VfGH vom 08.10.2014, G40/2014

VfGH vom 08.10.2014, G40/2014

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit der Vereinigung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz

Spruch

I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen die Wortfolge "[d]ie Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz zur Stadtgemeinde Mürzzuschlag" in § 3 Abs 1 Z 5 des Gesetzes vom über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG), LGBl für die Steiermark Nr 31/2014 (berichtigt durch LGBl Nr 36/2014), richtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG begehrt die antragstellende Gemeinde Ganz die Aufhebung des ganzen Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes (StGsrG), LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014); in ihrem Eventualantrag wird begehrt, § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG als verfassungswidrig aufzuheben. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

"Rechtseingriff

Gem. § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG wird die Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz zur Stadtgemeinde Mürzzuschlag vereinigt.

Die Gemeinde Ganz ist Normadressat des § 3 Abs 1 Z 3 StGsrG. Das Gesetz greift unmittelbar in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin ein.

Gem. § 7 StGsrG tritt dieses mit in Kraft. Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes verliert die Beschwerdeführerin ihre Rechtspersönlichkeit.

Gem. Art 116 B VG ist die Gemeinde Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung. Die Gemeinde ist selbstständiger Wirtschaftskörper und hat das Recht innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftlich Unternehmungen zu betreiben, sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbstständig zu führen und Abgaben auszuschreiben.

Durch die Vereinigung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz wird in diese subjektiven Rechte eingegriffen.

[…] Unmittelbare Rechtsbetroffenheit

Die Beschwerdeführerin ist durch dieses Gesetz unmittelbar betroffen. Das Gesetz ist ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für die Beschwerdeführerin wirksam.

Die Beschwerdeführerin wird durch den Gemeinderat vertreten und wird unter einem ein Gemeinderatsbeschluss in Vorlage gebracht […].

[…] Aktuelle Rechtsverletzung

Durch die Erlassung des StGsrG ist die Beschwerdeführerin aktuell betroffen.

[…] Umwegsunzumutbarkeit

Die Verfassungswidrigkeit des StGsrG kann nicht auf anderem Weg geltend gemacht werden.

[…] Verfassungswidrigkeit des StGsrG

Das vom Steiermärkischen Landtag beschlossene StGsrG erweist sich in mehrfacher Hinsicht als verfassungswidrig.

[…] Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechtes auf Selbstverwaltung/Verstoß gegen das allgemeine Gebot der Sachlichkeit/Verbot des Gleichheitssatzes:

Gem. Art 116 Abs 1 B VG ist die Gemeinde Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung. Die Gemeinde ist selbstständiger Wirtschaftskörper. Sie hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbstständig zu führen und Abgaben auszuschreiben.

Durch die gesetzlich angeordnete Zusammenlegung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete subjektive Recht auf Selbstverwaltung der Gemeinde Ganz verletzt.

Eine sachliche Rechtfertigung für die Zusammenlegung dieser Gemeinden kann dem Gesetz nicht entnommen werden.

§1 des StGsrG umschreibt die Ziele der Strukturreform wie folgt:

[… (§1 StGsrG wird zitiert)]

Programmatisch wird hier festgelegt, dass die Zusammenlegung die Leistungsfähigkeit der Gemeinden stärken soll; dies zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung.

Inwiefern die einzelnen Zusammenlegungen, insbesondere die Zusammenlegung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz, geeignet ist die Ziele nach § 1 des StGsrG zu erfüllen, wird nicht ausgeführt. Der Gesetzgeber hat keine sachlich gerechtfertigten Überlegungen angestellt, welche die Zusammenlegung der Gemeinde Ganz mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag rechtfertigen. Die Zusammenlegung basiert ausschließlich auf der Zusammenziehung umliegender Gemeinden zur nächstgrößeren; dies bezogen auf die Einwohnerzahl.

Die Beschwerdeführerin wurde in de[n] Zusammenlegungsprozess jedenfalls nicht eingebunden.

Die programmatische Erklärung im § 1 des StGsrG ist nicht geeignet eine sachliche Rechtfertigung für die Zusammenlegung der Gemeinde Ganz mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag zu begründen. Tatsächlich ist eine weitere Stärkung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde Ganz, um sachgerecht und qualitätsvoll sämtliche Aufgaben zu erfüllen, nicht erforderlich.

Der Gesetzgeber hat lediglich aus der geringen Einwohnerzahl geschlossen, dass durch die Zusammenlegung mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag sämtliche Aufgaben besser erledigt werden können.

Die Gemeinde Ganz ist eine wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinde und bedarf es nicht der Zusammenlegung um dieses Ziel zu erreichen. Die Gemeinde Ganz ist dauerhaft in der Lage die Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der Gemeinde Ganz ist langfristig gesichert und bedarf es keiner weiteren Stärkung um insbesondere die gemeindliche Infrastruktur effizient zu nutzen.

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen wird abgedeckt und wird den demographischen Entwicklungen gerecht. Eine Änderung durch die Zusammenlegung bzw. eine Besserung ist praktisch auszuschließen.

Es besteht kein Bedarf raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen zu treffen und lässt die Erklärung im § 1 des StGsrG den Normadressat auch im Dunkel[…], inwiefern das Gesetz dazu geeignet ist solche Maßnahmen umzusetzen. Gerade die Berücksichtigung historischer Verbundenheiten, sowie lokales Handeln für das Gemeindewohl und Ausüben von Ehrenämtern spricht gegen die Zusammenlegung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz.

Der Gesetzgeber ist nur eingeschränkt dazu berechtigt Gemeindezusammenlegungen gesetzlich anzuordnen. Eine Zusammenlegung bedarf jedenfalls einer entsprechenden sachlichen Rechtfertigung und eine[r] Betrachtung des Einzelfalles.

Für sämtliche Zusammenlegungen in der Steiermark wurden nur allgemeine Kriterien ins Auge gefasst, welche nach Erachten des Gesetzgebers geeignet sind effizientere Gemeinden zu schaffen. Dabei wurde nicht geprüft, ob eine solche Verbesserung überhaupt erforderlich ist.

Vom Gesetzgeber wurde außerdem keine Prognose über die zukünftige Entwicklung erstellt. Diese ist jedenfalls erforderlich um die Zusammenlegung sachlich zu rechtfertigen bzw. beurteilen zu können[,] welche Auswirkungen die Zusammenlegung für die Einwohner der Gemeinde Ganz hat.

Der Gesetzgeber hat auch nicht geprüft, wie die wirtschaftlichen Verhältnisse der zusammenlegenden Gemeinden sind, sondern wird lediglich aus der Einwohnerzahl geschlossen, dass wohl die Gemeinde mit der höheren Einwohnerzahl auch wirtschaftlich leistungsfähiger sein muss. In diesem Zusammenhang wären andere Kriterien zur Beurteilung auch heranzuziehen gewesen.

Zu beachten wäre insbesondere auch gewesen, dass die Stadtgemeinde Mürzzuschlag lediglich ein Flächenausmaß von 19,21 km 2 , die Gemeinde Ganz im Gegensatz dazu ein Flächenausmaß von 32,1 km 2 aufweist.

Die Gemeindestrukturen sind gänzlich unterschiedlich. Die Gemeinde Ganz hat ihre Aufgaben mit lediglich 350 Einwohnern anders zu organisieren. Die Stadtgemeinde Mürzzuschlag hat 8.542 Einwohner. Durch die Eingliederung der Gemeinde Ganz in die Stadtgemeinde Mürzzuschlag ist eine Verbesserung nicht zu erwarten, zumal für die Aufgabe[n]besorgung der Gemeinde Ganz zusätzliches Personal einzustellen sein wird und daher eine Ersparnis nicht erzielt werden kann.

Die Gemeinde Ganz ist leistungsfähig. Durch die Zusammenlegung kann aufgrund der unterschiedlichen Interessen und Strukturen eine leistungsfähigere Gemeinde nicht erwartet werden. Vielmehr sprechen die vorliegenden Faktoren dafür, dass für die Gemeinde Ganz und die Stadtgemeinde Mürzzuschlag eine Verschlechterung einhergeht.

