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VfGH vom 10.12.2015, G364/2015 ua

VfGH vom 10.12.2015, G364/2015 ua

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des Sbg MindestsicherungsG betr die Kürzung des Mindeststandards für die Dauer des Aufenthalts in einer therapeutischen Wohneinrichtung aufgrund einer gerichtlichen Weisung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz

Spruch

I. In § 13 Abs 1 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl für das Land Salzburg Nr 63/2010 idF LGBl für das Land Salzburg Nr 57/2012, wird die Wortfolge "oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

III. Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Salzburg verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren sowie Anträge

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B455/2013 eine auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom unter Festsetzung einer Probezeit von 5 Jahren bedingt aus der Strafhaft entlassen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer mit diesem Beschluss gemäß § 179a des Strafvollzugsgesetzes (im Folgenden: StVG) auch die Weisung erteilt, in der betreuten Wohneinrichtung "*******" der *** ***** **** **** Wohnsitz zu nehmen. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom wurde die Wohnsitzweisung dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer nunmehr in einer "Trainingswohnung" wohnen kann und dort aufsuchend mobil betreut wird. Die mobile therapeutische Betreuung wurde vom Bund übernommen. Die Wohnkosten betragen € 344,93 pro Monat (laut Beleg vom ; Miete, Betriebskosten, Heizkosten, Strom). Mit Beschluss vom wies das Landesgericht Salzburg den Antrag des Beschwerdeführers auf Übernahme der "Wohnkosten und der Lebenshaltungskosten" gemäß § 179a StVG ab und stellte in der Begründung dieses Beschlusses fest, dass dies auch schon implizit im früheren Beschluss vom ausgesprochen worden sei. Das Leistungsentgelt für die mobile Betreuung beträgt auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Bund und der *** ***** **** **** seit dem € 48,70 pro Tag.

1.2. Am beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem Salzburger Mindestsicherungsgesetz (im Folgenden: Sbg. MSG). Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom wurde dem Beschwerdeführer eine monatliche Geldleistung in der Höhe von € 96,66 (Taschengeld in der Höhe von 12,5 % des Mindeststandards) für den Zeitraum von bis zuerkannt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die Salzburger Landesregierung mit der Begründung, dass er eine Trainingswohnung der *** ***** **** **** bewohne, für die der Bund zwar die Kosten für die sozialarbeiterischen und psychologischen Betreuungsleistungen übernehme, für die Wohnungs- und sonstigen Lebenshaltungskosten müsse der Beschwerdeführer jedoch selbst aufkommen.

1.3. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom wies die Salzburger Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf § 13 Sbg. MSG und führte – auf das Wesentliche zusammengefasst – begründend aus, dass sich der Beschwerdeführer auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer Einrichtung der *** ***** **** **** aufhalte. Dem Beschwerdeführer gebühre daher gemäß § 13 Abs 1 leg.cit. für den Lebensunterhalt 12,5 % des Mindeststandards gemäß § 10 Abs 1 Sbg. MSG iVm § 1 der Kundmachung der Salzburger Landesregierung über die Höhe der Mindeststandards in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Jahr 2012, LGBl für Salzburg 3/2012 (im Jahr 2012: 12,5% von € 773,26; d.h. im Ergebnis monatlich € 96,66). Der Wohnbedarf ruhe gemäß Abs 2 leg.cit. für die Dauer eines Aufenthaltes in einer unter Abs 1 fallenden Einrichtung. Unter Hinweis auf § 179a Abs 2 StVG – der die Kostentragung bei einschlägiger Nachbetreuung bedingt Entlassener regelt – führte die belangte Behörde aus, dass § 13 Sbg. MSG keine Differenzierung dahingehend vornehme, ob eine voll- oder teilstationäre Unterbringung in einer therapeutischen Wohneinrichtung vorliege, sondern dass die Gewährung des gekürzten Richtsatzes "ausnahmslos in jedem Fall des Aufenthaltes" auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer solchen Einrichtung zu erfolgen habe. Es entspreche dem Willen des Landesgesetzgebers, dass diesen Personen zur Befriedigung der über die Betreuung, Verpflegung und Unterkunft hinausgehenden persönlichen Bedürfnisse das in § 13 Sbg. MSG normierte "'Taschengeld' subsidiär aus den Mitteln der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gewährt" werde.

2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" in § 13 Abs 1 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl für das Land Salzburg 63/2010 idF LGBl für das Land Salzburg 57/2012, entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3.1. Gemäß § 13 Abs 1 Sbg. MSG wird für die Dauer eines Aufenthaltes in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung die Hilfe für den Lebensunterhalt bei volljährigen Personen auf 12,5 % des Mindeststandards gemäß § 10 Abs 1 Z 1 leg.cit. gekürzt. § 13 Abs 2 leg.cit. sieht vor, dass die Hilfe für den Wohnbedarf für die Dauer eines Aufenthaltes in einer unter Abs 1 fallenden Einrichtung ruht, ausgenommen in den Fällen, in welchen in absehbarer Zeit wieder ein Wohnbedarf in der konkreten Unterkunft besteht oder die Erhaltung dieser Unterkunft wirtschaftlich sinnvoll erscheint. § 13 Abs 1 leg.cit. scheint damit ohne Differenzierung für jeden Fall eines Aufenthaltes in einer der genannten Einrichtungen die gleiche Rechtsfolge, nämlich die Kürzung bzw. das Ruhen des Mindeststandards, anzuordnen.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass es zwischen den von § 13 Abs 1 Sbg. MSG genannten Einrichtungen ('Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung') Unterschiede bei der Kostentragung gibt, und zwar sowohl in Bezug darauf, wer die Kosten zu tragen hat als auch bezüglich von deren Umfang und Höhe:

3.2.1. Bei einem Aufenthalt in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung ist der Patient 24 Stunden täglich zu verpflegen. Unter den Begriff 'Verpflegung' fallen sowohl Unterkunft und Verköstigung als auch die damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen wie Wohnraum- oder Wäschereinigung ( Pfeil , in: SV-Komm, § 324 ASVG, Rz 16). Dafür kann von dem Patienten gemäß § 27a Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) ein Kostenbeitrag von maximal € 3,63 pro Verpflegstag, für höchstens 28 Tage im Jahr, eingehoben werden. Dieser Kostenbeitrag kann in bestimmten Fällen sozialer Bedürftigkeit entfallen.

3.2.2. Für den Fall des Aufenthaltes in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auf Grund einer gerichtlichen Weisung scheint § 179a StVG – an den § 13 Sbg. MSG sowohl nach dem Wortlaut als auch nach den Materialien anknüpft – in seinem Abs 1 vorzusehen, dass dies auch mit der Maßgabe geschehen kann, dass die Behandlung oder sozialtherapeutische Betreuung für den Verurteilten entweder unentgeltlich durch eine Forensische Ambulanz, durch eine sozialtherapeutische Wohneinrichtung, durch einen Psychotherapeuten oder durch einen Arzt durchgeführt wird, die oder der sich zur Durchführung solcher Behandlungen und Betreuungen dem Bundesministerium für Justiz gegenüber verpflichtet hat, also durch Sachleistungserbringung seitens der Justiz, oder allenfalls durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht wird. Hat jedoch der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung und würde durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert, so hat gemäß Abs 2 leg.cit. die Kosten der Behandlung oder des Aufenthaltes ganz oder teilweise der Bund zu übernehmen. Der Gesetzgeber des StVG hat mit der Novelle BGBl I 40/2009 anscheinend zwar den Katalog der ärztlichen Nachbetreuungsmöglichkeiten bedingt Entlassener um die sozialtherapeutische Betreuung erweitert und erstmals den Begriff 'Aufenthalt' in § 179a StVG eingeführt, aus den Materialien dürften sich jedoch keine (eindeutigen) Hinweise darauf ergeben, dass – anders als bei den anderen Formen einer Nachbetreuung – in diesen Fällen auch die Kosten für den Lebens- und Wohnbedarf jedenfalls vom Bund getragen werden sollen.

3.3. Die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 13 Abs 1 MSG dürfte nun insoweit gegen den Gleichheitssatz verstoßen, als dadurch anscheinend Hilfeleistungen für Personen, die unter Erteilung von Weisungen nach § 179a StVG bedingt entlassen wurden, beim Anspruch auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausnahmslos auf einen Richtsatz in Höhe des Taschengeldes gekürzt werden und diese Personen auch keinen Beitrag zum Wohnbedarf erhalten, da dieser in einem solchen Fall – sieht man von der allfälligen Möglichkeit der Aufrechterhaltung einer sonst bestehenden Wohnmöglichkeit ab – gemäß Abs 2 dieser Bestimmung ruht. All dies dürfte unabhängig davon angeordnet sein, ob und in welchem Umfang der Bund diese Kosten nach § 179a StVG tatsächlich trägt. Dadurch werden zwei Personengruppen (Patienten in näher bezeichneten Krankenanstalten einerseits und bedingt Entlassene, die sich kraft strafgerichtlicher Weisung in Einrichtungen aufhalten, andererseits) trotz unterschiedlicher wirtschaftlicher Ausgangslage bei der Zuerkennung von Leistungen nach dem Sbg. MSG schematisch gleich behandelt: Während nämlich Personen in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung entweder von einem Sozialversicherungsträger oder von einem Sozialhilfeträger vollständig verpflegt werden, dürfte der Umfang der auf Kosten des Bundes vorgesehenen Versorgung bei Personen, die auf Grund einer gerichtlichen Weisung untergebracht werden, von der Entscheidung des Strafgerichtes abhängen, die Versorgung in Bezug auf Kosten zum Lebensunterhalt und Wohnkosten aber jedenfalls nicht sichergestellt sein.

