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VfGH vom 23.01.2004, G363/02

VfGH vom 23.01.2004, G363/02

Sammlungsnummer

17102

Leitsatz

Teilweise Zurückweisung, teilweise Abweisung, teilweise Stattgabe eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung von Bestimmungen des Militärbefugnisgesetzes; keine ausreichende Darlegung der Bedenken im Einzelnen bzw kein untrennbarer Zusammenhang hinsichtlich der Mehrzahl der angefochtenen Bestimmungen; Zusammenarbeit zwischen Militärorganen und Sicherheitsbehörden ausreichend bestimmt; keine unzulässige Ausweitung militärischer Befugnisse; Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit, des Datenschutzes und des Rechts auf Privat- und Familienleben durch Bestimmungen über die Festnahme und Anhaltung sowie über die Ermittlung von Daten; keine verfassungsrechtliche Grundlage der Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten

Spruch

I. Im Bundesgesetz über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz - MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, werden § 11 Abs 1, § 11 Abs 5, § 22 Abs 3 Z 3, § 22 Abs 4 Z 3, § 22 Abs 5 Z 3 und § 57 Abs 3 erster Satz als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung dieser Bestimmungen tritt mit Ablauf des in Kraft.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Der Antrag wird, insoweit er auf die Aufhebung der Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 des Bundesgesetzes über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz - MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, gerichtet ist, abgewiesen.

III. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit ihrem am beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, auf Art 140 B-VG gestützten Antrag begehren 63 Mitglieder des Nationalrates,

* "§2 Abs 2,

* § 6 Abs 1 Z 1,

* § 6 Abs 3 Z 1,

* § 8,

* §l0 Abs 2,

* § 12,

* § 13 Abs 1 Z 1,

* §l4 Absl Z l und 2,

* § 20 Abs 2 und 3,

* § 22 Abs 3 bis 8,

* § 24 und

* § 57 Abs 3 des Bundesgesetzes über Aufgaben und Befugnisse im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz - MBG), BGBl. I Nr. 86/2000,

sowie

* § 11,

* § 22a und

* § 23 des Bundesgesetzes über Aufgaben und Befugnisse

im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz - MBG), BGBl. I Nr. 86/2000 idF des Reorganisationsbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2002,

sowie

* in § 21 Militärbefugnisgesetz, BGBl. I Nr. 86/2000,

die an zwei Stellen verwendete Wortfolge 'oder Abwehr',

* in § 22 Abs 1 bis 2a Militärbefugnisgesetz, BGBl. I

Nr. 86/2000, jeweils die Wortfolge 'oder Abwehr',

* in § 25 Abs 1 Militärbefugnisgesetz, BGBl. I

Nr. 86/2000, an zwei Stellen die Wortfolge 'oder Abwehr' und

* in § 57 Abs 4 Militärbefugnisgesetz, BGBl. I

Nr. 86/2000, die Worte 'oder Abwehr'

als verfassungswidrig aufzuheben." [Punkt V. des Antrags]

2. Ihre Bedenken begründen die Antragsteller - nach überblicksartiger Darlegung des Anfechtungsgegenstands (Punkt I. des Antrags) und Darstellung der Rechtslage (Punkt II.) - unter Punkt III. und IV. des Antrags im Wesentlichen wie folgt:

2.1. Zum "Regelungskomplex 'militärischer Eigenschutz'":

"III. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Regelungskomplexes 'Militärischer Eigenschutz' im MBG

Die Mehrzahl der angefochtenen Bestimmungen begegnet insofern verfassungsrechtlichen Bedenken, als sie Aufgabenzuteilungen an militärische Organe vornehmen, die über den Rahmen der verfassungsrechtlich bestimmten Aufgaben des Bundesheeres unter dem Titel der militärischen Landesverteidigung hinausgehen. Damit verstoßen diese Bestimmungen auch gegen das verfassungsrechtlich vorgesehene System der Aufgabenverteilung zwischen dem Bundesheer und den in Art 78a B-VG vorgesehenen Sicherheitsbehörden im sicherheitspolizeilichen und im kriminalpolizeilichen Bereich.

Es sind dies die Bestimmungen § 2 Abs 2, § 6 Abs 1 Z 1, § 6 Abs 3 Z 1, § 8, § 10 Abs 2, § 11, § 12, § 13 Abs 1 Z 1, § 14 Abs 1 Z 1 und 2, § 20 Abs 2 und 3, § 21, § 22 Abs 1 bis 2a, § 22a, § 23, § 24, § 25 Abs 1 und Absl a und § 57 Abs 4 MBG. (Soweit im Folgenden Fundstellen ohne Gesetzesangabe angegeben werden, beziehen sie sich auf das MBG)

[...] Der Militärische Eigenschutz

[...]

1. Das Konzept des MBG

Unter dem 'militärischen Eigenschutz' ist - wie oben dargestellt - im System und in der Begriffswelt des MBG der Schutz militärischer Rechtsgüter vor Angriffen zu verstehen, die nicht 'von außen', sondern innerhalb des Bundesgebietes erfolgen.

Die Aufgabe 'militärischer Eigenschutz' hat im 2. Teil des MBG für den gesamten Bereich des mit 'Wachdienst' überschriebenen

1. Hauptstücks fundamentale Bedeutung und prägt zudem jene Regelungselemente des 2. Hauptstücks, die auf die nachrichtendienstliche Abwehr Bezug nehmen.

Der sogenannte 'militärische Eigenschutz' erlaubt nun Angehörigen des Bundesheeres die Entfaltung einer Tätigkeit, die konzeptionell und praktisch in Konkurrenz zum sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst tritt: Personen, und zwar gleichermaßen Heeresangehörige wie Zivilisten, können im ganzen Bundesgebiet kontrolliert und identifiziert werden, und zwar auf der Basis der Annahme, dass sie mit einem 'Angriff' auf militärische Güter in Verbindung stehen oder über einen solchen 'Angriff' Auskunft geben können (§8 Abs 1 MBG); Heeresangehörige wie Zivilisten können im gesamten Bundesgebiet, auch fernab jeder Kaserne, durchsucht werden (einschließlich mitgeführter Taschen), sofern der Verdacht besteht, dass sie einen für Heeresgüter gefährlichen Gegenstand bei sich hätten oder mit einem 'Angriff' auf militärische Güter in Verbindung stünden (§12 Abs 1 MBG). Zurecht hat Funk (Der unvollendete Rechtsstaat, Schäffer-FS, im Erscheinen, bei Fn 65) resümiert: 'Den Sicherheitsbehörden und ihren Organen droht eine starke Konkurrenz durch militärische Organe.'

2. Die verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Konzeption

Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Einordnung des Regelungskomplexes 'militärischer Eigenschutz' zu den Agenden des Bundesheeres hat unter zweierlei Gesichtspunkten zu erfolgen:


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Zum einen hinsichtlich der Grenzziehung zwischen der Sicherheitspolizei nach Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG einerseits und der Materie der militärischen Angelegenheiten nach Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG andererseits, weil nämlich die Sicherheitspolizei von Art 78a B-VG den Sicherheitsbehörden vorbehalten wird und weder das Bundesheer selbst noch der Bundesminister für Landesverteidigung eine Sicherheitsbehörde ist, und


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zum anderen unter dem Gesichtspunkt der von Art 79 B-VG normierten Beschränkung der Aufgaben des Bundesheeres.


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a) Zum Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG

Dem Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG sind zunächst alle organisatorischen Maßnahmen zuzuordnen, die im Ergebnis Bereitstellung und Verfügbarkeit eines militärischen Kampfverbandes zum Gegenstand haben, also Ausbildung, Ausrüstung, Führung und damit Zusammenhängendes; diese militärischen Angelegenheiten sind jedwedem militärischen Einsatz im Sinne des Art 79 B-VG vorgelagert; insoweit ist der Kompetenztatbestand 'militärische Angelegenheiten' in Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG dem im System des Art 10 Abs 1 B-VG unmittelbar vorangehenden Tatbestand der 'Organisation und Führung' der zivilen Wachkörper des Bundes (Art10 Abs 1 Z 14 B-VG) vergleichbar.

Verschiedentlich ist vertreten worden, dass Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG auf diese organisatorischen Angelegenheiten beschränkt wäre (so insbesondere Pernthaler, Der Rechtsstaat und sein Heer, 124 ff; ders., Umfassende Landesverteidigung, 15; an diesen anschließend Ermacora/Kopf/Neisser, Wehrrecht I, 68). Andere Autoren rechnen ohne Umschweife auch die militärische Landesverteidigung zum Gegenstandsbereich des Art 10 Abs 1 Z 15 (so - ohne Begründung - Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, Rz 735). Das einzige einschlägige Erkenntnis des VfGH jüngeren Datums hat die militärische Planung (nämlich die Planung von Militärflugplätzen) betroffen, mithin durchaus einen organisatorischen Aspekt (VfSlg. 12.465; ein älteres Erkenntnis hat die Kennzeichnung von Einrichtungen des Roten Kreuzes betroffen: VfSlg. 4.445).

b) Zur Vollziehungskompetenz des Bundesheeres

Die Aufgaben des Bundesheeres sind in Art 79 B-VG verfassungsrechtlich festgelegt: Dem Bundesheer obliegt - als Hauptaufgabe - die militärische Landesverteidigung (Art79 Abs 1 B-VG).

Dazu kommen die Assistenzleistungen über Inanspruchnahme der Mitwirkung des Bundesheeres durch die 'gesetzmäßige zivile Gewalt' (Art79 Abs 2 B-VG). Sie umfassen im Nahebereich der militärischen Landesverteidigung ('auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus') die Mitwirkung beim Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie bei der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt (Z1) und die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges (Z2).

Welche Behörden und Organe die Mitwirkung des Bundesheeres zu Assistenzleistungen unmittelbar in Anspruch nehmen können, bestimmt das Wehrgesetz (Art79 Abs 4 B-VG). Ausnahmsweise ist für Assistenzzwecke ein selbständiges militärisches Einschreiten zulässig, wenn entweder die zuständigen Behörden durch höhere Gewalt außerstande gesetzt sind, das militärische Einschreiten herbeizuführen und bei weiterem Zuwarten ein nicht wieder gutzumachender Schaden für die Allgemeinheit eintreten würde, oder wenn es sich um die Zurückweisung eines tätlichen Angriffes oder um die Beseitigung eines gewalttätigen Widerstandes handelt, der gegen eine Abteilung des Bundesheeres gerichtet ist (Art79 Abs 5 B-VG).

Der verfassungsrechtliche Katalog der Aufgaben des Bundesheeres ist abschließend geregelt. Er kann nur durch formelles Bundesverfassungsrecht erweitert oder verändert werden, wie sich eindeutig aus Art 79 Abs 3 B-VG ergibt.

Die Regelungen des Art 79 B-VG werden durch § 2 WehrG unter dem Titel 'Aufgaben des Bundesheeres' wiederholt und konkretisiert. Diese Bestimmung ist zuletzt durch die WehrG-Novelle BGBl. I 2000/140 hinsichtlich der Assistenzeinsätze und der militärischen Landesverteidigung ergänzt worden. Die 'allgemeine Einsatzvorbereitung' wurde als Teil der militärischen Landesverteidigung aufgenommen und definiert: Sie dient der Sicherstellung der ständigen Einsatzbereitschaft des Bundesheeres. Sie umfasst die Schaffung aller Voraussetzungen - insbesondere der personellen und materiellen - die für eine unverzügliche und wirksame Durchführung eines Einsatzes erforderlich sind (§2 Abs 2 Z 1 und Abs 3 WehrG).

