VfGH vom 11.10.2016, G418/2015
Leitsatz
Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung der – zwischen Sach- und Rechtsmängeln differenzierenden – Verjährungsbestimmung für Gewährleistungsansprüche im ABGB; Regelung sachlich begründet und hinreichend determiniert
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG gestützten Antrag begehrt das Bezirksgericht Gänserndorf, "§933 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 ABGB, JGS Nr 946/1811 idF BGBl I Nr 48/2001, jeweils zur Gänze", in eventu "in § 933 Abs 1 ABGB, JGS Nr 946/1811 idF BGBl I Nr 48/2001, die Wortfolge 'bei Rechtsmängeln aber erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird' sowie § 933 Abs 2, JGS Nr 946/1811 idF BGBl I Nr 48/2001" als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):
1. § 933 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS 946/1811 idF BGBl I 48/2001, lautet wie folgt:
" Verjährung
§933. (1) Das Recht auf die Gewährleistung muss, wenn es unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen betrifft, binnen zwei Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag der Ablieferung der Sache, bei Rechtsmängeln aber erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird. Die Parteien können eine Verkürzung oder Verlängerung dieser Frist vereinbaren.
(2) Bei Viehmängeln beträgt die Frist sechs Wochen. Sie beginnt bei Mängeln, für die eine Vermutungsfrist besteht, erst nach deren Ablauf.
(3) In jedem Fall bleibt dem Übernehmer die Geltendmachung durch Einrede vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem Übergeber den Mangel anzeigt. "
2. Vor dem GewRÄG 2001 lautete die Bestimmung des § 933 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), JGS 946/1811 idF RGBl. Nr 69/1916, wie folgt:
" Erlöschung des Rechtes der Gewährleistung .
§933. (1) Wer die Gewährleistung fordern will, muß sein Recht, wenn es unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen betrifft, binnen sechs Monaten und, wenn es sich um Viehmängel handelt, binnen sechs Wochen gerichtlich geltend machen, sonst ist die Klage erloschen. Die Frist beginnt von dem Tage der Ablieferung der Sache; für die Gewährleistung wegen solcher Viehmängel, bezüglich deren eine Vermutungsfrist besteht, von dem Tage, an dem diese endet; für die Gewährleistung wegen eines von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruches aber von dem Tage, an welchem dieser dem Erwerber bekannt wurde.
(2) Die Geltendmachung durch Einrede bleibt dem Erwerber vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem Übergeber den Mangel angezeigt hat."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die in dem vor dem antragstellenden Gericht geführten Ausgangsverfahren beklagte Partei erbte eine Eigentumswohnung, welche am an die klagenden Parteien verkauft und übergeben wurde. Im Februar 2013 wurde die beklagte Partei darüber in Kenntnis gesetzt, dass ein Sanierungsaufwand iHv € 4.763,80 sowie ein anteiliges Kapitalmarktdarlehen iHv € 7.936,64 zu zahlen seien, wobei die zugrunde liegenden Wärmedämmungsmaßnahmen bereits im Jahr 2009 beschlossen und durchgeführt worden wären. Die Kläger begehrten von der beklagten Partei mit Klagen vom sowie vom jeweils die Zahlung eines Betrages iHv € 5.725,37 mit der Begründung, dass die beklagte Partei im Rahmen der Gewährleistung dafür einzustehen habe, dass der Kaufgegenstand im Zeitpunkt der Übergabe frei von außerbücherlichen Forderungen sei und keine rückständigen Betriebskosten, Abgabenrückstände oder Ähnliches aufweise.
Mit Schreiben vom (eingelangt am ) stellt das Bezirksgericht Gänserndorf den näher bezeichneten Antrag.
2. Das Bezirksgericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar (Hervorhebungen wurden aus dem Original übernommen):
"[…]
Seit dem Inkrafttreten des ABGB sind Sach- und Rechtsmängel gleich behandelt worden [Vgl = SZ 53/107; = WoBI 2000, 105 (Hausmann); Rabel , Die Haftung des Verkäufers wegen Mängeln im Recht, 342.]. In der Urfassung fehlte jedoch eine Bestimmung über den Beginn des Fristenlaufes. Erst der Gesetzgeber der III. Teilnovelle ergänzte diese Lücke, ohne sie jedoch vollständig auszufüllen [Vgl hiezu Gschnitzer in Klang IV/1, 552.]. Der Herrenhausbericht hielt dazu fest: 'Für die Gewährleistung wegen physischer Mängel entspricht es der Natur der Sache, die Frist mit dem Zeitpunkte beginnen zu lassen, in welchem der Erwerber den Gegenstand tatsächlich empfängt und daher in der Lage ist, ihn zu prüfen.' [Herrenhausbericht (HHB), 175, abgedruckt bei Gschnitzer in Klang IV/1, 552.]. Hinsichtlich der Rechtsmängel hielt der Herrenhausbericht ausdrücklich fest, dass die Übergabe nicht geeignet wäre, 'einen solchen Mangel zu offenbaren' [HHB, 175, vgl auch Plenissimarbeschluss vom , Nr 223/15 = Judikaten 228 = GIUNF 7446, 535ff (bei Gschnitzer in Klang IV/1, 553 ungenau zitiert).], weshalb die Frist für die Rechtsmangelgewährleistung keinesfalls mit der Übergabe zu laufen beginnen könne. Im übrigen blieb der Herrenhausbericht hinsichtlich der Frage des Beginns der Gewährleistungsfrist sehr vage. Der letzte Halbsatz von § 933 ABGB in der Fassung der III. Teilnovelle ließ eine Lücke, da er nur den Fall regelte, dass ein von einem Dritten auf die Sache erhobener Anspruch dem Erwerber bekannt wurde [Zur Lücke vgl schon Gschnitzer in Klang IV/1, 553f, aber auch ecolex 1994, 224 ( Puck ).]. Die Rechtsprechung legte diese Bestimmung dahingehend aus, dass die Rechtsmangelgewährleistungsfrist nicht erst mit positiver Kenntnis des Mangels, sondern bereits mit dessen Erkennbarkeit zu laufen beginne [Vgl RIS-Justiz RS0027844; RS001882 [T2]; RS0018956 [T1]; P. Bydlinski in KBB 4 § 933 ABGB Rz 15; Reischauer in Rummel 3 § 933 ABGB Rz 3c; = bbl 2015/82, 96.]. Im Fall der Rechtsmangelgewährleistung musste der Erwerber jene Umstände kennen, denen zufolge er mit der Möglichkeit der Durchsetzung des erhobenen Anspruchs rechnen muss. Es kam also – da Sachmangel- und Rechtsmangelgewährleistung gleich zu behandeln sind – darauf an, dass der Erwerber jene Informationen hatte, um den Mangel konkret zu benennen, und verpflichtet war – nach Kennen oder Kennenmüssen eines Rechtsmangels — tätig zu werden.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass bereits Gschnitzer die Tatbestandsvoraussetzung 'Kenntnis' für wenig gelungen hielt. Wörtlich führte er aus: 'Das besondere Erfordernis der Kenntnis kann sich also, wenn es überhaupt einen Sinn haben soll, nicht auf die Tatsache des erhobenen Anspruchs, sondern auf das Recht beziehen, auf Grund dessen der Anspruch geltend gemacht wird. Es ist nicht notwendig, dass der Erwerber subjektive Gewissheit vom Rechte des Dritten erlangt hat, wenn nur Umstände vorliegen, denen zufolge er mit der Möglichkeit der Durchsetzung des erhobenen Anspruchs rechnen muss.' [ Gschnitzer in Klang IV/1, 553.]. Nicht zuletzt diese Worte Gschnitzers waren der Nachweis dafür, dass sich § 933 Abs 1 letzter Halbsatz ABGB in der Fassung der III. Teilnovelle, der auf die Kenntnis des Rechts des Dritten und nicht die bloße Erkennbarkeit abstellte, nur auf einen sehr engen Kreis von Rechtsmängeln bezog, nämlich auf solche, in denen ein Dritter einen Anspruch auf die verkaufte Sache erhob [Vgl = ecolex 1994, 224 ( Puck ).]. Beinahe alle Kommentierungen zum Fristenlauf der Rechtsmangelgewährleistung haben jedoch gemeinsam, dass die Kenntnis bzw. Erkennbarkeit als sachliche Rechtfertigung für den Fristenlauf der Rechtsmangelgewährleistungsfrist nur deshalb in Betracht kam, da die Ablieferung dem Übernehmer keine Handhabe dafür gab, Rechte Dritter festzustellen [ Gschnitzer in Klang IV/1, 553; GIUNF 7446, 536.]. Genau dieses Kriterium der potenziellen Feststellung möglicher Mängel trat im Laufe der Jahre immer mehr zurück und geriet beinahe in Vergessenheit. P. Bydlinski gibt es zwar nunmehr wieder, geht jedoch ohne nähere Begründung davon aus, dass Sachmängel durch Prüfung des Leistungsgegenstandes nach Ablieferung regelmäßig erkennbar seien, Rechtsmängel hingegen nicht, und sieht das Kriterium der Kenntnis für den Beginn der Verjährungsfrist als hochproblematisch an [ P. Bydlinski in KBB 4 § 933 ABGB Rz 16f.].