3.4. Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis VfSlg 18.954/2009 ausgesprochen hat, verstößt es gegen den Gleichheitssatz, wenn der Sozialhilfeträger für 'bedingt entlassene Straftäter, die aufgrund einer gerichtlichen Weisung in einer stationären Einrichtung untergebracht werden und hilfsbedürftig sind', die Hilfeleistung unter Hinweis auf die sich aus der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz ergebende Verantwortlichkeit des Bundes gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B VG verweigert, obwohl die betroffene Person diese Leistung vom Bund tatsächlich nicht erhält. Aus denselben Gründen dürfte auch eine gesetzliche Bestimmung gegen den Gleichheitssatz verstoßen, die –anders als im Fall des erwähnten Erkenntnisses – die Entscheidung nicht dem Vollzug überantwortet, sondern selbst jede Bedachtnahme auf den tatsächlichen Bedarf hinsichtlich Lebensunterhalt und Wohnen durch eine ausnahmslose, schematische Regelung der hier vorliegenden Art ausschließt.

3.5. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Bund durch die Beschränkung der Kostentragung auf die therapeutische Betreuung einer ihm obliegenden Kostentragungspflicht nicht nachkäme, so entbehrte die in Prüfung gezogene Norm – wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt – der sachlichen Rechtfertigung, wenn sie bei gleicher Notlage eine sonst nach der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu gewährende Leistung einer betroffenen Person nur im Hinblick auf allfällige finanzverfassungsrechtliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern verweigert: Denn es stünde den Ländern zur Klärung allenfalls strittiger Fragen und zur Durchsetzung finanzverfassungsrechtlicher Ansprüche nach eigener Leistungserbringung im Regressweg das Verfahren nach Art 137 B VG zu Gebote."

4. Die Salzburger Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

"II. Zu den Bedenken des Gerichtshofs im Einzelnen:

1. Zu Pkt III.3.2.1:

Den Ausführungen des VfGH zur Kostentragung bei einem Aufenthalt in einer Kranken- oder Kuranstalt wird grundsätzlich zugestimmt. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass § 62 Abs 1 litd des Salzburger Krankenanstaltengesetzes eine ausdrückliche Ausnahme von der Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages für Personen vorsieht, die Leistungen nach dem 3. Abschnitt des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes erhalten. Zu diesen Leistungen zählen auch Taschengeldleistungen im Sinn des § 13 Abs 1 MSG. Personen, die sich in einer Kranken- oder Kuranstalt aufhalten und ein Taschengeld gemäß § 13 MSG beziehen, sind daher ebenso von der Verpflichtung zur Leistung eines Behandlungsbeitrages befreit wie Personen in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung nach § 179a Abs 2 StVG.

2. Zu Pkt III.3.2.2:

Zur Kostentragungsverpflichtung ist auszuführen, dass die einschlägigen Gesetzesmaterialien zu § 179a StVG zwar keinen eindeutigen Hinweis auf den Umfang der Kostentragungsverpflichtung des Bundes im Fall der Unterbringung von bedingt entlassenen Rechtsbrechern in sozialtherapeutischen Wohneinrichtungen enthalten. Aus Sicht der Salzburger Landesregierung ergibt sich jedoch auf Grund der Systematik und der Intention der Regelung sowie weiterer Erkenntnisquellen mit hinreichender Sicherheit, dass die Kostentragungsverpflichtung des Bundes nach § 179a StVG nicht auf die Tragung der Kosten für sozialtherapeutische Betreuungsleistungen beschränkt ist, sondern auch die Tragung der Kosten für den Lebens- und Wohnbedarf umfasst.

a) Im Gegenstand ist in erster Linie darauf hinzuweisen, dass die Abs 1 und 2 des § 179a StVG strikt zwischen Behandlungen (Entwöhnungsbehandlungen, psychotherapeutische und medizinische Behandlungen) einerseits und dem Aufenthalt in einer Wohneinrichtung andererseits unterscheiden. Während Behandlungen Therapiemaßnahmen im Sinn des § 51 Abs 3 StGB darstellen, ist mit der gerichtlichen Weisung 'in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen' eine Aufenthaltsbestimmung im Sinn des § 51 Abs 2 StGB verbunden. Eine Weisung gemäß § 51 Abs 2 StGB kann sich dabei nur auf den gewöhnlichen Aufenthalt beziehen (vgl Schroll , in: WK 2 , § 51 StGB, Rz 23), also auf einen Ort, an dem eine dauerhafte Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt gegeben ist. Die Dauerhaftigkeit manifestiert sich durch die stationäre Aufnahme der betreffenden Person in die Wohneinrichtung, was zwangsläufig eine Zurverfügungstellung von Unterkunft und entsprechender Verpflegung voraussetzt. Aus Sicht der Salzburger Landesregierung kann allein schon deshalb der Begriff 'Aufenthalt' im § 179a StVG in Bezug auf den Umfang der Kostentragungsverpflichtung nicht auf Angelegenheiten der Kostentragung für therapeutische Leistungen reduziert werden, sondern erstreckt sich dieser auch auf Angelegenheiten der Kostentragung für den Lebens- und Wohnbedarf.

b) Gestützt wird diese Ansicht durch entsprechende Ausführungen in den Gesetzesmaterialien zu § 324 Abs 4 ASVG, und zwar zur Novelle BGBl I Nr 122/2011, mit der die Legalzessionsregelung des bisherigen § 324 Abs 4 ASVG auf leistungsberechtigte [Personen], die nach § 179a StVG auf Kosten des Bundes in einer Anstalt oder Einrichtung untergebracht sind, ausgeweitet wurde. Nach den Gesetzesmaterialien (RV Nr 1512 BlgNR XXIV GP) soll damit die geltende Regelung

'auf jene Fälle ausgeweitet werden, in denen die leistungsbeziehende Person auf Grundlage einer gerichtlichen Weisung nach § 51 StGB stationär in einer (sozal)therapeutischen (Wohn)Einrichtung untergebracht wird und der Bund die Kosten dafür nach § 179a des Strafvollzugsgesetzes übernimmt, zumal auch in diesen Fällen der Bund die Kosten für die Unterbringung trägt und die untergebrachte Person umfassend versorgt wird. [....] Die Kosten für einen Tag der stationären Unterbringung liegen zwischen 80 € und 100 €; damit ist eine '24-Stunden-Rundumbetreuung' gedeckt, in der für die Unterbringung, die Verpflegung, die Medikation sowie den ärztlichen, psychologischen, pflegerischen und sozialarbeiterischen Personalaufwand gesorgt ist.'

Insbesondere durch den ausdrücklichen Hinweis auf die Unterbringung und Verpflegung stellen die Gesetzesmaterialien unmissverständlich klar, dass die Kostentragungsverpflichtung des Bundes nach § 179a StVG für die '24-Stunden-Rundumbetreuung' sowohl die Kosten für therapeutische Betreuungsleistungen wie auch die Kosten für den Wohn- und Lebensbedarf umfasst.

c) Die Kostentragungsverpflichtung des Bundes gemäß § 179a StVG für die Unterbringung und Essensversorgung von Personen in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auf Grund gerichtlicher Weisung wurde vom Bundesministerium für Justiz auch ausdrücklich anerkannt (s Schreiben des Justizministeriums an die Verbindungsstelle der Bundesländer vom , GZ BMJ S 625.073/0002 IV 1/2013 – Beilage). Im Pkt II 'Ausmaß der vom Bund zu übernehmenden Kosten' dieses Schreibens führt das Justizministerium unter Hinweis auf die Novelle BGBl I Nr 40/2009 und die diesbezüglichen Gesetzesmaterialien aus:

'Mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz wurde auch die Erteilung einer Weisung, in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, in den Katalog der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aufgenommen. Diese Wohneinrichtungen dienen der sozialarbeiterischen stationären Betreuung der Entlassenen und verfolgen vorrangig folgende Ziele:

Psychische, physische, emotionale und soziale Stabilisierung

Erhalt, Stärkung bzw Wiederaufbau sozialer Netzwerke, Verbesserung der

Beziehungsfähigkeit

Verhinderung neuerlicher Delinquenz

Finanzielle Absicherung

Tagesstrukturierung durch Beschäftigung, Haushaltsführung und

Freizeitgestaltung

Aufbau sozialer Kompetenzen und Festigung des Selbstwertgefühls

Regelung finanzieller Angelegenheiten (Unterhaltszahlungen,

Schuldenregulierung)

Einhaltung der gerichtlichen Weisungen und Auflagen

Erlangung von geeigneter Beschäftigungs- und Wohnmöglichkeit

Soziale und gesellschaftliche Integration.

