VfGH vom 27.09.2002, g45/02

VfGH vom 27.09.2002, g45/02

Sammlungsnummer

16633

Leitsatz

Zulässigkeit der Anträge auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Festsetzung einer Mindeststrafe im Gefahrgutbeförderungsgesetz; Anwendbarkeit noch der alten Fassung des Gesetzes vor der Euro-Umstellung (Strafbetrag in Schilling) aufgrund des Günstigkeitsprinzips des Verwaltungsstrafrechts; sachliche Rechtfertigung der Regelung angesichts des besonderen Gefährdungspotentials beim Transport bestimmter Güter auf der Straße

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten Oberösterreich und Kärnten (in der Folge: UVS) sind Berufungsverfahren gegen Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaften Braunau am Inn (G45/02), Linz-Land (G62/02, G70/02, G153/02 und G155/02), Urfahr-Umgebung (G154/02), Schärding (G100/02) bzw. St. Veit a.d. Glan (G169/02) anhängig.

1.2. Mit diesen Straferkenntnissen wurden über die Berufungswerber Geldstrafen in Höhe von jeweils S 10.000,-, sowie - für den Fall der Uneinbringlichkeit - Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 10 Tagen (G62/02, G70/02, G100/02, G153/02, G154/02 und G155/02) bzw. 11 Tagen (G45/02) verhängt.

Die jeweiligen Berufungswerber wurden aufgrund folgender Fakten bestraft:

a) In dem dem Antrag zu G45/02 zugrundeliegenden Verfahren:

Weil er als Verantwortlicher (§9 VStG) einer näher bezeichneten Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als Beförderer dafür einzustehen habe, daß der Lenker eines Sattelzugfahrzeuges mit Anhänger beauftragt wurde, näher umschriebenes Gefahrgut zu befördern, obwohl die Beförderungseinheit nicht mit den orangefarbenen Tafeln (Rn 10500 ADR) gekennzeichnet gewesen sei,

b) im Verfahren G62/02:

Weil er als Verantwortlicher einer näher bezeichneten Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als Beförderer, den Lenker eines Lastkraftfahrzeuges mit Anhänger beauftragt habe, gefährliche Güter zu befördern, obwohl die zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen erforderlichen Schutzschuhe oder (Gummi)Stiefel nicht mitgeführt worden seien (Rn 10260 litc ADR),

c) im Verfahren G70/02:

Weil er als Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft dafür einzustehen habe, daß diese als Beförderer Gefahrgut der Klasse 4.3 Z 13b ADR UN 1396 (Aluminiumpulver nicht überzogen) im Ausmaß von 5.090 kg und der Klasse 3 Z 3b ADR UN 2059 (Nitrocellulose) im Ausmaß von 3.499 kg befördert habe, obwohl

1.) gem. Rn 10240 Abs 3 ADR kein den Vorschriften entsprechender Feuerlöscher mitgeführt worden sei, weil die vorgeschriebene Plombierung gefehlt habe, wodurch nicht gewährleistet sei, ob dieser zum Einsatz geeignet gewesen sei; und

2.) die in der schriftlichen Weisung nach Rn 10385 Abs 1 litb ADR vorgeschriebene Augenspülflasche nicht mitgeführt worden sei, weil die mitgeführte Flasche leer gewesen sei,

d) Im Verfahren G100/02:

Weil er als Verantwortlicher einer näher genannten juristischen Person in ihrer Eigenschaft als Beförderer den Lenker eines Lastkraftfahrzeuges mit Anhänger beauftragt habe, gefährliche Güter zu befördern, obwohl die Ausrüstung zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen erforderliche Besen, Schaufel und ein Auffangbehälter nicht mitgeführt worden seien (Rn 10260 litc ADR),

e) Im Verfahren G153/02:

Weil er den Lenker eines Sattelzugfahrzeuges mit Anhänger beauftragt [habe], Gefahrgut zu befördern, ohne

1) dabei dem Beförderer ein den Vorschriften entsprechendes Beförderungspapier übergeben zu haben, da bei den Eintragungen die Masse an dem beförderten Gefahrengut und der nach Rn 10011 ADR zu errechnende Wert gefehlt habe;