Die Gemeinde Ganz ist wirtschaftlich und finanziell gefestigt. Eine Verbesserung der Gemeindestruktur ist nicht zu erwarten. Die Zusammenlegung ist aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Gemeinden und der zu vertretenden Interessen untauglich eine besser[…] funktionierende Gemeinde zu schaffen. Vielmehr verhindert die Zusammenlegung die Entwicklung eines für funktionierende Gemeinden wesentlichen Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen der Gemeinde Ganz und der Stadtgemeinde Mürzzuschlag.

Die Infrastruktur der Stadtgemeinde Mürzzuschlag wird ohnedies bereits von der Gemeinde Ganz genützt. Die Interessen und Strukturen der Gemeinden sind derart unterschiedlich, dass bereits das Höchstmaß an Zusammenarbeit genützt wird. Eine Zusammenlegung ist untauglich, weitere Verbesserungen für die Gemeinden zu erzielen.

Mangels sachlicher Rechtfertigung der Zusammenlegung erweist sich diese als verfassungswidrig im Sinne des Art 116 B VG.

In Hinblick auf die Reformpläne des Landesgesetzgebers wurde in der Gemeinde Ganz eine Befragung der Bevölkerung durchgeführt. 97 % der Gemeindebürger sprachen sich gegen die Zusammenlegung mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag aus. Dieser allgemein anhaltende Widerstand der Bevölkerung gegen die Zusammenlegung ist zumindest ein Indiz dafür, dass die Gemeindevereinigung unsachlich ist […].

Der Gemeinderat als Vertreter der Gemeindebürger der Gemeinde Ganz hat sich seit der Präsentation der Strukturreformpläne gegen die Zusammenlegung mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag ausgesprochen. Nach Vorliegen des Gesetzesentwurfes zum Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetz hat sich der Gemeinderat ausdrücklich gegen die Umsetzung dieses Reformgesetzes mit Stellungnahme vom ausgesprochen.

Der Gemeinderat vertritt den anhaltenden Widerstand der Bevölkerung, welcher sich ohnedies in der bereits stattgefundenen Volksbefragung widergeschlagen hat. Aufgrund der Tatsache, dass Österreich auf ein indirekt demokratisches System aufbaut, ist der Widerstand des Gemeinderates als anhaltender Widerstand der Bevölkerung anzusehen.

Die möglicherweise durch die Gemeindezusammenlegung eintretende Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit ist weder belegt, noch für den konkreten Fall behauptet. Diese [v]agen in den Raum gestellten Verbesserungen für die Gemeinde Ganz sind nicht geeignet[,] die durch die Vereinigung insgesamt eintretenden Nachteile annähernd aufzuwiegen.

Eine Zusammenschau aller maßgebenden Umstände zeigt, dass die Zusammenlegung der Gemeinde Ganz mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag zahlreiche Nachteile und keine nennenswerten Vorteile für die Bevölkerung bewirkt. Die Zusammenlegung ist daher sachlich nicht gerechtfertigt.

Insbesondere hätte der Gesetzgeber gelindere Mittel in Betracht zu ziehen gehabt. Gem. Art 116a Abs 2 B VG können im Interesse der Zweckmäßigkeit Gemeindeverbände gebildet werden. Der Gesetzgeber hätte zu prüfen gehabt, ob dieses gelindere Mittel ausreicht, um die Ziele des StGsrG zu erfüllen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist eine Zusammenlegung von Gemeinden nur dann möglich, wenn eine sachlich[e] Rechtfertigung vorliegt. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Zusammenlegung insgesamt gesehen Verbesserungen mit sich bringt. Der Meinung der betroffenen Bevölkerung kommt hiebei wesentliche Bedeutung zu […]; diese wurde vom Gesetzgeber geflissentlich ignoriert.

Im Zuge der Reform wurden Kleinstgemeinden, wie die Gemeinde Ganz, nicht mit anderen Gemeinden zusammengelegt und können weiterhin selbst bestehen bleiben. Ein Grund, welcher diese Ungleichbehandlung rechtfertigt, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Damit behandelt der Landesgesetzgeber Gleiches ungleich, weshalb das Gesetz auch aus diesem Grund wegen Gleichheitswidrigkeit aufzuheben sein wird.

[…] Eingriff in das unverletzliche Recht auf Eigentum:

Gem. Art 5 StGG ist das Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.

Gem. Art 116 Abs 2 B VG hat die Gemeinde als selbstständiger Wirtschaftskörper das Recht Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen. Durch den Vollzug des StGsrG würde die Beschwerdeführerin zugunsten der Stadtgemeinde Mürzzuschlag enteignet werden.

Eine Enteignung ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn ein konkreter Bedarf vorliegt, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, das Objekt zur Deckung dieses Bedarfes geeignet ist und es unmöglich ist[,] diesen Bedarf anders als durch Enteignung zu decken.

Tatsächlich ist ein konkreter Bedarf nicht gegeben, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt.

Der Eingriff in das unverletzliche Recht auf Eigentum ist außerdem nicht verhältnismäßig.

Der Gesetzgeber rechtfertigt den Eingriff um die Ziele gem. § 1 StGsrG zu erreichen. Wie bereits zu Punkt 5.) a.) aufgezeigt hat der Gesetzgeber eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit nicht durchgeführt. Selbst unter der Annahme, dass einzelne Ziele zu erreichen sind, hätten diese bereits durch Heranziehung der Möglichkeit der Schaffung von Gemeindeverbänden erreicht werden können.

Durch das Gesetz erfolgte daher auch ein nicht gerechtfertigter Eingriff in das unverletzliche Recht auf Eigentum gem. Art 5 StGG.

[…] Verstoß gegen das demokratische Prinzip

Gem. Art 1 B VG ist Österreich eine demokratische Republik und geht ihr Recht vom Volk aus.

Die gesetzliche Zusammenlegung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz widerspricht dem demokratischen Prinzip. Demokratie und Republik gehören zu den grundlegenden Systemprinzipien der Bundesverfassung.

In der Gemeinde Ganz wurde eine Volksbefragung durchgeführt und hat diese ergeben, dass 97,13 % sich für die Eigenständigkeit der Gemeinde ausgesprochen haben. Durch Hinwegsetzen dieser demokratischen Abstimmung erweist sich das Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz als verfassungswidrig.

Der Gemeinderat als Repräsentant der Einwohner von Ganz spricht sich auch gegen § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG aus, zumal eine Prüfung der Kriterien, welche das StGsrG selbst vorgegeben hat, [ergibt,] dass diese Zusammenlegung nicht dazu geeignet ist[,] die Ziele der Strukturreform zu erfüllen.

[…] Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip

§1 StGsrG regelt die Ziele der Strukturreform. Tatsächlich haben diese Kriterien im Fall der Vereinigung der Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz keine Beachtung gefunden.

Offensichtlich wurde lediglich die Nähe der Gemeinde Ganz zur Stadtgemeinde Mürzzuschlag als Kriterium herangezogen, um diese Gemeinden zu vereinen.

Es wurde nicht im Einzelfall geprüft, ob tatsächlich mit dieser Vereinigung die Ziele der Strukturreform erreicht werden.

Tatsächlich hätte eine Prüfung im Einzelfall ergeben, dass die Gemeinde Ganz eine wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinde ist, die dauerhaft in der Lage ist ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen.

Eine Prüfung der bisherigen Tätigkeiten hätte ergeben, dass ein Reformbedarf nicht gegeben ist. Eine Stärkung durch die Zusammenlegung ist gerade nicht zu erwarten.

Eine Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen ist gegeben und gibt es ohnedies eine enge Zusammenarbeit mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag.

Eine Vereinigung darüber hinaus ist weder erforderlich, noch zielführend.

Mit der Vereinigung übt der Gesetzgeber Willkür aus und widerspricht damit dem rechtsstaatlichen Prinzip. Die Gemeindestrukturreform erweist sich als Maßnahme des gesetzlichen Zwangs und ist daher verfassungswidrig.

[…] Sonstige verfassungsrechtliche Bedenken

Gem. Art 3 StGG sind die öffentlichen Ämter für alle Staatsbürger gleich zugänglich. Durch die Zusammenlegung wird den Bürgern der Gemeinde Ganz der Zugang zur Gemeinde Ganz verwehrt und [sie werden] darauf angewiesen [sein,] die Infrastruktur der Stadtgemeinde Mürzzuschlag zu nutzen.

