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VfGH vom 25.09.2003, g5/03

VfGH vom 25.09.2003, g5/03

Sammlungsnummer

16979

Leitsatz

Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens zur Prüfung einer Bestimmung des Bankwesengesetzes betreffend die Kriterien zur Bestellung als Bankprüfer; rechtliches Interesses des Beschwerdeführers im Anlaßverfahren an der Erlassung eines Feststellungsbescheides zur Sicherung der Berechtigung für eine künftige Bestellung gegeben; Voraussetzung der Zugehörigkeit zu einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als formales Qualitätsmerkmal nicht ausreichend determiniert

Spruch

§ 62 Z 1b Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B132/02 eine auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom anhängig. Mit diesem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines beeideten Wirtschaftsprüfers, auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, "inhaltlich dessen ich die gesetzlichen Voraussetzungen des § 62 Z 1b BWG idF FMAG erfülle, weil ich 'auf andere Weise' gleichartige Erfahrungen in die Bankprüfung einbringen kann, wie sie in Z 1b der genannten Gesetzesstelle angeführt sind", zurückgewiesen.

2. Bei der Behandlung der Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 62 Z 1b Bankwesengesetz, BGBl. 532/1993, idF BGBl. I 97/2001, entstanden. Der Gerichtshof hat daher mit Beschluß vom von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der eben genannten Bestimmung eingeleitet.

3. Zur Rechtslage:

§ 61 Abs 1 Bankwesengesetz, BGBl. 532/1993, idF des Finanzmarktaufsichtsgesetzes - FMAG, BGBl. I 97/2001 (in der Folge: BWG), definiert Bankprüfer als die zum Abschlußprüfer bestellten beeideten Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und die Prüfungsorgane (Revisoren, Prüfungsstelle des Sparkassen-Prüfungsverbandes) gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung dürfen Personen, bei denen Ausschließungsgründe gemäß § 62 dieses Bundesgesetzes vorliegen, nicht zu Bankprüfern bestellt werden.

§ 62 BWG lautet auszugsweise (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben):

"§62. Als Ausschließungsgründe sind Umstände anzusehen, die die ordnungsgemäße Prüfung nicht wahrscheinlich erscheinen lassen.

Ausschließungsgründe liegen insbesondere vor, wenn:

1. Der Bankprüfer wegen mangelnder Vorbildung fachlich nicht geeignet ist und die für die Bankprüfung erforderlichen Eigenschaften oder Erfahrungen nicht besitzt. Die theoretische und praktische Befähigung zur Bankprüfung ist durch eine staatliche oder staatlich anerkannte berufliche Eignungsprüfung auf dem Niveau eines Hochschulabschlusses gemäß Art 4 der Richtlinie 84/253/EWG nachzuweisen. Die Fachprüfung gemäß § 13 Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 - GenRevG 1997, BGBl. I Nr. 127/1997, gilt als solche Eignungsprüfung. Die praktische Erfahrung ist mit einer zumindest dreijährigen Tätigkeit bei einem anerkannten Revisionsverband oder beim Sparkassen-Prüfungsverband oder bei einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als gegeben anzusehen, wenn sich die Tätigkeit insbesondere auf die Prüfung von Jahresabschlüssen oder von Konzernabschlüssen und auf die Prüfung der Gebarung von Genossenschaften, Sparkassen oder Kapitalgesellschaften erstreckt;

1a. der Bankprüfer nicht nachweislich durch entsprechende Fortbildung für die Aktualität der Kenntnisse und Erfahrungen gemäß Z 1 sorgt, wobei jährliche Bestätigungen über die aktuelle Qualitätssicherung von einer qualifizierten Stelle innerhalb derselben Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder gesetzlich zuständigen Prüfungseinrichtung oder von einem anderen Wirtschaftsprüfer einzuholen sind; hierbei hat der Bankprüfer insbesondere die erforderliche Kenntnis der jeweils für Kreditinstitute geltenden Vorschriften über die Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses und der übrigen in § 63 Abs 4 bis 6a genannten Vorschriften nachzuweisen;

1b. der Bankprüfer nicht einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angehört oder nicht durch rechtsgeschäftliche Verbindung über einen gleichwertigen Zugang zu einer Gruppe von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verfügt oder nicht auf andere Weise gleichartige Erfahrungen in die Bankprüfung einbringen kann; diese Voraussetzung gilt nicht für die Prüfungsorgane gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen;

..."