Dem Wesen der Weisung entsprechend ist hier eine Übernahme der Kosten der Unterbringung und Essensversorgung durch den Bund möglich. Allerdings ist mit der Wohnsitznahme in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung nicht die 'Vollverpflegung' der betroffenen Personen verbunden, weshalb die Kosten für sogenannte Annexleistungen wie Bekleidung, Genussmittel, Telefonkosten oder Aufwendungen für familiäre und gesellschaftliche Gepflogenheiten nicht von der Kostenübernahme durch den Bund erfasst sind.'

Unbeschadet der Wendung 'ist hier eine Übernahme der Kosten ... möglich', die sich im Zusammenhang auf die gesetzlich festgelegte Subsidiarität der Bundesleistung gegenüber einer Krankenversicherungsleistung oder zumutbaren Eigenleistung der betreffenden Person bezieht ('hat der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung und würde durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert'), geht daraus klar hervor, dass dem Wesen der Weisung entsprechend die Kosten der Unterbringung und Essensversorgung einen Bestandteil der Kostentragungsverpflichtung des Bundes gemäß § 179a StVG bilden.

d) Und schließlich sprechen für die Einbeziehung der Angelegenheiten der Wohn- und Essensversorgung, dass – im Sinn einer interdisziplinären Betrachtung – auch nach anderen Rechtsvorschriften mit dem Begriff 'Aufenthaltskosten' für gewöhnlich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung verbunden werden (vgl nur zB § 13 Z 1 GebAG, der die Kosten des Aufenthalts als 'Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen' definiert, oder zB § 49 Abs 4 VwGG, der die Aufenthaltskosten als die 'mit dem Aufenthalt am Sitz des Verwaltungsgerichtshofes notwendig verbundenen zusätzlichen Kosten für Verpflegung und Unterkunft' umschreibt), und dass die Gesetzesmaterialien zum Zweiten [Gewaltschutzgesetz] (BGBl I Nr 40/2009) zumindest indirekt einen Hinweis auf die Übernahme der Kosten für die Unterbringung und Verpflegung insoweit enthalten, als sie eine Lösung für den seit längerem schwelenden Konflikt zwischen dem Bund und den Ländern über die Kostentragung der Unterbringung und Verpflegung von bedingt Entlassenen in stationären Wohneinrichtungen andeuten, indem in der Begründung des Initiativantrages (IA Nr 271 BlgNR, XXIV GP, 40) ausgeführt wird, dass

'die Novellierung zum Zweck der Rückfallsvermeidung (Prävention) und nachhaltigen Gesundheitsstabilisierung sicherstellen [soll], dass für die (…) Nachbetreuungs- bzw. Behandlungsmaßnahmen ein garantierter (zumindest subsidiärer) Kostenträger vorhanden ist. Die derzeitige Situation, bei der Betroffene, die zu 99 % mittellos oder (Mindest)Rentenempfänger sind, von einer Behörde an die andere verwiesen werden, wobei sich jeweils eine auf die Kostentragungspflicht der anderen beruft, um am Ende keine Zusage für eine Übernahme der Kosten zur Erfüllung der ihnen gerichtlich aufgetragenen Weisungen zu erhalten, ist nicht nur unbefriedigend, sondern insbesondere dem Resozialisierungsauftrag entgegenlaufend, zumal aus diesem Grunde auch Weisungen widerrufen werden und es zu Rückfällen gekommen ist. Von der geschilderten Problematik sind insbesondere folgende Maßnahmen betroffen (…) die über Weisung aufgetragene Unterbringung in einer forensisch-sozialtherapeutischen Wohneinrichtung nach der bedingten Entlassung bzw Nachsicht der Einweisung mit dem Ziel der Stabilisierung und Kontrolle des Gesundheitszustandes (durch Überwachung der Weisungen) sowie sozialtherapeutischer, langfristig stabilisierender Behandlungsmaßnahmen.'

Aus Sicht der Salzburger Landesregierung hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 179a StVG durch das Gesetz BGBl I Nr 40/2009 daher nicht nur den Katalog der ärztlichen Nachbetreuungsmöglichkeiten bedingt Entlassener um die sozialtherapeutische Betreuung erweitert, sondern auch, und zwar durch die Verwendung des Begriffs 'Aufenthalt', die Tragung der Kosten für die Unterbringung und Verpflegung dieser Personen in sozialtherapeutischen Wohneinrichtungen übernommen.

3. Zu Pkt III.3.3:

a) Zu den erhobenen gleichheitsrechtlichen Bedenken ist grundsätzlich auszuführen, dass § 13 Abs 1 MSG nur zur Anwendung kommt, wenn es sich – wie auch aus den Erläuterungen dazu ersichtlich (RV Nr 577 BlgLT 4. Sess, 14. GP) – um die Unterbringung einer Person in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auf Grund einer gerichtlichen Weisung und insoweit um einen 'stationären' Aufenthalt in einer solchen Wohneinrichtung handelt. Im Fall ambulanter sozialtherapeutischer Betreuungsleistungen stehen der betreffenden [Person], soweit sie hilfsbedürftig ist und die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, sämtliche Leistungen des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes offen.

b) Im Fall des stationären Aufenthalts einer Person in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auf Grund einer gerichtlichen Weisung gemäß § 51 Abs 2 StGB stellt sich die Situation dieser Person im Hinblick auf die Zuerkennung von Leistungen nach dem Salzburger Mindestsicherungsgesetz aus Sicht der Salzburger Landesregierung nicht anders dar als bei Aufenthalt einer Person in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung. Besteht nämlich keine Hilfsbedürftigkeit, sind die Bestimmungen des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes in beiden Fällen nicht anzuwenden. Besteht aber Hilfsbedürftigkeit, gebührt in beiden Fällen ein Taschengeld und sind in beiden Fällen die betreffenden Personen von der Tragung der Kosten für die Unterbringung und Verpflegung in der stationären Einrichtung befreit: im Fall des Aufenthalts in einer Kur- oder Krankenanstalt durch Tragung der Kosten durch den Sozialversicherungsträger oder den Träger der Sozialhilfe, im Fall des Aufenthalts in einer sozialtherapeutischen Einrichtung auf Grund einer gerichtlichen Weisung gemäß § 51 Abs 2 StGB durch den Sozialversicherungsträger oder durch den Bund gemäß § 179a StVG (und zwar entweder in Form eines unentgeltlichen Aufenthalts des bedingt Entlassenen gemäß Abs 1 oder in Form der subsidiären Übernahme der Aufenthaltskosten durch den Bund gemäß Abs 2).

Die Kostentragungspflicht des Bundes im Fall der Hilfsbedürftigkeit, und zwar auch im Fall des § 179a Abs 2 StVG, ist aus Sicht der Salzburger Landesregierung darin begründet, dass das zuständige Gericht nach dieser Bestimmung nur unter zwei Voraussetzungen eine Kostenübernahme durch den Bund ablehnen kann: Erstens, wenn der Verurteilte Anspruch auf entsprechende Leistungen aus der Krankenversicherung hat. Und zweitens, wenn der Verurteilte selbst in der Lage ist, die mit der Erfüllung der erteilten Weisungen verbundenen Kosten zu tragen, wenn er also nicht hilfsbedürftig ist. Grundsätzlich haben bedingt Entlassene die mit der Erfüllung der erteilten Weisungen verbundenen Kosten ja selbst zu tragen (vgl Piber in: WK 2 , § 179a StVG, Rz 3; Schroll , in: WK 2 , § 51 StGB, Rz 48). Wenn sie dazu aber nicht in der Lage sind und ihr Fortkommen dadurch erschwert werden würde, sie also hilfsbedürftig sind, hat der Bund die Kosten für die mit der Erfüllung der erteilten Weisungen verbundenen Aufenthaltskosten zu übernehmen, wobei hier dem erkennenden Gericht aus Sicht der Salzburger Landesregierung kein Ermessen zukommt (arg 'hat .. der Bund zu übernehmen'). Nur unter der Voraussetzung, dass der Betroffene selbst in der Lage und daher verpflichtet ist, einen Teil der Kosten ohne Erschwerung seines Fortkommens zu tragen, kann das Gericht aussprechen, dass der Bund nur teilweise die Kosten zu übernehmen hat (vgl Piber aaO unter Hinweis auf AB Nr 359 BlgNR XVII. GP, 64); kann er aber nicht einmal einen Teil der Kosten ohne Erschwerung seines Fortkommens tragen, wäre ein teilweiser oder gänzlicher Ausschluss der Kostenübernahmeverpflichtung des Bundes contra legem.

c) Inwieweit der Bund seiner Kostentragungsverpflichtung gemäß § 179a StVG durch die festgelegte Höhe der mit den Trägern sozialtherapeutischer Einrichtungen vereinbarten (pauschalierten) Tagsätze für den Aufenthalt in einer solchen Einrichtung tatsächlich ausreichend nachgekommen ist, ist im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Bundes dafür ho nicht weiter zu beurteilen. Wesentlich ist aus Sicht der Salzburger Landesregierung im Zusammenhang jedoch, dass die vereinbarten Tagsätze entsprechende Entgeltkomponenten für die Unterbringung und Verpflegung enthalten. Begründend wird hier neuerlich auf die oben angeführte Stellungnahme des Justizministeriums und die Erläuterungen zur Novelle des § 324 Abs 4 ASVG (BGBl I Nr 122/2011) hingewiesen, nach denen die Kosten für einen Tag der stationären Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung zwischen 80 € und 100 € liegen. 'Damit' – so die Erläuterungen – 'ist eine '24-Stunden-Rundumbetreuung' gedeckt, in der für die Unterbringung, die Verpflegung, die Medikation sowie den ärztlichen, psychologischen, pflegerischen und sozialarbeiterischen Personalaufwand gesorgt ist.'

d) Schließlich besteht aus Sicht der Salzburger Landesregierung auch keine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Kostentragung der vom Bund gemäß § 179a StVG nicht übernommenen Annexleistungen (Bekleidung, Genussmittel, Telefonkosten oder Aufwendungen für familiäre und gesellschaftliche Gepflogenheiten udgl). Sowohl im Fall des Aufenthalts einer hilfsbedürftigen Person in einer Kur- oder Krankenanstalt als auch im Fall des Aufenthalts einer solchen Person in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auf Grund einer gerichtlichen Weisung werden die Kosten dafür vom Träger der Mindestsicherung durch Gewährung eines Taschengeldes getragen.