Die Rechtsmangelgewährleistung in der Fassung des GewRÄG lässt die Erwägungen des Gesetzgebers der III. Teilnovelle außer Acht, stellt bei jedem Rechtsmangel ausnahmslos auf die positive Kenntnis des Rechtsmangels und nicht auf dessen Erkennbarkeit ab und privilegiert Rechtsmängel gegenüber Sachmängeln, sodass Rechtsmängel viel länger geltend gemacht werden können als Sachmängel, privilegiert den Übernehmer gegenüber dem Übergeber, weil es weitgehend dem Belieben des Übernehmers überlassen bleibt, wann Kenntnis vorliegt, und behandelt somit die Rechtsmangelgewährleistung unsachlicherweise anders als die Sachmangelgewährleistung.
Der Gesetzgeber der III. Teilnovelle ging davon aus, dass Rechtsmängel anders als Sachmängel durch die Übergabe nicht offenbar werden können, Sachmängel hingegen sehr wohl. Sehr plastisch sind die Erwägungen in Judikatenbuch Nr 228, welches — ein Jahr vor der III. Teilnovelle — die Zeitpunkte der Übergabe und Übernahme als wichtigstes Ereignis des Gewährleistungsrechts schlechthin nachweist, und die Kenntnis des Mangels/Schadens als für das Schadenersatzrecht (nicht aber für das Gewährleistungsrecht) wesentliches Kriterium ansieht. Dort heißt es: 'Mit dem Zeitpunkte der Übergabe ist jedenfalls die objektive Möglichkeit der Feststellung des Mangels und somit auch die Möglichkeit der Geltendmachung des Gewährleistungsanspruches gegeben; der Kenntnis des Schadens bedarf es nicht, da es sich nicht um einen Schadenersatzanspruch nach dem 30. Hauptstücke handelt …' [GIUNF Nr 7446, 536.].
Diese Erwägung des 'offenbar Werdens' eines Mangels nach der Übergabe oder Ablieferung der Sache trifft heute auf Sachmängel in aller Regel nicht mehr zu. So ist die Elektronik eines Kraftfahrzeuges, eines Mobilfunkgerätes oder eines Computers so komplex, dass Mängel daran selbst nach Übergabe kaum offenbar werden können, selbst wenn die Geräte von einem Sachverständigen unmittelbar nach der Übernahme geprüft werden. Gerade wegen dieser Schwierigkeiten kam es zur Verbrauchsgüterrichtlinie und zur Vervierfachung der Sachmangelgewährleistungsfrist für bewegliche Sachen von sechs Monaten auf zwei Jahre [Vgl hiezu Jud , Der Richtlinienentwurf der EU über den Verbrauchsgüterkauf und das österreichische Recht, ÖJZ 1997, 441.]. Somit ist jedoch die sachliche Rechtfertigung, bei Rechtsmängeln hinsichtlich des Beginns der Gewährleistung ausnahmsweise auf die Kenntnis bzw. Erkennbarkeit des Mangels abzustellen, weggefallen.
Rechtsmängel können heutzutage vom Übernehmer oft viel eher ausgeforscht werden als Sachmängel. Denn häufig wird Erwerbern von Liegenschaften bereits im Zuge des Kaufvertragsabschlusses noch vor der Einverleibung im Grundbuch oder der körperlichen Übergabe die Rechtsposition des Eigentümers verschafft. Vielfach werden Erwerber bereits vor Vertragsunterfertigung in die Lage versetzt, in die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft oder in wesentliche Verträge der Wohnungseigentümergemeinschaft einzusehen. Es ist so schneller möglich, herauszufinden, ob die Liegenschaft tatsächlich lastenfrei ist oder Rechte Dritter bestehen könnten.
Im vorliegenden Fall erwarben die Kläger bereits im Oktober 2011 die Eigentumswohnung vom Beklagten. Stichtag für den Übergang aller Rechte und Pflichten war der . Spätestens am hätten die Kläger daher Einsicht in die Beschlüsse, Entscheidungen und die Rechnungslegung der Wohnungseigentümergemeinschaft nehmen und sowohl von Sanierungsmaßnahmen als auch vom Darlehen Kenntnis erlangen können.
Heute ist — wie dies Gschnitzer bei seinen Zweifeln hinsichtlich des Kriteriums der Kenntnis bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert erkannt hat [ Gschnitzer in Klang IV/1, 553.] – zum Ausdruck gebracht, dass die Kenntnis des Übernehmers kein taugliches fristauslösendes Ereignis für den Beginn der Rechtsmangelgewährleistungsfrist sein kann. Vielmehr müsste es für den Beginn jeder Gewährleistungsfrist darauf ankommen, dass der Übergeber aus seiner Sicht alles zur Vertragserfüllung Erforderliche getan hat, das heißt abgeliefert hat. Denn vor der Ablieferung kann die Gewährleistungsfrist niemals zu laufen beginnen.
Fristauslösendes Kriterium kann daher — für Rechts- und Sachmängel in gleicher Weise — einzig die Ablieferung sein.
