VfGH vom 04.12.1999, G481/97

VfGH vom 04.12.1999, G481/97

Sammlungsnummer

15681

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit einer Regelung des Finanzausgleichsgesetzes 1997 betreffend einen Vorwegabzug zugunsten des Bundes bei der Kraftfahrzeugsteuer angesichts des Bestrebens des Bundesgesetzgebers einerseits zur EU-konformen Gestaltung der Besteuerung des Schwerverkehrs und anderseits zur Begrenzung der daraus resultierenden Mindereinnahmen des Bundes

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Vorarlberger Landesregierung stellt auf Grund ihres Beschlusses vom gemäß Art 140 Abs 1 B-VG den Antrag, "der Verfassungsgerichtshof wolle den § 7 Abs 2 Z 4 des Finanzausgleichsgesetzes 1997, BGBl. Nr. 201/1996, in der Fassung BGBl. Nr. 746/1996 und BGBl. I Nr. 130/1997, als verfassungswidrig aufheben".

2. Die angefochtene Bestimmung steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:

2.1. § 7 Abs 1 FAG 1997 zählt jene Abgaben auf, die dem finanzverfassungsrechtlichen Typus der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zugeordnet sind. In dem Katalog ist auch - ebenso wie in den Vorgängerbestimmungen der früheren Finanzausgleichsgesetze - die Kraftfahrzeugsteuer enthalten. Abs 2 leg.cit. enthält Regelungen über die Teilung dieser Abgaben. In der Stammfassung des FAG 1997 (Art65 des StrukturanpassungsG 1996, BGBl. 201/1996) war hiebei (lediglich) für die Einkommensteuer vorgesehen, daß vor der Teilung bestimmte, in Prozentsätzen ausgedrückte Anteile des Aufkommens für Zwecke des Familienlastenausgleiches, für Zwecke des Katastrophenfonds und für die Finanzierung der Beitragsleistungen an die Europäische Union abzuziehen sind; die eben genannten Bestimmungen traten gemäß § 23 Abs 2 FAG 1997, BGBl. 201/1996, mit in Kraft. Durch BGBl. 746/1996 wurde § 7 Abs 2 FAG 1997 derart geändert, daß auch bei der Umsatzsteuer zugunsten des Bundes ein derartiger Abzug vorzunehmen ist, und zwar in Höhe der Ausgaben des Bundes für Beihilfen nach dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz (BGBl. 746/1996); diese Änderung trat - da eine ausdrückliche Inkrafttretensbestimmung fehlt - mit dem FAG 1997 am in Kraft. Durch das 2. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl. I 130/1997, wurde § 7 Abs 2 FAG 1997 erneut geändert. Die Vorschrift, welche gemäß Art 2 Z 7 BGBl. I 130/1997 rückwirkend ebenfalls mit in Kraft trat, erhielt nunmehr folgende Fassung (die angefochtene Wortfolge ist unterstrichen):

"(2) Der Teilung unterliegt der Reinertrag der Abgaben, der sich nach Abzug der Rückvergütungen und der für eine Mitwirkung bei der Abgabeneinhebung allenfalls gebührenden Vergütungen ergibt. Nebenansprüche im Sinne der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, unterliegen nicht der Teilung. Vor der Teilung sind abzuziehen:


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1.
bei der Einkommensteuer nach Abzug des im § 39 Abs 5 lita des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 132/1987 genannten Betrages, der dem Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zuzuweisen ist (Abgeltungsbetrag),
a)
ein Anteil in der Höhe von 1,934 vH des Aufkommens für Zwecke des Familienlastenausgleiches,
b)
ein Anteil in der Höhe von 1,428 vH des Aufkommens für Zwecke des Katastrophenfonds,
c)
bei der veranlagten Einkommensteuer einschließlich Abzugsteuer 17,642 vH für die teilweise Finanzierung der Beitragsleistungen Österreichs an die Europäische Union,
2.
bei der Umsatzsteuer für den Bund ein Betrag in Höhe der Ausgaben des Bundes für die Beihilfen gemäß den §§1 bis 3 des Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetzes, BGBl. Nr. 746/1996,
3.
ab dem Haushaltsjahr 1998 bei der Umsatzsteuer für Zwecke der Gesundheitsförderung, -aufklärung und -information ein Betrag in Höhe von 100 Millionen Schilling jährlich,
4.
ab dem Haushaltsjahr 1997 bei der Kraftfahrzeugsteuer für den Bund ein Betrag in Höhe von 200 Millionen Schilling jährlich. ..."

2.2. Die weiteren Änderungen des FAG 1997 (durch das Budgetbegleitgesetz 1998, BGBl. I 79/1998, durch die FAG-Novelle BGBl. I 32/1999 und durch das Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I 106/1999) haben § 7 Abs 2 Z 4 FAG 1997 nicht betroffen.

