VfGH vom 09.10.2008, g39/08
Sammlungsnummer
18604
Leitsatz
Stattgabe eines Drittelantrags von Abgeordneten des Steiermärkischen Landtags auf Aufhebung von Bestimmungen des Steiermärkischen Feuerpolizeigesetzes 1985 betreffend Brandschutzmaßnahmen für bestehende Hochhäuser; Gleichheitswidrigkeit der Regelung wegen Ungleichbehandlung von überwiegend Wohnzwecken dienenden und anderen Hochhäusern; Abweisung des Drittelantrags hinsichtlich einer Novelle betreffend Aufhebung einer baugesetzlichen Vorschrift über Brandschutzmaßnahmen sowie hinsichtlich einer Übergangsbestimmung
Spruch
1. Im § 7 Abs 3a erster Satz des Steiermärkischen Feuerpolizeigesetzes 1985, LGBl. für die Steiermark Nr. 49 idF LGBl. für die Steiermark Nr. 6/2008, wird die Wendung ", überwiegend Wohnzwecken dienende", im § 7 Abs 3a zweiter Satz leg.cit. werden die Worte "vorstehend bezeichneten" und im § 7 Abs 3a letzter Satz leg.cit. wird das Wort "vorgenannte" als verfassungswidrig aufgehoben.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Landeshauptmann der Steiermark ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für die Steiermark verpflichtet.
2. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützten Antrag begehren
20 Abgeordnete zum Steiermärkischen Landtag,
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"- | die Z 2 des Artikels 1 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, LBGl. Nr. 6/2008, |
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- | den § 119e des Stmk. Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 idF LBGl. Nr. 6/2008, zur Gänze; in eventu |
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- | in § 119e Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 idF LBGl. Nr. 6/2008, die Wortfolge 'in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003' und |
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- | den § 7 Abs 3a des Stmk. Feuerpolizeigesetzes, LGBl. Nr. 78/2003 idF LBGl. Nr. 6/2008 zur Gänze" |
als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Die Rechtsentwicklung der angefochtenen Bestimmungen stellt sich wie folgt dar:
2.1. Zum Gesetz vom , mit dem Bauvorschriften für das Land Steiermark erlassen werden (Steiermärkisches Baugesetz - in der Folge: Stmk. BauG), LGBl. 59:
Durch die Novelle LGBl. 61/1976 wurde in der Steiermärkischen Bauordnung 1968 folgender § 50a eingefügt:
"§50 a Bestehende Hochhäuser
Sind bei bestehenden Hochhäusern die für die Sicherheit oder Gesundheit der Bewohner getroffenen Vorkehrungen unzulänglich oder reichen sie im Hinblick auf den Stand der Technik und die technische Entwicklung nicht mehr aus, so kann die Baubehörde dem Eigentümer auftragen, daß bestehende, begonnene oder bewilligte bauliche Anlagen in einem im Verhältnis zum Wert des Hochhauses zumutbaren Umfang und gegebenenfalls schrittweise den für Hochhäuser geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes angepaßt werden."
Diese Bestimmung wurde durch § 103 Stmk. BauG, LGBl. 59/1995 ersetzt, der wie folgt lautete:
"§103
Bestehende Hochhäuser
Sind bei bestehenden Hochhäusern die für die Sicherheit oder Gesundheit der Bewohner getroffenen Vorkehrungen unzulänglich oder reichen sie im Hinblick auf die Regeln der Technik und die technische Entwicklung nicht mehr aus, so kann die Baubehörde dem Eigentümer auftragen, daß bestehende, begonnene oder bewilligte bauliche Anlagen in einem im Verhältnis zum Wert des Hochhauses zumutbaren Umfang und gegebenenfalls den für Hochhäuser geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes angepaßt werden."
Durch Art 1 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, LGBl. 6/2008, wurde das Stmk. BauG wie folgt geändert:
"1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt geändert:
a) Der Eintrag zu § 103 lautet '(entfallen)'.
b) Nach dem Eintrag '§119 Übergangsbestimmungen' werden folgende Zeilen eingefügt:
'§119a Übergangsbestimmung zu LGBl. Nr. 50/2001
§ 119b Übergangsbestimmung zu LGBl. Nr. 73/2001 § 119c Übergangsbestimmung zu LGBl. Nr. 33/2002 § 119d Übergangsbestimmung zu LGBl. Nr. 78/2003 § 119e Übergangsbestimmung zu LGBl. Nr. 6/2008'
c) Nach dem Eintrag '§120 Inkrafttreten' wird die Zeile '§120a Inkrafttreten von Novellen' eingefügt.
2. § 103 entfällt.
3. Nach § 119d wird folgender § 119e eingefügt:
'§119e
Übergangsbestimmung zur Novelle LGBl. Nr. 6/2008
Nach § 103 in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 ergangene Bescheide sind von Amts wegen an die durch die Novelle LGBl. Nr. 6/2008 geänderte Rechtslage anzupassen.'
4. Dem § 120a Abs 5 wird folgender Abs 6 angefügt:
'(6) Die Änderung des Inhaltsverzeichnisses sowie der Entfall des § 103 und die Einfügung des § 119e durch die Novelle LGBl. Nr. 6/2008 treten mit dem der Kundmachung folgenden Monatsersten, das ist der , in Kraft.'"