3. Zu Pkt III.3.4:

Zu diesen Bedenken des Gerichtshofs ist auszuführen, dass § 13 Abs 1 MSG – anders als im Fall des zum Tiroler Rehabilitationsgesetz ergangenen Erkenntnisses VfSlg 18.954/2009 – an eine bundesgesetzliche Vorschrift anknüpft, die den Bund zur Übernahme der Kosten für den stationären Aufenthalt einer hilfsbedürftigen Person in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auf Grund einer gerichtlichen Weisung gemäß § 51 Abs 3 StGB explizit verpflichtet. Der Bund ist mit dieser [einfachgesetzlichen] Regelung seiner Kompetenz zur Strafrechtspflege gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B VG nachgekommen, um zu gewährleisten, dass sich der bedingt Entlassene seinen Aufenthalt in der sozialtherapeutischen Wohneinrichtung auch leisten kann (vgl dazu wiederum die oa Stellungnahme des Justizministeriums vom ). Insoweit wird die Hilfeleistung nicht allein wegen der sich aus der Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz ergebenden Verantwortlichkeit des Bundes gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B VG eingeschränkt, sondern weil der Bundesgesetzgeber die verfassungsrechtliche Verantwortlichkeit des Bundes für diesen Personenkreis einfachgesetzlich umgesetzt und den Bund zur Übernahme der Kosten für den Aufenthalt (einschließlich Unterbringung und Verpflegung) in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung verpflichtet hat.

4. Zu Pkt III.3.5:

Auch zu diesen Bedenken des Gerichtshofs ist auszuführen, dass die Einschränkung der Hilfeleistung ausschließlich auf Grund des Umstandes erfolgt ist, dass der Bund seine Verantwortlichkeit wahrgenommen und die Kosten für den Aufenthalt in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung übernommen hat."

5. Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes hat sich das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zur Stellungnahme der Salzburger Landesregierung betreffend den Umfang der verpflichtenden Kostentragung durch den Bund im Falle gerichtlicher Weisungen nach § 179a Abs 1 StVG geäußert:

"I. Zur Frage des Umfangs der verpflichtenden Kostentragung durch den Bund im Falle gerichtlicher Weisungen nach § 179a Abs 1 StVG

Was den Umfang der subsidiären Kostentragungspflicht des Bundes für den Aufenthalt in sozialtherapeutischen Einrichtungen nach § 179a StVG anlangt, hat das befasste Bundesministerium für Justiz auf seine (der Äußerung der Salzburger Landesregierung beigelegte) Stellungnahme BMJ S 625.073/0002 IV 1/2013 vom verwiesen. Danach ist im Falle einer Weisung, in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, eine Übernahme der Kosten der Unterbringung und Essensversorgung durch den Bund möglich. Eine 'Vollverpflegung' finde hingegen insofern nicht statt, als Kosten für Leistungen wie Bekleidung, Genussmittel, Telefonkosten oder Aufwendungen für familiäre und gesellschaftliche Gepflogenheiten nicht von der Kostenübernahme durch den Bund erfasst seien.

Im konkreten Fall handelt es sich jedoch, wie das Bundesministerium für Justiz nunmehr darlegt, seit der Weisungsänderung Anfang 2012 nicht mehr um eine Weisung zur Wohnsitznahme in einer sozialtherapeutischen Einrichtung, wie dies zuvor im Rahmen von '*******' noch der Fall war. Die 'Trainingswohnung', in der der Antragsteller im Sinne der modifizierten Weisung in der Folge Wohnsitz nahm, ist nämlich ungeachtet des Umstandes, dass diesbezüglich auch die *** ***** **** **** Trägerin ist, keine sozialtherapeutische Einrichtung mehr. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Wohnung, die – wie das Landesgericht Salzburg in dem klarstellenden Beschluss aus 2013 ausführt – auch eine von anderer Seite zur Verfügung gestellte Mietwohnung oder eine Eigentumswohnung des Antragstellers sein könnte und in der dieser lediglich die aufsuchende therapeutische Betreuung zu dulden hat. In diesem Sinn besteht keine Kostendeckungspflicht des Bundes für die Wohnmöglichkeit, sondern nur mehr eine solche für die aufsuchende sozialtherapeutische Betreuung, der der Bund auch nachkomme.

Für Wohnungen wie die gegenständliche 'Trainingswohnung' werden daher – so das Bundesministerium für Justiz weiter – auch keine Vereinbarungen nach § 179a Abs 3 StVG geschlossen. Bei der Einforderung der Wohnkosten seitens des Wohnungsträgers gegenüber dem Antragsteller handelt es sich sohin um eine gewöhnliche Einforderung der Wohnkosten, wie sie auch bei einem anderen Vermieter als der *** ***** **** **** möglich wäre und wofür gleichfalls keine Kostentragungspflicht des Bundes besteht.

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz erfolgte daher die Abweisung des Antrags auf Kostenübernahme durch das Landesgerichts Salzburg mit dem Beschluss aus 2013 zu Recht.

II. Zu den finanzverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten:

Der Gerichtshof führt in der Begründung des Prüfungsbeschlusses vom aus, dass 'den Ländern zur Klärung allenfalls strittiger Fragen und zur Durchsetzung finanzverfassungsrechtlicher Ansprüche nach eigener Leistungserbringung im Regressweg das Verfahren nach Art 137 B VG zu Gebote' stünde.

Das Bundesministerium für Finanzen bemerkt in diesem Zusammenhang, dass die Salzburger Landesregierung gar nicht vorgebracht hat, dass das Land keine Kosten übernehmen wolle, die gemäß dem Finanz-Verfassungsgesetz 1948 vom Bund zu tragen wären; sie verweist vielmehr darauf, dass § 13 Abs 1 Sbg. MSG an eine konkrete bundesgesetzliche Kostenübernahmebestimmung anknüpfe, die der Bundesgesetzgeber aufgrund seiner 'verfassungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Bundes für diesen Personenkreis' vorsehe. Jedenfalls handle es sich, wenn der Bund im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz Leistungen nach Art des § 179a StVG vorsehe, um die Wahrnehmung seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes und nicht etwa um die Erfüllung einer finanzverfassungsrechtlichen Verpflichtung gegenüber einer anderen Gebietskörperschaft. Das gilt – so das Bundesministerium für Finanzen – auch dann, wenn durch eine andere rechtspolitische Beurteilung indirekt der Aufwand der Länder für Sozialhilfe (bedarfsorientierte Mindestsicherung) betroffen sein kann; derartige Wechselwirkungen zwischen den Haushalten von Gebietskörperschaften bestehen in vielen Rechtsbereichen (z.B. durch bundesgesetzliche Regelungen im Bereich des Steuerrechts oder Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds), sie können jedoch nicht zu Rechtsansprüchen auf Kostenersätze zwischen den Gebietskörperschaften auf Basis des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 führen."

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich den eingangs dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes angeschlossen und mit – im Wesentlichen gleichlautenden, die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes aus dem Prüfungsbeschluss jeweils wörtlich übernehmenden – Beschlüssen vom , A 2015/0005 (hg. G544/2015), A 2015/0006, 0007, 0008 (hg. G545/2015), A 2015/0003 (hg. G546/2015), A 2015/0009 (hg. G547/2015), A 2015/0004 (hg. G548/2015) jeweils den Antrag gestellt, die Wortfolge "oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" in § 13 Abs 1 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl für das Land Salzburg 63/2010 idF LGBl für das Land Salzburg 57/2012, als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof konnte hinsichtlich dieser Anträge im Hinblick auf § 19 Abs 3 Z 4 VfGG von der Einleitung weiterer Vorverfahren absehen.

II. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung im Bundesland Salzburg (Salzburger Mindestsicherungsgesetz – MSG), LGBl für Salzburg 63/2010 idF LGBl für Salzburg 57/2012, lauten auszugsweise wie folgt (die in Prüfung gezogene Wortfolge in § 13 ist hervorgehoben):

"Ziel und Aufgabe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

§1

(1) Ziel dieses Gesetzes ist die Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausschließung von Menschen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen, unter Förderung einer dauerhaften (Wieder-)Eingliederung dieser Personen in das Erwerbsleben.

