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VfGH vom 18.06.2015, G55/2015 ua

VfGH vom 18.06.2015, G55/2015 ua

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der von der Subsidiaritätsregel des VStG abweichenden Regelung des Glücksspielgesetzes über die Subsidiarität des gerichtlichen Strafrechts gegenüber dem Verwaltungsstrafrecht; Vollziehung von Angelegenheiten des Glücksspielwesens keine unmittelbare Bundesverwaltung; Zustimmung der Länder zur Kundmachung der Bestimmung über die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder daher nicht erforderlich

Spruch

I. Der zu G138/2015 protokollierte Antrag wird zurückgewiesen, insoweit er die Aufhebung des § 52 Abs 3 GlücksspielgesetzGSpG, BGBl Nr 620/1989 idF BGBl I Nr 13/2014, wegen Verfassungswidrigkeit begehrt.

II. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stellt in den beim Verfassungsgerichtshof zu G55/2015, G56/2015, G62/2015, G97/2015, G99/2015, G122/2015, G123/2015, G138/2015, G141/2015, G146/2015, G155/2015, G168/2015, G169/2015, G174/2015, G181/2015 und G182/2015 protokollierten Verfahren den Antrag auf

"1. Aufhebung des § 52 Abs 3 des Glücksspielgesetzes, BGBlNr 620/1989 i.d.F. BGBlNr 13/2014, zur Gänze sowie

2. auf Aufhebung der Worte 'des Landes' in § 50 Abs 1 des Glücksspielgesetzes, BGBlNr 620/1989, i.d.F. BGBlNr 33/2013"

wegen Verfassungswidrigkeit.

II. Rechtslage

2. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des GlücksspielgesetzesGSpG, BGBl 620/1989 idF BGBl I 13/2014, lauten (die angefochtenen Gesetzesstellen sind hervorgehoben):

"Ausspielungen

§2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

(3) Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, durch Verordnung bau- und spieltechnische Merkmale von Glücksspielautomaten näher zu regeln sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten festzulegen. Glücksspielautomaten gemäß § 5 sind verpflichtend an die Bundesrechenzentrum GmbH elektronisch anzubinden. Der Bundesminister für Finanzen kann im Wege einer Verordnung den Zeitpunkt dieser Anbindung festlegen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen zu den Details der elektronischen Anbindung und den zu übermittelnden Datensätzen in dieser Verordnung Mindeststandards festsetzen, wobei auch der Zugriff der Behörden auf einzelne Glücksspielautomaten (§5) zu regeln ist. Die auf 10 Jahre verteilten Kosten für die Errichtung eines Datenrechenzentrums bei der Bundesrechenzentrum GmbH sowie die Kosten für dessen laufenden Betrieb sind durch die konzessions- und bewilligungserteilenden Behörden den Konzessionären und Bewilligungsinhabern auf Grundlage einer von der Bundesrechenzentrum GmbH durchzuführenden Abrechnung über die durch die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber verursachten Kosten jährlich bescheidmäßig vorzuschreiben und für die Bewilligungsinhaber von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (§5) dem Bund zu erstatten. Im Rahmen des laufenden Betriebs des Datenrechenzentrums kann der Bundesminister für Finanzen ferner jederzeit eine technische Überprüfung von Glücksspielautomaten, der auf diesen befindlichen Software sowie einer allfälligen zentralen Vernetzung vornehmen oder die Vorlage eines unabhängigen technischen Gutachtens über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen verlangen. Mit der Errichtung des Datenrechenzentrums und der elektronischen Anbindung sind dem Bundesminister für Finanzen Quellcodes oder Referenzprogramme der Spielprogramme der daran anzubindenden Glücksspielautomaten gesondert vorab zu hinterlegen.

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

[…]

Verwaltungsstrafbestimmungen

§52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 verstößt;

6. wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7. wer technische Hilfsmittel (z. B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8. wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9. wer verbotene Ausspielungen (§2 Abs 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs 2 vor;

10. wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Bei Übertretung des Abs 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.

(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

(4) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(5) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet.

Beschlagnahmen

§53. (1) Die Behörde kann die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a) mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 verstoßen wird, oder

b) durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs 1 Z 7 verstoßen wird oder

2. fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z 1 lita gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 verstoßen wird oder

3. fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs 1 Z 7 verstoßen wird.

(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht können die in Abs 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, daß die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden. Sie haben darüber außer im Falle des § 52 Abs 1 Z 7 dem Betroffenen sofort eine Bescheinigung auszustellen oder, wenn ein solcher am Aufstellungsort nicht anwesend ist, dort zu hinterlassen und der Behörde die Anzeige zu erstatten. In der Bescheinigung sind der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter und der Inhaber aufzufordern, sich binnen vier Wochen bei der Behörde zu melden; außerdem ist auf die Möglichkeit einer selbständigen Beschlagnahme (Abs3) hinzuweisen. Tritt bei dieser Amtshandlung der Eigentümer der Gegenstände, der Veranstalter oder der Inhaber auf, so sind ihm die Gründe der Beschlagnahme bekanntzugeben.

(3) Die Behörde hat in den Fällen des Abs 2 unverzüglich das Verfahren zur Erlassung des Beschlagnahmebescheides einzuleiten und Ermittlungen zur Feststellung von Identität und Aufenthalt des Eigentümers der Gegenstände, des Veranstalters und des Inhabers zu führen. Soweit nach der vorläufigen Beschlagnahme keine dieser Personen binnen vier Wochen ermittelt werden kann oder sich keine von diesen binnen vier Wochen meldet oder die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthaltes sind, so kann auf die Beschlagnahme selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) Die beschlagnahmten Gegenstände sind amtlich zu verwahren. Bereitet die amtliche Verwahrung Schwierigkeiten, so sind die Gegenstände einer dritten Person in Verwahrung zu geben; sie können aber auch dem bisherigen Inhaber belassen werden, wenn hierdurch der Zweck der Beschlagnahme nicht gefährdet wird. In solchen Fällen ist ein Verbot zu erlassen, über die Gegenstände zu verfügen, wobei hinsichtlich der Benützung, Pflege und Wertsicherung der Gegenstände die erforderlichen Bedingungen und Auflagen festzulegen sind. Die Gegenstände können auch durch amtliche Verschlüsse gesichert werden.

[…]

Betriebsschließung

§56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, daß im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, daß eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, daß der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(3) Über eine Verfügung nach Abs 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) In einem Bescheid nach Abs 3 können auch andere nach Abs 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(6) Die Bescheide gemäß Abs 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

(7) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 3 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen."

3. § 50 GlücksspielgesetzGSpG, BGBl 620/1989 idF BGBl 70/2013, lautet (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):

"STRAF- UND VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Behörden und Verfahren

§50. (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.

(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. Die Organe der Abgabenbehörden können zur Sicherung der Ausübung ihrer Überwachungsbefugnisse die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hinzuziehen.

(4) Die Behörde nach Abs 1 und die in Abs 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs 1, dem Amtssachverständigen (§1 Abs 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

(5) Die Abgabenbehörde hat in Verwaltungsverfahren nach §§52, 53 und 54 dann, wenn zu der Verwaltungsübertretung eine von ihr stammende Anzeige vorliegt, Parteistellung und kann Beschwerde gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen erheben.

(6) Eine von der Bezirksverwaltungsbehörde oder von der Landespolizeidirektion beabsichtigte Aufhebung einer Beschlagnahme oder die Einstellung eines Strafverfahrens ist im Falle des Vorliegens einer Anzeige einer Abgabenbehörde dieser zuvor unverzüglich zur Stellungnahme zu übermitteln.

(7) Der Bundesminister für Finanzen ist berechtigt, gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte der Länder Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben Ausfertigungen glücksspielrechtlicher Entscheidungen unverzüglich dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

(8) Wird das Ermittlungsverfahren, dem eine Anzeige einer Abgabenbehörde zugrunde liegt, von der Staatsanwaltschaft eingestellt, so ist die anzeigende Abgabenbehörde davon unter Darlegung der Gründe unmittelbar zu verständigen. Zur Erfüllung der glücksspielrechtlichen Überwachungsaufgaben haben die Strafgerichte den Bundesminister für Finanzen über den Ausgang von Strafverfahren nach § 168 StGB zu verständigen und ihm unmittelbar nach Rechtskraft eine Urteilsausfertigung zu übermitteln.

(9) Der Bundesminister für Finanzen kann den Informationsaustausch sowie die Form der Übermittlung der Berichte und Dokumente (Abs5 bis 8) mit Verordnung regeln.

(10) Erwachsen einer Behörde bei einer Amtshandlung im Zusammenhang mit dem Beschlagnahme- oder Einziehungsverfahren Barauslagen, so sind diese den Bestraften zur ungeteilten Hand im Strafbescheid, allenfalls mittels gesonderten Bescheids, aufzuerlegen.

(11) Verwaltungsbehörden haben die zu ihrer Kenntnis gelangenden begründeten Verdachtsfälle verbotener Ausspielungen den Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, der Landespolizeidirektion, unverzüglich anzuzeigen."

4. Zur Neufassung des § 52 GSpG durch das Abgabenänderungsgesetz 2014 – AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 24 BlgNR 25. GP, 22 ff.) Folgendes aus:

"Die Änderung erfolgt aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf eine Doppelbestrafungssituation durch § 168 StGB und § 52 Abs 1 und 2 konstatierte ( und ). Durch die Neufassung des § 52 Abs 3 soll die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden klar geregelt und die Gefahr einer Doppelbestrafung (-ssituation) im Sinne des Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK hintangehalten werden.

Die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB soll im Sinne einer in § 22 VStG bestimmten grundsätzlichen Zulässigkeit einer Subsidiarität des Strafrechts gegenüber dem Verwaltungsstrafrecht erfolgen.

Dies steht auch in Einklang mit den Schlussanträgen in der Rs. Pfleger (SA Sharpston vom , Rs. C-390/12, Rn. 83), in denen es als unbeachtlich angesehen wurde, ob ein Verwaltungs- oder ein Strafgericht tätig wird und keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union erkannt wurden. Die zuständigen Verwaltungsgerichte der Länder verfügen über volle Kognitionsbefugnis, sodass dies im Einklang mit Art 6 EMRK steht.