2) dafür gesorgt zu haben, dass die Verwendung der Verpackung hinsichtlich der Kennzeichnung mit Gefahrzettel nach § 4 GGBG zulässig ist, da der Zettel keine Seitenlänge von mindestens 10 x 10 cm aufgewiesen habe, obwohl dazu genügend Platz vorhanden gewesen wäre, sondern von lediglich 5 x 5 cm,

f) Im Verfahren G154/02:

Weil er den Lenker eines Lastkraftfahrzeuges mit Anhänger beauftragt [habe], gefährliche Güter zu befördern, obwohl die schriftliche Weisung zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10381 Abs 1 litc ADR nicht mitgeführt worden sei.

g) Im Verfahren G155/02:

Weil er den Lenker eines Sattelzugfahrzeuges mit Anhänger beauftragt [habe], näher umschriebenes Gefahrgut zu befördern, ohne dabei dem Beförderer ein den Vorschriften entsprechendes Beförderungspapier übergeben zu haben, da in diesem jegliche Gewichtsangabe über das beförderte Gefahrgut gefehlt habe (Rn 10381 Abs 1 lita ADR, Rn 2002 Abs 3 ADR)",

h) Im Verfahren G169/02:

Weil er

"als Beförderer nicht dafür [gesorgt habe], dass

1) dem Lenker ein dem ADR entsprechende[s] Beförderungspapier übergeben wurde, welches den Vorschriften nach Rn 2002 Abs 3 und Abs 9 ADR entsprach, da es sich bei den mitgeführten Begleitpapieren um mehrere Zettel handelte, die Beschreibung der Versandstücke nicht den Vorschriften des ADR entsprach (BF anstatt Fässer aus Stahl), die Angaben über die Anzahl der Versandstücke, die Gesamtmenge der gefährlichen Güter und die Konformitätserklärung des Absenders fehlten,

2) dem Lenker schriftliche Weisungen für das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen übergeben wurden, da in den mitgeführten Weisungen die Angaben hinsichtlich der persönlichen Schutzausrüstung des Lenkers fehlten,

3) die Beförderungseinheit an der Rückseite mit einer orangefarbenen Warntafel deutlich sichtbar gekennzeichnet war,

4) dem Lenker die Ausrüstungsgegenstände ordnungsgemäß übergeben wurde, da bei einem Feuerlöschgerät die Überprüfung im Mai 1999 abgelaufen war,

5) dem Lenker die Ausrüstungsgegenstände ordnungsgemäß übergeben wurden, da eine Warnweste, eine Augenspülflasche mit Wasser, vier reflektierende selbststehende Warnzeichen, Kanalisationsabdeckungen, eine geeignete Schaufel, ein Besen, ein geeignetes Bindemittel und ein geeigneter Auffangbehälter fehlten und

6) der Lenker über seine Pflichten und die Besonderheiten der Beförderung und über das Verhalten bei Unfällen oder Zwischenfällen ausreichend in Kenntnis gesetzt und unterwiesen worden war".

1.3. Aus Anlaß dieser bei ihnen anhängigen Berufungsverfahren stellten die UVS die zu G45/02, G62/02, G70/02, G100/02, G153/02, G154/02, G155/02 und G169/02 protokollierten Anträge auf Feststellung, daß die Wortfolge "von S 10000" in § 27 Abs 1 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes - GGBG, BGBl. I Nr. 145/1998 (in der Folge: GGBG) verfassungswidrig war.

1.3.1. In dem zu G45/02 protokollierten Antrag des UVS Oberösterreich wird dazu ausgeführt wie folgt:

"§27 Abs 1 Z l GGBG in der anzuwendenden Fassung lautet:

'(1) Wer

1) als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 befördert, begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 10 000 S bis 600 000 S zu bestrafen.'

Mit dem Inkrafttreten des GGBG am ist gleichzeitig das Gefahrgutbeförderungsgesetz - Straße (GGSt), BGBl Nr. 209/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl Nr. 430/1995, außer Kraft getreten.

Der Strafrahmen war für Übertretungen des Beförderers in § 42 Abs 1 Z 1 GGSt mit 600.000 S vorgesehen, dies allerdings ohne Festsetzung einer Mindestgeldstrafe.

Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass der Schutzzweck des GGBG (und des ADR) als wichtig anzusehen ist, besteht er doch im Schutz von Leben und Gesundheit von Personen, ob an einem Gefahrguttransport beteiligt oder nicht. Auch die Hintanhaltung möglicher Beeinträchtigungen der Umwelt leuchtet hervor.