(2) […]

(3) Auf Personen, die in stationären Einrichtungen untergebracht sind, findet dieses Gesetz keine Anwendung.

Grundsätze

§2

(1) Auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung besteht ein Rechtsanspruch, soweit im 3. Abschnitt nicht Anderes bestimmt ist; auf die Zusatzleistungen nach dem 4. Abschnitt besteht kein solcher Anspruch.

(2) Die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sind subsidiär. Soweit im Folgenden nicht Anderes bestimmt ist, sind die Leistungen vom Fehlen einer ausreichenden Deckung des jeweiligen Bedarfs durch eigenes Einkommen oder Vermögen oder durch Leistungen Dritter einschließlich des Bundes oder anderer Staaten sowie von der Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft abhängig.

(3) – (5) […]

Begriffsbestimmungen

§3

Im Sinn dieses Gesetzes bedeuten die Begriffe:

1. – 4. […]

5. Lebensunterhalt: der regelmäßig wiederkehrende Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie für andere persönliche Bedürfnisse wie eine angemessene soziale und kulturelle Teilhabe;

6. Wohnbedarf: der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderliche regelmäßig wiederkehrende Aufwand für:

a) Miete oder Tilgung und Verzinsung von zur Finanzierung des Erwerbs oder der Errichtung des Eigenheims aufgenommener Hypothekardarlehen,

b) allgemeine Betriebskosten und

c) Abgaben;

7. […]

7a. Stationäre Einrichtungen: Senioren- oder Seniorenpflegeheime, Einrichtungen der Jugendwohlfahrt oder der Behindertenhilfe, Einrichtungen zum Vollzug gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehungen oder andere Einrichtungen, in denen eine Vollversorgung gewährleistet ist, mit Ausnahme von Kranken- und Kuranstalten und anderen vergleichbaren Einrichtungen;

8. – 9. […]"

"Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung

Leistungen

§9

(1) Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung besteht aus:

1. Hilfe für den Lebensunterhalt;

2. Hilfe für den Wohnbedarf;

3. Hilfe für den Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung.

(2) – (4) […]

Hilfe für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf

§10

(1) Der monatliche Mindeststandard für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs beträgt:

1. für Alleinstehende oder Alleinerziehende 744,01 €;

2. für Ehegatten, eingetragene Partner, in

Lebensgemeinschaft lebende Personen oder

Volljährige Personen, die mit anderen

Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben,

je Person 75 % des Betrages gemäß Z 1;

3. […]

(2) […]

(3) Von den Mindeststandards gemäß Abs 1 Z 1 und 2 beträgt der Anteil zur Deckung des Wohnbedarfs 25 % (Wohngrundbetrag). Besteht kein oder ein geringerer Wohnbedarf oder ist dieser anderweitig gedeckt, sind die jeweiligen Mindeststandards um diese Anteile entsprechend zu reduzieren, höchstens jedoch um 25 %. Keine Hilfe für den Wohnbedarf gebührt für Hilfesuchende, die im gemeinsamen Haushalt mit zumindest einem Elternteil leben, wenn dieser Eigentümer oder Mieter der Unterkunft ist, selbst keine Leistungen nach dem 3. Abschnitt dieses Gesetzes bezieht und ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Hilfe suchende Person besteht.

(4) Der Mindeststandard nach Abs 1 Z 1 verändert sich jährlich um den gleichen Prozentsatz wie der Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende nach § 293 Abs 1 ASVG. Die jährlichen Anpassungen erfolgen auf der Grundlage des Betrages, der sich aus der Anpassung für den Vorzeitraum ergeben hat, und werden jeweils mit 1. Jänner wirksam. Geringfügige Betragsanpassungen bis zu 50 Cent zur Gewährleistung österreichweit einheitlicher Mindeststandards sind zulässig. Die Landesregierung hat die sich daraus ergebenden Mindeststandards gemäß Abs 1 im Landesgesetzblatt kundzumachen."

1.1. Im Jahr 2012 betrug der Mindeststandard für Alleinstehende gemäß § 1 der Kundmachung der Salzburger Landesregierung vom über die Höhe der Mindeststandards in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Jahr 2012, LGBl für Salzburg 3/2012, € 773,26.

"Aufenthalt in einer Kranken- oder Kuranstalt

§13

(1) Für die Dauer eines Aufenthalts in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung beträgt die Hilfe für den Lebensunterhalt in Prozent des Mindeststandards gemäß § 10 Abs 1 Z 1:

1. bei volljährigen Personen 12,5 %,

2. bei minderjährigen Personen 8,0 %.

Die Landesregierung hat die sich danach ergebenden Beträge gemeinsam mit den jeweiligen Mindeststandards der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gemäß § 10 Abs 4 im Landesgesetzblatt kundzumachen.

(2) Die Hilfe für den Wohnbedarf ruht für die Dauer eines Aufenthaltes in einer unter Abs 1 fallenden Einrichtung, ausgenommen in den Fällen, in welchen in absehbarer Zeit wieder ein Wohnbedarf in der konkreten Unterkunft besteht oder die Erhaltung dieser Unterkunft wirtschaftlich sinnvoll erscheint.

(3) Die Abs 1 und 2 gelten nicht für den Aufnahme- und den Entlassungsmonat."

1.2. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, RV 577 BlgLT (Sbg.) 14. GP, 13, wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Für die Dauer eines Aufenthalts in einer Kranken- oder Kuranstalt oder einer vergleichbaren stationären Einrichtung soll die Hilfe für den Lebensunterhalt bei Volljährigen künftig einheitlich 12,5 % des Mindeststandards gemäß § 10 Abs 1 Z 1 MSG betragen (das sind für 2012 rd 96,66 € mtl). Die geltende [Regelung], wonach die Hilfe für den Lebensunterhalt und Wohnbedarf auf 37,5 % der nach § 10 'maßgeblichen' Mindeststandards zu reduzieren ist, führt nämlich dazu, dass die Höhe der Leistung je nach Personengruppe variiert. Alleinstehenden und Alleinerziehenden verbleiben nach Abzug des Anteils für den Wohnbedarf (25 % gemäß § 10 Abs 3 MSG) 12,5 % vom Alleinstehenden-Mindeststandard nach § 10 Abs 1 Z 1 MSG, Ehegatten, eingetragenen Partnern, in Lebensgemeinschaft lebenden Personen sowie Volljährigen, die mit anderen Volljährigen im gemeinsamen Haushalt leben, dagegen (nur) 12,5 % vom Mindeststandard nach § 10 Abs 1 Z 2 MSG, also ein deutlich geringerer Betrag, obwohl für beide Personengruppen während eines Aufenthalts in einer solchen Einrichtung im Wesentlichen dieselben Kosten anfallen.

[…]

Darüber hinaus soll ein 'Taschengeld' auch in den Fällen gewährt werden, in denen Hilfesuchende auf Grund gerichtlicher Weisungen in therapeutischen Einrichtungen untergebracht worden sind. Auf Grund des § 179a des Strafvollzugsgesetzes übernimmt der Bund hier nämlich – wenn also einem bedingt Entlassenen die Weisung erteilt worden ist, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, und der Verurteilte keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen der Krankenversicherung hat und sein Fortkommen durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten erschwert werden würde – nur die Kosten der Behandlung oder des Aufenthalts.

Abs2: Für die Dauer eines Aufenthalts in einer Einrichtung nach Abs 1 soll die Hilfe für den Wohnbedarf ruhen. Diese Regelung ist angelehnt an § 17 Abs 2 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes und gilt zB auch für Sonderkrankenanstalten zur Suchtmittelentwöhnung. In der Praxis zeigt sich hier nämlich immer wieder, dass Personen, die in Therapieeinrichtungen für Suchtkranke Aufnahme gefunden haben – sog 'Langzeitdrogenentwöhnungen' dauern nicht selten mindestens ein Jahr –, nach Abschluss der Therapie bewusst mit dem 'alten Umfeld brechen' und den Wohnort wechseln. Bestehen für die Behörde Anhaltspunkte, dass die bisherige Unterkunft vom Hilfesuchenden nach der Entlassung nicht mehr genützt werden wird, ruht der 'Wohngrundbetrag', wobei eine solche Einschätzung nicht vorschnell getroffen werden soll. Außerdem ist zu prüfen, ob die Erhaltung dieser Wohnung wirtschaftlich sinnvoll ist. Davon kann etwa nicht ausgegangen werden, wenn die Wohnkosten den höchstzulässigen Wohnaufwand gemäß der 'Mindestsicherungsverordnung-Wohnbedarfshilfe' übersteigen (und auch nicht durch eine Wohnbeihilfe nach den Salzburger Wohnbauförderungsgesetzen abgedeckt sind) oder wenn auf Grund der (voraussichtlichen) Dauer des Aufenthaltes eine Neuanmietung voraussichtlich kostenmäßig deutlich günstiger ist.