Der Grundrechtseingriff ist nicht verhältnismäßig.

Der Gesetzgeber hat es außerdem unterlassen, die Finanz- und Haushaltsentwicklung zu beachten. Es wurden keinerlei Überlegungen für den konkreten Fall a[n]gestellt. Es sind keine volkswirtschaftlichen und kommunalwirtschaftlichen Vorteile durch die Zusammenlegung erkennbar.

Vielmehr erweist sich die Zusammenlegung als Nachteil beider Gemeinden und ist die Kommunalentwicklung der Gemeinden ohne Zusammenlegung jedenfalls gesichert.

In 'Gemeindestrukturreform in der Steiermark, eine modellbasierte Schätzung des Einsparungspotenziales und Bewertung der makroökonomischen Effekte […]' wird ausgeführt:

Die Schätzung des Einsparpotenzials einer Gemeindestrukturreform ist aufgrund der Datenlage mit dem fundamentalen Problem, dass der Umfang und vor allem die Qualität der von den Gemeinden erbrachten Leistungen nur beschränkt beobachtbar sind, verbunden. Das heißt, es besteht ein grundlegender Mangel an adäquaten Leistungsdaten, die den einzelnen Ausgaben gegenübergestellt werden können. Für eine Analyse des möglichen Einsparungspotenzials einer Gemeindestrukturreform ist es jedoch unbedingt notwendig, die Struktur hinter den Kosten zu kennen.

Die Fragen nach dem Einsparungspotenzial einer Gemeindestrukturreform [sind] mit dieser Arbeit mit Sicherheit nicht erschöpfend beantwortet. Offen bleibt, wie sich zum Beispiel die Position der steirischen Gemeinden im Finanzausgleich durch eine Gemeindestrukturreform verändern würde. Zudem wäre die Frage nach einem sich eventuell ergebenden geringeren Kommunikationsaufwand auf Landesseite infolge einer geringeren Gemeindezahl zu klären.

Der Gesetzgeber geht von einer bloßen quantitativen Notwendigkeit von Gemeindezusammenlegungen aus[,] ohne die Machbarkeit eines solchen Vorgehens auf einer qualitativen Ebene zu prüfen.

Um tatsächlich beurteilen zu können, ob eine Gemeindezusammenlegung sinnvoll ist und tatsächlich die im Gesetz genannten Ziele erreicht werden können, sind mehrere Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zu prüfen. Dies hat der Gesetzgeber unterlassen.

Einem Artikel [des Beraters und Leiters des Kompetenzzentrums für Public Management der Universität Bern] in der ZV 11/07 [zur Bestimmung der optimalen Größe einer Gemeinde als ein komplexes und vielschichtiges Unterfangen] kann unter anderem Nachstehendes entnommen werden:

Eine Gemeinde ist nicht nur ein Betrieb[,] sondern ein gesellschaftliches System – ein lebender Organismus mit einer bestimmten Geschichte und Kultur. [Vor] diesem Hintergrund stellt sich die Frage der optimalen Gemeindegröße anders. Maßgeblich ist, ob das System Gemeinde nachhaltig aus sich heraus funktionieren kann. Dies bedingt, dass die Bevölkerungsstruktur mittelfristig in etwa erhalten bleibt, dies sowohl zahlenmäßig wie auch bezüglich der Altersstruktur.

Probleme stellen diesbezüglich hohe Abwanderungsraten ebenso wie zu hohe Zuwachsraten. Ein Problem kann auch darin bestehen, die notwendigen ehrenamtlichen Gemeindebehörden nicht mehr besetzen zu können; ein Problem, das sich zwar zunehmend in kleinen Gemeinden, aber nicht nur dort zeigt. Das Funktionieren einer Gemeinde bedingt ein relativ homogenes Kulturverständnis der gesamten Bevölkerung. Dies betrifft auch die politische Kultur. Es nützt beispielsweise wenig, wenn eine Gemeinde aus betrieblicher Sicht eine optimale Größe aufweist, wenn die notwendigen Führungsentscheide nicht rechtzeitig gefällt werden können, weil sich in der Exekutive Ortsteilvertretungen ständig gegenseitig blockieren. Aus sozialdemografischer Sicht gilt es weiter zu bedenken, dass nicht in allen Gemeinden in gleichem Maße soziale und interkulturelle Integrationsaufgaben anfallen.

Eine Erhöhung der Finanzkraft rechtfertigt außerdem nicht eine Zusammenlegung von Gemeinden. […]

[…]

Das Land Steiermark hat lediglich allgemeine Überlegungen zur Gemeindezusammenlegung aufgestellt, ohne jeweils die Sinnhaftigkeit einer Gemeindezusammenlegung im Einzelfall zu prüfen.

Daraus kann keinesfalls die Zusammenlegung der Gemeinde Ganz mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag begründet werden.

Gerade unter Berücksichtigung von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ist eine Notwendigkeit für eine Zusammenlegung der Gemeinden nicht erkennbar.

In der Beurteilung einer Zusammenlegung hat außerdem der Umstand einzufließen, ob freiwillige interkommunale Kooperationen als mögliche Alternative zu einer Zwangsfusion stattfinden.

Es ist jedenfalls vorab zu prüfen, ob ein Gemeindeverband im Einzelfall sparsamer, wirtschaftlicher und zweckmäßiger ist als eine Zwangsfusion." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

2. Die Stmk. Landesregierung tritt in ihrer Äußerung den im Antrag vorgebrachten Bedenken im Wesentlichen wie folgt entgegen:

"Zu den Prozessvoraussetzungen:

[…]

[…] Im ggst Antrag wird die aktuelle Betroffenheit und das Fehlen eines zumutbaren anderen Weges lediglich behauptet, nicht jedoch näher konkretisiert. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

[…] Im Antrag werden einerseits nur die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Inhalts des ganzen StGsrG sprechenden Bedenken dar[ge]legt […], für die in eventu beantragte Aufhebung des § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG fehlen diesbezügliche Ausführungen. Andererseits wird nicht dargelegt, warum die antragstellende Gemeinde durch alle Regelungen des Gesetzes unmittelbar betroffen ist.

[…]

Daraus folgt, dass der Antrag, § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG als verfassungswidrig aufzuheben, mangels Darlegung der Bedenken, die gegen diese Bestimmung sprechen, zurückzuweisen ist. Der Antrag, das ganze StGsrG als verfassungswidrig au[f]zuheben, ist mangels näherer Ausführungen, warum die Antragstellerin durch alle Regelungen des Gesetzes betroffen ist, zurückzuweisen. Nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung ist dieser Antrag auch zu weit gefasst, um die behauptete Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Hierfür wäre im Fall einer Verfassungswidrigkeit die Aufhebung des § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG ausreichend.

[…] Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des StGsrG:

[… (Im Wesentlichen werden Teile des Allgemeinen Teils der RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 2 ff. zitiert. Darüber hinaus folgen tabellarische Darstellungen der Auswirkungen der Gemeindestrukturreform auf die Anzahl und Größe der steirischen Gemeinden sowie der Bevölkerungsentwicklung und eine Bezugnahme auf zwei zur beabsichtigen Gemeindestrukturreform in Auftrag gegebene Studien.)]

[…] Zur Begründung und den Schlussfolgerungen des Antrags

Sollte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages hegen, erachtet die Steiermärkische Landesregierung die im Antrag geltend gemachte Verfassungswidrigkeit auf Grund folgender Überlegungen als nicht gegeben:

[…] Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährten subjektiven Rechts auf Selbstverwaltung sowie des Gleichheitssatzes

[…] Insoweit die Antragstellerin ausführt, durch die Normen des StGsrG in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Selbstverwaltung verletzt zu sein, ist dem zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des VfGH […] das B VG eine Bestandsgarantie für die Gemeinde nur als Institution bietet, der einzelnen Gemeinde allerdings kein absolutes Recht auf 'ungestörte Existenz' gewährt. Maßnahmen, welche bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen zu bestehen aufhört, sind zulässig und werden weder durch die Vorschriften des B VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung ausgeschlossen.