2.2. Zum Gesetz vom , mit dem feuerpolizeiliche Vorschriften erlassen werden (Steiermärkisches Feuerpolizeigesetz 1985 - in der Folge: Stmk. FeuerpolizeiG 1985), LGBl. 49:
§ 7 Stmk. FeuerpolizeiG 1985, LGBl. 49, lautete:
"§7
Verpflichtung zur Anschaffung von nichtöffentlichen Brandmelde- und
Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmitteln und
Löschwasserbezugsstellen
(1) Die Behörde hat dem Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten bei einer Bewilligung einer baulichen Anlage gemäß § 62 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 die Bereitstellung oder Errichtung von geeigneten Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmitteln sowie Löschwasserbezugsstellen - soferne die vorhandenen öffentlichen Löschwasserbezugsstellen nicht ausreichend sind - mit Bescheid aufzutragen, wenn dies wegen der Lage, der Beschaffenheit oder des Verwendungszweckes der baulichen Anlage im Interesse der Brandsicherheit erforderlich ist.
(2) Die Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmittel und Löschwasserbezugsstellen nach Abs 1 müssen dem Stand der Technik entsprechen.
(3) Bei bestehenden baulichen Anlagen hat die Behörde dem Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten die Bereitstellung oder Errichtung von geeigneten Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmitteln und Löschwasserbezugsstellen mit schriftlichem Bescheid aufzutragen, wenn dies offenkundig wegen der besonderen Beschaffenheit oder des besonderen Verwendungszweckes der baulichen Anlage, unter Bedachtnahme auf die baulichen Gegebenheiten, im Interesse der Brandsicherheit erforderlich und wirtschaftlich zumutbar ist.
(4) Die Landesregierung kann durch Verordnung nähere Bestimmungen zu Abs 1, 2 und 3 erlassen."
Durch das Gesetz vom , mit dem Bauvorschriften für das Land Steiermark erlassen werden (Steiermärkisches Baugesetz) und das Raumordnungsgesetz, das Kanalgesetz, das Aufzugsgesetz, das Feuerpolizeigesetz, das Gasgesetz, das Ortsbildgesetz, das Grazer Altstadterhaltungsgesetz und das Statut der Landeshauptstadt Graz geändert werden, LGBl. 59, wurde im § 7 Abs 1 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 die Wortfolge "§62 der Steiermärkischen Bauordnung 1968" durch die Wortfolge "§29 des Steiermärkischen Baugesetzes" ersetzt.
Durch Art 2 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, LGBl. 6/2008, wurde das Stmk. FeuerpolizeiG 1985 wie folgt geändert:
"1. Nach § 7 Abs 3 wird folgender Abs 3a eingefügt:
'(3a) Abs 3 ist auf bestehende, überwiegend Wohnzwecken dienende Hochhäuser nicht anzuwenden, soweit hinsichtlich ihrer der Benützungsbewilligung zugrunde gelegten und weiterer vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 6/2008 installierten technischen Brandschutzeinrichtungen die Funktionstüchtigkeit gewährleistet ist. Die Behörde kann über die in vorstehend bezeichneten Hochhäusern zum genannten Zeitpunkt vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen hinaus nach Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 6/2008 nachstehende Einrichtungen, soweit nicht ohnehin vorhanden, zusätzlich vorschreiben:
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1. | Trockensteigleitung, | |||||||||
2. | Druckknopfbrandmeldeanlage und Alarmeinrichtung, | |||||||||
3. | tragbare Feuerlöscher, | |||||||||
4. | Brandschutztüren zwischen Erdgeschoß und Keller sowie | |||||||||
5. | brandhemmende Türen zu den Wohnungen. |
Eine nicht mehr funktionstüchtige Einrichtung dieser Art ist durch eine dem Sicherheitsstandard zur Zeit der Benützungsbewilligung entsprechende Anlage zu ersetzen. Allfällige nach § 7 Abs 3 mit Bezug auf vorgenannte Hochhäuser ergangene Bescheide sind von Amts wegen an die geänderte Rechtslage anzupassen.'
3. [richtig wohl: 2.] § 7 Abs 4 lautet:
'(4) Die Landesregierung kann durch Verordnung nähere Bestimmungen zu Abs 1, 2, 3 und 3a erlassen.'
3. Dem § 32 Abs 3 [mit der Überschrift: Inkrafttreten von Novellen] wird folgender Abs 4 angefügt:
'(4) Die Einfügung des § 7 Abs 3a und die Änderung des § 7 Abs 4 durch die Novelle LGBl. Nr. 6/2008 treten mit dem der Kundmachung folgenden Monatsersten, das ist der , in Kraft.'"
3. Zu dem wiedergegebenen Gesetzesbeschluss führten folgende Umstände:
3.1. Am beschloss der Steiermärkische Landtag:
"Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert, die Bestimmungen des Bau- und des Feuerpolizeigesetzes betreffend Brandschutzbestimmungen in bestehenden Hochhäusern dergestalt zu ändern und dem Landtag vorzulegen bzw. mittels Verordnung oder Durchführungsrichtlinien zu präzisieren, dass unverhältnismäßige und in ihrer Wirksamkeit umstrittene technische Brandschutzvorschreibungen zukünftig unterbleiben können."
Der selbstständige Antrag ist wie folgt begründet:
"Durch den sehr offen formulierten § 103 Baugesetz kommt es bei der Interpretation desselben in der Steiermark einerseits zu einer uneinheitlichen Auslegung und andererseits in Graz zu weit überzogenen Forderungen der Feuerpolizei betreffend Brandschutzmaßnahmen in bestehenden Hochhäusern, welche für die Eigentümer mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sind.
In Reaktion auf diese Vorgehensweise der Feuerpolizei der Stadt Graz kam es bereits zur Gründung einer Hochhaus-Initiative und einer auf deren Betreiben verabschiedeten Petition des Grazer Gemeinderates, der sich inhaltlich den Forderungen der Initiative anschloss.
