VfGH vom 25.09.2010, g58/10
Sammlungsnummer
19166
Leitsatz
Verstoß des Erfordernisses des zwanzigjährigen Bestandes als Religionsgemeinschaft bzw des zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit für die gesetzliche Anerkennung als Religionsgesellschaft gegen das Recht auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung
Spruch
I. Die Wortfolge "als Religionsgemeinschaft durch mindestens
20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre" in § 11 Abs 1 Z 1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I Nr. 19/1998, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
II. Im übrigen Umfang wird § 11 Abs 1 Z 1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I Nr. 19/1998, nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1223/09 eine
Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom anhängig, mit dem der Antrag der beschwerdeführenden Bekenntnisgemeinschaft "Bund Evangelikaler Gemeinden in Österreich", dieser im Sinne des § 2 des Gesetzes vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften (im Folgenden: AnerkennungsG) iVm § 11 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (im Folgenden: BekGG) Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen, gemäß § 11 Abs 1 Z 1 und Z 2 BekGG abgewiesen wurde. Die Abweisung des Antrags wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der nach § 11 Abs 1 Z 1 BekGG erforderliche Zeitraum des Bestehens der - im Jahre 1992 als Verein gegründeten - Religionsgemeinschaft von zwanzig Jahren noch nicht verstrichen sei sowie dass die Voraussetzung der Mitgliederanzahl von mindestens 2 vT der Bevölkerung Österreichs nach der letzten Volkszählung nach § 11 Abs 1 Z 2 BekGG nicht erfüllt werde.
2. Beim Verfassungsgerichtshof ist darüber hinaus zu B1581/09 ein Verfahren gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom anhängig, mit dem der Antrag der beschwerdeführenden Bekenntnisgemeinschaft "Mennonitische Freikirche Österreich", deren Bestand als gesetzlich anerkannte Kirche im Sinne des AnerkennungsG - allenfalls mit Verordnung - festzustellen, in eventu die gesetzliche Anerkennung als Religionsgesellschaft nach § 2 AnerkennungsG iVm § 11 Abs 1 BekGG auszusprechen, gemäß § 11 Abs 1 Z 1 und Z 2 BekGG abgewiesen wurde. Wenngleich der Schwerpunkt der Bescheidbegründung auf der (nicht erreichten) Höhe der Mitgliederanzahl iSd § 11 Abs 1 Z 2 BekGG liegt, wird die Abweisung auch darauf gestützt, dass der nach § 11 Abs 1 Z 1 BekGG erforderliche Zeitraum des Bestandes als religiöse Bekenntnisgemeinschaft von zehn Jahren noch nicht verstrichen sei, da die Mennonitische Freikirche Österreich erst mit Bescheid vom die Rechtspersönlichkeit einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft im Sinne des BekGG erworben habe.
3. Gegen diese Bescheide richten sich die zu B1223/09 und zu B1581/09 protokollierten, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerden der beiden Bekenntnisgemeinschaften, in welchen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Religionsfreiheit nach Art 9 iVm Art 11 und 14 EMRK und die Verfassungswidrigkeit des § 11 Abs 1 Z 1 und Z 2 BekGG behauptet wird.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerdeverfahren sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG entstanden, welche ihn veranlasst haben, diese Bestimmung mit den Beschlüssen vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen in Prüfung zu ziehen.
1.1. Die Bestimmung des § 11 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I 19/1998, lautet wie folgt (die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle ist hervorgehoben):
"Zusätzliche Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem
Anerkennungsgesetz
§11. (1) Zusätzliche Voraussetzungen zu den im Gesetz betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften, RGBl. Nr. 68/1874, umschriebenen Voraussetzungen sind:
1. Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens
20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre als
religiöse
Bekenntnisgemeinschaft mit
Rechtspersönlichkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes,
2. Anzahl der Angehörigen in der Höhe von
mindestens
2 vT der Bevölkerung Österreichs nach der
letzten
Volkszählung,
3. Verwendung der Einnahmen und des Vermögens
für
religiöse Zwecke (wozu auch in der
religiösen
Zielsetzung begründete gemeinnützige und
mildtätige
Zwecke zählen),
4. positive Grundeinstellung gegenüber
Gesellschaft und Staat,
5. keine gesetzwidrige Störung des Verhältnisses zu den
bestehenden gesetzlich anerkannten Kirchen
und Religionsgesellschaften sowie sonstigen
Religionsgemeinschaften."
1.2. Der Verfassungsgerichtshof ist in den Prüfungsbeschlüssen davon ausgegangen, dass die Beschwerden zulässig sind, die belangte Behörde sich bei der Erlassung der angefochtenen Bescheide auf die Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG gestützt hat und auch der Verfassungsgerichtshof sie im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren anzuwenden hätte.
2. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle gegen das Verbot der Diskriminierung im Recht auf Religionsfreiheit nach Art 9 EMRK iVm Art 14 EMRK und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen könnte.
2.1. In dem zu B1223/09 gefassten Prüfungsbeschluss legte er im Einzelnen folgende Bedenken dar:
"4.1.1. Nach Art 14 EMRK ist der Genuss der in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ohne Benachteiligung zu gewährleisten, die u.a. in der Religion begründet ist. Nach Art 9 Abs 1 EMRK hat jedermann das Recht auf Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen, seine Religion einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser Gebräuche auszuüben. Der Schutzbereich dieses Rechts schließt auch die Religionsausübung durch eine kirchliche oder religiöse Körperschaft ein (VfSlg. 17.021/2003).