2.3. Die maßgebende Ergänzung des § 7 Abs 2 FAG 1997 durch das 2. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl. I 130/1997, wird von den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (887 BlgNR, XX. GP, Seite 23) wie folgt begründet:

"Vorwegabzug bei der Kraftfahrzeugsteuer:

Mit Wirkung vom wurde die Kfz-Steuer als teilweiser Ersatz für die gleichzeitig um 700 Millionen Schilling p. a. gesenkte Straßenbenützungsabgabe um 200 Millionen Schilling p. a. erhöht (EU-Abgabenänderungsgesetz, BGBl. Nr. 798/1996). Die Straßenbenützungsabgabe ist eine ausschließliche Bundesabgabe, die Kfz-Steuer hingegen eine zwischen dem Bund und den Ländern im Verhältnis von 82,833 : 17,167 geteilte gemeinschaftliche Bundesabgabe. Um die Mindereinnahmen des Bundes auf 500 Millionen Schilling p.a. zu begrenzen bzw. um - aus Sicht der Länder - die finanzausgleichsrechtlichen Auswirkungen dieser Umschichtung von der Straßenbenützungsabgabe zur Kfz-Steuer zu neutralisieren, wird bei der Verteilung der Kraftfahrzeugsteuer ein Vorwegabzug zugunsten des Bundes in Höhe von 200 Millionen Schilling p.a. vorgesehen."

3.1. Die Vorarlberger Landesregierung weist in der Begründung ihres Antrages zunächst darauf hin, daß das Finanzausgleichspaktum (gemeint ist offenbar jenes, das dem späteren FAG 1997 zugrundelag) am zwischen Bund, den Ländern und den Gemeinden abgeschlossen worden sei und für die Jahre 1997 bis Ende 2000 Gültigkeit hätte. Sie betont anschließend, daß die durch BGBl. I 130/1997 bewirkte Novellierung des FAG 1997 - entgegen den Angaben im allgemeinen Teil der Erläuterungen zur Regierungsvorlage - nicht im Einvernehmen mit den Ländern und Gemeinden zustande gekommen sei, da das Land Vorarlberg dem Bundesminister für Finanzen mit Schreiben vom folgendes mitgeteilt habe:

"Weil einige für Vorarlberg wesentliche Fragen und Entscheidungen des Bundes noch offen sind, kann eine Zustimmung zur Änderung des Paktums vom über den Finanzausgleich für die Jahre 1997 bis Ende 2000 derzeit nicht erfolgen."

Die Vorarlberger Landesregierung zieht daraus den Schluß, daß der Bundesgesetzgeber "somit einseitig vom Finanzausgleichspaktum abgegangen" sei.

3.2. Die Vorarlberger Landesregierung verweist in der Folge auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes

VfSlg. 12505/1990 und 12832/1991 und zieht daraus folgende Schlüsse:

"Aufgrund dieser Judikatur wird nach Auffassung der Vorarlberger Landesregierung die Kompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers durch das Finanzausgleichspaktum inhaltlich begrenzt. Das Paktum bildet zusammen mit dem Finanzausgleichsgesetz ein Rechtserzeugungssystem. Die Partner des Finanzausgleichs sollen im Sinne des § 4 des Finanz-Verfassungsgesetzes darauf vertrauen können, daß für den vereinbarten Zeitraum keine einseitigen Änderungen der Vereinbarung vorgenommen werden und sie zumindest mittelfristig ihre Aufgaben mit den zu erwartenden Einnahmen erfüllen können, sodaß sie die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit nicht überschreiten. Die Erlassung von finanzausgleichsgesetzlichen Regelungen, die vom Finanzausgleichpaktum abweichen, ist somit verfassungsrechtlich solange unzulässig, als das Paktum nicht seinerseits einvernehmlich geändert wird."

3.3. Für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof diese Auffassung nicht teilen sollte, sieht die Vorarlberger Landesregierung in der gegenständlichen Änderung des FAG einen Verstoß gegen das nach § 4 F-VG strikt einzuhaltende

Sachlichkeitsgebot. Sie begründet dies folgendermaßen:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in dem bereits zitierten

Erkenntnis vom weiters folgendes ausgeführt:

'Ist eine bestimmte finanzausgleichsrechtliche Regelung nicht (mehr) sachgerecht, so kann in der Regel nur eine schrittweise Änderung eine dem § 4 des Finanz-Verfassungsgesetzes entsprechende Lösung bieten, weil die finanzielle Gebarung der Gemeinden und auch der anderen Gebietskörperschaften zumindest mittelfristig auf ein bestimmtes erwartetes Aufkommen abgestimmt ist.'

Die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1997 trägt diesem Kriterium nicht Rechnung. Die Länder werden aufgrund der Änderung im § 7 Abs 2 Z 4 des Finanzausgleichsgesetzes 1997 gegenüber bisher finanziell schlechter gestellt. So ist bei der Kraftfahrzeugsteuer vor der schlüsselmäßigen Aufteilung für den Bund ein Betrag in Höhe von jährlich 200 Mio. S vorweg abzuziehen. Dies bedeutet, daß die Länder jährlich insgesamt ca. 34,3 Mio. S weniger erhalten, als ihnen nach der bisher geltenden Regelung zustehen würde. Der Bund begründet diese Änderung damit, daß die Einnahmen ein teilweiser Ersatz für die Ausfälle in Höhe von ca. 700 Mio. S jährlich seien, die er aufgrund der gleichzeitigen Senkung der Straßenbenützungsabgabe erleide (siehe 887 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP, Seite 23 f.). Es ist nicht nachvollziehbar, warum die vor der gegenständlichen Änderung geltende finanzausgleichsrechtliche Regelung im Lichte der erwähnten Erkenntnisse nicht mehr sachgerecht und daher eine Änderung des Finanzausgleichs zulässig sein sollte."