Die Einführung einer gesetzlichen Mindeststrafe durch das GGBG in der Höhe von 10.000 S (nunmehr 726 Euro) ist für den Oö. Verwaltungssenat dennoch nicht sachlich begründbar. Es sind nach hiesigem Dafürhalten keine Entwicklungen belegbar, die den Strafrahmen des GGSt ohne Mindeststrafe als nicht mehr ausreichend ansehen ließen.

Der Gesetzgeber hat nach h. Ansicht durch die Festsetzung einer Mindeststrafe in der dargelegten Höhe den ihm eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, der im Zusammenhang mit der Sachlichkeit der Regelung anhand des Gleichheitsgrundsatzes von Bedeutung ist, überschritten.

So wird ein Kriterium bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs 2 VStG nicht mehr berücksichtigbar, nämlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten. Durch die Vorgabe einer Mindestgeldstrafe im Ausmaß von 726 Euro bleiben diese Aspekte weitestgehend ausgeschaltet. Dies bedeutet eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung in Bezug auf andere verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände, bei denen § 19 VStG umfassend zur Anwendung kommt. In der Praxis kann das für einen Beschuldigten sogar existenzbedrohend werden, wenn, was häufig der Fall ist, das Kumulationsprinzip die Verhängung von mehreren Geldstrafen gebietet. Dies auch deshalb, da es sich bei einem Beförderer von Gefahrgut keinesfalls nur um Wirtschaftsbetriebe handeln kann, die Verwaltungsstrafen für ihre vertretungsbefugten Organe auch in größerer Höhe zu leisten in der Lage sind, sondern die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen für jedermann gelten, der als Beförderer (bzw sonstiger an einem Gefahrguttransport Beteiligter) in Erscheinung tritt.

Des weiteren ist festzuhalten, dass gemäß § 6 Z 1 GGBG Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter nur verwendet werden dürfen, wenn sie nach den verkehrsträgerspezifischen generellen Vorschriften (§3 Z 9) im Verkehr verwendet werden dürfen.

Solche verkehrsträgerspezifische generelle Vorschriften sind demnach für Beförderungen gemäß § 1 Abs 1 Z l - also auf Straßen mit vffentlichem Verkehr - das Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 (vgl. § 3 Z 9 lita GGBG).

Gemäß § 7 Abs 1 Z 5 leg. cit. dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn die Verwendung der Fahrzeuge gemäß § 6 zulässig ist.

Dies hat zur Folge, dass ein Beförderer, der einen Verstoß gegen das Kraftfahrgesetz 1967 zu verantworten hat, mit der gesetzlichen Mindeststrafe gemäß § 27 Abs 1 GGBG zu belegen ist, wogegen ansonsten die Strafnorm des § 134 Abs 1 KFG 1967 - ohne Mindeststrafe - gilt.

Der Oö. Verwaltungssenat ist in Kenntnis davon, dass im beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren B1656/00 eine Stellungnahme des Bundeskanzleramtes, Verfassungsdienst, abgegeben wurde (GZ 601.832/1-V/A5/01 vom ). Es darf auf diese Stellungnahme zumindest in ihrem Punkt III.2.2. eingegangen werden. Auch der Oö. Verwaltungssenat verkennt nicht, wie bereits eingangs angeführt, dass die Bestimmung des § 27 Abs 1 GGBG auch dem Schutz menschlichen Lebens dient. Diesem Zweck dienen aber zahlreiche Verwaltungsvorschriften, ohne einen derartig massiven Mindeststrafsatz aufzuweisen. Auch darf aufgrund der vielen Detailvorschriften des ADR (aus der hiesigen Praxis) darauf hingewiesen werden, dass nicht selten Delikte zu ahnden sind, die als Verletzung von Formvorschriften bzw überhaupt geringfügige Verstöße zu qualifizieren sind. Aus bereits anhängig befindlichen bzw gewesenen Verfahren dürfen als Beispiele angeführt werden:

Das Nichtmitführen eines Besens entgegen Rn 10260 iVm Rn 10385 ADR, das Fehlen der Gewichtsbezeichnung 'kg' nach der ziffernmäßig angegebenen Menge des Gefahrgutes im Beförderungspapier entgegen Rn 20002 Abs 3 lita ADR, das Fehlen der Plombierung eines Feuerlöschgerätes als Verstoß gegen Rn 10240 Abs 3 ADR etc. In all diesen Fällen war die Strafbehörde gehalten, (zumindest) die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen. Die Bestimmungen der §§20 und 21 VStG können solche Härten nur selten ausgleichen, zumal sie nur unter den entsprechenden Voraussetzungen angewendet werden können und auch nicht dazu heranzuziehen sind, gesetzliche Mindeststrafen zu unterlaufen.

