VfGH vom 26.06.2018, G44/2018
Leitsatz
Keine Bedenken gegen eine Bestimmung des VwGVG betreffend die Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens mit 20% der Geldstrafe als Pauschalbetrag auch im Falle der Verhängung von kumulierten Geldstrafen; keine Bedenken gegen differenzierende Kostenersatzregelungen in verschiedenen Verfahrensbereichen wie dem Straf- und Verwaltungsstrafverfahren
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, § 52 Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, idF BGBl I 33/2013, als verfassungswidrig aufzuheben.
II.Rechtslage
§52 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I 33/2013, lautet (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"Kosten
§52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
(3) Sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Barauslagen erwachsen (§76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, soweit sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hiernach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis, sonst durch besonderen Beschluss ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.
(4) Einem nach § 40 beigegebenen Verfahrenshilfeverteidiger sind die Kosten eines Dolmetschers, soweit dessen Beiziehung zu den Besprechungen zwischen dem Verteidiger und dem Beschuldigten notwendig war, von jenem Rechtsträger, in dessen Vollziehungsbereich das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit gehandelt hat, in der Höhe der für Dolmetscher geltenden Bestimmungen des GebAG, zu vergüten. Die Gebühr ist beim Verwaltungsgericht, das über den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers entschieden hat, geltend zu machen.
(5) Von der Eintreibung der Kostenbeiträge (Abs1 und § 54d VStG) und der Barauslagen ist abzusehen, wenn mit Grund angenommen werden darf, dass sie erfolglos wäre.
(6) Die §§14 und 54b Abs 1 und 1a VStG sind sinngemäß anzuwenden.
(7) Wird einem Antrag des Bestraften auf Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens nicht stattgegeben, so gelten hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten sinngemäß die vorangehenden Bestimmungen.
(8) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
(9) Wird eine verhängte Strafe infolge Beschwerde aufgehoben, so sind die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen, falls sie aber schon gezahlt sind, zurückzuerstatten.
(10) Dem Privatankläger sind in solchen Fällen nur die durch sein Einschreiten tatsächlich verursachten Kosten aufzuerlegen."
§§14 und 54b Abs 1 und 1a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl 52/1991, idF BGBl I 33/2013 lauten:
"§14. (1) Geldstrafen dürfen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch weder der notwendige Unterhalt des Bestraften und derjenigen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet, noch die Erfüllung der Pflicht, den Schaden gutzumachen, gefährdet wird.
(2) Mit dem Tod des Bestraften erlischt die Vollstreckbarkeit der Geldstrafe.
Vollstreckung von Geldstrafen
§54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs 2 vorzugehen.
(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat."
III.Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Bezirkshauptmannschaft Murtal hat vier Vorstände einer österreichischen Aktiengesellschaft in ihrer Eigenschaft als iSd § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der inländischen Beschäftigerin im Zuge einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung für 200 Übertretungen nach § 28 Abs 1 Z 1 lita iVm § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu jeweils € 12.000,– (im Falle der Uneinbringlichkeit zu je insgesamt 1600 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) und für 217 Übertretungen nach § 7i Abs 4 iVm § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) ebenfalls zu jeweils € 12.000,– Geldstrafe (im Falle der Uneinbringlichkeit zu je insgesamt 1736 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt. In Summe belaufen sich diese Geldstrafen pro Vorstandsmitglied auf € 2.400.000,– (AuslBG) bzw. auf € 2.604.000,– (AVRAG). Gegen die Straferkenntnisse haben die Vorstände Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark erhoben. Für den Fall, dass die Beschwerden zur Gänze abgewiesen werden, ist von jedem Vorstandsmitglied gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ein Verfahrenskostenbeitrag von 20% der Geldstrafe, sohin je € 480.000,– bzw. je € 520.800,– zu entrichten.
2.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:
"Präjudizialität:
Bei allen im Sachverhalt beschriebenen Anlassfällen handelt es sich beim jeweiligen Beschwerdeführer um einen Vorstand der […]AG, dem aus Anlass zweier anhängiger Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachtes verschiedener Übertretungen des AVRAG bzw. AuslBG Geldstrafen in der Höhe von € 2.604.000,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit je 1.736 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) bzw. € 2.400.000,0000 (im Falle der Uneinbringlichkeit je 1.600 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) aufgetragen wurden. Die Kostenbestimmung des § 52 Abs 2 VwGVG ist somit in allen diesen Verfahren vom Landesverwaltungsgericht Steiermark anzuwenden.