3.4. Abschließend legt die Vorarlberger Landesregierung dar, daß der Bund in den vergangenen Jahren mehrmals Änderungen des Einkommensteuergesetzes vorgenommen habe, die zu erheblichen Einnahmenzuwächsen beim Bund und Mindereinnahmen bei Ländern und Gemeinden geführt hätten, ohne daß er die in § 5 FAG 1997 vorgesehenen Verhandlungen geführt oder entsprechende Anpassungen des FAG vorgenommen hätte. Sie verweist vor allem auf die Änderung des § 127 EStG 1988 durch das AbgÄndG 1994, BGBl. 680/1994; diese Änderung habe zu einer Verschiebung der Einnahmen zu Gunsten des Bundes geführt, weil die Rückerstattung der zuviel entrichteten Lohnsteuer anläßlich der sogenannten "Arbeitnehmerveranlagung" nicht mehr bei der Lohnsteuer, sondern bei der veranlagten Einkommensteuer verrechnet werde. Die dadurch bewirkte Verringerung des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer entspreche zwar annähernd der Erhöhung des Lohnsteueraufkommens; für die Länder und Gemeinden hätte dies aber gravierende Auswirkungen, weil der Anteil der Länder an der veranlagten Einkommensteuer gemäß § 8 Abs 1 des FAG 1997 wesentlich höher sei als an der Lohnsteuer. Die Sistierung der Freibetragsbescheide durch BGBl. I 122/1997 habe dann dazu geführt, daß der erwähnte Effekt der "Arbeitnehmerveranlagung" verlängert wurde. Die Vorarlberger Landesregierung zieht daraus den Schluß, daß der beim Bund mit der Senkung der Straßenbenützungsabgabe verbundene "Einkommensverlust" somit auch nicht die gegenständliche Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1997 zu rechtfertigen vermöge.

4.1. Die Bundesregierung erstattete auf Grund ihres Beschlusses vom eine Äußerung, in der sie begehrt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, daß die angefochtene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufzuheben ist, in eventu, daß die aufgehobene Bestimmung ab dem nicht mehr anzuwenden ist. In dieser Äußerung wird einleitend die (auf Aussagen in der Öffentlichkeit gestützte) Vermutung geäußert, "daß ein wesentliches Motiv für die vorliegende Klage (gemeint wohl des Antrages) darin zu sehen ist, daß die 'Bundesstaatsreform' und der 'Konsultationsmechanismus' vom Parlament noch nicht beschlossen worden seien", und im Anschluß daran festgehalten, daß die ausstehenden parlamentarischen Beschlußfassungen der Bundesstaatsreform und des Konsultationsmechanismus für die Frage der Verfassungskonformität der zu prüfenden Bestimmung nicht relevant seien.

4.2. Die Bundesregierung betont anschließend, daß sie die im Antrag der Vorarlberger Landesregierung vorgetragene Auffassung bezüglich der Bedeutung der zu § 4 F-VG ergangenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht teile und legt dann folgendes dar:

"2. Zu den Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern:

Im Zusammenhang mit steuerpolitischen Maßnahmen des Bundes für die Budgets 1998 und 1999 (und auch in den Folgejahren) kommen den Ländern und Gemeinden erhebliche zusätzliche Steuereinnahmen zu. Für die Länder wurden die Mehreinnahmen in den Jahren 1998 bis 2000 mit insgesamt rd. 4,0 Mrd. S, für die Gemeinden mit insgesamt rd. 1,7 Mrd. S geschätzt. Über die Verwendung dieser zusätzlichen Mittel haben am 25. September und am mit den politischen Landesfinanzreferenten und ebenfalls am 25. September und am mit den Vertretern des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes Verhandlungen stattgefunden, an denen für den Bund neben dem Bundesminister für Finanzen weiters der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mitgewirkt haben.

Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern wurden im wesentlichen am in einer Besprechung des Bundesministers für Finanzen mit einer vom - für Finanzangelegenheiten zuständigen - Landeshauptmann-Stellvertreter von Oberösterreich geleiteten Delegation der Landesfinanzreferenten zum Abschluß gebracht; weitere Mitglieder dieser Delegation waren die Landesfinanzreferenten von Burgenland, Tirol, Vorarlberg und Wien. Das Ergebnisprotokoll des Bundesministeriums für Finanzen wurde den Landesfinanzreferenten mit Schreiben vom , GZ 61 2102/22-II/11/97, mit dem Ersuchen um Bestätigung des Verhandlungsergebnisses und dem Hinweis übermittelt, daß dieser Text in den Ministerrat am eingebracht werden wird. Die Inhalte dieser Vereinbarung mit den Ländern betreffen:

* die gemeinsame Bereitstellung von 100 Millionen Schilling jährlich für Zwecke der Gesundheitsförderung, -aufklärung und -information durch einen Vorwegabzug bei der Umsatzsteuer (§7 Abs 2 Z 3 FAG 1997);

* den neuen Vorwegabzug in Höhe von 200 Millionen Schilling vor der Aufteilung der Kfz-Steuer (§7 Abs 2 Z 4 FAG 1997);