Abgesehen davon, dass der Leiter der Feuerpolizei Graz nach Auskunft von Vertretern der Hochhaus-Initiative das Gespräch verweigert und es bislang nicht gelungen ist, die technisch versierten Vertreter der Hochhaus-Initiative von der technischen Notwendigkeit der nunmehr vorgeschriebenen Brandschutzmaßnahmen zu überzeugen, sollte das Bedürfnis nach Sicherheit in einem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten stehen, wie dies im übrigen von der Feuerpolizei in anderen steirischen Städten selbstverständlich gehandhabt wird.
Da es aber für die Feuerpolizei Graz offensichtlich nicht selbstverständlich ist, ihre durch das Gesetz eingeräumte Freiheit verantwortungsvoll und kostenbewusst wahrzunehmen, ist der Landesgesetzgeber aufgefordert, die einschlägigen Gesetzesbestimmungen zu präzisieren bzw. mittels klärender Verordnung die Auslegung dieser Bestimmungen steiermarkweit zu vereinheitlichen."
3.2. Die Steiermärkische Landesregierung legte dem Landtag einen Bericht vor, in dem sie die Meinung vertrat, dem Landtagsbeschluss werde auch "durch alleinige Erlassung von Durchführungsrichtlinien (Erlass an alle Gemeinden)" entsprochen. Sie berichtete dem Landtag über die Ergebnisse der Beratungen einer Expertengruppe und schloss ihrem Bericht einen Anhang mit Technischen Leistungsanforderungen betreffend Brandschutzmaßnahmen für bestehende Hochhäuser basierend auf § 103 Stmk. BauG sowie den Entwurf eines Erlasses an den Magistrat Graz und an alle Gemeinden betreffend den Vollzug des § 103 Stmk. BauG an.
3.3. Der Ausschuss für Gemeinden des Steiermärkischen Landtages hat in seinen Sitzungen vom und die Stellungnahme der Landesregierung beraten und hat bei der Abstimmung am die "Regierungsvorlage" mehrheitlich abgelehnt.
3.4. In seinem gemäß § 22 der Geschäftsordnung des Steiermärkischen Landtages 2005 (Stmk. GeoLT 2005), LGBl. 82 idF LGBl. 110/2006, gefassten selbstständigen Antrag berichtete der Ausschuss für Gemeinden, dass der vom Ausschuss für Petitionen eingesetzte Unterausschuss "Brandschutz bei Hochhäusern" in seiner Sitzung am den Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, beschlossen hat. "Der beiliegende Gesetzentwurf" entspreche "dem Mehrheitswillen des Unterausschusses". In seinem schriftlichen Bericht stellte der Ausschuss für Gemeinden an den Landtag den Antrag, die Änderung des Stmk. BauG und des Stmk. FeuerpolizeiG 1985 im Sinne des beigeschlossenen Gesetzentwurfes zu beschließen.
Zur Begründung des Gesetzentwurfes führte der Ausschuss aus:
"Der vorliegende Entwurf soll die bestehende und vielfach kritisierte Überregulierung auf dem Gebiet des Brandschutzes bei Hochhäusern und die hohe finanzielle Belastung der HochhausbewohnerInnen durch Anpassungen der Häuser an den neuesten brandschutztechnischen Stand beenden. Gleichzeitig wird damit die steirische Rechtslage an die Situation in den anderen Bundesländern angeglichen.
Zu diesem Zweck wird § 103 Stmk. BauG aufgehoben. Allfällig nach § 103 BauG ergangene Bescheide sind von Amts wegen aufzuheben.
Weiters wird § 7 Abs 3a Stmk. Feuerpolizeigesetz eingefügt. § 7 Abs 3 Feuerpolizeigesetz soll auf überwiegend Wohnzwecken dienende Hochhäuser, die bereits über Brandschutzeinrichtungen, die dem Sicherheitsstandard zum Bewilligungszeitpunkt entsprechen bzw. über andere vor Inkrafttreten der Novelle installierte technischen Brandschutzeinrichtungen verfügen, nicht angewendet werden, sofern deren Funktionstüchtigkeit gewährleistet ist. Gleichzeitig wird der Behörde die Möglichkeit eingeräumt, gewisse zusätzliche Brandschutzeinrichtungen nachträglich vorzuschreiben.
Nicht mehr funktionstüchtige Anlagen sind jedenfalls zu ersetzen. Die gewählte Formulierung soll verhindern, dass den Bewohnern die Anschaffung eines, zwar dem allerneuesten technischen Entwicklungsstand entsprechenden aber preislich unerschwinglichen, Ersatzgerätes aufgetragen wird.
Durch die Stichtagsregelung werden die Behörden von zahlreichen Berufungsverfahren entlastet (ca. 100 Berufungen bei der Baubehörde). Mit dem rückwirkenden Datum wird ausgeschlossen, dass sofort neue Vorschreibungen ergehen und so verhindert, dass über die bestehenden und die nach § 7 Abs 3a vorschreibbaren Anlagen hinaus weitere Anlagen vorgeschrieben werden können.
Allfällig nach § 7 Abs 3 Feuerpolizeigesetz für Hochhäuser ergangene Bescheide sind amtswegig aufzuheben.
Mit der Regelung, dass allfällig nach § 103 Stmk. Baugesetz und § 7 Abs 3 Stmk. Feuerpolizeigesetz mit Bezug auf die genannten Hochhäuser ergangene Bescheide von Amts wegen an die geänderte Rechtlage anzupassen sind, wird einerseits den Rechtsschutzbedürfnissen der Wohnungseigentümer in den genannten Hochhäusern entsprochen und andererseits eine klare Regelung geschaffen, welche auch die Vorschriften des § 68 AVG konkretisiert. Die Regelung verhindert zahlreiche Einzelverfahren aufgrund der neuen Rechtslage und führt damit ebenfalls zu einer Entlastung der Behörden."