Abs3: Die Kürzungs- bzw Ruhensbestimmung gilt nicht für den Aufnahme- und den Entlassungsmonat. Aufnahme und Entlassung in die bzw aus der Einrichtung müssen nicht in denselben Monat fallen."

2. Die Entwicklung des § 179a des Bundesgesetzes vom über den Vollzug der Freiheitsstrafen und der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen (Strafvollzugsgesetz – StVG), BGBl 144/1969, stellt sich wie folgt dar:

2.1. Mit der hinsichtlich Abs 1 am und hinsichtlich Abs 2 am in Kraft getretenen Bestimmung des § 179a StVG idF BGBl 605/1987 wurde erstmals auch für den Bereich des Erwachsenenstrafrechts die – zuvor auf das Jugendstrafrecht beschränkt gewesene – Möglichkeit geschaffen, Strafgefangenen eine bedingte Entlassung mit der Weisung zu gewähren, die erforderliche Behandlung und Betreuung (nämlich Suchtentwöhnung, Psychotherapie oder medizinische Behandlung) außerhalb der Haftanstalt in Anspruch zu nehmen, wobei für den Fall des Fehlens eines Anspruchs aus der Krankenversicherung und der Beeinträchtigung des Fortkommens des Verurteilten bei Selbstzahlung die Kostenübernahme für "Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer anderen medizinischen Behandlung" ganz oder teilweise durch den Bund vorgesehen war. Darüber hatte das Gericht zu entscheiden, das die Weisung erteilte (§179a Abs 2 StVG):

"Ärztliche Nachbetreuung

§179a. (1) Einem Rechtsbrecher, der bedingt entlassen wird, kann die Weisung, sich weiterhin einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder sonst einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (§51 Abs 3 des Strafgesetzbuches), auch mit der Maßgabe erteilt werden, daß die Behandlung für den Verurteilten unentgeltlich durch einen Arzt durchgeführt wird, der sich zur Durchführung solcher Behandlungen dem Bundesministerium für Justiz gegenüber verpflichtet hat. Die Durchführung einer solchen Betreuung schließt erforderlichenfalls unbeschadet des § 2 des Ärztegesetzes 1984, BGBl Nr 373, ihre Unterstützung durch andere hiefür geeignete Personen ein, die sich hiezu in gleicher Weise verpflichtet haben.

(2) Ist einem bedingt Entlassenen sonst die Weisung erteilt worden, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer anderen medizinischen Behandlung zu unterziehen, hat der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung und würde durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert, so hat die Kosten der Behandlung ganz oder teilweise der Bund zu übernehmen, jedoch nur bis zu dem Ausmaß, in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkommen könnte, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre; einen Behandlungsbeitrag (§63 Abs 4 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl Nr 200/1967) hat der Entlassene nicht zu erbringen. Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu."

2.1.1. Im Bericht des Justizausschusses des Nationalrates (AB 359 BlgNR 17. GP, 64) heißt es dazu:

"Im Sinne eines von der Praxis an das Bundesministerium für Justiz herangetragenen Wunsches soll die Möglichkeit geschaffen werden, die anläßlich einer bedingten Entlassung (insbesondere aus dem Vollzug einer Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher) schon nach geltendem Recht mit Zustimmung des Betroffenen zulässige Weisung, sich einer Entwöhnungs- oder sonstigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen, mit der Maßgabe zu erteilen, daß die Behandlung durch einen Arzt durchgeführt wird, mit dem das Bundesministerium für Justiz eine Vereinbarung dahingehend getroffen hat, daß er sich für die Übernahme solcher Behandlungen gegen Vergütung der Kosten durch das Bundesministerium für Justiz zur Verfügung stellt. Die vorgesehene Regelung nimmt darauf bedacht, daß im Rahmen einer solchen Nachbetreuung unbeschadet ihrer ärztlichen Leitung und Überwachung vielfach auch zB Psychologen und Sozialarbeiter tätig werden (Abs1).

Die Weisung, sich einer Entwöhnungs- oder sonstigen ärztlichen Behandlung zu unterziehen, stößt mitunter auf die Schwierigkeit, daß der Rechtsbrecher nicht in der Lage ist, die Kosten dafür zu tragen. § 45 JGG hat hier für den Bereich der Jugendstrafrechtspflege Abhilfe in der Weise geschaffen, daß für den Fall, daß für die Kosten nicht eine Krankenversicherung aufkommt, diese Kosten bis zur Höhe der Vergütungssätze nach dem Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz vom Bund übernommen werden. Diese Regelung, die in ähnlicher Form inzwischen in das Suchtgiftgesetz Eingang gefunden hat (§21 SGG 1951 idF BGBl Nr 184/1985), soll, soweit es um die bedingte Entlassung geht, auf das Erwachsenenstrafrecht ausgedehnt werden, allerdings mit der Maßgabe, daß hier die Übernahme der Kosten nur für den Fall vorgesehen wird, daß durch die Verpflichtung zur Zahlung durch den Verurteilten dessen Fortkommen erschwert würde. Durch die Ausdrucksweise, daß die Kosten 'ganz oder teilweise' übernommen werden, soll der Fall berücksichtigt werden, daß der Verurteilte selbst in der Lage und daher verpflichtet ist, einen Teil der Kosten ohne Erschwerung seines Fortkommens zu tragen (Abs2)."

2.2. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2002 (im Folgenden: StRÄG 2002), BGBl I 134/2002, wurde § 179a StVG um die Bestimmung des Abs 3 erweitert, wonach der Bund mit gemeinnützigen Therapieeinrichtungen, die Leistungen erbringen, für welche die Krankenversicherung keine Leistungsübernahme vorsieht, Vereinbarungen zur Kostenübernahme abschließen und dazu Pauschalierungen vorsehen kann:

"(3) Der Bundesminister für Justiz kann mit gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen oder Vereinigungen über die Höhe der nach Abs 2 vom Bund zu übernehmenden Kosten Verträge nach bürgerlichem Recht abschließen. Die Vereinbarung von verbindlichen Pauschalbeträgen ist zulässig. Der Bundesminister für Justiz kann die Grundsätze der Pauschalierung mit Verordnung festlegen. Dabei ist insbesondere das Betreuungsangebot der gemeinnützigen therapeutischen Einrichtung oder Vereinigung zu berücksichtigen."

2.2.1. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des StRÄG 2002 (RV 1166 BlgNR 21. GP, 56) heißt es dazu:

"Insbesondere für therapeutische Einrichtungen, die nur teilweise einer Anstaltspflege im Sinne der §§66 ff B KUVG vergleichbare Leistungen erbringen, bestehen keine Regelungen über den Gebührenersatz. Die Bestimmung der vom Bund zu übernehmenden Kosten durch das nach Abs 1 zuständige Gericht mit der Höhe vergleichbarer Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung oder Anstaltspflege wird dadurch erschwert, dass die Gerichte in der Regel nicht über ausreichende Information zur Beurteilung der Art, Qualität und Intensität der jeweils angebotenen Behandlungsmaßnahmen verfügen.

Der Entwurf sieht daher eine Ermächtigung für den Bundesminister für Justiz vor, mit einzelnen gemeinnützigen therapeutischen Einrichtungen Vereinbarungen über die Höhe der vom Bund zu übernehmenden Kosten abzuschließen. Dabei soll die Vereinbarung von Pauschalbeträgen (etwa für Therapieeinheiten ambulant durchgeführter Psychotherapie) zulässig sein. Die Grundsätze der Pauschalierung können durch Verordnung des Bundesministers für Justiz festgesetzt werden. Dabei werden leistungsbezogene Parameter (Qualifikation des Betreuungspersonals, zahlenmäßiges Verhältnis von Betreuungspersonal zu betreuten Personen, ärztliche Versorgung, psychotherapeutische Behandlung usw.) zu bewerten sein."

2.2.2. Mit der Novelle BGBl I 40/2009 wurde schließlich der in § 179a Abs 1 und 2 StVG jeweils enthaltene Katalog von Therapiemaßnahmen um die Möglichkeit des Aufenthaltes "in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung" erweitert. Im Übrigen blieb die Bestimmung unverändert (die neu hinzugekommenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Ärztliche Nachbetreuung

§179a. (1) Einem Rechtsbrecher, der bedingt entlassen wird, kann die Weisung, sich weiterhin einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen (§51 Abs 3 StGB) oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen (§51 Abs 2 StGB), auch mit der Maßgabe erteilt werden, dass die Behandlung oder die sozialtherapeutische Betreuung für den Verurteilten unentgeltlich durch eine Forensische Ambulanz, durch eine sozialtherapeutische Wohneinrichtung, durch einen Psychotherapeuten oder durch einen Arzt durchgeführt wird, die oder der sich zur Durchführung solcher Behandlungen und Betreuungen dem Bundesministerium für Justiz gegenüber verpflichtet hat. Die Durchführung einer solchen Behandlung oder Betreuung schließt erforderlichenfalls unbeschadet des § 3 des Ärztegesetzes 1998, BGBl Nr 169 (Anm.: richtig: BGBl I Nr 169), ihre Unterstützung durch andere hiefür geeignete Personen ein, die sich hiezu in gleicher Weise verpflichtet haben.

