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VfGH vom 23.02.2016, G589/2015 ua

VfGH vom 23.02.2016, G589/2015 ua

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des BFA-VerfahrensG in der Fassung des FremdenrechtsänderungsG 2015 über die verkürzte Frist für Beschwerden gegen die Zu- oder Aberkennung von Asyl und subsidiärem Schutz beim Bundesverwaltungsgericht mangels Erforderlichkeit einer vom VwGVG abweichenden Regelung

Spruch

I. In § 16 Abs 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA Verfahrensgesetz – BFA VG), BGBl I Nr 87/2012, in der Fassung BGBl I Nr 70/2015, wird der Ausdruck "1," als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

III. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

V. Der zu G9/2016 protokollierte Hauptantrag wird im Übrigen zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG gestützten Anträgen, protokolliert zu G589/2015 und G653/2015, begehrt das Bundesverwaltungsgericht jeweils, in § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I 87/2012, idF BGBl I 70/2015, den Ausdruck "1," (mit dem auf § 3 Abs 2 Z 1 BFA VG verwiesen wird) als verfassungswidrig aufzuheben.

Eventualiter wird die Aufhebung des gesamten § 16 Abs 1 BFA VG, idF BGBl I 70/2015, begehrt.

2. Mit dem ebenfalls auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG gestützten, zu G9/2016 protokollierten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I 87/2012 idF BGBl I 70/2015, als verfassungswidrig aufzuheben.

Eventualiter wird die Aufhebung von § 16 Abs 1 1. Satz BFA VG, in einem weiteren Eventualantrag die Aufhebung des Ausdrucks "1," in § 16 Abs 1 BFA VG begehrt.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Art 136 Abs 2 B VG lautet:

"Artikel 136. […]

(2) Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen wird durch ein besonderes Bundesgesetz einheitlich geregelt. Der Bund hat den Ländern Gelegenheit zu geben, an der Vorbereitung solcher Gesetzesvorhaben mitzuwirken. Durch Bundes- oder Landesgesetz können Regelungen über das Verfahren der Verwaltungsgerichte getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind oder soweit das im ersten Satz genannte besondere Bundesgesetz dazu ermächtigt.

[…]"

2. § 7 Abs 4 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I 33/2013, lautet auszugsweise:

"Beschwerderecht und Beschwerdefrist

§7. […]

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG, gegen Weisungen gemäß Art 130 Abs 1 Z 4 B VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 B VG beträgt vier Wochen. […]"

3. Die §§3 und 16 Abs 1 BFA VG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl I 70/2015 lauten auszugsweise (der angefochtene Ausdruck bzw. § 16 Abs 1 BFA-VG sind hervorgehoben):

"2. Hauptstück

Zuständigkeiten

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

§3. (1) Behörde im Inland nach diesem Bundesgesetz ist das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit.

(2) Dem Bundesamt obliegt

1. die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005,

2. die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005,

3. die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück des FPG,

4. die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG,

5. die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

6. die Vorschreibung von Kosten gemäß § 53 und

7. die Führung von Verfahren nach dem Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 (GVG B 2005), BGBl Nr 405/1991, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren.

[…]

5. Hauptstück

Beschwerdeverfahren

Beschwerdefrist und Wirkung von Beschwerden

§16. (1) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes beträgt in den Fällen des § 3 Abs 2 Z 1, 2, 4 und 7 zwei Wochen, sofern nichts anderes bestimmt ist. § 7 Abs 4 erster Satz Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VerwaltungsgerichtsverfahrensgesetzVwGVG), BGBl I Nr 33/2013 ist, sofern es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, diesfalls nicht anwendbar. "

4. § 8 Asylgesetz 2005, BGBl I 100 idF BGBl I 68/2013, lautet auszugsweise:

"Status des subsidiär Schutzberechtigten

§8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11) offen steht.

[…]

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

[…]"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den drei Anträgen liegen beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Beschwerdeverfahren syrischer Staatsangehöriger gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zugrunde. Mit diesen Bescheiden wurde jeweils der Antrag auf Zuerkennung von internationalem Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung von Asyl abgewiesen (Spruchpunkt I.), jedoch subsidiärer Schutz zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.). Die Beschwerden richten sich in allen Fällen nur gegen den jeweiligen Spruchpunkt I.