3.5. In seiner Sitzung vom beschloss der Landtag die oben dargestellte Änderung des Stmk. BauG und des Stmk. FeuerpolizeiG 1985.
4. Die Antragsteller hegen gegen die angefochtenen
Bestimmungen folgende Bedenken:
4.1. Zur Verfassungswidrigkeit des § 7 Abs 3a
Stmk. FeuerpolizeiG 1985:
Gemäß § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985, LGBl. 49 idgF, sind auf bestehende, überwiegend Wohnzwecken dienende Hochhäuser nachträgliche Vorschreibungen nach § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 - mit Ausnahmen - nicht mehr zulässig. Diese Bestimmung sei aus folgenden Gründen verfassungswidrig:
4.1.1. Verstoß gegen das Determinierungsgebot:
Der Verfassungsgerichtshof habe in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe nur dann mit Art 18 B-VG vereinbar sei, wenn die Begriffe einen soweit bestimmbaren Inhalt hätten, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten könne und die Anwendung der Begriffe durch die Behörde auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz überprüft werden könne (zB VfSlg. 6477/1971 mwN; VfSlg. 11.776/1988). Er habe auch die Auffassung vertreten, dass angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein könnten, ganz allgemein davon auszugehen sei, dass Art 18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlange (VfSlg. 13.785/1994, 16.993/2003).
§ 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 normiere, dass bestimmte "Hochhäuser" vom Anwendungsbereich des § 7 Abs 3 leg.cit. ausgenommen werden sollten. § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 enthalte jedoch keine Definition des Begriffs "Hochhauses". Ohne eine Erläuterung des Begriffs "Hochhauses" könne der Verfassungsgerichtshof aber nicht überprüfen, ob die Behörden § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 richtig anwenden würden. Der Gesetzgeber gebe nicht den geringsten Anhaltspunkt, welche baulichen Anlagen als "Hochhäuser" zu verstehen seien, ob also beispielsweise bei einem "Hochhaus" auf die Höhe des Hauses oder auf die Anzahl der Stockwerke abzustellen sei. § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 enthalte keinen Verweis auf eine andere landesgesetzliche Bestimmung, mit der der Begriff "Hochhaus" determiniert werde. Ein solcher Verweis sei zwar in § 9 Abs 6 litf Stmk. FeuerpolizeiG 1985 enthalten, doch stehe diese Bestimmung in keinem Zusammenhang mit den in § 7 Abs 3 leg.cit. geregelten Maßnahmen (§7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 sei im Abschnitt II "Vorkehrungen für die Brandbekämpfung" und § 9 Abs 6 litf Stmk. FeuerpolizeiG 1985 sei im Abschnitt IV "Feuerbeschau" geregelt). Der Gesetzgeber habe daher schon aus diesem Grund das Determinierungsgebot des Art 18 B-VG verletzt.
Ein Verstoß gegen das Determinierungsgebot liege aber auch deshalb vor, weil der Gesetzgeber nicht darlege, wann ein Hochhaus "überwiegend Wohnzwecken" diene. Der Beurteilungsmaßstab bleibe bei dieser Bestimmung völlig im Dunkeln. Es sei nicht ersichtlich, ob auf die Anzahl der Bewohner oder auf die Anzahl der Wohnungen oder auf die Anzahl der Fläche, die als Wohnung gewidmet sei oder vielleicht sogar nur auf die Dauer des Aufenthaltes (zB keine Anwendung des § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 nur bei Hochhäusern mit Ferienwohnungen) abzustellen sei und ob mit "überwiegend" eine einfache oder qualifizierte Mehrheit gemeint sei. Anzumerken sei in diesem Zusammenhang aber auch, dass das Stmk. BauG sowohl den Begriff "Wohnung" (§4 Z 60 Stmk. BauG) als auch den Begriff "Wohnraum" (§4 Z 59 Stmk. BauG) kennt und Letzterer als "Aufenthaltsräume in Wohnungen" definiert werde. Aufenthaltsräume seien nach § 4 Z 4 Stmk. BauG Räume, die zum ständigen oder längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt seien, also beispielsweise auch Arbeits- und Büroräume. Sohin sei auch unklar, ob beim "überwiegenden Wohnzweck" Arbeits- und Büroräume mit zu berücksichtigen seien.
4.1.2. Verstoß gegen den Gleichheitssatz:
Die Bestimmung des § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 räume der Behörde die Möglichkeit ein, im Interesse der Brandsicherheit, dem Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten einer baulichen Anlage bestimmte, im Gesetz genau definierte Brandschutzmaßnahmen mit schriftlichem Bescheid aufzutragen. Die Behörde sei dazu nur dann berechtigt, wenn offenkundig wegen der besonderen Beschaffenheit oder des besonderen Verwendungszweckes der baulichen Anlage die Vorschreibung unter Bedachtnahme der baulichen Gegebenheiten erforderlich und wirtschaftlich zumutbar sei.
Der Verwaltungsgerichtshof habe sich in zahlreichen Erkenntnissen mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt und festgehalten, dass die Bestimmung die Behörde ermächtige, Maßnahmen aufzutragen, die eine Brandkatastrophe hintanhalten und somit dem Schutz von Leib und Leben der Bewohner des Gebäudes, aber auch dem Schutz des Gebäudes als Ganzem dienen sollten (zB ). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes () enthalte das Gesetz auch ausdrücklich die in der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts für hoheitliche Eingriffe im allgemeinen entwickelte Voraussetzung der Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, da die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einer Maßnahme als Ausprägung dieses Verhältnismäßigkeitsprinzips verstanden werden könne (Hinweis VfSlg. 5923/1969, 13.587/1993, und V148/94 sowie ).