Ablieferung ist in dem Sinn zu verstehen, dass der Veräußerer/Übergeber aus seiner Sicht alles getan haben muss, was von einem verständigen und zuverlässigen Veräußerer/Übergeber mit seinem Wissen erwartet werden darf. Hat der Veräußerer/Übergeber alle ihm vorliegenden Informationen weitergereicht und hat er den Erwerber mit allen Mitteln ausgestattet, um potenziell vorhandene Mängel (Sach und Rechtsmängel gleichermaßen) auszuforschen, so hat damit der Lauf der Gewährleistungsfrist begonnen. Dass Ablieferung auch für Rechtsmängel der entscheidende Zeitpunkt ist, hat im Grunde schon das Judikatenbuch Nr 228 erkannt, als es ausführte, dass juristische Mängel dann zu vertreten sind, 'wenn sie infolge eines schon vor Übergabe der Sache bestandenen Rechtsverhältnisses tatsächlich entstanden sind.' [GIUNF Nr 7446, 538 (aufgrund eines Druckfehlers bei der Seitenangabe fälschlicherweise ein weiteres Mal 438).]. Dort wurde auch ausgeführt, dass der für die Gewährleistung in aller Regel relevante Zeitpunkt der Zeitpunkt des Gefahrenüberganges ist [GIUNF Nr 7446, 535.].
Abgesehen davon würde das Abstellen auf die Kenntnis ein Abstellen auf die Erkennbarkeit des Rechtsmangels ist aufgrund des klaren Wortlauts des § 933 Abs 1 letzter Satz ABGB idF GewRÄG nicht möglich [In diesem Sinne P. Bydlinski in KBB 4 § 933 Rz 16f; vage und — wenn überhaupt nur obiter = bbl 2015/82, 96.] — den Fristenlauf der Gewährleistungs- und der Schadenersatzfrist unzulässig auf denselben oder einen unsachlichen Zeitpunkt verschieben. Kommt es gemäß § 1489 ABGB auf die Kenntnis von Schaden, Schädiger und der Tatumstände an, aus denen eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, käme es bei der Rechtsmangelgewährleistungsfrist – gleichsam analog zum Schadenersatzrecht – auf die Kenntnis des Mangels an. Häufig ist jedoch der Mangel selbst viel schwieriger herauszufinden als (Mangel) folgeschaden, Schädiger und Kausalzusammenhang, sodass bei wörtlicher Gesetzesauslegung die Frist für die Geltendmachung von Schadenersatz früher ablaufen könnte als von Rechtsmangelgewährleistungsrechten.
Zudem wäre die Frist für die Geltendmachung von Rechtsmangelgewährleistungsrechten beim Abstellen auf Kenntnis als fristauslösendes Ereignis unverhältnismäßig lange. Es ist nicht einzusehen, aus welchen Gründen der Übernehmer drei Jahre lang ab Kenntnis zuwarten können soll, um die Rechte unabhängig von jedem Verschulden des Übergebers geltend machen zu können, ohne sich Mitverschulden anrechnen lassen zu müssen. Was schadenersatzrechtlich als Mitverschulden anzurechnen wäre, bliebe gewährleistungsrechtlich außer Betracht. Liegt beim Schadenersatzrecht die Rechtfertigung für die Geltendmachung nach drei Jahren ab Kenntnis im Verschulden des Schädigers und in der Möglichkeit weiterer Folgeschäden, so lässt sich nicht begründen, wieso der Gewährleistungsberechtigte ab Kenntnis drei Jahre mit der Geltendmachung seines Rechts zuwarten darf.
Schließlich erscheint es auch unsachlich, bei der Rechtsmangelgewährleistung den Zeitpunkt des Gefahrenüberganges, welcher regelmäßig im Zeitpunkt der Übergabe und Übernahme der Sache liegt, völlig vom Zeitpunkt der Gewährleistung zu trennen.
§933 Abs 1 ABGB in der Fassung des GewRÄG verstößt daher gegen den Gleichheitssatz des Art 7 B VG.
Zudem verstößt die derzeitige Regelung über den Fristenbeginn der Rechtsmangelgewährleistung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 Abs 1 B VG. Denn Fristen müssen für beide Parteien — Übernehmer und Erwerber — klar bestimmt werden können. So führte schon das JudikatenbuchNr 228 aus: 'Im Hinblick der gleichmäßigen Behandlung beider Vertragsteile erscheint es erforderlich, dass die Gewährleistungsfrist, die Frist, während welcher der Veräußerer für eventuelle Mängel noch zu haften hat, und der bereits erfüllte Vertrag der Möglichkeit einer nachträglichen Aufhebung ausgesetzt ist, eine im voraus bestimmte, für beide Teile klar erkennbare ist, dass daher ihr Beginn auf einen fest bestimmten, für beide Teile gleichen Zeitpunkt gesetzt werde, von dem an die Sache der Kontrolle des Veräußerers entzogen, andererseits aber dem Erwerber die Möglichkeit geboten ist, die Sache auf ihre Eigenschaften genau zu prüfen und die allfälligen Mängel wahrzunehmen.' [GIUNF 7446, 535.]. Auch Wilhelm betonte immer wieder, dass 'gerade in puncto Fristen möglichst keine Zweifel über die Rechtslage geschürt werden sollten und daher Fristenregelungen klar sein müssen' [Vgl Wilhelm ecolex 1991, 84 in seiner Glosse zu .].
Die derzeitige Regelung über die Rechtsmangelgewährleistungsfrist ist lediglich für den Übernehmer klar erkennbar. Da aber nur er weiß, wann er Kenntnis vom Recht eines Dritten hat, kann er diese — insbesondere bei Kollusion mit dem Dritten — auf einen ihm genehmen Zeitpunkt nach hinten verschieben. Die Regelung verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot, weil sie nur für den Übernehmer, nicht aber den Übergeber klar ist [Demgegenüber ist jedoch die Fristenregelung für Schadenersatz gemäß § 1489 ABGB nicht unbestimmt oder unbestimmbar, da sie nicht ausschließlich auf die Kenntnis des Geschädigten abstellt, sondern auf die Erkennnbarkeit des Schadens und des Kausalzusammenhangs.], und die Fristensysteme des Schadenersatzrechts mit jenen des Gewährleistungsrechts in unsachlicher Weise vermengt. Sie verstößt aber auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil sie den Übernehmer gegenüber dem Übergeber in unsachlicher Weise privilegiert. Wann für den Übernehmer Kenntnis des Rechtsmangels gegeben ist, lässt sich nämlich objektiv nicht beurteilen."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
"1. Vorweg merkt die Bundesregierung an, dass es sowohl bei einer Aufhebung im Umfang des Hauptantrags als auch bei einer Aufhebung im Umfang des Eventualantrags — entgegen den Annahmen des antragstellenden Gerichts (Antrag S 7) – nicht zu einer Abweisung beider Klagebegehren aus Gründen der Verjährung käme.