Im ersten Fall (G 589/2015) stammt der angefochtene Bescheid vom , die Zustellung erfolgte am , die Beschwerde wurde am eingebracht. Im zweiten Fall (G 653/2015) trägt der angefochtene Bescheid das Datum , dieser wurde am zugestellt. Die Beschwerdeeinbringung erfolgte am . Im dritten Fall (G 9/2016) stammt der angefochtene Bescheid vom und wurde dem Beschwerdeführer am durch persönliche Ausfolgung zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde am eingebracht.

2. Das Bundesverwaltungsgericht legt seine Bedenken wie folgt dar:

"Verstoß gegen Art 136 Abs 2 B VG

[…] 1. Gemäß § 3 Abs 2 BFA VG obliegt dem BFA die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem AsylG 2005 (Z1), die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß dem AsylG 2005 (Z2), die Anordnung der Abschiebung, die Feststellung der Duldung und die Vollstreckung von Rückführungsentscheidungen von EWR-Staaten gemäß dem 7. Hauptstück des FPG (Z3), die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG (Z4), die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG (Z5), die Vorschreibung von Kosten gemäß § 53 (Z6) und die Führung von Verfahren nach dem Grundversorgungsgesetz — Bund 2005 (GVG B 2005), BGBl Nr 405/1991, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren (Z7).

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 BFA VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art 132 Abs 1 Z 1 B VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 32 Abs 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Gemäß § 33 Abs 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des ZustG zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postenlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 16 Abs 1 BFA VG (in der Fassung BGBl I Nr 70/2015) beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA in den Fällen des § 3 Abs 2 Z 1, 2, 4 und 7 BFA VG zwei Wochen, sofern nichts anderes bestimmt ist. § 7 Abs 4 erster Satz VwGVG ist, sofern es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, diesfalls nicht anwendbar.

[…] 2. § 16 Abs 1 BFA VG in der Fassung BGBl I Nr 70/2015 trat am in Kraft. Die Vorgängerbestimmung des nunmehr geltenden und verfahrensgegenständlichen § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I Nr 70/2015, war § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I Nr 68/2013, welcher mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G171/2015 ua., als verfassungswidrig aufgehoben wurde, weil die in dieser Bestimmung vorgesehene Verkürzung der allgemeinen Beschwerdefrist des § 7 Abs 4 VwGVG gegen einen Bescheid des BFA auf zwei Wochen (abgesehen von Beschwerden unbegleiteter Minderjähriger) zur Regelung der vom BFA VG erfassten Gegenstände (vgl. § 3 Abs 2 BFA VG) nicht erforderlich iSd Art 136 Abs 2 B VG war. § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I Nr 68/2013, trat am außer Kraft.

Der nunmehr geltende und verfahrensgegenständliche § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I Nr 70/2015, fand auf Grund eines Abänderungsantrages (AA 82 25. GP) zur Regierungsvorlage (RV 582 BIgNR 25. GP bzw. zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten, AB 610 BIgNR 25. GP) für ein Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 — FrÄG 2015 Verankerung im BFA VG.

[…] 3. Das Bundesverwaltungsgericht hegt das Bedenken, dass § 16 Abs 1 BFA VG, BGBl I Nr 70/2015, gegen Art 136 Abs 2 B VG verstößt.

Art136 Abs 2 B VG ordnet die einheitliche Regelung des Verfahrens der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Verwaltungsgerichts des Bundes für Finanzen) in einem besonderen Bundesgesetz an. Davon abweichende verfahrensrechtliche Regelungen können durch Bundes- oder Landesgesetz nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind oder soweit das im ersten Satz genannte besondere Bundesgesetz dazu ermächtigt.

Das VwGVG — das Bundesgesetz, welches im Sinne des Art 136 Abs 2 erster Satz B VG die einheitliche Regelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens enthält — legt in seinem § 7 Abs 4 die Beschwerdefrist mit vier Wochen fest. § 16 Abs 1 BFA VG verkürzt diese Frist für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen Bescheide des BFA in den Fällen des § 3 Abs 2 Z 1, 2, 4 und 7 BFA VG — abgesehen von Beschwerden unbegleiteter Minderjähriger — auf zwei Wochen.

