VfGH vom 20.09.2012, G37/12 ua
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Leitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der vorgesehenen Mindestgeldstrafen für gewerbsmäßig Tätige bei bestimmten strafbaren Verstößen gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 2002; Hinweis auf Vorjudikatur
Spruch
Die Anträge werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Mit den zu G37/12, G38/12, G39/12, G40/12 und
G51/12 protokollierten Anträgen begehrt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (im Folgenden: UVS Vorarlberg), die Wortfolge "; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht", in eventu die Wortfolgen "von 730 €" und "; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht" in § 79 Abs 1 AWG 2002, BGBl. I 102/2002, idF BGBl. I 43/2007 (im Folgenden: AWG 2002), als verfassungswidrig aufzuheben.
In dem zu G50/12 protokollierten Antrag begehrt der UVS Vorarlberg - neben der Aufhebung der auch in den oben genannten Anträgen angefochtenen Gesetzesstellen -, in § 79 Abs 2 AWG 2002 die Wortfolge "; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht", in eventu die Wortfolgen "von 360 €" und "; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht" als verfassungswidrig aufzuheben (soweit in den Anträgen das Wort "Euro" verwendet wird, ist offensichtlich das in den angefochtenen Bestimmungen verwendete Währungszeichen "€" gemeint).
2. Den Anträgen liegen jeweils Berufungen gegen Straferkenntnisse des Bezirkshauptmanns von Dornbirn zu Grunde, mit denen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen gegen den Geschäftsführer eines Recycling-Betriebs ausgesprochen wurden. In den Anlassfällen der zu G37/12, G38/12, G39/12 und G40/12 protokollierten Anträge werden dem Berufungswerber jeweils Betriebstätigkeiten außerhalb der im Behandlungsanlagengenehmigungsbescheid festgelegten Betriebszeiten und damit die Verwaltungsübertretung des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 vorgeworfen; im Anlassfall des zu G50/12 protokollierten Antrags wird dem Berufungswerber vorgeworfen, durch die Nichteinhaltung mehrerer Auflagen im Anlagengenehmigungsbescheid Verwaltungsübertretungen gemäß § 79 Abs 1 Z 17 und § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 begangen zu haben; im Anlassfall zum Antrag zu G51/12 wird der Berufungswerber für die Nichteinhaltung von mehreren Auflagen im Anlagengenehmigungsbescheid und damit für die Übertretung des § 79 Abs 1 Z 17 AWG verantwortlich gemacht.
3. Gegen die genannten Bestimmungen hegt der UVS Vorarlberg nachstehende verfassungsrechtliche Bedenken:
3.1. In den zu G37/12, G38/12, G39/12 und G40/12 protokollierten Anträgen, denen Anlassfälle zugrunde liegen, in denen es jeweils um den Vorwurf der Verwaltungsübertretung gemäß § 79 Abs 1 Z 9 (iVm § 37 Abs 1) AWG 2002 geht, führt der UVS Vorarlberg nach Darlegung des Sachverhaltes gleichlautend Folgendes aus (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):
"II.
Präjudizialität
Im vorgenannten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen der angeführten Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe gemäß § 79 Abs 1 AWG 2002 verhängt. Nach dieser Bestimmung beträgt die Mindeststrafe für die gegenständliche Verwaltungsübertretung, weil die Gesellschaft gewerblich im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, 3.630 Euro.
Im Falle einer Aufhebung der angefochtenen
Wortfolge(n) wäre entweder die Mindeststrafe mit 730 Euro festgesetzt oder es wäre gar keine Mindeststrafe festgesetzt. In diesem Fall wäre eine deutlich geringere Geldstrafe zu verhängen. Es liegen im gegenständlichen Fall keine besonderen Gründe vor, welche die verhängte Geldstrafe bei einem Fehlen der angefochtenen Mindeststrafe rechtfertigen können.
Daraus ergibt sich, dass der Erfolg der Berufung
davon abhängt, ob die im obigen Antrag genannte Gesetzesstelle verfassungsmäßig ist oder nicht.
III.
Bedenken
§79 Abs 1 9 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002, idF BGBl I Nr 43/2007, lautet:
[...]
Die antragstellende Behörde geht davon aus, dass eine Ausdehnung der Betriebszeiten jedenfalls erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 43 normierten Schutzinteressen betreffend die Nachbarn haben kann.
Die im gegenständlichen Fall anzuwendende
Mindeststrafe in der Höhe von 3.630 Euro in § 79 Abs 1 AWG 2002 wurde vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl G197/04 ua, einer Überprüfung unterzogen. Der Verfassungsgerichtshof gelangte in diesem Erkenntnis zusammengefasst zum Ergebnis, dass dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Vorwurf zu machen sei, wenn er im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes aus generalpräventiven Gründen in § 79 Abs 1 AWG 2002 für verpöntes Verhalten beim gewerbsmäßigen Umgang mit gefährlichen Abfällen eine Mindeststrafe in der Höhe von 3.630 Euro normiere. Diese Strafdrohung sei in zweierlei Hinsicht klar begrenzt: Zum einen gelange sie - unter anderem unter dem Aspekt des Tatbestandes der Z 7 leg cit - ausschließlich für Delikte im Umgang mit gefährlichen Abfällen zur Anwendung; zum anderen generell nur in Bezug auf Personen, die gewerbsmäßig und damit auf Grund einer besonderen Qualifikation im Bereich der Abfallwirtschaft tätig seien und somit eine spezifische Verantwortlichkeit hätten; darüber hinaus verfolgten diese Personen mit der Tatbegehung in der Regel eigene wirtschaftliche Interessen. Insofern würde sich der vorliegende Fall signifikant von der dem Erkenntnis VfSlg 15.785/2000 zugrunde gelegten Konstellation unterscheiden. Durch die Bestimmung des § 79 AWG 2002 sei ein differenziertes System von Strafdrohungen geschaffen worden, um Verstößen gegen das AWG angesichts ihrer potentiellen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen der Gesundheit von Menschen und der Umwelt - unter Beachtung des vom Täter aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils - effektiv entgegenzuwirken.
Der gegenständliche Fall unterscheidet sich von dem Fall, der dem Erkenntnis vom zugrunde lag, wesentlich dadurch, dass die hier anzuwendende Z 9 des § 79 Abs 1 AWG 2002 nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand hat.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat es insbesondere für unzulässig angesehen, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist (VfSlg 9901/1983 zur Strafe des Verfalls), mit der Folge, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt (vgl ua).
Der Verfassungsgerichtshof hat außerdem
ausgesprochen, dass das Sachlichkeitsgebot auch den Fall verpöne, indem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg 12.151/1989). Dagegen sei es nicht unsachlich, wenn sich die Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiere (VfSlg 7967/1976), welcher nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, dass ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne.
Die oben wiedergegebenen Bestimmung des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 führt dazu, dass jede Änderung einer genehmigten Behandlungsanlage, welche eine Genehmigungspflicht nach § 37 Abs 1 iVm § 2 Abs 8 Z 3 AWG 2002 auslöst, mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht ist, wenn die entsprechende Änderungsgenehmigung nicht vorliegt. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derart hohe Mindeststrafdrohung ist für die antragstellende Behörde nicht erkennbar. Die Genehmigungspflicht der Änderung entsteht nämlich schon dann, wenn diese erhebliche nachteilige Auswirkungen haben kann. Dass sie dies tatsächlich hat, ist nicht erforderlich. In diesem Zusammenhang erscheint der antragstellenden Behörde auch beachtlich, dass derselbe Gesetzgeber in § 366 Abs 1 Z 3 der Gewerbeordnung 1994 lediglich eine Höchststrafe von bis zu 3.600 Euro vorsieht. Inwiefern sich der Unrechtsgehalt der Änderung einer Betriebsanlage ohne entsprechende Genehmigung - bei der der Betreiber zwangsläufig gewerbsmäßig tätig ist - vom Unrechtsgehalt der Änderung einer Behandlungsanlage ohne Genehmigung durch einen gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätigen unterscheidet, ist nicht erkennbar. Die Beeinträchtigung der Interessen des Nachbarschutzes ist in beiden Fällen als durchaus vergleichbar anzusehen."
3.2. In dem zu G50/12 anhängigen Antrag, in dessen Anlassverfahren dem Berufungswerber die Verwaltungsübertretungen des § 79 Abs 1 Z 17 und § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 zur Last gelegt werden, führt der UVS Vorarlberg - wie in den Anträgen zu G37/12, G38/12, G39/12 und G40/12 unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G197/04 (VfSlg. 17.719/2005) - seine Bedenken wie folgt aus:
"[...] Der gegenständliche Fall unterscheidet sich von dem Fall, der dem Erkenntnis vom zugrunde lag, wesentlich dadurch, dass die hier anzuwendende Z 17 des § 79 Abs 1 AWG 2002 bzw Z 11 des § 79 Abs 2 AWG 2002 nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand hat.
[ ]
Die oben wiedergegebene Bestimmung des § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 führt dazu, dass jeder Verstoß gegen eine nachträglich gemäß § 62 Abs 3 AWG 2002 vorgeschriebene Auflage mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht ist, wenn der Beschuldigte gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derart hohe Mindeststrafe ist für die antragstellende Behörde nicht erkennbar. Diese Mindeststrafe ist immer schon dann zu verhängen, wenn die Auflage nicht vollständig eingehalten wurde. Eine Strafbemessung unter Berücksichtigung des Grades der Verletzung der Interessen, die durch die Auflage geschützten sind, ist nur in einem deutlich eingeschränkten Ausmaß möglich. In diesem Zusammenhang erscheint der antragstellenden Behörde auch beachtlich, dass derselbe Gesetzgeber im § 367 Gewerbeordnung 1994 für das Nichteinhalten einer Auflage (Z25) lediglich eine Höchststrafe von bis zu 2.180 Euro vorsieht. Inwiefern sich der Unrechtsgehalt beim Verstoß gegen eine Auflage, die betreffend eine Betriebsanlage vorgeschrieben wurde - auch hier ist der Betreiber zwangsläufig gewerbsmäßig tätig - vom Unrechtsgehalt beim Verstoß gegen eine Auflage, die betreffend eine Behandlungsanlage vorgeschrieben wurde und von jemandem begangen wurde, der gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, unterscheidet, ist nicht erkennbar. Die Beeinträchtigung der Schutzinteressen ist in beiden Fällen als durchaus vergleichbar anzusehen.