Künftig sollen zahlreiche Ermittlungs- und Feststellungserfordernisse betreffend die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden wie z.B. hinsichtlich möglicher oder tatsächlich geleisteter Einsätze, hinsichtlich der maximal möglichen Einsatzhöhen und hinsichtlich der allfällig gebotenen Zusammenrechnung geringer einzelner Einsatzhöhen (sog. Serienspiele mit allf. Automatikstarttaste) sowie hinsichtlich des Spielens zum Zeitvertreib oder zu bloßen gemeinnützigen Zwecken nicht mehr erforderlich sein, wodurch eine Entlastung und Beschleunigung der Verfahren der Verwaltungsbehörden erreicht wird.

Durch eine gänzliche Konzentration der Zuständigkeiten bei den Verwaltungsbehörden für alle Glücksspielstraftatbestände verbleibt kein Anwendungsbereich für § 168 StGB; auch der Versuch des gerichtlichen Tatbestandes tritt aufgrund dieser Subsidiaritätsbestimmung hinter § 52 zurück, weil es sich auch bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 15 in Verbindung mit § 168 StGB um dasselbe Delikt handelt, wenngleich diese nicht in der Verwirklichung des verpönten Erfolges des § 168 StGB mündete.

Dadurch sollen Reibungsverluste bei der Zuständigkeitsabgrenzung vermieden und Doppelgleisigkeiten im Rahmen der Vollziehung bereinigt werden. Es wird durch die Vollzugskonzentration in der Verwaltung auch eine sachnähere, spezialisierte Verfolgung mit spezifischen Sanktionierungsmöglichkeiten wie der Beschlagnahme nach § 53, der Einziehung nach § 54 und der Betriebsschließung nach § 56a ermöglicht, wodurch ein schnelles und wirksames Reagieren auf bewilligungsloses Angebot sichergestellt wird.

Die Erfahrungen aus dem bisherigen Vollzug der zuständigen Verwaltungsbehörden zeigen die Wirksamkeit und Effektivität des gewählten Modells. In den Jahren 2010 bis 2012 kam es erstinstanzlich zu 638 Verurteilungen, 1 195 Beschlagnahmen und 164 Einziehungen, die rechtskräftig in zweiter Instanz zu 478 Verurteilungen, 1 125 Beschlagnahmen und 58 Einziehungen führten. Im Jahr 2012 gab es demgegenüber nur zwei gerichtliche Verurteilungen nach § 168 StGB, in beiden Fällen wurde jeweils eine Geldstrafe verhängt, im Jahr 2011 gab es elf gerichtliche Verurteilungen nach § 168, die zu insgesamt sieben Geldstrafen, jeweils einer bedingten und teilbedingten Freiheitsstrafe sowie zu zwei anderen Sanktionen führten (Statistik Austria, Gerichtliche Kriminalstatistik 2011 und 2012). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel zu keiner 'Entkriminalisierung' führt.

Zur Sicherstellung einer wirksamen Vollziehung sind aus Gründen der General- und Spezialprävention empfindliche Strafen erforderlich. Diese sollen dem durch die Tat erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen begegnen und so das illegale Angebot zunehmend unattraktiv machen und weiter zurückdrängen. Aus diesem Grund wird eine Staffelung der zu verhängenden Strafen je nach Schwere des Eingriffes (Anzahl der Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstände) bzw. Häufigkeit der Eingriffe (Wiederholungsfall) und eine Mindeststrafenregelung sowie die Erhöhung des Maximalstrafbetrages normiert.

Die Strafdrohung ist nach der Schädlichkeit dadurch differenziert, dass bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen die dreifache Mindeststrafe vorgesehen ist. Dadurch wird einerseits die typischerweise damit einhergehende organisierte (und mit qualifizierter Strafhöhe im Wiederholungsfall auch wiederholte) Übertretung des Gesetzes erfasst und andererseits dem typischerweise damit einhergehenden wirtschaftlichen Nutzen aus dem strafbaren Verhalten begegnet.

Was die Strafsätze betrifft, orientiert sich die Staffelung der Mindest- und Höchststrafen an § 28 Abs 1 AuslBG, der keine verfassungsrechtlichen Bedenken hervorgerufen hat ( ua.).

Es besteht die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen trotz Mindeststrafe eine geringere als diese oder gar keine Strafe im Sinne der §§20 und 21 VStG zu verhängen."

5. § 52 GSpG, BGBl 620/1989 idF vor der Novelle BGBl I 13/2014, lautete:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 40 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 verstößt;

6. wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7. wer technische Hilfsmittel (z.B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8. wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9. wer verbotene Ausspielungen (§2 Abs 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs 2 vor;

10. wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

(3) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(4) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet."

6. Zu Art 131 B VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51/2012, führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage Folgendes aus (RV 1618 BlgNR 24. GP, 15):

"Zu Art 131:

Der vorgeschlagene Art 130 hat die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte allgemein zum Inhalt; im vorgeschlagenen Art 131 werden diese Zuständigkeiten auf die Verwaltungsgerichte nach dem Modell der Generalklausel (Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder) mit taxativen Ausnahmen (Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Bundes) verteilt.

Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes gemäß dem vorgeschlagenen Art 131 Abs 2 erster Satz knüpft daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art 102 B VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art 102 Abs 2 B VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt (siehe Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008], 29 [35 ff]). Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes besteht also auch dann, wenn die Vollziehung durch Bundesbehörden erfolgt, die gemäß Art 102 Abs 4 B VG mit Zustimmung der Länder für andere als die im Abs 2 bezeichneten Angelegenheiten errichtet wurden.

Keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes besteht hingegen,

– wenn mit der Vollziehung einer Angelegenheit gemäß Art 102 Abs 3 B VG der Landeshauptmann beauftragt ist;

– wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, gemäß Art 102 Abs 1 zweiter Satz B VG in Unterordnung unter den Landeshauptmann Bundesbehörden mit der Vollziehung betraut sind;

– wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, (ausnahmsweise) eine erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesministers vorgesehen ist.

Andernfalls käme es nämlich in den beiden zuletzt genannten Fällen zu einer zwischen dem Verwaltungsgericht des Landes und dem Verwaltungsgericht des Bundes nach organisatorischen Kriterien geteilten Zuständigkeit in ein und derselben (kompetenzrechtlichen) Angelegenheit, was dem Gedanken widerspräche, alle Rechtssachen in einer Angelegenheit aus verfahrensökonomischen Gründen bei ein und demselben Gericht zu konzentrieren.

Da auf die Vollziehung von Angelegenheiten in unmittelbarer Bundesverwaltung abgestellt wird, fallen nach der Generalklausel des vorgeschlagenen Art 131 Abs 1 auch Angelegenheiten, die weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden, in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder; dies ist etwa bei der Sicherheitsverwaltung, dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers (siehe Wiederin, aaO, 36) oder in den (seltenen) Konstellationen der Fall, in denen auf Grund besonderer verfassungsgesetzlicher Ermächtigung im Bereich der Vollziehung des Landes eingerichtete Rechtsträger (zB Landwirtschaftskammern) mit der Vollziehung des Bundes betraut sind."

7. § 22 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl 52/1991 idF BGBl I 33/2013, lautet:

"Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

§22. (1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

(2) Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen."

8. § 22 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl 52/1991 idF vor der Novelle BGBl I 33/2013, lautet:

"Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

§22. (1) Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen.

(2) Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen."

9. § 168 StrafgesetzbuchStGB, BGBl 60/1974, lautet:

"Glücksspiel

§168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

10. G 55/2015:

1.1. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von sechs Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren zuvor bei einer Kontrolle in einer Tankstelle in Pichl bei Wels von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führt in seinem Antrag zum Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen im Wesentlichen Folgendes aus (ohne die Hervorhebungen im Original):

"II. Präjudizialität

1. Im Anlassfall wurde die Beschlagnahme unter Heranziehung der Bestimmung des § 53 Abs 1 Z 1 lita des Glücksspielgesetzes, BGBlNr 620/1989 (im Folgenden: GSpG) – wobei dieses in der zum Vorfallszeitpunkt seit dem maßgeblichen Fassung BGBlNr I 13/2014 anzuwenden war – angeordnet.

2. Nach § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG kann die Behörde eine Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmittel – und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist – anordnen, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht insbesondere derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, der zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

Nach § 52 Abs 4 zweiter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

3. Da für den Fall eines verbotenen Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes neben der Verhängung einer Geldstrafe sowohl der Verfall als auch die Einziehung der Eingriffsgegenstände gesetzlich vorgesehen sind (vgl. § 52 Abs 4 zweiter Satz GSpG und § 54 Abs 1 GSpG), hängt die Frage der Zulässigkeit der behördlichen Anordnung einer Beschlagnahme im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG sohin im Ergebnis davon ab, ob der Verdacht einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG als gegeben angenommen werden kann.

Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn sich auf der anderen Seite ausschließen lässt, dass ein Vergehen gegen § 168 StGB vorliegt.

Hinsichtlich der im Lichte des Art 94 Abs 1 B VG gebotenen Abgrenzung zwischen den behördlich strafbaren Tatbeständen des § 52 Abs 1 GSpG und den gerichtlich strafbaren Tatbeständen des § 168 StGB ordnet § 52 Abs 3 GSpG nunmehr an, dass dann, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen ist.

4. Vor diesem Hintergrund ist daher die Bestimmung des § 52 Abs 3 GSpG i.d.g.F. BGBlNr I 13/2014 im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich nach hg. Auffassung als präjudiziell anzusehen.

5. Gleiches gilt in Bezug auf § 50 Abs 1 GSpG, insoweit dieser anordnet, dass u.a. gegen in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehende behördliche Entscheidungen eine Beschwerde – i.S.d. Art 130 Abs 1 Z 1 B VG – an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden kann.