Der im Rahmen der kompetenzrechtlichen Bestimmungen des B VG zuständige Landesgesetzgeber ist daher nicht gehindert, nach definierten Kriterien eine Gebietsreform – im gegenständlichen Fall der steirischen Gemeinden – durchzuführen.

[…] Hinsichtlich der Behauptung, eine sachliche Rechtfertigung der Fusionierung der Gemeinde Ganz mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag liege nicht vor, die Zusammenlegung basiere lediglich auf dem Kriterium der Einwohnerzahl, ist zunächst auf die Erläuterungen zu § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG […] zu verweisen, die die Vorteile der Vereinigung der gegenständlichen Gemeinden näher darlegen. Der in der Judikatur des VfGH entwickelte Grundsatz, dass die Zusammenlegung von Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern mit anderen Gemeinden in der Regel sachlich ist (zB VfSlg 9068/1981, 9655/1983, 9668/1983), trifft hier zu. Ausnahmen von diesem Grundsatz sah der Gerichtshof in jenen Fällen als gegeben, in denen die Zusammenlegung einer (aus demografischer Sicht so definierten) Kleingemeinde aufgrund ganz besonderer Umstände vorhersehbar völlig untauglich war, das angestrebte Ziel der Verbesserung der Kommunalstruktur zu erreichen […]. Eine solche Untauglichkeit wird von der Antragstellerin nicht behauptet.

Die Gemeinde Ganz führt im gegenständlichen Antrag aus, die Bevölkerungszahl liege für den maßgeblichen Zeitpunkt bei 350 EinwohnerInnen. Tatsächlich wies die Antragstellerin zum genannten Stichtag insgesamt 342 EinwohnerInnen auf, bei weiterhin stark rückläufiger demografischer Prognose:

[… (Tabelle zur historischen Entwicklung des Bevölkerungsstandes der Gemeinde Ganz)]

Demgegenüber wies die Stadtgemeinde Mürzzuschlag zum einen Bevölkerungsstand von 8.542 EinwohnerInnen auf.

[…] Des Weiteren kann die Effizienz und die Qualität der Verwaltung innerhalb der Gemeinde Ganz schon aufgrund der besseren personellen Ausstattung in der neuen Gemeinde erhöht werden. Die Verwaltung der antragstellenden Gemeinde mit nur einer Bediensteten zeigte im Zuge der letzten Gebarungsüberprüfung durch die Gemeindeaufsichtsbehörde im Jahr 2012 strukturelle Schwächen etwa in der Gebühreneinhebung, in der (Bau)Aktenverwaltung oder auch in der Handhabung der den Gemeindeorganen obliegenden Zuständigkeiten […].

Eine Vereinigung mit der Stadtgemeinde Mürzzuschlag ist jedenfalls geeignet, diesbezüglich eine Erhöhung der Qualität der Vollziehung der Gemeindeangelegenheiten zu erreichen, da unter anderem eine Arbeitsteilung und damit auch Spezialisierung möglich werden.

Die behauptete notwendige zusätzliche Einstellung einer Bediensteten/eines Bediensteten aufgrund der Vereinigung beider Gemeinden ist nicht nachvollziehbar; dies vor allem unter dem Aspekt, dass die bestehenden Dienstverhältnisse der Bedienstete(n) beider Gemeinden gemäß § 8 Abs 6 GemO ex lege auf die neue Gemeinde übergehen. Damit ist zunächst eine personelle Ausstattung gleichsam wie vor der Vereinigung gewährleistet. Längerfristig ist es allerdings auch ein Ziel der Zusammenlegung, Einsparungen im Personalbereich zu erreichen.

[…] Bereits aus den Erläuterungen zu § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG […] folgt, dass die Stadtgemeinde Mürzzuschlag als regionales Zentrum sowie als regionaler Industrie- und Gewerbestandort und aufgrund einer umfassenden Versorgungsinfrastruktur einen großen Teil der Versorgung der Bevölkerung der Gemeinde Ganz übernimmt. Die antragstellende Gemeinde selbst führt in ihrem Schriftsatz […] aus, die Infrastruktur der Stadtgemeinde Mürzzuschlag würde 'ohnedies bereits von der Gemeinde Ganz genützt'. Damit ist auch evident, dass die Bevölkerung bereits bisher die infrastrukturellen Einrichtungen der Stadtgemeinde Mürzzuschlag nützt und diese somit (zu ihren finanziellen Lasten) Infrastruktur für die benachbarte Gemeinde vorzuhalten hat.

[…] Laut Pendlerstatistik der Registerzählung 2011 hatte die Gemeinde Ganz 42 Erwerbseinpendlerlnnen und 109 Erwerbsauspendlerlnnen, sie ist damit eine klare Auspendlergemeinde. Von diesen 109 Auspendlerlnnen pendeln laut der bezeichneten Statistik 52 Personen nach Mürzzuschlag, somit beinahe die Hälfte aller Auspendlerlnnen.

Durch die Vereinigung und die Zusammenführung der Verwaltung ist eine effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur möglich.

[…] Das Gemeindegebiet von Ganz wird durch das Gebiet der Stadtgemeinde Mürzzuschlag getrennt und ist verkehrsmäßig einzig über das Gebiet der Stadtgemeinde Mürzzuschlag erschlossen. Nicht zuletzt befindet sich das Gemeindeamt von Ganz auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Mürzzuschlag. Darüber hinaus ist die Gemeinde Ganz Teil des Standesamts- und Staatsbürgerschaftsverbandes Mürzzuschlag.

[…] Der von der Antragstellerin selbst vorgebrachte Aspekt der unterschiedlichen Flächenausmaße der beiden Gemeinden […] bietet für den Siedlungsraum die Chance, einer um vieles nachhaltiger gestaltbaren örtlichen und überörtlichen Raumplanung in der neuen Gemeinde.

[…] Hinsichtlich des Vorbringens der Antragstellerin, sie sei eine wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinde, welche dauerhaft in der Lage sei, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen, die Leistungsfähigkeit der Gemeinde sei langfristig gesichert sowie, dass der Gesetzgeber es unterlassen habe, die Finanz- und Haushaltsentwicklung zu beachten, führt die Steiermärkische Landesregierung Folgendes aus:

[…] Ohne Zweifel hatte die Gemeinde Ganz in den Jahren 2008 bis 2012 im ordentlichen Haushalt stets einen Überschuss zu verzeichnen. Trotz der dadurch möglichen Zuführungen an den außerordentlichen Haushalt benötigte die antragstellende Gemeinde im oben angeführten Zeitraum Bedarfszuweisungsmittel in Höhe von insgesamt EUR 233.480,00 für den außerordentlichen Haushalt. Wenn die Antragstellerin ausführt, dass durch die Vereinigung keine Vorteile für die Bevölkerung zu erwarten seien und dass es der Gesetzgeber unterlassen habe, die Finanz- und Haushaltsentwicklung zu beachten, so ist dem entgegenzuhalten, dass im Rahmen der Prognose über die finanziellen Auswirkungen der Vereinigung der Gemeinde Ganz und der Stadtgemeinde Mürzzuschlag ein Potenzial an mittel- bis langfristigen Kosteneinsparungen in der Höhe von rund EUR 90.000,00 pro Jahr möglich ist.

[…] Diese Kosteneinsparungen sind nach Einschätzung der Landesregierung im Bereich des Personals […], de[r] Gebrauchs- und Verbrauchsgüter[…], wie zum Beispiel Druckkosten für Gemeindezeitungen[,] und im Bereich der Gemeindeorgane und de[r] sonstigen Kosten für die Gemeindeverwaltung sowie den Gemeindebetrieb […] erzielbar.