(2) Ist einem bedingt Entlassenen sonst die Weisung erteilt worden, sich einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer medizinischen Behandlung zu unterziehen oder in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, hat der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung und würde durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert, so hat die Kosten der Behandlung oder des Aufenthaltes ganz oder teilweise der Bund zu übernehmen. Der Höhe nach übernimmt der Bund die Kosten jedoch grundsätzlich nur bis zu dem Ausmaß, in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkommen könnte, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre; einen Behandlungsbeitrag (§63 Abs 4 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl Nr 200/1967) hat der Rechtsbrecher nicht zu erbringen. Die Entscheidung über die Übernahme der Kosten steht dem für die Erteilung der Weisung zuständigen Gericht zu und soll nach Möglichkeit zumindest dem Grunde nach bereits bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung in geeigneter Form berücksichtigt werden.

(3) […]"

2.2.3. Im Initiativantrag (IA 271/A 24. GP, 21) heißt es dazu:

"Im Bereich des § 179a StVG geht es nur um eine gesetzliche Klarstellung im Sinne der oberstgerichtlichen Judikatur, sodass keine Mehrkosten erwachsen sollten. Soweit die Rechtslage derzeit als unklar empfunden wird und (nur) deswegen bedingte Entlassungen unterbleiben, ist sogar eine Kostenersparnis durch kostengünstigere Behandlungsmöglichkeiten außerhalb des Strafvollzugs möglich. Darüber hinaus wurde seitens der Strafvollzugsverwaltung schon seit 1994 zur Sicherstellung der erforderlichen Nachbetreuung als Voraussetzung für eine bedingt Entlassung Vereinbarungen über die Kostentragung von ambulanten bzw. stationären Behandlungen und Betreuungen mit Ambulanzen und Wohneinrichtungen in sämtlichen österreichischen Bundesländern (mit Ausnahme des Burgenlandes) abgeschlossen. […]"

2.2.4. Im Ausschussbericht des Nationalrates (AB 106 BlgNR 24. GP, 28) heißt es dazu:

"1. Da die Erteilung einer Weisung, in einer sozialtherapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen (§51 Abs 2 StGB), im Maßnahmenvollzug häufig anzutreffen ist, soll diese in den Katalog der anspruchsbegründenden Voraussetzungen aufgenommen werden. Durch die Fokussierung auf spezielle forensische Behandlungsinstitutionen (Forensische Ambulanzen, betreute Wohngemeinschaften udgl.) wird auch eine Qualitätssicherung und Seriosität auf diesem gesellschaftlich nicht unkritischen und ungefährlichen Behandlungssektor sichergestellt. Mittlerweile haben sich bereits genügend Behandlungsinstitutionen in ganz Österreich gefunden, mit welchen derartige Vereinbarungen über die Nachbetreuungen abgeschlossen wurden und auch weiterhin abgeschlossen werden. Diese Institutionen unterliegen einer permanenten Aufsicht und Qualitätskontrolle durch die Srafvollzugsverwaltung. Im letzten Satz des § 179a Abs 1 StVG soll der Verweis auf das Ärztegesetz an die aktuelle Gesetzeslage angepasst werden.

2. Durch den Entfall des Wortes 'anderen' im Einleitungssatz des § 179a Abs 2 StVG soll zunächst – in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 51 Abs 3 StGB – klargestellt werden, dass es sich bei der von der potenziellen Kostenersatzpflicht des Bundes umfassten psychotherapeutischen Behandlung nicht um eine medizinische Behandlung handeln muss, sondern dass grundsätzlich alle anerkannten Therapieformen herangezogen und auch ersetzt werden können.

3. Des weiteren soll einem dringenden Bedürfnis der Praxis folgend der Gesetzeswortlaut im Sinne der Entscheidung des , klargestellt werden. Wie der OGH in dieser Entscheidung ausgeführt hat, stellt das Gesetz im Einleitungssatz des § 179a Abs 2 StVG im grundsätzlichen Bereich der Kostenübernahme ohne weitere Determination ausschließlich auf die Notwendigkeit der im Einzelfall zu ergreifenden Maßnahmen ärztlicher Behandlung und auf das Fehlen anderweitiger Kostendeckung ab (vgl. 15 Os 96/89 SSt 60/57; 14 Os 24/89 SSt 60/24; 14 Os 101/89 jeweils zur vergleichbaren Regelung des § 21 SGG). Lediglich zur Begrenzung des Ausmaßes der vom Bund zu ersetzenden Kosten verweist § 179a Abs 2 StVG im Folgenden auf die Gebührenansätze für Behandlungen, für welche die BVA aufkäme, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre. Dieses Limit bezieht sich nur auf die ziffernmäßige Höhe der Gebührensätze der BVA für jene Leistungen der Krankenbehandlung oder Anstaltspflege aus dem Versicherungsfall der Krankheit (§52 Z 2 B KUVG), welche der als für die bedingte Entlassung als notwendig erkannten Behandlung entsprechen oder mit ihr zumindest vergleichbar sind. Dass als Voraussetzung der Kostentragung durch den Bund für die vom Gericht als notwendig erachteten Behandlungen entsprechende Kostenansätze in den Bestimmungen des B KUVG bestehen müssen, lässt sich aus dieser Einschränkung allerdings nicht ableiten, zumal die im Einleitungssatz des § 179a Abs 2 StVG genannten Behandlungen nicht krankheitsbedingt notwendig sein müssen (vgl. die weitgehend ähnlichen Regelungen in § 46 Abs 1 JGG und § 41 Abs 1 und 2 SMG und die zu § 21 SGG ergangenen Entscheidungen 15 Os 96/89 SSt 60/57; 14 Os 24/89 SSt 60/24; 14 Os 101/89; siehe auch Jesionek JGG 3 § 46 Anm 7; Foregger/Litzka/Matzka SMG § 41 Anm V; Kodek/Fabrizy SMG § 41 Anm 3.1). Auch die Gesetzesmaterialien zur Einführung des § 179a Abs 3 StVG durch das StRÄG 2002 verdeutlichen, dass der Bund gerade mit jenen gemeinnützigen Therapieeinrichtungen Vereinbarungen zur Kostenübernahme abschließen und dazu Pauschalierungen vorsehen können soll, die Leistungen erbringen, für welche die Krankenversicherung iSd §§66 ff B KUVG keine Leistungsübernahme vorsieht (vgl ErläutRV, StRÄG 2002, 1166 BlgNR 21. GP 55). Dies unterstreicht geradezu, dass die grundsätzliche Kostentragungspflicht des Bundes nicht davon abhängt, ob für die durchzuführende Behandlung entsprechende Leistungsansätze der BVA existieren.

Für eine Auslegung dieser Gesetzesbestimmung dahin, dass eine solche subsidiäre Kostentragungspflicht nur für jene Leistungen bestehe, welche die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ihren Versicherungsnehmern nach den Bestimmungen des B KUVG zu erbringen hat, würde daher schon bei wörtlicher und historischer Auslegung kein Raum bleiben (vgl. wiederum 15 Os 96/89 SSt 60/57; 14 Os 24/89 SSt 60/24; 14 Os 101/89 zu § 21 SGG). Eine solche Interpretation würde vielmehr die Gesetzesintentionen einer Entlassung – insbesondere aus dem Maßnahmenvollzug – bei adäquater Behandlungsmöglichkeit außerhalb einer Vollzugsanstalt (ebenso wie jene der Entwöhnungsbehandlung in Freiheit im Anwendungsbereich des § 41 Abs 1 SMG) unterlaufen. Denn für derartige medizinische oder therapeutische Behandlungen in den dafür in Frage kommenden Krankenanstalten, wie etwa in Heimen für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 3 KAKuG), oder in Pflegeanstalten für chronisch Kranke, die ärztlicher Betreuung und besonderer Pflege bedürfen (§2 Abs 1 Z 4 KAKuG), käme aufgrund der Ausschlussklausel des § 66 Abs 4 B KUVG (ebenso wie bei den im Fall einer entsprechenden Versicherung zu erbringenden Leistungen anderer Sozialversicherungsträger; vgl. § 144 Abs 4 ASVG,§ 95 Abs 2 GSVG) eine Kostentragung durch die Krankenversicherung nicht in Frage.

Infolge dessen kam im Anlassfall dem Umstand, dass eine Gebietskrankenkasse auf der Basis des dem § 66 Abs 4 B KUVG vergleichbaren § 144 Abs 4 ASVG im vorliegenden Fall eine Leistungsverpflichtung für die (stationäre) Behandlung des bei ihr Versicherten zufolge ihres Standpunktes ablehnte, dass insoweit ein Leistungsfall des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers nicht eingetreten sei, für die Übernahme der Kosten einer notwendigen Behandlung durch den Bund keine Bedeutung zu.

Da in der Praxis häufig dennoch Unklarheiten über die Ersatzfähigkeit von Behandlungskosten bzw. deren Grenzen zu herrschen scheinen, soll im Sinne der Entscheidung des OGH eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung erfolgen.