III. Verfassungsrechtliche Bedenken

[…]

3. Die nunmehrige Anordnung des § 52 Abs 3 GSpG dürfte sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich aus folgenden Gründen als verfassungswidrig erweisen:

3.1. Bedenken im Hinblick auf den verfassungsmäßigen Kernbereich des gerichtlichen Strafrechts (Art91 und Art 92 B VG)

Bereits in seinem Erkenntnis vom , G115/93 u.a. (= VfSlg 14361/1995), hat der VfGH zu einem sog. 'Kernbereich des gerichtlichen Strafrechts' u.a. festgestellt:

'Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur (beginnend mit VfSlg 12151/1989, bekräftigt mit VfSlg 12282/1990, 12389/1990, 12471/1990, 12546/1990, 12547/1990, 12920/1991) dargetan, dass die aus Art 91 B VG abzuleitenden Grundsätze es (auch) dem Landesgesetzgeber bei Zutreffen bestimmter Voraussetzungen gebieten, die Zuständigkeit des Strafgerichts vorzusehen. Dies dann, wenn er sich im Hinblick auf die nach seiner Wertung gegebene hohe Sozialschädlichkeit eines Verhaltens veranlasst sieht, zu dessen Hintanhaltung eine schwerwiegende, in den Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit fallende Strafdrohung festzulegen, wozu auch die Androhung besonders hoher Geldstrafen zählt. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Rechtsprechung. Aus ihr geht auch hervor, dass eine Strafdrohung von 2 Mio. S in den im Erkenntnis VfSlg 12282/1990 umschriebenen Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit fällt (vgl. VfSlg 12151/1989, S. 104 und 106; 12389/1990, S. 614).

Die von der Wiener Landesregierung ..... unter Berufung auf Literatur ..... abgegebene Äußerung vermag den Verfassungsgerichtshof nicht zu veranlassen, von der erwähnten Judikatur abzugehen:

Die Wiener Landesregierung argumentiert zum einen ….. mit dem Hinweis auf die – mit Jänner 1991 (also erst nach Ergehen der oben zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes) in Kraft getretene – B VG-Nov 1988, BGBl 685, mit der die unabhängigen Verwaltungssenate eingeführt wurden. Seither sei jede Verwaltungsstrafe letztlich von einem Tribunal iS des Art 6 EMRK zu verhängen. …..

Diese Ausführungen widerlegen das vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 12151/1989 aus Art 91 B VG abgeleitete Begründungselement nicht, ….. In diesem Erkenntnis heißt es, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten sei, mit der Ahndung bestimmter strafbarer Handlungen, die (wegen ihrer Unabhängigkeit hierzu besonders qualifizierten) Organe der Strafgerichtsbarkeif zu betrauen. Die in Klammern gesetzte Wendung ist als bloßes Nebenargument zu verstehen, das auf die – von der Verfassung angenommene – besondere Qualifikation der Strafgerichte gegenüber Verwaltungsbehörden hinweist. Diese Besonderheit der Strafgerichte besteht auch im Verhältnis zu jenen Verwaltungsbehörden, die als unabhängige Verwaltungssenate' bezeichnet werden. …..'

Den Ausgangspunkt für die in diesem Erkenntnis (in Verbindung mit den darin bezogenen Entscheidungen) konstatierten, den Kernbereich des gerichtlichen Strafrechts determinierenden Kriterien bilden sohin die Art 91 und 92 B VG, in denen insoweit Folgendes festgelegt ist:

[…]

Demnach wird der Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit gemäß Art 91 Abs 2 und 3 B VG (i.V.m. § 31 Abs 2 und 3 StPO – wobei die beiden letztgenannten einfachgesetzlichen Bestimmungen gleichsam wohl 'materielles Verfassungsrecht' verkörpern –) nach Auffassung des VfGH in erster Linie durch die gesetzlich festgelegte Strafdrohung charakterisiert: Ist diese 'schwer wiegend', dann hat der einfache Gesetzgeber zur Ahndung solcher Delikte jedenfalls die ordentlichen Gerichte zu berufen.

Wo diese Grenze gleichsam als unterschritten anzusehen ist – und damit der (potentielle) Bereich des Verwaltungsstrafrechts beginnt –, lässt sich zwar im Vorhinein nicht exakt feststellen. Allerdings hatte der VfGH zuvor schon in seinem Erkenntnis vom , G6/89 u.a. (= VfSlg 12151/1989), konstatiert, dass eine strafbare Handlung dem Bereich des Justizstrafrechts jedenfalls dann zugehört, wenn die angedrohte Strafe vor dem Hintergrund des in der gerichtlichen Strafrechtsordnung enthaltenen Systems von Strafen in unterschiedlicher Höhe als für den Bestraften besonders empfindlich einzustufen ist:

[…]

Wenngleich die in § 52 Abs 1 GSpG angedrohte Höchststrafe von 60.000 Euro isoliert betrachtet nicht jenen Wert erreicht, wie er den zuvor angeführten Erkenntnissen VfSlg 14361/1995 und 12151/1989 zu Grunde lag und selbst unter Außerachtlassung des Umstandes, dass es auf Grund der zwingenden Vorgabe des § 52 Abs 2 GSpG nicht unrealistisch ist, dass dieses Höchstausmaß in der Praxis auch tatsächlich erreicht bzw. diesem sehr nahe gekommen wird, darf dennoch nicht übersehen werden, dass das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen eines unselbständigen Erwerbstätigen im Jahr 2013 lediglich 1.808 Euro betragen hatte [...].

Angesichts dessen, dass auf Grund der weiten Fassung des Tatbestandes des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG durchaus auch unselbständig Bedienstete eines Unternehmens als potentielle Täter in Frage kommen, entspricht daher eine Höchststrafe von 60.000 Euro in etwa dem 33-fachen durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen oder nahezu drei durchschnittlichen Jahresgehältern eines unselbständigen Erwerbstätigen. Damit muss aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich wohl davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Höchststrafe von 60.000 Euro durchaus um eine 'schwer wiegende' Strafdrohung im Sinne der dargestellten Judikatur des VfGH handelt, weshalb der einfache Gesetzgeber gemäß Art 91 und 92 B VG auch dazu verhalten gewesen wäre, die Vollziehung derartiger Deliktstatbestände der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu überantworten.

Daran vermag nach h. Einschätzung auch der Umstand, dass im Bereich des Verwaltungsstrafrechts seit dem Inkrafttreten der B VG-Novelle BGBl Nr I 51/2012 am (allerdings erst) im Rechtsmittelinstanzenzug anstelle der Unabhängigen Verwaltungssenate nunmehr Verwaltungsgerichte – und damit anstatt von Behörden jetzt Gerichte (im Sinne des B VG) – zuständig sind, nichts zu ändern: Denn das ausschlaggebende Motiv für die Einführung einer ausschließlichen behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Vollzugszuständigkeit lag nach den zuvor dargestellten Gesetzesmaterialien in der (vermeintlich) vergleichsweise höheren Effizienz der behördlichen gegenüber der gerichtlichen Strafverfolgung. Dass sich eine solche Effizienzsteigerung jedoch nur bei gleichzeitiger Inkaufnahme entsprechender, für das Verwaltungsstrafverfahren (und gemäß § 38 VwGVG auch für das Verfahren der Verwaltungsgerichte) typischer Relativierungen von rechtsstaatlichen Standardgarantien – wie Inquisitionsmaxime (vgl. § 24 VStG i.V.m. § 39 Abs 2 AVG), Beweislastumkehr (vgl. § 5 Abs 1 VStG), Amtssachverständige (§24 VStG i.V.m. § 52 Abs 1 AVG), etc. sowie der spezifisch glücksspielgesetzlichen Eingriffsinstrumentarien (vorläufige und endgültige Beschlagnahme, Verfall, Einziehung, Betriebsschließung) – erreichen lässt, liegt auf der Hand.

Unabhängig davon, dass bislang noch offen ist, ob diese das Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren prägenden Prinzipien (für sich betrachtet bzw. in toto) jeweils dem Grundsatz eines fairen Verfahrens i.S.d. Art 6 Abs 1 EMRK gerecht zu werden vermögen, scheinen dadurch jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang die vom VfGH in den Erkenntnissen VfSlg 14361/1995 und 12151/1989 relevierten Bedenken, wonach der einfache Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten ist, mit der Ahndung bestimmter strafbarer Handlungen 'die wegen ihrer Unabhängigkeit hierzu besonders qualifizierten Organe der Strafgerichtsbarkeit zu betrauen', gerade nicht ausgeräumt zu sein.

Angesichts der Höhe der drohenden Geldstrafe hätte daher die Vollziehung der Strafbestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG den ordentlichen Gerichten übertragen werden müssen bzw. scheint die Betrauung von Verwaltungsbehörden im Lichte der Art 91 und 92 B VG wohl als verfassungswidrig.

Wird dies als zutreffend erachtet, dann scheint aber erst recht der in § 52 Abs 3 GSpG normierte umfassende Vorrang der behördlichen vor einer allfälligen gerichtlichen Strafbarkeit gegen die Verfassungsbestimmungen des Art 91 und 92 B VG zu verstoßen.

3.2. Bedenken im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer abweichenden Regelung i.S.d. Art 11 Abs 2 B VG bzw. im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes (Art7 B VG bzw. Art 2 StGG)

In der seit dem Inkrafttreten der Novelle BGBl Nr I 33/2013 am maßgeblichen Fassung lautet § 22 Abs 1 VStG:

'Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.'

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl. 2009 BlgNR 24. GP, S. 20) wird hierzu festgestellt:

'Der vorgeschlagene Abs 1 normiert eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit. Eine Tat soll als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.'

Bis zum lautete § 22 Abs 1 VStG seit der Stammfassung BGBlNr 275/1925:

'(1) Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen.'

3.2.1. Wenngleich dies weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus den Erläuterungen explizit hervorgeht, scheint die in § 22 Abs 1 VStG enthaltene Ermächtigung zugunsten des Materiengesetzgebers, hiervon abweichende Vorschriften erlassen zu können, bei verfassungskonformer Interpretation – weil es sich hierbei um eine Bestimmung des 'Allgemeinen Teiles' des Verwaltungsstrafrechts (oder zumindest des Verwaltungsstrafverfahrens) handelt – auch ihrerseits unter dem materiellen Vorbehalt des Art 11 Abs 2 B VG zu stehen; denn ansonsten könnte der einfache Gesetzgeber diese Verfassungsnorm stets – womit jedoch zugleich der Vereinheitlichungsgedanke des Art 11 Abs 2 B VG obsolet würde – unschwer dadurch umgehen, dass ursprünglich mit einem bestimmten Inhalt fixierte Bestimmungen des 'Allgemeinen Teiles' des Verwaltungsstrafrechts (oder des Verwaltungsstrafverfahrens) durch eine Novellierung derart abgeändert werden, dass sie ex post mit einer von den inhaltlichen Bindungen des Art 11 Abs 2 gänzlich freistellenden Ermächtigungsklausel versehen werden.