[…] Insbesondere im Bereich der Infrastruktur führt die Antragstellerin selbst aus, dass sie bereits jetzt die Infrastruktur der Stadtgemeinde Mürzzuschlag nutze. Dies ist unstrittig. Es wurde auch in den Erläuterungen zu § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG […] darauf hingewiesen, dass die Stadtgemeinde Mürzzuschlag über eine umfassende Versorgungsinfrastruktur und ergänzende höherrangige Infrastruktureinrichtungen verfügt. Die Gemeinde Ganz erzielte im ordentlichen Haushalt in den Jahren 2008 bis 2012 ein positives Ergebnis in der Höhe von durchschnittlich jährlich EUR 242.252,00, welche durch diese Gemeindevereinigung bspw. zum Betrieb und der Erhaltung der Infrastruktur in der neuen Gemeinde verwendet werden können […]. Es wird daher insgesamt eine Verbesserung der Gemeindestruktur erreicht.

Durch die Gemeindevereinigung stehen in der neuen Gemeinde damit nicht unerhebliche Budgetmittel zur Bewältigung der Pflicht- und freiwilligen Aufgaben zur Verfügung. Die Landesregierung weist darauf hin, dass die neue Gemeinde zudem auch die Voraussetzungen nach dem Österreichischen Stabilitätspakt 2012 […] leichter erfüllen wird können.

[…] Die im gegenständlichen Antrag aufgestellte Behauptung, die Gemeinde Ganz sei in den Strukturreformprozess nicht eingebunden gewesen, ist schlicht falsch. Wie […] dargestellt, wurde jede betroffene Gemeinde in die unterschiedlichen Prozessphasen eingebunden und informiert. Wenn sich die Gemeinde Ganz Gesprächen verschlossen hat, kann dies nicht dem Landesgesetzgeber zum Vorwurf gemacht werden. Tatsächlich nahmen Vertreter der Gemeinde Ganz an einem Verhandlungsgespräch mit Vertretern der Stadtgemeinde Mürzzuschlag sowie mit Vertretern des Landes Steiermark am in der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag (nunmehr Bruck-Mürzzuschlag) teil. Die Gemeinde wurde mit Schreiben der Abteilung 7 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom über den Gemeindestrukturplan informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme eingeladen. Des Weiteren wurde das Angebot unterbreitet, eine fachliche Begleitung in Form eines Koordinators des Landes Steiermark in Anspruch zu nehmen. Mit Schreiben der zuständigen Abteilung 7 vom bot diese der Antragstellerin an, jene Kriterien und Argumente, die für diese Konstellation maßgeblich sind, in einem weiteren Gesprächstermin nochmals zu erörtern.

In insgesamt neun sogenannten 'Bürgermeisterbriefen' wurden die BürgermeisterInnen, somit auch der Bürgermeister der antragstellenden Gemeinde, von den Gemeindereferenten immer aktuell über die wesentlichen Schritte informiert […].

[…] Zur von der Antragstellerin ins Treffen geführten Behauptung, der Gesetzgeber habe die Alternative der Etablierung von Gemeindeverbänden als 'gelinderes Mittel' nicht in Betracht gezogen, ist auszuführen, dass der Landtag sich eingehend mit der Frage beschäftigt hat, ob freiwillige Gemeindekooperationen bzw. Gemeindeverbände genauso geeignet sind, die mit einer Gemeindereform verfolgten Ziele zu erreichen, wie zB in seiner Sitzung vom . Es wurde geprüft, ob die Reformziele auch in einem oder in mehreren Gemeindeverbänden genauso gut erreicht werden können.

[…]

[…] Nach Ansicht der Landesregierung sind gegen eine Verbandslösung folgende Argumente ins Treffen zu führen:

[… (Es folgt ein Zitat der vier auf Seite neun der RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, Pkt. i) angeführten Aufzählungszeichen.)]

[…] Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine rechtswissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2012[…]: 'Eine rechtspolitische Gesamtbewertung gemeindeübergreifender Organisationsformen fällt […] zugunsten von Fusionen und Gebiets gemeinden aus, weil diese sich effizienter und finanziell günstiger ausgestalten lassen und.... eine Abmilderung des kommunalen Identitätsverlustes zulassen.' Auch findet das vorgebrachte Bedürfnis nach derartigen Gemeindeverbänden in der Steiermark keinen Niederschlag in etwaigen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren. Seit der landesgesetzlichen Umsetzung der B VG-Novelle gibt es in der Steiermark keinen derartigen Mehrzweckverband. Der einzige bisher eingebrachte Antrag für einen Mehrzweckverband konnte bislang die formellen Voraussetzungen nach der Gemeindeordnung und des Gemeindeverbandsorganisationsgesetz[es] nicht erfüllen.

[…] Es ist daher festzuhalten, dass die neu geschaffene Möglichkeit der Bildung von Mehrzweckverbänden die umfassende Gemeindestrukturreform durch Gebietsänderungen nicht ersetzen kann, sondern nur ein ergänzendes Modell darstellt. Darüber hinaus würde eine zusätzliche Verwaltungsebene insbesondere für die Antragstellerin zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten, verursachen.

Zusammenfassend kann aus Sicht der Steiermärkischen Landesregierung sohin ausgeführt werden, dass dem inhaltlichen Vorbringen der Antragstellerin, welches sich zum Großteil auf nicht ausreichend konkretisierte Behauptungen beschränkt, unter dem Aspekt der Verletzung der dargestellten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte keine Berechtigung zukommt.

[…] Zur behaupteten Verletzung des unverletzlichen Rechts auf Eigentum

[…] Die antragstellende Gemeinde behauptet in diesem Zusammenhang im Wesentlichen, durch den Vollzug des StGsrG würde die 'Beschwerdeführerin zugunsten der Stadtgemeinde Mürzzuschlag enteignet' werden.

[…] Diesbezüglich genügt, der Verweis auf die ständige Judikatur des VfGH, wonach […] das B VG eine Bestandsgarantie für die Gemeinde nur als Institution bietet, der einzelnen Gemeinde allerdings kein absolutes Recht auf 'ungestörte Existenz' gewährt.

Maßnahmen, welche bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen zu bestehen aufhört, sind im Rahmen der österreichischen Bundesverfassung zulässig und werden auch nicht durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung ausgeschlossen.

Es liegt sohin nach Ansicht der Landesregierung kein Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht der Gemeinde vor.

[…] Zur behaupteten Verletzung des demokratischen Prinzips

[…]

[…] Der VfGH hat ausgesprochen, dass dem Willen der Bevölkerung dann keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, wenn der Gesetzgeber auf Grund seiner Prognose erwarten konnte, dass sich für die Kommunalstruktur als Komplex betrachtet Vorteile ergeben […].

[…] Die Steiermärkische Landesregierung kann nicht erkennen, dass das demokratische Grundprinzip verletzt worden wäre. Die Ergebnisse der auf Ebene der Gemeinde durchgeführten Volksbefragungen/Volksabstimmungen sind - soweit sie der Aufsichtsbehörde mitgeteilt wurden - in jedem Einzelfall in die Abwägung aller Aspekte, die für und gegen die Gemeindevereinigung sprechen, mit eingeflossen. Sie waren aber bei den vom StGsrG betroffenen Gemeinden, mithin auch der Gemeinde Ganz, letztlich nicht ausschlaggebend, da sich die zu treffende Entscheidung – dem Sachlichkeitsgebot entsprechend – nach den Zielen dieses Gesetzes, den Kriterien des Leitbildes und den öffentlichen Interessen im Sinne von § 6 GemO zu orientieren hatte und die Prognosen für die jeweiligen neuen Gemeinden – als Komplex betrachtet – positiv waren […].

[…] Gemäß Art 72 L-VG hätten (ua) 80 Gemeinden die Möglichkeit gehabt, zu verlangen, dass der Beschluss des Landtages über das StGsrG einer Volksabstimmung unterzogen wird. Von diesem im Zusammenhang mit Landesgesetzen zentralen direktdemokratischen Instrument wurde kein Gebrauch gemacht.

[…] Zur behaupteten Verletzung des rechtsstaatlichen Prinzips

[…]

[…] Zu dieser Behauptung kann auf die obigen Ausführungen zum Gleichheitssatz verwiesen werden.