In den Materialien zur WehrG-Novelle 2000 (RV 300 BlgNR XXI. GP) wird klargestellt, dass es sich bei der allgemeinen Einsatzvorbereitung um dienend-akzessorische Tätigkeiten zur militärischen Landesverteidigung handelt:

'Der Ausübung der allgemeinen Einsatzvorbereitung wird kein aktueller, mit militärischen Mitteln zu begegnender Bedrohungsfall für die nationale Sicherheit Österreichs zugrunde liegen. Die diversen Teilaufgaben dieses Aspektes der militärischen Landesverteidigung werden daher grundsätzlich jederzeit nach Maßgabe der jeweils vorgegebenen (militärischen) Notwendigkeiten auszuüben sein. Als Beispiele für die im Rahmen der 'allgemeinen Einsatzvorbereitung' konkret wahrzunehmenden militärischen Obliegenheiten sind etwa die Planung, Vorbereitung, Schaffung und Weiterentwicklung der Organisation des Bundesheeres, die Ausbildung militärischer Organe, Kommanden und Truppen, die Bewaffnung, Ausrüstung und Ausstattung des Bundesheeres, die Vorbereitung und Durchführung der personellen Ergänzung, die Planung und Vorbereitung konkreter militärischer Maßnahmen für mögliche Einsätze, die Planung und Vorbereitung territorialer Einsatzvorsorgen und der Einsatzversorgung des Bundesheeres sowie die Vorbereitung der Inanspruchnahme ziviler Leistungen zu nennen.'

Wie in den Erläuterungen zur RV weiters festgehalten wird, war die Aufnahme dieser Bestimmungen in nahezu wortgleicher Textierung in die am beschlossene RV eines Militärbefugnisgesetzes (1706 BlgNR XX. GP; Art 2, § 2 Abs 1 bis 3) in Aussicht genommen worden. Die Aufnahme der in Rede stehenden Regelungsinhalte in das 1. Hauptstück des Wehrgesetzes sei aus 'rechtssystematischen Erwägungen' erfolgt.

Der verfassungsrechtliche Katalog der Aufgaben des Bundesheeres kann - in verfassungskonformer Weise - durch die einfachgesetzlichen Bestimmungen des WehrG betreffend die 'allgemeine Einsatzvorbereitung' keine Veränderung erfahren haben. Der Tatbestand der militärischen Landesverteidigung und die übrigen Aufgaben des Bundesheeres sind autonom verfassungsrechtlich auszulegen.

Sowohl der Wachdienst als auch die nachrichtendienstliche Abwehr sind Aufgaben, die nach dem Selbstverständnis des MBG der militärischen Landesverteidigung zugeordnet sind (§1 Abs 1 MBG). Diese Zuordnung ist eine ausschließliche. Auf die Aufgaben im Rahmen der Assistenzleistung (Art79 Abs 2 B-VG) und auf die Fälle des selbständigen militärischen Einschreitens (Art79 Abs 5 B-VG) sind die gesetzlichen Regelungen betreffend diesen umfassenden militärischen Eigenschutz dem Grunde nach nicht zu stützen (mag es auch Situationen im Rahmen von Assistenzeinsätzen und des selbständigen militärischen Einschreitens geben, bei denen von Eigenschutzermächtigungen des MBG in engem Rahmen sinngemäß Gebrauch zu machen ist).

Die militärische Landesverteidigung bildet einen Teil der umfassenden Landesverteidigung, zu der neben der militärischen die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung gehören (Art9a Abs 2 B-VG). Die maßgebenden Regelungen gehen in ihrer geltenden Fassung auf eine B-VG-Novelle aus 1975 zurück (BGBl. Nr. 1975/368; eine Ergänzung des Art 79 Abs 1 B-VG bzgl. des Milizsystems durch die B-VG-Novelle BGBl. 1988/341 kann im gegebenen Zusammenhang außer Betracht bleiben).

3. Zur Auffassung des Gesetzgebers bei der Erlassung des MBG

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage gehen nun davon aus, dass die vom MBG normierten Aufgaben des Bundesheeres im Rahmen des umfassenden Eigenschutzes ausschließlich innerhalb des Bereichs der militärischen Landesverteidigung (Art79 Abs 1 B-VG) angesiedelt wären (siehe den Allgemeinen Teil der Erläuterungen zur RV, 76 BlgNR XXI. GP, 32, unter 5.): Der 'Eigenschutz' des Bundesheeres sei Bestandteil der militärischen Landesverteidigung. Die für diese Auffassung vorgetragene Argumentation findet sich in den Allgemeinen Erläuterungen zur Regierungsvorlage unter Punkt 5. Sie erfolgt in folgenden Schritten:


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der Eigenschutz wird von der Aufgabenstellung her als ein untrennbarer Bestandteil der militärischen Landesverteidigung ausgegeben;


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sodann wird unmittelbar auf eine Formulierung in Art 79 Abs 2 B-VG hingewiesen, aus der sich im Umkehrschluss eine Eigenschutz-Kompetenz des Bundesheeres ableiten lasse, und


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schließlich wird im Sinne der Versteinerungstheorie auf den vom Bundesverfassungsgesetzgeber vorgefundenen einfachgesetzlichen Normenbestand hingewiesen.

Eine Überprüfung dieser Argumentation zeigt, dass sie nicht haltbar ist. Die Antragsteller verkennen nicht, dass - wie bereits erwähnt - Notwehr- und Notstands- sowie erste unaufschiebbare Verfolgungshandlungen ohne Zweifel dem Bundesheer zukommen. Darüber hinausgehende, geradezu offensive Schutzhandlungen des Bundesheeres, die im Ergebnis sicherheitsbehördlichen Charakter haben, finden aber nach Auffassung der Antragsteller in der Bundesverfassung keine Deckung.

a) Eigenschutz kein untrennbarer Bestandteil der militärischen Landesverteidigung

Die Erläuterungen argumentieren zunächst, dass die 'jederzeitige Fähigkeit zu einem wirksamen Selbst- bzw. Eigenschutz der Streitkräfte durch diese selbst' eine 'unabdingbare Voraussetzung für die Erfüllung' des Verteidigungsauftrages des Bundesheeres darstelle. Daher sei dieser unmittelbare militärische Eigenschutz kompetenzrechtlich als 'integrierender Bestandteil des Hauptauftrages des Militärs anzusehen'.

Diese Argumentation ist jedoch nicht schlüssig, weil der zweite Satz schlechterdings nicht aus dem ersten folgt: Der Hinweis auf die praktische Notwendigkeit eines Eigenschutzes der Streitkräfte - wie berechtigt er auch sei - vermag jedenfalls nichts zur Frage der Verteilung der Vollziehungskompetenzen beizutragen. Denn die Wirksamkeit eines solchen Eigenschutzes hängt nicht davon ab, ob dieser als militärische Landesverteidigung zu gelten hat oder als Sicherheitspolizei, mithin in der Verantwortung des Bundesministers für Landesverteidigung oder einer Sicherheitsbehörde wahrgenommen wird. Gerade der Organkomplex 'Bundesheer' wird ja auch sonst im Zuständigkeitsbereich der Sicherheitsbehörden tätig (vgl. Art 79 Abs 2 B-VG). Der Schluss von der praktischen Erforderlichkeit auf die Zuordnung zu Art 79 Abs 1 B-VG trägt daher nicht.

Zudem ist - wie weiter unten bei der Analyse des vorgefundenen Normenbestandes (Versteinerungstheorie) - auszuführen sein wird - das historische Begriffsbild des Eigenschutzes im verfassungsrechtlichen Tatbestand 'militärische Landesverteidigung' in Art 79 Abs 1 B-VG signifikant durch notwehrähnliche Gefahrenabwehr und erste unaufschiebbare Verfolgungshandlungen - stets in Reaktion auf konkrete Gefahrenlagen - geprägt. Den Möglichkeiten einer Erweiterung von Aufgaben und Befugnissen sind dadurch verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Diese Grenzen sind nicht primär von kompetenzrechtlicher Relevanz (sowohl 'militärische Angelegenheiten' als auch die 'Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistung' sowie das 'Strafrechtswesen' sind Bundeszuständigkeiten in Gesetzgebung und Vollziehung), sondern haben Bedeutung als Maßstabs- und Schrankennormen, die sich aus den durch das Bundesverfassungsrecht abschließend festgelegten Aufgaben des Bundesheeres ergeben. Die Kompetenzen des Bundesheeres im Bereich 'Eigenschutz' unterscheiden sich daher nicht wesentlich von den allgemeinen und für jedermann gültigen Notwehr-Regeln, bzw. geht die Befugnis, erste unaufschiebbare Verfolgungshandlungen zu setzen, nicht über das Festnahmerecht durch Privatpersonen des § 86 Abs 2 StPO hinaus.

Teleologisch gesehen hat diese Festlegung den Sinn einer gewaltentrennenden und gewaltenhemmenden Funktionsbeschränkung zur Sicherung der Unterstellung der bewaffneten Macht unter die 'bürgerliche Gewalt'. Die Entwicklung und der Stand der Wehrverfassung im parlamentarisch-demokratischen System weisen klar in diese Richtung. Konkurrierende Tätigkeiten des Bundesheeres in den Bereichen der Sicherheitspolizei und des Strafrechtswesens sind - bezogen auf die Aufgabenzuweisung in Art 79 Abs 1 B-VG - grundsätzlich restriktiv zu gestalten.

Die präventiv-polizeilichen und die strafprozessualen Aufgaben des Eigenschutzes der bewaffneten Macht sind also auf den schmalen Bereich der Bewältigung von notwehrähnlichen Gefahrenlagen und von unmittelbar tat-(verdachts-)nahen Zugriffs- und Verfolgungssituationen beschränkt. Darüber hinausgehende Aufgaben und Befugnisse fallen nicht unter die Aufgaben des Bundesheeres, sondern sind jenen Behörden vorbehalten, die mit der Besorgung der Sicherheitspolizei (Art10 Abs 1 Z 7 B-VG) und des (gerichtlichen) Strafrechtswesens (Art10 Abs 1 Z 6 B-VG) betraut sind.

b) Zum Umkehrschluss aus Art 79 Abs 2 B-VG:

Zu den in Art 79 Abs 2 B-VG normierten Assistenzaufgaben führen die Erläuterungen aus:

'Im Rahmen dieser Aufgabenumschreibung ist allerdings ausdrücklich normiert, dass diese Assistenzaufgaben des Bundesheeres 'auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus' in Betracht kommen. Daraus ergibt sich schlüssig, dass dem Bundesheer - zumindest in einem begrenzten Umfang - auch im Bereich der militärischen Landesverteidigung nach Art 79 Abs 1 B-VG eine primäre und originäre Eigenkompetenz zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt zukommen wird. Die für das Bundesheer in Anspruch genommene Eigenzuständigkeit zum unmittelbaren Schutz durch eigene Organe kann daher in rechtsdogmatischer Hinsicht auf die erwähnte Wendung im Art 79 Abs 2 B-VG gestützt werden.'

Dieses Argument geht zulässigerweise davon aus, dass die vom Bundesverfassungsgesetzgeber in Art 79 Abs 2 B-VG gebrauchte Wendung 'auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus' nur dann Sinn macht, wenn in den Bereich der militärischen Landesverteidigung nach Abs 1 mindestens eine Zuständigkeit fällt, die von den Tätigkeitsbeschreibungen des Abs 2 semantisch erfasst wird. Nicht schlüssig ist hingegen die Annahme der Erläuterungen, es müssten alle drei Teilfunktionen (Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit; Schutz der demokratischen Freiheiten; Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Inneren) in Abs 1 ein Korrelat haben.

Welcher Teilbereich der militärischen Landesverteidigung von den Formulierungen des Art 79 Abs 2 B-VG semantisch miterfasst wird, liegt freilich auf der Hand, nämlich der in Art 9a Abs 1 B-VG ausdrücklich als Teil der Landesverteidigung genannte Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen. Daraus lässt sich freilich keinerlei Argument für eine Eigenschutzzuständigkeit des Bundesheeres vor Angriffen innerhalb des Bundesgebietes als Teilfunktion der militärischen Landesverteidigung gewinnen.

Dass die Wendung 'auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus' in dieser Weise zu verstehen ist, findet vielfach Bestätigung. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage jener B-VG-Novelle 1975, mit der Art 9a in das B-VG eingeführt und Art 79 B-VG neu gefasst worden ist, führen zur Formulierung des Art 79 Abs 2 B-VG aus (1461 BlgNR XIII. GP, 6, Hervorhebung im Original):

'Es soll aber der Wortlaut des Art 79 Abs 2 dahin geändert werden, dass zum Ausdruck kommt, dass der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern auch dem Bereich der militärischen Landesverteidigung zugehören können, nämlich dann, wenn es sich um die Abwehr von Gefahren handelt, die v o n a u ß e n drohen und denen nur mit militärischen Mitteln begegnet werden kann.'