Davon ausgehend scheint sich die Sonderregelung des § 52 Abs 3 GSpG daher nur dann als verfassungsrechtlich zulässig zu erweisen, wenn sie 'zur Regelung des Gegenstandes erforderlich' ist. Dieses Kriterium wurde vom VfGH stets dahin verstanden, dass von den Verwaltungsverfahrensgesetzen – wie etwa vom VStG – abweichende Anordnungen seitens der Materiengesetzgeber nur dann getroffen werden dürfen, wenn und soweit diese 'unerlässlich' sind (vgl. jüngst , m.w.N.).

Abgesehen davon, dass sich § 52 Abs 3 GSpG wohl bereits aus den zuvor unter 3.1. angeführten Bedenken als verfassungswidrig erweist, dürfte sich eine unbedingte Erforderlichkeit zur Regelung des Glücksspielwesens derart, dass diese eine Verkehrung der allgemeinen Subsidiaritätsklausel des § 22 Abs 1 VStG in ihr Gegenteil notwendig macht, aus den in den zuvor zitierten Erläuterungen zur RV genannten Motiven nicht ableiten lassen. Denn zum einen fordert das Doppelverfolgungs- und -bestrafungsverbot des Art 4 des 7. ZPMRK jedenfalls kein Subsidiaritätsverhältnis dahin, dass der gerichtliche gegenüber dem verwaltungsbehördlich strafbaren Tatbestand unbedingt nachrangig sein müsste, sondern dieses Verfassungsprinzip erweist sich insoweit vielmehr als gleichsam neutral: Danach ist eine parallele Verfolgung nämlich so lange zulässig, bis entweder die gerichtliche oder die behördliche Bestrafung rechtskräftig geworden ist – mit der Wirkung, dass in der Folge das andere, noch laufende Strafverfahren einzustellen ist. Und zum anderen verkörpert die in den Erläuterungen zur RV angeführte 'Kriminalstatistik' bloß eine Momentaufnahme, in der zudem einerseits nicht dieselben Zeiträume verglichen wurden und andererseits die dargestellten Zahlen von rechtskräftigen zweitinstanzlichen Behördenverfahren die (in der Praxis auch nahezu regelmäßig ergriffene) Möglichkeit einer sich daran anschließenden Beschwerdeführung bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gänzlich ausblendet.

Schließlich darf auch nochmals darauf hingewiesen werden, dass die vergleichsweise höheren rechtsstaatlichen und organisationsrechtlichen Garantien im Bereich des Justizstrafrechts zwar die Effizienz der Strafverfolgung bis zu einem gewissen Grad beeinträchtigen mögen; dies vermag jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich keine sachliche Rechtfertigung dafür zu bilden, eine seit nahezu einem Jahrhundert sowohl den 'Allgemeinen Teil' des Verwaltungsstrafrechts als auch den gesamten übrigen Bereich des 'Besonderen Teiles' des Verwaltungsstrafrechts prägende Regelung ausschließlich zum Zweck des Vollzuges des GSpG geradezu in ihr Gegenteil zu verkehren.

Insoweit dürfte daher § 52 Abs 3 GSpG auch gegen Art 7 B VG bzw. Art 2 StGG verstoßen.

3.2.2. Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten würde, dass der materielle Vorbehalt des Art 11 Abs 2 B VG auf Grund der in § 22 Abs 1 VStG enthaltenen Ermächtigung hinsichtlich § 52 Abs 3 GSpG nicht zum Tragen kommt, dürfte sich die letztgenannte Bestimmung aber dennoch aus folgendem Grund als verfassungswidrig erweisen:

Seit der Stammfassung des StGB (BGBlNr 60/1974) ist das durch § 168 StGB verbotene Glücksspiel mit einem – im Hinblick auf die damals bereits in Geltung gestandene Strafbestimmung des § 50 des Glücksspielgesetzes BGBlNr 169/1962 – vergleichsweise höheren sozialen Unwerturteil assoziiert und dem entsprechend als ein gerichtlich strafbarer Tatbestand verankert.

Dass sich diese Wertehaltung im Lauf der Zeit allenfalls verschieben kann, liegt auf der Hand. Allerdings müsste dann, wenn in rechtspolitischer Hinsicht in den letzten vier Jahrzehnten tatsächlich eine derartige Änderung eingetreten wäre, dieser Wertewandel auch in den einschlägigen Rechtsnormen entsprechend zum Ausdruck gekommen sein. Derartiges ist jedoch offenkundig nicht der Fall, im Gegenteil: Denn einerseits steht § 168 StGB nach wie vor unverändert in Geltung; und andererseits wurde in den vorzitierten Erläuterungen zur RV zur GSpG Novelle BGBlNr I 13/2014 sogar explizit darauf hingewiesen, dass 'die Umkehr der bisherigen Subsidiaritätsregel' eben gerade 'zu keiner 'Entkriminalisierung' führen' soll (vgl. 24 BlgNR, 25. GP, 22). Hat daher der Gesetzgeber einerseits – wovon im Zuge der Einführung des StGB auszugehen war – die Zuweisung einer Materie zum Justizstrafrecht damals in verfassungskonformer, nämlich den Anforderungen des Art 91 und des Art 92 B VG entsprechender Weise vorgenommen und ist andererseits davon auszugehen, dass das damit verbundene Werturteil der hohen Sozialschädlichkeit auch gegenwärtig noch besteht, so kann diese prinzipielle materielle Festlegung wohl nicht ex post durch eine verfahrensrechtliche Regelung unterlaufen werden, die darauf abzielt, dass dem vergleichsweise als gravierender zu qualifizierenden gerichtlichen Straftatbestand dessen Anwendungsbereich gänzlich entzogen wird.

Gerade dies intendiert aber die Bestimmung des § 52 Abs 3 GSpG, weil nach den vorzitierten Erläuterungen zur RV 'durch eine gänzliche Konzentration der Zuständigkeiten bei den Verwaltungsbehörden für alle Glücksspielstraftatbestände ..... kein Anwendungsbereich für § 168 StGB' verbleibt; 'auch der Versuch des gerichtlichen Tatbestandes tritt auf Grund dieser Subsidiaritätsbestimmung hinter § 52 zurück, weil es sich auch bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 15 in Verbindung mit § 168 StGB um dasselbe Delikt handelt, wenngleich diese nicht in der Verwirklichung des verpönten Erfolges des § 168 StGB mündete' (vgl. 24 BlgNR, 25. GP, 22).

Im Interesse einer (vermeintlich) höheren Vollzugseffizienz die Werteordnung gleichsam auf den Kopf zu stellen, dürfte aber nicht nur Art 91 und 92 B VG, sondern zudem auch dem Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes widersprechen.

3.3. Bedenken im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Zustimmung der Länder gemäß Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG

Nach Art 131 Abs 1 B VG erkennen, soweit sich aus Art 131 Abs 2 und 3 B VG nicht anderes ergibt, über Beschwerden nach Art 130 Abs 1 B VG die Verwaltungsgerichte der Länder.

Gemäß Art 131 Abs 2 erster Satz B VG erkennt über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, das (allgemeine) Verwaltungsgericht des Bundes.

Hinsichtlich des Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Glücksspielgesetz legt § 50 GSpG unter der Überschrift 'Behörden und Verfahren' Folgendes fest:

'(1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.

[…]'

Aus § 50 GSpG scheint sich daher insgesamt zu ergeben, dass das Verwaltungsstrafverfahren von den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Landespolizeidirektionen unter der Aufsicht und Weisungsbefugnis des Bundesministers für Finanzen durchzuführen ist. Jedenfalls insoweit, als der Tatort im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, liegt, wird damit aber die Vollziehung ausschließlich und unmittelbar von Bundesbehörden besorgt.

Dem entsprechend haben insoweit über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B VG nicht die Verwaltungsgerichte der Länder, sondern nach Art 130 Abs 2 B VG das (allgemeine) Verwaltungsgericht des Bundes zu erkennen.

Vor diesem Ausgangspunkt kann die Anordnung des § 50 Abs 1 GSpG, wonach (auch) gegen eine Entscheidung der Landespolizeidirektion eine Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden kann, aber nur dann als verfassungskonform erscheinen, wenn die Länder dieser Regelung vor ihrer Kundmachung gemäß Art 131 Abs 4 Z 1 i.V.m. Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG

zugestimmt haben.

Eine derartige Zustimmung der – i.S.v.: aller – Bundesländer dürfte jedoch vor der Kundmachung der GSpG-Novelle BGBlNr I 70/2013 nicht vorgelegen haben, weshalb sich die Worte 'des Landes' in § 50 Abs 1 GSpG, die eine Zuständigkeit des (allgemeinen) Verwaltungsgerichtes des Bundes kategorisch ausschließen, als verfassungswidrig erweisen dürften."

1.2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, welche kein Vorbringen zur Zulässigkeit des Antrags enthält. Den im Antrag geäußerten Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen tritt die Bundesregierung (im Wesentlichen) mit folgenden Ausführungen entgegen:

"II.

Zu den inhaltlichen Bedenken

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B–VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

1. Zu den Bedenken in Hinblick auf Art 91 und 92 B VG

[…]

2. Zu den Bedenken in Hinblick auf Art 11 Abs 2 B VG und Art 2 StGG sowie Art 7 B VG

2.1. Das antragstellende Verwaltungsgericht bringt vor, man müsse § 52 Abs 3 GSpG in 'verfassungskonformer Interpretation' an Art 11 Abs 2 B VG messen, der eine von den Verwaltungsverfahrensgesetzen abweichende Regelung nur dann zuließe, wenn diese zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sei. Eine solche Regelung sei aber gerade nicht unerlässlich im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, weshalb sie gegen Art 11 Abs 2 B VG verstoße. Auch würde es gegen Art 7 B VG und Art 2 StGG verstoßen, die das Verwaltungsstrafrecht prägende Regelung ausschließlich zum Zweck des Vollzuges des GSpG ins Gegenteil zu verkehren. Der Gesetzgeber könne weiters nicht einen plötzlichen Wertewandel durch eine Änderung nur der verfahrensrechtlichen Regelungen herbeiführen und damit dem gerichtlichen Straftatbestand dessen Anwendungsbereich gänzlich entziehen, obwohl die hohe Sozialschädlichkeit der Tätigkeit weiterhin bestehe.