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit:
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hegt gegen die gesetzliche Regelung des § 52 Abs 2 VwGVG, dessen Aufhebung es beantragt, Bedenken im Hinblick auf das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK und Art 47 GRC, den Gleichheitssatz gemäß Art 7 B-VG, das Verbot unverhältnismäßiger Strafen gemäß Art 3 EMRK und Art 49 GRC sowie das Recht auf Eigentum gemäß Art 5 StGG, Art 1 erstes ZPEMRK.
[…]
Recht auf ein faires Verfahren vor einem Tribunal:
Die Strafbestimmungen des § 7i Abs 4 AVRAG bzw. § 28 AuslBG stellen jedenfalls Strafrecht im Sinn der MRK dar, zumal ein Strafverfahren jedenfalls dann einer strafrechtlichen Anklage vorliegt, wenn sich die Bestimmung, welche Grundlage für eine Sanktion darstellt, an die Allgemeinheit richtet und die Sanktion der Ahndung und der Abschreckung dient (vgl. EGMR , Gradinger, JBl 1997, 577; Grabenwarter In Korinek/Holoubek, EMRK Art 6 Rz 28; ferner EGMR (GK) Zolotukhin NL 2009, 38). Die Beschwerdeführer können sich somit auf Art 6 MRK berufen.
Gemäß Art 6 Abs 1 MRK hat, zumindest wenn der Beschuldigte den Instanzenzug beschreitet, eine strafrechtliche Verurteilung ausschließlich durch ein Gericht im Sinne dieses Grundrechts zu erfolgen. Art 2 Z 1 7.ZPMRK gewährt dem Verurteilten wegen einer strafbaren Handlung, aufgrund eines Rechtsmittels gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes, das Recht, das Urteil von einem übergeordneten Gericht nachprüfen zu lassen.
Angemessene finanzielle Hindernisse (zB Gerichtsgebühren oder Anwaltszwang) sind mit dem Recht auf wirksamen Zugang zu einem Gericht zwar grundsätzlich vereinbar, jedoch sind bei der Ausgestaltung des Rechts auf Zugang zu einem Gericht nur Einschränkungen zulässig, die ein legitimes Ziel verfolgen, wie beispielsweise die Verhinderung von missbräuchlichen fortgesetzten Klagen (vgl. EGMR , Ashingdane, EuGRZ1986,12) und dazu in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Demzufolge wird etwa durch angemessene Gerichtsgebühren, die den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragen, der Zugang zu den Gerichten nicht abgeschnitten (vgl. Hengstschläger/Leeb Grundrechte 1/63; Vfslg 18.070/2007, EGMR , Kreuz ÖJZ2002, 29; , Kniat, Nr 71.731/01).
Die gesetzlichen Bestimmungen des § 52 Abs 2 VwGVG sind somit jedenfalls für Bagatellstrafverfahren und alle Verwaltungsstrafverfahren, bei welchen sich die bekämpfte Strafe und damit verbunden auch die eventuell anfallenden Kosten in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, in einem Rahmen bewegt, welche normalerweise nicht existenzbedrohend für einen Normunterworfenen ist, jedenfalls verfassungskonform. § 52 Abs 2 VwGVG hat sich in Bagatellstrafverfahren in der Praxis bisher bewährt und ist die Auferlegung von Verfahrenskosten, beispielsweise geeignet aussichtslose Beschwerden abzuhalten.
Da es im Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere im AVRAG, AuslBG und LSD-BG jedoch aufgrund des Kumulationsprinzips, selbst bei Fahrlässigkeitsdelikten zu sehr hohen Strafen kommen kann, welche in der Regel selbst die verhängten Strafen für Verbrechen im Sinne des § 17 StGB um ein Vielfaches übersteigen, ist der Zugang zum Recht auf ein faires Verfahren durch die Bestimmung des § 52 Abs 2 VwGVG nicht mehr gegeben. Da allein die Verfahrenskosten über eine Million Euro betragen können, erscheint die angefochtene gesetzliche Bestimmung dazu geeignet in vielen Fällen Normunterworfene von der Erhebung eines Rechtsmittels abzuhalten und somit den Zugang zu einem fairen Verfahren so stark zu erschweren, dass die angefochtene Norm nicht mehr aufgrund Art 6 MRK verfassungskonform ist.
Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 7 BV-G:
§52 VwGVG verstößt auch gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 7 B-VG.
Aus dem Gleichheitsgrundsatz wird nicht nur ein Verbot von unsachlicher Differenzierung bzw. sachwidriger Gleichbehandlung und von Willkür abgeleitet, sondern über den auf Personen abstellenden Wortlaut des Art 7 B-VG (Art2 StGG) hinaus ein allgemeines Gebot der Sachlichkeit rechtlicher Regelungen.
Vergleicht man die gesetzlichen Bestimmungen des 18. Hauptstücks der StPO (§380 bis 395 StPO) mit der Kostenregelung des § 52 VwGVG, so wird deutlich, dass der Gesetzgeber unsachlich und willkürlich gehandelt hat, wenn Beschuldigte im Kriminalstrafrecht grundsätzlich wesentlich besser gestellt werden, als Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren.
Insbesondere fehlt im Verwaltungsstrafverfahren eine vergleichbare Regelung wie sie § 391 Abs 1 StPO enthält, nach welcher die Kosten des Strafverfahrens vom Ersatzpflichtigen nur insoweit einzutreiben sind, als dadurch weder der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Ersatzpflichtigen und seiner Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, noch die Erfüllung der aus der strafbaren Handlung entspringenden Pflicht zur Schadensgutmachung gefährdet wird.
Zum Umfang der Anfechtung:
Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des antragsstellenden Verwaltungsgerichtes teilen, dass es im Hinblick auf das Recht auf ein faires Verfahren und das Sachlichkeitsgebotes prinzipiell nicht zulässig ist, in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat und dieser Beitrag für das Strafverfahren mit 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist, wäre die gesamte Bestimmung des § 52 Abs 2 VwGVG nicht mehr zulässig, weshalb sie auch anzufechten war." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
3.Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
"II. Zur Zulässigkeit:
Das antragstellende Verwaltungsgericht hegt die Bedenken, dass die angefochtene Bestimmung dem Recht auf ein faires Verfahren, dem Gleichheitssatz, dem Verbot unverhältnismäßiger Strafen sowie dem Recht auf Eigentum widerspreche (Seite 3 des Antrags). Begründet werden die Bedenken der Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung lediglich im Hinblick auf das Recht auf ein faires Verfahren (Seiten 4 f des Antrags) und den Gleichheitssatz (Seiten 5 f des Antrags).
Gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 – VfGG, BGBl Nr 85/1953, hat der Antrag die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Diesem Erfordernis entspricht der Antrag in Bezug auf die Bedenken im Hinblick auf das Verbot unverhältnismäßiger Strafen und das Recht auf Eigentum nicht (vgl. VfSlg 16.923/2003, 17.099/2003) und erweist sich daher nach Ansicht der Bundesregierung insoweit als unzulässig.
III. In der Sache:
Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.
1. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf ein faires Verfahren:
1.1. Das antragstellende Verwaltungsgericht hegt das Bedenken, dass die angefochtene Bestimmung einem effektiven Rechtsschutz zuwiderlaufe, da hohe Verfahrenskosten – die 'über eine Million Euro' betragen können – geeignet seien, Normunterworfene von der Erhebung eines Rechtsmittels abzuhalten. Zum Recht auf wirksamen Zugang zu einem Gericht, dem die angefochtene Bestimmung widersprechen soll, werden ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 18.070/2007) und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angeführt ([richtig:] EGMR vom , Kreuz gegen Polen, Appl. 28249/95; EMGR vom , Kniat gegen Polen, Appl. 71731/01).
1.2. Die Bundesregierung stellt zunächst außer Streit, dass Art 6 EMRK ein Recht auf Zugang zu einem Gericht garantiert, das effektiv sein muss.