Das bedeutet, dass im verfahrensgegenständlichen Beschwerdeverfahren, in welchem der Beschwerdeführer seine Beschwerde lediglich dagegen richtet, dass ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt worden ist, ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum erteilt wurde, auch die zweiwöchige Beschwerdefrist maßgeblich ist.

Eine Ermächtigung zur Festlegung einer abweichenden Beschwerdefrist ist im VwGVG nicht enthalten. Daher wäre die Festlegung einer solchen abweichenden Frist nur zulässig, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , G148/2014, ausgesprochen, dass sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51 (RV 1618 BIgNR 24. GP), ergibt, dass das Kriterium für die Erforderlichkeit abweichender Bestimmungen nach Art 136 Abs 2 dritter Satz B VG jenem des Art 11 Abs 2 letzter Halbsatz B VG entspricht. Vom VwGVG abweichende Regelungen — so auch der angefochtene § 16 Abs 1 BFA VG — dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes 'unerlässlich' sind.

Eine solche Unerlässlichkeit vermag das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des § 16 Abs 1 BFA VG nicht zu erkennen. In der Begründung des entsprechenden Abänderungsantrags (AA 82 25. GP), welcher § 16 Abs 1 BFA VG in der derzeit geltenden Fassung in die Novelle BGBl I Nr 70/2015 einfließen ließ, heißt es dazu:

'Der VfGH leitete anlässlich eines Beschwerdeverfahrens gemäß Art 140 Abs 1 B VG amtswegig ein Gesetzesprüfungsverfahren (, ) zu der Frage ein, ob die bisher vorgesehene zweiwöchige Beschwerdefrist des § 16 Abs 1 aufgrund der Abweichung von der generellen vierwöchigen Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs 4 VwGVG verfassungskonform ist.

Die verkürzte Beschwerdefrist galt bisher für sämtliche Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes und sah nur eine Ausnahme für unbegleitete Minderjährige vor. Daher wird der VfGH insbesondere im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf eine wirksame Beschwerde (Art13 EMRK) und auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 BVG BGBl 390/1973) prüfen, ob Art 136 Abs 2 B VG verletzt sei. Art 136 Abs 2 B VG ordnet die einheitliche Regelung des Verfahrens der Verwaltungsgerichte in einem besonderen Bundesgesetz (VwGVG) an und sieht vor, dass Abweichungen nur dann zulässig sind, wenn das VwGVG hiezu ermächtigt oder dies zur Regelung des Gegenstands erforderlich ('unerlässlich') ist. Im Lichte dieses Prüfungsbeschlusses des VfGH soll nun Abs 1 dahingehend adaptiert werden, dass nur jene Beschwerdeverfahren von der verkürzten Beschwerdefrist erfasst sind, in welchen eine verkürzte Beschwerdefrist unerlässlich ist. Jene Fälle werden durch Aufnahme der Tatbestände des § 3 Abs 2 direkt genannt:

§3 Abs 2 Z 1 und 4 betreffen die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten gemäß dem AsylG 2005 sowie die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des FPG. Eine verkürzte Beschwerdefrist ist hier unerlässlich, da in diesen Fällen über das Aufenthaltsrecht des Fremden entschieden wird und damit insbesondere aufenthaltsbeendende oder andere Maßnahmen zur Außerlandesbringung unmittelbar einhergehen. Aufgrund der verkürzten Entscheidungsfrist kommt es zu einer beschleunigten Entscheidung, die dem besonderen öffentlichen Interesse der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen gerecht wird. Das Fremden- und Asylverfahren zeichnet sich durch zahlreiche Sondervorschriften aus, gerade um dem Ziel der Erhöhung der Effektivität des Asylverfahrens und dessen Beschleunigung Rechnung zu tragen (siehe auch Halm-Forsthuber/Höhl/Medwed , Besonderheiten im fremden- und asylrechtlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ÖJZ2014/50, 293 ff.). Aus diesem Grund kommt es auch nicht zu einer undifferenzierten Ungleichbehandlung von Fremden. Dementsprechend hielt der VfGH auch in seiner bisherigen Judikatur (siehe dazu , vom – U561/09, oder vom – U556/09) fest, dass sich im Asylverfahren Besonderheiten ergeben, die Abweichungen vom Verfahrensrecht rechtfertigen würden (Anm.: im Zeitpunkt der damaligen Rechtslage handelte es sich um Abweichungen vom AVG). Insbesondere in dem Erkenntnis vom (U 1046/10), worin die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach Folgeanträgen für verfassungskonform erachtet wurde, nahm der VfGH Bezug auf die Gesetzesmaterialen (zu RV 330 BIgNR 24. GP, AB 387 BIgNR 24. GP) und führte aus, dass im gegebenen Anlassfall Folgeanträge oft nicht dem berechtigten Vorbringen neuere Asylanträge dienen, sondern auf die Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen abzielen würden. Aufgrund der 'enormen Belastung' , die diese Vorgehensweise für das Asylsystem darstelle, sei der geordnete Vollzug des Fremdenwesens gefährdet. Die Notwendigkeit einer verkürzten Beschwerdefrist besteht umso mehr bei fremdenpolizeilichen Entscheidungen zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Der Grund der Aufenthaltsbeendigung liegt hier im rechtswidrigen Verhalten des Beschwerdeführers, dem es an einem Aufenthaltsrecht grundsätzlich fehlt oder dessen Aufrechterhaltung auf Grund des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens nicht länger tragbar wäre. Auch im Erkenntnis vom (G 59/2013) anerkannte der VfGH ein öffentliches Interesse an der Raschheit und der Durchführung von Ausweisungen.