Der einfache Gesetzgeber könne grundsätzlich frei bestimmen, welche Ziele er als öffentliche Anliegen aufgreife, und er habe in diesem Zusammenhang auch über die Zweckmäßigkeit und Sachlichkeit der getroffenen Regelungen zu entscheiden. Doch normierten Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG einen allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, wonach ohne irgendwelche sachlichen Einschränkungen jedes staatliche Handeln den Maximen der Gleichbehandlung und Sachlichkeit unterworfen sei. Danach dürfe der Gesetzgeber nicht in unsachlicher Weise differenzieren und müsse Rechtsfolgen in gleicher Weise ausgestalten, wenn es sich um "gleiche" (vergleichbare) Sachverhalte handle.
§ 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 unterscheide bei der Anwendung des § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 zwischen Hochhäusern, die überwiegend Wohnzwecken dienten und Hochhäusern, die nicht überwiegend Wohnzwecken dienten. Bei Hochhäusern, die nicht überwiegend Wohnzwecken dienten, sollten Maßnahmen, die im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Brandkatastrophe hintanhalten sollten und somit dem Schutz von Leib und Leben der Benützer des Gebäudes, aber auch dem Schutz des Gebäudes als Ganzem dienten, nicht genauso zulässig sein, wie bei Hochhäusern, die überwiegend Wohnzwecken dienten.
Für diese Ungleichbehandlung fehle jegliche sachliche Rechtfertigung. Auch in Hochhäusern, die nicht überwiegend Wohnzwecken dienten, hielten sich Bewohner auf, die dort ständig wohnten und daher schutzbedürftig seien. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, dass diese Menschen einem schlechteren Schutz ausgesetzt seien, nur weil das Hochhaus "nicht überwiegend" zu Wohnzwecken genützt werde.
Es sei sachlich auch nicht zu rechtfertigen, dass Hochhauseigentümer, die durch die Vermietung von Wohnungen Miete einnehmen würden, willkürlich gerade soviel Wohnungen vermieten könnten, dass der Schutz des § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 nicht gegeben sei. Sohin führe die Regelung dazu, dass der Schutz von Leib und Leben aber auch des Eigentums von Mietern den ökonomischen Interessen der Hauseigentümer weichen müsse.
Sachlich gerechtfertigt sei die Ungleichbehandlung auch nicht auf Grund der Erwägungsgründe, die den Gesetzgeber zur Erlassung des § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 veranlasst hätten. Aus der "Einl.Zahl 354/1" der XV. Gesetzgebungsperiode des Steiermärkischen Landtags sei zu entnehmen, dass die Novelle LGBl. 6/2008 eine aus rechtsstaatlicher Sicht grundsätzlich verpönte Anlassgesetzgebung darstelle. Denn Beweggrund für die Novelle des Stmk. FeuerpolizeiG 1985 und des Stmk. BauG sei der Vorwurf von Vertretern einer "Hochhaus-Initiative" gewesen, dass der Leiter der Feuerpolizei-Graz die geltenden Gesetzesbestimmungen nicht "kostenbewusst" anwende. Abgesehen davon, dass das Gewinnmaximierungsstreben von Hauseigentümern keine sachliche Rechtfertigung für eine Verschlechterung des Schutzes von Leib und Leben sowie des Eigentums von Mietern darstellen könne, sei darauf zu verweisen, dass bereits § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 ausdrücklich die wirtschaftliche Zumutbarkeit der zu treffenden Maßnahmen verlange und daher den Hauseigentümern die Möglichkeit offen stehe, die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen beim Verwaltungsgerichtshof überprüfen zu lassen. Der Verwaltungsgerichtshof habe schon mehrfach über die Anwendung des § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 erkannt, jedoch den Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit stets als unbegründet abgewiesen (; ; ; ; ).
Die Bestimmung gefährde aber nicht nur die in Hochhäusern aufhältigen Menschen, sondern auch die Angehörigen der Feuerwehren. Zwar habe § 103 Stmk. BauG teilweise - systemwidrig, weil nicht dorthin gehörend - Eingang in § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 gefunden, so dass Brandschutztüren zwischen Erdgeschoß und Keller sowie brandhemmende Türen zu den Wohnungen vorgeschrieben werden könnten, doch seien diese Vorschreibungen nicht geeignet, eine Ausbildung des Treppenhauses als eigenen Brandabschnitt zu ersetzen, da zum Beispiel die brandbeständige Abschottung von Schächten, Kabelkanälen u. dgl. nicht vorgeschrieben werden könne. Damit sei wiederum die möglichst gefahrfreie Flucht der Menschen im Brandfall gefährdet. Dazu komme, dass durch die Aufhebung des § 103 Stmk. BauG keine Überdruckbelüftungsanlage und keine brandfallgesteuerte Brandmeldeanlage mehr vorgeschrieben werden könne, womit die Rauchfreihaltung des Treppenhauses insgesamt nicht gewährleistet sei.
4.2. Zur Verfassungswidrigkeit des Art 1 Z 2 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden (LGBl. 6/2008):
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes habe es sich bei der Regelung des § 103 Stmk. BauG um eine sogenannte unechte "Kann-Bestimmung" gehandelt. Die Behörde sei verpflichtet gewesen, wenn sie festgestellt habe, dass die bei bestehenden Hochhäusern für die Sicherheit oder Gesundheit der Bewohner getroffenen Vorkehrungen unzulänglich seien oder nach den Regeln der Technik und der technischen Entwicklung nicht mehr ausreichten, in Form eines baupolizeilichen Auftrages gemäß § 39 Stmk. BauG entsprechende Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Bewohner eines Hochhauses anzuordnen ().