4.1.2. Das Erfordernis des Bestands der Religionsgemeinschaft während eines Zeitraums von zwanzig Jahren für sich genommen dürfte zwar keinen Eingriff in die durch Art 9 EMRK gewährleistete Religionsfreiheit bilden, da der betroffenen Religionsgemeinschaft als Bekenntnisgemeinschaft Rechtspersönlichkeit zukommt und sie daher nicht an einer umfassenden Ausübung der Religionsfreiheit gehindert ist (in diesem Sinn auch EGMR , Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, ÖJZ 2008, 865, Z 66).
4.1.3. Durch die in Prüfung gezogene Bestimmung dürfte es jedoch zu einer Benachteiligung von Bekenntnisgemeinschaften wie jener im Anlassfall kommen, die gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art 9 iVm Art 14 EMRK auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung verstößt:
Der Verfassungsgerichtshof ging in seiner bisherigen Rechtsprechung, beginnend mit VfSlg. 9185/1981, davon aus, dass gegen die Differenzierung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Religionsgemeinschaften grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, diese vielmehr durch Art 15 StGG verfassungsgesetzlich vorgegeben ist (u.a. VfSlg. 17.021/2003). Rechtsvorschriften, die an diese Unterscheidung verschiedene Rechtsfolgen knüpfen, sind allerdings nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die unterschiedliche Behandlung sachlich begründbar ist, wenn ferner die Anerkennung nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt und - bei Vorliegen der im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen - auch durchsetzbar ist (vgl. insbesondere VfSlg. 11.931/1988; ).
Auch nach der Rechtsprechung des EGMR ist einem Mitgliedstaat die unterschiedliche Behandlung verschiedener Gruppen zum Ausgleich tatsächlicher Unterschiede nach Art 14 EMRK grundsätzlich nicht verboten. Im Hinblick auf die den Religionsgesellschaften zugestandenen wesentlichen Vorteile verlangt jedoch die nach Art 9 EMRK den staatlichen Behörden auferlegte Verpflichtung, bei der Ausübung von Befugnissen neutral zu bleiben, dass, sofern ein Rahmen für die Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit sowie eines bestimmten Status an religiöse Gruppierungen besteht, alle Religionsgemeinschaften eine faire Möglichkeit haben müssen, diesen Status zu erlangen; die aufgestellten Kriterien sind in einer nicht diskriminierenden Weise anzuwenden. Besteht keine objektive und vernünftige Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung, ist diese diskriminierend (EGMR , Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, ÖJZ 2008, 865, Z 92 und Z 96).
4.1.4. Im Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas befand der EGMR die in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG normierte Dauer des Bestandes von zehn Jahren als Bekenntnisgemeinschaft, welche (im Gegensatz zur zwanzigjährigen Frist) von der Religionsgemeinschaft nicht erfüllt wurde, im Hinblick auf diesen Fall als konventionswidrig (EGMR, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, Z 98 f.). Er räumte zwar ein, dass eine solche Frist unter außergewöhnlichen Umständen, etwa im Fall neu gegründeter und unbekannter religiöser Gruppierungen, erforderlich sein könne. Sie erscheine jedoch in Bezug auf Religionsgemeinschaften, die sowohl international als auch im betreffenden Staat schon lange bestünden und den zuständigen Behörden daher schon bekannt wären, nicht gerechtfertigt (EGMR, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, Z 98).
Im Anlassfall besteht die Bekenntnisgemeinschaft seit mehr als zehn Jahren in dieser Eigenschaft; da die Frist von zehn Jahren von der beschwerdeführenden Bekenntnisgemeinschaft sohin erfüllt wird, ist über die Verfassungskonformität der diese Frist betreffenden Wortfolge aus Anlass des vorliegenden Falles nicht zu entscheiden.
4.1.5. Der gemäß § 11 Abs 1 Z 1 BekGG erforderliche Bestand der Religionsgemeinschaft über einen Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren hingegen war zwar nicht Gegenstand des Urteils des EGMR im Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Im Hinblick auf die Feststellung des EGMR, dass bereits eine Rechtfertigung des Erfordernisses eines zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft nach § 11 Abs 1 Z 1 BekGG das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erfordert (EGMR, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, Z 98), bestehen unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbots im Bereich der Religionsausübung verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Erfordernis des zwanzigjährigen Bestandes als Religionsgemeinschaft. Es dürfte keine Rechtfertigung dafür geben, über das Erfordernis des Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft hinaus den zwanzigjährigen Bestand als Religionsgemeinschaft zu verlangen.
Ob die Möglichkeit einer verfassungs-, insbesondere konventionskonformen Interpretation der in Prüfung gezogenen Wortfolge dahingehend besteht, dass eine Religionsgemeinschaft keineswegs zwingend in einer organisierten Form in Österreich bestanden haben muss, sondern dass (lediglich) eine erkennbare Kontinuität der Gemeinschaft vorzuliegen hat, wird im Gesetzesprüfungsverfahren nach Art 140 B-VG zu untersuchen sein.
4.2. Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes hegt der Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Bestimmung.
..."
2.2. In dem zu B1581/09 gefassten Prüfungsbeschluss legte der Verfassungsgerichtshof folgende - die unter 2.1. wiedergegebenen Erwägungen ergänzende - Bedenken dar:
"4.1.2. Das Erfordernis des Bestands der Religionsgemeinschaft während eines Zeitraums von zehn Jahren als Bekenntnisgemeinschaft für sich genommen dürfte zwar keinen Eingriff in die durch Art 9 EMRK gewährleistete Religionsfreiheit bilden, da der betroffenen Religionsgemeinschaft als Bekenntnisgemeinschaft Rechtspersönlichkeit zukommt und sie daher nicht an einer umfassenden Ausübung der Religionsfreiheit gehindert ist (in diesem Sinn auch EGMR , Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua., Appl. 40.825/98, ÖJZ 2008, 865, Z 66).