Die beantragte Aufhebung des gesamten § 933 ABGB würde dazu führen, dass es überhaupt keine Fristen für die gerichtliche Geltendmachung von Gewähr-leistungsansprüchen mehr gäbe, sodass diese unbegrenzt geltend gemacht werden könnten. Nach den vom antragstellenden Gericht angeführten Tatsachen sind die monierten Rechtsmängel — nach geltender Rechtslage — noch nicht verjährt, weil die Kläger erst im Februar 2013 von den Mängeln Kenntnis erlangten und erst mit diesem Ereignis die dreijährige Gewährleistungsfrist ausgelöst wurde. Bei Aufhebung des gesamten § 933 ABGB und einer unbegrenzten Möglichkeit der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen würde sich daran nichts ändern: Die Ansprüche wären zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am und am weder aufgrund von Rechts noch von Sachmängeln verjährt.
Im Fall einer Aufhebung im Umfang des Eventualantrages würde die Frist für Rechtsmängel zum selben Zeitpunkt wie jene für Sachmängel zu laufen beginnen, nämlich mit dem Tag der Ablieferung der Sache. Im Anlassfall wurde die unbewegliche, mit außerbücherlichen Forderungen belastete Sache am übergeben, sodass die dreijährige Gewährleistungsfrist am geendet hat. Somit wäre zwar die am eingelangte Klage verjährt, nicht jedoch die Klage vom .
2. Das Begehren im Hauptantrag ist zu weit gefasst:
2.1. Das antragstellende Gericht hält, auf das Wesentlichste zusammengefasst, die unterschiedliche Regelung des Beginns des Fristenlaufs bei Sach- und Rechtsmängeln für unsachlich und gleichheitswidrig.
2.2. Der Umfang der zu prüfenden und im Falle ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Bestimmung ist derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, andererseits aber der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfahren soll (vgl. VfSlg 8155/1977). Es ist dabei in jedem Einzelfall abzuwägen, welchem dieser Ziele der Vorrang gebührt (VfSlg 7376/1974, 7786/1976, 13.701/1994). Die Grenzen einer (möglichen) Aufhebung müssen so gezogen werden, dass der verbleibende Gesetzesteil keinen völlig veränderten Inhalt bekommt, aber auch die mit der aufzuhebenden Gesetzesbestimmung in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003, ).
2.3. Zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit ist die Aufhebung des ersten und dritten Satzes des § 933 Abs 1 ABGB, welche jeweils die Dauer der Frist und nicht den Fristbeginn betreffen, nicht erforderlich. Wie oben dargelegt, würde die beantragte Aufhebung des gesamten § 933 Abs 1 ABGB dazu führen, dass es überhaupt keine Fristen für die gerichtliche Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen mehr gäbe, sodass diese unbegrenzt geltend gemacht werden könnten.
Es würde somit mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werden, als Voraussetzung für die Bereinigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit im Anlassfall ist, in dem es dem antragstellenden Gericht seinen eigenen Angaben zufolge nicht um die (für Sach- und Rechtsmängel gleiche) Dauer der Gewährleistungsfrist geht, sondern um das unterschiedliche fristauslösende Ereignis.
Ob und gegebenenfalls welche Rechtsnormen im Fall der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof zur Anwendung kämen (vgl. die Überlegung im Antrag, S. 7), spielt für die Abgrenzung des zulässigen Anfechtungsumfangs keine Rolle. Dies vor allem auch deshalb, da der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 5 B VG eine Frist für das Außerkrafttreten bestimmen und gemäß Art 140 Abs 6 B VG entscheiden kann, ob die bzw. welche gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft treten, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren.
3. Die mit dem Hauptantrag angefochtenen Abs 2 und 3 des § 933 ABGB sind nicht präjudiziell. § 933 Abs 2 ABGB betreffend Viehmängel, welcher auch mit dem Eventualantrag angefochten wurde, steht auch nicht in untrennbarem Zusammenhang mit der mit dem Eventualantrag angefochtenen Wortfolge in § 933 Abs 1 ABGB.
III. Zu den vorgebrachten Bedenken:
[…]
1. Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz:
1.1. Das antragstellende Gericht hält die unterschiedliche Regelung des Beginns des Fristenlaufs bei Sach und Rechtsmängeln für unsachlich und gleichheitswidrig: § 933 ABGB würde den Übernehmer gegenüber dem Übergeber bei der Geltendmachung von Rechtsmängeln in unsachlicher Weise privilegieren. Wann für den Übernehmer Kenntnis des Rechtsmangels gegeben ist, lasse sich nicht objektiv beurteilen. Das Abstellen auf die Kenntnis würde den Fristenlauf der Gewährleistungs- und der Schadenersatzfrist unzulässig auf denselben oder einen unsachlichen Zeitpunkt verschieben. Zudem wäre die Frist für die Geltendmachung von Rechtsmangelgewährleistungsrechten beim Abstellen auf Kenntnis als fristauslösendes Ereignis unverhältnismäßig lange. Schließlich erscheine es auch unsachlich, bei der Rechtsmangelgewährleistung den Zeitpunkt des Gefahrenüberganges, welcher regelmäßig im Zeitpunkt der Übergabe und Übernahme der Sache liegt, völlig vom Zeitpunkt der Gewährleistung zu trennen.
Die Bundesregierung hält diese Bedenken nicht für begründet:
1.2.1. Nach Auffassung der Bundesregierung steht der Gesetzgebung bei der Regelung der Gewährleistungsfristen und im Besonderen auch bei der Festlegung des fristauslösenden Ereignisses ein sehr weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Sie kann für den Fristbeginn etwa auf den Zeitpunkt der Übergabe, den Zeitpunkt des Bekanntwerden des Mangels oder den Zeitpunkt von dessen Erkennbarkeit abstellen; sie kann diesen Zeitpunkt für Sach und Rechtsmängel einheitlich oder voneinander abweichend festlegen. Bei all diesen Zeitpunkten handelt es sich grundsätzlich um sachliche Anknüpfungspunkte für den Beginn des Fristenlaufes, wobei sich die Gesetzgebung bei der Entscheidung für den einen oder den anderen dieser Zeitpunkte etwa von Erwägungen der Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr, der Beweisbarkeit des Mangels, des Rechtsfriedens und des Konsumentenschutzes leiten lassen kann. Die Abwägung dieser Gesichtspunkte liegt weitgehend im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, wobei sie von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen kann.
Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung bei der Festlegung des fristauslösenden Ereignisses ist umso weiter, als es sich dabei lediglich um eine dispositive Regelung handelt, die Vertragsparteien also gemäß § 933 Abs 1 letzter Satz ABGB auch hinsichtlich des Fristbeginns Abweichendes regeln können (vgl. oben 1.2.).