Die Bestellung von Bankprüfern hat seitens der Bank vor Beginn des zu prüfenden Geschäftsjahres zu erfolgen und ist der Finanzmarktaufsichtsbehörde (in der Folge: FMA) unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Die FMA kann gegen die Bestellung des Bankprüfers Widerspruch iSd § 270 Abs 3 HGB erheben, über den das Gericht unter Berücksichtigung der Ausschließungsgründe zu entscheiden hat (§63 Abs 1 BWG). Die FMA selbst kann die Bestellung eines nicht geeigneten Bankprüfers untersagen, wenn der begründete Verdacht besteht, daß schwerwiegende, nicht kurzfristig behebbare Ausschließungsgründe vorliegen; ergibt sich nach der Bestellung eines Bankprüfers ein derartiger Verdacht, kann sie die sofortige Bestellung eines anderen Bankprüfers anordnen oder - bei Gefahr in Verzug - selbst einen anderen Bankprüfer bestellen (§63 Abs 1a leg.cit.). Der Bankprüfer hat gemäß § 63 Abs 1c leg.cit. innerhalb von zwei Wochen nach seiner Bestellung der FMA zu bescheinigen, daß keine Ausschließungsgründe vorliegen.

4.1. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß wörtlich folgendes aus:

"2. Der Gerichtshof geht vorläufig davon aus, daß er diese Gesetzesbestimmung bei der Behandlung der vorliegenden Beschwerde anzuwenden hätte:

Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig der Meinung, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über den Feststellungsantrag § 62 Z 1b BWG hätte anwenden müssen, da sie in der Sache zu entscheiden gehabt hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist nämlich die Erlassung eines Feststellungsbescheides, dessen Gegenstand ein Recht oder ein Rechtsverhältnis ist, nicht nur dann zulässig, wenn sie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, sondern auch dann, wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt, oder wenn sie für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse einer Partei liegt (z.B. VfSlg. 6050/1969, 11.764/1988 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungs- und des Verfassungsgerichtshofes, 15.612/1999; vgl. ferner das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 96/09/0088). Das Interesse der Partei an der Erlassung eines Feststellungsbescheides muß ein rechtliches sein. Der Feststellungsbescheid dient dazu, Rechte oder Rechtsverhältnisse zur Abwendung einer Rechtsgefährdung der Partei klarzustellen (vgl. nochmals VfSlg. 11.764/1988 mwN).

Ein solcher Fall scheint hier gegeben zu sein. Während nämlich bei den vergleichbaren Ausschließungsgründen des § 62 Z 1 und 1a BWG im Gesetz selbst geregelt ist, welche Bestätigungen zum Nachweis der dort geforderten Qualifikationsanforderungen vorzulegen sind, ist dies bei der 'dritten Alternative' (Einzelwirtschaftsprüfer) des § 62 Z 1b leg.cit. anscheinend nicht der Fall. Auch ist vorläufig kein Verfahren erkennbar, in dem der Beschwerdeführer (aus eigener Initiative) die vom Gesetzgeber geforderten 'gleichartigen Erfahrungen' nachweisen kann. Die Rechtslage scheint vielmehr darauf hinauszulaufen, daß der Einzelwirtschaftsprüfer zuerst von einer Bank als Prüfer bestellt werden muß und anschließend (innerhalb von zwei Wochen) der FMA das Nichtvorliegen von Ausschließungsgründen - im Zusammenhang mit § 62 Z 1b leg.cit. somit die hinreichende 'gleichartige Erfahrung' - zu 'bescheinigen' hat. Gelingt ihm dies nicht, so müßte offenbar die FMA gegen die Bestellung Widerspruch erheben bzw. die Bestellung untersagen. Bei dieser Rechtslage dürfte jedoch davon auszugehen sein, daß eine Bank schon aus Gründen der Vorsicht bzw. des Kostenrisikos Wirtschaftsprüfer, die keine Bescheinigung über ihre Qualifikation nach § 62 Z 1b leg.cit. vorlegen können, von vornherein nicht zum Bankprüfer bestellt. Der begehrte Feststellungsbescheid soll somit klarstellen, daß der Bankprüfer die in § 62 Z 1b BWG geforderte (in Form eines Ausschließungsgrundes formulierte) Voraussetzung für die Bestellung besitzt. Unter diesen Umständen dient der Feststellungsbescheid aber anscheinend dazu, ein Recht zwecks Abwendung einer Rechtsgefährdung der Partei - nämlich ihres zu befürchtenden generellen Ausschlusses von der Bestellung zum Bankprüfer - festzustellen.