Daraus wird deutlich, dass die für Art 79 Abs 2 B-VG gewählte Formulierung eine Konsequenz aus dem zugleich eingeführten Art 9a B-VG darstellt. In diesem Sinne heißt es schon im allgemeinen Teil der Erläuterungen, die Bestimmungen des Art 79 über die Aufgaben des Bundesheeres wären terminologisch der neuen Aussage des Art 9a B-VG anzupassen. (Zudem gibt die wörtlich zitierte Stelle der Erläuterungen einen Hinweis darauf, dass der Begriff der militärischen Landesverteidigung die Notwendigkeit des spezifischen Einsatzes 'militärischer Mittel' impliziert.)

In der Folge ist diese Passage der Erläuterungen immer wieder wörtlich zur Kommentierung des Art 79 Abs 2 B-VG herangezogen worden, so etwa von Ermacora/Kopf/Neisser (Das österreichische Wehrrecht I, Wien 1980, S. 34 Anm. 8 zu Art 79 B-VG) und Rauter (Verfassungsrechtliche Grundlagen der militärischen Landesverteidigung für Gesetzgebung und Vollziehung. Schriftliche Fassung des Referates vom im Rahmen des Wehrrechtsseminars des BMLV/SI am 30. und , unveröffentlichtes Manuskript, 7).

c) Zum vorgefundenen Normenbestand

Über den militärischen Eigenschutz, wie er nunmehr im MBG eingehend geregelt ist, finden sich weder in Art 79 B-VG noch sonst im Bundesverfassungsrecht irgendwelche ausdrücklichen Bestimmungen oder Hinweise. Ob und wieweit Angelegenheiten des militärischen Eigenschutzes zu den verfassungsrechtlich geregelten Aufgaben des Bundesheeres gehören, ist also im Wege der Interpretation, vor allem unter Anwendung von historischen und systematischen Methoden, zu ermitteln.

In der RV wird dazu ausgeführt, dass eine historische Interpretation die Zuständigkeit des Bundesheeres zum 'unmittelbaren Selbst- bzw. Eigenschutz' als einen Teil der Zuständigkeit zur militärischen Landesverteidigung ergebe, und zwar weil 1975 vier Regelungen betreffend den Eigenschutz vom Bundesverfassungsgesetzgeber vorgefunden worden seien; diese seien:

l. § 502 StPO,


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2.
§577 StG,
3.
das Sperrgebietsgesetz und
4.
die Allgemeine Dienstvorschrift (ADV) für das Bundesheer.

Diese einfachgesetzlichen Bestimmungen, die zum Versteinerungszeitpunkt vom Bundesverfassungsgesetzgeber vorgefunden wurden, bewirken aber nicht, dass der umfassende militärische Eigenschutz, wie ihn das MBG vorsieht, von Art 79 B-VG umfasst wird.

Bei der Anwendung von historischen und systematischen Methoden sind unbestimmte verfassungsrechtliche Tatbestände in dem Sinne zu verstehen, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der die entsprechenden Begriffe enthaltenden Verfassungsnormen zugekommen ist 'Versteinerungsprinzip' in Verbindung mit dem Grundsatz der intrasystematischen Fortentwicklung (siehe etwa VfSlg 11494/1987, 11777/1988, 12996/1992, 14178/1995, 14266/1995). Sedes materiae ist Art 79 Abs 1 B-VG ('militärische Landesverteidigung', davor 'Schutz der Grenzen der Republik').

Der 'Schutz der Grenzen der Republik' in Art 79 Abs 1 B-VG (Stammfassung) geht der Formulierung nach auf Art 120 des Staatsvertrages von St. Germain zurück. Er findet sich auch im Wehrgesetz vom (StGBl 122). Damit war von Anfang an der militärische Grenzschutz gemeint. Der sogenannte polizeiliche Grenzschutz ist darunter nicht verstanden worden (siehe die EB zu einer RV aus 1966 betreffend eine Neufassung des Art 79 Abs 1 B-VG, 203 BlgNR 11. GP: 'Dem Bundesheer obliegt der militärische Schutz der Unverletzlichkeit des Bundesgebietes unter besonderer Bedachtnahme auf die Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität der Republik' - die Vorlage ist vom NR nicht zum Beschluss erhoben worden).

Mit der B-VG-Novelle 1975 (BGBl. Nr. 368/1975) ist Art 79 B-VG im Zusammenhang mit Regelungen betreffend die umfassende Landesverteidigung (Art9a B-VG) neu gefasst worden. Art 79 Abs 1 erster Satz B-VG hat seine geltende Fassung erhalten. Die Materialien zur B-VG-Novelle 1975 (RV 1461; AB 1643 BlgNR 13. GP) nehmen auf die Frage der Zugehörigkeit von Angelegenheiten des Eigenschutzes zur 'militärischen Landesverteidigung' keinen ausdrücklichen Bezug. In der RV findet sich der Hinweis, dass damit grundsätzlich die 'Abwehr von Gefahren von außen' gemeint sei, dass aber auch die 'Abwehr von Vorgängen im Staatsinneren in Betracht' käme, 'insofern sie im Zusammenhang mit von außen drohenden Gefahren stehen und insofern eine wirksame Abwehr nur mit militärischen Mitteln möglich ist.' Im übrigen bleibe die Abwehr von Gefahren, die von innen drohen, eine primäre Aufgabe der gesetzmäßigen bürgerlichen Gewalt (Erläuterungen zu ArtI Z 2). In einer dem Bericht des Verfassungsausschusses beigegebenen Entschließung wird die Vorbereitung aller Maßnahmen im Frieden verlangt, die für eine unverzügliche und wirksame militärische Reaktion beim Eintritt eines der Bedrohungsfälle (Krisenfall - Neutralitätsfall - Verteidigungsfall) erforderlich sind. Dazu gehören insbesondere 'die ständige Beobachtung der militärischen Lage, die rasche Mobilmachung von Reserveverbänden in personeller und materieller Hinsicht, eine auf Einsatzaufgaben ausgerichtete Ausbildung sowie Versorgungsvorkehrungen.' (sämtliche Hervorhebungen nicht im Original).

Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-VG geltenden einfachgesetzlichen Regelungen, die im Sinne des heutigen Verständnisses dem Eigenschutz zugeordnet werden können, ergaben sich aus § 3 der 2. Strafprozessnovelle 1920 (StGBl 1920/321) und aus § 577 des allgemeinen Strafgesetzes von 1952.

Durch das Gesetz vom , betreffend die Ausübung der Strafgerichtsbarkeit über die Heeresangehörigen im Frieden (2. Strafprozessnovelle 1920), wurden alle Heeresangehörigen im Frieden der Strafgerichtsbarkeit der bürgerlichen Gerichte unterstellt (§1). Zur Aufklärung und Verfolgung von strafbaren Handlungen waren den militärischen Dienststellen und Organen folgende Aufgaben und Befugnisse zugewiesen:

[...]

§ 3 der 2. Strafprozessnovelle 1920 ist mit der StPO-Novelle 1957 (BGBl 31) durch die Bestimmungen des § 495 StPO ersetzt worden:

[...]

§ 495 StPO ist mit der StPO 1975 durch die Nachfolgebestimmung des § 502 leg. cit. ersetzt worden:

[...]

Zu den Bestimmungen in § 502 StPO 1975 betreffend das Festnahmerecht im Dienste der gerichtlichen Strafrechtspflege kamen die Regelungen im BG über militärische Sperrgebiete aus 1963 (BGBl Nr. 204), die den zur Sicherung solcher Gebiete eingeteilten militärischen Wachen ein administratives Festnahmerecht einräumen. Der Eingriff dient der Durchsetzung der in Sperrgebieten geltenden Verbote des Betretens, Befahrens, Fotografierens, Filmens und Anfertigens von zeichnerischen Darstellungen. Die Regelung ist § 35 VStG nachgebildet.

Zu dem von den Erläuterungen zur RV ins Treffen geführten § 502 StPO ist zusammenfassend auszuführen, dass diese Gesetzesstelle zur Begründung einer umfassenden Eigenschutz-Kompetenz des Bundesheeres als Bestandteil der militärischen Landesverteidigung insoferne nichts beiträgt, als diese Festnahmebefugnis von vornherein nicht gefahrenabwehrender, sondern strafprozessualer Natur ist. Sie zielt darauf ab, einen Menschen, der von einer Wache bei der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung betreten wird, dem Untersuchungsrichter zum Zwecke der Strafverfolgung zuzuführen.

Bezeichnender Weise ist § 502 StPO vom MBG auch gar nicht aufgehoben worden. Jedoch ist dem Gesetzgeber der Widerspruch offenbar bewusst geworden. Die Novellierung des MBG durch BGBl. I Nr. 103/2002 änderte inhaltlich zwar nichts an § 11 MBG, es findet sich aber in der Begründung zum Initiativantrag 658/A der Abgeordneten Jung und Kollegen folgende Erläuterung zum Verhältnis § 11 MBG und § 502 StPO:

'Im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die vorläufige Festnahme nach § 11 MBG sind vereinzelt Unklarheiten und Zweifelsfragen über das Verhältnis dieser Norm zur Festnahmebefugnis nach § 502 StPO entstanden. Diese beiden Festnahmeregelungen sind zwar inhaltlich nicht völlig deckungsgleich, sie weisen allerdings - insbesondere unter Zugrundelegung der faktischen Verhältnisse im militärischen Wachdienst - einen breiten Überschneidungsbereich auf. Unter Heranziehung der Interpretationsregeln der 'lex posterior' und der 'lex specialis' wird dabei davon auszugehen sein, dass in diesem Überschneidungsbereich der Regelung in der Strafprozessordnung 1975 durch die Norm des Militärbefugnisgesetzes materiell derogiert wurde. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen eine Festnahme ausschließlich auf der Grundlage der im Militärbefugnisgesetz enthaltenen Bestimmung in Betracht kommt. Eine Freiheitsentziehung auf der Grundlage des § 502 StPO ist demgegenüber wie bisher dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Festnahme nach der in Rede stehenden Wehrrechtsnorm nicht vorliegen (also etwa bei einem Raufhandel mit Körperverletzung unter Zivilisten in einer Kaserne oder bei einem Einbruchsdiebstahl in einem zivilen Kraftfahrzeug durch einen Soldaten).'

(Auf daraus entstehende Widersprüche zur Norm des § 11 MBG wird an späterer Stelle einzugehen sein.)

§ 577 StG, auf den sich die Erläuterungen zur RV ebenfalls berufen, und der mit dem Militärstrafgesetz in dessen Kontext übernommen worden und erst mit § 61 Abs 2 Z 2 MBG außer Kraft getreten ist, enthielt materiellrechtliche Sonderbestimmungen für die Strafbarkeit von Soldaten. Diese Bestimmung wurde mit dem Gesetz vom über die Unterstellung der aktiven Heeresangehörigen unter die allgemeinen Strafgesetze (StGBl 323) in einem Anhang zum allgemeinen Strafgesetz von 1852 besondere Ermächtigungen der militärischen Wachen zum Waffengebrauch festgelegt:

[...]

Diese Bestimmung des materiellen Strafrechtes ist in weiterer Folge in den Zusammenhang des MilStG und nicht in den Kontext der StPO überführt worden. Nach heutigem Begriffsverständnis enthielt § 577 Abs 1 StG einen Rechtfertigungsgrund und nicht eine polizeiliche Befugnisregelung.

Zwar geht die Textierung des zweiten Satzes, derzufolge die Wache unter bestimmten Voraussetzungen Feuer zu geben 'hat', nach heutigem Verständnis über einen Rechtfertigungsgrund hinaus. Es darf aber nicht übersehen werden, dass sich dieser zweite Satz auf zwei Fälle beschränkt. Im ersten Fall betrifft er 'feindesgefährliche Orte', also solche, an denen typischer Weise mit Gefahren, wie sie in der Regel nur im militärischen Bereich auftreten, zu rechnen ist. Dass solche Orte (Kasernen, Munitionslager, uä.) einen verschwindend geringen Teil des Bundesgebietes ausmachen, liegt auf der Hand. Im zweiten Fall stellt er auf die Festnahme und Verwahrung eines Tatverdächtigen ab und ist mithin wiederum im strafprozessualen Kontext des § 502 StPO zu sehen.