* die Gewährung einer Finanzzuweisung des Bundes zur Förderung der Landwirtschaft auch in den Jahren 1999 und 2000 in der gegenüber dem Betrag bis 1998 von 300 Millionen Schilling auf 200 Millionen Schilling verringerten Höhe;

* die Verteilung der aus den steuerpolitischen Maßnahmen resultierenden Mehreinnahmen im Rahmen der im FAG 1997 festgelegten Aufteilungsschlüssel; damit verbunden ist die Abgeltung der Kosten, die den Ländern allenfalls durch die Bundesstaatsreform erwachsen, wobei für eine allfällige Errichtung von Landesverwaltungsgerichtshöfen und für sogenannte Großereignisse (z.B. Deponien-Sanierung) besonderes vereinbart wurde;

* die Verlängerung des sogenannten 40 Milliarden S - Pakets für die Landwirtschaft bis einschließlich 2002;

* eine Begrenzung der Rücklagen des Katastrophenfonds auf 400 Millionen Schilling ('Abschöpfungsregelung').

In diesem Protokoll wurde auch festgehalten, daß die Länder einen Konnex zwischen diesem Paktum und der Beschlußfassung über die Bundesstaatsreform und den Konsultationsmechanismus herstellen. Da aber von seiten des Bundes eine derartige Beschlußfassung zu keinem Verhandlungszeitpunkt zugesagt werden konnte, sondern nur eine Verwendungszusage abgegeben wurde, ist eine darüber hinausgehende Integration dieses Punktes in das Verhandlungsergebnis nicht erfolgt.

Anzumerken ist, daß die letztlich durch Art 2 des 2. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 130/1997 erfolgte Änderung von § 7 Abs 2 Z 4 FAG 1997 betreffend die Kraftfahrzeugsteuer nicht zu den strittigen Themen gehörte und nur insoweit diskutiert wurde, als von den Vertretern der Länder - statt der vom Bundesministerium für Finanzen vorgeschlagenen Änderung der Prozentsätze - einem Vorwegabzug in fixer Höhe der Vorzug gegeben wurde.

Von seiten der Länder wurden verschiedene Anmerkungen zum Resümeeprotokoll des Bundesministeriums für Finanzen vorgebracht. Die Stellungnahme des Landeshauptmannes von Vorarlberg erfolgte mit Schreiben vom , GZ IIIa-414-1. Darin wird ausgeführt:

'Der übermittelte Textvorschlag für ein Ergebnisprotokoll entspricht mit folgenden Ergänzungen bzw. Abänderungen dem Verlauf des Gespräches vom :

Für den letzten Absatz der Ziffer 1 auf Seite 2 wird folgende präzisere und damit künftige Auslegungsprobleme vermeidende Formulierung vorgeschlagen: (Es folgt ein Vorschlag für eine Vereinbarung betreffend die Dotierung des vorbeugenden Katastrophenschutzes aus Mitteln des Katastrophenfonds.)

Weil einige für Vorarlberg wesentliche Fragen und Entscheidungen des Bundes noch offen sind, kann eine Zustimmung zur Änderung des Paktums vom über den Finanzausgleich für die Jahre 1997 bis Ende 2000 derzeit nicht erfolgen.'

Die in diesem Schreiben zum Ausdruck gekommenen Bedenken hinsichtlich der Verwendung der Mittel aus dem Katastrophenfonds wurden in weiterer Folge in direkten Gesprächen zwischen dem Landeshauptmann von Vorarlberg und Vertretern des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft ausgeräumt. Dies und die weiteren Stellungnahmen der Länder - soweit sie dem Verhandlungsergebnis vom entsprochen haben - wurden in einem gemeinsamen Ministerratsvortrag der Bundesminister für Finanzen, für wirtschaftliche Angelegenheiten und für Land- und Forstwirtschaft im 30. Ministerrat am und bei der Vorbereitung der Novellen zum FAG 1997 und zum Katastrophenfondsgesetz 1996 berücksichtigt.

Aufgrund dieses Sachverhalts vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß der Bund nicht einseitig vom Finanzausgleichspaktum abgegangen ist, sondern vielmehr insbesondere im Hinblick darauf, daß die angefochtene Regelung auf Grund der Erhöhung der Kfz-Steuer um rund 200 Millionen Schilling pro Jahr durch das EU-Abgabenänderungsgesetz, BGBl. Nr. 1996/798, zwar die Einnahmen des Bundes erhöht, jene der Länder aber nicht verringert, ein Einvernehmen 'in den wesentlichen, grundsätzlichen Belangen' im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hergestellt wurde und keinesfalls von einem 'exzessiv unrichtigen' Verhandlungsergebnis gesprochen werden kann (vgl. abermals VfSlg. 12505/1990).