Da auch alle übrigen Prozeßvoraussetzungen vorzuliegen scheinen, dürfte das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig sein."

4.2. Die Erwägungen, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens veranlaßt hatten, legte er in seinem Prüfungsbeschluß wie folgt dar:

"3.1. § 62 BWG regelte schon in der Fassung vor dem FMAG in insgesamt 15 Ziffern Ausschließungsgründe, das sind jene Umstände, die eine ordnungsgemäße Bankprüfung nicht wahrscheinlich erscheinen lassen. Das FMAG hat diese Ausschließungsgründe erweitert. Neben der in § 62 Z 1a BWG eingeführten Fortbildungsverpflichtung verlangt § 62 Z 1b leg.cit. nunmehr qualifizierte Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Bankprüfung. Als Ausschließungsgrund ist es seither auch anzusehen, wenn 'der Bankprüfer nicht einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angehört oder nicht durch rechtsgeschäftliche Verbindung über einen gleichwertigen Zugang zu einer Gruppe von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verfügt oder nicht auf andere Weise gleichartige Erfahrungen in die Bankprüfung einbringen kann'. Diese Voraussetzung gilt nicht für die Prüfungsorgane gesetzlich zuständiger Prüfungseinrichtungen.

...

3.2. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner ständigen Rechtsprechung die Auffassung, daß ein besonderes öffentliches Interesse an einem funktionierenden Kreditsektor besteht, da Banken in einem volkswirtschaftlichen Schlüsselbereich tätig sind, von dem weite Teile der Volkswirtschaft abhängen, und daß von einer besonderen Schutzbedürftigkeit der Anleger und Gläubiger auszugehen ist. Er hat auch wiederholt ausgesprochen, daß ein erhebliches öffentliches Interesse daran besteht, Insolvenzen in diesem Bereich zu vermeiden (vgl. z.B. VfSlg. 12.098/1989, 689; 12.378/1990, 545; 13.471/1993, 589). Wenn der Gesetzgeber im Hinblick auf diese Schlüsselfunktion des Bankensektors und unter dem Eindruck aktueller Anlaßfälle die Qualität der Bankprüfung erhöhen möchte, kann dem von Verfassungs wegen nicht entgegengetreten werden. Es kann daher auch nicht als unsachlich, als nicht im öffentlichen Interesse liegend oder als unverhältnismäßig angesehen werden, wenn der Gesetzgeber die Qualifikationserfordernisse für die als Bankprüfer tätigen Personen oder Gesellschaften verschärft und in diesem Zusammenhang internationale Erfahrungen oder (zumindest) die Möglichkeit des Zuganges zu solchen fordert.