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates sind sohin die Argumente, die den Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis G312/97-18 ua vom zur Aufhebung der Wortfolge 'von 50 000' in § 39 Abs 1 lita Abfallwirtschaftsgesetz 1990, BGBl. Nr. 1990/325 idF BGBl. Nr. 1996/434, als verfassungswidrig veranlasst haben, auch gegenständlich zutreffend.

Der Verfassungsgerichtshof hat zudem wiederholt ausgesprochen (jüngst im Erkenntnis G181/01 ua vom ), dass die Rechtfertigung für eine Mindeststrafe auch in dem durch derartige Straftaten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil gelegen sein kann. Im vorliegenden Fall vermag der Oö. Verwaltungssenat aber nicht zu erkennen, welchen wirtschaftlichen Vorteil ein Beförderer sich dadurch verschaffen könnte, indem er die Beförderungseinheit nicht korrekt im Sinne des ADR kennzeichnet.

Die Ausschöpfung des in § 27 Abs 1 GGBG durch die Normierung einer Höchststrafe von 600.000 S, nunmehr 43 603 Euro, vorgesehenen Strafrahmens ermöglicht die Verwirklichung der durch die Verwaltungsstrafandrohung angestrebten general- und spezialpräventiven Ziele und ist - unabhängig von einer Mindestgeldstrafe - für sich bereits ausreichende Grundlage des durch diese Strafbestimmung zum Ausdruck gelangenden Unrechtsgehaltes."

Die weiteren Anträge des UVS Oberösterreich enthalten die gleiche Anfechtungserklärung und inhaltlich gleichlautende Ausführungen.

1.3.2. Der UVS Kärnten führt zur Begründung seines Antrages (G169/02) aus:

"... In [§7 Abs 2 GGBG] wird größtenteils wieder auf die im § 2 GGBG zitierten anzuwendenden Vorschriften verwiesen, wobei besonders das europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße - ADR (Grundtner, Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, umfasst 923 Seiten) hervorzuheben ist. Daher ergeben sich aus der Kombination von § 7 Abs 2 GGBG mit dem ADR - wie auch das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren zeigt (sechs Verwaltungsübertretungen) - eine Vielzahl von Tatbeständen, deren jeweiliger objektiver Unrechtsgehalt im Sinne des § 19 Abs 1 VStG jedoch unterschiedlich zu beurteilen ist; so werden durch das Fehlen einer orangefarbenen Warntafel am Fahrzeug öffentliche Interessen (im Falle eines Verkehrsunfalls ist für die Einsatzkräfte nicht erkennbar, dass gefährliche Güter geladen sind) massiver verletzt, als der Umstand, dass die mitgeführten Beförderungspapiere nicht dem ADR entsprechen. Es ist keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, dass für sämtliche Verwaltungsübertretungen, die unter diese Strafbestimmung subsumiert werden können, eine Mindeststrafe von ATS 10.000,-- zu verhängen ist. Diese Geldstrafe ist nämlich auch bei geringfügigen Verstößen - wie zB im vorliegenden Fall der Umstand, dass die Überprüfungsplakette des Feuerlöschgerätes einige Tage vor der Kontrolle abgelaufen war - zu verhängen; § 20 VStG und § 21 VStG können auch in einem solchen Fall nur dann angewendet werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Unterschreiten der Mindeststrafe (ein Überwiegen der Milderungsgründe) bzw. für die Erteilung einer Ermahnung (geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung) vorliegen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat verkennt nicht, dass bestimmte Regelungen im GGBG iVm ADR dem Schutz von Leben und Gesundheit von Personen und dem Schutz der Umwelt vor möglichen Beeinträchtigungen dienen. Die Spruchpunkte 1 und 2 des gegenständlichen Straferkenntnisses zeigen jedoch, dass nicht sämtliche Verwaltungsübertretungen eine Verletzung dieser öffentlichen Interessen darstellen; dem Beschuldigten als Beförderer der Ladung wird nämlich angelastet, dass der Lenker bei der Fahrt nicht sämtliche Begleitpapiere mitgeführt habe bzw. in den mitgeführten schriftlichen Weisungen die Angaben hinsichtlich der persönlichen Schutzausrüstung des Lenkers gefehlt haben.