Zu § 577 StG ist außerdem zu bedenken, dass der Begriff 'Wachen jeder Art' auch und wohl primär die Bundesgendarmerie und die 'Militärpolizeiwachen' (die späteren Sicherheitswachen der Bundespolizeibehörden) meint und insofern nicht spezifisch eine Funktion anspricht, die heute dem Bundesheer zugeordnet werden könnte. Nach dem Organisationserlass von 1851 standen nämlich der Stadthauptmannschaft die Militär-Polizeiwache und die Zivilwache, die in Zivilkleidung Dienst versah, zur Seite (vgl die §§9 und 28 ff des Erlasses der Statthalterei vom 11. Jänner 1851, B. 718, womit die Grundzüge für die Organisation der Polizei-Behörden und deren Wirkungskreis zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden; dieser Erlass ist wiedergegeben bei Hauer, Ruhe Ordnung Sicherheit, 431 ff). Zum Zeitpunkt der Schaffung des StG waren auch die Bundesgendarmerie und die Militärpolizeiwachen in organisatorischer Hinsicht der Armee eingegliedert (vgl Funk, Die Bestimmungen der Bundesverfassungsgesetznovelle 1929 über Wachkörper, ÖJZ 1973, 589 und 625, 594).

Zur Begründung einer Zuständigkeit zur umfassenden Abwehr von Gefahren innerhalb des gesamten Bundesgebietes kann also auch § 577 StG nicht herangezogen werden, weil er zur Begründung einer umfassenden 'Eigenschutz-Komponente' innerhalb der militärischen Landesverteidigung nichts beiträgt.

Das Sperrgebietsgesetz dient nicht - oder doch jedenfalls nicht primär - dem Schutz des Bundesheeres vor Eindringlingen, sondern zumindest ganz vorrangig dem Schutz von Außenstehenden vor jenen Gefahren, die von der Tätigkeit des Bundesheeres ausgehen. Eine Ausnahme ist nur hinsichtlich § 4 Abs 1 Sperrgebietsgesetz zu machen, der das Fotografieren, Filmen oder Zeichnen eines Sperrgebietes oder einer militärischen Anlage verbietet. Für die Begründung einer umfassenden Eigenschutzkomponente im Rahmen der militärischen Landesverteidigung reicht diese thematisch sehr eingeschränkte Geheimhaltungsvorschrift keinesfalls aus.

Auf einfachgesetzlicher Ebene waren also die dargestellten Regelungen des § 495, danach § 502 StPO über die vorläufige Verwahrung, sowie § 577 StG über besondere Ermächtigungen der Wachen (III. Hauptstück ArtI Z 8 MilStG, BGBl 1970/344) sowie das Sperrgebietsgesetz in Geltung. Aus keiner kann erschlossen werden, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber gemeint habe, in der Vollzugskompetenz des Bundesheeres liege auch ein derart umfassender Eigenschutz, wie er jetzt vom MBG vorgesehen ist.

Dass die ADV als eine allgemeine Dienstvorschrift auf Verordnungsebene ein Kriterium zur Interpretation der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsverteilung bietet, ist von vornherein wenig plausibel. Tatsächlich regelt die ADV, in welchen Formen und von wem ein Dienstauftrag wahrzunehmen ist, nicht jedoch, welche Zuständigkeiten dem Bundesheer zur Bewachung von Personen oder Sachen überhaupt zukommen. Insofern setzt die ADV die auf bundesgesetzlicher Ebene normierten Vollziehungszuständigkeiten (namentlich § 502 StPO) voraus und führt diese auf der Ebene von Dienstvorschriften näher aus. Für die Interpretation des Art 79 Abs 1 B-VG ist daraus nichts zu gewinnen.

Die historisch-systematische Auslegung des Art 79 Abs 1 B-VG ergibt in entwicklungsgeschichtlicher Perspektive also folgendes Bild: Die der 'militärischen Landesverteidigung' akzessorischen Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiete des Eigenschutzes, insbesondere in Form von Ermächtigungen zur Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber Heeresangehörigen, waren durchwegs defensiv und restriktiv gehalten. In den Materialien zur B-VG-Novelle 1975 werden dem Bundesheer Aufgaben im Bereich der Abwehr von Vorgängen im Staatsinneren nur insoweit zugestanden, als sie im Zusammenhang mit von außen drohenden Gefahren stehen und eine wirksame Abwehr nur mit militärischen Mitteln möglich ist. Dazu sind stets nur äußerst beschränkte Eingriffsbefugnisse im Rahmen von § 577 StG, § 502 StPO und des Sperrgebietsgesetzes zur Verfügung gestanden. § 577 StG gibt den militärischen Wachen das Recht, unmittelbar gegen sie gerichtete Angriffe und Bedrohungen an 'feindesgefährlichen Orten' abzuwehren.

§502 StPO räumt Befugnisse zur Verhinderung, Aufklärung und Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen ein, die der vorläufigen Festnahme durch Exekutivorgane nachgebildet sind. Ein Vorgehen gegen Personen, die keine Soldaten sind, kommt nur dann in Betracht, wenn ein konkreter Angriff gegen eine Wache, ein konkrete Gefahrenlage an einem 'feindesgefährlichen Ort' oder ein Betreten auf frischer Tat auf einer militärischen Liegenschaft vorliegen.

Das historische Begriffsbild des Eigenschutzes im verfassungsrechtlichen Tatbestand 'militärische Landesverteidigung' in Art 79 Abs 1 B-VG ist also - wie bereits erwähnt - deutlich von der Vorstellung von Notwehr- oder Notstandshandlungen bzw. unaufschiebbaren Verfolgungshandlungen als die 'ultima ratio' zur Bewältigung von Gefahrensituationen geprägt.

Als Ergebnis ist also festzustellen, dass ein Versteinerungsmaterial, das zum Nachweis einer von Art 79 Abs 1 B-VG im Jahre 1975 vorgefundenen Zuständigkeit des Bundesheeres zu einem derart umfassenden 'militärischen Eigenschutz', wie er im MBG vorgesehen ist, dienen würde, entgegen den Behauptungen der Erläuterungen zur RV des MBG nicht gefunden werden konnte.

[...]

[...] Zusammenfassung

Der Großteil der Tätigkeit militärischer Organe im Bereich des sogenannten 'militärischen Eigenschutzes' ist nicht militärische Landesverteidigung und damit kein Fall des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG, ja überhaupt kein Fall eines Einsatzes des Bundesheeres im Sinne des Art 79 B-VG, sondern Sicherheitspolizei, deren Wahrnehmung gemäß Art 78a B-VG den Sicherheitsbehörden vorbehalten ist. Die kompetenzmäßige Zuweisung dieses Tätigkeitsbereiches zum Bundesheer anstatt zu den Sicherheitsbehörden belastet diesen Regelungskomplex daher mit der Verletzung bundesverfassungsgesetzlicher Vorschriften."

2.2. Zu § 2 Abs 2 MBG:

"[III.] C. Spezielle Bedenken gegen § 2 Abs 2 MBG

Dem Gesetzgeber des MBG war offenbar bewusst, dass die Regelungen des sogenannten 'militärischen Eigenschutzes' weithin mit Regelungen des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) über Aufgaben der Sicherheitsbehörden konkurrieren. Er hat deshalb versucht, mit der in § 2 Abs 2 getroffenen Regelung eine Lösung des Problems zu schaffen.

Was das Verhältnis des 'militärischen Eigenschutzes' zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit anlangt, so gehen die Erläuterungen von einer 'grundsätzlichen Subsidiarität' des Militärbefugnisrechts aus (76 BlgNR XXI. GP, 48). Die zum 'militärischen Eigenschutz' einschreitenden militärischen Organe haben die Sicherheitsbehörden von der allgemeinen Gefahr (das ist ein gefährlicher Angriff oder eine kriminelle Verbindung, vgl. § 16 Abs 1 SPG), gegen die sich der militärische Eigenschutz richtet, unverzüglich zu verständigen; sie dürfen nach dem MBG nur solange handeln, solange nicht die Sicherheitsbehörden einschreiten.

Jedoch findet sich in § 2 Abs 2 Z 2 MBG eine merkwürdige und verfassungsrechtlich bedenkliche Durchbrechung dieser Subsidiarität. Die militärischen Organe haben 'darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten'. Diese Kooperation kann sich jedoch nicht auf Normen des MBG stützen, da diese als Grundlage nur solange verfügbar sind, als die Sicherheitsbehörden noch nicht einschreiten. Sie kann sich unmittelbar auch nicht auf Normen des SPG stützen, da sich diese nur an Sicherheitsbehörden und deren Organe richten. Schließlich scheidet eine Deutung als Assistenzleistung nach Art 79 Abs 2 B-VG aus mehreren Gründen aus: Erstens wird die für eine Anforderung der Assistenz des Bundesheeres erforderliche Bedrohungsdichte regelmäßig fehlen; zweitens kann die Regelung des § 2 Abs 2 MBG die von Art 79 Abs 2 B-VG vorausgesetzte Anforderung der Assistenzleistung durch die zivile Sicherheitsbehörde nicht ersetzen; und drittens handelt es sich beim 'Eigenschutz', wie gezeigt, gar nicht um einen Einsatz des Bundesheeres im Sinne des Art 79 B-VG.

Die Verpflichtung der militärischen Organe, auf die im Anlassfall gebotene Weise mit den Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten, inkludiert die Verpflichtung dieser Organe, selbst zu beurteilen, welche die im Anlassfall gebotene Weise der Kooperation mit den Sicherheitsbehörden wäre. Für dieses, inhaltlich und zeitlich in keiner Weise limitierte Handeln der militärischen Organe in Kooperation mit den Sicherheitsbehörden fehlt im übrigen jegliche gesetzliche Grundlage, damit aber auch jede gesetzliche Determinierung.

Die Erläuterungen (76 BlgNR XXI. GP, 49) treffen dazu folgende Feststellungen:

'Über die praktische Umsetzung der Kooperationspflicht ist aus Zweckmäßigkeitsgründen keine ausdrückliche Bestimmung ins Auge gefasst. Der konkrete Inhalt und Umfang dieser Zusammenarbeit werden sich daher nach den jeweiligen tatsächlichen Erfordernissen im Anlassfall richten'

Der Verdacht liegt nahe, dass dem Gesetzgeber die Überschreitung der Grenze zum Kompetenzbereich der Sicherheitsbehörden bewußt war. Jede determinierende Regelung an dieser Stelle hätte auch Folgen für die Sicherheitsbehörden gehabt und damit die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen über den umfassenden militärischen Eigenschutz evident gemacht.

Angemerkt sei, dass die Subsidiaritätsklausel des § 2 Abs 2 MBG im Bereich der nachrichtendienstlichen Abwehr insoferne zu merkwürdigen Ergebnissen führt, als das MBG Datenverwendungen zugesteht, die weit über die Ermächtigungen der - primär zuständigen - Sicherheitsbehörden hinausgehen. Dies beginnt bei dem Umstand, dass die Aufgabe der nachrichtendienstlichen Abwehr schon im Bereich des vorbeugenden Schutzes ansetzt, mithin Datenverwendungen auf die Prognose gestützt werden, es bestünden Umstände, die Angriffe auf militärische Rechtsgüter 'erwarten lassen' (§20 Abs 2 MBG). Im Rahmen des vorbeugenden Schutzes ermöglicht § 22 MBG in den Absätzen 3 bis 5 (und zwar jeweils in der Z 2) eine ansehnliche Bandbreite verdeckter Datengewinnungen. Im Anwendungsbereich des SPG sind solche Ermittlungen durchwegs nur dann zulässig, wenn sich bereits gefährliche Angriffe ereignen oder zur Abwehr krimineller Verbindungen.