3.3. Der Gerichtshof kann aber wenigstens vorläufig nicht erkennen, daß diese - an sich unbedenkliche Zielsetzung - durch die hier maßgebende Norm des § 62 Z 1b BWG in verfassungskonformer Weise verwirklicht würde. Der (in den Materialien erwähnte) international übliche Qualitätsstandard bei Bankprüfungen wird von dieser Vorschrift nicht einmal erwähnt, geschweige denn definiert, sondern offenbar bei Vorliegen bestimmter äußerlicher Merkmale (international tätige Gesellschaft bzw. Zugang zu einem Netzwerk von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) unterstellt. Eine 'international tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft' scheint aber bereits dann vorzuliegen, wenn ein Wirtschaftsprüfer für seine Tätigkeit eine berufsrechtlich zulässige Gesellschaftsform wählt und diese Gesellschaft eine Zweigniederlassung im Ausland gründet. Da somit anscheinend jede national tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bereits dann zu einer internationalen wird, wenn sie über eine solche Auslandsniederlassung verfügt, dürfte es den Rahmen verfassungsrechtlich zulässiger typisierender Betrachtung überschreiten, wenn der Gesetzgeber allein den Umstand der Gesellschaftsform und der Auslandsniederlassung als Indiz für internationale Erfahrungen in der Bankprüfung betrachtet, ohne darauf abzustellen, welche Tätigkeitsbereiche in dieser Gesellschaft konkret abgedeckt sind. Nur aus diesen könnte aber auf entsprechende Erfahrungen in der Bankprüfung geschlossen werden. Nichts anderes dürfte aber für den in der betreffenden Norm ebenfalls für ausreichend erachteten, rechtsgeschäftlich abgesicherten 'gleichwertigen Zugang' zu einer Gruppe von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gelten. Warum allein ein solcher Zugang typischerweise einen höheren Prüfungsstandard bei Bankprüfungen sichern soll, ist dem Gerichtshof vorderhand nicht einsichtig, dürfte es doch auch bei einer Durchschnittsbetrachtung nicht zutreffen, daß es sich bei derartigen Gruppen von Gesellschaften überhaupt um solche handelt, bei denen typischerweise (hinreichende) Erfahrungen auf dem spezialisierten Gebiet der Bankprüfung gegeben sind.

Da der Gesetzgeber beim ersten Tatbestand des § 62 Z 1b leg.cit. lediglich auf die Internationalität der Gesellschaft abstellt und einen inhaltlichen Qualitätsstandard gar nicht benennt, dürfte es überdies - nach der vorläufigen Annahme des Gerichtshofes - auch nicht möglich sein, beim zweiten und dritten Tatbestand in der für Ausschließungsgründe dieser Art erforderlichen Eindeutigkeit festzustellen, ob ein 'gleichwertiger Zugang' vorliegt oder ob 'gleichartige Erfahrungen' in der Bankprüfung vorhanden sind, ist doch der Umstand der Internationalität einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - wie dargelegt - anscheinend gar kein Faktor, der überhaupt (internationale) Erfahrungen auf dem Gebiet der Bankprüfung garantiert. Noch weniger ist dann aber (vorderhand) erkennbar, daß diese Internationalität einen bestimmten Grad von Erfahrungen bei Bankprüfungen sichert. Gibt das Gesetz aber letztlich keinen inhaltlichen Qualitätsmaßstab an, dann dürfte es auch einem Einzelwirtschaftsprüfer nicht möglich sein, der FMA zu bescheinigen, daß der Ausschließungsgrund gemäß § 62 Z 1b leg.cit. nicht vorliegt."

5. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren auf Grund ihres Beschlusses vom eine Äußerung, in der sie den Antrag stellt, der Verfassungsgerichtshof wolle das Gesetzesprüfungsverfahren mangels Präjudizialität einstellen, in eventu aussprechen, daß § 62 Z 1b BWG nicht als verfassungswidrig aufzuheben sei. Für den Fall der Aufhebung beantragt die Bundesregierung, daß der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen wolle, um während der Prüfung der Frage, welche legistischen Maßnahmen erforderlich seien, nicht eine Regelungslücke hinsichtlich des Qualitätsstandards der Bankprüfung entstehen zu lassen.

