung in den Altlastenatlas" zu einer bestimmten Art von Rechtsquelle - Verordnung oder Bescheid - betreffe, so komme dem Gesetzgeber grundsätzlich - innerhalb verfassungsrechtlicher Schranken - eine gewisse Beurteilungsprärogative zu:
"Die mit der Eintragung im Hinblick auf die Zuständigkeitsbegründung nach § 17 ALSAG verbundene erga-omnes-Wirkung spricht aber für eine Qualifizierung der Eintragung als Verordnung (in diesem Sinne bereits Raschauer, ÖZW 1991, 41 [44, Fn. 32]).
Für eine Qualifikation als Verordnung spricht weiters, dass im österreichischen Recht gebietsbezogene Regelungen wegen der für einen generell-abstrakten Personenkreis verbundenen Rechtswirkungen überwiegend mit Verordnung getroffen werden (vgl. etwa aus der Rechtsprechung zur Qualifikation als Verordnung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen, VfSlg. 12.926/1991, von Bodenmarkierungen, VwSlg. 12.524, einer Kundmachung des Bürgermeisters über die beabsichtigte Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein bestimmtes Gebiet, VfSlg. 14.045/1995).
...
Nach der Rechtsprechung der Verfassungsgerichtshofes sind die in Bezug auf die Rechtswirkungen dem Altlastenatlas durchaus vergleichbaren Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne - weil nicht an individuell bestimmte Adressaten gerichtet - generelle Normen und damit Verordnungen im Sinne des Art 139 B-VG. Auch Abänderungen solcher Pläne sind, selbst wenn sie nur ein Grundstück betreffen, Verordnungen. Ein Eingriff in individuelle Rechte vermag an diesem Rechtscharakter der genannten Pläne als Verordnungen nichts zu ändern (VfSlg. 7585/1975, 5794/1968, 8119/1977)."
Der Altlastenatlas stelle daher eine Verordnung, die Eintragung einer weiteren Altlast in den Altlastenatlas eine Novellierung dieser Verordnung dar, die Kundmachung erfolge durch Auflage nach § 13 Abs 2 letzter Satz ALSAG. Die Verständigung des Grundstückseigentümers nach § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG diene nach Ansicht der Bundesregierung ausschließlich der besonderen Information der betroffenen Grundstückseigentümer und hätte selbst keinerlei Rechtswirkungen:
"Die Bundesregierung vermag daher der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Mitteilung der Eintragung einer sicherungs- oder sanierungsbedürftigen Verdachtsfläche als Altlast in den Altlastenatlas eine behördliche Entscheidung darstelle, nicht zu folgen.
Es besteht aber entgegen der vom Verfassungsgerichtshof vertretenen vorläufigen Rechtsansicht auch kein Anlass für eine Gestaltung des Verfahrens nach § 13 ALSAG derart, dass die 'Verständigung' mit normativem Inhalt ausgestattet werde. Die Bundesregierung vertritt vielmehr die Ansicht, dass das Verfahren zum 'Aufsuchen von Altlasten' vor dem dargestellten Hintergrund keinesfalls dem Rechtsschutzkonzept der österreichischen Bundesverfassung widerspricht, da gegen die Eintragung in den Altlastenatlas, der nach Ansicht der Bundesregierung eine Verordnung darstellt, für die betroffenen Grundstückseigentümer umfassender Rechtsschutz nach Art 139 B-VG gewährleistet ist. ...
...
Die Verständigung jener Eigentümer, die zum Zeitpunkt der Eintragung Eigentümer der betroffenen Liegenschaften sind, von der Eintragung in den Altlastenatlas ist daher nicht als eine gesetzlich angeordnete Rechtsschutzverweigerung zu bezeichnen, sondern dient vielmehr der zusätzlichen und besonderen Information der Betroffenen von der Eintragung in den Altlastenatlas, sie ist als Serviceleistung, mit der den betroffenen Liegenschaftseigentümern der Inhalt einer Verordnung mitgeteilt wird, und nicht als Rechtsschutzverweigerung zu qualifizieren."
Die Bundesregierung beantragt sohin, das Gesetzesprüfungsverfahren einzustellen, in eventu auszusprechen, dass § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
b) aa) Auch der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vertritt die Ansicht, dass "die Eintragung festgestellter Altlasten in den Altlastenatlas als Verordnung im Sinne des Art 139 Abs 1 B-VG zu qualifizieren" ist, und verweist in diesem Zusammenhang auf die Äußerung der Bundesregierung.