Die Aufhebung des § 103 Stmk. BauG durch Art 1 Z 2 der Novelle LGBl. 6/2008 sei aus folgenden Gründen verfassungswidrig:
Zunächst liege wieder ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, weil das Gesetz ohne sachliche Rechtfertigung eine Ungleichbehandlung vorsehe. Durch die Aufhebung des § 103 Stmk. BauG würden alle Bescheidempfänger, die in rechtswidriger Weise vorgeschriebene Maßnahmen der Behörde noch nicht umgesetzt hätten, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wären, im Vergleich zu denen, die die Bescheide in rechtskonformer Weise erfüllt hätten, begünstigt. Dies führe zu einer sachlich nicht rechtfertigbaren Begünstigung von "Rechtsverweigerern". Bereits aus diesem Grund müsste Art 1 Z 2 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, wegen des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufgehoben werden.
Der Verfassungsgerichtshof habe aus dem Gleichheitsgrundsatz aber auch ein allgemeines und umfassendes verfassungsrechtliches Sachlichkeitsgebot abgeleitet, dem jedes Staatshandeln entsprechen müsse, auch wenn es gar nicht mehr um einen Vergleich unterschiedlicher Regelungen gehe (VfSlg. 13.781/1994). Für den Entfall des § 103 Stmk. BauG gebe es aus denselben wie bereits beim § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 angeführten Gründen keine sachliche Rechtfertigung. Der Verwaltungsgerichtshof habe in allen bisher ergangenen Erkenntnissen zu § 103 Stmk. BauG den Aspekt der Zumutbarkeit eingehend geprüft und den Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit "zurückgewiesen" (zB ; [vermutlich:] 2004/06/0021). Es sei unsachlich, eine große Anzahl von Menschen, die sich in Hochhäusern aufhielten, und die Angehörigen von Feuerwehrkräften wegen Gewinnmaximierungsbestrebungen weniger Eigentümer in ihrem Schutz bei Brandfällen einzuschränken. In diesem Zusammenhang sei auf die Ausführungen der technischen Experten in der "Regierungsvorlage" der Steiermärkischen Landesregierung zu verweisen:
"Aus Sicht der brandschutztechnischen Experten ist festzuhalten, dass diese Anforderungen, die das vorrangige Ziel verfolgen, im Gefahrenfall Menschen zu ermöglichen sich selbst zu retten oder gerettet zu werden, nicht überzogen sind, sondern sich am derzeitigen Stand der Technik (das sind Normen und andere technische Regelwerke) orientieren. Im Bewusstsein der nicht unbeträchtlichen Kosten, die eine gänzliche Anpassung an den Stand der Technik, soweit dies rechtlich zulässig ist, mit sich bringen würde, werden auf Ebene der brandschutztechnischen Beurteilung oftmals Maßnahmen gesetzt, die lediglich einen Teil jetziger Standards bei brandschutztechnischen Maßnahmen in Hochhäusern berücksichtigen und dennoch dem vorrangigen Schutzziel der Rettung von Menschenleben gerade noch gerecht werden."
Aus Sicht der Experten seien die auf Basis von § 103 Stmk. BauG (und § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985) unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit angeordneten Maßnahmen "gerade noch gerecht", um im Gefahrenfall zu ermöglichen, dass sich Menschen retten oder gerettet würden. Der Entfall des § 103 Stmk. BauG widerspreche daher dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot.
4.3. Zur Verfassungswidrigkeit des § 119e Stmk. BauG:
Nach der Übergangsbestimmung des § 119e Stmk. BauG seien nach § 103 leg.cit. in der Fassung LGBl. 78/2003 ergangene Bescheide von Amts wegen an die durch die Novelle LGBl. 6/2008 geänderte Rechtslage anzupassen.
Aus der Wortfolge "in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003" gehe unmissverständlich hervor, dass der Gesetzgeber nur solche Bescheide nach § 103 Stmk. BauG von der Übergangsregel umfasst wissen habe wollen, die nach dem In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. 78/2003 ergangen seien. Sohin seien alle Bescheide, die vor dem In-Kraft-Treten dieser Novelle - das sei der gewesen - erlassen worden seien, nicht anpassungspflichtig.
Für die Einführung des Stichtages gebe es keine sachliche Rechtfertigung. Die Novelle LGBl. 78/2003 stehe in keinem erkennbaren Zusammenhang zu der Bestimmung des § 103 Stmk. BauG. Ohne ersichtlichen Grund würden Bescheidempfänger vor dem In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. 78/2003 gegenüber Bescheidempfängern nach dem In-Kraft-Treten der genannten Novelle benachteiligt. Nur Letztere kämen zu dem ungerechtfertigten Vorteil, behördliche Maßnahmen nicht mehr umsetzen zu müssen, obwohl sie ursprünglich dazu verpflichtet gewesen wären.
Auch bei Stichtagen habe der Gesetzgeber aber "Gleiches gleich und Ungleiches ungleich" zu behandeln (zB ). Wenn schon der Gesetzgeber "Rechtsverweigerer" gegenüber sich rechtskonform verhaltenden Normunterworfenen bevorzugen wolle, dann müsse er hiebei alle in Betracht kommenden Personen gleich behandeln. Indem der Gesetzgeber aber bei der Anordnung zur amtswegigen Anpassung von Bescheiden nach § 103 Stmk. BauG ohne sachlichen Grund zwischen Bescheiden vor und nach dem In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. 78/2003 unterscheide, habe er den Gleichheitsgrundsatz verletzt.