1.2.2. Ein solcher weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum bei der gesetzlichen Regelung von Fristen ist auch in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes anerkannt:
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Bemessung einer Frist nur dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie jeglicher Erfahrung entgegenstünde (VfSlg 15.661/1999 mwN). Diese Rechtsprechung betrifft zwar Antrags- und Anspruchsfristen im Verhältnis zwischen dem Bürger und dem Staat. Der Verfassungsgerichtshof hat aber einen vergleichbar zurückhaltenden Prüfungsmaßstab auch auf Fristen in Rechtsverhältnissen der Bürger unter sich angewendet. So hat er — ohne eine nähere Begründung für erforderlich zu erachten — in der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 7 ABGB idF des Familienrechts-Änderungsgesetzes 2009, BGBl I Nr 75/2009, für Ausstattungsansprüche 'jedenfalls keine unverhältnismäßige Regelung' gesehen; 'dies selbst dann, wenn man von der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung ausgeht, dass die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Ausstattungsanspruchs nach alter Rechtslage dreißig Jahre betragen hätte oder dass der Anspruch nicht verjährbar gewesen wäre' (VfSlg 19.426/2011). Im Erkenntnis VfSlg 18.546/2008 hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf eine — von den allgemeinen Verjährungsfristen des ABGB abweichende — Frist für die gerichtliche Geltendmachung der Haftung von Spielbanken im Glücksspielgesetz allgemein darauf abgestellt, dass die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch eine Verjährungsregelung nicht 'übermäßig erschwert' werden darf.
1.2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung geht die Bundesregierung davon aus, dass das in § 933 Abs 1 ABGB vorgesehene fristauslösende Ereignis für Rechtsmängel im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung gelegen und nicht unsachlich ist:
1.3. Der Zweck von Gewährleistungsfristen besteht einerseits darin, Rechts-sicherheit für den Übergeber nach einer bestimmten Zeit nach Abschluss eines Geschäfts zu schaffen (vgl Koziol/Bydlinski/Bollenberger , ABGB 4 § 933 Rz 1; Gschnitzer in Klang , Kommentar zum ABGB,§ 933 IV/12, S. 550); andererseits wächst mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Vertragsabschluss auch die Beweisunsicherheit, sodass Streitigkeiten vermieden werden, bei denen ein Erfolg des Anspruchstellers mangels Beweisbarkeit des Mangels im Zeitpunkt der Übergabe in der Regel aussichtslos ist.
Bei Sachmängeln wird diese Beweisführung aufgrund der Abnützung und somit der natürlichen Beeinträchtigung der Sachsubstanz zunehmend schwieriger, weshalb dem Übernehmer ab einem gewissen Zeitpunkt diese Möglichkeit versagt wird.
Rechtsmängel zeichnen sich dadurch aus, dass dem Übernehmer entweder nicht die rechtlich geschuldete Position, nämlich unbelastetes Eigentum, verschafft wird oder dass die Sache mit Rechten Dritter oder öffentlich-rechtlichen Einschränkungen belastet ist (Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB 4 § 933 Rz 3; Schwimann/Kodek, ABGB Taschenkommentar 3 § 933 Rz 7; Gschnitzer in Klang, Kommentar zum ABGB § 933 IV/12, S. 553). Bei Rechtsmängeln fehlt das Element der Abnützung oder der allfälligen Verursachung eines Mangels durch den Übernehmer selbst; der vertragswidrige Zustand lässt sich auch nach Jahren noch eindeutig feststellen. Rechtsmängel werden in der Regel erst dann offensichtlich, wenn ein Dritter Ansprüche im Zusammenhang mit der Rechtssache, etwa Eigentumsrechte, Servitutsrechte oder andere Forderungen erhebt und der Übernehmer damit Kenntnis vom Mangel erlangt.
Während es somit bei einem Sachmangel in die Sphäre des Übernehmers fällt, die Sache auf Mängel zu prüfen, und diese in aller Regel bei eingehender Befassung mit der Sache innerhalb angemessener Zeit nach Übergabe erkannt werden können, ist dies bei Rechtsmängeln bei einer Durchschnittsbetrachtung nicht der Fall (etwa fehlende Bewilligungsbescheide beim Hauskauf; vgl. ). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Rechte Dritter oder öffentlich-rechtliche Bewilligungen oder Beschränkungen bei beweglichen Sachen nicht verbüchert sind.
Führt man sich den 'typischen' Kauf einer Sache vor Augen, so kann die Gesetzgebung also nach wie vor zulässigerweise davon ausgehen, dass es sich — zum einen — bei der Kenntnis des Übernehmers vom Vorliegen eines Rechtsmangels um ein taugliches fristauslösendes Ereignis handelt und dass — zum anderen — nach Ablieferung der Sache Sachmängel leichter und schneller entdeckt werden können als Rechtsmängel (vgl dazu näher unten Pkt. III.1.5.).
1.4. Das antragstellende Gericht behauptet, dass der unterschiedliche Beginn des Fristenlaufs bei Rechtsmängeln ursprünglich nur deshalb in Betracht gekommen sei, da die Ablieferung dem Übernehmer keine Handhabe gegeben habe, Rechte Dritter festzustellen; dieses Argument sei im Laufe der Jahre immer mehr zurückgetreten (Antrag, S. 3). Tatsächlich hat sich diese, für Rechtsmängel charakteristische Situation auf faktischer Ebene bis heute nicht geändert. An dieser Annahme hält offenbar auch der Oberste Gerichtshof fest. Nach seiner Rechtsprechung kann etwa der im Fehlen einer rechtskräftigen Bau- und Benützungsbewilligung gelegene Rechtsmangel nicht wegen seiner vom Verfahrensgegner behaupteten 'leicht durch einfache Recherchen bei der zuständigen Baubehörde' gegebenen Feststellbarkeit als offenkundig bezeichnet werden. Einem juristischen Laien könne die Unkenntnis von einschlägigen baurechtlichen Bestimmungen nicht vorgeworfen werden. Ein konsensloser oder konsenswidriger Zustand eines Bauwerks sei daher nicht als offenkundiger Rechtsmangel zu bewerten (etwa ).
1.5. Das antragstellende Gericht führt in Bezug auf Sachmängel aus, dass diese insbesondere bei Waren mit eingebauter Elektronik auch nach Ablieferung und Prüfung nicht mehr leicht erkennbar seien oder offenbar würden, weshalb die ursprüngliche Begründung für den unterschiedlichen Fristenbeginn nicht mehr zutreffe (Antrag, S. 4). Diesen Umständen wurde durch die Verlängerung der Gewährleistungsfrist für bewegliche Sachen von sechs Monaten auf zwei Jahre im Zuge des GewRÄG 2001 Rechnung getragen. Nach Auffassung der Bundesregierung liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, auf Veränderungen im Tatsächlichen, wie sie vom antragstellenden Gericht beschrieben werden, entweder durch eine Änderung der Länge der Gewähr-leistungsfristen oder einer Änderung des fristauslösenden Ereignisses — oder anderer Elemente des Gewährleistungsrechts, wie etwa der Beweislastverteilung — zu reagieren, solange insgesamt betrachtet die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten nicht übermäßig erschwert wird (vgl. VfSlg 18.456/2008 und dazu oben Pkt. III.1.2.2.). Durch die Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf zwei Jahre steht nun auch bei Sachmängeln insgesamt betrachtet ein längerer und angemessener Zeitraum zur Verfügung, um Gewährleistungsansprüche geltend zu machen.