Zwar würde die Subsidiaritätsklausel den militärischen Organen der nachrichtendienstlichen Abwehr auferlegen, die Sicherheitsbehörde von den allgemeinen Gefahren zu informieren, gegen die sich das Einschreiten richtet; die Sicherheitsbehörde könnte jedoch selbst gar nicht einschreiten, weshalb die Zuständigkeit der nachrichtendienstlichen Abwehr bestehen bliebe. Wozu in einem solchen Fall die Verpflichtung besteht, die Sicherheitsbehörde zu informieren, ist nicht ersichtlich; fraglich ist auch, ob die mit der Verständigung der Sicherheitsbehörde verbundene, jedoch im Grunde völlig zwecklose Übermittlung von personenbezogenen Daten mit dem Grundrecht nach § 1 DSG 2000 vereinbar ist.

In Fällen freilich, in denen die von den Organen der nachrichtendienstlichen Abwehr geortete Bedrohung von einer kriminellen Verbindung ausgeht, etwa im Kontext des Verdachts von militärischen Spionageaktivitäten auf österreichischem Territorium (§319 StGB), wird es wohl zum Einschreiten der Sicherheitsbehörde kommen; die Einladung des Gesetzgebers an die nachrichtendienstliche Abwehr, von diesem Zeitpunkt an mit der Sicherheitsbehörde nach Zweckmäßigkeit zu kooperieren, führte jedoch zu völlig unabsehbaren Eingriffen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Deshalb wird - unabhängig von den oben angeführten Einwänden gegen den als 'militärischen Eigenschutz' bezeichneten Regelungskomplex - wegen der Wortfolge 'und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten' die Anfechtung des § 2 Abs 2 MBG auch damit begründet, dass diese Bestimmung dem Art 18 Abs 1 B-VG zuwiderläuft."

2.3. Zu § 11 MBG:

"IV. Grundrechtliche Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des MBG

[...]

1. Bedenken gegen § 11 Abs 1 MBG

a) Fehlen eines Tatverdachts im Vorbereitungsstadium

Den Erläuterungen zufolge soll sich die Festnahmebefugnis gemäß § 11 Abs 1 auf Art 2 Abs 1 Z 2 lita und b des PersFrBVG sowie auf Art 5 Abs 1 litc EMRK stützen (76 B1gNR XXI. GP, 55). Tatsächlich geht die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 1 jedoch über diese verfassungsgesetzlichen Grenzen hinaus. Sowohl das PersFrBVG als auch die EMRK setzen den Verdacht eines strafbaren Verhaltens voraus, die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 1 aber nicht in allen Fällen.

Nach § 11 Abs 1 kann nämlich eine Person auf der Grundlage der berechtigten Annahme festgenommen werden, dass sie einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter ausführe. Der Legaldefinition des Angriffs in § 1 Abs 8 zufolge liegt ein solcher jedoch bereits dann vor, wenn noch keine strafbare Handlung, sondern lediglich ein Verhalten gesetzt wird, 'das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Handlung vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird'.

Diese Konstruktion ist - einmal mehr - dem § 16 Abs 3 SPG nachgebildet. Jedoch stellt die Festnahmebefugnis des § 45 SPG (wohlweislich) nicht auf einen gefährlichen Angriff, sondern explizit auf den Verdacht einer mit (beträchtlicher) Strafe bedrohten Handlung ab.

Die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 1 ist daher schon aufgrund ihrer extensiven Ausgestaltung wegen Verstoßes gegen Art 2 Abs 1 Z 2 lita und b PersFrBVG sowie gegen Art 5 Abs 1 litc EMRK verfassungswidrig.

b) Fahndung kein verfassungskonformer Haftgrund

Der letzte Fall des § 11 Abs 1 ist jener der Festnahme einer Person in der Annahme, dass nach ihr wegen des Verdachts eines Angriffs auf militärische Rechtsgüter gefahndet werde. Dieser Festnahmegrund hat jedoch im PersFrBVG keine Grundlage. Denn bei der Personenfahndung sind zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich die Fahndung zur Aufenthaltsermittlung (§413 StPO) und die Fahndung zur Festnahme(§§414 ff StPO). Die Fahndung zur Aufenthaltsermittlung eines Verdächtigen gibt jedoch keinen Grund zu dessen Festnahme, daher ist auch dieser Festnahmegrund des § 11 Abs 1 zu umfangreich gestaltet und deshalb mit dem PersFrBVG unvereinbar.

Die Erläuterungen erklären, dass § 11 Abs 1 dem privaten Anhalterecht nach § 86 Abs 2 StPO nachgebildet sei (76 BlgNR XXI. GP, 55). Das ist aber nicht zutreffend: § 86 Abs 2 StPO setzt eindeutig die begründete Annahme einer gerichtlich strafbaren Handlung voraus. Außerdem ist es ohne Belang für die Beurteilung der Verfassungskonformität des § 11 Abs 1 ob diese Bestimmung dem Festnahmerecht Privater nachgebildet wurde, oder nicht. Denn am Maßstab der Verfassung müssen Befugnisse staatlicher Organe strenger geprüft werden als die Rechte (wobei es sich bei § 86 Abs 2 StPO überdies ohnehin nur um einen Rechtfertigungsgrund handelt) von Privatpersonen.

c) § 11 Abs 1 MBG in Konkurrenz mit § 502 StPO

Zwischen der Festnahmebefugnis nach § 11 Abs 1 und jener nach § 502 StPO besteht ein weites Überlappungsverhältnis, wenngleich § 11 Abs 1 erheblich allgemeiner gefasst ist. Während nämlich § 502 StPO eine Festnahmebefugnis Heeresangehörigen gegenüber Zivilisten nur dann zugesteht, wenn sich diese auf einer militärischen Liegenschaft befinden, verzichtet § 11 Abs 1 auf diese (sehr wesentliche) Limitierung.

Tatsächlich wäre die Überlappung nicht von Nachteil, wenn nicht beide Regelungen hinsichtlich des nach der Festnahme einzuschlagenden Verfahrens unterschiedliche Wege gehen würden.

Während nämlich § 502 StPO die unverzügliche Vorführung des Festgenommenen vor den Untersuchungsrichter anordnet, verpflichtet § 11 Abs 5 dazu, den Festgenommenen unverzüglich dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überstellen. Da nicht beide Verpflichtungen erfüllt werden können, wird eine Lösung wohl in der Annahme zu suchen sein, dass die spätere Norm (des MBG) der älteren (der StPO) zumindest insoweit materiell derogiert hat, wovon mittlerweile auch der Gesetzgeber auszugehen scheint (siehe die Begründung im AB Nr. 1119 dB, XXI. GP). Die insoferne vorrangige Norm des § 11 Abs 5 ist jedoch schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (siehe dazu unten unter 2.), was sich auf § 11 Abs 1 durchschlägt.

2. Bedenken gegen die Regelung des § 11 Abs 5 MBG

§ 11 Abs 5 sieht vor, dass der Festgenommene unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von 24 Stunden dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überstellen, oder aber freizulassen ist, falls der Grund für die Anhaltung schon vorher wegfällt. Diese Regelung wird gleichermaßen für Personen getroffen, die nach § 11 Abs 1 wie auch nach § 11 Abs 2 festgenommen worden sind, also sowohl im Falle des Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung, als auch im Falle des Verdachts einer Verwaltungsübertretung (wobei der überschießende Gehalt des § 11 Abs 1 einmal außer Betracht bleiben soll).

Diese Regelung ist jedoch in einem hohen Maße unsachlich und verstößt daher gegen den Gleichheitssatz gemäß Art 7 Abs 1 B-VG.

In Bezug auf nach § 11 Abs 1 Festgenommene sieht Art 4 Abs 2 PersFrBVG vor, dass die festgenommene Person, sofern der Anhaltegrund nicht schon früher entfällt, unverzüglich dem zuständigen Gericht zu übergeben ist. Dafür hätten die militärischen Organe selbst zu sorgen, eine Zwischenschaltung der Sicherheitsbehörde muss zwangsläufig zu einer unnötigen Verzögerung führen und steht deshalb in Widerspruch zu Art 4 Abs 2 PersFrBVG.

Hinzu kommt jedoch, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes regelmäßig keine gesetzliche Grundlage zur Anhaltung des von den militärischen Organen übergebenen Festgenommenen haben würden, weshalb sie diesen oft nur sofort freilassen könnten. Der einzige für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Betracht kommende Tatbestand ist jener des § 175 Abs 1 Z 1 StPO, der voraussetzt, dass der Verdächtige unmittelbar nach der Tatbegehung (eines Verbrechens) glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt wird. Diese zeitliche Nähe wird jedoch nach mehreren Stunden nicht mehr anzunehmen sein. Hinzu kommt, dass bei den meisten der bezirksgerichtlichen Delikte zufolge § 452 Z 1 StPO der Haftgrund nach § 175 Abs 1 Z 1 StPO gar nicht zur Verfügung steht.

In der überwiegenden Zahl der Fälle würde mithin die Übergabe des Angehaltenen an die Organe der Sicherheitsbehörde zu dessen sofortiger Freilassung führen müssen. Damit wird jedoch die Festnahme nach § 11 Abs 1 als solche sinnlos und ist daher von vornherein unverhältnismäßig. Die Unsachlichkeit - und in der Tat Unsinnigkeit - dieser Regelung und ihre Unvereinbarkeit mit dem PersFrBVG liegen klar zutage.

Im Kontext des § 11 Abs 2 bestehen gegen die Regelung des § 11 Abs 5 mutatis mutandis die gleichen Bedenken. Die Festnahme wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung ist nach Art 2 Abs 1 Z 3 PersFrBVG zum Zwecke der Vorführung des Verdächtigten vor die zuständige Behörde zulässig, nicht jedoch zur Überstellung an die nächsten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Dass diese zudem keine gesetzliche Grundlage für eine Anhaltung des Übergebenen hätten, ist in diesem Kontext durchwegs der Fall. Denn § 35 VStG ist so zu verstehen, dass nicht irgendwer, sondern dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes selbst den Verdächtigen auf frischer Tat betreten haben.

Da die zwingende Norm des § 11 Abs 5 erster Satz für alle Fälle von Festnahmen nach § 11 Abs 1 und 2 gilt, strahlt ihre Unsachlichkeit im selben Umfang aus: Die Regelung des § 11 MBG ist mithin insgesamt mit dem PersFrBVG, mit Art 5 EMRK sowie mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG unvereinbar."

2.4. Zu §§22 Abs 3 bis 8, 22a MBG:

"[IV.] C. Bedenken gegen Bestimmungen des MBG über die Datenverwendung zum Zwecke der nachrichtendienstlichen Abwehr

[...]

[...] Bedenken gegen § 22 Abs 3 bis 8 und § 22a MBG

Die §§22 Abs 3 bis 6 bilden das Kernstück der Bestimmungen über die Datenermittlung durch Organe der militärischen Geheimdienste. Der Sitz der Verfassungswidrigkeit der nahezu unbeschränkten Zulässigkeit der Datenermittlung durch derartige Organe findet sich also in diesen Absätzen. § 22 Abs 7 und 8 sowie § 22a stehen in untrennbarem Zusammenhang mit diesen Bestimmungen, bzw. sind - im Fall des § 22a - unterstützende Bestimmungen, durch die die Verfassungswidrigkeit der eigentlichen Kernbestimmungen zur Datenermittlung noch verstärkt wird.

a) Darstellung der Abs 3 bis 6 des § 22 MBG

[...]

b) Verletzung des § 1 DSG 2000 und des Art 8 EMRK

§ 22 Abs 3 bis 5, jeweils Z 3 MBG verletzt die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach § 1 DSG 2000 auf Datenschutz und nach Art 8 EMRK auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Denn die in Beschwerde gezogenen Teile des § 22 ermächtigen in Zusammenhalt mit der ebenso unpräzisen wie weiten Aufgabenstellung des § 20 Abs 1 und der nur schwach ausgebildeten rechtlichen Kontrolle durch den Rechtsschutzbeauftragten die Organe der nachrichtendienstlichen Aufklärung in weitem (wenngleich unklarem) Umfang zu Eingriffen in die informationelle Selbstbestimmung und in die von Art 8 EMRK gewährleistete Kommunikationsfreiheit (eingehend Aichinger, Neue Fahndungsmethoden zur Bekämpfung organisierter Kriminalität, 96 ff).