4.1.3. Durch die in Prüfung gezogene Bestimmung dürfte es jedoch zu einer Benachteiligung von Bekenntnisgemeinschaften wie jener im Anlassfall kommen, die gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art 9 iVm Art 14 EMRK auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung verstößt:
...
4.1.4. Im Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas befand der EGMR die in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG normierte Dauer des Bestandes von zehn Jahren als Bekenntnisgemeinschaft, welche (im Gegensatz zur zwanzigjährigen Frist) von der Religionsgemeinschaft nicht erfüllt wurde, im Hinblick auf diesen Fall als konventionswidrig (EGMR, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, Z 98 f.). Er räumte zwar ein, dass eine solche Frist unter außergewöhnlichen Umständen, etwa im Fall neu gegründeter und unbekannter religiöser Gruppierungen, erforderlich sein könne. Sie erscheine jedoch in Bezug auf Religionsgemeinschaften, die sowohl international als auch im betreffenden Staat schon lange bestünden und den zuständigen Behörden daher schon bekannt wären, nicht gerechtfertigt (EGMR, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, Z 98).
4.1.5. Für den gemäß § 11 Abs 1 Z 1 BekGG erforderlichen Bestand der Religionsgemeinschaft über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren als religiöse Bekenntnisgemeinschaft befand der EGMR im Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, dass eine Rechtfertigung des Erfordernisses eines zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft nach § 11 Abs 1 Z 1 BekGG das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erfordert (EGMR, Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, Z 98). Der Verfassungsgerichtshof kann vorläufig nicht finden, dass § 11 Abs 1 Z 1 BekGG Raum für die Berücksichtigung besonderer Umstände ließe, die die belangte Behörde zum Absehen vom Erfordernis des zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft ermächtigen würden. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass es keine Rechtfertigung für eine gesetzliche Regelung geben dürfte, die jedenfalls einen zehnjährigen Bestand als Bekenntnisgemeinschaft verlangt.
Ob die Möglichkeit einer verfassungs-, insbesondere konventionskonformen Interpretation der in Prüfung gezogenen Bestimmung dahingehend besteht, dass bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände vom Vorliegen des Erfordernisses des zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft abgesehen werden könnte, wird im Gesetzesprüfungsverfahren nach Art 140 B-VG zu untersuchen sein.
4.2. Auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes hegt der Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Bestimmung.
..."
3. Die Bundesregierung erstattete in beiden Gesetzesprüfungsverfahren fristgerecht (jeweils) eine schriftliche Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben werde.
Für den Fall der Aufhebung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle beantragt die Bundesregierung, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außer-Kraft-Treten eine Frist von 18 Monaten bestimmen. Diese Frist erscheine deshalb erforderlich, weil die Aufhebung der Bestimmung eine Neukonzipierung der Bestimmungen über die Voraussetzung der Anerkennung von Religionsgesellschaften erfordern würde; ein ersatzloser Entfall der Zwanzig-Jahres-Frist bzw. der Zehn-Jahres-Frist wäre nicht sachgerecht.
3.1. In ihrer zu G58/10 erstatteten Äußerung hält die Bundesregierung dem Bedenken hinsichtlich eines Verstoßes der in der in Prüfung gezogenen Bestimmung normierten Zwanzig-Jahres-Frist gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art 9 iVm Art 14 EMRK auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung im Einzelnen Folgendes entgegen (Hervorhebungen im Original):
"1.2.1. Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs laufen, soweit sie darauf Bezug nehmen, dass nach dem Urteil Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas gegen Österreich 'bereits eine Rechtfertigung des Erfordernisses eines zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft [...] das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände erfordert', auf einen Größenschluss hinaus: Wenn der EGMR bereits die Voraussetzung des Bestandes als religiöse Bekenntnisgemeinschaft durch zehn Jahre als Verletzung der durch die EMRK gewährleisteten Rechte ansieht, dann müsse dies umso mehr für die Notwendigkeit des Bestandes als Religionsgemeinschaft durch zwanzig Jahre gelten.
Ein solcher Größenschluss wäre allerdings (und darauf dürfte sich auch der Prüfungsbeschluss mit dem Hinweis auf eine mögliche verfassungs-, insbesondere konventionskonforme Interpretation beziehen) nur dann zulässig, würden an den Bestand als Religionsgemeinschaft - so wie dies bei dem Erfordernis des Bestandes als religiöse Bekenntnisgemeinschaft der Fall ist - Anforderungen gestellt, die über das bloße Bestehen der religiösen Gruppierung hinausgehen. Dem Vorliegen derartiger weitergehender Anforderungen kommt nämlich entscheidende Bedeutung in der Argumentation des EGMR zu: Nicht gerechtfertigt ist es - so der Gerichtshof -, wenn für die Anerkennung einer religiösen Gruppierung, die bereits über einen längeren Zeitraum besteht (und die daher den zuständigen Behörden bereits bekannt sein muss), zusätzlich der Bestand in einer bestimmten Rechtsform - eben jener einer Bekenntnisgemeinschaft - über einen Zeitraum von zehn Jahren gefordert wird. Diese Argumentation geht aber dann ins Leere, wenn keine Anforderungen über das bloße Bestehen der religiösen Gruppierung hinaus bestehen, sondern lediglich darauf abgestellt wird, dass die religiöse Gruppierung über einen solchen Zeitraum hinweg besteht.