Auf Grund dieser Erwägungen - unter Berücksichtigung der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu den gesetzlichen Mindeststrafen (VfSlg. 15785/2000 und u.a.) - dürfte die gegenständliche Regelung mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot nicht vereinbar sein ..."

2. Der Berufungswerber in dem dem Antrag zu G100/02 zugrundeliegenden Berufungsverfahren hat eine Äußerung abgegeben, in der er den Argumenten des antragstellenden UVS beipflichtet und sich für die Feststellung der Verfassunsgwidrigkeit ausspricht.

3. Die Bundesregierung hat im Verfahren G45/02 eine Stellungnahme abgegeben, auf die sie in den weiteren damit verbundenen Gesetzesprüfungsverfahren verweist. Sie tritt darin den Anträgen mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Die Bundesregierung hat es schon vor Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 15.785/2000, mit dem erstmals eine gesetzliche Regelung, die eine Mindeststrafe in der Höhe von 50.000,- S vorsah, als dem Gleichheitssatz widerstreitend aufgehoben wurde, als nicht zweifelhaft angesehen, dass solche Regelungen den Anforderungen des dem Gleichheitssatz nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes immanenten Sachlichkeitsgebots unterliegen. Eine gesetzliche Regelung, die ein unsachliches Verhältnis zwischen dem unter Strafsanktionen gestellten Verhalten und der zwingend zu verhängenden Mindeststrafe festlegt, wäre daher auch nach Auffassung der Bundesregierung verfassungswidrig.

In diesem Zusammenhang ist aber auch auf das Erkenntnis VfSlg. 15.677/1999 hinzuweisen, in dem der Gerichtshof die in § 6 Abs 3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG für den Fall einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung vorgesehene Mindestgeldstrafe iHv S 20.000,-

nicht für bedenklich erachtet hat. Er ging - wie bereits in VfSlg. 7967/1976 - davon aus, 'dass bei einer im Einzelfall niedrigen Abgabe die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurücktrete. Es sei durchaus nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck (in diesem Fall war dies die steuerliche Entlastung von für Heizzwecke verwendetem Gasöl) orientiere, welcher aber nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne'. Im oben zitierten Erkenntnis VfSlg. 15.785/2000, auf das auch im Antrag des UVS Bezug genommen wird, hob der Verfassungsgerichtshof die in § 39 Abs 1 lita AWG 1990 festgesetzte Mindestgeldstrafe iHv S 50.000,- als verfassungswidrig auf. Er wies in dieser Entscheidung u. a. - unter Verweis auf VfSlg. 9901/1983 und 11.587/1987 - darauf hin, 'dass - selbst wenn aus Gründen der General- und Spezialprävention strenge Strafen erforderlich sein sollten - die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens stehen müsse, und dass die Sicherung der Einhaltung der Vorschriften des AWG 1990 und damit der Verwirklichung von dessen Zielen nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, daß ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne'. Ein aus präventiven Erwägungen für erforderlich befundenes Strafausmaß - so der Gerichtshof in dieser Entscheidung weiter - 'könne aber auch ohne die angefochtene Mindestgeldstrafe erreicht werden, weil durch die Normierung der Höchststrafe iHv S 500.000,- die angestrebten general- und spezialpräventiven Ziele verwirklicht werden könnten.'

Im zuletzt zur Frage der Mindeststrafe ergangenen Erkenntnis vom , G181/01, hat der Verfassungsgerichtshof § 23 Abs 1 Z 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, der eine Mindeststrafe in der Höhe von 20.000,- S vorgesehen hat, als verfassungswidrig aufgehoben, weil die Vorschrift 'weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde, noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.'

Bei der nunmehr vorzunehmenden gleichheitsrechtlichen Beurteilung wird neben der vorgesehenen Höhe der Mindeststrafe daher insbesondere auch zu berücksichtigen sein, welche Rechtsgüter die jeweilige materielle Verwaltungsnorm zu schützen beabsichtigt, welcher Grad der Gefährdung dieser Rechtsgüter im Fall einer Übertretung zu gewärtigen ist und ob die Mindeststrafe aus general- oder spezialpräventiven Zwecken zum Schutz dieser Rechtsgüter geboten erscheint.