2.2. Die Tatbestände des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG und des § 168 StGB können durch eine Tat vom Wortlaut her gleichzeitig erfüllt sein (Idealkonkurrenz). Genau für diesen Fall trifft der Gesetzgeber nunmehr – in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise – eine ausdrückliche Regelung in § 52 Abs 3 GSpG, nämlich dahingehend, dass nur eine Verwaltungsübertretung zu ahnden ist, wenn gleichzeitig auch der gerichtlich strafbare Tatbestand des § 168 StGB erfüllt ist. § 22 Abs 1 VStG trifft eine Regelung '(s)oweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen'. Damit wird die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber besonderen Verwaltungsvorschriften angeordnet. § 52 Abs 3 GSpG ist eine Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 22 Abs 1 VStG. Eine Prüfung am Maßstab des Art 11 Abs 2 B VG scheidet daher aus (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger , Verwaltungsverfahrensrecht 10 (2014) Rz. 1078).

Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen solche Subsidiaritätsbestimmungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen offensichtlich keine Bedenken und hat wiederholt ausgesprochen, dass solche Bestimmungen den Materiengesetzgeber nicht auf die im Art 11 Abs 2 B VG vorgesehene Weise beschränken (vgl. etwa VfSlg 13.878/1994, 16.285/2001).

2.3. Zum weiteren Vorbringen ist dem antragstellenden Verwaltungsgericht zunächst entgegen zu halten, dass es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, ob er ein bestimmtes unerwünschtes Verhalten (auch) strafrechtlich sanktioniert, oder 'nur' andere Rechtsfolgen vorsieht (zB zivilrechtliche Instrumente, wie etwa Schadenersatz- oder Bereicherungsrecht oder Unterlassungsansprüche nach dem UWG). Wenn der Gesetzgeber ein Verhalten jedoch als strafwürdig erachtet, so liegt es grundsätzlich in seinem Gestaltungsspielraum, ob er eine Materie im Verwaltungsstrafrecht belässt. Auch in der Literatur wird durchwegs die Meinung vertreten, dass es der Legislative grundsätzlich freisteht, ob sie Gerichte oder Verwaltungsbehörden für zuständig erklärt (vgl. Wiederin , Die Zukunft des Verwaltungsstrafrechts, 16. ÖJT Band III/1, 8 mwN). Für den Fall jedoch, dass etwa bestimmte Strafhöhen überschritten werden, hat der Gesetzgeber – zB auf Grund der Schranken des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit oder des Art 91 B VG – die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorzusehen.

2.4. Weiters ist der Ansicht der antragstellenden Verwaltungsgerichts entgegen zu halten, dass angesichts des in den Gesetzesmaterialien dargestellten hohen Verfolgungsdrucks auf illegales Glücksspielangebot die Regelung des § 52 Abs 3 GSpG die 'prinzipielle materielle Festlegung' nicht unterläuft. Es erfolgt keine 'Entkriminalisierung', da die hohe Sozialschädlichkeit von unerlaubtem Glücksspiel weiterhin gegeben ist. Allerdings wird dieses auf Grund des § 52 Abs 3 von den Verwaltungsstrafbehörden geahndet.

2.5. Nach Ansicht der Bundesregierung verstoßen die angefochtenen Bestimmungen somit weder gegen Art 11 Abs 2 B VG noch gegen Art 7 B VG oder Art 2 StGG.

3. Zu den Bedenken in Hinblick auf Art 131 B VG

3.1. Nach Ansicht des antragstellenden Verwaltungsgerichts ergebe sich aus § 50 GSpG, dass das Verwaltungsstrafverfahren von den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. den Landespolizeidirektionen unter der Aufsicht und Weisungsbefugnis des Bundesministers für Finanzen durchzuführen sei und dass jedenfalls, insoweit die Landespolizeidirektionen gemäß dieser Bestimmung tätig würden, die Vollziehung ausschließlich und unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werde. Dementsprechend hätten die Länder gemäß Art 131 Abs 4 Z 1 iVm. Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG zu dieser von Art 130 Abs 2 B VG abweichenden Regelung zustimmen müssen, was nicht erfolgt sei.

3.2. Gemäß Art 131 Abs 2 B VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B VG in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Die Landesverwaltungsgerichte entscheiden gemäß Art 131 Abs 1 B VG immer dann, wenn Art 131 Abs 2 und 3 B VG nichts anderes vorsehen.

Die Regierungsvorlage (RV 1618 BlgNR 24. GP 27) zur Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012, BGBl I Nr 51/2012 führt zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bzw. zur Generalklausel des Art 131 Abs 1 B VG aus:

'Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes gemäß dem vorgeschlagenen Art 131 Abs 2 erster Satz knüpft daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art 102 B VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art 102 Abs 2 B VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt (siehe Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008], 29 [35 ff]). Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes besteht also auch dann, wenn die Vollziehung durch Bundesbehörden erfolgt, die gemäß Art 102 Abs 4 B VG mit Zustimmung der Länder für andere als die im Abs 2 bezeichneten Angelegenheiten errichtet wurden.

Keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes besteht hingegen,

– wenn mit der Vollziehung einer Angelegenheit gemäß Art 102 Abs 3 B VG der Landeshauptmann beauftragt ist;

– wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, gemäß Art 102 Abs 1 zweiter Satz B VG in Unterordnung unter den Landeshauptmann Bundesbehörden mit der Vollziehung betraut sind;

– wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, (ausnahmsweise) eine erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesministers vorgesehen ist.

Andernfalls käme es nämlich in den beiden zuletzt genannten Fällen zu einer zwischen dem Verwaltungsgericht des Landes und dem Verwaltungsgericht des Bundes nach organisatorischen Kriterien geteilten Zuständigkeit in ein und derselben (kompetenzrechtlichen) Angelegenheit, was dem Gedanken widerspräche, alle Rechtssachen in einer Angelegenheit aus verfahrensökonomischen Gründen bei ein und demselben Gericht zu konzentrieren.

Da auf die Vollziehung von Angelegenheiten in unmittelbarer Bundesverwaltung abgestellt wird, fallen nach der Generalklausel des vorgeschlagenen Art 131 Abs 1 auch Angelegenheiten, die weder in unmittelbarer noch in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden, in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder; dies ist etwa bei der Sicherheitsverwaltung, dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde oder eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers (siehe Wiederin, aaO, 36) oder in den (seltenen) Konstellationen der Fall, in denen auf Grund besonderer verfassungsgesetzlicher Ermächtigung im Bereich der Vollziehung des Landes eingerichtete Rechtsträger (zB Landwirtschaftskammern) mit der Vollziehung des Bundes betraut sind.'

3.3. Die Kompetenz des Bundes zur Regelung des Glücksspielwesens gründet sich auf den in Art 10 Abs 1 Z 4 B VG enthaltenen Tatbestand 'Monopolwesen'. Dieser Tatbestand ist zwar in der Aufzählung des Art 102 Abs 2 B VG enthalten und könnte daher auch in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden. Der Bund hat allerdings von dieser Möglichkeit im Glücksspielgesetz nicht Gebrauch gemacht, weshalb der in Art 102 Abs 1 B VG enthaltene Grundsatz zur Anwendung gelangt. Auch die weiteren Glücksspielgesetznovellen haben daran nichts geändert (ausführlich dazu Zeinhofer , Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate in Betriebsschließungsverfahren nach dem Glücksspielgesetz, wbl 2010, 161 [165ff]).

Solange der Bund keine eigenen Glücksspielbehörden ins Leben ruft, handelt es sich daher jedenfalls um mittelbare Bundesverwaltung (vgl. Zeinhofer , Zuständigkeit 166). Auch der Verfassungsgerichtshof ist in VfSlg 19.755/2013 davon ausgegangen, dass § 56a GSpG iVm. § 50 Abs 1 GSpG idF. BGBl I Nr 50/2012, mangels Regelung der Vollziehung unmittelbar durch Bundesbehörden, in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen ist.

Da der Glücksspielgesetzgeber zwischenzeitig keine Änderungen hinsichtlich der Vollziehung des GSpG vorgenommen hat, ist davon auszugehen, dass auch Beschlagnahmen des § 53 GSpG iVm. § 50 GSpG in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden.

3.4. Da § 131 Abs 2 B VG auf die (tatsächliche) Vollziehung von Angelegenheiten in unmittelbarer Bundesverwaltung abstellt und nicht auf die bloße Aufzählung in Art 102 Abs 2 B VG, kommt im gegenständlichen Fall Art 131 Abs 1 B VG zur Anwendung, sodass die Landesverwaltungsgerichte zur Entscheidung über Beschwerden zuständig sind. Entgegen der Ansicht des antragstellenden Verwaltungsgerichts bedurfte es zur Kundmachung des § 50 Abs 1 GSpG idgF daher keiner Zustimmung der Länder gemäß Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG.

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass der angefochtene § 52 Abs 3 sowie die angefochtene Wortfolge in § 50 Abs 1 GSpG, nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

11. G 56/2015

1.3. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von drei Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Ort im Innkreis von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.4. Die Bundesregierung erstattete für die Verfahren G55/2015 und G56/2015 eine gemeinsame Äußerung (vgl. die Wiedergabe unter Pkt. III.1.2.).

12. G 62/2015

1.5. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die vorläufige Beschlagnahme eines Glücksspielautomaten aufgehoben wurde. Dieser Glücksspielautomat war bei einer Kontrolle in einem Lokal in Bad Schallerbach von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.6. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

13. G 97/2015

1.7. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die vorläufige Beschlagnahme eines Glücksspielautomaten aufgehoben wurde. Dieser Glücksspielautomat war bei einer Kontrolle in einem Lokal in Enns von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.8. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

14. G 99/2015

1.9. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von vier Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Enns von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

15. G 122/2015

1.10. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von zwei Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Wels von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.11. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

16. G 123/2015

1.12. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von zwei Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Wels von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.13. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

17. G 138/2015

1.14. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG anhängig. Über die beschwerdeführende Partei vor dem Landesverwaltungsgericht wurde eine näher bestimmte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil die beschwerdeführende Partei bei einer Kontrolle am Auskünfte zu in ihrem Geschäftslokal aufgestellten Glücksspielautomaten verweigert habe.