Weiters ergeben sich bei der antragstellenden Behörde Bedenken gegen die Sachlichkeit der angefochtenen Bestimmungen insofern, als nach § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 für den Verstoß gegen eine nachträglich vorgeschriebene Auflage (§62 Abs 3 leg cit) eine Mindeststrafe von 730 Euro bzw von 3.630 Euro vorgesehen ist, im Falle des Verstoßes gegen eine Auflage, welche bereits im Zuge des Genehmigungsverfahrens vorgeschrieben wurde, aber gemäß § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 (§43 Abs 4 leg cit) lediglich eine Mindeststrafe von 360 Euro bzw 1.800 Euro. Worin sich der Unrechtsgehalt des Verstoßes gegen eine bereits im Zuge des Genehmigungsverfahrens vorgeschriebene Auflage vom Unrechtsgehalt des Verstoßes gegen eine erst nachträglich vorgeschriebene Auflage unterscheiden soll, ist nicht erkennbar. Auch nach § 367 der Gewerbeordnung 1994 sind Verstöße gegen bereits mit der Genehmigung vorgeschriebene Auflagen sowie Verstöße gegen erst nachträglich vorgeschriebene Auflagen mit derselben Strafe bedroht."
3.3. Die Bedenken des UVS Vorarlberg im Antrag zu G51/12, in dessen Anlassfall es um den Vorwurf der Verwaltungsübertretung gemäß § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 geht, entsprechen jenen, welche die antragstellende Behörde im Antrag zu G50/12 dargelegt hat.
4. Die Bundesregierung erstattete zu den Anträgen Äußerungen, in welchen sie jeweils beantragt, die Anträge des UVS Vorarlberg zurück- bzw. abzuweisen.
4.1. Im Einzelnen führt die Bundesregierung zu den Verfahren G37/12, G38/12, G39/12 und G40/12 Folgendes aus:
"I.
Zu den Prozessvoraussetzungen
1. Der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat beantragt die Aufhebung der Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' im Schlussteil des § 79 Abs 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 43/2007. In eventu wird zusätzlich die Aufhebung der Wortfolge 'von 730 €' in § 79 Abs 1 AWG 2002 beantragt.
2. Dazu wird seitens der Bundesregierung auf
Folgendes hingewiesen:
2.1. Ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes gemäß Art 140 Abs 1 B-VG muss die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darlegen (§62 Abs 1 zweiter Satz VfGG); dieses Erfordernis ist dann erfüllt, wenn dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, zu welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Norm in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. VfSlg. 14.802/1997 mwN). Ein Gesetzesprüfungsantrag, der sich gegen mehrere gesetzliche Bestimmungen richtet, muss Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit sämtlicher dieser Bestimmungen darlegen; anderes gilt nur für solche Bestimmungen, die in einem untrennbaren Zusammenhang mit jenen Bestimmungen stehen, zu denen die gegen die Verfassungsmäßigkeit sprechenden Bedenken dargelegt sind.
2.2. Die vom unabhängigen Verwaltungssenat gestellten Anträge enthalten jedoch keine Ausführungen, die sich auf die Zulässigkeit der Mindeststrafe in der Höhe von 730 € beziehen:
Das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 - mit dem sich die Anträge ausführlich auseinandersetzen (jeweils Seite 3 und 4) - beschäftigt sich ausschließlich mit der Frage der Zulässigkeit der Mindeststrafe von 3 630 € für gewerblich im Bereich der Abfallwirtschaft tätige Personen; die im Übrigen vorgesehene Mindeststrafe in der Höhe von 730 € war hingegen nicht Gegenstand des damaligen Verfahrens. In weiterer Folge ist in den Anträgen ausdrücklich davon die Rede, dass jede Änderung einer genehmigten Behandlungsanlage 'mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht ist', und dass keine sachliche Rechtfertigung 'für eine derart hohe Mindeststrafdrohung' erkennbar sei (jeweils Seite 4 der Anträge).
Dass von der allfälligen Unzulässigkeit der höheren Strafdrohung auf die Unzulässigkeit der niedrigeren Strafdrohung geschlossen werden könnte oder dass ein untrennbarer Zusammenhang der Wortfolge 'von 730 €' mit der Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' bestünde, dürfte ausgeschlossen sein - und wird vom Antragsteller auch gar nicht behauptet.
2.3. Da somit der Eventualantrag den Anforderungen des § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG nicht genügt, ist er nach Auffassung der Bundesregierung unzulässig.
II.
Zu den vorgebrachten Bedenken
1. Die Bundesregierung verweist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach sich der Gerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hat (vgl. zB VfSlg 14.466/1996, 16.663/2002 und 17.595/2005).
2. Zu seinen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002 verweist der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat zunächst auf das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005. Darin habe der Gerichtshof zwar ausgesprochen, dem Gesetzgeber sei aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Vorwurf zu machen, wenn er aus generalpräventiven Gründen für verpöntes Verhalten beim gewerbsmäßigen Umgang mit gefährlichen Abfällen eine Mindeststrafe in der Höhe von 3 630 € normiere. Der gegenständliche Fall - in dem eine Strafe nach § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 verhängt worden sei - habe jedoch nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand und unterscheide sich somit wesentlich von jenem Fall, der dem genannten Erkenntnis zu Grunde gelegen war.
Der Antragsteller weist weiters darauf hin, dass
gemäß § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 'jede Änderung einer genehmigten Behandlungsanlage, welche eine Genehmigungspflicht nach § 37 Abs 1 iVm § 2 Abs 8 Z 3 AWG 2002 auslöst, mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht ist, wenn die entsprechende Änderungsgenehmigung nicht vorliegt'. Diese Genehmigungspflicht entstehe bereits dann, wenn die Änderung erhebliche nachteilige Auswirkungen haben könne; es komme nicht darauf an, ob diese Auswirkungen tatsächlich eintreten. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derart hohe Mindeststrafdrohung sei daher nicht erkennbar.
Schließlich erscheint es dem Antragsteller auch als 'beachtlich', dass 'derselbe Gesetzgeber' in § 366 Abs 1 Z 3 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994, für den Fall der genehmigungslosen Änderung einer Betriebsanlage lediglich eine Höchststrafe von bis 3 600 € vorsehe. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern sich der Unrechtsgehalt des nach der genannten Bestimmung strafbaren Verhaltens vom Unrechtsgehalt des nach § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 strafbaren Verhaltens unterscheide. In beiden Fällen handle es sich um die genehmigungslose Änderung einer Anlage durch gewerbsmäßig tätige Personen; die Beeinträchtigung der Interessen des Nachbarschutzes sei in beiden Fällen vergleichbar.
Im Übrigen wird im Antrag auf eine Reihe von Erkenntnissen verwiesen, in denen sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der Höhe von Strafdrohungen unter dem Blickwinkel des Sachlichkeitsgebotes beschäftigt hat.
3. Zu diesen Vorbringen wird seitens der Bundesregierung Folgendes bemerkt:
3.1. Die vom antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat angefochtene Wortfolge ', wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits im Verfahren G197/04 ua. geprüft und für sachlich befunden (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005). Die betreffende Wortfolge wurde von der Novelle BGBl. I Nr. 43/2007 nicht berührt.
3.1.1. In dem genannten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass der Gesetzgeber in § 79 AWG 2002 ein differenziertes System von Strafdrohungen geschaffen habe, um Verstöße gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 angesichts ihrer potentiellen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen der Gesundheit von Menschen und der Umwelt - und unter Beachtung des vom Täter aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils - effektiv entgegenzuwirken. Dieses differenzierte System von Strafdrohungen im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 wurde auch in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 43/2007 beibehalten: § 79 Abs 1 AWG 2002 betrifft jene Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, die mit einem hohen Gefährdungspotential verbunden sind, § 79 Abs 2 betrifft mindergefährliche Verstöße, § 79 Abs 3 schließlich betrifft Verstöße mit geringem Gefahrenpotential (zB Verstöße gegen Formalvorschriften wie die Verletzung von Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage- oder Meldepflichten); § 79 Abs 1 und 2 enthalten - anders als Abs 3 - Mindeststrafen, wobei sich die Höhe der Mindeststrafe danach richtet, ob die Verwaltungsübertretung durch eine Person begangen wurde, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist.
3.1.2. Der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegende Fall betrifft den Tatbestand des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 (Errichtung, Betrieb oder Änderung einer Behandlungsanlage ohne Vorliegen der nach § 37 AWG 2002 erforderlichen Genehmigung).