Genau dies ist bei dem in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG geforderten 'Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre' der Fall. Weder im Gesetzestext noch in den Gesetzesmaterialien (RV 938 BlgNR XX. GP) findet sich ein Hinweis dahin, dass unter dem 'Bestand als Religionsgemeinschaft' mehr als das bloße Bestehen der religiösen Gruppierung zu verstehen wäre. Bei dem - ebenfalls in § 10 Abs 1 Z 1 BekGG festgelegten - Erfordernis des Bestandes als religiöse Bekenntnisgemeinschaft wird auf die Rechtsform abgestellt; auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Glaubensgemeinschaft auch in organisierter Form zusammenzuwirken vermag. Was hingegen den 'Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre' angeht, so besteht keine Bindung an eine besondere Rechts- oder Organisationsform; vielmehr geht es ausschließlich um die Frage, welche kultischen (oder anderen) Aktivitäten die Gemeinschaft während dieses Zeitraums entfaltet und ob ein dauernder Bestand der Gemeinschaft zu erwarten ist (Näheres dazu unter Punkt 1.2.2.).
1.2.2. Hinter der Festlegung dieses Zeitraums auf zwanzig Jahren stehen folgende Überlegungen:
Die in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG getroffene Regelung dient der Überprüfung der Fähigkeit des Bestandes der Religionsgemeinschaft auf Dauer. Ein Zeitraum von zwanzig Jahren stellt im Bereich von Konfessionen, Religionen und Glaubenslehren einen sehr kurzen Zeitraum dar. Dies hat sich insbesondere in den letzten Jahren gezeigt, als in verschiedenen Gemeinschaften intensive Diskussionen über die Zusammengehörigkeit, theologische Unterschiede oder Unterschiede in der Kirchen- bzw. Religionsgeschichte geführt wurden, die heute noch nicht beendet sind. Das bekannteste Beispiel stellt die Vorbereitung eines panorthodoxen Konzils dar: Hier wurden die Vorbereitungsarbeiten in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts begonnen; einige grundlegende Festlegungen, die Voraussetzung für das Zustandekommen des Konzils sind, konnten erst im Dezember 2009 getroffen werden. Ein anderes Beispiel sind die noch immer andauernden Diskussionen innerhalb der Aleviten über ihr Verhältnis zum Islam und die Entstehungsgeschichte ihrer Religion. Der vom Gesetzgeber gewählte Zeitraum von zwanzig Jahren ist also in Relation zur Dauer des Bestandes der Konfessionen (von mehr als 5 000 Jahren bis hin zu den religionsgeschichtlich erst vor kurzem - im 14. bis 16. Jahrhundert - entstandenen) ausgesprochen kurz gewählt.
Darüber hinaus sind in den 60er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts zahlreiche weitgehend unbekannte Gruppierungen aufgetreten, die den Anspruch erhoben haben, Religionsgenossenschaften zu sein, von denen sich jedoch nicht wenige als für Staat und Gesellschaft schädlich erwiesen haben. Manche widmeten sich nicht religiösen, sondern rein kommerziellen Zielen; andere setzten Täuschungshandlungen zur Verdeckung strafbarer Handlungen mit deutlichen Zügen organisierter Kriminalität. Gerade solche sich neu bildenden Gruppierungen erfordern, wie sich zB bei den sogenannten 'Sannyassins' (Bhagwan-Jüngern) gezeigt hat, einen längeren Beobachtungszeitraum. Auch der EGMR hat in seiner Entscheidung im Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas gegen Österreich - unter Verweis auf ältere Rechtsprechung - festgehalten, dass die Staaten das Recht hätten, zu überprüfen, ob eine Bewegung oder Vereinigung, die vorgibt religiöse Zwecke zu verfolgen, Tätigkeiten vornimmt, die nachteilig für die Bevölkerung oder für die öffentliche Sicherheit sind (Z74).
Auch das Verfahren der beschwerdeführenden Partei, nämlich des 'Bundes evangelikaler Gemeinden in Österreich', zeigt deutlich die Notwendigkeit einer Beobachtungsfrist: Die beschwerdeführende Partei besteht aus einer Reihe weitgehend selbständiger Gemeinden mit starker Entwicklungsdynamik. Für die Behörde ist die Beurteilung, ob es sich in allen Teilen um eine Konfession handelt, daher nicht auf der Grundlage von Feststellungen zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich; vielmehr bedarf es eines gewissen Beobachtungszeitraumes. Darüber hinaus ist die innere Organisation durch eine weitgehende Autonomie der einzelnen Teilbereiche geprägt, sodass die Behörde nicht von einem einheitlichen Bild ausgehen darf.
Eine bestimmte Frist vor der Anerkennung liegt schließlich - wie die Erfahrungen der vergangenen dreißig Jahre in Österreich zeigen - auch im Interesse der Kirchen und Religionsgesellschaften selbst, da sie auf diese Weise Gelegenheit erhalten, ihre Struktur und ihre innere Organisation auf die neuen Aufgaben (zB den Religionsunterricht) vorzubereiten. Insbesondere im Bereich der Lehrkräfte und der Ausbildung dieser Lehrkräfte bedarf es eines sich über viele Jahre erstreckenden Zeitraums, bis ein das Niveau der staatlichen und der bestehenden konfessionellen pädagogischen Hochschulen vergleichbares Angebot bereitgestellt werden kann.