[…]

Die verkürzte Beschwerdefrist für die erwähnten Fälle, ist jedenfalls im Sinne der VfGH Judikatur gerechtfertigt. Insbesondere führte der VfGH (G 31/98 ua) dazu aus, dass 'nicht vorbehaltlos auszuschließen' sei, dass eine Bestimmung, die die Verkürzung der Berufungsfrist vorsieht, als erforderlich zu betrachten ist, jedoch müssen in jenen Fällen Rechtsschutzeinrichtungen ein Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen. Die Voraussetzungen bei einer für den Rechtsschutz maßgeblichen Regelung wie der über die Dauer einer Rechtsmittelfrist sind laut VfGH dann gegeben, wenn 'sie dem negativ beschiedenen potentiellen Rechtsschutzsuchenden gewährleiste[n], sein Rechtsmittel in einer Weise auszuführen, die sowohl dem Inhalt der anzufechtenden Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht adäquat ist als auch dem zu dieser Entscheidung führenden, allenfalls mit Mängeln belasteten Verfahren'. Eine Frist von einer Woche stellte für den VfGH das Mindestmaß dar.

Die gegenständliche Adaptierung gewährt jedenfalls auch dem negativ beschiedenen potentiellen Rechtsschutzsuchenden innerhalb zwei Wochen die adäquate Rechtsmittelausführung bei Anfechtbarkeit in tatsächlicher oder (verfahrens-) rechtlicher Hinsicht. Überdies hat der Fremde in Beschwerdeverfahren Anspruch auf Rechtsberatung gemäß § 52 Abs 2, sodass auch aus diesem Grund die adäquate Rechtsmittelausführung und somit der effiziente Rechtsschutz gewährleistet ist. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Effizienz des Rechtsschutzsystems in der Rechtslage vor dem , die eine Beschwerdefrist von zwei Wochen vorsah, zu keinen Bedenken hinsichtlich des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf eine wirksame Beschwerde (Art13 EMRK) führte.

Durch den Zusatz 'sofern nichts anderes bestimmt ist' wird zum Ausdruck gebracht, dass die verkürzte Beschwerdefrist nicht zur Anwendung gelangt, wenn an anderer Stelle eine andere Frist (bspw. gilt für Schubhaftbescheide gemäß § 22a BFA VG eine sechswöchige Beschwerdefrist oder in den Fällen des § 22 Abs 12 AsylG 2005 eine einwöchige Beschwerdefrist) vorgesehen ist. Ferner ist die verkürzte Beschwerdefrist nach wie vor bei Fremden, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung unbegleitete Minderjährige sind, nicht anzuwenden.

Die schon nach geltender Rechtslage vorgesehene Ausnahme von der verkürzten Beschwerdefrist für unbegleitete Minderjährige wird unverändert beibehalten. In diesem Zusammenhang ist — losgelöst von der gegenständlichen Regelung des § 16 BFA VG — ganz allgemein darauf hinzuweisen, dass bei Kindern schon aus verfassungsrechtlichen Gründen das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, BGBl I Nr 4/2011, zu berücksichtigen ist. Das bedeutet klarerweise, dass in allen Verfahren bzw. Verfahrensstadien sowie bei allen Amtshandlungen die — verfassungsrechtlich verankerte — Berücksichtigung des Kindeswohls zwingend zu erfolgen hat.'