3. Zur behaupteten inhaltlichen Begrenzung der Kompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers:

Davon abgesehen wird aber die im Antrag vertretene Rechtsansicht, daß die Erlassung von finanzausgleichsgesetzlichen Regelungen, die vom Finanzausgleichspaktum abweichen, ohne gleichzeitige Änderung dieses Paktums verfassungsrechtlich generell unzulässig sei, von der Bundesregierung nicht geteilt. Eine derartige Auffassung von der verfassungsrechtlichen Bedeutung einer Paktierung über den Finanzausgleich kann der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in dieser Konsequenz nicht entnommen werden:

Selbst wenn eine finanzgesetzliche Regelung nicht die Zustimmung der betroffenen Gebietskörperschaften gefunden haben sollte, verstößt dies für sich allein nicht gegen § 4 F-VG 1948, sondern bedeutete lediglich, daß die Regelung nicht automatisch eine Richtigkeitsgewähr in sich trägt und daher zusätzlich auf ihre Sachlichkeit zu prüfen ist (so ausdrücklich das Erkenntnis G17/97 u.a. vom ). Im Zusammenhang mit einer Änderung des Finanzausgleichsgesetzes ergibt sich daraus nach Auffassung der Bundesregierung, daß auch eine allfällige einseitige Änderung nicht generell unzulässig ist; allerdings hätte eine derartige Änderung keine automatische Richtigkeitsgewähr und es wäre diesfalls nicht nur zu prüfen, ob die neue Rechtslage eine dem § 4 F-VG 1948 entsprechende Gesamtregelung bildet, sondern auch, ob nicht schon der Umstand der Änderung selbst den Finanzausgleich in Widerspruch zu § 4 F-VG 1948 gebracht hat."

4.3. Zur Arbeitnehmerveranlagung weist die Bundesregierung - zusammengefaßt - auf folgendes hin:

Im Antrag werde darauf hingewiesen, daß der Bundesgesetzgeber die Verschiebung zwischen den Aufkommen an der veranlagten Einkommensteuer und der Lohnsteuer, die sich durch die Einführung der Arbeitnehmerveranlagung ab dem Jahr 1995 ergeben und welche aufgrund der unterschiedlichen Aufteilungsschlüssel den Bund begünstigt hätte, nicht zum Anlaß einer Änderung des FAG genommen habe; damit begründe die Vorarlberger Landesregierung u.a. die Verfassungswidrigkeit des § 7 Abs 2 Z 4 FAG 1997.

Anläßlich der Vorbereitungen eines Finanzausgleiches ab dem Jahr 1996 bzw. einer Verlängerung des FAG 1993 um ein Jahr sei von seiten der Länder auf die Verschiebung in den Aufkommen hingewiesen und eine entsprechende Änderung des FAG verlangt worden. Allerdings hätten diese Forderungen im Paktum über die Verlängerung des FAG 1993 bis Ende 1996 keinen Niederschlag gefunden; das Paktum sei überdies von allen Finanzausgleichspartnern unterschrieben worden.

Weiters führt sie sodann aus:

"Zuletzt wurde die Arbeitnehmerveranlagung bei den Finanzausgleichsverhandlungen am über die finanzausgleichsrechtliche Umsetzung des Strukturanpassungsgesetzes 1996 angesprochen. Unter dem TOP 'Finanzausgleich' wurde zuerst sowohl vom - für die Angelegenheiten der Finanzen zuständigen - Steiermärkischen Landesrat als auch vom Landeshauptmann von Vorarlberg als Bedingung für eine grundsätzlich unveränderte Verlängerung des Finanzausgleichs um vier Jahre und bestimmte einzeln genannte Änderungen (z.B. Konsolidierungsbeitrag der Länder und Gemeinden, Finanzzuweisungen an Länder und Gemeinden aus dem Aufkommen der neuen Energiesteuern) und insbesondere für eine neutrale Gestaltung eines gemeinsamen Verteilungsschlüssels für veranlagte Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer I und Körperschaftsteuer auf Basis des Erfolges 1997 die Berücksichtigung der Verschiebungen durch die Arbeitnehmerveranlagung genannt; in der letztlich gefundenen Vereinbarung ist eine Änderung der Verrechnung der Arbeitnehmerveranlagung jedoch nicht mehr enthalten (siehe das Protokoll der Verbindungsstelle im Schreiben der Verbindungsstelle der Bundesländer vom , GZ VST-13/1134 = BMF- GZ 61 2102/14-II/11/96, S 20 und 24).

Die Forderung nach einer Veränderung des Aufteilungsschlüssels aufgrund der geänderten Einführung der Arbeitnehmerveranlagung ist daher - ebenso wie umgekehrt damalige, nicht im Ergebnis enthaltene Forderungen des Bundes gegenüber den Ländern - spätestens seit dem im Sinne eines Gesamtkompromisses, welchem immerhin Mehreinnahmen der Länder (ohne Landes-Krankenanstaltenfonds) ab dem Jahr 1997 in Höhe von rd. 8,0 Mrd. S und der Gemeinden in Höhe von rd. 4,1 Mrd. S (jeweils bereits nach Abzug der sogenannten 'Konsolidierungsbeiträge' gemäß § 8 Abs 2 Z 1 litb und Z 2 FAG 1997 in Höhe von 2,29 Mrd. S bzw. 1,46 Mrd. S pro Jahr) zugrundelagen, als erledigt anzusehen.