Zu beachten ist dabei, dass einer Genehmigungspflicht nach § 37 leg. cit. keineswegs alle Änderungen von Behandlungsauslagen - auch nicht alle Änderungen, die nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt haben können - unterliegen; genehmigungspflichtig sind vielmehr nur wesentliche Änderungen (§37 Abs 1 leg. cit.). Eine solche wesentliche Änderung liegt vor, wenn die Änderung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt haben kann (vgl. die Begriffsbestimmung in § 2 Abs 8 Z 3 leg. cit.); als wesentlich gilt weiters eine Änderung einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage für nichtgefährliche Abfälle, die die Verbrennung gefährlicher Abfälle mit sich bringt, und die Änderung einer IPPC-Behandlungsanlage ab einer bestimmten Kapazitätsausweitung (vgl. auch dazu § 2 Abs 8 Z 3 leg. cit.). Die Einordnung des Tatbestands 'Errichtung, Betrieb oder Änderung einer Behandlungsanlage ohne Vorliegen der nach § 37 AWG 2002 erforderlichen Genehmigung' in den § 79 Abs 1 AWG 2002 erfolgt also in Hinblick darauf, dass der genehmigungslose Betrieb von Behandlungsanlagen hohe Gefahrenpotentiale - nämlich Lärm, Staubentwicklungen, Erschütterungen, Wärmeentwicklungen und sonstige Emissionen, die zu Gesundheitsgefährdungen und erheblichen Umweltverschmutzungen führen können - birgt.
Demgegenüber ist für nicht wesentliche Änderungen
eine bloße Anzeigepflicht vorgesehen (§37 Abs 4 AWG 2002). Ein Verstoß gegen diese Anzeigepflicht ist daher auch nicht nach § 79 Abs 1 AWG 2002, sondern nach § 79 Abs 2 - und zwar nach dessen Z 10 - strafbar.
3.1.3. Wenn also der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat darauf hinweist, dass der dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegende Fall nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand habe, so trifft dies zwar zu. Dass sich dieser Fall damit wesentlich von jenem Fall unterscheide, der dem Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 zu Grunde gelegen war, ist jedoch unrichtig. Denn für die Sachlichkeit der Einordnung von Tatbeständen unter § 79 Abs 1 AWG 2002 ist es allein entscheidend, ob die potentiellen nachteiligen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt als hoch einzuschätzen sind; woraus sich diese nachteiligen Auswirkungen ergeben, ist hingegen bedeutungslos.
Im dem dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Fall waren die Betriebszeiten der Behandlungsanlage eingeschränkt worden, nachdem Sachverständige festgestellt hatten, dass die Lärmbelastung ein gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreicht hatte. Wenn gegen die in Hinblick auf diese Umstände festgesetzten Betriebszeiten verstoßen wird, so ist offensichtlich, dass es keinen Unterschied macht, ob die Lärmbelastung durch die Behandlung gefährlicher oder nicht gefährlicher Abfälle verursacht wird.
3.2. Soweit der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat vorbringt, dass die Mindeststrafdrohung von 3 630 € deshalb unsachlich sei, weil sie unabhängig davon besteht, ob die mit der Änderung der Betriebsanlage einhergehenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich eintreten, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:
3.2.1. Es trifft zwar zu, dass es für den Verwaltungsstraftatbestand des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 keine Rolle spielt, ob es zum Eintritt einer Schädigung kommt. In dieser Hinsicht besteht allerdings kein Unterschied zu jenem Tatbestand, um den es in dem dem Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 zu Grunde liegenden Fall ging: Auch gemäß § 79 Abs 1 Z 7 AWG 2002 (Ausübung der Tätigkeit eines Sammlers oder Behandlers gefährlicher Abfälle ohne Erlaubnis) ist der Eintritt einer Schädigung kein Tatbestandselement.
Im Fall des in § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 geregelten Tatbestandes wurde die Höhe der Mindeststrafe in Hinblick auf die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter und das Ausmaß der ihnen drohenden Beeinträchtigung (Gefahr erheblicher nachteiliger Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt) sowie in Hinblick auf die wirtschaftlichen Vorteile, die aus einem rechtswidrigen Verhalten gezogen werden können, festgesetzt. Dabei war es wesentlich, die Höhe der für gewerbsmäßig handelnde Personen anzuwendenden Strafdrohung so anzusetzen, dass die Verwaltungsstrafe nicht als bloßer Kostenfaktor einkalkuliert werden kann; es galt, den für den Täter mit der Verwaltungsübertretung verbundenen wirtschaftlichen Vorteil durch eine entsprechend hohe Strafe auszugleichen.
Diese Überlegungen stehen im Einklang mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs. Dass die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zum Ausmaß des durch das rechtswidrige Verhalten bewirkten Schadens stehen muss, hindert den Gesetzgeber nämlich nicht daran, bei der Festsetzung der Strafdrohung auf general- und spezialpräventive Überlegungen Bedacht zu nehmen. Es ist dem Gesetzgeber daher nicht verwehrt, eine Strafdrohung in jener Höhe vorzusehen, die geeignet ist, ein 'in der Regel normgemäßes Verhalten' durchzusetzen (vgl. VfSlg. 7967/1976, 15.677/1999, 18.219/2007 und 18.775/2009); insbesondere ist es zulässig, dabei den möglichen wirtschaftlichen Nutzen, der aus dem rechtswidrigen Verhalten gezogen werden kann, zu berücksichtigen (VfSlg. 13.790/1994, 14.381/1994 und 15.785/2000). Wenn dem wirtschaftlichen Vorteil aus dem rechtswidrigen Verhalten ein besonders hohes öffentliches Interesse an der genauen Beachtung der Rechtsvorschriften - zB angesichts des dem betreffenden Regelungsbereich zu Grunde liegenden Gefahrenpotentials - gegenübersteht, kann auch die Festsetzung einer Mindeststrafe für Personen, die an der Begehung der Rechtsverletzung ein wirtschaftliches Interesse haben, gerechtfertigt sein (vgl. VfSlg. 15.785/2000, 16.407/2001, 16.633/2002 und 17.719/2005). Eine Mindeststrafe - in der Höhe von zuletzt 2 500 € - hat der Verfassungsgerichtshof zB auch in Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Vorschriften über die Kontrolle der Ausländerbeschäftigung und den möglichen wirtschaftlichen Nutzen einer Verletzung dieser Vorschriften für zulässig erachtet (vgl. die Erkenntnisse VfSlg. 13.790/1994, 18.219/2007 und 18.775/2009).
3.2.2. Im Übrigen wird seitens der Bundesregierung auf Folgendes hingewiesen: Zwar kommt es für die Frage, ob der Tatbestand des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 erfüllt ist und die Mindeststrafdrohung von 3 630 € zur Anwendung gelangt, nicht darauf an, ob die mit der Änderung der Betriebsanlage einhergehenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich eintreten. Doch dies bedeutet keineswegs, dass der Eintritt dieser Auswirkungen bei der Bemessung der konkreten Strafe keine Rolle spielen würde: Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage der Strafbemessung ua. 'das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung'; und § 32 Abs 3 StGB (der gemäß § 19 Abs 2 VStG 'unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts' sinngemäß anzuwenden ist) bestimmt, dass die Strafe im allgemeinen umso strenger zu bemessen ist, je größer die Schädigung ist, die der Täter verschuldet hat. Der in § 79 Abs 1 AWG 2002 vorgesehene Strafrahmen reicht bis zu einer Höhe von 36 340 €; er lässt somit ausreichend Spielraum, um das Ausmaß der nachteiligen Folgen der Tat angemessen zu berücksichtigen. Im Übrigen steht in Fällen unbedeutender Folgen - und geringfügigen Verschuldens - auch die Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) offen (so ausdrücklich im Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005).
3.3. Soweit der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat ausführt, dass § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 eine geringere Strafdrohung vorsehe als § 79 Abs 1 AWG 2002, wird seitens der Bundesregierung darauf hingewiesen, dass das Abfallwirtschaftsrecht und das Gewerberecht Rechtsgebiete sind, die unterschiedliche Ziele verfolgen und die in unterschiedlicher Weise unionsrechtlich determiniert sind. Bei der Festlegung der Höhe der angedrohten Strafen auf einem dieser Rechtsgebiete muss versucht werden, ein in sich stimmiges System von Strafdrohungen zu entwickeln, das geeignet ist, die Zielsetzungen des betreffenden Rechtsgebietes durchzusetzen; gegebenenfalls sind dabei auch unionsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen (vgl. dazu für den Bereich des Abfallwirtschaftsrechtes Art 36 Abs 2 der Richtlinie 2008/98/EG, wonach die Mitgliedstaaten 'wirksam[e], verhältnismäßig[e] und abschreckend[e] ' Sanktionen vorzusehen haben). Der Annahme, dass dabei auch auf die Höhe von in anderen Rechtsgebieten vorgesehenen Strafdrohungen Bedacht genommen werden müsste, vermag die Bundesregierung nicht beizutreten: Zunächst einmal liefe dies auf den von vornherein zum Scheitern verurteilten Versuch hinaus, sämtliche in der Bundesrechtsordnung enthaltenen Strafdrohungen aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass gerade durch die vom Antragsteller angeführte einzelne Strafbestimmung in der Gewerbeordnung 1994 ein Ordnungssystem geschaffen worden wäre, an dessen Wertentscheidungen sich der Gesetzgeber des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu orientieren hätte. Angesichts dessen kann die vorgelagerte Frage dahingestellt bleiben: ob nämlich einfachgesetzliche Regelungen überhaupt geeignet sind, den einfachen Gesetzgeber zu binden, und inwiefern daher die Sachlichkeit einer einfachgesetzlich vorgesehenen Strafdrohung am Maßstab einer anderen einfachgesetzlichen Strafdrohung beurteilt werden kann (vgl. dazu Thienel, Vertrauensschutz und Verfassungsrecht [1990], 62-64, und Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008], 292-295).
An der Sachlichkeit des § 79 Abs 1 AWG 2002 (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt 3.1. und 3.2.) vermag daher auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Gesetzgeber in anderen rechtlichen Zusammenhängen eine gleichartige Regelung nicht - oder noch nicht - getroffen hat (vgl. VfSlg. 11.369/1987 und 12.396/1990).
4. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die Ansicht der Bundesregierung zur Unzulässigkeit des Eventualantrags nicht teilen sollte, wird dazu folgendermaßen Stellung genommen:
Soweit sich der Antrag auf die Aufhebung der Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' bezieht, wird auf die Ausführungen unter Punkt 3 verwiesen. Soweit er sich sich auf die Aufhebung der Wortfolge 'von 730 €' bezieht, können - mangels spezifischer Ausführungen des Antragstellers - dazu keine gesonderten Ausführungen gemacht werden. Allerdings geht die Bundesregierung davon aus, dass die unter 3. dargelegten Gründe für die Verfassungskonformität der Mindeststrafe von 3 630 € auch für eine Mindeststrafe von 730 € gelten: Ist die Mindeststrafe von 3 630 € verfassungskonform, gilt das auch für eine Mindeststrafe von 730 €.
III.
Die Bundesregierung stellt den
Antrag,
der Verfassungsgerichtshof wolle
aussprechen, dass die Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002 nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.
Die Bundesregierung stellt weiters den
Antrag,
der Verfassungsgerichtshof wolle
den Antrag auf Aufhebung der Wortfolgen 'von 730 €' und ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002 als unzulässig zurückweisen,
in eventu
aussprechen, dass die Wortfolgen 'von 730 €' und ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002 nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden."
Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten zu bestimmen.
4.2. Die Bundesregierung erstattete auch zu den Verfahren G50/12 und G51/12 jeweils eine Äußerung. Da die Bedenken des UVS Vorarlberg im Antrag zu G51/12 in Bezug auf § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 jenen entsprechen, welche auch im Verfahren G50/12 vorgebracht werden, werden vorliegend lediglich die Ausführungen der Bundesregierung zum Verfahren G50/12 wiedergegeben (die Äußerung der Bundesregierung zu G51/12 entspricht nahezu wörtlich der Äußerung zu G50/12):
"I.
Zu den vorgebrachten Bedenken
1. Die Bundesregierung verweist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach sich der Gerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken hat (vgl. zB VfSlg 14.466/1996, 16.663/2002 und 17.595/2005).
2. Zu seinen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002 nimmt der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat zunächst auf das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 Bezug. Darin habe der Gerichtshof zwar ausgesprochen, dem Gesetzgeber sei aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Vorwurf zu machen, wenn er aus generalpräventiven Gründen für verpöntes Verhalten beim gewerbsmäßigen Umgang mit gefährlichen Abfällen eine Mindeststrafe in der Höhe von 3 630 € normiere. Der gegenständliche Fall - in dem eine Strafe nach § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 verhängt worden sei - habe jedoch nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand und unterscheide sich somit wesentlich von jenem Fall, der dem genannten Erkenntnis zu Grunde gelegen war.
Der Antragsteller weist weiters darauf hin, dass
gemäß § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 jeder Verstoß gegen eine nachträglich gemäß § 62 Abs 3 AWG 2002 vorgeschriebene Auflage mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht sei, sofern der Beschuldigte gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sei. Diese Mindeststrafe sei immer schon dann zu verhängen, wenn die Auflage nicht vollständig eingehalten worden sei. Eine Strafbemessung unter Berücksichtigung des Grades der Verletzung der Interessen, die durch die Auflage geschützt sind, sei nur in einem 'deutlich eingeschränkten Ausmaß' möglich. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derart hohe Mindeststrafdrohung sei nicht erkennbar.
Weiters erscheint es dem Antragsteller auch als 'beachtlich', dass 'derselbe Gesetzgeber' in § 367 Z 25 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994, für die Nichteinhaltung einer Auflage lediglich eine Höchststrafe von 2 180 € vorsehe. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern sich der Unrechtsgehalt des nach der genannten Bestimmung strafbaren Verhaltens vom Unrechtsgehalt des nach § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 strafbaren Verhaltens unterscheide. In beiden Fällen handle es sich um einen Verstoß gegen eine für eine Betriebsanlage vorgeschriebene Auflage durch gewerbsmäßig tätige Personen; die Beeinträchtigung der Schutzinteressen sei in beiden Fällen vergleichbar.
Schließlich verweist der Antragsteller darauf, dass die Höhe der Mindeststrafen unterschiedlich ist, je nachdem, ob gegen eine bereits im Zug des Genehmigungsverfahrens oder gegen eine erst nachträglich vorgeschriebene Auflage verstoßen wird (vgl. § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 einerseits und § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 andererseits). Worin sich der Unrechtsgehalt der beiden Fälle voneinander unterscheide, sei nicht erkennbar.
§367 GewO 1994 differenziere hinsichtlich Verstößen gegen Auflagen nicht danach, ob die Auflagen bereits mit der Genehmigung oder erst nachträglich vorgeschrieben worden seien.
Im Übrigen wird im Antrag auf eine Reihe von Erkenntnissen verwiesen, in denen sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage der Höhe von Strafdrohungen unter dem Blickwinkel des Sachlichkeitsgebotes beschäftigt hat.
3. Zu diesen Vorbringen wird seitens der Bundesregierung Folgendes bemerkt:
3.1. Die vom antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat angefochtene Wortfolge ' , wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits im Verfahren G197/04 ua. geprüft und für sachlich befunden (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005). Die betreffende Wortfolge wurde von der Novelle BGBl. I Nr. 43/2007 nicht berührt.
3.1.1. In dem genannten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass der Gesetzgeber in § 79 AWG 2002 ein differenziertes System von Strafdrohungen geschaffen habe, um Verstöße gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 angesichts ihrer potentiellen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen der Gesundheit von Menschen und der Umwelt - und unter Beachtung des vom Täter aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils - effektiv entgegenzuwirken. Dieses differenzierte System von Strafdrohungen im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 wurde auch in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 43/2007 beibehalten: § 79 Abs 1 AWG 2002 betrifft jene Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, die mit einem hohen Gefährdungspotential verbunden sind, § 79 Abs 2 betrifft mindergefährliche Verstöße, § 79 Abs 3 schließlich betrifft Verstöße mit geringem Gefahrenpotential (zB Verstöße gegen Formalvorschriften wie die Verletzung von Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage- oder Meldepflichten); § 79 Abs 1 und 2 enthalten - anders als Abs 3 - Mindeststrafen, wobei sich die Höhe der Mindeststrafe danach richtet, ob die Verwaltungsübertretung durch eine Person begangen wurde, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist.
3.1.2. Der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegende Fall betrifft den Tatbestand des § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002, und zwar wegen mangelnder Durchführung von Maßnahmen gemäß § 62 Abs 3 leg. cit. in Hinblick auf eine der Genehmigungspflicht nach Art 37 leg. cit. unterliegende Behandlungsanlage. Gemäß § 62 Abs 3 AWG 2002 hat die Behörde die erforderlichen, nach dem Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben, wenn sich nach Erteilung einer Genehmigung für eine solche Behandlungsanlagen ergibt, dass die gemäß § 43 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind. Gemäß § 43 Abs 1 AWG 2002 ist eine Genehmigung nach Art 37 leg. cit. ua. nur dann zu erteilen, wenn das Leben und die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet sind und die Nachbarn nicht - zB durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, oder Erschütterungen - unzumutbar belästigt werden.
Nach Ansicht des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates wäre zudem in einem Punkt nicht § 79 Abs 1 Z 17, sondern § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 - und zwar wegen Verstoßes gegen eine auf Grundlage des § 43 Abs 4 leg. cit. vorgeschriebene Auflage - anzuwenden. § 43 Abs 4 AWG 2002 bestimmt, dass die Behörde bei Erteilung der Genehmigung erforderlichenfalls Auflagen, Bedingungen und Befristungen zur Wahrung der Voraussetzungen ua. des § 43 Abs 1 leg. cit. vorzuschreiben hat.
3.1.3. Wenn also der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat darauf hinweist, dass der dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegende Fall nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand habe, so trifft dies zwar zu. Dass sich dieser Fall damit wesentlich von jenem Fall unterscheide, der dem Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 zu Grunde gelegen war, ist jedoch unrichtig. Denn für die Sachlichkeit der Einordnung von Tatbeständen unter § 79 Abs 1 AWG 2002 ist es allein entscheidend, ob die potentiellen nachteiligen Auswirkungen auf die geschützten Interessen als hoch einzuschätzen sind; woraus sich diese nachteiligen Auswirkungen ergeben, ist hingegen bedeutungslos.
Im dem dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Fall waren in Hinblick auf die von einer Behandlungsanlage ausgehende Lärmbelastung die Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen (zB Errichtung einer Lärmschutzwand und Schalldämmung an einem Bagger) vorgeschrieben worden. Dass es bei der Nicht-Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung der Lärmbelastung keinen Unterschied macht, ob diese Lärmbelastung durch die Behandlung gefährlicher oder nicht gefährlicher Abfälle verursacht wird, ist offensichtlich.
3.2. Soweit der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat vorbringt, dass die Mindeststrafdrohung von 3 630 € deshalb unsachlich sei, weil sie immer schon dann zu verhängen sei, wenn die Auflage nicht vollständig eingehalten worden sei, und weil eine Strafbemessung unter Berücksichtigung des Grades der Verletzung der Interessen, die durch die Auflage geschützt sind, nur in einem 'deutlich eingeschränkten Ausmaß' möglich sei, wird dem Folgendes entgegengehalten:
3.2.1. Für die Frage, ob der Tatbestand des § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 erfüllt ist, spielt der 'Grad der Verletzung der Interessen, die durch die Auflage geschützt sind,' keine Rolle. In dieser Hinsicht besteht allerdings kein Unterschied zu jenem Tatbestand, um den es in dem dem Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 zu Grunde liegenden Fall ging: Auch gemäß § 79 Abs 1 Z 7 AWG 2002 (Ausübung der Tätigkeit eines Sammlers oder Behandlers gefährlicher Abfälle ohne Erlaubnis) ist der Grad der Verletzung der geschützten Interessen kein Tatbestandselement.