Aus diesen Überlegungen ergibt sich für die Bundesregierung, dass es sich bei dem in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG normierten Erfordernis eines zwanzigjährigen Bestandes als Religionsgemeinschaft um ein sachliches Kriterium für die Anerkennung als Religionsgesellschaft handelt. Gerade in Hinblick auf die den Religionsgesellschaften zugestandenen wesentlichen Vorteile (auf die der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss hinweist) und weiters in Hinblick auf die Gefahren, die von religiösen Gruppen ausgehen können (und auf die der EGMR in Z 74 der Entscheidung Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas gegen Österreich ausdrücklich Bezug nimmt), ist es von entscheidender Bedeutung, einerseits die Aktivitäten der Religionsgemeinschaft über einen längeren Zeitraum zu beobachten und andererseits eine Grundlage für die Beurteilung der Frage zu schaffen, ob überhaupt die Fähigkeit des Bestandes der Religionsgemeinschaft auf Dauer gegeben ist. Die Bundesregierung vermag nicht zu erkennen, wie dies anders sichergestellt werden könnte, als durch die Festschreibung eines ausreichend lang bemessenen Zeitraums als Anerkennungsvoraussetzung.
1.2.3. Bei Bestehen eines Rahmens für die Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit sowie eines bestimmten Status an religiöse Gruppierungen und in Hinblick auf die mit einem solchen Status verbundenen wesentlichen Vorteile müssen - so der Prüfungsbeschluss - alle Religionsgemeinschaften eine faire Möglichkeit haben, diesen Status zu erlangen; die dafür aufgestellten Kriterien müssen - so der Gerichtshof weiter - in einer nicht diskriminierenden Weise angewendet werden.
Für die Bundesregierung ist nicht ersichtlich, dass das in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG vorgesehene Erfordernis des Bestandes als Religionsgemeinschaft durch mindestens zwanzig Jahre diesen Anforderungen nicht entsprechen würde. Vielmehr besteht auf Grund der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung für alle religiösen Gruppierungen bei Vorliegen der im Gesetz genannten sonstigen Voraussetzungen die Möglichkeit, nach Ablauf eines Beobachtungszeitraums den Status einer anerkannten Religionsgesellschaft zu erlangen.
1.2.4. Zu einer Benachteiligung bestimmter Bekenntnisgemeinschaften, die gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung (Art9 in Verbindung mit Art 14 EMRK) verstieße, kommt es somit durch § 11 Abs 1 Z 1 BekGG nach Auffassung der Bundesregierung nicht."
3.2. Zum Bedenken, wonach die Zwanzig-Jahres-Frist gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, verweist die Bundesregierung im Wesentlichen auf die Ausführungen zu Art 9 iVm Art 14 EMRK.
3.3. In ihrer zu G59/10 erstatteten Äußerung hält die Bundesregierung dem Bedenken, wonach die in der in Prüfung gezogenen Bestimmung vorgesehene Zehn-Jahres-Frist gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art 9 iVm Art 14 EMRK auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung verstößt, im Einzelnen Folgendes entgegen (Hervorhebungen im Original):
"1.2.1. Durch das Abstellen auf den Bestand in der Rechtsform der religiösen Bekenntnisgemeinschaft soll sichergestellt werden, dass die Glaubensgemeinschaft in organisierter Form zusammenzuwirken vermag.
Eine Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Status auf alle religiösen Bekenntnisgemeinschaften unabhängig von Dauer ihres Bestandes erscheint unzweckmäßig und rechtspolitisch verfehlt (vgl. die Gesetzesmaterialien RV 938 BlgNR XX. GP). Den anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften kommt die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu; angesichts der damit verbundenen Rechte und Pflichten soll sichergestellt werden, dass sich die Religionsgemeinschaft 'im Hinblick auf die Lehre und deren Anwendung in die bestehende Rechtslage einzugliedern bereit ist' (VfSlg. 16.102/2001).
Um zu einem abschließenden Urteil darüber zu gelangen, ob die in § 5 Abs 1 Z 1 BekGG genannten öffentlichen Interessen sowie die in § 11 Z 3 bis 5 BekGG genannten Bedingungen tatsächlich auf Dauer gegeben sind, ist ein entsprechender Zeitraum für den Bestand als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit vorzusehen (vgl. die Gesetzesmaterialien RV 938 BlgNR XX. GP).
1.2.2. Bei Bestehen eines Rahmens für die Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit sowie eines bestimmten Status an religiöse Gruppierungen und in Hinblick auf die mit einem solchen Status verbundenen wesentlichen Vorteile müssen - so der Prüfungsbeschluss - alle Religionsgemeinschaften eine faire Möglichkeit haben, diesen Status zu erlangen; die dafür aufgestellten Kriterien müssen - so der Gerichtshof weiter - in einer nicht diskriminierenden Weise angewendet werden.
Für die Bundesregierung ist nicht ersichtlich, dass das in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG vorgesehene Erfordernis des Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft durch mindestens zehn Jahre diesen Anforderungen nicht entsprechen würde. Vielmehr besteht auf Grund der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung für alle religiösen Gruppierungen bei Vorliegen der im Gesetz genannten sonstigen Voraussetzungen die Möglichkeit, nach Ablauf dieses Zeitraums den Status einer anerkannten Religionsgesellschaft zu erlangen.
1.2.3. Zu einer Benachteiligung bestimmter Bekenntnisgemeinschaften, die gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung (Art9 in Verbindung mit Art 14 EMRK) verstieße, kommt es somit durch § 11 Abs 1 Z 1 BekGG nach Auffassung der Bundesregierung nicht."