Die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung dieser Verordnung verteidigt er wie folgt:
Nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde stellt die Vorschrift des § 13 Abs 2 letzter Satz ALSAG ("In den Altlastenatlas ist beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und beim Amt der jeweiligen Landesregierung während der Amtsstunden öffentliche Einsicht zu gewähren.") eine besondere materiengesetzliche Kundmachungsform dar und hat die Auflage zur öffentlichen Einsicht nicht eine Kundmachung zur Voraussetzung, sondern ist die Kundmachungsform selbst, was vom Bundesminister unter Hinweis auf andere gesetzliche Vorschriften, die die Auflage zur öffentlichen Einsicht als Kundmachungsform für Verordnungen vorsehen, "die nur für einen eingeschränkten Personenkreis" Wirkung besitzen sollen, zu belegen versucht wird. Ferner führt der Bundesminister aus:
"Wenn also das Altlastensanierungsgesetz via Kundmachung im Bundesgesetzblatt I verlautbart, dass der Inhalt des Altlastenatlasses nicht im Bundesgesetzblatt sondern beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft oder bei den Ämtern der Landesregierungen durch Einsichtnahme in den Altlastenatlas zu erfahren ist, so ist durch eine solche Regelung weder die Annahme nahegelegt, dass die Auflage einer Altlastenatlasänderung kein Kundmachungsvorgang ist, noch dass ein solcher Kundmachungsvorgang mit einem für den Normadressaten relevanten Publizitätsnachteil verbunden ist. Die Normadressaten hätten keinen Publizitätsvorteil, wenn auf eine Änderung des Altlastenatlasses durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt II, dass eine Änderung des Altlastenatlasses erfolgt, hingewiesen wird. Sie müssten bei jeder Änderung des Altlastenatlasses Einsicht nehmen, um festzustellen, ob und in welcher Form ihre Liegenschaft betroffen ist. Die gleiche Information kann durch eine regelmäßige Einsichtnahme in den Altlastenatlas erhalten werden.
Durch die Praxis, den Inhalt des Altlastenatlasses auch unter der Internetadresse www.ubavie.gv.at zur Abfrage bereitzustellen, wird der Zugang zum Recht überdies noch umfassender ermöglicht."
Abschließend beantragt der Bundesminister, die in Prüfung gezogene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben; für den Fall der Aufhebung möge für deren In-Kraft-Treten eine Frist von 18 Monaten bestimmt werden.
bb) In einer weiteren Äußerung bezeichnete der Bundesminister über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes, den genauen, rechtsverbindlichen Verordnungstext in Bezug auf die Altlast "Deponie Piesslinger" bekannt zu geben, diesen wie folgt:
Altlastenatlas/Umweltbundesamt Deponie Piesslinger (Blatt 1)
Bundesland : Oberösterreich
Bezirk : Kirchdorf an der Krems
Gemeinde : Molln
Katastralgemeinde : Außerbreitenau
Grundstücksnr. : 1003, 1004/5
Bezeichnung : Deponie Piesslinger
Altlasten-Nr. : 5331-100/002
Art der Altlast : Altablagerung
Eintrag in den
Altlastenatlas : 23-10-00
Prioritätenklasse : 3 festgelegt am: 28-08-01
letztmalige Aktualisierung im Altlastenatlas: 01-09-01
Die Frage des Verfassungsgerichtshofes, auf welche Art die Änderung des Altlastenatlasses erfolge, wenn eine Altlast saniert, also nicht mehr Altlast iSd AlSAG ist, beantwortete der Bundesminister dahin, dass Altlasten, bei denen die erforderlichen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen sind, im Altlastenatlas als "gesichert" oder "saniert" gekennzeichnet werden (§14 Abs 2 ALSAG).
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
a) Die Bundesregierung bestreitet in ihrer Äußerung die Präjudizialität der in Prüfung genommenen Vorschrift des § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG im Wesentlichen mit dem Argument, dass es sich bei dem vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handle, der seine Rechtsgrundlage im AVG, nicht aber in der in Prüfung gezogenen Bestimmung des ALSAG finde.
Sie übersieht dabei aber, dass die Frage, ob eine Erledigung wie die des Landeshauptmannes, die nicht den für Bescheide geltenden Formerfordernissen (§§58 ff. AVG) entspricht, inhaltlich als Bescheid zu werten ist, vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage zu beurteilen ist (vgl. VfSlg. 10.270/1984, 10.368/1985, 12.753/1991). Der Verfassungsgerichtshof hat daher bei Beantwortung der Rechtsfrage, ob die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde mangels Vorliegens eines anfechtbaren erstinstanzlichen Bescheides rechtens erfolgte, § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG anzuwenden, eine Bestimmung, die ihrerseits die Frage nach der Rechtsqualität des Altlastenatlasses aufwirft, sodass auch dessen normativer Charakter im vorliegenden Verfahren präjudiziell ist [vgl. sogleich b)].