5. Die Steiermärkische Landesregierung beschloss am , von einer Äußerung an den Verfassungsgerichtshof Abstand zu nehmen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit der Anträge:
Gemäß Art 140 Abs 1 B-VG kann durch Landesverfassungsgesetz bestimmt werden, dass ein Antragsrecht hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit von Landesgesetzen auch einem Drittel der Mitglieder des Landtages zusteht. Gemäß § 21b des Steiermärkischen Landes-Verfassungsgesetzes 1960 (Stmk. L-VG 1960), LGBl. 1/1960 idF LGBl. 44/2008, hat ein Drittel der Mitglieder des Landtages das Recht, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit eines Landesgesetzes zu stellen.
Gemäß § 8 Abs 1 Stmk. L-VG 1960 besteht der Landtag aus 56 Mitgliedern (Abgeordneten). Der oben wiedergegebene, von 20 Abgeordneten unterstützte Antrag erfüllt somit die Voraussetzungen des § 21b Stmk. L-VG 1960.
Mit dem ersten Antrag wird die Aufhebung der Z 2 des Artikels 1 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, LGBl. 6/2008, begehrt. Da im Falle der Aufhebung dieser Novellierungsanordnung (auf Aufhebung des § 103 Stmk. BauG) gemäß Art 140 Abs 6 B-VG - sofern das Erkenntnis nicht anderes ausspricht - § 103 des Stmk. BauG wieder in Kraft treten würde, wäre damit die von den Antragstellern behauptete Verfassungswidrigkeit beseitigt. Der Antrag auf Aufhebung der Z 2 des Artikels 1 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, LGBl. 6/2008, ist daher zulässig.
Da sich die Bedenken der Antragsteller im Hinblick auf das Gleichheitsgebot gegen die gesamte Regelung des § 119e Stmk. BauG richten, ist der Hauptantrag auf Aufhebung dieser Bestimmung zur Gänze zulässig.
Ebenso zulässig ist der Antrag auf Aufhebung des § 7 Abs 3a des Stmk. FeuerpolizeiG 1985, LGBl. 49 idF LGBl. 6/2008.
2. In der Sache:
2.1. Zu Art 1 Z 2 LGBl. 6/2008 (Aufhebung des § 103 Stmk. BauG):
Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, dass § 7 Abs 3 des Stmk. FeuerpolizeiG 1985 eine Rechtsgrundlage dafür bietet, bei bestehenden baulichen Anlagen dem Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten die Bereitstellung oder Errichtung von geeigneten Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmitteln und Löschwasserbezugsstellen mit schriftlichem Bescheid aufzutragen, wenn dies offenkundig wegen der besonderen Beschaffenheit oder des besonderen Verwendungszweckes der baulichen Anlage, unter Bedachtnahme auf die baulichen Gegebenheiten, im Interesse der Brandsicherheit erforderlich und wirtschaftlich zumutbar ist. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, dass die genannten Aufträge für besonders brandgefährdete bauliche Anlagen, wie Hochhäuser im Sinne des § 4 Z 36 Stmk. BauG, das sind Gebäude, bei denen der Fußboden von Aufenthaltsräumen mehr als 22,0 m über dem tiefsten Punkt des an das Gebäude anschließenden Geländes liegt, erteilt werden können (vgl. § 9 Abs 5 und 6 litf Stmk. FeuerpolizeiG 1985). Der durch die angefochtene Novelle aufgehobene § 103 Stmk. BauG bot eine - über die im § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 hinausgehende - Möglichkeit, bei bestehenden Hochhäusern zusätzliche bauliche Maßnahmen, wie zB die Ausbildung der Hauptstiegenhäuser und der Aufschließungsgänge als eigene Brandabschnitte, die brandbeständige Trennung der Kellergeschoße von den Stiegenhäusern oder die Ausstattung der Stiegenhäuser und Aufschließungsgänge mit einer Überdruckbelüftungsanlage vorzuschreiben.
Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass mit der Aufhebung des § 103 Stmk. BauG die genannten baulichen Maßnahmen bei bestehenden Häusern nicht mehr vorgeschrieben werden können. Der Verzicht auf die nachträgliche Vorschreibung bestimmter baulicher Maßnahmen bei bestehenden Hochhäusern bewirkt jedoch entgegen der Annahme der Antragsteller keine Gleichheitswidrigkeit der Aufhebung des § 103 Stmk. BauG, liegt es doch im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob und in welchem Ausmaß er bei bestehenden baulichen Anlagen nachträgliche brandschutztechnische Maßnahmen verlangt.
Der Antrag auf Aufhebung der Z 2 des Artikels 1 des Gesetzes vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz und das Steiermärkische Feuerpolizeigesetz 1985 geändert werden, LGBl. 6/2008, war daher abzuweisen.
2.2. Zu § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985:
Wie oben ausgeführt bietet § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 nur eine Rechtsgrundlage für die Vorschreibung der Bereitstellung oder Errichtung von geeigneten Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmitteln und Löschwasserbezugsstellen, nicht aber für die Vorschreibung von darüber hinausgehenden baulichen Maßnahmen, um bestehende Hochhäuser an den Stand der Brandschutztechnik anzupassen. § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 normiert einerseits, dass § 7 Abs 3 leg.cit. auf bestehende, überwiegend Wohnzwecken dienende Hochhäuser nicht anzuwenden ist, soweit hinsichtlich ihrer der Benützungsbewilligung zugrunde gelegten und weiterer vor dem In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. 6/2008 installierten technischen Brandschutzeinrichtungen die Funktionstüchtigkeit gewährleistet ist. Über die in diesen Hochhäusern vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen hinaus kann die Behörde aber nachstehende Einrichtungen zusätzlich vorschreiben:
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1. | Trockensteigleitung, | |||||||||
2. | Druckknopfbrandmeldeanlage und Alarmeinrichtung, | |||||||||
3. | tragbare Feuerlöscher, | |||||||||
4. | Brandschutztüren zwischen Erdgeschoß und Keller sowie | |||||||||
5. | brandhemmende Türen zu Wohnungen. |
Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, dass die in § 7 Abs 3a Z 4 und 5 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 genannten Einrichtungen gemäß § 7 Abs 3 leg.cit. nicht vorgeschrieben werden können, weil sie weder Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, noch Löschanlagen, Löschmittel oder Löschwasserbezugsstellen darstellen. Dem entspricht auch die von den Baubehörden vor dem In-Kraft-Treten der Novelle LGBl. 6/2008 geübte Praxis, den Einbau von Brandschutztüren (brandhemmende oder brandbeständige Türen gemäß der ÖNORM B 3850) auf
§103 Stmk. BauG zu stützen (vgl. und ).