Diese Eingriffe wiegen umso schwerer, als sie geheim erfolgen, sodass der Betroffene keine Möglichkeit hat, sich vor ihnen zu schützen (Berka, Die Grundrechte, Wien 1999, Rz 466). Gerade die Ermittlung personenbezogener Daten durch Formen der verdeckten Datengewinnung, wie sie in der Observation und in der verdeckten Ermittlung vorliegen, machen eine besonders gewissenhafte Abwägung des einfachen Gesetzgebers in Bezug auf die Erforderlichkeit und Angemessenheit dieser Ermittlungen notwendig.

Das den einfachen Bundesgesetzgeber bindende Gebot, Eingriffe in Grundrechte nur durch solche gesetzlichen Regelungen zuzulassen, die zugleich die Verhältnismäßigkeit dieser Eingriffe in ausreichendem Maße gewährleisten, bedeutet zum einen, dass der einfache Gesetzgeber nicht die Bestimmung der Grenzen der Verhältnismäßigkeit in Bausch und Bogen der Vollziehung überlassen darf. Das aus den auf der Ebene der Bundesverfassung normierten Regelungen über die Zulässigkeit von Eingriffen in Grundrechte durch Abstraktion ableitbare Prinzip der Verhältnismäßigkeit erfordert vielmehr, dass sich der einfache Bundesgesetzgeber selbst der Mühe unterzieht, mit den im Rahmen einer generell-abstrakten Regelung verfügbaren Mitteln Verhältnismäßigkeitsgrenzen zu bestimmen, die der Vollziehung einen Rahmen vorgeben, unbeschadet der Notwendigkeit, dass die Vollziehung diesen Rahmen jeweils mit Bedacht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ausfüllt, wobei er den vom Gesetzgeber vorgegebenen Wertungsgesichtspunkten Geltung zu verschaffen hat.

Zum anderen ist der einfache Gesetzgeber jedoch auch verpflichtet, im Falle der gesetzlichen Ermächtigung einer staatlichen Behörde zu Grundrechtseingriffen zugleich ein solches Maß an Kontrolle vorzusehen, das ein Vertrauen der Rechtsgemeinschaft rechtfertigt, dass die vom Gesetzgeber normierten Eingriffsgrenzen von der Vollziehung auch Beachtung finden werden (zufolge Berka, Die Grundrechte, Wien 1999, Rz 466, soll über die Grundrechtskonformität von Regelungen über verdeckte Informationseingriffe auch entscheiden, ob der Gesetzgeber 'für gehörigen Schutz vor Missbräuchen' gesorgt hat). Dazu bedarf es wirkungsvoller Mechanismen der Rechtskontrolle. Denn nur eine sowohl maßhaltende wie auch möglichst präzise Bestimmung der Grenzen zulässiger geheimer Datenermittlungen einerseits im Verein mit einer effektiven Kontrolle der Einhaltung dieser Grenzen andererseits bieten dem Bürger und der Bürgerin im Ergebnis eine ausreichende Gewähr dafür, dass ihre Grundrechte nach § 1 DSG und nach Art 8 EMRK gewahrt bleiben. Das Vorhandensein oder eben Fehlen eines effektiven Kontrollmechanismus ist mithin in die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung geheimer Dateneingriffe einzubeziehen (so Handstanger/ Okresek, Sicherheitsverwaltung und MRK, ÖJZ 1995, 252, und diesen folgend Aichinger, Neue Fahndungsmethoden zur Bekämpfung organisierter Kriminalität, 116; im Fall Klass gg D, EuGRZ 1979, 278, 284, der eine Telefonüberwachung zum Gegenstand hatte, hat der Gerichtshof die Bedeutung von Sicherungen gegen Missbrauch betont).

In diesem Zusammenhang ist auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Rechtsstaatsprinzip Bezug zu nehmen: In ständiger Judikatur leitet der Verfassungsgerichtshof aus dem rechtsstaatlichen Prinzip die Forderung nach einem solchen System von Rechtsschutzeinrichtungen her, das gewährleistet, dass auf Dauer nur solche Akte staatlicher Organe Bestand haben, die den im Stufenbau der Rechtsordnung übergeordneten Normen genügen; der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Kontext stets auf das Kriterium der faktischen Effektivität eines solchen Rechtsschutzes hingewiesen, das dann verfehlt wird, wenn ein behördliches Fehlverhalten eine dauernde Belastung des Betroffenen bewirkt (vgl insbesondere die Erkenntnisse VfSlg 11 196/1986, 11 590/1987, 12 683/1991, 13 003/1992, 13 182/1992, und 13 805/1994 sowie das Erkenntnis V116/96 vom ). Nach diesen Grundsätzen ist mit Bezug auf geheime Formen der Ermittlung personenbezogener Daten zu fordern, dass der Gesetzgeber solche faktisch wirksamen Rechtsschutzeinrichtungen vorsieht, die gewährleisten, dass schwere Verletzungen der Grundrechte nach Art 8 EMRK und § 1 DSG 2000 festgestellt werden (können). An eine solche Feststellung kann eine Wiedergutmachung, insbesondere nach Maßgabe von Amtshaftungsansprüchen anschließen.

Wie ein ernsthafter Versuch, diesen Anforderungen aus dem Rechtsstaatsprinzip Rechnung zu tragen, zu gestalten wäre, hat der Bundesgesetzgeber bei der Schaffung der Regelungen über optische und akustische Überwachungsmaßnahmen in der StPO (§§149d ff StPO) gezeigt. Damit ist ein Maßstab geschaffen worden, an dem andere Regelungen zu messen sind. Zudem besteht bei einem so krassen Rechtsschutzgefälle wie jenem zwischen StPO einerseits und MBG andererseits die Gefahr, dass die Regelungen der StPO durch ein Ausweichen auf die Regelungen des MBG unterlaufen werden (so auch Funk, Der unvollendete Rechtsstaat, Schäffer-FS, bei Fn 46).

Insoferne ist Art 8 EMRK von vornherein auch im Zusammenhalt mit der in Art 13 EMRK normierten Verbürgung wirksamer Beschwerdemöglichkeiten eines Betroffenen zu sehen. Während es für gewöhnlich ausreicht, Betroffenen Rechtsschutzwege zu eröffnen, fällt die Option einer wirksamen Beschwerde des Betroffenen selbst insoweit aus, als dieser vom Eingriff in seine grundrechtlichen Positionen keine Kenntnis hat, wie dies ex definitione im Umfang geheimer Ermittlungen (zunächst) der Fall ist. Diesfalls ist der einfache Gesetzgeber jedoch von dem - der Norm des Art 13 EMRK zugrundeliegenden - Erfordernis einer wirksamen Rechtsschutzkontrolle der Vollziehung nicht einfach dispensiert, sondern muss ersatzweise Maßnahmen vorsehen, die eine gleichwertige Verbürgung der Wahrung der gesetzlichen Eingriffsschranken gewährleisten. Es bedarf einer unverzüglichen nachträglichen Information des Betroffenen vom erfolgten Eingriff und der für diesen maßgeblichen Gründe sowie im Falle längerwährender geheimer Ermittlungen zusätzlich - unter Verwendung eines von Funk geprägten Begriffs - eines kommissarischen Rechtsschutzes, insbesondere durch einen Rechtsschutzbeauftragten, dessen Rechtsstellung und Befugnisse eine wirksame Kontrolle gewährleisten (Funk, Der unvollendete Rechtsstaat, Schäffer-FS, im Erscheinen, bei Fn 47; zur Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten im Kontext der optischen und akustischen Überwachungsmaßnahmen in der StPO vgl. den eingehenden Bericht des Justizausschusses, 812 BlgNR XX. GP, 13; Miklau/Pilnacek, Optische und akustische Überwachungsmaßnahmen zur Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität ('Lauschangriff') - Paradigmenwechsel im Verfahrensrecht?, JRP 1997, 286, 299 f und 304).

Daher ist das Bild zu vervollständigen: Neben - erstens - der Konturenlosigkeit und Breite der Aufgabenstellung nach § 20 Abs 1 MBG und - zweitens - der exorbitanten Weite der Ermächtigungen nach § 22 ist - drittens - auf das völlige Fehlen jeder wirksamen rechtlichen Kontrolle hinzuweisen (siehe dazu unten unter D.).

Zufolge § 22 Abs 8 haben die Organe der Heeresdienste vor einer Datenermittlung nach den Abs 4 bis 7 den Bundesminister für Landesverteidigung zu verständigen, welcher unter Umständen den Rechtsschutzbeauftragten zu involvieren hat. Diese Regelung ist jedoch von vornherein auf Datenermittlungen zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter beschränkt und berührt daher die Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Aufklärung in keiner Weise.

Das bedeutet im Ergebnis, dass das Gesetz in Bezug auf die geheimen Ermittlungen der nachrichtendienstlichen Aufklärung weder zu irgendeinem Zeitpunkt eine nachträgliche Information der Betroffenen selbst, noch eine Verständigung des Rechtsschutzbeauftragten vorsieht. Zwar ist dieser zufolge § 57 Abs 4 ganz allgemein zur rechtlichen Kontrolle der nachrichtendienstlichen Aufklärung zuständig, er darf Unterlagen einsehen und Auskünfte verlangen. Ohne eine systematische Einbindung in Entscheidungsprozesse oder wenigstens eine nachträgliche Information von erfolgten Eingriffen muss diese Kontrolle jedoch auf 'Zufallsfunde' des Rechtsschutzbeauftragten beschränkt bleiben.

Der Anforderung eines wirksamen Rechtsschutzes im Sinne des Rechtsstaatsprinzips und des Art 13 EMRK entspricht diese Regelung bei weitem nicht. Die gesetzliche Regelung bietet daher insgesamt keine ausreichende Gewähr dafür, dass von den exorbitant weitreichenden Befugnissen der nachrichtendienstlichen Aufklärung zu Eingriffen in die informationelle Selbstbestimmung von Menschen nur in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht wird. Sie verletzt damit die Grundrechtsgewährungen der Artikel 8 und 13 EMRK.

Nach § 1 Abs 2 DSG 2000, BGBl I Nr 165/1999, sind Eingriffe in den Anspruch Betroffener auf die Geheimhaltung der auf sie bezogenen Daten nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind.

Solche Gesetze dürfen überdies die Verwendung sensibler Daten nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen.

Als 'besonders schutzwürdige' oder 'sensible' Daten gelten zufolge § 4 Z 2 DSG 2000 Daten natürlicher Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerkschaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder ihr Sexualleben. Im übrigen präzisiert § 9 Z 3 DSG 2000, dass bei der Verwendung sensibler Daten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen nur dann nicht verletzt werden, wenn sich die Ermächtigung oder Verpflichtung zur Verwendung 'aus gesetzlichen Vorschriften ergibt', soweit diese der Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses dienen. Damit wird nicht bloß das Erfordernis schwerwiegender öffentlicher Interessen, sondern auch die Anforderung an die Bestimmtheit der gesetzlichen Regelung nachgeschärft.

§ 20 Abs 1 MBG zufolge hat sich die nachrichtendienstliche Aufklärung mit militärischen und damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Tatsachen, Vorgängen und Vorhaben zu interessieren. Zieht man die (zeitlich wie örtlich naheliegenden) Kriegshandlungen am Balkan in Betracht, so standen die militärischen Vorgänge dort in engstem Zusammenhang mit religiösen, ethnischen und politisch-weltanschaulichen Gegebenheiten. Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass eine seriöse Analyse des sicherheitspolitischen Umfelds Österreichs ohne die Einbeziehung solcher Daten in Bezug auf religiöse, politische und militärische Führer und Gruppierungen auskommt. Mithin ist davon auszugehen, dass

§20 Abs 1 in Verbindung mit § 22 die Organe und Dienststellen der nachrichtendienstlichen Aufklärung auch zur Ermittlung sensibler Daten ermächtigt.