2.1. Vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass im gegenständlichen Beschwerdefall eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 10.000 S durchaus gegeben ist und diese im Gegensatz zu dem Erkenntnis G181/01 vom zugrundeliegenden Fall nicht überschießend war:

§ 27 Abs 1 GGBG dient (u.a.) dem Schutz menschlichen Lebens: Es bedarf wohl keiner näheren Begründung, dass die Beförderung gefährlicher Güter - sei es auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, auf der Eisenbahn, auf Wasserstraßen, im Seeverkehr oder im Rahmen der Zivilluftfahrt - ohne die Einhaltung der hiefür im GGBG vorgesehenen Bestimmungen - jedenfalls typischerweise - im besonderen Maße geeignet ist, zusätzliche Gefahren für das Leben von Menschen zu schaffen. Die detaillierten Regelungen, die das GGBG für die Beförderung gefährlicher Güter trifft, zeigen deutlich, welche Bedeutung der Gewährleistung eines möglichst sicheren Transports dieser Güter vom Gesetzgeber beigemessen wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich die verfassungsrechtliche Frage, ob der Gesetzgeber bei der Schaffung der Mindeststrafe des § 27 Abs 1 GGBG vertretbarer weise das verpönte Verhalten als einen so gravierenden Verstoß gegen eine - wichtigen öffentlichen Interessen dienende - Verwaltungsvorschrift ansehen durfte, dass eine Mindeststrafe in der Höhe von S 10.000,- in Relation zur Bedeutung der mit der übertretenen Vorschrift geschützten Rechtsgüter und ihrer Erforderlichkeit zum Schutz derselben unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber eingeräumten rechtspolitischen Gestaltungsspielraums als sachlich gerechtfertigt anzusehen ist.

Diese Frage ist nach Auffassung der Bundesregierung zu bejahen, dient doch die mit der in Rede stehenden Mindeststrafe sanktionierte Verwaltungsvorschrift dem Schutz menschlichen Lebens und somit einem zentralen öffentlichen Interesse. Überdies verfolgt die in § 27 Abs 1 GGBG vorgesehene Mindeststrafe auch den generalpräventiven Zweck, die wirtschaftlichen Vorteile einer Übertretung des GGBG unkalkulierbar und somit in wirtschaftlicher Hinsicht unattraktiv zu machen. Auch dies liegt zweifellos im öffentlichen Interesse (vgl. in diesem Zusammenhang auch die in § 11 ASVG,§ 20 AÜG,§ 48 AMFG,§ 9 ArtHG, § 28 AuslBG,§ 15 GelVerkG,§ 47 KflG,§ 41 RohrleitungsG und § 42 SchiffahrtsG vorgesehenen - teils noch höheren - Mindeststrafen, deren Verfassungsmäßigkeit bislang nie in Zweifel gezogen wurde). Im gegebenen Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass die im vorliegenden Fall zu prüfende Mindeststrafe beträchtlich unter jenen Beträgen liegt, die der Verfassungsgerichtshof bislang als verfassungswidrig angesehen hat.

2.3. Der antragstellende UVS vermeint weiters, dass der Gesetzgeber seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten habe, weil etwa ein Kriterium bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs 2 VStG nicht mehr berücksichtigbar wäre, nämlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten. Dem ist entgegenzuhalten, dass nicht jede Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften des § 27 GGBG auch zwingend eine derartige Sanktion nach sich ziehen muss. Vielmehr ist die - wie auch in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten wird - 'für Härtefälle mögliche Anwendbarkeit der Bestimmungen in den §§20 und 21 VStG davon unberührt' (vgl. 1275 BlgNR 20. GP, S. 34).

Im Rahmen der Strafbemessung gemäß § 19 VStG kann die Mindeststrafe dagegen nicht unterschritten werden, auch nicht wegen der persönlichen Verhältnisse des zu Bestrafenden. Der antragstellende UVS erkennt zwar richtig, dass Gefahrgutbeförderungen nicht nur von großen Wirtschaftsunternehmen durchgeführt werden, sondern viele Menschen aus beruflichen oder privaten Gründen in diese Lage kommen und dann die einschlägigen Vorschriften zu beachten haben. Allerdings unterscheiden diese sehr wohl, welche Anforderungen bei welchen Beförderungen erfüllt sein müssen. Wesentliche Rollen spielen dabei Art und Menge der Güter, daneben aber auch Verpackungsgröße und teils auf welche Art die Beförderung erfolgt.