Nur der Vollständigkeit halber ist festzustellen, daß die im Antrag genannten Auswirkungen der Arbeitnehmerveranlagung auf die Ertragsanteile der Länder nicht mit den Daten und Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen übereinstimmen: Nach den Auswertungen des Bundesministeriums für Finanzen hat die Arbeitnehmerveranlagung das Aufkommen an Lohnsteuer im Jahr 1995 um 5.488,597.920,- S, im Jahr 1996 um 6.653,580.741,- S und im Jahr 1997 um 4.481,951.098,- S zulasten der veranlagten Einkommensteuer erhöht. Aufgrund der höheren Anteile der Länder an der veranlagten Einkommensteuer wären ihre Ertragsanteile im Jahr 1997 um 134 Millionen Schilling höher gewesen."

5. Die Vorarlberger Landesregierung hat eine Gegenäußerung erstattet, in der sie einerseits einräumt, daß die ausstehende Beschlußfassung über die Bundesstaatsreform und den Konsultationsmechanismus "möglicherweise ein politisches Motiv für den Gesetzesprüfungsantrag der Vorarlberger Landesregierung" war, für die Frage der Verfassungskonformität der zu prüfenden Bestimmung aber nicht relevant sei. Im übrigen betont sie, daß die Grundsatzfrage sei, ob der Bundesgesetzgeber einseitig vom Finanzausgleichspaktum abweichen dürfe, und unterstreicht noch einmal ihren Rechtsstandpunkt, daß nach ihrer Auffassung die Kompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers durch das Finanzausgleichspaktum inhaltlich begrenzt werde.

6. Die Bundesregierung hat aufgrund ihres Beschlusses vom eine ergänzende Äußerung erstattet, in der sie einerseits darauf hinweist, daß zwischenzeitlich die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und über den Österreichischen Stabilitätspakt abgeschlossen worden sei, und andererseits ausführt, daß die Novelle zum EStG 1998, BGBl. I 122/1997, betreffend Arbeitnehmerveranlagung, im Hinblick auf die Einführung eines einheitlichen Aufteilungsschlüssels für die Ertragsteuern für die Ertragsanteile der Länder und Gemeinden keine Rolle spiele.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über den - zulässigen - Antrag der Vorarlberger Landesregierung erwogen:

1.1. In dem von der Vorarlberger Landesregierung für die Stützung ihres Standpunktes in erster Linie herangezogenen Erkenntnis VfSlg. 12505/1990 hat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß die Bundesverfassung dem Finanzausgleichsgesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum lasse und ihm nur minimale Handlungsanweisungen, wie die einzelnen finanzausgleichsrechtlichen Regeln inhaltlich zu fassen seien, erteile. Er hat daher dem Finanzausgleichsgesetzgeber einen weiten rechtspolitischen Freiraum in der Auswahl sowohl der mit dem Finanzausgleich anzustrebenden Ziele als auch des hiebei eingesetzten Instrumentariums zugebilligt. Der Verfassungsgerichtshof ist allerdings in dem genannten Erkenntnis auch davon ausgegangen, daß ein sachgerechtes System des Finanzausgleiches schon im Vorfeld der Gesetzgebung eine Kooperation der Gebietskörperschaften voraussetze und daß vor Erlassung des Finanzausgleichsgesetzes entsprechende Beratungen zwischen den Vertretern der Gebietskörperschaften unabdingbar seien. Führten diese Beratungen zu einem Einvernehmen, so könne in aller Regel davon ausgegangen werden, daß eine dem § 4 F-VG entsprechende Gesamtregelung getroffen worden sei. Ein den § 4 verletzender Fehler der Gesetzgebung liege in einem solchen Fall nur dann vor, wenn einzelne Bestimmungen zueinander in sachlich nicht rechtfertigbarem Widerspruch stehen, wenn von verfehlten Prämissen ausgegangen wurde oder wenn die Interessen eines Partners geradezu willkürlich ignoriert oder mißachtet wurden. Der Verfassungsgerichtshof hat daraus abgeleitet, daß die "Paktierung" des Finanzausgleiches für einen bestimmten künftigen Zeitraum zur Folge habe, "daß eine einseitige Änderung während der Laufzeit nicht bloß der politischen Fairneß widersprechen kann, sondern auch das eine Einheit bildende Gesamtsystem des Finanzausgleiches schwerwiegend gestört wird und damit der geänderte Finanzausgleich in Widerspruch zu § 4 F-VG 1948 gerät."

1.2. Im Anschluß an diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof in VfSlg. 12784/1991 die Bedeutung der Paktierung im Bereich des Finanzausgleiches (auch) damit begründet, daß eine unerwartete Änderung des einen Komplex bildenden Finanzausgleichsregelungssystems während dessen Laufzeit die kurz- und mittelfristige Finanzplanung der Gemeinden derart in Unordnung brächte, daß damit das Gebot des § 4 F-VG 1948 mißachtet würde. "Die Finanzausgleichspartner dürfen sich daher grundsätzlich darauf verlassen, daß der paktierte Finanzausgleich während der Laufzeit des jeweiligen FAG Bestand haben werde."

1.3. In VfSlg. 14262/1995 hat der Gerichtshof den Grundgedanken der Judikatur folgendermaßen formuliert:

"Beachtenswerte Folgen aber zieht die Weigerung eines der Finanzausgleichspartner nach sich, aus Gründen, die nicht ohne weiteres vernachlässigt werden und die bedeutsame Auswirkungen haben können, der vorgesehenen Paketlösung zuzustimmen. Wenngleich eine Minderheit der Finanzausgleichspartner den Abschluß eines Paktes nicht zu hindern vermag, kann nämlich in einem solchen Fall nicht mehr ohne weiteres von der Vermutung ausgegangen werden, das Finanzausgleichsgesetz stehe in keinem Widerspruch zu § 4 F-VG 1948."