5.1. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens führt die Bundesregierung aus, daß Gegenstand eines Feststellungsbescheides grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechts oder eines Rechtsverhältnisses, nicht aber die Feststellung von Tatsachen sein könne; Tatsachen könnten nur dann Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein, wenn deren bescheidmäßige Feststellung durch ein Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei. Es stelle jedenfalls eine Tatsachenfrage dar, ob bei einem Bankprüfer die in der Bankprüfung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen vorhanden seien. "Die Feststellung solcher Tatsachen kann ... keinesfalls Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein, weil einerseits das Prüfungsrecht für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer sowie die einschlägigen Ausübungsregeln (einschließlich der entsprechenden Qualitätssicherung) der gesetzlichen Berufsvertretung obliegen, und andererseits § 62 Z 1b BWG keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Feststellung solcher Tatsachen darstellt." Auch sei für die Beurteilung der Tatsache, ob bei einem Bankprüfer die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen wirklich vorhanden seien, zu berücksichtigen, welches Kreditinstitut im jeweiligen Einzelfall bereits geprüft worden sei.

Unter Berufung auf VfSlg. 8047/1977 bringt die Bundesregierung vor, daß bloß wirtschaftliche Nachteile jedenfalls keine rechtlichen Nachteile darstellten. Die Tatsache der Nichtbestellung eines bestimmten Bankprüfers zu einer Bankprüfung, durch die dem Bankprüfer wirtschaftliche Nachteile entstehen könnten, berühre bloß die Sphäre der Privatautonomie des jeweiligen Kreditinstitutes und das unternehmerische Risiko des Wirtschaftsprüfers.

Unter dem Gesichtspunkt einer sowohl systematischen als auch verfassungskonformen Auslegung sei davon auszugehen, daß auch der Einzelwirtschaftsprüfer die geforderten Kenntnisse und Erfahrungen etwa durch eine Bestätigung eines anderen Wirtschaftsprüfers oder der gesetzlichen Berufsvertretung nachweisen könne. Es könne somit der Bankprüfer sehr wohl aus eigener Initiative die vom Gesetzgeber geforderten Qualitätsnachweise erbringen und schon vor seiner Bestellung zum Bankprüfer eine Bescheinigung über seine Qualifikation vorlegen.

5.2. In inhaltlicher Hinsicht bringt die Bundesregierung vor, daß der Gesetzgeber unter dem Eindruck aktueller Anlaßfälle im FMAG die klare Zielsetzung verfolgt habe, die Qualität der Bankprüfung für die Zukunft zu erhöhen. Es sei bei international tätigen Konzernen im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich üblich geworden, daß die Prüfungen weltweit von Wirtschaftsprüfern bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die der gleichen internationalen Gruppe angehörten, durchgeführt würden, da nur auf diese Weise gewährleistet sei, daß bei allen Konzernunternehmen gleiche Prüfungsverfahren angewendet würden und die Kommunikation zwischen den Wirtschaftsprüfern bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den einzelnen Staaten problemlos möglich sei. Auch würden in der Regel die Prüfungen von ausländischen Tochterunternehmen österreichischer Muttergesellschaften von ausländischen Mitgliedern einer internationalen Gruppe, welcher der österreichische Wirtschaftsprüfer bzw. die österreichische Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angehöre, durchgeführt. Diese Praxis sei in der in Prüfung gezogenen Norm festgeschrieben.

Der Gesetzgeber dürfe daher in § 62 Z 1b BWG im Regelfall grundsätzlich davon ausgehen, daß internationale Erfahrungen auf dem Gebiet der Bankprüfung auch schon dann vorhanden seien, wenn der Bankprüfer einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angehöre oder durch rechtsgeschäftliche Verbindung über einen gleichwertigen Zugang zu einer international tätigen Gruppe von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verfüge. Sollte der Bankprüfer im Ausnahmefall jedoch trotz dieser Umstände die internationalen Erfahrungen nicht besitzen, so stünden der Aufsichtsbehörde im Einzelfall das Widerspruchs-, Untersagungs- und Ersatzbestellungsrecht gemäß § 63 Abs 1 bis 1c BWG zu.