Im Fall des in § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 geregelten Tatbestandes wurde die Höhe der Mindeststrafe in Hinblick auf die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter und das Ausmaß der ihnen drohenden Beeinträchtigung (vgl. dazu Punkt 3.1.2) sowie in Hinblick auf die wirtschaftlichen Vorteile, die aus einem rechtswidrigen Verhalten gezogen werden können, festgesetzt. Dabei war es wesentlich, die Höhe der für gewerbsmäßig handelnde Personen anzuwendenden Strafdrohung so anzusetzen, dass die Verwaltungsstrafe nicht als bloßer Kostenfaktor einkalkuliert werden kann; es galt, den für den Täter mit der Verwaltungsübertretung verbundenen wirtschaftlichen Vorteil durch eine entsprechend hohe Strafe auszugleichen.
Diese Überlegungen stehen im Einklang mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs. Dass die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zum Ausmaß des durch das rechtswidrige Verhalten bewirkten Schadens stehen muss, hindert den Gesetzgeber nämlich nicht daran, bei der Festsetzung der Strafdrohung auf general- und spezialpräventive Überlegungen Bedacht zu nehmen. Es ist dem Gesetzgeber daher nicht verwehrt, eine Strafdrohung in jener Höhe vorzusehen, die geeignet ist, ein 'in der Regel normgemäßes Verhalten' durchzusetzen (vgl. VfSlg. 7967/1976, 15.677/1999, 18.219/2007 und 18.775/2009); insbesondere ist es zulässig, dabei den möglichen wirtschaftlichen Nutzen, der aus dem rechtswidrigen Verhalten gezogen werden kann, zu berücksichtigen (VfSlg. 13.790/1994, 14.381/1994 und 15.785/2000). Wenn dem wirtschaftlichen Vorteil aus dem rechtswidrigen Verhalten ein besonders hohes öffentliches Interesse an der genauen Beachtung der Rechtsvorschriften - zB angesichts des dem betreffenden Regelungsbereich zu Grunde liegenden Gefahrenpotentials - gegenübersteht, kann auch die Festsetzung einer Mindeststrafe für Personen, die an der Begehung der Rechtsverletzung ein wirtschaftliches Interesse haben, gerechtfertigt sein (vgl. VfSlg. 15.785/2000, 16.407/2001, 16.633/2002 und 17.719/2005). Eine Mindeststrafe - in der Höhe von zuletzt 2 500 € - hat der Verfassungsgerichtshof zB auch in Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Vorschriften über die Kontrolle der Ausländerbeschäftigung und den möglichen wirtschaftlichen Nutzen einer Verletzung dieser Vorschriften für zulässig erachtet (vgl. die Erkenntnisse VfSlg. 13.790/1994, 18.219/2007 und 18.775/2009).
3.2.2. Zur Frage, in welchem Ausmaß der Grad der Verletzung der durch die Auflage geschützten Interessen bei der Strafbemessung berücksichtigt werden kann, verweist die Bundesregierung auf § 19 Abs 1 VStG und § 32 Abs 3 StGB (der gemäß § 19 Abs 2 VStG 'unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts' sinngemäß anzuwenden ist): Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage der Strafbemessung ua. 'das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung'; § 32 Abs 3 StGB bestimmt, dass die Strafe im allgemeinen umso strenger zu bemessen ist, je größer die Schädigung ist, die der Täter verschuldet hat. Der in § 79 Abs 1 AWG 2002 vorgesehene Strafrahmen reicht bis zu einer Höhe von 36 340 €; er lässt somit ausreichend Spielraum, um den Grad der Verletzung der durch die Auflage geschützten Interessen angemessen zu berücksichtigen. Im Übrigen steht in Fällen unbedeutender Folgen - und geringfügigen Verschuldens - auch die Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) offen (so ausdrücklich das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005).
3.3. Soweit der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat ausführt, dass § 367 Z 25 GewO 1994 eine geringere Strafdrohung vorsehe als § 79 Abs 1 AWG 2002, wird seitens der Bundesregierung darauf hingewiesen, dass das Abfallwirtschaftsrecht und das Gewerberecht Rechtsgebiete sind, die unterschiedliche Ziele verfolgen und die in unterschiedlicher Weise unionsrechtlich determiniert sind. Bei der Festlegung der Höhe der angedrohten Strafen auf einem dieser Rechtsgebiete muss versucht werden, ein in sich stimmiges System von Strafdrohungen zu entwickeln, das geeignet ist, die Zielsetzungen des betreffenden Rechtsgebietes durchzusetzen; gegebenenfalls sind dabei auch unionsrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen (vgl. dazu für den Bereich des Abfallwirtschaftsrechtes Art 36 Abs 2 der Richtlinie 2008/98/EG, wonach die Mitgliedstaaten 'wirksam[e], verhältnismäßig[e] und abschreckend[e]' Sanktionen vorzusehen haben). Der Annahme, dass dabei auch auf die Höhe von in anderen Rechtsgebieten vorgesehenen Strafdrohungen Bedacht genommen werden müsste, vermag die Bundesregierung nicht beizutreten: Zunächst einmal liefe dies auf den - von vornherein zum Scheitern verurteilten - Versuch hinaus, sämtliche in der Bundesrechtsordnung enthaltenen Strafdrohungen aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass gerade durch die vom Antragsteller angeführte einzelne Strafbestimmung in der Gewerbeordnung 1994 ein Ordnungssystem geschaffen worden wäre, an dessen Wertentscheidungen sich der Gesetzgeber des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu orientieren hätte. Angesichts dessen kann die vorgelagerte Frage dahingestellt bleiben: ob nämlich einfachgesetzliche Regelungen überhaupt geeignet sind, den einfachen Gesetzgeber zu binden, und inwiefern daher die Sachlichkeit einer einfachgesetzlich vorgesehenen Strafdrohung am Maßstab einer anderen einfachgesetzlichen Strafdrohung beurteilt werden kann (vgl. dazu Thienel, Vertrauensschutz und Verfassungsrecht [1990], 62-64, und Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008], 292-295).
An der Sachlichkeit des § 79 Abs 1 AWG 2002 (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt 3.1 und 3.2) vermag daher auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Gesetzgeber in anderen rechtlichen Zusammenhängen eine gleichartige Regelung nicht - oder noch nicht - getroffen hat (vgl. VfSlg. 11.369/1987 und 12.396/1990).
3.4. Zur unterschiedlichen Strafdrohungen nach § 79 Abs 2 Z 11 und § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 wird seitens der Bundesregierung auf Folgendes hingewiesen:
3.4.1. § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 bezieht sich auf
Verstöße gegen Auflagen, die im Rahmen der Genehmigung der Behandlungsanlage oder bei Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes vorgeschrieben werden, sowie auf Verstöße gegen im Rahmen einer Deponiegenehmigung gesetzte Befristungen. Diese Vorschreibungen erfolgen auf Grundlage einer Vorabbeurteilung, in deren Rahmen abgeschätzt wird, welche Schutzgüter verletzt werden könnten und mit welchen Maßnahmen dies verhindert werden kann. § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 bezieht sich hingegen auf Verstöße gegen nachträglich vorgeschriebene Auflagen für Behandlungsanlagen, somit auf Auflagen, die in Hinblick auf bereits eingetretene Gefährdungen der Schutzgüter (vgl. dazu Punkt 3.1.2) vorgeschrieben wurden.
Soweit der antragstellende unabhängige
Verwaltungssenat auch in diesem Zusammenhang auf § 367 GewO 1994 Bezug nimmt, wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.3 verwiesen.
3.4.2. Im Übrigen wirft das Vorbringen ein grundsätzliches Problem auf: Wird die Sachlichkeit einer Regelung mit dem Argument bestritten, ein vergleichbarer Sachverhalt sei in einer anderen gesetzlichen Bestimmung anders geregelt, so wird jene andere gesetzliche Bestimmung zum Maßstab der Beurteilung der Sachlichkeit gemacht (vgl. dazu die Hinweise unter Punkt 3.3). Eine solche Argumentation setzt somit voraus, dass der Gesetzgeber durch Erlassung der anderen Bestimmung ein Ordnungssystem geschaffen hat, an dessen Wertentscheidungen der Gesetzgeber in weiterer Folge gebunden ist. Im vorliegenden Fall hätte sich also - unter Zugrundelegung des gegen die Sachlichkeit der angefochtenen Wortfolgen in § 79 Abs 1 AWG 2002 gerichteten Vorbringens des Antragstellers - die Wertentscheidung des Gesetzgebers in der Festlegung der Mindeststrafe von 1 800 € (in § 79 Abs 2 AWG 2002) manifestiert.
Der Antragsteller beantragt allerdings nicht nur die Aufhebung der die Mindeststrafen betreffenden Wortfolgen in § 79 Abs 1, sondern auch die Aufhebung der entsprechenden Wortfolgen in § 79 Abs 2 AWG 2002. Sein Antrag zielt also darauf ab, das in § 79 Abs 2 AWG 2002 geschaffene Ordnungssystem und damit auch den Maßstab, an dem die Sachlichkeit der bekämpften Wortfolgen in § 79 Abs 1 AWG 2002 gemessen werden soll, zu beseitigen. In entsprechender Weise läuft der Antrag auf Aufhebung der Wortfolgen in § 79 Abs 1 AWG 2002 im Ergebnis darauf hinaus, dem Antrag auf Aufhebung der bekämpften Wortfolgen in § 79 Abs 2 AWG 2002 den Boden zu entziehen.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist also das Vorbringen des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates in sich widersprüchlich und nicht geeignet, die Unsachlichkeit der angefochtenen Wortfolgen darzutun.