[…] Zu den sonstigen verfassungsrechtlichen Bedenken

[…]

[…] Hinsichtlich der Behauptung, den Bürgern würde der Zugang zur Gemeinde Ganz verwehrt und damit ginge eine Verletzung von Art 3 StGG einher, handelt es sich um eine offensichtliche Fehlinterpretation des von genanntem Grundrecht umfassten Schutzes. Nach der Judikatur umfasst die bezeichnete Bestimmung ein subjektives Recht, sich um ein öffentliches Amt (im Sinne eines Postens bei einer inländischen Gebietskörperschaft) zu bewerben […]. Der Hinweis auf das Erfordernis, zukünftig die Infrastruktur der Stadtgemeinde Mürzzuschlag nützen zu müssen, ist in diesem Kontext verfehlt.

[…]

[…] Bei Zitierung der Studie 'POLICIES Research Report Nr 128-2011' […] wird nicht angeführt, dass diese im Endergebnis zu einem Einsparungspotential gelangt und zwar[…] je nach verschiedenen Fusionsszenarien jährlich zwischen 1,3% und 1,9% der Gemeindeausgaben im ordentlichen und außerordentlichen Haushalt (ausgehend von den Zahlen des Jahres 2009). Der rein strukturell bedingte Einsparungseffekt wird mit einem Betrag zwischen € 38,2 Mio. und € 54,5 Mio. pro Jahr beziffert, wobei das berechnete Szenario mit 255 Gemeinden und einem Einsparungspotential von 1,4% (€ 40,9 Mio.) der tatsächlich umgesetzten Variante am nächsten kommt […].

[…] In Hinblick auf die Behauptungen, der Gesetzgeber hätte eine qualitative Abwägung[…] bzw. eine Abwägung der Sinnhaftigkeit einer Strukturreform sowie die Prüfung, ob die Ziele einer solchen Reform mit Hilfe von Gemeindevereinigungen überhaupt erreicht werden könnten[,] unterlassen, verweist die Landesregierung, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Erläuterungen zu § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG […] sowie auf die obigen Ausführungen.

[…] Der Gesetzgeber hat die gegenständliche Gemeindekonstellation nicht mit einer Erhöhung der Finanzkraft begründet. Diese Behauptung ist daher unzutreffend.

[…]

[…] Schlussbemerkungen und Antrag

[…]

Dem inhaltlichen Vorbringen der antragstellenden Gemeinde kommt nach Ansicht der Steiermärkischen Landesregierung daher insgesamt keine Berechtigung zu. " (Zitat ohne die im Text enthaltenen Hervorhebungen)

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):

1. Die §§6, 8 und 11 Abs 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 – GemO, LGBl 115, idF LGBl 87/2013, lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§6

Gebietsänderungen

(1) Gebietsänderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Grenzänderungen (§7), die Vereinigung von Gemeinden (§8), die Teilung einer Gemeinde (§9), die Neubildung und Aufteilung einer Gemeinde (§10).

(2) Gebietsänderungen nach Abs 1 dürfen nur aus Gründen der durch dieses Gesetz geregelten öffentlichen Interessen und unter Bedachtnahme auf die geografische Lage der Gemeinde erfolgen, wobei jedenfalls darauf Rücksicht zu nehmen ist, dass die Gemeinden fähig sind, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Als öffentliche Interessen sind insbesondere wirtschaftliche, infrastrukturelle, raumordnungs- und verkehrspolitische, demografische oder finanzielle Gründe zu verstehen.

[…]

§8

Vereinigung

(1) Zwei oder mehrere angrenzende Gemeinden können sich auf Grund übereinstimmender Gemeinderatsbeschlüsse mit Genehmigung der Landesregierung zu einer neuen Gemeinde vereinigen.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 6 Abs 2 vorliegen. Die genehmigte Vereinigung ist im Landesgesetzblatt zu verlautbaren; die Genehmigung der Landesregierung ist auch für den Fall erforderlich, wenn zwischen Verlautbarung und Rechtswirksamkeit der Vereinigung eine Auf-hebung oder Abänderung der beschlossenen Maßnahme durch Gemeinderatsbeschluss oder eine dem Gemeinderatsbeschluss gleichzuhaltende Entscheidung erfolgt.

(3) Zur Vereinigung von zwei oder mehreren angrenzenden Gemeinden gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde ist ein Gesetz erforderlich.

(4) Die Vereinigung hat den vollständigen Übergang der Rechte und Pflichten der betroffenen Gemeinden auf die neue Gemeinde zur Folge.

(5) Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung in den bisherigen Gemeinden anhängige Verwaltungsverfahren sind zunächst vom gemäß § 11 Abs 1 eingesetzten Regierungskommissär und ab Angelobung des Bürgermeisters der neu geschaffenen Gemeinde von den ab diesem Zeitpunkt zuständigen Gemeindebehörden weiterzuführen.

(6) Die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung bestehenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Dienstverhältnisse zu einer der bisherigen Gemeinden gelten als entsprechende Dienstverhältnisse zur neu geschaffenen Gemeinde.

§11

Gemeinsame Bestimmungen

(1) Für die gemäß §§8, 9 und 10 Abs 1 neu geschaffenen Gemeinden hat die Landesregierung binnen sechs Monaten nach den Bestimmungen der Gemeindewahlordnung Neuwahlen des Gemeinderates auszuschreiben. Bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters führt ein von der Landesregierung nach § 103 einzusetzender Regierungskommissär die laufenden und unaufschiebbaren Geschäfte. Zu seiner Beratung ist von der Aufsichtsbehörde über Vorschlag der beteiligten Gemeinden ein Beirat zu bestellen; jeder beteiligten Gemeinde steht das Vorschlagsrecht für ein Beiratsmitglied zu. Bei den übrigen Gebietsänderungen kann die Landesregierung den Gemeinderat auflösen und binnen sechs Monaten Neuwahlen ausschreiben, wenn die Gebietsänderung eine Änderung der Einwohnerzahl zur Folge hat, durch die eine Änderung der Anzahl der Gemeinderäte (§15 Abs 1) bewirkt wird, oder wenn der durch die Änderung verursachte Zu- oder Abgang an Einwohnern die bisher auf ein Gemeinderatsmandat entfallende Anzahl von Einwohnern erreicht. Bis zur Angelobung der neugewählten Gemeinderatsmitglieder und des neugewählten Bürgermeisters führen die bisherigen Gemeindeorgane die Geschäfte der Gemeinde weiter. […]"

2. Die §§1, 2, der – für den vorliegenden Fall maßgebliche – § 3 Abs 1 Z 5 und § 7 des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes – StGsrG, LGBl 31/2014 (berichtigt durch LGBl 36/2014), lauten – auszugsweise – wie folgt:

"§1

Ziele der Strukturreform

(1) Ziel der Reform der gemeindlichen Strukturen im Land Steiermark ist die Stärkung der zukünftigen Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur sachgerechten und qualitätsvollen Erfüllung der eigenen und übertragenen Aufgaben und Funktionen zum Wohle der Bevölkerung. Die Strukturreform soll wirtschaftliche und leistungsfähige Gemeinden schaffen, die dauerhaft in der Lage sind, ihre Angelegenheiten ohne Haushaltsabgang zu erfüllen. Die Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Ebene soll gestärkt und langfristig gesichert werden, um insbesondere die gemeindliche Infrastruktur effizient zu nutzen, die Grundversorgung der Bevölkerung mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen im jeweiligen Gemeindegebiet abzudecken und der demografischen Entwicklung gerecht zu werden.

(2) Die Reform der gemeindlichen Strukturen soll auch entsprechende raumordnungs- und verkehrspolitische Maßnahmen ermöglichen, die eine bessere Nutzung der vorhandenen Fläche für den Siedlungsraum und die wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten. Bestehende Siedlungsverflechtungen sollen sich in den verwaltungsmäßigen Strukturen der Gemeinden widerspiegeln. Daneben sollen auch die örtlichen Zusammenhänge, insbesondere naturräumliche und kulturelle Verhältnisse, wie auch historische Verbundenheiten sowie lokales Handeln für das Gemeinwohl und Ausüben von Ehrenämtern berücksichtigt werden.

§2

Umsetzung der Strukturreform

Die in § 1 genannten Ziele werden durch Vereinigung angrenzender Gemeinden (§8 Abs 3 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) und durch Aufteilung von Gemeinden auf angrenzende Gemeinden (§10 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967) unter Beachtung der in § 6 Abs 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 geregelten öffentlichen Interessen erreicht.