5.3. Schließlich macht die Bundesregierung geltend, daß dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmen sei, daß es den Berufsvertretungen im Rahmen ihrer Selbstregelungswerke obliege, die näheren Anforderungen an die Qualitätssicherung bei den Abschlußprüfungen zu bestimmen. Der Gesetzgeber habe schon allein aus diesem Grund nur unbestimmte Gesetzesbegriffe verwenden können, die aufzeigen sollten, daß ihm die Qualitätssicherung auf dem Gebiete der Bankprüfung ein wesentliches Anliegen für die Zukunft sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

Das Gesetzesprüfungsverfahren hat nicht ergeben, daß die vorläufige Annahme des Gerichtshofes, er habe die in Prüfung gezogene Bestimmung anzuwenden, unzutreffend wäre.

1.1. Der Gerichtshof bleibt nämlich dabei, daß die belangte Behörde im vorliegenden Fall die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht hätte verweigern dürfen. Die Bundesregierung weist zwar - zutreffend - darauf hin, daß nach der übereinstimmenden Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Gegenstand eines Feststellungsbescheides, dessen Erlassung gesetzlich nicht explizit vorgesehen ist, nur die Feststellung von Rechten, nicht aber von Tatsachen sein kann. Es ist jedoch zu bedenken, daß die Grenze zwischen Rechten und (rechtserheblichen) Tatsachen nicht mit der von der Bundesregierung offenbar angenommenen Präzision gezogen werden kann. Der Gerichtshof verweist in diesem Zusammenhang auf das bereits im Prüfungsbeschluß zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 96/09/0088, in dem dieser Gerichtshof mit eingehender Begründung den Antrag auf Feststellung, ob die Beschwerdeführerin nach dem anzuwendenden Assoziationsrecht (Türkei) berechtigt sei, eine (beliebige) Beschäftigung in Österreich aufzunehmen, für zulässig erachtet hat (obwohl auch diese Feststellung nur auf Grund der Überprüfung der im Tatsachenbereich angesiedelten Voraussetzungen des Artikel 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 getroffen werden kann).

Gegenstand des Antrags des Beschwerdeführers im Anlaßfall war die Feststellung, daß er die gesetzlichen Voraussetzungen des § 62 Z 1b BWG idF FMAG erfüllt. Der Feststellungsbescheid sollte somit darüber absprechen, ob der in der angeführten Bestimmung formulierte Ausschließungsgrund, der seiner Bestellung zum Bankprüfer entgegenstehen würde, gegeben ist oder nicht. Somit geht es aber bei der beantragten Feststellung im wesentlichen Kern um die Feststellung einer Berechtigung (zur Durchführung von Bankprüfungen). Daß die Feststellung eines solchen Rechts (auch) Erhebungen im Tatsachenbereich erfordert, liegt ebenso in der Natur der Sache wie der Umstand, daß mit der Feststellung oder Nichtfeststellung eines bzw. dieses Rechts nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Konsequenzen verbunden sind. Das von der Bundesregierung mehrfach angeführte Erkenntnis VfSlg. 8047/1977 vermag diese Auffassung des Gerichtshofes nicht zu entkräften, da die Beschwerde in diesem Fall nicht - wie die Bundesregierung vermeint - auf Grund "nur vorliegender wirtschaftlicher Nachteile" abgewiesen wurde, sondern vielmehr deswegen, weil im Gesetz ein Verfahren vorgesehen war, in dem über das Bestehen oder Nichtbestehen des (damals) zur Feststellung beantragten Rechts abgesprochen werden konnte, so daß der Feststellungsbescheid nicht als notwendiges Mittel zweckmäßiger Rechtsverteidigung anzusehen war.

1.2. Wenn die Bundesregierung meint, die Frage, ob bei einem Bankprüfer besondere Qualitätsvoraussetzungen zu einem genau bestimmten Zeitpunkt bzw. für die Vergangenheit (und nicht für einen allgemeinen Zeitraum für die Zukunft) gegeben sind, könne nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein, so kann ihr der Gerichtshof folgen. Die Bundesregierung verkennt damit jedoch, daß der Antrag des Beschwerdeführers im Anlaßfall nicht zum Ziel hatte, eine solche punktuelle oder vergangenheitsbezogene Feststellung zu erhalten, sondern daß der Beschwerdeführer festgestellt haben wollte, daß der Ausschließungsgrund des § 62 Z 1b BWG nicht gegeben ist, damit ihm für die Zukunft (sofern keine anderen Ausschließungsgründe vorliegen und sich die Verhältnisse nicht ändern) die Berechtigung gesichert ist, als Bankprüfer bestellt zu werden.