Zur Zulässigkeit des Antrags erstattet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgendes Vorbringen:

"II. Präjudizialität

1. Im hg. Anlassfall wurde die bekämpfte Geldstrafe unter Heranziehung der Bestimmungen des § 52 Abs 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs 4 des Glücksspielgesetzes, BGBI.Nr 620/1989 (im Folgenden: GSpG) – wobei dieses in der zum Vorfallszeitpunkt seit dem maßgeblichen Fassung BGBI.Nr I 13/2014 anzuwenden war – verhängt.

2. Nach § 50 Abs 4 GSpG sind die Behörde und deren Organe zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben dazu berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Veranstalter und Inhaber sowie Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele unter Bereitstellung von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen, in die Aufzeichnungen der Glücksspieleinrichtungen und in die nach dem GSpG aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren sowie dafür zu sorgen, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber Kontrollorganen nachkommt.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG begeht insbesondere derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der als Veranstalter oder Inhaber oder als eine Person, die Glücksspieleinrichtungen bereithält, entweder selbst gegen eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 verstößt oder nicht dafür sorgt, dass eine anwesende Person diesen Verpflichtungen gegenüber den Kontrollorganen nachkommt.

3. Indem sich beide Deliktsnormen jeweils an denselben Täterkreis wenden, ist der Straftatbestand des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG (Veranstalter, Inhaber oder Bereithalter von Glücksspieleinrichtungen) systematisch besehen als ein Annexdelikt zu § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (Veranstaltung, Organisation, unternehmerisches Zugänglichmachen Beteiligung an verbotenen Ausspielungen) konzipiert.

Wie sich insbesondere auch aus § 50 GSpG insgesamt ergibt, kann daher ein verwaltungsstrafrechtlich zu ahndender Verstoß gegen § 52 Abs 1 Z 5 i.V.m. § 50 Abs 4 GSpG voraussetzungsgemäß nur dann gegeben sein, wenn eine in das Glücksspielmonopol des Bundes eingreifende und in diesem Sinne verbotene Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 GSpG vorliegt.

Im Lichte des Art 94 Abs 1 B VG trifft dies jedoch nur dann zu, wenn auf der anderen Seite feststeht, dass dem Beschuldigten kein Vergehen gegen § 168 StGB angelastet werden kann.

Hinsichtlich der nach dieser Verfassungsbestimmung gebotenen Abgrenzung zwischen den behördlich strafbaren Tatbeständen des § 52 Abs 1 GSpG und den gerichtlich strafbaren Tatbeständen des § 168 StGB ordnet § 52 Abs 3 GSpG nunmehr an, dass dann, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen ist.

4. Vor diesem Hintergrund ist daher die Bestimmung des § 52 Abs 3 GSpG i.d.g.F. BGBI.Nr I 13/2014 im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich nach hg. Auffassung als präjudiziell anzusehen.

5. Gleiches gilt in Bezug auf § 50 Abs 1 GSpG, insoweit dieser anordnet, dass u.a. gegen in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehende behördliche Entscheidungen eine Beschwerde – i.S.d. Art 130 Abs 1 Z 1 B VG – an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden kann."

In der Sache gleicht das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.15. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

18. G 141/2015

1.16. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von sieben Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Linz von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.17. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

19. G 146/2015

1.18. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme eines Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Dieser Glücksspielautomat war bei einer Kontrolle in einem Lokal in Wels von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.19. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

20. G 155/2015

1.20. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von vier Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einer Tankstelle in Wels von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

11.2. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

21. G 168/2015

1.21. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von fünf Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einer Tankstelle in Pichl bei Wels von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.22. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

22. G 169/2015

1.23. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land anhängig, mit dem wegen wiederholter Verstöße gegen das Glücksspielgesetz gemäß § 56a Abs 1 GSpG die Schließung des Betriebs der vor dem Landesverwaltungsgericht beteiligten Partei angeordnet worden war.

13.2. Zur Zulässigkeit des Antrags erstattet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgendes Vorbringen:

"1. Im Anlassfall wurde die Schließung des Betriebes unter Heranziehung der Be-stimmung des § 56a Abs 1 des Glücksspielgesetzes, BGBI.Nr 620/1989 (im Fol-genden: GSpG) – wobei dieses in der zum Vorfallszeitpunkt seit dem maßgeblichen Fassung BGBI.Nr I 13/2014 anzuwenden war – angeordnet.

2. Nach § 56a Abs 1 GSpG kann die Behörde, wenn der begründete Verdacht besteht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und mit Grund anzunehmen ist, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücks-spielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstigen Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begeht insbesondere derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, der zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG daran beteiligt.

Nach § 52 Abs 4 zweiter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

Gemäß § 54 Abs 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

3. Da nach § 56a Abs 1 GSpG die Schließung eines Betriebes nur dann zulässig ist, wenn der begründete Verdacht besteht, dass in dessen Rahmen entgegen den Vorschriften des GSpG Glücksspiele veranstaltet oder durchgeführt werden und mit Grund anzunehmen ist, dass eine Gefahr der Fortsetzung dieser verbotenen Tätigkeit besteht, hängt die Frage der Zulässigkeit einer derartigen behördlichen Anordnung sohin im Ergebnis davon ab, ob der Verdacht einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG als gegeben angenommen werden kann.

Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn sich auf der anderen Seite ausschließen lässt, dass ein Vergehen gegen § 168 StGB vorliegt.

Hinsichtlich der im Lichte des Art 94 Abs 1 B VG gebotenen Abgrenzung zwischen den behördlich strafbaren Tatbeständen des § 52 Abs 1 GSpG und den gerichtlich strafbaren Tatbeständen des § 168 StGB ordnet § 52 Abs 3 GSpG nunmehr an, dass dann, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu be-strafen ist.

4. Vor diesem Hintergrund ist daher die Bestimmung des § 52 Abs 3 GSpG i.d.g.F. BGBI.Nr 1 13/2014 im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich nach hg. Auffassung als präjudiziell anzusehen.

5. Gleiches gilt in Bezug auf § 50 Abs 1 GSpG, insoweit dieser anordnet, dass u.a. gegen in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehende behördliche Entscheidungen eine Beschwerde – i.S.d. Art 130 Abs 1 Z 1 B VG – an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden kann."

In der Sache gleicht das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

13.3. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

23. G 174/2015

1.24. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme zweier Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Steyr von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

1.25. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

2. G 181/2015

2.1. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von sieben Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Steyr von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

2.2. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

2.3. Die vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beschwerdeführende Partei erstattete eine Äußerung, in welcher sie zur Zulässigkeit der Anträge des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich folgendes Vorbringen erstattet:

"Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG kann die Behörde unter anderem die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten anordnen, wenn 'der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 verstoßen wird'.

Die erstmitbeteiligte Partei ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme in gegenständlichem Fall allein schon deswegen denkmöglich nicht gegeben waren/sind, weil genau besehen nicht einmal der Verdacht vorliegt, dass gegen § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde, da die Behörde eine Tatbestandsverwirklichung durch Glücksspielautomaten vermutete.

Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

§52 Abs 1 Z 1 GSpG bestimmt, dass derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro zu bestrafen, der 'zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt'. § 52 Abs 2 GSpG normiert wie folgt: 'Bei Übertretung des Abs 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro. bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.'

Nach dem reinen Gesetzeswortlaut würde also beispielsweise derjenige, der mittels Glücksspielautomaten verbotene Ausspielungen veranstaltet, sowohl den Tatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, als auch den Tatbestand des § 52 Abs 2 GSpG erfüllen. Die betreffenden Tatbestände, welche beide die 'Same essential elements' aufweisen und den gleichen Unrechtsgehalt erfassen, haben daher im Sinne der Lehre von den Scheinkonkurrenzen verfassungskonform dahin interpretiert zu werden, dass sie im Verhältnis der Spezialität zueinander stehen. Da also § 52 Abs 2 GSpG, als speziellerer Tatbestand alle Elemente des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG aufweist und darüber hinaus als weiteres Merkmal die Tatbestandsverwirklichung durch Glücksspielautomaten (oder sonstige Eingriffsgegenstände) anführt, bleibt kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (bei Tatbestandsverwirklichung mittels Glücksspielautomaten).

Sofern also der behördliche Verdacht vorlag, dass mittels Glücksspielautomaten verbotene Ausspielungen veranstaltet wurden, wäre der Verdacht der Behörde auf einen Verstoß gegen § 52 Abs 2 GSpG gerichtet gewesen, der aber eine Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG nicht rechtfertigt. Der erstmitbeteiligten Partei entgeht dabei nicht, dass bei solcher Auslegung kein Anwendungsbereich für § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG mehr verbleibt, jedoch lässt eine verfassungskonforme Interpretation des § 52 Abs 1 und 2 GSpG und auch der Wortlaut des § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG keine andere Auslegung zu.

Zusammengefasst ist es somit denkunmöglich, dass in gegenständlichem Fall mit Glücksspielautomaten gegen § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde. Eine Behördenzuständigkeit zur Beschlagnahme der vermeintlichen Glücksspielautomaten lag also schon allein aus diesem Grund nicht vor und bedarf es daher keiner Heranziehung der (ausdrücklichen) Subsidiaritätsbestimmung des § 52 Abs 3 GSpG um das Verhältnis zwischen § 168 StGB und § 52 GSpG zu ergründen.

Hingegen befindet die erstmitbeteiligte Partei den Antrag insoweit für zulässig, als er sich gegen die Wortfolge 'des Landes' in § 50 Abs 1 GSpG richtet, weil das Gericht diese Bestimmung jedenfalls anzuwenden hat um seine Zuständigkeit festzustellen."

3. G 182/2015

3.1. Beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau anhängig, mit dem gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG die Beschlagnahme von drei Glücksspielautomaten angeordnet wurde. Diese Glücksspielautomaten waren bei einer Kontrolle in einem Lokal in Mattighofen von Organen des Finanzamts vorgefunden und vorläufig beschlagnahmt worden.

Das Antragsvorbringen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gleicht jenem zu G55/2015 unter Pkt. III.1.1.