4. Zu dem Eventualantrag auf Aufhebung der Wortfolgen 'von 730 €' und ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002 wird seitens der Bundesregierung zunächst darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates weitgehend nicht auf die Zulässigkeit der Mindeststrafe in der Höhe von 730 € beziehen:
Das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 - mit dem sich der Antrag ausführlich auseinandersetzt (vgl. die Seiten 4 und 5) - beschäftigt sich ausschließlich mit der Frage der Zulässigkeit der Mindeststrafe von 3 630 € für gewerblich im Bereich der Abfallwirtschaft tätige Personen; die im Übrigen vorgesehene Mindeststrafe in der Höhe von 730 € war hingegen nicht Gegenstand des damaligen Verfahrens. In weiterer Folge ist im Antrag ausdrücklich davon die Rede, dass jede Änderung einer genehmigten Behandlungsanlage 'mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht ist', und dass keine sachliche Rechtfertigung 'für eine derart hohe Mindeststrafdrohung' erkennbar sei (vgl. Seite 5). Lediglich in Hinblick auf die unterschiedliche Strafdrohungen nach § 79 Abs 2 Z 11 und § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 wird ausdrücklich auf die Mindeststrafe von 730 €
Bezug genommen (vgl. Seite 6).
Soweit sich der Eventualantrag auf die Aufhebung der Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' bezieht, wird auf die Ausführungen unter Punkt 3 verwiesen. Soweit er sich auf die Aufhebung der Wortfolge 'von 730 €' bezieht, geht die Bundesregierung davon aus, dass die unter Punkt 3 dargelegten Gründe für die Verfassungskonformität der Mindeststrafe von 3 630 € auch für die Mindeststrafe von 730 € gelten: Ist also die Mindeststrafe von 3 630 € verfassungskonform, so gilt dies ebenso für die Mindeststrafe von 730 €.
5. Zu seinen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolgen 'von 360' und ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht' in § 79 Abs 2 AWG 2002 bringt der antragstellende unabhängige Verwaltungssenat lediglich vor, dass sich diese Strafdrohung von jener in § 79 Abs 1 AWG 2002 unterscheide. Dazu wird seitens der Bundesregierung auf die Ausführungen unter Punkt 3.4 und Punkt 4 verwiesen
II.
Die Bundesregierung stellt den
Antrag,
der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass
die Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002,
die Wortfolgen 'von 730 €' und ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht' in § 79 Abs 1 AWG 2002,
die Wortfolge ' ; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht' in § 79 Abs 2 AWG 2002 und
die Wortfolgen 'von 360' und ' ; wer jedoch
gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht' in § 79 Abs 2 AWG 2002
nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden."
Für den Fall der Aufhebung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten zu bestimmen.
5. Als beteiligte Partei in gegenständlichem Gesetzesprüfungsverfahren erstattete auch der vor dem UVS Beschuldigte eine Äußerung und bringt zu den seitens des UVS im zu G37/12 protokollierten Verfahren geltend gemachten Bedenken Folgendes vor:
"Die in § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 angeordnete
Mindeststrafe von 3.630,00 Euro für gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätige ist nicht ausreichend detailliert, um eine gleichheitswidrige Beurteilung zu verhindern. Auch ergeben sich durch diese Unbestimmtheit Bedenken gegen das Legalitätsprinzip des Art 18 B-VG, welches die Verpflichtung des Gesetzgebers impliziert, das Handeln der Verwaltung inhaltlich hinreichend zu determinieren. Im Vergleich zu Normen, die vergleichbare Sachverhalte regeln - die in weiterer Folge noch konkret angesprochen werden - liegt keine sachliche Rechtfertigung für diese übermäßig hohe Mindeststrafe vor. Lex cit ist daher gleichheitswidrig und verfassungswidrig.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes begrenzt das Sachlichkeitsgebot den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. Der Verfassungsgerichtshof hat es insbesondere für unzulässig angesehen, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist (VfSlg. 9901/1983 zur Strafe des Verfalls) und zur Folge hat, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits begründet (VfSlg. 10.904/1986, ähnlich bereits VfSlg. 10.597/1985).
Ebenfalls hat der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass das Sachlichkeitsgebot auch den Fall verpönt, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist (VfSlg. 10904/1986).
Ein solches exzessives Missverhältnis besteht unzweifelhaft zwischen der Mindeststrafe von Euro 3.630,00 und der einminütigen Inbetriebnahme eines LKWs, insbesondere wenn man bedenkt, dass beispielsweise für das Sammeln oder Behandeln von gefährlichen Abfällen, ohne in Besitz einer nach § 24a Abs 1 AWG 2002 erforderlichen Erlaubnis zu sein, gemäß § 79 Abs 1 Z 7 AWG 2002 dieselbe Mindeststrafe zur Anwendung kommt - dies obwohl von gefährlichen Stoffen eine hohe Gefahr ausgeht und die potentiellen Auswirkungen auf die von der Norm geschützten Interessen wesentlich gravierender sein können als mögliche Beeinträchtigungen durch das Überschreiten von Betriebszeiten, von denen gar keine Gefahr ausgeht.
Bereits in seinem Erkenntnis vom ,
ZI G197/04, hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit der Mindeststrafe gemäß § 79 Abs 1 AWG 2002 - allerdings damals konkret zur Z 7 leg cit - zu befassen. Hierbei kam der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, dass eine Mindeststrafe in der Höhe von 3.630,00 Euro nicht gleichheitswidrig sei, da diese Strafdrohung im konkreten Fall in zweierlei Hinsicht begrenzt sei: Zum einen war diese Mindeststrafe ausschließlich auf Personen, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sind, begrenzt, zum anderen aber zusätzlich nur auf Delikte im Umgang mit gefährlichen Stoffen anwendbar. Der Mindeststrafrahmen konnte daher mit generalpräventiven Gründen für verpöntes Verhalten beim gewerbsmäßigen Umgang mit gefährlichen Abfällen als gleichheitskonform beurteilt werden.
Im vorliegenden Fall ist die Situation jedoch anders gelagert. Die anzuwendende Z 9 des § 79 Abs 1 AWG 2002 beschränkt die Mindeststrafe von 3.630,00 Euro zwar auf Personen, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sind, macht jedoch keine Einschränkung auf den Umgang mit gefährlichen Abfällen oder sonstige ergänzende Einschränkungen, die eine sachliche Differenzierung überhaupt ermöglichen.
Insbesondere in Hinblick auf die Strafdrohungen für Delikte, welche sich von den beeinträchtigten Schutzinteressen und dem daraus resultierenden Unrechtsgehalt von der Übertretung des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 in keiner Weise unterscheiden, erscheint die Mindeststrafe als sachlich nicht gerechtfertigt:
So sieht beispielsweise § 366 Abs 1 Z 3 der GewO 1994 lediglich eine Höchststrafe von bis zu 3.600,00 Euro vor, sofern eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert oder nach der Änderung betrieben wird. Auch hier ist der Betreiber zwangsläufig gewerblich tätig.
Bei einem Verstoß gegen diese Regelung ist das potentiell beeinträchtigte Schutzinteresse und der damit verbundene Unrechtsgehalt mit dem eines Verstoßes gegen § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 durchaus vergleichbar. In beiden Fällen geht es um die Beeinträchtigung der Interessen des Nachbarschutzes und des Umweltschutzes. Wesentliche Unterschiede dieser beiden Tatbestände bestehen nur darin, dass die Regelung der Gewerbeordnung auf sämtliche gewerberechtlich genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen anzuwenden ist, die Regelung des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 jedoch nur auf Behandlungsanlagen iS des AWG 2002.
Eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 mit vergleichbaren Verwaltungsstrafnormen, wie beispielsweise dem § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994, ist nicht gegeben, da es keine tatsächlichen Unterschiede bei den potentiellen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen der Gesundheit von Menschen und der Unwelt gibt.
Im Gegensatz dazu gibt es für eine Gleichbehandlung des bereits vom Verfassungsgerichtshof geprüften § 79 Abs 1 Z 7 AWG 2002 und des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 in Bezug auf die anzuwendende Mindeststrafhöhe keine sachliche Rechtfertigung, da sich die gefährlichen Stoffe bei den potentiellen Auswirkungen auf die durch die Auflage geschützten Interessen und beim Unrechtsgehalt der Verstöße gravierend von jenen des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 unterscheiden und daher - als ungleich im Sinne des Gleichheitssatzes - auch ungleich zu behandeln sind; dies wird gerade vor dem Hintergrund des gegenständlichen Sachverhalts deutlich.
Aus diesen Gründen wird die antragsgegenständliche Wortfolge als verfassungswidrig aufzuheben sein.
Es wird daher beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß dem Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg vom , Zl UVS-1-258/K2-2011, entscheiden."
Auch betreffend die in § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002
normierte Mindeststrafe erstattete derselbe Beschuldigte eine Stellungnahme (G50/12).
II. Rechtslage
1. Die relevanten Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I 102/2002, in der - für den Tatzeitpunkt maßgeblichen - Fassung BGBl. I 115/2009, lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind unterstrichen und gelten in der Fassung BGBl. I 43/2007):
"Begriffsbestimmungen
§2. (1) - (6) [...]
(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
1. 'Behandlungsanlagen' ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;
2. 'mobile Behandlungsanlagen' Einrichtungen, die an verschiedenen Standorten vorübergehend betrieben und in denen Abfälle behandelt werden. Nicht als mobile Behandlungsanlagen gelten ihrer Natur nach zwar bewegliche Einrichtungen, die länger als sechs Monate an einem Standort betrieben werden, ausgenommen Behandlungsanlagen zur Sanierung von kontaminierten Standorten;
3. 'IPPC-Behandlungsanlagen' jene Teile ortsfester Behandlungsanlagen, in denen eine oder mehrere in Anhang 5 Teil 1 genannte Tätigkeiten und andere unmittelbar damit verbundene, in einem technischen Zusammenhang stehende Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können, durchgeführt werden;
4. 'Deponien' Anlagen, die zur langfristigen
Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. Nicht als Deponien gelten
a) Anlagen, in denen Abfälle abgeladen werden, damit sie für den Weitertransport zur Behandlung an einem anderen Ort vorbereitet werden können,
b) Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Verwertung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung drei Jahre nicht überschreitet, und
c) Anlagen zur Zwischenlagerung von Abfällen vor der Beseitigung, sofern die Dauer der Zwischenlagerung ein Jahr nicht überschreitet.