1.3. Die Bundesregierung meint überdies, es wäre für den Beschwerdeführer ein Leichtes und auch zumutbar, mit einer Bestätigung eines anderen Wirtschaftsprüfers seine Qualitätssicherung auf jeweils aktuellem bankrechtlichem Stand dem Kreditinstitut und der Aufsichtsbehörde nachzuweisen; sie verweist hiebei auf § 62 Z 1a BWG. Wenn die Bundesregierung damit auf jene Judikatur Bezug nimmt, die den (gesetzlich nicht vorgesehenen) Feststellungsbescheid nur als subsidiäres, "letztes" Mittel der Rechtsverteidigung bezeichnet oder betrachtet (vgl. etwa VwSlg. NF 12.856/A; VfSlg. 15.612/1999), dann ist ihr zu entgegnen, daß der Gerichtshof nicht bezweifelt hat, daß die Erfüllung der Voraussetzungen (bzw. das Nichtvorliegen des Ausschließungsgrundes) des § 62 Z 1a BWG unschwierig nachgewiesen werden kann, zumal das Gesetz selbst genau vorschreibt, auf welche Weise die Qualitätssicherung in diesem Punkt zu erfolgen hat. Welchen Argumentationswert dies aber für die Voraussetzungen des § 62 Z 1b leg.cit. haben soll, um die es im vorliegenden Fall geht, kann der Gerichtshof nicht erkennen. Er hat im Prüfungsbeschluß vielmehr vorläufig angenommen, daß dieser Bestimmung gerade nicht entnommen werden könne, welche Bestätigung beizubringen sei, und daß anscheinend auch kein Verfahren existiere, in dem der Beschwerdeführer (aus eigener Initiative) die geforderten Erfahrungen nachweisen könne. Dazu hat die Bundesregierung nichts vorgebracht. Gerade in diesem Umstand liegt aber - wie erwähnt - der wesentliche Unterschied zu dem von der Bundesregierung angeführten Erkenntnis VfSlg. 8047/1977.

Da auch sonst keine Prozeßhindernisse hervorgekommen sind, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.

2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die in Prüfung gezogene Norm haben sich als zutreffend erwiesen und konnten von den Argumenten der Bundesregierung nicht zerstreut werden.

2.1. Diese Bedenken gingen zunächst dahin, daß das bloße Abstellen auf die Angehörigkeit zu einer "internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft" ein bloß formales Kriterium sein dürfte, das auch bei typisierender Betrachtungsweise keinen inhaltlichen Qualitätsstandard für Bankprüfungen zu sichern scheine (weshalb es für die beiden weiteren Tatbestände nicht möglich sein dürfte, mit der erforderlichen Eindeutigkeit festzustellen, ob ein gleichwertiger Zugang oder gleichwertige Erfahrungen vorliegen). Die Bundesregierung hält dem die bloße petitio principii entgegen, daß der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgehen dürfe, daß internationale Erfahrungen auf dem Gebiet der Bankprüfung schon dann vorhanden sein werden, wenn der Bankprüfer einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angehört.

Die Bundesregierung beschreibt im übrigen die derzeitige Praxis bei Prüfungen von international tätigen Konzernen im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich und weist darauf hin, daß es üblich geworden sei, die Prüfungen weltweit von Wirtschaftsprüfern der gleichen internationalen Gruppe durchführen zu lassen. Diese Praxis sei in der in Prüfung gezogenen Norm festgeschrieben worden. Der Gerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß dieser Hinweis seine Bedenken entkräften könnte. Zum einen ist nicht verständlich, warum eine von international tätigen Bankkonzernen eingeschlagene Praxis der Prüferbestellung, mag sie auch aus der Sicht der betroffenen Kreditunternehmen und der mit der Prüfung betrauten großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zweckmäßig und wünschenswert sein, einer Absicherung im nationalen Recht bedarf, hat dieses doch schon bisher eine solche Praxis keineswegs verhindert.