Da sohin die in Prüfung genommene Gesetzesstelle präjudiziell iSd Art 140 Abs 1 B-VG ist und im Übrigen nichts hervorgekommen ist, was an der Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens zweifeln ließe, ist dieses zulässig.
b) Auch das Verordnungsprüfungsverfahren ist hinsichtlich der Eintragung der Einlage "O 46 Deponie Piesslinger" in den Altlastenatlas, datiert vom (also nach Ablauf einer Woche, gerechnet ab dem Datum der entsprechenden Mitteilung an den Landeshauptmann von Oberösterreich vom , Z 33 3600/18-III/3-U/00) zulässig.
Der Bundesminister ist der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass es sich beim Altlastenatlas um eine Verordnung handle, nicht nur nicht entgegengetreten, sondern teilt diese Auffassung ausdrücklich. Auch die Bundesregierung geht in ihrer Äußerung im Gesetzesprüfungsverfahren von der Verordnungsqualität des Altlastenatlasses aus.
Mag auch die Einrichtung und Führung des Altlastenatlasses gemäß § 13 Abs 2 zweiter Satz ALSAG iVm § 6 Abs 2 Z 22 UmweltkontrollG, BGBl. I 152/1998, der Umweltbundesamt GmbH obliegen, so bildet die Eintragung festgestellter Altlasten in den Altlastenatlas, die durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erfolgt, dennoch die eigentliche verwaltungsbehördliche Emanation. Ihr kommt in mehrfacher Hinsicht rechtsbegründender bzw. -verändernder Charakter zu, mögen auch die Erläuterungen zur RV zum ALSAG (898 BlgNR 17. GP) den Verordnungscharakter des Altlastenatlasses verkennen (vgl. S. 11, wo die im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen nach § 13 ALSAG der Privatwirtschaftsverwaltung zugeschrieben werden, und S. 14, wo ausdrücklich festgehalten wird, "daß die Prioritätenliste", die zweifellos Teil des Altlastenatlasses ist, "nicht als Verordnung zu qualifizieren ist".)
Entscheidend für den Rechtscharakter des Altlastenatlasses ist jedoch, dass die Eintragung einer festgestellten Altlast in den Altlastenatlas gemäß § 17 Abs 2 ALSAG eine Zuständigkeitskonzentration für (in § 17 Abs 1 ALSAG näher umschriebene) Maßnahmen wasserrechtlicher, gewerberechtlicher und abfallwirtschaftsrechtlicher Art zur Sicherung oder Sanierung der festgestellten und in den Atlas eingetragenen Altlasten beim Landeshauptmann begründet. Dass aber zuständigkeitsbegründende Rechtsnormen der Verwaltung Verordnungsqualität besitzen, hat der Verfassungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen (VfSlg. 13.578/1993, 14.985/1997 mwH). Auch in der Literatur [Raschauer, Sanierung kontaminierter Industriestandorte, ÖZW 1991, 41 (44 FN 32)] wird in Anbetracht dieser erga omnes wirkenden zuständigkeitsrechtlichen Regelung angenommen, "daß der Eintragung in den Altlastenatlas die Bedeutung einer Kundmachung einer Verordnung zukommt". Im Übrigen wird aus der durch die Eintragung einer Altlast in den Altlastenatlas bewirkten Zuständigkeitskonzentration hinsichtlich der Erteilung von Beseitigungsaufträgen, Behandlungsaufträgen sowie nachträglichen Auflagen abgeleitet, dass sich der Handlungsbedarf der Behörden bis zum Zeitpunkt der Eintragung "aus den Materiengesetzen, danach nach diesem Gesetz" (d.i. das ALSAG) ergibt und es "[a]b dem Zeitpunkt der Eintragung einer Altlast ... zu einer Änderung der Parteienstellung" gemäß § 17 Abs 5 ALSAG kommt [Wolfslehner, in: List (Hrsg.), Abfall-Abwasser-Luft, Bd. 3, Abschn. 8, Kap. 8/3.19, S. 2 f.]. Nicht zuletzt bewirkt die Eintragung in den Altlastenatlas, dass bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gemäß § 3 Abs 2 Z 1 litb ALSAG eine Beitragsbefreiung eintritt und gemäß den Bestimmungen des Umweltförderungsgesetzes Förderungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden können.