1.3. Die bezogenen Entscheidungen vermögen das Bedenken des antragstellenden Verwaltungsgerichts jedoch nicht zu stützen. Strittig war in den genannten Fällen, ob Gebühren, die aus Anlass der Erhebung eines Rechtsmittels zu entrichten waren, den Zugang zu einem Gericht unverhältnismäßig erschweren. Die angefochtene Bestimmung betrifft jedoch – in zeitlicher Hinsicht – nicht den Zugang zum Verwaltungsgericht, sondern sieht vor, dass das Verwaltungsgericht in jedem Erkenntnis, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen hat, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat, wobei dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind die Kosten dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
1.4. Der Kostenbeitrag gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist nicht bei Erhebung der Beschwerde gegen ein Straferkenntnis zu zahlen, sondern erst – und nur – dann, wenn diese Beschwerde erfolglos bleibt. Im Gegensatz zu aus Anlass der Einleitung eines (Rechtsmittel-)Verfahrens zu entrichtenden Gebühren beschränkt der Kostenbeitrag den Zugang zum Verwaltungsgericht also überhaupt nicht. Auch dass dem Beschwerdeführer der Kostenbeitrag nicht aufzuerlegen ist, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist, lässt die angefochtene Bestimmung als verhältnismäßig erscheinen (siehe zum zeitlichen Aspekt der Beschränkung des 'Zugangs' zu einem Gericht EGMR vom , Urbanek gegen Österreich, Appl. 35123/05).
1.5. Das antragstellende Verwaltungsgericht hegt keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Vorschreibung eines Kostenbeitrags, der sich prozentuell nach der verhängten Strafe bemisst, sondern hegt das Bedenken der Verfassungswidrigkeit, weil sich aus § 52 Abs 2 VwGVG ein Kostenbeitrag von 'über eine[r] Million Euro' ergeben könne.
Dazu ist zunächst zu bemerken, dass § 52 Abs 2 VwGVG nicht etwa anordnet, dass dem Bestraften im Fall der Abweisung der Beschwerde die tatsächlich entstandenen Kosten der Verwaltungsbehörde und des Verwaltungsgerichts aufzuerlegen sind. Eine solche Regelung würde wohl in der weitaus überwiegenden Zahl der Verwaltungsstrafsachen dazu führen, dass die Beschuldigten von der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht Abstand nehmen. Die angefochtene Bestimmung sieht vielmehr einen pauschalierten Kostenbeitrag vor, der sich nach der Strafhöhe bemisst.
Gegen solche pauschalierenden Regelungen bestehen dem Grunde nach keine verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz, 2008, 240 ff, mwN). Dass sich bei pauschalierenden Regelungen Härtefälle ergeben, liegt in der Natur der Sache (siehe etwa VfSlg 3723/1960).
Das antragstellende Gericht hegt auch nicht das Bedenken, dass die angefochtene Bestimmung per se verfassungswidrig wäre, sondern nur deshalb, weil in einzelnen Fällen Kosten in Höhe von 'über eine[r] Million Euro' entstehen könnten. Dies setzt jedoch – da der Kostenbeitrag 20 % der verhängten Strafe beträgt – voraus, dass das Verwaltungsgericht eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 5 000 000 Euro verhängen müsse. Entsprechende Verwaltungsstraftatbestände stellen in der Rechtsordnung jedoch eine für eine Kostenregelung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu vernachlässigende Ausnahme dar.
1.6. Im Übrigen weist die Bundesregierung auf das Erkenntnis VfSlg 13.790/1994 hin, in welchem der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung gelangt ist, dass die inhaltsgleiche Kostenregelung für das Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern (§64 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991; siehe auch VfSlg 9409/1982) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:
Das antragstellende Verwaltungsgericht hegt ferner das Bedenken, dass die angefochtene Bestimmung gleichheitswidrig sei, weil ein Vergleich mit den Kostenregelungen der Strafprozeßordnung 1975 – StPO, BGBl Nr 631/1975, zeige, dass sie unsachlich ist.
Die Bundesregierung begnügt sich dazu mit dem Hinweis, dass das Verwaltungsstrafverfahrensrecht von vornherein nicht mit dem Strafprozessrecht verglichen werden kann (siehe etwa VfSlg 19.831/2013), weshalb dieser Vergleich auch nicht die Unsachlichkeit der angefochtenen Bestimmung aufzuzeigen vermag.
3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)
4.Die Parteien des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark haben als beteiligte Parteien eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Steiermark anschließen.
IV.Erwägungen
1.Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Es ist nichts hervorgekommen, was an der Präjudizialität des § 52 Abs 2 VwGVG zweifeln ließe.