Zweites Hauptstück

Gebietsänderungen

I. Abschnitt

Vereinigung von Gemeinden

§3

Vereinigung von Gemeinden eines politischen Bezirkes

(1) Im politischen Bezirk Bruck-Mürzzuschlag werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt:

[…]

5. die Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz zur Stadtgemeinde Mürzzuschlag;

[…]

§7

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit in Kraft."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in sein en Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

1.2. Die antragstellende Gemeinde ist zur Antragstellung auf Grund des Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG legitimiert: Sie wird durch eine bekämpfte, gesetzlich verfügte Gemeindevereinigung entsprechend ihrem Vorbringen schon deswegen nachteilig in ihrer Rechtssphäre berührt, weil sie durch die Vereinigung mit einer anderen Gemeinde ihre Rechtspersönlichkeit verliert. Die angefochtene Regelung greift auch unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre der antragstellenden Gemeinde ein; ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes steht der antragstellenden Gemeinde nicht zur Verfügung (vgl. , V46/2014).

1.3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2002). Die Antragsteller haben all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011). Der Umfang einer zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmung ist derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der zulässigerweise geltend gemachten Rechtswidrigkeit erforderlich ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (vgl. VfSlg 19.496/2011 mwN).

Der Antrag erweist sich, soweit die Aufhebung des StGsrG zur Gänze begehrt wird, als zu weit gefasst und sohin als unzulässig; der Eventualantrag auf Aufhebung des § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG ist dagegen zulässig (vgl. , V46/2014).

1.4. Dem Antrag liegt auch ein entsprechender Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates (vgl. , V46/2014) zugrunde: Der Gemeinderat der antragstellenden Gemeinde hat – in seiner Sitzung vom – den Beschluss gefasst, einen "Individualantrag auf Prüfung des Steiermärkischen Gemeindestrukturreformgesetzes" beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Der Gemeinderatsbeschluss wurde nach der Beschlussfassung des StGsrG am , jedoch vor der Kundmachung des StGsrG am gefasst. Der Verfassungsgerichthof ist der Auffassung, dass damit der Gegenstand der Anfechtung vor dem Verfassungsgerichthof zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Gemeinderat hinreichend bestimmt war, zumal das StGsrG vom Landtag der Steiermark bereits beschlossen war. Der vorliegenden Antrag ist daher durch einen Gemeinderatsbeschluss gedeckt.

1.5. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, erweist sich der Antrag, soweit die Aufhebung des § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG begehrt wird, als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes enthält die Bundesverfassung zwar eine Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution (vgl. insbesondere Art 116 Abs 1 B VG), sie garantiert der individuellen Gemeinde aber keineswegs ein Recht auf "ungestörte Existenz". Ein absolutes Recht auf Existenz kommt von Verfassungs wegen ausschließlich jenen juristischen Personen zu, die in Verfassungsnormen individuell und nicht bloß der Art nach bezeichnet sind. Maßnahmen, die bewirken, dass eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhört, sind weder durch die Vorschriften des B VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung (Art5 StGG) ausgeschlossen (vgl. grundlegend VfSlg 6697/1972, 9373/1982). An dieser Rechtsauffassung hat auch die im Rang eines einfachen Bundesgesetzes stehende und durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllende Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung nichts geändert, weil ein solcher Staatsvertrag keinen Maßstab für die Verfassungskonformität eines Gesetzes darstellt. Gemäß Art 115 Abs 2 B VG obliegt es dem Landesgesetzgeber, das Land in "Gemeinden" zu gliedern und die Gemeindegebiete festzusetzen sowie zu ändern. Insgesamt kommt dem Gesetzgeber dabei ein weitgehender rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. ähnlich VfSlg 9655/1983, 9668/1983, 9669/1983, 10.637/1985); er ist aber insbesondere an das – aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende – Sachlichkeitsgebot gebunden. Der Verfassungsgerichtshof hat alleine die Frage zu beurteilen, ob die vom Gesetzgeber vorgesehene Gemeindegliederung für sich genommen sachlich ist. Dem entsprechend ist es nicht seine Aufgabe, zu untersuchen, ob alternative Festlegungen zweckmäßiger gewesen wären oder bessere Auswirkungen gehabt hätten (vgl. zB VfSlg 6697/1972, 9655/1983, 13.543/1993, wonach der Gleichheitsgrundsatz dem Verfassungsgerichtshof keine Handhabe gibt, über die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Bestimmungen zu urteilen), hier etwa freiwillige "interkommunale Kooperationen als mögliche Alternative zu einer Zwangsfusion".

2.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , G44/2014, V46/2014, ausgesprochen hat, bestehen seitens des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich keine Bedenken, wenn der Landesgesetzgeber in Verfolgung der sich schon aus § 6 Abs 2 Stmk. GemO, § 1 StGsrG sowie den Erläuterungen zum StGsrG ergebenden Ziele Gebietsänderungen bzw. Vereinigungen von Gemeinden vorsieht, sofern jede dieser Maßnahmen dem Sachlichkeitsgebot entspricht.

2.4. Bei der Untersuchung der Frage, ob das StGsrG verfassungsmäßig ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes ausschließlich auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes betreffend die Vereinigung der Gemeinden an; dies deshalb, weil es sich dabei um eine einmalige Maßnahme handelt (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 10.637/1985, 11.629/1988, 11.858/1988, 13.543/1993). Es ist dabei unter Bedachtnahme auf den Zeitpunkt der Erlassung des Gesetzes zu prüfen, ob sich das Gesetz im Lichte der zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden künftigen Entwicklung als sachlich und nachvollziehbar erweist. Bei dieser Prognoseentscheidung hat der Landesgesetzgeber zu beurteilen, ob die Gemeindezusammenlegung insgesamt – also nicht bloß auf die Belange der einzelnen Gemeinde bezogen – eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwarten lässt (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gesetzlich angeordnete Änderung der Gemeindestruktur vor dem Gleichheitssatz bestehen kann, hat der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass die Zusammenlegung einer Kleingemeinde mit weniger als 1.000 Einwohnern mit einer anderen Gemeinde in der Regel sachlich ist (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993), wobei es sich bei dieser Einwohnerzahl nicht um eine starre Grenze, sondern um einen Richtwert handelt (vgl. VfSlg 9668/1983). Ausnahmen von diesem Grundsatz haben sich in jenen Fällen ergeben, in denen die Zusammenlegung einer Kleingemeinde – mit welcher anderen Gemeinde immer – auf Grund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (vgl. zB VfSlg 8108/1977, 9793/1983, 9819/1983, 11.372/1987); ferner in einem Fall, in dem eine Gemeinde mit räumlich nicht geschlossenem Gemeindegebiet neu geschaffen wurde, obgleich nicht ganz besondere Umstände dazu zwangen (vgl. VfSlg 9814/1983), und in einem Fall, in dem die Zusammenlegung der Kleingemeinde mit einer bestimmten anderen Gemeinde oder ihre Aufteilung auf mehrere bestimmte Gemeinden (vgl. VfSlg 9068/1981) – beispielsweise unter Bedachtnahme auf das Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen – "voraussehbarerweise extrem unzweckmäßiger war als eine andere denkbare Zusammenlegung oder Aufteilung oder auch das Belassen der Gemeinde" (vgl. VfSlg 13.543/1993).

2.5. Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung weiters ausgeführt, dass die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig ist. So gut wie niemals ist eine Situation so beschaffen, dass ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahme sprechen. Der Umstand alleine, dass eine Änderung der Gemeindestruktur auch Nachteile bewirkt, macht eine solche Maßnahme aber noch nicht unsachlich (so schon VfSlg 10.637/1985, 11.372/1987, 11.629/1988, 11.858/1988).

2.6. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen erweist sich das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde als unbegründet:

2.6.1. Bei der antragstellenden Gemeinde handelt es sich auf Grund der Bevölkerungszahl von 342 Einwohnern zum (Quelle: Statistik Austria, Statistik des Bevölkerungsstandes vom ) um eine Kleingemeinde, deren Vereinigung mit der – rund 8.540 Einwohner zählenden – Gemeinde Mürzzuschlag in der Regel sachlich ist (vgl. VfSlg 9793/1983, 9819/1983, 10.637/1985, 11.372/1987, 13.543/1993). Besondere Umstände, die trotz der geringen Einwohnerzahl für das eigenständige Bestehenbleiben der antragstellenden Gemeinde sprechen, liegen nicht vor.