Damit wird als Ziel der Regelung des § 16 Abs 1 BFA VG in Bezug auf die Tatbestände des § 3 Abs 2 Z 1 und 4 BFA VG eine verkürzte Beschwerdefrist für Fälle, in denen über das Aufenthaltsrecht des Fremden entschieden wird und damit insbesondere aufenthaltsbeendende oder andere Maßnahmen zur Außerlandesbringung unmittelbar einhergehen, genannt. Auf Grund der verkürzten Entscheidungsfrist komme es zu einer beschleunigten Entscheidung, die dem besonderen öffentlichen Interesse der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen gerecht werde. Die Notwendigkeit einer verkürzten Beschwerdefrist bestehe umso mehr bei fremdenpolizeilichen Entscheidungen zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Der Grund der Aufenthaltsbeendigung liege hier im rechtswidrigen Verhalten des Beschwerdeführers, dem es an einem Aufenthaltsrecht grundsätzlich fehle oder dessen Aufrechterhaltung auf Grund des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens nicht länger tragbar wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht kann anhand dieser Begründung jedoch nicht erkennen, inwiefern es in einem Verfahren wie dem verfahrensgegenständlichen Beschwerdeverfahren, in welchem der Beschwerdeführer seine Beschwerde lediglich dagegen richtet, dass ihm der Status des Aslyberechtigten nicht zuerkannt worden ist, ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum erteilt wurde, auch die zweiwöchige Beschwerdefrist als Abweichung von der allgemeinen Frist des § 7 Abs 4 VwGVG unerlässlich ist. Im verfahrensgegenständlichen Beschwerdeverfahren eines subsidiär Schutzberechtigten wird nicht über das Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers entschieden und es gehen damit keine aufenthaltsbeendenden oder andere Maßnahmen zur Außerlandesbringung unmittelbar einher, sondern es geht um die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an einen Beschwerdeführer, der über eine einjährige Aufenthaltsberechtigung verfügt. Die besonderen öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen kommen im Anlassfall jedenfalls nicht zum Tragen. Auch die Argumentation zur Notwendigkeit einer verkürzten Beschwerdefrist bei fremdenpolizeilichen Entscheidungen zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen trifft nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf den verfahrensgegenständlichen Beschwerdefall nicht zu. Ebenso geht in Fällen einer Beschwerde bezüglich die Aberkennung des Status eines Asylberechtigten oder die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, welche ebenfalls Tatbestände des § 3 Abs 2 Z 1 BFA VG darstellen, nicht zwangsläufig eine aufenthaltsbeendende oder andere Maßnahmen zur Außerlandesbringung unmittelbar mit ebendieser Aberkennung einher, sodass die auf zwei Wochen verkürzte Beschwerdefrist erforderlich bzw. unerlässlich wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht ist aus diesem Grund der Auffassung, dass die in § 16 Abs 1 BFA VG vorgesehene Verkürzung der allgemeinen Beschwerdefrist des § 7 Abs 4 VwGVG gegen einen Bescheid des BFA in den Fällen des § 3 Abs 2 Z 1, 2, 4 und 7 BFA VG (abgesehen von Beschwerden unbegleiteter Minderjähriger) auf zwei Wochen nicht zur Regelung der vom BFA VG erfassten Gegenstände (vgl. § 3 Abs 2 Z 1 leg.cit. im Anlassfall) erforderlich im Sinne des Art 136 Abs 2 B VG ist (vgl. ua.; mit Verweis auf die Rechtsprechung zu Art 11 Abs 2 B VG, beginnend mit VfSlg 8945/1980) und dass § 16 Abs 1 BFA VG aus diesem Grund verfassungswidrig ist."

3. Die Bundesregierung hat im Verfahren zu G589/2015 von der Erstattung einer Äußerung abgesehen. Auch der Beschwerdeführer des Anlassverfahrens zu G589/2015 hat von der Möglichkeit, eine Äußerung zu erstatten, keinen Gebrauch gemacht.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitäts-entscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. In den Verfahren zu G589/2015 und G653/2015 hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzungen schon im Hinblick auf den jeweiligen Hauptantrag zweifeln ließe.