(8) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
1. - 2. [...]
3. 'wesentliche Änderung' eine Änderung einer Behandlungsanlage, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder auf die Umwelt haben kann; als wesentliche Änderung gilt auch eine Änderung einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage für nicht gefährliche Abfälle, welche die Verbrennung gefährlicher Abfälle mit sich bringt; als wesentliche Änderung einer IPPC-Behandlungsanlage gilt auch eine Änderung mit einer Kapazitätsausweitung von mindestens 100 Prozent des im Anhang 5 festgelegten Schwellenwertes;
[...]
Genehmigungs- und Anzeigepflicht für
ortsfeste Behandlungsanlagen
§37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die
wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde.
[...]
Genehmigungsvoraussetzungen
§43. (1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet.
2. Die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt.
3. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt.
4. Das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist nicht die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes zu verstehen.
5. Die beim Betrieb der Behandlungsanlage nicht vermeidbaren anfallenden Abfälle werden nach dem Stand der Technik verwertet oder - soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist - ordnungsgemäß beseitigt.
5a. Die Behandlungspflichten gemäß den §§15 und 16 und gemäß einer Verordnung nach § 23 werden eingehalten.
6. Auf die sonstigen öffentlichen Interessen (§1 Abs 3) wird Bedacht genommen.
(2) Eine Genehmigung für ein Deponieprojekt ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen des Abs 1 folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Die geplante Deponie steht mit dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan im Einklang.
2. Der Stand der Technik, einschließlich einer fachkundigen Betriebsführung, wird eingehalten.
3. Die Überwachung und Betreuung der Deponie
erscheint auf die vermutliche Dauer einer Umweltgefährdung sichergestellt.
4. Es werden die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um Unfälle zu vermeiden und deren Folgen zu begrenzen.
5. Hinsichtlich des Schutzgutes Gewässer:
a) Es ist keine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufs der Hochwässer und des Eises zu besorgen.
b) Die Deponie steht im Einklang mit bestehenden oder in Aussicht genommenen Regulierungen von Gewässern.
c) Es ist kein schädlicher Einfluss auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer der natürlichen Gewässer zu besorgen.
d) Es ist keine nachteilige Beeinflussung der Beschaffenheit der Gewässer zu besorgen.
e) Es ist keine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauchs und keine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung zu besorgen.
f) Es liegt kein Widerspruch zu den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung vor.
g) Es ist keine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer zu besorgen.
(2a) - (3) [...]
(4) Erforderlichenfalls hat die Behörde zur Wahrung der Voraussetzungen gemäß Abs 1 bis 3 geeignete Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorzuschreiben. Dies gilt auch, wenn im Einzelfall durch die Einhaltung der Bestimmungen zum Stand der Technik einer Verordnung gemäß § 65 Abs 1 die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind. Sofern die Voraussetzungen nicht erfüllt sind und auch durch die Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht erfüllt werden können, ist der Genehmigungsantrag abzuweisen.
[...]
Überwachung von Behandlungsanlagen
§62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen, die
gemäß den §§37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind, längstens alle fünf Jahre zu überprüfen.
(2) Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen
Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde - unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens - den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.
(2a) Ist es offenkundig, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Erlaubnis gemäß § 24a zu verfügen, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs bescheidmäßig zu verfügen.
(2b) Wird durch den Betrieb einer Behandlungsanlage die Gesundheit, das Leben oder das Eigentum eines Dritten gefährdet, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die erforderlichen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, bescheidmäßig zu verfügen.
(2c) Die Bescheide gemäß Abs 2a oder 2b sind sofort vollstreckbar. Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 2, 2a oder 2b nicht mehr vor, so hat die Behörde die getroffenen Maßnahmen ehestmöglich zu widerrufen.
(3) Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§37, 44, 52 oder 54, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs.
(4) Bei Gefahr im Verzug hat die Behörde die
geeigneten Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Inhaber der Behandlungsanlage nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.
(5) Maßnahmen gemäß Abs 2 bis 4 bedürfen keiner Bewilligung oder Genehmigung nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften.
(6) Die nach den §§43 Abs 4, 44, 52 Abs 5 oder 54 Abs 2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen sind auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen. Dies gilt auch für Aufträge gemäß § 51.
(7) Werden vom Anlageninhaber bei einer Unterbrechung oder bei der Einstellung des Betriebs nicht die zur Vermeidung der Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen erforderlichen Maßnahmen gesetzt, hat die zuständige Behörde diese bescheidmäßig aufzutragen. Der Bescheid ist sofort vollstreckbar.
[...]
Strafhöhe
§79. (1) Wer
1. - 6. [...]
7. die Tätigkeit eines Sammlers oder Behandlers für gefährliche Abfälle ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 25 Abs 1 erforderlichen Erlaubnis zu sein, oder entgegen § 25 Abs 7 oder § 26 Abs 5 die Tätigkeit nicht einstellt,
8. [...]
9. eine Behandlungsanlage errichtet, betreibt oder ändert, ohne im Besitz der nach § 37 erforderlichen Genehmigung zu sein,
10. - 16. [...]
17. den Anordnungen oder Aufträgen gemäß § 62 Abs 2, 2a, 2b, 3, 6 oder 7 nicht nachkommt,
18. - 19. [...]
begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 € bis 36 340 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht.
(2) Wer
1. - 10. [...]
11. die gemäß § 43 Abs 4, § 44, § 54 Abs 2 oder § 58 Abs 2 vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen oder die Auflagen, Bedingungen oder Befristungen der gemäß § 77 übergeleiteten Bescheide oder die gemäß § 48 Abs 1 vorgeschriebenen Befristungen nicht einhält,
12. - 25. [...]
begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 € bis 7 270 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1 800 € bedroht."
2. Die relevanten Bestimmungen der Gewerbeordnung
1994, BGBl. 194/1994, in der Fassung BGBl. I 66/2010, (im Folgenden: GewO 1994) lauten:
"8. Betriebsanlagen
§74. (1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 litg angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
(3) Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
[...]
Strafbestimmungen
§366. (1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer
1. - 2. [...];
3. eine genehmigte Betriebsanlage ohne die
erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§81f);
3a. - 9. [...]
[...]
§367. Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, begeht, wer
1. - 24. [...]
25. Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 84d Abs 7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält;
26. - 58. [...]"
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat in den - gemäß § 404 Abs 2 und § 187 Abs 2 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Gesetzesprüfungsverfahren erwogen:
1. Prozessvoraussetzungen
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden Unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).
1.2. Der UVS Vorarlberg hat in den den Anträgen zu Grunde liegenden Fällen über die Berufungen eines Geschäftsführers eines Recycling-Betriebes zu entscheiden, welcher in erster Instanz wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 79 Abs 1 Z 9 und 17 AWG 2002 bestraft wurde bzw. dem die Verwaltungsübertretung des § 79 Abs 2 Z 11 AWG 2002 vorgeworfen wird. Es ist unzweifelhaft, dass der UVS Vorarlberg die angefochtenen Gesetzesstellen anzuwenden hätte.
1.3. Die Anträge sind daher zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (zB VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
2.2. Die Anträge sind aus folgenden Erwägungen nicht berechtigt:
2.2.1. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (zB VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (zB VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassung wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (zB VfSlg. 16.176/2001, 16.504/2002). Diese Schranken sind im vorliegenden Fall nicht überschritten. Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg. 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).
2.2.2. Der UVS Vorarlberg weist in seinen Anträgen auf das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 hin, in welchem der Verfassungsgerichtshof bereits die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht" in § 79 Abs 1 AWG 2002 - unter dem Aspekt der Z 7 leg.cit. - auf Antrag des UVS Niederösterreich prüfte und nicht als verfassungswidrig aufhob. Der UVS Vorarlberg sieht den wesentlichen Unterschied zwischen den von ihm hier angefochtenen und den im Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 beurteilten Gesetzesstellen darin, dass die in den bei ihm anhängigen Anlassfällen anzuwendenden Verwaltungsstraftatbeständen (Z9 und Z 17 in § 79 Abs 1 und Z 11 in § 79 Abs 2 AWG 2002) nicht den Umgang mit gefährlichen Abfällen zum Gegenstand hätten.
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 seine ständige Rechtsprechung wiederholt, dass es zulässig ist, die absolute Höhe von Geldstrafen vor allem am Strafzweck zu orientieren. Weiters wies der Verfassungsgerichtshof im zitieren Erkenntnis darauf hin, dass der Gesetzgeber in § 79 AWG 2002 unter Rücksichtnahme auf das Erkenntnis VfSlg. 15.785/2000 in Abweichung zur Vorgängerbestimmung des § 39 AWG 1990, BGBl. 325/1990, in der keine gesonderten Strafbestimmungen für gewerbsmäßig Tätige enthalten waren, - jedenfalls unter dem Blickwinkel der Z 7 in § 79 Abs 1 AWG 2002, der gefährliche Abfälle betrifft - ein differenziertes System für gewerbsmäßig und nicht gewerbsmäßig Tätige geschaffen hat.
Der Verfassungsgerichtshof beanstandete im genannten Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 - in Hinblick auf § 79 Abs 1 Z 7 AWG 2002 - die Mindeststrafe von € 3.630,- nicht, weil es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers stehe, aus generalpräventiven Gründen in § 79 Abs 1 AWG 2002 für verpöntes Verhalten beim gewerbsmäßigen Umgang mit gefährlichen Abfällen eine derartige Mindeststrafe vorzusehen.