§ 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 sieht daher für Hochhäuser, die überwiegend Wohnzwecken dienen, im Vergleich zu § 7 Abs 3 leg.cit. über Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmittel oder Löschwasserbezugsstellen hinausgehend die Vorschreibung baulicher Maßnahmen, nämlich von Brandschutztüren zwischen Erdgeschoß und Keller sowie brandhemmender Türen zu Wohnungen vor. § 7 Abs 3 Stmk. FeuerpolizeiG 1985 gilt auch für Hochhäuser, aber nur für solche, die nicht überwiegend Wohnzwecken dienen, sieht aber nur die Vorschreibung von Brandmelde- und Alarmeinrichtungen, Löschanlagen, Löschmitteln oder Löschwasserbezugsstellen vor, erlaubt hingegen nicht die Vorschreibung von Brandschutztüren zwischen Erdgeschoß und Keller sowie von brandhemmenden Türen zu Wohnungen. Beide Normen dienen dem Schutz der Personen, die sich in dem Hochhaus aufhalten und durch einen Brand gefährdet sind. Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen sachlichen Grund dafür, Hochhäuser, die überwiegend Wohnzwecken dienen, im Hinblick auf die vorzuschreibenden Brandschutzmaßnahmen anders zu behandeln als Hochhäuser, die zB überwiegend Bürozwecken dienen. Es lässt sich kein sachlicher Grund dafür finden, weshalb für die in Hochhäusern, die überwiegend anderen als Wohnzwecken dienen, benützten Wohnungen keine brandhemmenden Türen vorgeschrieben werden können. Auch die Vorschreibung von Brandschutztüren zwischen Erdgeschoß und Keller dient dem Schutz der in einem Hochhaus aufhältigen Menschen. Es widerspricht dem Gleichheitssatz, diesen Schutz nur jenen Menschen zukommen zu lassen, die sich in einem Hochhaus aufhalten, das überwiegend Wohnzwecken dient. Die Beschränkung der Regelung des § 7 Abs 3a Stmk. FeuerpolizeiG 1985 auf Hochhäuser, die überwiegend Wohnzwecken dienen, ist daher gleichheitswidrig.
Zur Beseitigung der aufgezeigten Verfassungswidrigkeit genügt es jedoch, im § 7 Abs 3a erster Satz des Stmk. FeuerpolizeiG 1985 die Wendung ", überwiegend Wohnzwecken dienende", im § 7 Abs 3a zweiter Satz leg.cit. die Worte "vorstehend bezeichneten" und im § 7 Abs 3a letzter Satz leg.cit. das Wort "vorgenannte" aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die unter dem Blickwinkel der mangelnden Determinierung vorgetragenen Bedenken einzugehen.
2.3. Zu § 119e Stmk. BauG:
Gemäß dieser Bestimmung sind nach § 103 Stmk. BauG in der Fassung LGBl. 78/2003 ergangene Bescheide von Amts wegen an die durch die Novelle LGBl. 6/2008 geänderte Rechtslage anzupassen.
Die Übergangsbestimmung des § 119e Stmk. BauG stellt auf Bescheide ab, die nach § 103 "in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003" ergangen sind. Dazu ist festzuhalten, dass mit dem Gesetz vom , mit dem das Steiermärkische Baugesetz geändert wird (Steiermärkische Baugesetznovelle 2003), LGBl. 78, § 103 leg.cit. keine Änderung erfuhr. Die Steiermärkische Baugesetznovelle 2003 trat gemäß § 120a Abs 5 leg.cit. mit in Kraft. Das Abstellen auf Bescheide, die nach § 103 Stmk. BauG "in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003" ergangen sind, bedeutet somit - da § 103 leg.cit. durch die Steiermärkische Baugesetznovelle 2003 nicht geändert wurde - das Abstellen auf einen Stichtag, nämlich den (vgl. auch die oben wiedergegebene Begründung des selbstständigen Ausschussantrages und die Ausführungen des Antrages).
Geht man davon aus, dass der Landesgesetzgeber mit der Novelle LGBl. 6/2008 eine seiner Ansicht nach überschießende Regelung (§103 Stmk. BauG) - zulässiger Weise (vgl. oben II.2.1.) - aufheben wollte, liegt es auch in seinem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, die Übergangsbestimmung des § 119e Stmk. BauG so zu fassen, dass auf diese aufgehobene Bestimmung gestützte Bescheide ab einem bestimmten Stichtag (hier: ) von Amts wegen an die durch die die Aufhebung und Ersatzregelung anordnende Novelle geänderte Rechtslage anzupassen sind.
Der Antrag auf Aufhebung des § 119e Stmk. BauG war daher abzuweisen.
3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes der Steiermark zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebungen und des damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Ausspruches erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 7 Stmk. KundmachungsG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.