3.4. Zum Bedenken, wonach die Zehn-Jahres-Frist gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, verweist die Bundesregierung in der zu G59/10 erstatteten Äußerung darauf, dass der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 16.102/2001 zur Zehn-Jahres-Frist in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG ausdrücklich ausgesprochen habe, dass eine "Vorschrift, die die gesetzliche Anerkennung als Religionsgesellschaft von einer Beobachtungsphase abhängig" mache, keinen Bedenken im Hinblick auf das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot begegne.
3.5. Hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes bzw. des Aufhebungsumfangs führt die Bundesregierung in ihrer zu G59/10 erstatteten Äußerung Folgendes aus (Hervorhebung wie im Original):
"Gegenstand des vorliegenden Prüfungsbeschluss ist zwar der gesamte § 11 Abs 1 Z 1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften, BGBl. I Nr. 19/1998, (...). Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken beziehen sich allerdings nur auf die Wortfolge 'davon mindestens 10 Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes,'.
Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken gegen diese Wortfolge bestätigt finden sollte, wird darauf hingewiesen, dass ein untrennbarer Zusammenhang im Sinn der oben erwähnten Judikatur zwischen dieser Wortfolge und dem übrigen Text des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG ('1. Bestand als Religionsgemeinschaft durch mindestens zwanzig Jahre,') nicht vorliegt: Auch bei Wegfall dieser Wortfolge wäre § 11 Abs 1 Z 1 BekGG weder inhaltsleer noch unanwendbar; es kann auch keine Rede davon sein, dass dieser Bestimmung in diesem Fall ein 'vollständig veränderter, dem Gesetzgeber nicht zusinnbarer Inhalt' beigemessen würde."
4. Auch die zu B1223/09 und zu B1581/09 beschwerdeführenden und in den vorliegenden Verfahren mitbeteiligten Bekenntnisgemeinschaften erstatteten jeweils eine Äußerung, in der sie den Antrag stellen, die Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat in den in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Gesetzesprüfungsverfahren erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof ging in den Prüfungsbeschlüssen vom davon aus, dass sich die angefochtenen Bescheide auf § 11 Abs 1 Z 1 BekGG stützen und er diese Bestimmung in den Beschwerdeverfahren anzuwenden hat. Weder die Bundesregierung noch die mitbeteiligten Bekenntnisgemeinschaften sind diesen Annahmen entgegengetreten. Auch ist im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen. Die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG ist daher präjudiziell. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit der in der in Prüfung gezogenen Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG vorgesehenen Frist von zwanzig Jahren erweisen sich als zutreffend.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hatte das Bedenken, dass die Regelung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG gegen Art 9 iVm Art 14 EMRK verstoßen dürfte, weil es keine Rechtfertigung dafür gebe, dass das Gesetz über das Erfordernis des Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft hinaus das zwanzigjährige Bestehen als Religionsgemeinschaft fordert.
Zunächst ist es nicht nachvollziehbar, für das Verfahren der gesetzlichen Anerkennung nach dem AnerkennungsG einen längeren Beobachtungszeitraum zu fordern, wenn die Kultusbehörde bereits in einem Verfahren nach dem BekGG mit positivem Ausgang geprüft hat, ob die Statuten der Bekenntnisgemeinschaft dem § 4 BekGG entsprechen, und sich dabei im Einzelnen insbesondere mit der Bezeichnung, der Religionslehre, den Zwecken und Zielen, der inneren Verfassung und der Mittelaufbringung der Bekenntnisgemeinschaft auseinandergesetzt hat.
Darüber hinaus hat die Behörde bereits im Verfahren nach dem BekGG zu überprüfen, ob der Erwerb der Rechtspersönlichkeit aus einem der in § 5 Abs 1 Z 1 BekGG genannten Gründe zu versagen ist. Dadurch ist gewährleistet, dass eine Religionsgemeinschaft schon den Status einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft nicht erlangen kann, wenn dies den Interessen der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer zuwiderläuft. Damit sind auch wesentliche Gesichtspunkte der Anforderungen des § 1 Z 1 AnerkennungsG, wonach Religionslehre, Gottesdienst, Verfassung und Benennung der die Anerkennung anstrebenden Religionsgemeinschaft nichts Gesetzwidriges oder sittlich Anstößiges enthalten dürfen, bereits im Verfahren über die Rechtspersönlichkeit als Bekenntnisgemeinschaft zu prüfen.
Wenn die Bundesregierung daher meint, dass das Erfordernis des zwanzigjährigen Bestandes als Religionsgemeinschaft zur Beantwortung der Frage erforderlich sei, welche kultischen (oder anderen) Aktivitäten die Gemeinschaft entfalte und ob ein dauernder Bestand der Gemeinschaft zu erwarten sei, so ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Fragen im Verfahren nach dem BekGG geprüft werden. Der Bestand als Bekenntnisgemeinschaft bildet aber wiederum ein eigenes Kriterium neben dem Bestand als Religionsgemeinschaft.
Die von der Bundesregierung ins Treffen geführte Notwendigkeit einer - ausnahmslos bestehenden - Beobachtungsfrist ist daher im Verfahren zur Anerkennung einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft als Kirche oder Religionsgesellschaft für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar.