1.3. Im Verfahren G9/2016 wird im Hauptantrag die Aufhebung des gesamten § 16 Abs 1 BFA VG idF BGBl I 70/2015 beantragt. Auch wenn die über den Ausdruck "1," hinausgehenden Teile dieses Absatzes präjudiziell sind, müssen die Grenzen der Aufhebung auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der zulässigerweise geltend gemachten Rechtswidrigkeit erforderlich ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl. mwN).

1.4. Die (in allen Anträgen) geltend gemachte Verfassungswidrigkeit kann bereits durch die Aufhebung des Ausdrucks "1," in § 16 Abs 1 BFA VG idF BGBl I 70/2015 beseitigt werden, sodass durch die Aufhebung lediglich dieses Ausdrucks der Inhalt des Gesetzes insgesamt im geringstmöglichen Maße verändert wird. Der Hauptantrag im Verfahren G9/2016 erweist sich daher als zu weit. Die Hauptanträge in den Verfahren zu G589/2015 und G653/2015 grenzen hingegen den Anfechtungsumfang zutreffend ab.

1.5. Da in den Verfahren sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Hauptanträge zu G589/2015 und G653/2015 zur Gänze als zulässig, jener zu G9/2016 jedoch nur im Hinblick auf den Ausdruck "1,". Dieser Antrag ist daher im Übrigen zurückzuweisen, weil auch der Anfechtungsumfang neben der Präjudizialität als eigene Prozessvoraussetzung beachtet werden muss ( Schäffer/Kneihs , Art 140 B VG, in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer Kommentar Bundesverfassungsrecht, Rz 48).

1.6. Angesichts der – zumindest teilweise – zulässigen Hauptanträge ist auf die Eventualanträge nicht mehr einzugehen.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Den (im Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes wiedergegebenen) Erläuterungen zum Abänderungsantrag AA–82, 25. GP, mit dem § 16 Abs 1 BFA VG in der Novelle BGBl I 70/2015 verankert wurde (vgl. StenProtNR 25. GP, 75. Sitzung, 105 ff.), lässt sich als Begründung für die von § 7 Abs 4 VwGVG abweichende Frist zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht insbesondere entnehmen, dass neben einer Anpassung der Rechtslage an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auch eine Beschleunigung bestimmter Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz erreicht werden solle. Auf Grund der verkürzten "Entscheidungsfrist" (gemeint wohl eher Beschwerdefrist) komme es zu einer beschleunigten Entscheidung, die dem besonderen öffentlichen Interesse der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen gerecht werde.

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Bedenken zusammengefasst vor allem mit Fallkonstellationen begründet, in denen eine Entscheidung des BFA nach § 3 Abs 2 Z 1 BFA VG nicht mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist. In solchen Konstellationen sei kein Grund zu erkennen, der eine Verkürzung der im Allgemeinen gemäß § 7 Abs 4 VwGVG vierwöchigen Frist zur Erhebung einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht als erforderlich iSd Art 136 Abs 2 letzter Satz B VG erscheinen lasse. Ein solcher Grund ergebe sich insbesondere nicht aus den Erläuterungen zum Abänderungsantrag AA–82, 25. GP, mit dem § 16 Abs 1 BFA VG in der Novelle BGBl I 70/2015 verankert wurde.

Das dort zur Begründung der Abweichung von § 7 Abs 4 VwGVG herangezogene besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen komme in solchen Fällen nicht zum Tragen. Dies gelte insbesondere in den Ausgangsverfahren, in denen den Beschwerdeführern schon vom BFA gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 subsidiärer Schutz und damit verbunden gemäß § 8 Abs 4 leg.cit. eine Aufenthaltsberechtigung zuerkannt wurde.