3.2. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst verweist auf die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zu G55-56/2015 erstattete Äußerung der Bundesregierung.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung des § 187 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichts in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag auf Aufhebung einer generellen Norm nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Ein Antrag nach Art 140 Abs 1 B VG hat gemäß § 62 Abs 1 Satz 1 VfGG stets das Begehren zu enthalten, das – nach Auffassung des Antragstellers verfassungswidrige – Gesetz seinem "ganzen Inhalt nach" oder in "bestimmte[n] Stellen" aufzuheben. Um die strengen Formerfordernisse des ersten Satzes des § 62 Abs 1 VfGG zu erfüllen, müssen – wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat – die bekämpften Stellen des Gesetzes genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschriften (welcher Teil einer Gesetzesvorschrift) nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich der Aufhebung verfallen soll (vgl. dazu VfSlg 15.775/2000, 16.340/2001, 18.175/2007). Es ist dem Verfassungsgerichtshof auch verwehrt, Gesetzesbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, in welcher Fassung ihre Aufhebung begehrt wird, zu prüfen und im Falle des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken aufzuheben (zB VfSlg 11.802/1988, 15.962/2000; ua. mwN).

1.3. Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl. VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. VfSlg 17.220/2004; ua.).

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichts teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011; ua.).

Eine zu weite Fassung des Antrags macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.746/2013; ua.). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrags (siehe VfSlg 18.298/2007, 18.486/2008; ua.; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl. noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrags).

Unzulässig ist ein Antrag auch dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB mwN; , G136/2014 ua.).

1.4. Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung die verbleibenden Bestimmungen unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letztes liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003; ua. mwN).

1.5. Gemäß Art 140 Abs 1 lita B VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag eines Gerichts. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, kann Art 140 Abs 1 B VG nur der Sinn beigemessen werden, dass über bestimmt umschriebene Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes lediglich ein einziges Mal entschieden werden kann. Eine Entscheidung über bestimmte, im Sinne des § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG dargelegte Bedenken gegen ein Gesetz schafft also nach allen Seiten hin Rechtskraft (vgl. VfSlg 5872/1968; ferner zB VfSlg 10.311/1984 mwN).

Entschiedene Sache liegt im Verhältnis zwischen einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und einem weiteren Gesetzesprüfungsantrag allerdings nur vor, wenn zum einen zwischen der seinerzeit geprüften und der nunmehr zur Prüfung gestellten Norm Identität besteht (vgl. hiezu zB VfSlg 11.646/1988 und 12.784/1991) und zum anderen über das im Antrag vorgetragene Bedenken vom Verfassungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis abgesprochen wurde (zur Zulässigkeit einer neuerlichen Sachentscheidung ob bisher nicht behandelter Bedenken vgl. zB VfSlg 10.841/1986, 11.259/1987, 13.179/1992 und zum Ganzen VfSlg 18.776/2009).

1.6. Den beim Verfassungsgerichtshof zu G55/2015, G56/2015, G62/2015, G97/2015, G99/2015, G122/2015, G123/2015, G141/2015, G146/2015, G155/2015, G168/2015, G174/2015, G181/2015 und G182/2015 protokollierten Anträgen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich liegen jeweils Ausgangsverfahren zugrunde, in denen Bescheide angefochten werden, mit denen die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten wegen des Verdachts der (fortgesetzten) Begehung der Verwaltungsübertretung des § 52 Abs 1 GSpG angeordnet bzw. die vorläufige Beschlagnahme aufgehoben wurde. Im Verfahren G138/2015 wurde über die vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beschwerdeführende Partei eine Verwaltungsstrafe wegen Verletzung der Auskunftspflicht gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG verhängt. Im Verfahren G169/2015 wurde wegen mehrfacher Übertretungen des Glücksspielgesetzes die Schließung des Betriebs gemäß § 56a Abs 1 GSpG angeordnet.

1.6.1. Zur Zulässigkeit der Anfechtung des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014

1.6.1.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich begründet die Präjudizialität des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 damit, dass in den bei ihm anhängigen Verfahren die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahme von Glücksspielautomaten bzw. einer Bestrafung wegen Nichterteilung von Auskünften zu einem Glücksspielautomaten davon abhänge, ob mit diesen Glücksspielautomaten eine Verwaltungsübertretung iSd § 52 Abs 1 GSpG begangen wurde oder der gerichtliche Straftatbestand des § 168 StGB zur Anwendung kommt. Für die Abgrenzung dieser beiden Strafnormen sei § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 heranzuziehen. Auch die Schließung eines Betriebs nach § 56a Abs 1 GSpG sei nur dann zulässig, wenn der begründete Verdacht bestehe, dass im Rahmen dieses Betriebs entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes Glücksspiele veranstaltet oder durchgeführt würden und mit Grund anzunehmen sei, dass eine Gefahr der Fortsetzung dieser verbotenen Tätigkeit bestehe. Dies treffe nur zu, wenn "sich auf der anderen Seite ausschließen lässt, dass ein Vergehen gegen § 168 StGB vorliegt".

Die Bundesregierung erstattete in ihrer Äußerung kein die Zulässigkeit der Anträge betreffendes Vorbringen.

Die im Verfahren G181/2015 vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beschwerdeführende Partei führt in ihrer Stellungnahme aus, § 52 Abs 3 GSpG sei in diesem Verfahren nicht denkmöglich anzuwenden, weil insgesamt sieben Glücksspielautomaten bei der Kontrolle vorgefunden worden seien und damit allenfalls eine Übertretung nach § 52 Abs 2 GSpG, nicht aber nach § 52 Abs 1 GSpG, in Betracht komme. Für eine Beschlagnahme fehle es daher an einer gesetzlichen Grundlage, weil § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG nur auf Verstöße gegen § 52 Abs 1 GSpG, nicht aber auf solche gegen § 52 Abs 2 GSpG verweise. In der Folge sei auch irrelevant, ob für die Verfolgung der inkriminierten Verstöße gegen § 52 Abs 2 GSpG die Strafgerichte oder die Verwaltungsstrafbehörden zuständig seien, weshalb § 52 Abs 3 GSpG denkmöglich nicht anzuwenden sei.

1.6.1.2. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in den bei ihm anhängigen Verfahren betreffend die Beschlagnahmen von Glücksspielautomaten § 52 Abs 3 idF BGBl I 13/2014 (die Anträge sind beim Verfassungsgerichtshof zu G55/2015, G56/2015, G62/2015, G97/2015, G99/2015, G122/2015, G123/2015, G141/2015, G146/2015, G155/2015, G168/2015, G174/2015, G181/2015 und G182/2015 protokolliert) denkmöglich anzuwenden hat (vgl. bereits ua.). Auch in dem Verfahren G181/2015, in welchem sieben Glücksspielautomaten der vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beschwerdeführenden Partei beschlagnahmt wurden, hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich § 52 Abs 3 GSpG denkmöglich anzuwenden. § 52 Abs 2 GSpG legt den Strafrahmen für Verstöße gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG fest und sieht dabei einen höheren Strafrahmen vor, wenn die Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten begangen wurde. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass auch bei Anwendung des höheren Strafrahmens die Bestrafung auf Grund des in § 52 Abs 1 Z 1 GSpG normierten Delikts erfolgt und auf Grund des Verweises in § 53 Abs 1 Z 1 lita GSpG auf einen Verstoß gegen "eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1" auch in solchen Fällen eine Beschlagnahme von Glücksspielautomaten in Betracht kommt.

Auch in dem zu G169/2015 protokollierten Verfahren, dem die Anordnung einer Betriebsschließung zugrunde liegt, erfolgt die Anwendung des § 52 Abs 3 idF BGBl I 13/2014 durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht denkunmöglich.

Der Zulässigkeit dieser Anträge steht auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G203/2014 ua., nicht entgegen. Mit diesem Erkenntnis wies der Verfassungsgerichtshof mehrere auf Aufhebung – unter anderem – des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 wegen Verfassungswidrigkeit gerichtete Anträge als unbegründet ab. Die in jenem Verfahren geltend gemachten und vom Verfassungsgerichtshof behandelten Bedenken gegen § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 entsprechen den Bedenken, die das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinen Anträgen in Hinblick auf einen Verstoß gegen Art 91 und Art 92 B VG sowie gegen den Gleichheitssatz vorbringt. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich macht in seinen Anträgen jedoch – über die bereits im Erkenntnis vom , G203/2014 ua., geltend gemachten und vom Verfassungsgerichtshof behandelten Bedenken hinausgehend – geltend, dass § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 (auch) Art 11 Abs 2 B VG widerspreche, weil § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 eine von den Verwaltungsverfahrensgesetzen abweichende Regelung enthalte, die jedoch nicht iSd Art 11 Abs 2 B VG erforderlich sei. Über dieses Bedenken wurde im Vorerkenntnis vom , G203/2014 ua., noch nicht abgesprochen, weshalb den Anträgen nicht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegensteht.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat auch den Anfechtungsumfang richtig abgegrenzt, weil mit einer Aufhebung des § 52 Abs 3 idF BGBl I 13/2014 durch den Verfassungsgerichtshof die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geltend gemachte Verfassungswidrigkeit beseitigt würde (vgl. bereits ua.).

Die zu G55/2015, G56/2015, G62/2015, G97/2015, G99/2015, G122/2015, G123/2015, G141/2015, G146/2015, G155/2015, G168/2015, G169/2015, G174/2015, G181/2015 und G182/2015 protokollierten Anträge, soweit sie sich auf die Aufhebung des § 52 Abs 3 idF BGBl I 13/2014 beziehen, sind daher zulässig.

1.6.1.3. In dem zu G138/2015 protokollierten Antrag ist vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG anhängig. Den vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer vor dem Landesverwaltungsgericht vorgeworfen wird, bei einer Kontrolle am in einem Tankstellenlokal in Steyr den Organen der öffentlichen Aufsicht die geforderten Auskünfte nicht erteilt zu haben.

§52 Abs 1 Z 5 GSpG verweist auf die "Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4" GSpG.§ 50 Abs 4 GSpG normiert eine umfassende Auskunfts- und Mitwirkungspflicht gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht. Diese Bestimmung stellt jedoch nicht auf das Vorliegen eines Verdachts einer strafbaren Handlung (einer Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG oder einer Straftat gemäß § 168 StGB) ab. § 52 Abs 3 GSpG, der sich nur auf das Verhältnis von gerichtlicher und verwaltungsstrafbehördlicher Zuständigkeit bei Begehung einer Handlung, welche sowohl den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch den Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, bezieht, ist daher in dem beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängigen Verfahren denkmöglich nicht anzuwenden.

Der zu G138/2015 protokollierte Antrag ist daher zurückzuweisen, soweit er die Aufhebung des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 begehrt.