Im Hinblick auf die geschilderten Rechtswirkungen bildet die Aufnahme einer festgestellten Altlast in den Altlastenatlas eine generelle (weil für jeden Nutzungsberechtigten bzw. -willigen einer als Altlast eingetragenen Liegenschaft geltende) Rechtsnorm, die von einer Verwaltungsbehörde, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, durch Eintragung erlassen wird. Als von einer Verwaltungsbehörde erlassene generelle Rechtsnorm ist jede Eintragung in den Altlastenatlas und somit auch dieser insgesamt als Verordnung im Sinne des Art 139 Abs 1 B-VG zu qualifizieren.
Es trifft auch zu, dass diese Verordnung eine Voraussetzung für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im Anlassverfahren bildet, weil sie für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der in Beschwerde gezogenen Zurückweisung der Berufung gegen die Verständigung des Landeshauptmannes ebenso wie für das Verständnis des § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG bestimmend ist.
2. In der Sache:
a) Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass durch die - bloße - Verständigung des Eigentümers einer Liegenschaft, die als Verdachtsfläche im Altlastenatlas eingetragen wurde, der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz des Eigentümers unterlaufen wird, wurde im Verfahren hinlänglich entkräftet. Dem verfassungsrechtlich in den Art 129 ff. B-VG geregelten Rechtsschutzsystem genügt es, wenn die rechtsverbindliche Festlegung durch Eintragung der Altlast in den Altlastenatlas überhaupt zum Gegenstand eines Verfahrens vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gemacht werden kann. Es ist nicht erforderlich, dass die Eintragungen in den Altlastenatlas oder die Verständigung über die Eintragung vom Gesetzgeber in Gestalt eines anfechtbaren Bescheides vorgesehen werden. Vielmehr genügt es, wenn der Gesetzgeber den Altlastenatlas als Verordnung und die einzelnen Eintragungen in den Altlastenatlas als Ergänzung (Novellierung) der betreffenden Verordnung bewerten lässt, wie oben unter Pkt. II.1.b) dargetan wurde. Denn für die durch Verordnung in den Altlastenatlas eingetragenen Altlasten ist gemäß § 17 ALSAG der Landeshauptmann kraft Zuständigkeitskonzentration die allein zuständige Behörde zur Durchführung der zur Sicherung oder Sanierung von Altlasten nach WRG 1959, GewO 1994 und AWG 2002 notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Da diese Sanierungsmaßnahmen durch Bescheid vorzuschreiben sind, bildet die Verordnung, mit der die Eintragung in den Altlastenatlas vorgenommen wird, eine Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit des Landeshauptmannes gemäß § 17 Abs 2 ALSAG. Im Zuge von Beschwerden gegen die bescheidmäßige Vorschreibung dieser Sanierungsmaßnahmen hängt deren Rechtmäßigkeit einschließlich der konzentrierten Zuständigkeit des Landeshauptmannes in erster Instanz von der Gesetzmäßigkeit der Verordnung über die Eintragung einer Altlast in den Altlastenatlas ab. Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Eintragung einer Altlast in den Altlastenatlas kann sohin jedenfalls auf dem Rechtsweg über die Bekämpfung der darauf gestützten Sanierungsbescheide an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 1 B-VG mit der Behauptung herangetragen werden, dass die von der Sanierungsmaßnahme betroffenen Grundeigentümer in ihren Rechten durch die - vermeintlich - gesetzwidrige Eintragungsverordnung verletzt wurden.
Dass die zur Information der Grundeigentümer gesetzlich vorgesehene Verständigung der Liegenschaftseigentümer über die Eintragung einer auf ihren Grundstücken befindlichen Altlast in den Altlastenatlas unmittelbar nicht bekämpfbar ist, verschlägt demgegenüber nichts.
Der Bundesregierung ist somit Recht zu geben, wenn sie die durch § 13 Abs 2 fünfter Satz ALSAG angeordnete Verpflichtung zur Verständigung jener Liegenschaftseigentümer, auf deren Liegenschaft eine Altlast festgestellt und in den Altlastenatlas eingetragen wurde, nicht als Rechtsschutzverweigerung sieht, sondern vielmehr als zusätzliche und besondere Information Betroffener, mit der diesen der Inhalt einer Verordnung über deren Publikation hinaus mitgeteilt wird.