Nach dem von § 1 Abs 2 DSG 2000 gesetzten Maßstab für die behördliche Ermittlung sensibler Daten müsste die in Betracht stehende Regelung des MBG

aa) sicherstellen, dass die Datenermittlung auf Grund von Gesetzen erfolgt, was eine minimale Bestimmtheit der gesetzlichen Determinierung impliziert;

bb) gewährleisten, dass die Ermittlung von personenbezogenen Daten stets nur zu den in Art 8 Abs 2 EMRK aufgelisteten Zwecken erfolgt;

cc) darüber hinaus dafür vorsorgen, dass eine Ermittlung sensibler Daten stets nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen geschieht; und schließlich

dd) angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen Betroffener bieten.

ad aa) Verstoß gegen das Determinierungsgebot des Art 18 Abs 1

B-VG

Es ist bereits ausführlich darauf hingewiesen worden, dass sich die gesetzliche Determinierung aller, und selbst so schwerwiegender Eingriffe wie letztlich sogar des sogenannten 'großen Lauschangriffs' auf eine unpräzise Aufgabenstellung in § 20 Abs 1 MBG einerseits und das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip andererseits beschränkt. Im Hinblick auf das Gewicht dieser Eingriffe kann eine so schwache gesetzliche Determinierung nicht genügen, und zwar weder im Hinblick auf das allgemeine Gesetzlichkeitsgebot nach Art 18 Abs 1 B-VG, noch mit Bezug auf das besondere Gesetzlichkeitserfordernis aus Art 8 Abs 2 EMRK und aus § 1 Abs 2 DSG 2000. Für den Bürger und die Bürgerin ist schlechterdings nicht vorhersehbar, in welchem Umfang sie mit der Ausübung der in § 22 normierten Überwachungsmaßnahmen zu rechnen haben.

Der Gerichtshof für Menschenrechte legt insofern einen strengen Maßstab an. Er hat zuletzt im Urteil vom im Fall Kopp gg die Schweiz, ÖJZ 1999, 115 f, folgende Auffassung bekräftigt:

'Im Zusammenhang mit geheimen Überwachungsmaßnahmen oder der Abhörung von Gesprächen durch staatliche Behörden muss wegen des Fehlens einer öffentlichen Kontrolle und der Gefahr des Machtmissbrauchs das innerstaatliche Recht dem einzelnen einen gewissen Schutz gegen einen willkürlichen Eingriff in Rechte des Art 8 bieten. Deshalb muss das innerstaatliche Recht in seinen Begriffen hinreichend klar sein, um den Bürgern einen angemessenen Hinweis zu geben, unter welchen Umständen und unter welchen Bedingungen staatliche Behörden ermächtigt sind, zu derartigen geheimen Maßnahmen zu greifen.'

Diesem Prüfmaßstab werden die weiten und undifferenzierten Regelungen des § 22 Abs 3 bis 5 MBG in keiner Weise gerecht.

ad bb) Keine Einschränkung auf die in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Zwecke

Die nachrichtendienstliche Aufklärung ermittelt Daten in Bezug auf alle Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben, die mit militärischen Gegebenheiten in Zusammenhang stehen. Eine nähere Einschränkung nimmt § 20 Abs 1 MBG nicht vor.

Zufolge Art 8 Abs 2 EMRK sind - gesetzlich vorgesehene - Eingriffe in das Privatleben zulässig, soweit sie Maßnahmen darstellen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit notwendig sind.

Dass die nachrichtendienstliche Aufklärung der nationalen Sicherheit dient, steht außer Frage (selbst wenn man Hauer, Ruhe Ordnung Sicherheit, 252, folgt, und die 'nationale Sicherheit' als 'Staatssicherheit' liest, ist davon auszugehen, dass diese Staatssicherheit eine innere und eine äußere Komponente umfasst). Was zu prüfen bleibt, ist jedoch, in welchem Umfang Datenermittlungen zur Wahrung der nationalen Sicherheit Österreichs unter den gegebenen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen (noch) erforderlich sind, zumal unter Bedachtnahme auf den Maßstab einer demokratischen - auf individuelle Freiheitsrechte und Pluralität angelegten - Gesellschaft als tertium comparationis; und zudem, ob die Regelungen in den §§20 und 22 MBG eine ausreichende Beschränkung auf eben diesen Umfang der Ermittlungen gewährleisten.

Zwar kann die Bezugnahme auf militärische und damit im Zusammenhang stehende Umstände auch so interpretiert werden, dass sie über die Erfordernisse nationaler Sicherheit nicht hinausgehen. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass der Gesetzgeber zu wenig unternommen hat, um diese von der Verfassung gebotene Restriktion sicher zu stellen.

ad cc) Zusätzliche Anforderungen an die Ermittlung sensibler Daten Gesetze gem. § 1 Abs 2 DSG - die aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind - müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen.

Das MBG gibt aber keinerlei Hinweis darauf, dass bei der Verwendung sensibler Daten besondere Rücksichten zu walten hätten. Das in § 1 Abs 2 DSG 2000 im Verfassungsrang normierte Gebot wird zur Gänze der Erwartung an die Vollziehung überantwortet, offenbar in der Hoffnung, diese werde schon das Notwendige aus dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzip herleiten. Dass diese Hoffnung keine plausible Basis hat, folgt einmal mehr aus dem Fehlen jeder wirksamen vorgehenden oder nachprüfenden Kontrolle.

ad dd) Ausreichende Garantien für einen effektiven Geheimhaltungsschutz

Unter den gegebenen Umständen


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einer bloß vagen Determinierung der Aufgabenstellung,


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einer dem Verfassungsempfinden (und der Berufsauffassung) der vollziehenden Beamten überantworteten Limitierung der Datenverwendung,


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einer maximalen Tiefe der gesetzlich zugelassenen informationellen Eingriffe, bis hin zum sogenannten 'großen Lauschangriff',


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des Fehlens einer Verpflichtung zur nachträglichen Verständigung Betroffener


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und einer alles andere als verlässlich, vielmehr bestenfalls stichprobenweise eingreifenden Rechtskontrolle nach § 57 Abs 4 MBG

ist realistischer Weise schlechterdings nicht damit zu rechnen, dass sich die nachrichtendienstliche Praxis auch nur annähernd mit einem verfassungskonformen Maß an Datenverwendungen begnügt, geschweige denn, dass die Bürgerinnen und Bürger eine ausreichende Gewähr für ein solches grundrechtswahrendes Verwaltungshandeln im Bereich der Heeresnachrichtendienste und insbesondere der nachrichtendienstlichen Aufklärung hätten.

Daher verletzt § 22 Abs 3 bis 5 MBG in eklatanter Weise die Grundrechtsgewährungen der § 1 DSG 2000 und Art 8 EMRK (ähnlich Berka, Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit, 43; Funk, Der unvollendete Rechtsstaat, Schäffer-FS, bei Fn 92).

c) Verstoß gegen Art 10 EMRK und gegen Art 13 StGG

Nach Art 10 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfaßt. Art 10 Abs 2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind. Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muß sohin, wie auch der EGMR ausgesprochen hat (Fall Sunday Times v. , EuGRZ 1979, 390; Fall Barthold v. , EuGRZ 1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art 10 Abs 2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke 'in einer demokratischen Gesellschaft notwendig' sein (VfSlg. 12.886/1991).

In der Regelung des § 22 Abs 3 bis 5, jeweils Z 3 MBG sind auch Verletzungen der Informationsfreiheit gemäß Art 10 EMRK und der Medienfreiheit nach Art 13 StGG zu sehen.

Im Unterschied zur differenzierten Regelung technisch unterstützter Observationen im Kontext des Redaktionsgeheimnisses in den §§149a Abs 2 und 149d Abs 1 Z 3 litb, 149e Abs 2 StPO nimmt das MBG auf die Rechte von MedienmitarbeiterInnen mit keinem Wort Bezug. Einmal mehr hat es sich der einfache Bundesgesetzgeber zu einfach gemacht, indem bundesverfassungsgesetzlich gebotene und im einzelnen schwierige Abwägungsentscheidungen übergangen worden sind, die in seine Verantwortung fallen (Berka, Die Grundrechte, Wien 1999, Rz 566).

Zwar lässt auch Art 10 Abs 2 EMRK Eingriffe in das Redaktionsgeheimnis und in den journalistischen Quellenschutz in dem Umfang zu, in dem solche Eingriffe in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit hingenommen werden müssen. Doch hätte sich der einfache Bundesgesetzgeber der Aufgabe zu stellen gehabt, diesen Umfang zu bestimmen. Überdies schlägt auch in diesem Kontext zu Buche, dass die Ausformung der Rechtskontrolle mangels einer wenigstens nachträglichen Verständigung Betroffener und mangels einer obligatorischen Befassung des Rechtsschutzbeauftragten keinerlei Gewähr dafür bietet, dass die Vollziehungspraxis um eine Bedachtnahme auf verfassungsgesetzlich gebotene Abwägungen bemüht sein wird (ebenso Berka, Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit, 45).

D. Keine Rechtfertigung der Grundrechtseingriffe durch die Schaffung eines Rechtsschutzbeauftragten

Im Zusammenhang mit den geäußerten Bedenken hinsichtlich der Grundrechtsverträglichkeit einiger der angefochtenen Bestimmungen weisen die Antragsteller darauf hin, dass das allgemeine Sachlichkeitsgebot und auch das rechtsstaatliche Prinzip es erfordern, dass selbst zulässige derartige, wie oben dargestellte Eingriffe in Grundrechte einer lückenlosen begleitenden Kontrolle unterliegen und dass sich Betroffene zur Wehr setzen können, also umfangreiche Rechtsschutzmechanismen bestehen.

Die im MBG vorgesehenen Kontrollrechte und Rechtsschutzmechanismen bleiben - gleichwohl sie bei verfassungskonformer Ausstattung die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen nicht verhinderten - weit hinter diesen Erfordernissen zurück, wie im Folgenden darzulegen sein wird.

1. Die Funktion des Rechtsschutzbeauftragten

Gegen Datenermittlungen kann sich der Betroffene nicht zur Wehr setzen, wenn und solange er von ihnen nicht erfährt. Deshalb kennt die StPO schon seit längerer Zeit Verpflichtungen des Gerichts, nach dem Abschluss solcher Ermittlungen die Betroffenen von diesen in Kenntnis zu setzen. Für den Fall der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs kennt die StPO diese Verpflichtung in § 149b Abs 4 StPO bereits seit dem Strafprozessanpassungsgesetz 1974, BGBl Nr. 423. Im Zuge der Beratungen zur Einführung weiterer technischer Mittel zur Bild- und Tongewinnung in das Strafverfahren kam der Gesetzgeber zur Auffassung, dass es nicht ausreicht, einen Menschen erst nach der Beendigung seiner akustischen oder optischen Überwachung zu informieren, sondern dass es vielmehr nötig wäre, schon zuvor die Möglichkeit einzuräumen, dass die Rechte Betroffener wirkungsvoll gegen die geplanten Überwachungsmaßnahmen geltend gemacht werden können. Da es jedoch in der Natur einer Überwachung liegt, dass die von ihr Betroffenen keine Kenntnis davon haben sollen, ist die Einrichtung eines Rechtsschutzbeauftragten in die StPO eingeführt worden (§§149n und 149o StPO, in die StPO eingefügt durch die Novelle BGBl I Nr. 105/1997). Dieser soll die Rechte des Betroffenen an dessen Stelle geltend machen, solange dieser von der Überwachung keine Kenntnis haben darf.

§ 22 MBG ermächtigt zur Observation und zur verdeckten Ermittlung von Menschen, kennt jedoch keinerlei Verpflichtung der ermittelnden Behörde zu einer Information Betroffener zu irgendeinem Zeitpunkt, also insbesondere zu jenem, da eine solche Information ohne Gefährdung der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben geschehen könnte.

Die gesamte Last einer rechtlichen Kontrolle der verdeckten Datengewinnung durch den Bundesminister für Landesverteidigung ruht deshalb auf der Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten.

Das MBG macht den Rechtsschutzbeauftragten in § 57 Abs 4 allgemein zur rechtlichen Kontrolle von Maßnahmen der Heeresnachrichtendienste zuständig. Innerhalb dieses weiten Feldes ist der Rechtsschutzbeauftragte zufolge § 22 Abs 8 bei bestimmten Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Abwehr zuständig, nämlich bei Datenermittlungen gemäß § 22 Abs 4 Z 2, Abs 5 Z 2 und Abs 7.