Es trifft auch nicht zu, dass hinsichtlich der Erkennbarkeit von Sachmängeln in den letzten Jahrzehnten ein ganz grundlegender Wandel — in Richtung eines Verlustes dieser Erkennbarkeit — eingetreten wäre. Wenn man sich den 'typischen' Kauf einer Sache vor Augen führt, so kann die Gesetzgebung nach wie vor davon ausgehen, dass nach Ablieferung der Sache Sachmängel leichter und schneller entdeckt werden können als Rechtsmängel. Auch bei elektronischen Geräten kommen Sachmängel in der Regel nach mehrmaligem Benützen der Sache zum Vorschein. Anders verhält es sich weiterhin bei Rechtsmängeln. Trotz zahlreicher Datenbanken, die aber insbesondere für den juristischen Laien nicht einfach handhabbar sind, können solche Mängel oft nicht oder nur mit ungebührlichem Aufwand, der jenen einer Überprüfung einer Sache auf Sachmängel wesentlich übersteigt, entdeckt werden, etwa wenn sie — wie dies insbesondere bei beweglichen Sachen der Fall ist — nicht verbüchert sind.
1.6. Das antragstellende Gericht behauptet auch, dass die Kenntnis als fristauslösendes Ereignis den Beginn des Fristenlaufs der Gewährleistungs- und der Schadenersatzfrist 'unzulässig auf denselben oder einen unsachlichen Zeitpunkt verschieben' würde (Antrag S 5). Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass mit diesem Zeitpunkt jeweils auf unterschiedliche Umstände abgestellt wird, nämlich bei der Gewährleistung auf den Rechtsmangel, beim Schadenersatz auf Schaden und Schädiger. Warum es unsachlich sein sollte, wenn diese Zeitpunkte in bestimmten Fällen zusammenfallen sollten, legt das antragstellende Gericht nicht näher dar und ist der Bundesregierung auch nicht erkennbar, zumal der Regelungszweck hier wie dort ein ähnlicher ist.
1.7.1. Das antragstellende Gericht führt weiter aus, dass das für Sach- und Rechtsmängel fristauslösendes Ereignis 'einzig die Ablieferung sein [kann]' (Antrag, S. 5). Da dem Gleichheitssatz keine Verpflichtung der Gesetzgebung entnommen werden kann, einen bestimmten — oder gerade den vom antragstellenden Gericht vorgeschlagenen — Zeitpunkt als fristauslösendes Ereignis festzulegen, handelt es sich dabei lediglich um eine rechtspolitische Meinung, sodass darauf nicht weiter eingegangen werden muss.
Die Bundesregierung merkt aber an, dass es bei einem Abstellen auf die Ablieferung als fristauslösendem Ereignis für die Geltendmachung von Gewähr-leistungsansprüchen wegen Rechtsmängeln im Hinblick auf die typischen Eigenschaften solcher Mängel (vgl. oben Pkt. III.1.3.) zweifelhaft sein könnte, ob dadurch nicht die Geltendmachung dieser Ansprüche 'übermäßig erschwert' würde (vgl. VfSlg 18.456/2008).
1.7.2. Sollte das antragstellende Gericht auch der Meinung sein, dass es für das fristauslösende Ereignis auf die Erkennbarkeit des Rechtsmangels ankommen müsste, ist dazu der Vollständigkeit halber Folgendes zu bemerken: Die bloße Erkennbarkeit eines Rechtsmangels ist selbst kein eindeutig erfassbarer Zeitpunkt. In diesem Fall würden sich Fragen nach dem Ausmaß etwaiger Überprüfungspflichten des Übernehmers, aber auch nach der Zumutbarkeit der von ihm zu treffenden Maßnahmen stellen; außerdem wäre darauf abzustellen, ob es sich um einen juristischen Laien oder eine fachkundige Person handelt (vgl. ).
1.8. Das antragstellende Gericht behauptet auch, es sei unsachlich, den Zeitpunkt des Gefahrenübergangs, der regelmäßig im Zeitpunkt der Übergabe und Übernahme der Sache liege, vom Zeitpunkt des Beginns der Fristen für die Geltendmachung der Rechtsmängelgewährleistung zu trennen (Antrag, S. 6). Warum dies unsachlich sein sollte, legt es nicht näher dar und ist der Bundesregierung auch nicht ersichtlich.
1.9. Schließlich behauptet das antragstellende Gericht, dass die Frist für die Geltendmachung von Rechtsmangelgewährleistungsrechten 'beim Abstellen auf Kenntnis als fristauslösendes Ereignis unverhältnismäßig lange' wäre (Antrag, S. 5).
Es ließe sich nämlich nicht begründen, 'wieso der Gewährleistungsberechtigte ab Kenntnis drei Jahre mit der Geltendmachung seines Rechts zuwarten darf' (Antrag, S. 6).
Damit wendet sich das antragstellende Gericht im Ergebnis gegen die Fristenregelung für die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten wegen Rechtsmängeln als Ganzes. Dass das fristauslösende Ereignis sachlich ist, wurde bereits oben dargelegt; auch die Länge der Gewährleistungsfrist liegt nach Auffassung der Bundesregierung im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung (vgl. nur das oben erwähnte Erkenntnis VfSlg 19.426/2011).
1.10. Zu den unterschiedlichen Fristenregelungen bei Sach- und bei Rechtsmängeln ist abschließend noch Folgendes zu berücksichtigen:
Die sechsmonatige Frist für die Beweislastumkehr gemäß § 924 ABGB, die für den Übernehmer besonders günstig ist und für die Durchsetzbarkeit von Gewährleistungsansprüchen große Bedeutung hat, gilt sowohl für Sach als auch für Rechtsmängel und beginnt in beiden Fällen mit der Übergabe zu laufen. Während der Übernehmer bei Sachmängeln daher immer von der Beweislastumkehr profitieren kann, weil die sechsmonatige Frist für die Beweislastumkehr und die zweijährige Gewährleistungsfrist zum selben Zeitpunkt zu laufen beginnen, ist es bei Rechtsmängeln möglich, dass die dreijährige Gewährleistungsfrist erst zu einem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem die Sechs-Monatsfrist des § 924 ABGB bereits verstrichen ist; der Übernehmer kann in solchen Fällen von vornherein nicht von der Beweislastumkehr des § 924 ABGB profitieren.
Überdies ist es durch die Verlängerung der Gewährleistungsfrist für Sachmängel bei beweglichen Sachen durch das GewRÄG 2001 auf zwei Jahre im Ergebnis zu einer Annäherung des Zeitraumes gekommen, innerhalb dessen nach der Übergabe Gewährleistungsansprüche aus Sach- oder Rechtsmängeln geltend gemacht werden können.
1.11. Die Bundesregierung geht daher im Ergebnis davon aus, dass das fristauslösende Ereignis für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen eines Rechtsmangels sachlich und im — weiten — rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung gelegen und auch der unterschiedliche Beginn der Gewährleistungsfristen für Sach- und Rechtsmängel bei einer zulässigen Durchschnittsbetrachtung sachlich gerechtfertigt ist.
2. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot:
2.1. Das antragstellende Gericht behauptet einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B VG, da Fristen für beide Parteien — Übernehmer und Erwerber — klar bestimmbar werden müssten, die derzeitige Regelung über die Rechtsmangelgewährleistungsfrist jedoch lediglich für den Übernehmer klar erkennbar sei. Da nur dieser wisse, wann er Kenntnis vom Recht eines Dritten hat, könne er diese — insbesondere bei Kollusion mit dem Dritten — auf einen ihm genehmen Zeitpunkt nach hinten verschieben.