Die Strafdrohung sei in zweierlei Hinsicht klar begrenzt: zum einen gelange sie - unter anderem unter dem Aspekt des Tatbestands der Z 7 des § 79 Abs 1 AWG 2002 - ausschließlich für Delikte im Umgang mit gefährlichen Abfällen zur Anwendung, zum anderen generell nur in Bezug auf Personen, die gewerbsmäßig und damit auf Grund einer besonderen Qualifikation im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sind und somit eine spezifische Verantwortlichkeit haben; darüber hinaus verfolgten diese Personen mit der Tatbegehung in der Regel eigene wirtschaftliche Interessen.
Obwohl das Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 die Mindeststrafe von € 3.630,- unter dem Aspekt des Umgangs mit gefährlichen Abfällen (§79 Abs 1 Z 7 AWG 2002) behandelte, lassen sich die wesentlichen Aussagen des Verfassungsgerichtshofs auf die angefochtenen Bestimmungen in § 79 Abs 1 AWG 2002 (unter dem Aspekt der Z 9 und Z 17 leg.cit.) und in § 79 Abs 2 AWG 2002 (unter dem Aspekt der Z 11 leg.cit.) übertragen. Das differenzierte System von Strafdrohungen wurde im AWG 2002 auch in der Novelle BGBl. I 43/2007 nicht geändert:
Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend hervorhebt, erfasst § 79 Abs 1 AWG 2002 Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, die mit einem hohen Gefährdungspotential verbunden sind, § 79 Abs 2 AWG 2002 betrifft Verstöße mit einem geringeren Gefährdungspotential und § 79 Abs 3 AWG 2002 stellt Übertretungen mit geringem Gefahrenpotential (zB Verletzung von Formalvorschriften) unter Strafe. § 79 Abs 1 und 2 AWG 2002 enthält unterschiedliche Mindeststrafen, wobei sich die Höhe der Mindeststrafen jeweils danach richtet, ob die Verwaltungsübertretung von einem in der Abfallwirtschaft gewerbsmäßig Tätigen oder von einem nicht gewerbsmäßig Tätigen erfolgt.
Der Gesetzgeber hat - wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 17.719/2005 ausgesprochen hat - durch die Bestimmungen des § 79 AWG 2002 ein differenziertes System von Strafdrohungen geschaffen, um Verstößen gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 angesichts ihrer potentiellen Auswirkungen auf die öffentlichen Interessen der Gesundheit von Menschen und der Umwelt - unter Beachtung des vom Täter aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils - effektiv entgegenzuwirken.
2.2.3. Der UVS hegt in den zu G37/12, G38/12, G39/12 und G40/12 anhängigen Anträgen, denen Verwaltungsstrafverfahren wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 zugrunde liegen, gegen die angedrohte Mindeststrafe zunächst das Bedenken, es sei unsachlich, dass die Genehmigungspflicht der Änderung einer Abfallbehandlungsanlage gemäß § 37 iVm § 2 Abs 8 Z 3 leg.cit. schon dann entstehe, wenn diese nur das Potential für erhebliche Auswirkungen habe; es sei nicht erforderlich, dass die Änderung auch tatsächlich Auswirkungen habe.
Die wesentliche Änderung einer ortsfesten Behandlungsanlage bedarf gemäß § 37 Abs 1 AWG 2002 der behördlichen Genehmigung. Eine wesentliche Änderung ist nach § 2 Abs 8 Z 3 leg.cit. die "Änderung einer Behandlungsanlage, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt haben kann". Der Verfassungsgerichtshof hat keine Bedenken dagegen, dass die Genehmigungspflicht einer Behandlungsanlage (und damit auch der daran knüpfende Verwaltungsstraftatbestand) an die - bloße - Möglichkeit von erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf den Menschen oder die Umwelt gebunden wird. Der Gesetzgeber stellt bei der Genehmigungspflicht in zulässiger Weise in einer typologischen Betrachtung darauf ab, ob Behandlungsanlagen dieser Art erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter haben können. Sind solche nachteiligen Auswirkungen möglich, ist (erst) im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die konkrete Behandlungsanlage zu entscheiden, ob diese tatsächlich erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter hat und wie diese Auswirkungen gegebenenfalls vermieden oder minimiert werden können (vgl. zB ; zu der insoweit vergleichbaren Rechtslage bei gewerblichen Betriebsanlagen nach § 74 GewO 1994: s. auch Stolzlechner, Die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage, in:
Stolzlechner/Wendl/Bergthaler [Hrsg.], Die gewerbliche Betriebsanlage, 2008, Rz 188 mwN). Vor diesem Hintergrund ist weder der Umstand, dass der Gesetzgeber den Straftatbestand des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 an die Genehmigungspflicht des § 37 Abs 1 leg.cit. knüpft, noch die gewählte Mindeststrafhöhe als unsachlich zu erkennen.
2.2.4. Der UVS Vorarlberg erachtet in den zu G37/12, G38/12, G39/12 und G40/12 protokollierten Anträgen die Mindeststrafe von € 3.630,- für gewerbsmäßig Tätige in § 79 Abs 1 AWG 2002 - aus dem Gesichtspunkt des Verwaltungsstraftatbestands des § 79 Abs 1 Z 9 AWG 2002 - auch deswegen als unsachlich, weil der Gesetzgeber in § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 lediglich eine Höchststrafe von € 3.600,- vorgesehen habe und es nicht erkennbar sei, inwiefern sich der Unrechtsgehalt der Änderung einer Betriebsanlage ohne entsprechende Genehmigung nach der Gewerbeordnung 1994 vom Unrechtsgehalt der Änderung einer Behandlungsanlage ohne Genehmigung durch einen gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätigen unterscheiden soll.
Dem ist zu entgegnen, dass ein Vergleich der Strafbestimmungen in verschiedenen Gesetzen nur eingeschränkt möglich ist, unter anderem weil der Gesetzgeber in den einzelnen Rechtsgebieten eigenständige Zielsetzungen verfolgt und in aller Regel auch eigene Ordnungssysteme schafft. Die von der Gewerbeordnung 1994 abweichende Mindeststrafdrohung in § 79 Abs 1 AWG 2002 für gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätige Personen lässt sich sohin von vornherein mit tatsächlichen Unterschieden zur Errichtung und zum Betrieb gewerblicher Betriebsanlagen, aber auch mit unterschiedlichen Ordnungssystemen begründen, die der Gesetzgeber in beiden Rechtsgebieten geschaffen hat.
2.2.5. Schließlich erachtet es der UVS Vorarlberg in den zu G50/12 und G51/12 anhängigen Anträgen als unsachlich, dass § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 für den Verstoß gegen eine nachträglich vorgeschriebene Auflage gemäß § 62 Abs 3 leg.cit. eine Mindeststrafe in der Höhe von € 730,-, bei gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätigen € 3.630,- vorsieht, der Verstoß gegen eine Auflage, welche bereits im Zuge des Genehmigungsverfahrens vorgeschrieben wurde, aber gemäß § 79 Abs 2 Z 11 iVm § 43 Abs 4 AWG 2002 lediglich mit einer Mindeststrafe von € 360,-, bei gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft Tätigen mit € 1.800,- bedroht ist.
Der Verfassungsgerichtshof erachtet es als nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums im Abfallwirtschaftsgesetz 2002 eine höhere Mindeststrafe für jene Fälle vorsieht, in denen gegen eine nachträgliche Auflage nach § 62 Abs 3 AWG 2002 verstoßen wird. So kann eine sachliche Begründung in dieser unterschiedlichen Strafandrohung schon darin erblickt werden, dass § 62 Abs 3 AWG 2002 die Vorschreibung nachträglich erforderlicher Auflagen nur dann vorsieht, wenn die gemäß § 43 leg.cit. wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind. Die Bestimmung nimmt dabei nicht nur darauf Bezug, dass nachteilige Folgen der Auswirkungen einer Behandlungsanlage eintreten können, sondern auch schon tatsächlich eingetreten sind (§62 Abs 3 zweiter Satz leg.cit.). Wenn demgemäß die Erfüllung einer nachträglichen Auflage - bei welcher der Gesetzgeber im Hinblick auf einen bereits erfolgenden Betrieb der Behandlungsanlage und die in § 43 leg.cit. genannten Interessen ein verstärktes Schutzverständnis ins Treffen zu führen vermag - mit einer höheren Mindeststrafdrohung im Falle des Verstoßes untermauert werden soll, kann dies nicht als unsachlich beurteilt werden. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass in Fällen, in denen eine schon im Genehmigungsbescheid vorgeschriebene Auflage nicht erfüllt wird, bloß die Mindeststrafandrohung niedriger ist; bei vergleichbaren Auswirkungen auf die in § 43 AWG 2002 genannten Interessen (auf die in § 79 Abs 2 Z 11 leg.cit. verwiesen wird) kann bei der Strafzumessung im konkreten Fall eine höhere - dem § 79 Abs 1 Z 17 leg.cit. vergleichbare - Strafe erfolgen.
Soweit der UVS wiederum einen unsachlichen
Unterschied zu § 367 GewO 1994 ausmacht, ist auf die unter Pkt. III.2.2.3. dargelegten Erwägungen sinngemäß zu verweisen.
2.2.6. Auch die in den zu G50/12 und G51/12 protokollierten Anträgen erhobene Behauptung, § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 lasse eine Berücksichtigung des Grades der Verletzung der Interessen, die durch die konkrete Auflage geschützt sind, "nur in einem deutlich eingeschränkten Ausmaß" bei der Strafbemessung zu, geht nach den bisherigen Ausführungen und unter Berücksichtigung der §§20 und 21 VStG ins Leere.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die Anträge werden daher abgewiesen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.