Der Verfassungsgerichtshof hatte daher auszusprechen, dass '13 Abs 3 fünfter Satz ALSAG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
b) Umso größere Bedeutung kommt angesichts der oben unter a) begründeten Feststellung, dass weder die Eintragung einer Altlast in den Altlastenatlas noch die Verständigung der Grundeigentümer von der Eintragung anfechtbare Bescheide sind oder als solche von Verfassungs wegen erlassen werden müssen, der rechtsstaatlich gebotenen Kundmachung der Verordnung über die Eintragung festgestellter Altlasten im Altlastenatlas zu. Dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann daher auch nicht gefolgt werden, wenn er die Verpflichtung nach § 13 Abs 2 letzter Satz ALSAG, bei seinem Bundesministerium und beim Amt der jeweiligen Landesregierung (also bei zwei Verwaltungsdienststellen) "öffentliche Einsicht zu gewähren" und damit die gesetzlich garantierte Möglichkeit, Einsicht zu nehmen, als spezielle, gesetzlich für den Altlastenatlas vorgesehene Kundmachungsform verstanden wissen will. So erreicht die Verständigung keineswegs den gesamten - mit Rücksicht auf die Verordnungsqualität der Eintragung in den Altlastenatlas notwendig unbestimmten - Kreis an Adressaten, der ja weit über die Grundeigentümer hinausgeht. Keinesfalls kann auch die Möglichkeit zur öffentlichen Einsicht bei den genannten Ämtern die aktive Kundmachungsverpflichtung des eine Verordnung erlassenden Organs, d. i. hier der zuständige Bundesminister, ersetzen. Dass die in der Vorschrift des § 13 Abs 2 letzter Satz ALSAG begründete Verpflichtung zur Gewährung öffentlicher Einsicht in den Altlastenatlas keine Kundmachung durch den Bundesminister als verordnungserlassende Behörde ersetzen sollte, beweist auch der Umstand, dass - der Regierungsvorlage folgend [s. oben Pkt. II.1.b)] - der Altlastenatlas ursprünglich im Zuge des Gesetzgebungsprozesses nicht als Verordnung gesehen wurde, sodass auch die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung, öffentliche Einsicht zu gewähren, von vornherein nicht als Kundmachungsersatz gedacht war. Im Übrigen fehlt der gesetzlichen Verpflichtung, "öffentliche Einsicht zu gewähren", die jeder Kundmachung eigene, wegen der daraus abzuleitenden Rechtsverbindlichkeit notwendige, strikte Festlegung des Beginns des zeitlichen Geltungsbereiches der kundgemachten Norm. Daher genügt die gesetzlich vorgesehene Gewährung öffentlicher Einsicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an den Kundmachungsvorgang nicht.
Gemäß § 2 Abs 2 Z 2 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1996 (BGBlG), BGBl. 660/1996 (in der zum Zeitpunkt der Eintragung der betreffenden Altlast in den Altlastenatlas, sohin am , geltenden Fassung BGBl. I 158/1998), sind Verordnungen der Bundesminister im Bundesgesetzblatt II zu verlautbaren. Da die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vorgenommene Eintragung der Altlast "O 46 Deponie Piesslinger" in den Altlastenatlas, wie oben begründet, eine Verordnung bildet, ist die Eintragung durch Verlautbarung im Bundesgesetzblatt II kundzumachen. Mangels einer derartigen Verlautbarung leidet die betreffende Eintragung in den Altlastenatlas an einem Kundmachungsmangel; sie ist daher gesetzwidrig.
Da der Kundmachungsmangel nicht auf die Einlage "Deponie Piesslinger" allein beschränkt ist, sondern den gesamten Altlastenatlas belastet, hat der Verfassungsgerichtshof diesen gemäß Art 139 Abs 3 litc B-VG zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben, zumal Umstände, die der gänzlichen Aufhebung im Sinne des Art 139 Abs 3 letzter Satz entgegenstünden, im Verfahren nicht hervorgekommen sind (s. zB VfSlg. 15.189/1998).
Der Anregung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, für das Außer-Kraft-Treten der Verordnung über den Altlastenatlas eine Frist zu setzen, war mit Rücksicht auf die Bedeutung einer vorläufigen Fortgeltung jener Verordnung Rechnung zu tragen. Die in Art 139 Abs 5 B-VG vorgesehene Frist von sechs Monaten schien dem Verfassungsgerichtshof für eine korrekte Kundmachung jener Verordnung ausreichend.
Die Verpflichtung des Bundesministers zur Kundmachung der auf den Altlastenatlas Bezug habenden Aussprüche stützt sich auf Art 139 Abs 5 B-VG und § 2 Abs 2 Z 4 BGBlG 1996.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.