2.6.2. Die Bevölkerungszahl der antragstellenden Gemeinde ist im Wesentlichen seit Jahrzehnten rückläufig und es ist ein weiterer Rückgang der Bevölkerungszahl prognostiziert. Angesichts dessen, dass auch für die Gemeinde Mürzzuschlag ein (weiterer) Bevölkerungsverlust prognostiziert ist, konnte der Landesgesetzgeber davon ausgehen, dass die "neue Gemeinde besser in der Lage [ist], auf Herausforderungen der Bevölkerungsentwicklung […] zu reagieren" (RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 27).

2.6.3. Das Gemeindegebiet der Gemeinde Ganz liegt nordwestlich und südöstlich der Gemeinde Mürzzuschlag; es besteht aus zwei weitläufigen, spärlich besiedelten und nicht zusammenhängenden – nur durch das Gemeindegebiet der Gemeinde Mürzzuschlag getrennten – Teilgebieten. Das Siedlungsgebiet ist zersplittert und besteht aus mehreren Siedlungseinheiten ohne Siedlungszentrum. Die antragstellende Gemeinde ist auf das Engste mit der Gemeinde Mürzzuschlag verbunden, weil dort bereits jetzt "alle zentralen Funktionen" angesiedelt sind.

Auf Grund der Bevölkerungsentwicklung und der örtlichen Situation ist der Auffassung der Stmk. Landesregierung zu folgen, dass durch die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mürzzuschlag insoweit ein "leistungsfähigeres Gemeinwesen als bisher entstehen wird". Ausweislich der Erläuterungen (RV 2347/1 BlgLT [Stmk.] 16. GP, 25) ist die Gemeinde Ganz mit "öffentlichen und privaten Gütern unterversorgt" und funktionell nach Mürzzuschlag ausgerichtet; so befinden sich das (Pflicht-)Schulangebot, private und öffentliche Versorgungseinrichtungen, Ärzte und sogar das Gemeindeamt der Gemeinde Ganz auf dem Gebiet der Gemeinde Mürzzuschlag. Gerade der Umstand, dass die Versorgung der Bürger zB mit öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen, der (Pflicht-)Schule und Ärzten in Mürzzuschlag erfolgt, belegt, dass die Bevölkerung der antragstellenden Gemeinde bereits jetzt in einem erheblichen Ausmaß zur angrenzenden (vgl. VfSlg 9814/1983, 12.397/1990) Gemeinde Mürzzuschlag hin ausgerichtet ist. Es ist daher die Auffassung der Stmk. Landesregierung, dass eine Vereinigung – der örtlich nicht zusammenhängenden Gebietsteile – der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mürzzuschlag sachlich ist, nachvollziehbar, weil durch die Gemeindevereinigung die Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen und privaten Gütern im Rahmen einer "nachhaltiger gestaltbaren und überörtlichen Raumplanung" optimiert werden kann.

2.6.4. Der Gesetzgeber ist auch nachvollziehbar davon ausgegangen, dass durch die Gemeindevereinigung eine Verbesserung der Finanz- und Haushaltsentwicklung erreicht werden kann. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die finanzielle Lage der Gemeinde grundsätzlich positiv ist und eine geordnete Haushaltsführung erfolgt, doch wird die Annahme der Stmk. Landesregierung, dass sich durch die Vereinigung der Gemeinden die finanzielle Lage insgesamt aber auch im Hinblick auf die Infrastruktur verbessern wird, durch die antragstellende Gemeinde insoferne bestätigt, als sie in einer (im Zuge der geplanten Gemeindestrukturreform abgegebenen) Stellungnahme vom Mai 2012 selbst davon ausgeht, dass das "weitläufige Straßennetz" der großflächigen Gemeindeteile eine "schwierige Rahmenbedingung" für die finanzielle Lage der Gemeinde darstellt. Dass nach Auffassung der Stmk. Landesregierung die Verkleinerung der politischen Vertretung und die Zusammenführung der bestehenden Gemeindeverwaltungen finanzielle Effekte im Bereich der Anschaffung von Ge- und Verbrauchsgütern, eine Verbesserung der finanziellen Gemeindestruktur und sohin einen optimalen Ressourceneinsatz erwarten lassen, ist ebenfalls nachvollziehbar.

2.6.5. Zum Vorbringen, dass die Bevölkerung gegen diese Maßnahme eingestellt sei, genügt es auf die zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein anhaltender Widerstand der Bevölkerung allenfalls ein Indiz für die Unsachlichkeit sein kann, für sich alleine jedoch noch keine Unsachlichkeit begründen kann (vgl. VfSlg 13.543/1993 mwN).

2.6.6. Die antragstellende Gemeinde vertritt die Auffassung, dass für die Zulässigkeit und Sachlichkeit einer Gemeindestrukturreform eine umfassende Grundlagenforschung und Begründung erforderlich sei, eine solche jedoch nicht vorgenommen worden sei.

Wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialen ergibt, ist dem StGsrG ein mehrjähriger Gemeindestrukturreformprozess vorangegangen, in dessen Rahmen die Grundlagen für die Veränderung der Gemeindestruktur in der Steiermark (u.a. durch wissenschaftliche Studien) ermittelt und die Gemeindevereinigungen in mehreren Phasen intensiv vorbereitet wurden; in der sogenannten Verhandlungsphase vom Februar 2012 bis September 2012 wurden die Vorstellungen des Landes und die Vorschläge der Gemeinden auch mit den betroffenen Gemeinden diskutiert und in der Entscheidungsphase vom Oktober 2012 bis Jänner 2013 wurden die Ergebnisse und Stellungnahmen aus der Vorschlags- und Verhandlungsphase ebenfalls mit Gemeindevertreter besprochen. Deshalb ist auch das Vorbringen der antragstellenden Gemeinde, dass sie in den Reformprozess nicht eingebunden gewesen sei, nicht zutreffend: So fand am ein solches Verhandlungsgespräch mit Vertretern der Gemeinde Mürzzuschlag, des Landes Steiermark und der Gemeinde Ganz statt und im Mai 2012 erstattete die Gemeinde Ganz eine Stellungnahme.

Selbst wenn das StGsrG ohne vorangegangene Grundlagenforschung oder ohne Begründung erlassen worden wäre, begründete dies noch keine Unsachlichkeit des Gesetzes, solange die mit diesem Gesetz erfolgte Vereinigung der Gemein-den im Ergebnis sachlich gerechtfertigt ist.

2.7. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Landesgesetzgeber begründet annehmen konnte, dass durch die Vereinigung der antragstellenden Gemeinde mit der Gemeinde Mürzzuschlag insgesamt eine Verbesserung der Gemeindestruktur erwarten werden kann. Der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Gemeinde Ganz mit der Gemeinde Mürzzuschlag zu vereinigen, wurde nicht überschritten. Die von der antragstellenden Gemeinde vorgebrachten Bedenken haben sich nicht als zutreffend erwiesen.

2.8. Soweit die antragstellende Gemeinde im Lichte des demokratischen und des rechtsstaatlichen Prinzips und des Rechtes aller Staatsbürger auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern sowie der Nichtbeachtung der Finanz- und Haushaltsentwicklung die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesstelle behauptet, ist für den Verfassungsgerichtshof zum einen nicht erkennbar, inwieweit durch eine Gemeindevereinigung diese Rechte verletzt werden sollen, und zum anderen wird auf die obenstehenden Ausführungen (vgl. III.2.6. ff.) verwiesen.

IV. Ergebnis

1. Der Antrag ist, soweit er sich gegen die Wortfolge "[d]ie Stadtgemeinde Mürzzuschlag mit der Gemeinde Ganz zur Stadtgemeinde Mürzzuschlag" in § 3 Abs 1 Z 5 StGsrG richtet, abzuweisen.

2. Im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2014:G40.2014