2.1. Der Gerichtshof hat mit der dargestellten Judikatur nun keineswegs (wie die Vorarlberger Landesregierung offenbar meint) zum Ausdruck gebracht, daß jedwede einseitige, das heißt weder durch das ursprüngliche Paktum noch durch eine neue, im Einvernehmen zwischen den Finanzausgleichspartnern getroffene Vereinbarung gedeckte Änderung des Finanzausgleiches unabhängig von ihrer Art, ihrem Gewicht und ihrer Auswirkung auf die finanzielle Position der verschiedenen Finanzausgleichspartner automatisch im Widerspruch zu § 4 F-VG steht und damit notwendigerweise verfassungswidrig ist (so daß derartige einseitige Änderungen während der Laufzeit des "Paktums" praktisch ausgeschlossen werden). Der Gerichtshof hat somit nicht - wie die Vorarlberger Landesregierung vermeint - dem Finanzausgleichspaktum die Qualität einer gleichsam im Verfassungsrang stehenden Rechtsnorm zugeschrieben, an der alle finanzausgleichsrechtlichen Regelungen und deren Änderungen zu messen seien; er hat vielmehr - wie sich aus dem Zusammenhang der Darlegungen in der grundlegenden Entscheidung VfSlg. 12505/1990 deutlich ergibt (vgl. vor allem Seite 354 f., wo durchwegs auf wesentliche, überraschende, einschneidende oder gravierende Änderungen des Paktums abgestellt wird) - (lediglich) die Auffassung vertreten, daß durch eine einseitige Änderung das Finanzausgleichssystem schwerwiegend gestört werden kann und daß ein solcherart geänderter Finanzausgleich möglicherweise in Widerspruch zu § 4 F-VG gerät. Der Gerichtshof hat daher schon im Erkenntnis VfSlg. 12667/1991 ausgesprochen, daß ein Anspruch nach Art 137 B-VG auf solche Pakte nicht gegründet werden kann, und er hat andererseits wiederholt (VfSlg. 12505/1990, 12784/1991, 12832/1991, 14262/1995) unterstrichen, daß finanzausgleichsrechtliche Regelungen, die auf eine Paktierung zurückgehen, keineswegs verfassungsrechtlich unangreifbar werden. Beides wäre mit dem von der Vorarlberger Landesregierung eingenommenen Rechtsstandpunkt nicht vereinbar.

2.2. Der Gerichtshof hat überdies im Erkenntnis

VfSlg. 15039/1997 zum Ausdruck gebracht, daß die Judikatur so zu verstehen sei, daß ein auf Verhandlungen beruhender Finanzausgleich die Vermutung der Richtigkeitsgewähr auch unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes für sich habe, daß aber dann, wenn finanzausgleichsrechtliche Regelungen nicht die Zustimmung aller Partner erhalten haben, dies für sich allein nicht gegen § 4 F-VG verstoße, sondern lediglich bedeute, "daß die Regelung nicht automatisch eine Richtigkeitsgewähr in sich trägt und daher zusätzlich auf ihre Sachlichkeit zu prüfen ist" (ebenso schon im Ergebnis VfSlg. 14262/1995).

3. Ob eine einseitige Änderung des Finanzausgleichspaktums eine solche Qualität hat, daß die dadurch geschaffene Rechtslage einen Verstoß gegen § 4 F-VG begründet, kann danach nur im Einzelfall unter Würdigung aller Umstände eben dieses Falles beurteilt werden.

3.1. Die von der Vorarlberger Landesregierung bekämpfte Änderung des FAG 1997 steht in folgendem Zusammenhang:

Mit dem EU-AbgabenänderungsG, BGBl. 798/1996, wurden unter anderem das StraßenbenützungsabgabeG, BGBl. 629/1994 (zuletzt geändert durch BGBl. 831/1995) sowie das KraftfahrzeugsteuerG 1992, BGBl. 449 (zuletzt geändert durch BGBl. 201/1996) novelliert. Die Erläuterungen zur RV des EU-AbgabenänderungsG (498 BlgNR, XX. GP, Seite 7) führen zur Straßenbenützungsabgabe folgendes aus:

"Die im Beitrittsvertrag mit der Europäischen Union enthaltene Übergangsfrist, während der Österreich gegenüber dem Gemeinschaftsrecht erhöhte Straßenbenützungsabgaben erheben darf, läuft mit Ende des Jahres 1996 aus. Mit der für das Jahr 1997 und die Folgejahre vorgeschlagenen Abgabensätze - die für alle Kraftfahrzeuge, die unter das Straßenbenützungsabgabegesetz fallen, unterschiedslos gelten soll - wird das dem nationalen Gesetzgeber durch die Richtlinie 93/89/EWG eingeräumte Gestaltungsrecht ausgeschöpft."