So ist etwa auch im vorliegenden Fall die Fahrzeugkennzeichnung erst ab gewissen, nach der Gefährlichkeit des Gutes gestuften, Mengenschwellen erforderlich. Bereits unter Pkt. 2.1. wurde dargelegt, dass dem Schutz des menschlichen Lebens bei der Gefahrgutbeförderung besonderes Gewicht zukommt. Die im bereits zitierten Erkenntnis VfSlg. 15.677/2000 angestellten Erwägungen über die Sicherstellung der Zielerreichung - nämlich der Durchsetzung eines normgemäßen Verhaltens - durch eine entsprechend 'empfindliche' Strafe, treffen daher auch hier zu.

§ 6 Z 1 GGBG verlangt hingegen nicht - wie dies im Antrag behauptet wird - , dass das Fahrzeug dem KFG entspricht. Ein nach diesem Gesetz zu ahndender Verstoß fällt daher nicht automatisch bei Gefahrgutbeförderung unter die höhere Strafdrohung des GGBG. Ein Verstoß gegen dessen Anforderungen liegt erst dann vor, wenn das Fahrzeug nach den kraftfahrrechtlichen Bestimmungen überhaupt nicht hätte verwendet werden dürfen.

2.4. Aber selbst dann, wenn man ungeachtet dessen mit dem antragstellenden UVS die Auffassung vertreten wollte, dass die Regelung des § 27 Abs 1 GGBG in besonders gelagerten Fallkonstellationen zu unbilligen Ergebnissen führt, müsste man doch in Rechnung stellen, dass der Gesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch eine pauschalierende Regelung treffen und dabei Härtefälle in Kauf nehmen darf (vgl. z.B. VfSlg. 11.615/1988). Solche Regelungen sind insbesondere dann zulässig, wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen (vgl. z.B. VfSlg. 9624/1983 und 13.726/1994). Es entspricht nun den Gefahren des täglichen Lebens, dass die Beförderung gefährlicher Güter ohne die Einhaltung der hiefür maßgeblich gesetzlichen Vorschriften geeignet ist, eine nicht unbeträchtliche Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer zu bewirken.

2.5. Abschließend gilt es noch darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof gerade in diesem Bereich dem Gesetzgeber bisher einen relativ großen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum zugebilligt hat (vgl. insbesondere VfSlg. 15.600/1999, in dem eine für § 28 Abs 1 Z 2 litc AuslBG maßgebende Mindeststrafe in Höhe von S 30.000,- [also dem dreifachen Betrag von der vom Antragsteller als verfassungswidrig erachteten Mindeststrafe!] als nicht unsachlich angesehen wurde)."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anträge erwogen:

1. In sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm. § 35 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof die Normprüfungsverfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

2. Zur Zulässigkeit:

Mit Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2002 wurde das GGBG und damit auch der teilweise angefochtene § 27 Abs 1 dahin geändert, daß dieser mit Wirkung vom lautet wie folgt:

"§27. (1) Wer

1. als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 befördert oder

2. als Absender gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 3 zur Beförderung übergibt oder

3. als Auftraggeber gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 4 befördern läßt oder

4. Schulungskurse für Gefahrgutbeauftragte veranstaltet (§11), ohne daß diese vom Landeshauptmann anerkannt worden sind, oder

5. Lehrgänge zur besonderen Ausbildung von Lenkern veranstaltet (§14), ohne daß diese vom Landeshauptmann anerkannt worden sind, begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 726 Euro bis 43 603 Euro zu bestrafen.

..."

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat berühren die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht. Sie haben gemäß § 1 Abs 2 VStG bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz nur hinsichtlich der Strafe zur Folge, daß ein etwaiges nunmehr für den Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. Die durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2002 bewirkte Euro-Umstellung des Gesetzes, sowie weitere Änderungen der Rechtslage nach Fällung des Bescheides erster Instanz müssen daher aufgrund des § 1 Abs 2 VStG ohne Bedeutung bleiben (vgl. ua; VfSlg. 15763/2000).