2.2. Angesichts dessen schlägt auch der Hinweis der Bundesregierung nicht durch, die vom Gesetzgeber gewählte Frist von zwanzig Jahren diene dazu, die Fähigkeit des Bestandes der Religionsgemeinschaft auf Dauer zu überprüfen, und stelle in Relation zur Dauer des Bestandes der Konfessionen einen kurzen Zeitraum dar. Zu beachten ist nämlich, dass sich die im Prüfungsbeschluss vom , B1223/09, geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes nicht gegen die Dauer der Frist an sich richten, sondern dagegen, dass die Frist einerseits offenbar durch den Bestand in einer organisierten Form erfüllt werden muss und andererseits ausnahmslos für sämtliche Religionsgemeinschaften gilt, ohne dass besondere Umstände, wie etwa der international dauerhaft vorliegende Bestand, berücksichtigt werden könnten.
2.3. Soweit die Bundesregierung zur sachlichen Rechtfertigung der Zwanzig-Jahres-Frist vorbringt, dass eine bestimmte Frist vor der Anerkennung auch im Interesse der Bekenntnisgemeinschaften selbst liege, welche auf diese Weise Gelegenheit erhalten, ihre Struktur und ihre innere Organisation auf die neuen Aufgaben (insbesondere die Bereitstellung eines Religionsunterrichts) vorzubereiten, ist ihr zum einen entgegenzuhalten, dass ein gewisser Grad an Organisation und Struktur für den Erwerb der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft gegeben sein muss. Zum anderen ist die Entscheidung über die (Dauer der) Vorbereitung einer Bekenntnisgemeinschaft auf den Status und die Aufgaben einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft Sache der Bekenntnisgemeinschaft, solange sie die Voraussetzungen des § 11 Abs 1 Z 2 und 3 BekGG erfüllt.
2.4. Der Versuch einer vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss erwogenen und von der Bundesregierung vorgeschlagenen verfassungskonformen Interpretation, die das Erfordernis des Bestandes als "Religionsgemeinschaft" auf einen mehr oder weniger losen Zusammenschluss von Anhängern einer Glaubenslehre reduziert, führt nicht zum Ziel. Denn abgesehen davon, dass der Begriff des "Bestandes" ein Minimum an Verfasstheit voraussetzt, macht die Bundesregierung in ihrer Äußerung selbst deutlich, dass über das bloße Bestehen der religiösen Gruppierung hinausgehende Anforderungen zu stellen sind, wenn sie darauf verweist, dass es sich bei der im Anlassfall zu B1223/09 beschwerdeführenden Bekenntnisgemeinschaft um eine "Reihe weitgehend selbständiger Gemeinden mit starker Entwicklungsdynamik" handle und die innere Organisation dieser durch eine weitgehende Autonomie der einzelnen Teilbereiche geprägt sei, sodass die Behörde nicht von einem einheitlichen Bild ausgehen könne und diese - so muss man aus der Äußerung der Bundesregierung schließen - keine "Religionsgemeinschaft" im Sinne des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG sei.
2.5. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die im Prüfungsbeschluss vom , B1223/09, geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes betreffend das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art 9 iVm Art 14 EMRK auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung als zutreffend.
Angesichts dessen erübrigt es sich, auf die im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes einzugehen.
3. Auch die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit der in der in Prüfung gezogenen Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG vorgesehenen, in der Rechtsform der Bekenntnisgemeinschaft zu erfüllenden Frist von mindestens zehn Jahren erweisen sich als zutreffend.
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hatte das Bedenken, dass die Regelung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG gegen Art 9 iVm Art 14 EMRK verstoßen dürfte, weil das Erfordernis eines zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft nach der Rechtsprechung des EGMR nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände gerechtfertigt sei, § 11 Abs 1 Z 1 BekGG aber keinen Raum für die Berücksichtigung solcher Umstände lasse, die das Absehen von diesem Erfordernis zuließen.
3.2. Die Bundesregierung führt in ihrer Äußerung unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (RV 938 BlgNR 20. GP) zum Zweck des Erfordernisses des Bestandes durch mindestens zehn Jahre als religiöse Bekenntnisgemeinschaft aus, dass dadurch sichergestellt werden solle, dass die Glaubensgemeinschaft in organisierter Form zusammenzuwirken vermöge, die in § 5 Abs 1 Z 1 BekGG genannten öffentlichen Interessen gewahrt seien und die in § 11 Abs 1 Z 3 bis 5 BekGG genannten Bedingungen auf Dauer gegeben seien. Es erscheine unzweckmäßig und rechtspolitisch verfehlt, den öffentlich-rechtlichen Status auf alle religiösen Bekenntnisgemeinschaften unabhängig von der Dauer ihres Bestandes auszuweiten. Angesichts der mit dieser Stellung verbundenen Rechte und Pflichten solle sichergestellt werden, dass die Religionsgemeinschaft bereit sei, sich im Hinblick auf die Lehre und deren Anwendung in die bestehende Rechtslage einzugliedern (vgl. VfSlg. 16.102/2001).
3.3. Vorauszuschicken ist, dass sich die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken ausschließlich gegen das - uneingeschränkt für alle Bekenntnisgemeinschaften geltende - Kriterium der Erfüllung einer bestimmten Bestandsdauer richten, nicht gegen das Erfordernis einer Bekenntnisgemeinschaft an sich. Daher vermag die Bundesregierung durch den Hinweis auf die Notwendigkeit der Wahrung der in § 5 Abs 1 Z 1 BekGG angeführten öffentlichen Interessen die Bedenken schon allein deshalb nicht zu zerstreuen, weil die Wahrung dieser Interessen - wie unter 2.1. ausgeführt - bereits eine Voraussetzung für den Erwerb der Rechtspersönlichkeit als religiöse Bekenntnisgemeinschaft darstellt, die in einem eigenen Tatbestand enthalten ist.