1.2.Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag daher als zulässig.
2.In der Sache
2.1.Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hegt gegen § 52 Abs 2 VwGVG Bedenken im Hinblick auf Art 3 und 6 EMRK, Art 7 B-VG, Art 47 und Art 49 GRC sowie Art 5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK; es legt seine Bedenken allerdings lediglich bezüglich Art 6 EMRK und Art 7 B-VG im Einzelnen dar. Da nicht ausgeführt wurde, aus welchen Gründen § 52 Abs 2 VwGVG im Lichte der übrigen Bestimmungen eine Verfassungswidrigkeit anzulasten sei, ist auf die diesbezüglichen Bedenken des antragstellenden Gerichts nicht einzugehen.
2.3.Soweit die Bedenken vom antragstellenden Gericht dargelegt wurden, ist der Antrag jedoch nicht begründet.
2.4.Das antragstellende Gericht hegt gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung im Einzelnen zwei unterschiedliche Bedenken: Zum ersten sei in Konstellationen wie der vorliegenden, in der im Verwaltungsstrafverfahren – insbesondere auf Grund des Kumulationsprinzips – sehr hohe Strafen verhängt werden, der Zugang zum Recht nicht mehr gegeben. § 52 Abs 2 VwGVG habe sich zwar in Bagatellverfahren bewährt, da dort ein Verfahrenskostenbeitrag von 20% der verhängten Strafe normalerweise nicht existenzbedrohend für den Bestraften sei; die Regelung würde jedoch auch Kostenbeiträge in Millionenhöhe zulassen, wodurch Beschuldigte von der Erhebung eines Rechtsmittels in einer mit Art 6 EMRK nicht vereinbaren Weise abgehalten werden würden. Zum zweiten sei die Bestimmung mit Blick auf die Kostenregelung in der Strafprozessordnung (StPO) gleichheitswidrig, da "Beschuldigte im Kriminalstrafrecht grundsätzlich wesentlich besser gestellt werden, als Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren"; insbesondere fehle im Verwaltungsstrafverfahren eine mit § 391 Abs 1 StPO vergleichbare Regelung, wonach durch die Eintreibung der Kosten unter anderem der notwendige Unterhalt der bestraften Person nicht gefährdet werden dürfe.
2.5.Die Bundesregierung hält die Bestimmung im Lichte des Art 6 EMRK und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte für verhältnismäßig, da der Kostenbeitrag nicht – wie etwa die Gebühren, die Gegenstand der vom antragstellenden Gericht zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gewesen seien – bei Erhebung eines Rechtsmittels zu zahlen sei. Der Kostenbeitrag würde vielmehr erst anfallen, wenn das Rechtsmittel (gänzlich) erfolglos bleibe. Dem ersten Bedenken des antragstellenden Gerichts entgegnet die Bundesregierung zudem, dass Pauschalierungen nicht per se verfassungswidrig, daraus entstehende Härtefälle hinzunehmen und Verwaltungsstraftatbestände, die mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Strafen vorsähen, überdies die Ausnahme wären. Außerdem habe der Verfassungsgerichtshof die Vorgängerbestimmung im VStG bereits als verfassungskonform qualifiziert. Dem zweiten Bedenken des antragstellenden Gerichts entgegnet die Bundesregierung lediglich, dass das Verwaltungsstrafverfahrensrecht – unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – nicht mit dem Strafprozessrecht vergleichbar sei; ein solcher Vergleich könne somit keine Unsachlichkeit aufzeigen.