2.4. Diese Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes sind begründet. Nach der vom Bundesverwaltungsgericht zitierten ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Abweichung von dem das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten regelnden Bundesgesetz nur dann erforderlich iSd Art 136 Abs 2 letzter Satz B VG, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes unerlässlich ist ( ua. mwN). Soweit die Gesetzesmaterialien zur angefochtenen Bestimmung die Unerlässlichkeit der zweiwöchigen Beschwerdefrist unter Hinweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zum faktischen Abschiebeschutz bei Folgeanträgen nach § 12a AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 122/2009 (VfSlg 19.215/2010), damit begründen, dass mit der Zu- und Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten über das Aufenthaltsrecht des Fremden entschieden werde und damit insbesondere aufenthaltsbeendende oder andere Maßnahmen zur Außerlandesbringung unmittelbar einhergehen würden, kann dies eine Verkürzung der Frist nach § 7 Abs 4 VwGVG in den dargestellten Konstellationen, in denen Beschwerdeführer unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht über ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen, nicht rechtfertigen. Eine Unerlässlichkeit iSd Art 136 Abs 2 B VG ist in solchen Konstellationen nicht zu erkennen.

2.5. Darüber hinaus sieht das AsylG 2005 für einzelne Verfahren vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht verkürzte Entscheidungsfristen vor. Mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 — FrÄG 2015, BGBl I 70, wurden hinsichtlich weiterer Verfahren verkürzte Entscheidungsfristen für das BFA und das Bundesverwaltungsgericht festgelegt. So sieht etwa § 27a AsylG 2005 für die in § 18 Abs 1 BFA VG aufgelisteten Fälle (dabei handelt es sich um jene Fallkonstellationen, in denen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde vom BFA aberkannt werden kann) nunmehr eine fünfmonatige Entscheidungsfrist vor. § 21 Abs 2a BFA VG legt weiters für das Bundesverwaltungsgericht für bestimmte Verfahren (in denen u.a. der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde, ohne den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, bzw. der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde) eine verkürzte Entscheidungsfrist von drei Monaten fest.

2.6. In einer Zusammenschau der der Verfahrensbeschleunigung dienenden gesetzlichen Anordnungen (vgl. zB auch § 21 Abs 2 und § 22 Abs 1 BFA VG) und insbesondere auch jener, die durch das FrÄG 2015, BGBl I 70, eingeführt wurden, ist in Fällen betreffend die Entscheidung über "die Zuerkennung […] des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten" weder eine Beschleunigung der Verfahren vor dem BFA noch der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht normiert, sodass die beabsichtigte Beschleunigung des Verfahrens ausschließlich in einer Verkürzung der Beschwerdefrist an das Bundesverwaltungsgericht zum Ausdruck kommt. Aus diesem Grund ist für den Verfassungsgerichtshof die generelle und ausschließliche Verkürzung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde auch zur Erreichung einer Verfahrensbeschleunigung nicht unerlässlich iSd Art 136 Abs 2 B VG.

2.7. Der Ausdruck "1," in § 16 Abs 1 BFA VG idF BGBl I 70/2015, dessen Aufhebung das Bundesverwaltungsgericht begehrt, verweist auf § 3 Abs 2 Z 1 BFA VG. Diese Ziffer umfasst Fälle der Zu- und Aberkennung von Asyl und subsidiärem Schutz unabhängig vom Bestehen eines Aufenthaltsrechts. Auf Grund dieses Ausdruckes fallen auch solche Konstellationen in den Anwendungsbereich des § 16 Abs 1 BFA VG, in denen ein Abweichen von der Frist des § 7 Abs 4 VwGVG weder zur Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen noch aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung unerlässlich und damit erforderlich iSd Art 136 Abs 2 B VG ist. Der Ausdruck "1," in § 16 Abs 1 BFA VG idF BGBl I 70/2015 erweist sich somit als verfassungswidrig.

V. Ergebnis

1. Der Ausdruck "1," in § 16 Abs 1 BFA VG idF BGBl I 70/2015 ist daher wegen Verstoßes gegen Art 136 Abs 2 B VG als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B VG.

3. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich veranlasst, von der ihm durch Art 140 Abs 7 zweiter Satz B VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch zu machen und auszusprechen, dass der aufgehobene Ausdruck nicht mehr anzuwenden ist.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

5. Der Hauptantrag zu G9/2016 ist, soweit er über den Ausdruck "1," hinausgeht, zurückzuweisen.

6. Im Hinblick darauf, dass die zu G653/2015 und G9/2016 protokollierten Anträge genau dieselben Rechtsfragen aufwerfen wie der zu G589/2015 protokollierte Antrag, hat der Verfassungsgerichtshof über diese Anträge gemäß § 19 Abs 3 Z 4 VfGG jeweils ohne weiteres Verfahren entschieden.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 3 Z 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2016:G589.2015