Der von der Bundesregierung angeführte Zweck des Erfordernisses der Bestandsdauer von zehn Jahren als religiöse Bekenntnisgemeinschaft, das dauerhafte Vorliegen der in § 11 Abs 1 Z 3 bis 5 BekGG genannten Bedingungen sicherzustellen, kann daher nicht als ausreichende sachliche Rechtfertigung dieser Voraussetzung angesehen werden, zumal eine Überprüfung des dauernden Bestandes (zumindest einer Gemeinde) der Religionsgemeinschaft ohnehin schon bisher in § 1 Z 2 AnerkennungsG gefordert ist.
3.4. Die Bundesregierung führt weiters aus, dass das Erfordernis des mindestens zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft den im Prüfungsbeschluss formulierten Anforderungen, dass bei Bestehen eines Rahmens für die Zuerkennung eines bestimmten Status (und damit wesentlicher Vorteile) an religiöse Gruppierungen alle Religionsgemeinschaften eine faire Möglichkeit zur Erlangung dieses Status haben und die Kriterien in einer nicht diskriminierenden Weise angewendet werden müssten, bereits entspreche. Durch die geltende Regelung bestehe für alle religiösen Gruppierungen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Möglichkeit, nach Ablauf dieses Zeitraums den Status einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft zu erlangen.
Zutreffend ist, dass die Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG auf alle Religionsgemeinschaften, welche die gesetzliche Anerkennung als Religionsgesellschaft nach dem AnerkennungsG beantragen, gleichermaßen anzuwenden ist. Die Bundesregierung vermag mit diesem Vorbringen die im Prüfungsbeschluss vom , B1581/09, geäußerten Bedenken, dass die Regelung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG keinen Raum für die Berücksichtigung außergewöhnlicher Umstände iSd Rechtsprechung des EGMR ließe, die die belangte Behörde zum Absehen vom - in § 11 Abs 1 Z 1 BekGG geregelten - Erfordernis des zehnjährigen Bestandes als Bekenntnisgemeinschaft ermächtigen würden, und daher sachlich nicht gerechtfertigt sein dürfte, jedoch nicht zu entkräften.
3.5. Der Bundesregierung ist zuzugeben, dass der Verfassungsgerichtshof noch im Erkenntnis VfSlg. 16.102/2001 keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Beobachtungsphase von zehn Jahren als Voraussetzung der gesetzlichen Anerkennung als Religionsgesellschaft (aus der Perspektive des Gleichheitsgrundsatzes) hatte. Der Verfassungsgerichtshof vermag diese Rechtsprechung vor dem Hintergrund der Entscheidung des EGMR vom , Fall Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ua. (Appl. 40.825/98, ÖJZ 2008, 865) jedoch nicht ohne Einschränkung aufrecht zu erhalten.
3.6. Eine verfassungskonforme Interpretation des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG ist auch in Bezug auf die Zehn-Jahres-Frist nicht möglich. Der Begriff der "Bekenntnisgemeinschaft" kann nicht auf einen losen Zusammenschluss von Gläubigen reduziert werden. Angesichts des systematischen Zusammenhanges, in dem die Bestimmung des § 11 BekGG steht, kann eine Bekenntnisgemeinschaft nur als eine "Vereinigung von Anhängern einer Religion, die gesetzlich nicht anerkannt ist", (§1 BekGG) angesehen werden, die Rechtspersönlichkeit nach dem Bekenntnisgemeinschaftengesetz erlangt hat (§2 BekGG). Für Ausnahmen bei Vorliegen bestimmter außergewöhnlicher Umstände lässt die Bestimmung aber auch insoweit keinen Raum.
4. Sohin erweisen sich die im Prüfungsbeschluss vom , B1581/09, geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in Bezug auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nach Art 9 iVm Art 14 EMRK auf Nichtdiskriminierung im Bereich der Religionsausübung als zutreffend.
Da bereits die unter 2.1. genannten Bedenken nicht zerstreut werden konnten, erübrigt es sich, auf die im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Bedenken hinsichtlich des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes einzugehen.
5. Zum Aufhebungsumfang ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in von Amts wegen eingeleiteten Normenprüfungsverfahren den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen hat, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001). Die Grenzen der Aufhebung müssen so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 17.422/2004 mwN).
Das Gesetzesprüfungsverfahren hat ergeben, dass die vom Verfassungsgerichtshof festgestellte Verfassungswidrigkeit nicht in der Voraussetzung des Bestandes als religiöse Bekenntnisgemeinschaft iSd BekGG an sich und daher nicht in der Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 1 BekGG in ihrer Gesamtheit liegt, sondern (lediglich) in den darin festgesetzten Fristen von zwanzig bzw. zehn Jahren. Die Aufhebung der Wortfolge "als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre" reicht daher aus, um die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen.
Die Wortfolge "als Religionsgemeinschaft durch mindestens 20 Jahre, davon mindestens 10 Jahre" in der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.
IV. 1. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der
aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG. Die Setzung einer Frist ist erforderlich, um dem Bundesgesetzgeber die Schaffung einer verfassungskonformen Regelung zu ermöglichen. Dem steht nicht entgegen, dass für die Dauer der Frist eine zur EMRK in Widerspruch stehende Regelung in Geltung bleibt. Es ist mit den Garantien der EMRK vereinbar, wenn eine für konventionswidrig befundene gesetzliche Regelung für eine Übergangszeit in Kraft bleibt, weil der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber eine Frist für die Erlassung einer Neuregelung eingeräumt hat (EGMR , Fall P.B. und J.S. gegen Österreich, Appl. 18.984/02, Z 49).
2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz
3. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.