2.2. Soweit die Bundesregierung unter Hinweis auf die Entwicklung in der EU aus dem Gemeinschaftsrecht ableitet, daß es den Berufsvertretungen im Rahmen ihrer Selbstregelungswerke obliege, die näheren Anforderungen an die Qualitätssicherung bei den Abschlußprüfungen zu bestimmen, und daraus den Schluß zieht, daß der Gesetzgeber schon aus diesem Grund nur mit unbestimmten Gesetzesbegriffen arbeiten konnte, kann ihr der Gerichtshof nicht folgen.

Vorweg ist festzuhalten, daß es sich bei den von der Bundesregierung zitierten Dokumenten nicht um für die Mitgliedstaaten verbindliche Rechtsakte handelt. Diese Dokumente nehmen überdies an keiner Stelle - auch nicht in Empfehlungsform - Bezug auf spezielle Qualitätsanforderungen an Bankprüfungen, wie sie § 62 Z 1b BWG formuliert.

Die Bundesregierung selbst weist nun darauf hin, daß in der Empfehlung der Kommission vom über "Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssysteme für die Abschlussprüfung in der EU" (ABl. L 91/91 vom ) zwei Qualitätssicherungssysteme unterschieden und als geeignete Verfahren bezeichnet werden, nämlich das "Monitoring-System", wonach beim Berufsverband oder bei der Aufsichtsbehörde angestellte Personen das Qualitätssicherungssystem verwalten und selbst die Qualitätskontrolle durchführen, und das "Peer-Review-System", bei dem die Qualitätskontrollen von praktizierenden Abschlußprüfern durchgeführt werden. Hätte der Gesetzgeber das zusätzliche Qualitätserfordernis der internationalen Erfahrungen im Rahmen des "Peer-Review-Systems" verwirklichen wollen, dann hätte er dies unschwer durch eine Ergänzung des § 62 Z 1a BWG erreichen können. Die in Prüfung gezogene Vorschrift des § 62 Z 1b leg.cit. basiert aber gerade nicht auf dem "Peer-Review-System", sondern auf dem "Monitoring-System", da insoweit die Aufsichtsbehörde selbst die Qualitätskontrolle durchführt. Wenn der Gesetzgeber internationale Erfahrungen auf dem Gebiet der Bankprüfung als zusätzliches Qualitätskriterium einführt - was ihm, wie schon der Prüfungsbeschluß betont, von der Verfassung nicht verwehrt wird - und die Überprüfung der Aufsichtsbehörde überträgt, dann muß er selbst die geforderten Voraussetzungen in einer den rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht werdenden Eindeutigkeit formulieren.

Zusammenfassend bleibt der Gerichtshof daher bei der im Prüfungsbeschluß vorläufig geäußerten Auffassung, daß die in § 62 Z 1b BWG geforderte Zugehörigkeit zu einer international tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kein inhaltliches Qualitätsmerkmal abgibt und daher auch nicht geeignet ist, mit der nach Art 18 B-VG geforderten Deutlichkeit Auskunft über den Inhalt der Begriffe "gleichwertigen Zugang" und vor allem "gleichartige Erfahrungen" zu geben.

3. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich daher als zutreffend erwiesen, weshalb § 62 Z 1b BWG, BGBl. 532/1993, idF BGBl. I 97/2001, als verfassungswidrig aufzuheben war.

4. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle hält der Gerichtshof angesichts der auf Art 18 B-VG gegründeten Bedenken nicht für angebracht. Bis zur allfälligen Schaffung einer Nachfolgeregelung dürfte die erforderliche Qualitätssicherung durch § 61 Z 1 und 1a BWG gewährleistet werden können.

5. Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz

B-VG.

6. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.