2.6. Wie die Bundesregierung zutreffend vorbringt, hat der Verfassungsgerichtshof § 64 Abs 2 VStG, der im Wesentlichen gleich lautenden Vorgängerbestimmung von § 52 Abs 2 VwGVG, bereits – wiederholt – die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt (zB in VfSlg 5498/1967, 7497/1975, 7744/1976, 9409/1982 und 13.790/1994). Auch im Falle der Verhängung von kumulierten, auf Grund von Wiederholungstaten erhöhten Geldstrafen betreffend die illegale Beschäftigung von Ausländern wurden 20% der Geldstrafe als pauschaler Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet (VfSlg 13.790/1994). Der Gerichtshof sieht auch im Lichte des Art 6 EMRK keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen:
2.6.1.Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beschränken Gerichtsgebühren grundsätzlich das Recht auf einen effektiven Zugang zu einem unabhängigen, unparteiischen und auf Gesetz beruhenden Gericht gemäß Art 6 EMRK (vgl. zB EGMR , Fall Kreuz, Appl. 28.249/95, newsletter 2001, 5 (Z52 ff); , Fall Podbielski und PPU Polpure, Appl. 39.199/98, Z 61 ff; vgl. auch VfSlg 18.070/2007 mwN), und zwar nicht nur, wenn die Durchführung des Verfahrens von deren Bezahlung abhängt, sondern auch, wenn sie erst nach Abschluss des Verfahrens anfallen (vgl. EGMR , Fall Stankov, Appl. 68.490/01, Z 54; , Fall Harrison McKee, Appl. 22.840/07, Z 23). Die Einhebung von Gerichtsgebühren ist jedoch nicht per se unvereinbar mit Art 6 EMRK; das Recht auf Zugang zu einem Gericht, das schon seinem Wesen entsprechend der staatlichen Ausgestaltung bedarf, wird nämlich nicht absolut gewährt (vgl. EGMR, Fall Kreuz, Z 53, 60). Vielmehr kann es Beschränkungen unterworfen werden, solange diese ein legitimes Ziel verfolgen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und nicht in den Wesensgehalt des Rechts eingreifen (vgl. Grabenwarter, Art 6 EMRK, in: Korinek/Holoubek et al. (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 8. Lfg., 2007, Rz 70 mwN). Ein legitimes Ziel verfolgen Gerichtskostenregelungen etwa, wenn sie die Funktionsfähigkeit des Justizsystems fördern oder von der leichtfertigen Erhebung eines Rechtsmittels abhalten sollen; hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit spielen insbesondere die Höhe der konkreten Kosten, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der zahlungspflichtigen Person und die Phase des Verfahrens, in der die Kosten zu bezahlen sind, eine maßgebliche Rolle (vgl. EGMR, Fall Stankov, Z 52, 57, Fall Harrison McKee, Z 27, 29; Grabenwarter, aaO, Rz 70 f).
2.6.2.Es besteht kein Zweifel, dass § 52 Abs 2 VwGVG einen legitimen Zweck verfolgt, da er im Sinne eines effektiven Rechtsschutzsystems insbesondere leichtfertigen Rechtsmitteln vorbeugen soll (vgl. Mannlicher/Quell, Das Verwaltungsverfahren8, 1990, § 64 VStG, Rz 6); dies kommt in § 52 Abs 1 VwGVG insofern zum Ausdruck, als das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis nur dann über einen Beitrag des Bestraften zu den Kosten des Strafverfahrens abzusprechen hat, wenn es das Straferkenntnis bestätigt. Der Verfahrenskostenbeitrag fällt dementsprechend nur an, wenn die Beschwerde gänzlich erfolglos war, also das Verwaltungsgericht auf Grund der Beschwerde des Bestraften in der Sache selbst vollinhaltlich abweisend entscheidet (vgl. Fister, § 52 VwGVG, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2, 2017, Rz 3).
2.6.3.§52 Abs 2 VwGVG legt dem Bestraften entgegen dem Vorbringen des antragstellenden Gerichts auch in Fällen wie dem vorliegenden keine exzessiven und damit unverhältnismäßigen Verfahrenskostenbeiträge auf: Wie schon aus der vom antragstellenden Gericht angeführten Rechtsprechung hervorgeht, sieht es der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Lichte des Art 6 EMRK prinzipiell als zulässig an, Gerichtsgebühren abhängig vom Streitwert festzulegen (siehe EGMR , Fall Kniat, Appl. 71.731/01, Z 41). Gleiches gilt bei einer Anknüpfung des Kostenbeitrags an die konkret verhängte Geldstrafe. Auch die Pauschalierung des Verfahrenskostenbeitrages gemäß § 52 Abs 2 VwGVG entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Ein pauschaler prozentueller Kostenbeitrag, der an die Höhe der Geldstrafe anknüpft, ist nicht per se als unverhältnismäßig zu qualifizieren. Wenn bei einer solchen Berechnungsmethode in besonders schwerwiegenden Fällen oder wegen der Kumulation einer Vielzahl von strafbaren Handlungen auch Beiträge in Millionenhöhe anfallen, so vereiteln diese nicht schon auf Grund ihrer Höhe den Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 EMRK. Neben der nicht zu beanstandenden Bemessung des Kostenbeitrags als Prozentsatz der Geldstrafe ist auch die Tatsache, dass der Kostenbeitrag im Falle eines auch nur teilweisen Erfolges der Beschwerde zur Gänze entfällt, für die Verhältnismäßigkeit der Regelung ins Treffen zu führen.