Die Novellierung soll zum Zweck der Rückfallsvermeidung (Prävention) und nachhaltigen Gesundheitsstabilisierung sicherstellen, dass für die von Sachverständigen und behandelnden Ärzten als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung und Rückfallsvermeidung vorgeschlagenen Nachbetreuungs- bzw. Behandlungsmaßnahmen ein garantierter (zumindest subsidiärer) Kostenträger vorhanden ist. Die derzeitige Situation, bei der Betroffene, die zu 99 % mittellos oder (Mindest)Rentenempfänger sind, von einer Behörde an die andere verwiesen werden, wobei sich jeweils eine auf die Kostentragungspflicht der anderen beruft, um am Ende keine Zusage für eine Übernahme der Kosten zur Erfüllung der ihnen gerichtlich aufgetragenen Weisungen zu erhalten, ist nicht nur unbefriedigend, sondern insbesondere dem Resozialisierungsauftrag entgegenlaufend, zumal aus diesem Grunde auch Weisungen widerrufen werden und es zu Rückfällen gekommen ist.

Von der geschilderten Problematik sind insbesondere folgende Maßnahmen betroffen:

– die über Weisung aufgetragene ärztlich/psychotherapeutische Versorgung (ambulant und/oder stationär);

– die über Weisung aufgetragene Unterbringung in einer forensisch-sozialtherapeutischen Wohneinrichtung nach der bedingten Entlassung bzw. Nachsicht der Einweisung mit dem Ziel der Stabilisierung und Kontrolle des Gesundheitszustandes (durch Überwachung der Weisungen) sowie sozialtherapeutischer, langfristig stabilisierender Behandlungsmaßnahmen.

Seitens der Strafvollzugsverwaltung wurden schon seit 1994 – teilweise praeter legem – zur Sicherstellung der erforderlichen Nachbetreuung als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung Vereinbarungen über die Kostentragung von ambulanten bzw. stationären Behandlungen und Betreuungen mit Ambulanzen und Wohneinrichtungen in sämtlichen österreichischen Bundesländern (mit Ausnahme des Burgenlandes) abgeschlossen. Diese Vereinbarungen wurden bisher (Stichtag ) von insgesamt 665 Entlassenen ambulant in Forensischen Ambulanzen und 162 stationär in Wohnheimen mit einem Kostenaufwand von insgesamt 6 Millionen Euro jährlich in Anspruch genommen. Unabhängig voneinander geführte Evaluierungen des Behandlungserfolges durch diese Einrichtungen haben gezeigt, dass sich deren Rückfallsquote zwischen 3 bis 5 % bewegt.

4. Schließlich soll sich das Vollzugsgericht nach Möglichkeit schon bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung in geeigneter Form mit der Frage der Kostendeckung auseinandersetzen. Der (exakten) Höhe nach wird dies ex ante häufig nicht möglich sein. Zumindest dem Grunde nach sollte aber schon im Zeitpunkt der Entscheidung über die bedingte Entlassung klar sein, ob bei einer bestimmten Weisung eine (spätere) Kostentragung durch den Bund aus der Sicht des Gerichts vorstellbar ist. Damit sollen Fälle hintangehalten werden, in denen sich erst nachträglich die Unfinanzierbarkeit einer Therapie bei weiterhin aufrechter Therapiebedürftigkeit herausstellt."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat in den in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Verfahren erwogen:

1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens und der Anträge

In den Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich als zutreffend erwiesen:

2.1. Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der in Prüfung gezogenen Wortfolge bestand im Wesentlichen darin, dass der Gesetzgeber die Reduktion der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf das "Taschengeld" von 12,5% des Richtsatzes im Falle des Aufenthaltes "auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" ausnahmslos und unabhängig davon anordnet, ob und in welchem Ausmaß die Kosten vom Bund tatsächlich getragen werden.

2.2. Gemäß § 2 Abs 2 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl für das Land Salzburg 63/2010 idF LGBl für das Land Salzburg 57/2012 (in der Folge: Sbg. MSG) sind die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung subsidiär. Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, sind die Leistungen vom Fehlen einer ausreichenden Deckung des jeweiligen Bedarfs durch eigenes Einkommen oder Vermögen oder durch Leistungen Dritter einschließlich des Bundes oder anderer Staaten sowie von der Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft abhängig.

2.2.1. Unter der Voraussetzung des (Fort-)Bestehens eines Bedarfes nach Leistungen der Mindestsicherung bei der betreffenden Person setzt eine Beschränkung oder Verminderung dieser Leistungen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Weisung gemäß § 179a StVG auf Grund von korrespondierenden Leistungen des Bundes voraus, dass die betreffende Person solche kongruenten Leistungen des Bundes tatsächlich erhält. Dies gebietet vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsprinzips des Mindestsicherungsrechts das aus dem Gleichheitssatz abzuleitende Sachlichkeitsgebot (vgl. VfSlg 18.954/2009 betreffend eine Sachleistung der Sozialhilfe). Auf eine bloße "Verantwortlichkeit des Bundes", welche die Salzburger Landesregierung ins Treffen führt, kommt es dabei nicht an.

2.2.2. Es gehen daher alle Ausführungen in der Stellungnahme der Salzburger Landesregierung fehl, die sich mit der Frage beschäftigen, ob und inwieweit den Bund eine Verpflichtung trifft, im Falle der Erteilung von Weisungen nach § 179a StVG an hilfsbedürftige Personen nicht nur die Kosten der Therapie, sondern auch die Kosten der Unterbringung (Essen und Wohnen) zu tragen, und dass bei hilfebedürftigen Personen "ein gänzlicher Ausschluss der Kostenübernahmeverpflichtung des Bundes contra legem" wäre.

2.2.3. Es hängt vielmehr von einer gerichtlichen Entscheidung im Einzelfall ab, ob und welche Leistungen des Bundes der betreffenden Person "für die Dauer eines Aufenthaltes […] auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" gewährt werden, die zu Leistungen der Mindestsicherung kongruent sind, wobei für diese Gerichtsentscheidung andere Kriterien maßgebend sind als für die Bedarfsermittlung der Mindestsicherung. Die Gewährung der Mindestsicherung ist nach der in Prüfung gezogenen Norm also auch dann ohne eine vorangehende Prüfung des einzelnen Falles gänzlich ausgeschlossen, wenn der Bund die mit der gerichtlichen Weisung im Sinne des § 179a StVG verbundenen Kosten rechtmäßig nur zum Teil übernimmt.

2.3. Die Argumentation der Salzburger Landesregierung aus § 324 Abs 4 ASVG vermag nicht zu überzeugen. Zufolge dieser Bestimmung kommt es bei sinngemäßer Anwendung des § 324 Abs 3 ASVG für die Zeit des Aufenthaltes nämlich nur dann zu einem Übergang des Anspruchs auf Rente bzw. Pension oder Rehabilitationsgeld auf den Bund, wenn die betreffende Person u.a. gemäß § 179a StVG tatsächlich "auf Kosten des Bundes" in einer Anstalt oder Einrichtung untergebracht ist. Eine derartige Voraussetzung enthält die in Prüfung gezogene Norm hingegen nicht: Sie lässt vielmehr eine Beschränkung des Anspruchs auf Mindestsicherung auf das "Taschengeld" "für die Dauer eines Aufenthaltes […] auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" ohne weitere Voraussetzungen zu. Die in Prüfung gezogene Norm macht eine Beschränkung der Leistung aus dem Titel der Mindestsicherung also gerade nicht davon abhängig, ob kongruente Leistungen des Bundes tatsächlich gewährt werden.

2.4. Insofern geht auch der von der Salzburger Landesregierung gezogene Vergleich mit einem Aufenthalt in einer Kranken- oder Kuranstalt fehl, weil in diesen Fällen die zu den Aufwendungen für die Lebensführung kongruenten Leistungen weitgehend in den Leistungen der Anstaltspflege enthalten sind und diese ihrerseits entweder in einem sozialversicherungsrechtlichen Anspruch Deckung finden (der auch durch Beiträge gemäß § 12 Sbg. MSG gesichert werden kann) oder als Sachleistung der Sozialhilfe gemäß § 14 Abs 1 Z 3 des Salzburger Sozialhilfegesetzes gewährt werden können.

2.5. Das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes trifft somit zu.

2.6. Die in Prüfung gezogene Wortfolge erweist sich daher als verfassungswidrig.

IV. Ergebnis

1. Die Wortfolge "oder auf Grund einer gerichtlichen Weisung in einer therapeutischen Wohneinrichtung" in § 13 Abs 1 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes, LGBl für das Land Salzburg 63/2010 idF LGBl für das Land Salzburg 57/2012, ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B VG.

3. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Salzburg zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B VG und § 64 Abs 2 VfGG.

4. Die in den zu G544/2015, G545/2015, G546/2015, G547/2015 und G548/2015 protokollierten Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes vorgetragenen Bedenken sind mit jenen Bedenken, die zu dem zu G364/2015 protokollierten amtswegigen Normenprüfungsverfahren geführt haben, ident. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß § 19 Abs 3 Z 4 VfGG davon abgesehen, ein weiteres Verfahren in diesen Rechtssachen durchzuführen. Die in den Anträgen zu G544/2015, G545/2015, G546/2015, G547/2015 und G548/2015 aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Entscheidung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G364/2015 bereits geklärt (vgl. ua.; ua.).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:G364.2015