1.6.2. Zur Zulässigkeit der Anfechtung der Wortfolge "des Landes" in "§50 Abs 1 des Glücksspielgesetzes, BGBlNr 620/1989, i.d.F. BGBlNr 33/2013"

1.6.2.1. Das Landesverwaltungsgericht ficht in seinen Anträgen die Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG "i.d.F. BGBlNr 33/2013" an. Mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I 33/2013, wurden zahlreiche Bundesgesetze novelliert und an das Rechtsschutzsystem der mit in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 angepasst. Das Glücksspielgesetz wurde jedoch durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 nicht berührt. Die Anpassung des § 50 Abs 1 GSpG an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 erfolgte erst mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Finanzen, BGBl I 70/2013. Mit dieser Novelle wurde die Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG eingefügt. Für den Verfassungsgerichtshof besteht dennoch kein Zweifel, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich trotz Nennung einer anderen Fassung mit seinen Anträgen die Aufhebung der Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in Kraft stehenden – und vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinen Anträgen auch wörtlich wiedergegebenen – Fassung BGBl I 70/2013 begehrt (vgl. zur Zulässigkeit eines Antrags trotz offenkundiger Fehlbezeichnung der angefochtenen Fassung VfSlg 16.773/2002, 17.222/2004, 19.096/2010 uva.).

1.6.2.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG bei der Beurteilung seiner eigenen Prozessvoraussetzungen denkmöglich anzuwenden. Mit der Aufhebung der angefochtenen Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof wäre auch die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich behauptete Verfassungswidrigkeit beseitigt.

1.6.2.3. Die Anträge, soweit sie die Aufhebung der Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG idF BGBl I 70/2013 begehren, sind daher zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Zur Anfechtung des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014

2.1.1. Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 mit Art 91 und 92 B VG und dem Gleichheitssatz hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , G203/2014 ua., dem mehrere Anträge des Landesverwaltungsgerichts Burgenland und des Landesverwaltungsgerichts Tirol zugrunde lagen, behandelt und diese Anträge als unbegründet abgewiesen. Da insoweit entschiedene Sache vorliegt, ist es dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, neuerlich auf dieselben Bedenken einzugehen (vgl. VfSlg 18.421/2008 und 18.422/2008).

2.2.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich äußert in seinen Anträgen das weitere Bedenken, dass § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 der Subsidiaritätsregel des § 22 Abs 1 VStG (Vorrang des gerichtlichen Strafrechts gegenüber dem Verwaltungsstrafrecht) widerspreche und einer solchen abweichenden Regelung die Erforderlichkeit iSd Art 11 Abs 2 B VG fehle. Soweit § 22 VStG dem Materiengesetzgeber die Möglichkeit eröffne, abweichende Regelungen zu erlassen, stehe diese ihrereits unter dem materiellen Vorbehalt des Art 11 Abs 2 B VG. Aus den in den Erläuterungen zu § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 genannten Motiven lasse sich keine "unbedingte Erforderlichkeit zur Regelung des Glücksspielwesens derart, dass diese eine Verkehrung der allgemeinen Subsidiaritätsklausel des § 22 Abs 1 VStG in ihr Gegenteil notwendig macht", ableiten.

2.2.3. Die Bundesregierung führt dazu aus, § 22 Abs 1 VStG treffe eine Regelung, "(s)oweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen". Damit werde die Subsidiarität dieser Bestimmung gegenüber besonderen Verwaltungsvorschriften angeordnet. Bei § 52 Abs 3 GSpG handle es sich um eine Verwaltungsvorschrift iSd § 22 Abs 1 VStG, weshalb eine Prüfung am Maßstab des Art 11 Abs 2 B VG ausscheide.

2.2.4. Gemäß § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I 33/2013 ist eine Tat, soweit "die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, […] als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet". Die in § 22 Abs 1 VStG enthaltene Subsidiaritätsregel (Vorrang des gerichtlichen Strafrechts gegenüber dem Verwaltungsstrafrecht) kommt daher nur dann zur Anwendung, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht eine andere Subsidiaritätsregelung oder eine andere Regelung in Bezug auf eine (verwaltungs- und gerichts)strafrechtliche Gesetzeskonkurrenz enthält. In § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 macht der Materiengesetzgeber von dieser Möglichkeit in § 22 Abs 1 VStG Gebrauch und sieht für eine Tat, die sowohl den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch den Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, vor, dass sie nach § 52 GSpG zu verfolgen ist. Entgegen der Auffassung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich handelt es sich allerdings bei § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 nicht um eine von § 22 Abs 1 VStG abweichende Regelung, die hinsichtlich der Erforderlichkeit der Abweichung an Art 11 Abs 2 B VG zu messen wäre, weil § 22 Abs 1 VStG ausdrücklich von einer einheitlichen Regelung Abstand nimmt und dem Materiengesetzgeber die Erlassung abweichender Regelungen überlässt (vgl. dazu auch Kolonovits/Muzak/Stöger , Verwaltungsverfahrensrecht 10 , 2014, Rz 1078).

2.2.5. Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 unter dem Blickwinkel des Art 11 Abs 2 B VG erhobenen Bedenken treffen daher nicht zu.

2.3. Zur Anfechtung der Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG idF BGBl I 70/2013

2.3.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat das Bedenken, dass die Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG idF BGBl I 70/2013 ohne die nach Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG erforderliche Zustimmung der Länder kundgemacht worden und damit verfassungswidrig sei: Das Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz werde von den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Landespolizeidirektionen unter der Aufsicht und Weisungsbefugnis des Bundesministers für Finanzen durchgeführt; jedenfalls insoweit, als der Tatort im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz sei, liege, werde damit die Vollziehung "ausschließlich und unmittelbar von Bundesbehörden besorgt". Die in § 50 Abs 1 GSpG getroffene Anordnung, wonach gegen eine Entscheidung der Landespolizeidirektion Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden könne, hätte daher nach Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG nur nach Zustimmung der Länder zu dieser Regelung erfolgen dürfen, welche nicht vorgelegen sei.

2.3.2. Die Bundesregierung führt zu diesem Vorbringen – gestützt auf die Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtbarkeits-Novelle 2012 – aus, die Regelungskompetenz des Bundes für das Glücksspielwesen finde sich in Art 10 Abs 1 Z 4 B VG ("Monopolwesen"). Dieser Kompetenztatbestand sei in der Aufzählung des Art 102 Abs 2 B VG enthalten und könne daher auch in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden. Der Bund habe allerdings von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht. Solange keine eigenen Glücksspielbehörden des Bundes eingerichtet seien, handle es sich beim Vollzug des Glücksspielgesetzes um mittelbare Bundesverwaltung. Gemäß Art 131 Abs 1 B VG seien daher die Verwaltungsgerichte der Länder für Bescheidbeschwerden zuständig, eine Zustimmung der Länder habe nicht eingeholt werden müssen.

2.3.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich gegen die Verfassungsmäßigkeit des Wortes "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG nicht:

Die Regelung der Angelegenheiten des Glücksspielwesens stützt sich auf den Kompetenztatbestand "Monopolwesen" in Art 10 Abs 1 Z 4 B VG (vgl. ua., mwN). Das Monopolwesen gehört zu den in Art 102 Abs 2 B VG genannten Angelegenheiten, die unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden können. Gemäß Art 131 Abs 2 B VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Auch in solchen Angelegenheiten kann gemäß Art 131 Abs 4 Z 1 B VG durch Bundesgesetz eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder vorgesehen werden; gemäß Art 131 Abs 4 letzter Satz B VG darf ein solches Bundesgesetz aber nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

§50 Abs 1 GSpG idF BGBl I 70/2013 sieht für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach dem Glücksspielgesetz die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, der Landespolizeidirektion vor. Gegen Entscheidungen in diesen Angelegenheiten kann gemäß § 50 Abs 1 GSpG Beschwerde an ein Verwaltungsgericht "des Landes" erhoben werden.

Entgegen der Ansicht des antragstellenden Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich liegt in den von § 50 Abs 1 GSpG erfassten Rechtssachen keine unmittelbare Bundesverwaltung vor:

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 19.755/2013 zu § 50 Abs 1 GSpG in der – ebenfalls eine Zuständigkeit der Landespolizeidirektion enthaltenden – Fassung BGBl I 50/2012 ausgesprochen, dass der Bundesgesetzgeber weder im Glücksspielgesetz noch in einem anderen Bundesgesetz vorgesehen hat, dass Glücksspielangelegenheiten unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Der Verfassungsgerichtshof ging davon aus, dass Betriebsschließungen gemäß § 56a GSpG nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden.

An den in der Entscheidung VfSlg 19.755/2013 getroffenen Ausführungen hält der Verfassungsgerichtshof fest. Der Bundesgesetzgeber hat die durch Art 102 Abs 2 B VG eingeräumte Möglichkeit, Angelegenheiten des Kompetenztatbestands "Monopolwesen" in Art 10 Abs 1 Z 4 B VG unmittelbar durch Bundesbehörden zu vollziehen, nicht wahrgenommen und für die Vollziehung von Strafverfahren nach dem Glücksspielgesetz keine eigenen Bundesbehörden geschaffen. Bei der Vollziehung von Angelegenheiten des Glücksspielwesens durch die Bezirksverwaltungsbehörden bzw. die Landespolizeidirektionen handelt es sich daher um keine Vollziehung des Bundes, die iSd Art 131 Abs 2 B VG unmittelbar von Bundesbehörden besorgt wird. Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder für Beschwerden gegen einen Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. der Landespolizeidirektion, der auf Grund der Zuständigkeitsregelung des § 50 Abs 1 GSpG ergangen ist, richtet sich daher unmittelbar nach Art 131 Abs 1 B VG. Diese Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte der Länder wird klarstellend in § 50 Abs 1 GSpG wiederholt. Aus diesem Grund bedurfte die Kundmachung des § 50 Abs 1 GSpG idF BGBl I 70/2013 keiner Zustimmung der Länder.

2.3.4. Die gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "des Landes" in § 50 Abs 1 GSpG idF BGBl I 70/2013 gerichteten Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich treffen daher nicht zu.

V. Ergebnis

24. Der zu G138/2015 protokollierte Antrag des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ist zurückzuweisen, insoweit er die Aufhebung des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I 13/2014 wegen Verfassungswidrigkeit begehrt.

25. Im Übrigen sind die Anträge abzuweisen.

26. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:G55.2015