Die Änderungen des KraftfahrzeugsteuerG (Erhöhung der Steuersätze in § 5 Abs 1 Z 2 litb) wird in den Materialien wie folgt begründet (498 BlgNR, XX. GP, Seite 7):

"Die vorgeschlagenen Änderungen stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der ab wirksam werdenden, EU-bedingten Absenkung der Straßenbenützungsabgabe. Gemäß dem Punkt 9 des zwischen den Regierungsparteien getroffenen Europa-Abkommens vom soll durch die vorgesehene Novelle eine im wesentlichen gleichbleibende steuerliche Belastung des Schwerverkehrs auf der Straße erreicht werden."

§ 6 Abs 1 Z 3 des Finanzausgleichsgesetzes 1997 (Art65 des StrukturanpassungsG 1996, BGBl. 201), dessen Vorschriften - von wenigen Ausnahmen abgesehen - mit in Kraft traten, nennt die Straßenbenützungsabgabe unter den ausschließlichen Bundesabgaben. Ihr Aufkommen fließt daher allein dem Bund zu. Die Kraftfahrzeugsteuer war (und ist) hingegen in § 7 Abs 1 leg.cit. unter den gemeinschaftlichen Bundesabgaben genannt; die Aufteilung erfolgt gemäß § 8 Abs 1 leg.cit. zwischen Bund und Ländern im Verhältnis 82,833% zu 17,167%.

Durch das 2. Budgetbegleitgesetz 1997, BGBl. I 130/1997, wurde § 7 Abs 2 FAG 1997 um eine Regelung ergänzt, die bei der Kraftfahrzeugsteuer ab dem Haushaltsjahr 1997 einen Vorwegabzug von S 200 Mio. zugunsten des Bundes vorsieht. Wie den - bereits zitierten - Materialien zu den entsprechenden Änderungen des StraßenbenützungsabgabeG einerseits, des KraftfahrzeugsteuerG andererseits zu entnehmen ist, sollte die EU-bedingte, somit gemeinschaftsrechtlich offenbar erforderliche Verminderung des Aufkommens an Straßenbenützungsabgabe durch eine Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer für LKW teilweise kompensiert werden, um die Gesamtbelastung für den Schwerverkehr im wesentlichen gleichzuhalten. Nach den - von der Vorarlberger Landesregierung nicht bestrittenen - Angaben der Bundesregierung (Äußerung, Seite 9 f.) resultiert aus der Absenkung der Straßenbenützungsabgabe ein Minderaufkommen von jährlich rund S 700 Mio., aus der Erhöhung der KFZ-Steuer hingegen ein Mehraufkommen von jährlich rund S 200 Mio. Geht man von der Richtigkeit dieser Schätzungen aus, so ergibt sich aufgrund dieser Rechtsänderungen - gesamthaft betrachtet - für den Bund aus der Besteuerung des Schwerverkehrs ein Minderaufkommen von S 500 Mio., während sich für die Länder nichts verändert hat:

Diese erhalten weiterhin ihren prozentuellen Anteil an dem KFZ-Steuer-Aufkommen in der bisherigen Höhe; sie partizipieren lediglich nicht an der Erhöhung, sind aber andererseits nicht von der Verminderung des Aufkommens der Straßenbenützungsabgabe betroffen.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof kann angesichts des engen Zusammenhanges der getroffenen Maßnahmen, die insgesamt das Bestreben des Bundesgesetzgebers erkennen lassen, einerseits die Besteuerung des Schwerverkehrs EU-konform zu gestalten und andererseits die daraus resultierenden Mindereinnahmen für den Bund zu begrenzen (ohne dabei die Einnahmen der Länder zu schmälern), in der eingeschlagenen Vorgangsweise keine Unsachlichkeit erkennen. Er vermag daher die Bedenken der Vorarlberger Landesregierung nicht zu teilen.

3.3. Die Hinweise der Vorarlberger Landesregierung, daß der Bund sich durch verschiedene steuerpolitische Maßnahmen in den vergangenen Jahren Mehreinnahmen erschlossen hätte, ohne deswegen das FAG zu ändern und daß er daher die aus der Senkung der Straßenbenützungsabgabe resultierenden Mindereinnahmen aus diesen Mehreinnahmen bedecken hätten können, ändern an diesem Ergebnis nichts. Welche Bedeutung die im Jahr 1994 vorgenommene Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988 im Rahmen des AbgabenänderungsG 1994, BGBl. 680/1994, für den durch das FAG 1997 geregelten Finanzausgleich haben könnte, vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen. Die Verschiebungen, die sich aus der Umstellung auf die Arbeitnehmerveranlagung zwischen Lohnsteuer und veranlagter Einkommensteuer ergeben haben, sind nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Bundesregierung spätestens seit dem im Wege eines Gesamtkompromisses als (durch das Paktum) mit den Ländern ausgeglichen und daher erledigt anzusehen (Äußerung, Seite 11).

3.4. Angesichts dieses Ergebnisses kann es der Verfassungsgerichtshof dahingestellt sein lassen, ob in der gegenständlichen Neuregelung überhaupt eine relevante Änderung gegenüber dem Finanzausgleichspaktum vom zu erblicken war, bzw. ob die (allfällige) Änderung nicht ohnedies als paktiert anzusehen war, weil das Land Vorarlberg seine förmliche Zustimmung offenbar nur aus Gründen verweigert hat, die sich gar nicht auf den Inhalt der konkreten Verhandlungen bezogen.

III. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4,

erster Satz, VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.