Die genannte Novelle trat laut ihrer Inkrafttretensbestimmung mit , somit nach Erlassung der vor den antragstellenden UVS bekämpften Bescheide, in Kraft. Es kann den antragstellenden UVS nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgehen, daß in den bei ihnen anhängigen Verfahren noch die Schilling-Fassung (mit-)anzuwenden war, wenn auch in Verbindung mit der Umrechnungsvorschrift gemäß Art 14 der Verordnung (EG) des Rates Nr. 974/98 vom über die Einführung des Euro (ABl. der EG Nr. L 139 vom , S. 1).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge zulässig.

3. In der Sache:

§ 27 Abs 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz (BGBl. I Nr. 145/1998) lautete in der Fassung BGBl. I 108/1999:

"§27. (1) Wer

1. als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 befördert oder

2. als Absender gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 3 zur Beförderung übergibt oder

3. als Auftraggeber gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 4 befördern läßt oder

4. Schulungskurse für Gefahrgutbeauftragte veranstaltet (§11), ohne daß diese vom Landeshauptmann anerkannt worden sind, oder

5. Lehrgänge zur besonderen Ausbildung von Lenkern veranstaltet (§14), ohne daß diese vom Landeshauptmann anerkannt worden sind, begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 10 000 S bis 600 000 S zu bestrafen.

..."

In seinem zu § 39 Abs 1 lita AWG ergangenen Erkenntnis VfSlg. 15785/2000 hat der Verfassungsgerichtshof mit Hinweisen auf seine Vorjudikatur festgehalten, daß es nicht unsachlich ist, wenn der Gesetzgeber die Höhe von Geldstrafen vor allem am Strafzweck orientiert. Die Strafe müsse aber - auch in Fällen, in denen aus Gründen der General- und Spezialprävention die Verhängung strenger Strafen intendiert ist - in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens stehen (mit Hinweisen auf VfSlg. 7967/1976, 9901/1983 und 11587/1987).

Die Regelungen des GGBG dienen der Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter, somit auch dem Schutz menschlichen Lebens und damit der Abwendung potentiell durch ein Vergehen bewirkbaren Schadens. Es kann auch nicht in Abrede gestellt werden, daß dieser Schutzzweck nur dann wirksam verfolgt werden kann, wenn die für den Fall des rechtswidrigen Verhaltens zu verhängenden Strafen derart empfindlich sind, daß ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden kann (vgl. VfSlg. 7967/1976).

Trotz des Umstandes, daß die Möglichkeit der Ausschöpfung des Strafrahmens bis zur Höchststrafe den angestrebten Schutzzweck bereits hinreichend erfüllt, hat der Verfassungsgerichtshof in seiner zu Mindeststrafbestimmungen ergangenen Rechtsprechung ausgesprochen, daß eine sachliche Rechtfertigung für die Normierung einer Mindeststrafe allenfalls darin liegen kann, daß die in Rede stehende Mindeststrafe in besonderen Situationen, etwa im Hinblick auf das dem Regelungsbereich innewohnende Gefahrenpotential und das mögliche Einkalkulieren des Strafausmaßes gerechtfertigt sein kann (VfSlg. 15785/2000, ua). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Den von den antragstellenden UVS vorgetragenen Bedenken im Hinblick auf die Unsachlichkeit der angefochtenen Bestimmung kann unter diesem Gesichtspunkt nicht gefolgt werden: Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist die angefochtene Mindeststrafe - vor allem angesichts des mit dem Transport gefährlicher Güter verbundenen besonderen Gefährdungspotentials für die Gesundheit und das Leben von Menschen sowie für die Umwelt - als Mittel zur Sicherstellung einer äußerst genauen Beachtung der beim Transport gefährlicher Güter geltenden Ordnungsvorschriften sachlich gerechtfertigt.

Für jene von den UVS ins Treffen geführten Fallkonstellationen, in denen - weil die Tatfolgen im Einzelfall als unbedeutend erscheinen - die Verhängung einer Mindeststrafe eine unangemessene Härte darstellt, steht - in Fällen geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen - § 21 VStG oder - bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe - die Anwendung des § 20 VStG zur Verfügung.

III. 1. Den Anträgen der UVS war daher nicht stattzugeben.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.