2.2. Die Bundesregierung hält diese Bedenken nicht für begründet:
2.2.1. 'Kenntnis' als Voraussetzung für den Beginn eines Fristenlaufs ist der Rechtsordnung und im Besonderen dem Zivilrecht nicht unbekannt. So beginnt die Verjährungsfrist im Schadenersatzrecht mit dem Zeitpunkt, zu dem 'der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde' (§1489 ABGB).
2.2.2. Wenn das antragstellende Gericht ausführt, dass der Übernehmer bei Kollusion mit einem Dritten den Zeitpunkt der Kenntnis nach hinten verschieben könne, ist dem entgegenzuhalten, dass damit lediglich auf die Vollziehung der angefochtenen Bestimmung und die Beweiswürdigung durch das Gericht abgestellt wird. Jedenfalls ist eine (im Ausnahmefall wohl mögliche) missbräuchliche Berufung auf ein Gesetz bei einer für die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit gebotenen Durchschnittsbetrachtung irrelevant (vgl. Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008] S. 244f.).
Überdies könnte sich der Übergeber auch bei hypothetischer Annahme eines Fristbeginns mit dem Zeitpunkt der Übergabe ebenso mit dem Übernehmer absprechen, damit dieser seine Ansprüche erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist geltend macht und der Übergeber somit für den Rechtsmangel keine Gewähr mehr leisten muss.
Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass § 933 ABGB nach Auffassung der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist."
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
1.2. Die Bundesregierung zieht in ihrer Äußerung die Präjudizialität von § 933 Abs 2 ABGB und § 933 Abs 3 ABGB in Zweifel. Außerdem sei der Hauptantrag zu weit gefasst. Zur Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit sei die Aufhebung des ersten und dritten Satzes von § 933 Abs 1 ABGB nicht erforderlich. Diese hätten jeweils die Dauer der Frist und nicht den Fristbeginn zum Gegenstand, womit gegebenenfalls mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden würde, als für die Bereinigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit erforderlich ist.
1.3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 16.989/2003 mwN, 19.684/2012 und 19.746/2013).
1.4. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit offensichtlich trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur teilweisen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 16.246/2001, 16.816/2003, 16.819/2003, 17.572/2005, 18.766/2009, 19.939/2014); soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht zur Zurückweisung des gesamten Antrages (VfSlg 19.746/2013; ua.).
1.5. Im Lichte der dargelegten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Anwendung des (gesamten) § 933 Abs 1 ABGB im Anlassfall keineswegs denkunmöglich, weshalb von der Präjudizialität der Bestimmung auszugehen ist. Soweit die Bundesregierung die Auffassung vertritt, der Antrag sei zu weit gefasst, da es der Aufhebung von § 933 Abs 1 erster sowie dritter Satz ABGB nicht bedürfe, ist dem entgegenzuhalten, dass ein Anfechtungsantrag nicht schon deshalb zu weit gefasst ist, weil sich der Verfassungsgerichtshof zur Bereinigung einer festgestellten Verfassungswidrigkeit auf die Aufhebung von Teilen der bekämpften Norm beschränken könnte (VfSlg 17.420/2004).
1.6. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 933 Abs 2 ABGB ist der Anfechtungsumfang im Übrigen schon deshalb zutreffend gewählt, da die Regelung im Hinblick auf das fristauslösende Ereignis an § 933 Abs 1 ABGB anknüpft und somit ein untrennbarer Zusammenhang zwischen beiden Vorschriften besteht. Ein untrennbarer Zusammenhang besteht auch zwischen § 933 Abs 3 ABGB und den vorhergehenden Absätzen. Dieser untrennbare Zusammenhang folgt aus dem Inhalt der Bestimmung. Würden § 933 Abs 1 und 2 ABGB ersatzlos aufgehoben, wäre die Bestimmung über die Perpetuierung der Einrede jeglichen Bedeutungsgehalts entkleidet, weshalb auch § 933 Abs 3 ABGB notwendig in die Anfechtung miteinzubeziehen war.
1.7. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag, § 933 ABGB in den Absätzen 1, 2 und 3 aufzuheben, zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Antrag ist indes jedoch nicht begründet.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.3. Die geltend gemachten Bedenken des antragstellenden Gerichtes treffen nicht zu.
2.4. Mit dem Gewährleistungsrechtsänderungsgesetz 2001 (GewRÄG 2001), BGBl I 48/2001, wurden die gewährleistungsrechtlichen Regelungen des Zivilrechts partiell neu gefasst. Maßgebliche Änderungen haben dabei auch die gesetzlichen Regelungen über die Verjährung erfahren.
2.4.1. Der wesentliche Unterschied im Text des § 933 ABGB in Bezug auf die – nunmehr ausdrücklich als solche bezeichnete – Verjährungsfrist in Zusammenhang mit Rechtsmängeln besteht im Vergleich zur alten Rechtslage nach der dritten Teilnovelle des ABGB (RGBl. 69/1916) darin, dass sich das Tatbestandsmerkmal der Kenntnis vormals auf den "von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruch" bezog, während nunmehr explizit an Rechtsmängel schlechthin angeknüpft wird. Ein Rechtsmangel liegt im Allgemeinen vor, wenn der Übergeber dem Übernehmer nicht jene rechtliche Position verschafft, die er ihm nach dem Vertrag einräumen muss ( (10 Ob 503/94)). Die Kenntnis bezieht sich somit nunmehr auf jedweden Mangel in Zusammenhang mit der Verschaffung der geschuldeten Rechtsposition und nicht mehr alleine auf Ansprüche Dritter.
2.4.2. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Rechtslage vor dem GewRÄG 2001 setzte der Lauf der Verjährungsfrist im Falle von Rechtsmängeln nicht (erst) mit der Geltendmachung des Anspruches eines Dritten, sondern bereits mit der Erkennbarkeit des Mangels ein (; , 5 Ob 20/14y).
2.4.3. Infolge der eben beschriebenen Änderung des Wortlautes der Bestimmung kann die bisherige Rechtsprechung, welche die objektive Erkennbarkeit genügen ließ, nach Auffassung der einhelligen Lehre nicht aufrechterhalten werden. Vielmehr sei nun auf die tatsächliche Kenntnis des Mangels abzustellen ( P.Bydlinski in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger (Hrsg.), ABGB-Kurzkommentar 4 , 2014, § 933 Rz 15; Zöchling-Jud in: Kletečka/Schauer (Hrsg.), ABGB-ON 1.02 § 933 ABGB Rz 11; aA offenbar Reischauer , Das neue Gewährleistungsrecht und seine schadenersatzrechtlichen Folgen, JBl 2002, 137 [154]; ders in: Rummel (Hrsg.), ABGB³, 2000, § 933 Rz 3c). Die Frist beginne im Falle von Ansprüchen Dritter dann zu laufen, wenn die Berechtigung des Dritten unzweifelhaft feststehe ( Ofner in: Schwimann/Kodek (Hrsg.), ABGB Praxiskommentar IV 4 , 2014, § 933 Rz 10). Hinsichtlich des unzweifelhaften Feststehens soll es nach im Schrifttum vertretener Auffassung darauf ankommen, dass der Übernehmer damit rechnen muss, dass der Dritte mit der Durchsetzung seines Anspruchs erfolgreich sein wird ( Zöchling-Jud in: Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.02 § 933 ABGB Rz 11).