2.6.4.Das Verwaltungsstrafrecht sieht zudem Mechanismen vor, um die wirtschaftliche Situation des Bestraften im konkreten Fall berücksichtigen zu können: So sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Täters sowie allfällige Sorgepflichten gemäß § 19 VStG einerseits schon bei der Bemessung der Geldstrafe zu beachten. Andererseits ist nach § 52 Abs 5 VwGVG von der Eintreibung der Kostenbeiträge (und der Barauslagen) abzusehen, wenn mit Grund angenommen werden darf, dass sie erfolglos wäre; überdies ist gemäß § 52 Abs 6 VwGVG unter anderem § 14 Abs 1 VStG sinngemäß anzuwenden, wonach Geldstrafen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden dürfen, als dadurch weder der notwendige Unterhalt des Bestraften und derjenigen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet, noch die Erfüllung der Pflicht, den Schaden gutzumachen, gefährdet wird. Im Verwaltungsstrafverfahren ist demnach sowohl bei der Bemessung der Geldstrafe als auch bei der Einbringung des an deren Höhe anknüpfenden Verfahrenskostenbeitrags eine entsprechende Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Bestraften vorgesehen.
2.6.5. Die Bedenken des antragstellenden Gerichts im Hinblick auf Art 6 EMRK treffen sohin nicht zu.
2.7.Der Verfassungsgerichtshof teilt auch das Bedenken des antragstellenden Gerichts nicht, wonach § 52 Abs 2 VwGVG gegen Art 7 B-VG verstoße, insbesondere da Beschuldigte im gerichtlichen Strafverfahren nach der StPO hinsichtlich der Kostentragung besser gestellt seien.
2.7.1. Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend hervorhebt, geht der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass aus dem Vergleich unterschiedlicher verfahrensrechtlicher Regelungen unter Sachlichkeitsgesichtspunkten nichts zu gewinnen ist, weil es dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes grundsätzlich offensteht, sich in unterschiedlichen Verfahrensbereichen für durchaus eigenständige Ordnungssysteme zu entscheiden, die deren jeweiligen Erfordernissen und Besonderheiten Rechnung tragen, sofern nur die betreffenden Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform ausgestaltet sind (vgl. VfSlg 15.190/1998 mwN, 19.762/2013, 19.831/2013 und 19.881/2014; vgl. auch ua.). Insbesondere widersprechen differenzierende Kostenersatzregelungen in verschiedenen Verfahrensbereichen – mögen diese auch eine bestimmte Verwandtschaft aufweisen – nicht dem Gleichheitssatz (vgl. VfSlg 13.455/1993, 15.190/1998 mwN, 19.762/2013).
Das hat der Gerichtshof auch bereits explizit bezüglich der Kostenregelung der Vorgängerbestimmung von § 52 Abs 2 VwGVG, sohin § 64 Abs 2 VStG, in Anbetracht der Regelungen der StPO festgestellt (VfSlg 9409/1982, 13.790/1994). Dass pauschale Kostenregelungen nicht schon für sich unsachlich sind, hat der Gerichtshof im Übrigen auch bereits vielfach im Zusammenhang mit Gerichtsgebühren ausgesprochen (zB VfSlg 18.070/2007).
2.7.2.Der Verfassungsgerichtshof vermag daher auch insofern keinen Verstoß gegen Art 7 B-VG zu erblicken.
V.Ergebnis
1.Die ob der Verfassungsmäßigkeit des § 52 Abs 2 VwGVG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2018:G44.2018 |
Schlagworte: | Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Ausländerbeschäftigung, Strafe (Verwaltungsstrafrecht), Strafen, Verfahrenskostenbeitrag, Prozesskosten, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, Rechtsschutz, fair trial, Rechtspolitik |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.