2.4.4. Zusammenfassend stellt sich die Rechtslage in Bezug auf die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen demnach wie folgt dar: Die Gewährleistungsfrist für Sachmängel beginnt mit der körperlichen Übergabe bzw. Ablieferung zu laufen. Der Beginn des Laufes der Gewährleistungsfristen wird dabei nicht dadurch hinausgeschoben, dass im angegebenen Zeitpunkt der Ablieferung die Entdeckung des Mangels noch nicht möglich war (; , 7 Ob 103/14v). Auch für das Einsetzen der Verjährungsfrist bei unbeweglichen Sachen ist die körperlichen Übergabe und nicht die Vornahme der entsprechenden bücherlichen Eintragungen maßgebend (). Anderes gilt lediglich im Falle der Zusicherung einer nicht sofort feststellbaren Eigenschaft und der Garantie für einen bestimmten Zeitraum. Diesfalls beginnt die Gewährleistungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen, der das Erkennen des Mangels mit Sicherheit gestattet (; , 7 Ob 103/14v). Demgegenüber setzt die Frist bei Rechtsmängeln im Gefolge des GewRÄG 2001 grundsätzlich erst mit der tatsächlichen Kenntnis des Mangels ein. Daraus folgt, dass Rechtsmängel regelmäßig selbst dann noch einredeweise geltend gemacht werden können, wenn Ansprüche aus der Sachmangelgewährleistung bereits verjährt sind.
2.5. In dieser zwischen Sach- und Rechtsmängeln differenzierenden Regelung erblickt das antragstellende Gericht eine unsachliche Differenzierung und eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.
2.5.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).
2.5.2. Die Differenzierung zwischen Sachmängeln einerseits und Rechtsmängeln andererseits hinsichtlich der Verjährungsfristen ist sachlich begründet.
2.5.3. Ausgangspunkt der unterschiedlichen Regelung von Sach- und Rechtsmängeln in Bezug auf das fristauslösende Ereignis war schon bisher die Erkennbarkeit der Mängel ( P.Bydlinski in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB 4 § 933 Rz 15; Ofner in: Schwimann/Kodek, ABGB IV 4 § 933 Rz 10). Während einer Leistung körperlich anhaftende Mängel für den Übernehmer idR erkennbar sind, können Rechtsmängel – wie etwa (beschränkte) dingliche Rechte Dritter – regelmäßig nicht einmal bei gehöriger Prüfung oder bestimmungsgemäßem Gebrauch erkannt werden. Dem Umstand, dass verdeckte Sachmängel ebenfalls verschiedentlich durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch nicht sogleich erkennbar sind, ist durch die allgemeine dispositive Gewährleistungsfrist Rechnung getragen, welche im Zuge des GewRÄG 2001 von sechs Monaten auf zwei Jahre (bzw. drei Jahre für unbewegliche Sachen) ausgedehnt wurde. Im Zusammenhang mit der – unionsrechtlich nicht gebotenen – Verlängerung der allgemeinen Gewährleistungsfrist halten die Materialien fest, dass die vormals vorgesehene sechsmonatige Frist unzulänglich gewesen sei (ErläutRV 422 BlgNR 21. GP, 19).
2.5.4. Dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes, wonach infolge der Fortentwicklung der Technik heute auch Sachmängel häufig schwer zu erkennen wären und damit die Differenzierung zwischen Sach- und Rechtsmängeln nicht mehr begründbar sei, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen. Es mag vorkommen, dass Sachmängel – gerade bei komplexen technischen Geräten oder verdeckten Mängeln – für den Übernehmer verschiedentlich schwer zu erkennen sind; in einer typisierenden Betrachtung trifft dies aber auf die Kategorie des Sachmangels nicht zu. Umgekehrt sind Rechtsmängel – von Mängeln, die aus Eintragungen im Grundbuch ersichtlich sind, abgesehen – für den Übernehmer eben typischerweise nicht erkennbar (vgl. Reischauer , JBl 2002, 154).
2.6. Eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der Übergabe als fristauslösendes Ereignis würde im Falle von Rechtsmängeln eine Gleichbehandlung von Sachverhalten, die Unterschiede im Tatsächlichen aufweisen, bewirken. Angesichts des Umstandes, dass Rechtsmängel häufig erst nach längerer Zeit entdeckt werden, ist unter Berücksichtigung seines Gestaltungsspielraumes dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er bei gesetzlichen Verjährungsregelungen eine längere Geltendmachung von Rechtsmängeln unter Anknüpfung an ein anderes fristauslösendes Ereignis ermöglicht.
2.6.1. Was die Bedenken des antragstellenden Gerichtes in Bezug auf die Länge der Gewährleistungsfrist im Falle von Rechtsmängeln anlangt, ist auf die Materialien zum GewRÄG 2001 zu verweisen. Ausweislich der Erläuterungen hat sich der Gesetzgeber trotz entsprechenden Widerspruchs im Begutachtungsverfahren ausdrücklich dazu entschieden, auch im Fall der Rechtsmangelgewährleistung die volle Verjährungsfrist von zwei bzw. drei Jahren ab dem fristauslösenden Ereignis zu gewähren (ErläutRV 422 BlgNR 21. GP, 20). Auch die hier getroffene Regelung liegt innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes und ist nicht unsachlich.
2.6.2. Wenn das antragstellende Gericht vorbringt, der Übernehmer könnte durch vorsätzliches Handeln den Eintritt der Kenntnis und damit das fristauslösende Ereignis hinauszögern, so ist dem entgegenzuhalten, dass bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz eine Berufung auf allfälliges rechtswidriges Handeln nicht zulässig ist. Im gegebenen Zusammenhang ist überdies auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes hinsichtlich der Fristauslösung im Schadenersatzrecht zu verweisen. Demnach gilt die Kenntnisnahme des Geschädigten schon als in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem dieser die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann (; , 6 Ob 50/16w).
2.7. Aus diesen Gründen verstößt die angefochtene Bestimmung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
2.8. Soweit das antragstellende Gericht einen Verstoß gegen Art 18 B VG mit dem Argument geltend macht, dass die Fristen sowohl für den Übergeber als auch für den Übernehmer bestimmbar sein müssten und bei Abstellen auf die Kenntnis lediglich dem Übernehmer die Frist bestimmbar sei, ist zunächst festzuhalten, dass auch im Schadenersatzrecht die Kenntnis – nämlich von Schaden und Schädiger – das fristauslösende Ereignis für das Einsetzen der Verjährungsfrist darstellt (§1489 ABGB;; , 7 Ob 211/15b). Im Übrigen führt das Abstellen auf das Kriterium der Erkennbarkeit des Mangels nicht zur Unbestimmtheit der Norm. Insbesondere führen Schwierigkeiten des Übergebers bei der Bestimmung des Beginns der Frist nicht dazu, dass § 933 Abs 1 ABGB den Bestimmtheitsgrundsatz des Art 18 B VG verletzt.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2016:G418.2015