Der Fall des § 22 Abs 7 wird im weiteren außer Betracht bleiben; in der Tat ist seine Einbeziehung in die Regelung des § 22 Abs 8 erstaunlich, handelt es sich bei der Datenermittlung nach § 22 Abs 7 doch um eine offene Ermittlung, die auf eine Weise anzukündigen ist, dass sie einem möglichst weiten Kreis potentiell Betroffener bekannt wird. Diese haben ohnehin die Möglichkeit einer Beschwerde an die Datenschutzkommission nach § 55 MBG. Hier bedarf es des Rechtsschutzbeauftragten nicht.

2. Information nur auf Verlangen des Rechtsschutzbeauftragten

a) Die Regelung des § 22 Abs 8 MBG

Vor einer Datenermittlung durch den Einsatz der verdeckten Ermittlung oder von Bild- oder Tonaufzeichnungsgeräten zum Zwecke des vorbeugenden Schutzes militärischer Rechtsgüter ist der Bundesminister für Landesverteidigung zu verständigen.

Dieser hat dem Rechtsschutzbeauftragten Gelegenheit zur Äußerung zu geben, allerdings nur dann, wenn der Rechtsschutzbeauftragte in Bezug auf die konkrete bevorstehende Datenermittlung das Verlangen gestellt hat, gehört zu werden.

Damit trifft jedoch die gesetzliche Regelung eine unsachliche Differenzierung. Sie macht das Stattfinden einer rechtlichen Kontrolle durch ein (mehr oder weniger) unabhängiges Organ davon abhängig, ob dieses von der Absicht der militärischen Organe zur Datenermittlung durch verdeckte Ermittlung oder den Einsatz von Aufzeichnungsgeräten rechtzeitig Kenntnis erlangt.

Die zeitliche Gestaltung der Abläufe lässt dem Rechtsschutzbeauftragten kaum eine Chance. Denn einerseits haben die militärischen Organe von einer beabsichtigten Datenermittlung nach § 22 Abs 4 Z 2 oder Abs 5 Z 2 den Bundesminister für Landesverteidigung unverzüglich zu verständigen; dessen Pflicht, nun den Rechtsschutzbeauftragten zu befassen, besteht jedoch nur dann, wenn dieser zu diesem Zeitpunkt bereits ein 'entsprechendes Verlangen gestellt hat'. Dem scheint der nächste Satz zu widersprechen, der darauf abstellt, ob das Verlangen des Rechtsschutzbeauftragten vor dem Beginn der Ermittlungen gestellt worden ist. Nun fällt jedoch auf, dass die militärischen Organe nach der Verständigung des Bundesministers für Landesverteidigung von Gesetzes wegen mit der beabsichtigten Ermittlung nicht weiter zuwarten müssen. Denn das Gesetz verlangt dem verständigten Bundesminister für Landesverteidigung keinerlei Entscheidung ab. Ob dem Rechtsschutzbeauftragten zwischen der Verständigung des Ministers und dem Beginn der Ermittlungen noch Zeit verbleibt, ein Verlangen zu stellen, hängt mithin von unwägbaren Umständen ab, etwa vom Bestehen einer internen Regelung, von der zaudernden oder forschen Art der agierenden Organe oder auch von der Form der Verständigung des Ministers. Wenn diese etwa telefonisch geschieht, ist denkbar, dass der Minister - oder vielmehr ein vertretungsbefugter Ministerialbeamter - im Zuge des Gesprächs erklärt, keine Einwände gegen die beabsichtigte Datenermittlung zu haben, diese solle unverzüglich in Angriff genommen werden.

Die vom Standpunkt der auf dem Spiel stehenden Grundrechte unverzichtbare rechtliche Kontrolle wird derart vom Bundesgesetzgeber als Glückspiel ausgestaltet: Nur wenn der Rechtsschutzbeauftragte innerhalb der knappen Zeitspanne zwischen Entscheidung und unverzüglicher Verständigung des Bundesministers für Landesverteidigung zufällig von der Absicht zu einer Datenermittlung durch verdeckte Ermittlung oder durch Bild- oder Tonaufzeichnung Kenntnis erlangt, kann er unter Umständen rechtzeitig das Verlangen stellen, Gelegenheit zur Äußerung zu erhalten.

Eine solche aleatorische Ausgestaltung der Rechtskontrolle kann nicht im Sinne des allgemeinen Sachlichkeitsgebots oder des Rechtsstaatsprinzips sein, zumal in einer so ernsten Angelegenheit, wie es die in Frage stehenden Dateneingriffe allerdings sind. Aus der Sicht der von diesen Eingriffen Betroffenen hängt das Stattfinden der rechtsstaatlich gebotenen Rechtskontrolle vom Vorliegen überaus glücklicher Umstände ab.

b) Zum Entstehen dieser Regelungen

Die in Frage stehenden Regelungen stehen zur Vorstellungswelt eines an wirksamer Rechtskontrolle und an der Wahrung der Grundrechte interessierten Rechtsstaats in einem so eklatanten Missverhältnis, dass die Frage nach ihrem Zustandekommen nahe liegt.

Die parallel mit der RV zu einem MBG behandelte RV zur SPG-Novelle 2000 (81 BlgNR XXI. GP) hat für die analoge Regelung der Information des Rechtsschutzbeauftragten in § 62b Abs 7 SPG folgenden Text vorgeschlagen:

'(7) Sicherheitsbehörden, denen sich eine Aufgabe gemäß § 21 Abs 3 stellt, haben hierüber den Bundesminister für Inneres zu informieren. Dieser hat - sofern er die Einschätzung teilt - vom Sachverhalt den Rechtsschutzbeauftragten in Kenntnis zu setzen und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Der Rechtsschutzbeauftragte hat sich binnen sieben Tagen zu äußern.'

Die Einschränkung auf den Fall, dass der Rechtsschutzbeauftragte verlangt, Gelegenheit zur Äußerung zu erhalten, fehlte hier noch.

Hingegen kannte die RV zum MBG noch keine dem geltenden § 22 Abs 8 MBG entsprechende Regelung.

Die hier angefochtenen Bestimmungen sind eine Frucht der - zeitgleichen - Behandlung der beiden Regierungsvorlagen in den zuständigen Ausschüssen des Nationalrats.

Der Bericht des Innenausschusses (223 BlgNR XXI. GP) führt zur Neufassung des § 62 Abs 7 SPG folgendes aus:

'Nach der Auffassung der Antragsteller sollte das Schwergewicht der Tätigkeit des Rechtsschutzbeauftragten deutlich auf der Funktion einer begleitenden Kontrolle, mithin im Bereich der Ermächtigungen gemäß § 62b Abs 6 und 8 liegen. Wenn er im Zuge dieser Tätigkeit wahrnimmt, dass eine Sicherheitsbehörde eine neue Aufgabenstellung nach § 21 Abs 3 zu erkennen vermeint, so soll es dem Rechtsschutzbeauftragten offen stehen, seine Sicht in den Entscheidungsfindungsprozess einzubringen.'

Mehr Aufschluss geben die einschlägigen Ausführungen im - insgesamt sehr knappen - Bericht des Landesverteidigungsausschusses (223 BlgNR XXI. GP), wo sich immerhin folgende Sätze finden:

'Darüber hinaus sind im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch diverse weitere Anlehnungen an materiell vergleichbare Regelungen im Sicherheitspolizeigesetz ins Auge gefasst; dies betrifft insbesondere auch die Befassung des Rechtsschutzbeauftragten bei besonderen Ermittlungen der militärischen Nachrichtendienste.'

Vermutlich bedeutet dieser Vorgang im Klartext, dass eine Situation vermieden werden sollte, in der zwar die staatspolizeiliche, nicht aber auch die heeresnachrichtendienstliche Tätigkeit der Kontrolle durch einen Rechtsschutzbeauftragten unterliegt. So ist offenbar ein schlampiger Kompromiss des Inhalts zustande gekommen, dass in beiden Gesetzen im Kontext von heiklen Ermittlungen eine Einschaltung des Rechtsschutzbeauftragten normiert worden ist, zugleich in einer stark 'abgeschwächten' Form, eben nur für den - wenig wahrscheinlichen - Fall, dass der Rechtsschutzbeauftragte zufällig gerade 'wahrnimmt, dass eine Sicherheitsbehörde eine neue Aufgabenstellung nach § 21 Abs 3 zu erkennen vermeint', beziehungsweise dass ein nachrichtendienstliches Organ den Entschluss zu einer Ermittlung nach § 22 Abs 4 Z 2 oder Abs 5 Z 2 fasst.

c) Zusammenfassung

Aus dieser Entstehungsgeschichte wird deutlich, dass der Gesetzgeber zwar einen Rechtsschutzbeauftragten einrichten wollte, um den rechtsstaatlichen Bedenken gegen das Militärbefugnisgesetz Wind aus den Segeln zu nehmen. Gleichzeitig gestaltete er den Rechtsschutzbeauftragten aber so aus, dass er keinerlei wirksame Kontrolle ausüben kann. Die Regelungen verstoßen daher sowohl gegen das Sachlichkeitsgebot als auch gegen das Rechtsstaatsgebot der Bundesverfassung und sind daher verfassungswidrig."

2.5. Zu § 57 Abs 3 MBG:

"[...] Verfassungswidrigkeit der Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten

Der Rechtsschutzbeauftragte (bzw. seine Stellvertreter) sind gem. § 57 Abs 3 erster Satz weisungsfrei gestellt.

Zufolge Art 20 Abs 1 B-VG erfolgt die staatliche Verwaltungstätigkeit prinzipiell weisungsgebunden, und zwar in Unterordnung unter die obersten Organe der Vollziehung. Alle Verwaltungsbehörden, die keine obersten Organe im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes sind, unterstehen der Leitung und der Weisung der zuständigen obersten Organe des Bundes und der Länder (VfSlg. 4.648/1964). Ausnahmen davon können nur verfassungsgesetzlich getroffen werden. Der Verfassungsgerichtshof hat erst jüngst diese Judikatur durch das auf sie aufbauende Erkenntnis VfSlg. 15.427 mit Verweisen auf zahlreiche Vorentscheidungen bestätigt.

Die Tätigkeit des Rechtsschutzbeauftragten im MBG ist eindeutig im Bereich der Hoheitsverwaltung angesiedelt. Die Zulässigkeit der Ausnahme vom verfassungsgesetzlich angeordneten Weisungszusammenhang zum zuständigen Bundesminister ist weder aus dem Bundes-Verfassungsgesetz noch aus sonst irgendeiner Verfassungsbestimmung erkenntlich. Nach dem Stufenbau der Rechtsordnung kann der Verfassungsbestimmung des Art 20 Abs 1 B-VG durch einfaches Bundesgesetz auch nicht derogiert werden. § 57 Abs 3 erster Satz steht daher in Widerspruch zur höherrangigen Norm des Art 20 Abs 1 B-VG, bzw. ist schlicht und einfach verfassungswidrig.

Wegen untrennbaren Zusammenhanges des ersten mit den übrigen Sätzen ist von dieser Verfassungswidrigkeit der gesamte Abs 3 des § 57 betroffen."

2.6. Schließlich regen die Antragsteller an, von der Möglichkeit einer Fristsetzung gemäß Art 140 Abs 5 B-VG keinen Gebrauch zu machen: Legistische Vorkehrungen seien im vorliegenden Fall schon deshalb nicht erforderlich, weil durch die Kundmachung der Aufhebung im Wesentlichen nur eine verfassungskonforme und vollziehbare Rechtslage hergestellt werde.

Weiters wird angeregt, von der Möglichkeit, gemäß Art 140 Abs 6 B-VG auszusprechen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, nur hinsichtlich der §§11 und 23 MBG Gebrauch zu machen, weil die übrigen angefochtenen Bestimmungen keine Vorläuferbestimmungen haben, die wieder in Wirksamkeit treten könnten.

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, den Antrag abzuweisen.

Zu den vorgebrachten Bedenken führt die Bundesregierung im Wesentlichen aus:

3.1. Zum militärischen Eigenschutz:

"[...] Zum Begriffsinhalt 'militärische Landesverteidigung':

Bemüht man sich um eine Rekonstruktion des Willens des Verfassungsgesetzgebers aus den relevanten Materialien, so lassen sich hinreichend deutliche inhaltliche Komponenten des Begriffes 'militärische Landesverteidigung' gewinnen. Aus den Erläuterungen zu der in diesem Zusammenhang relevanten Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes aus dem Jahr 1975 (RV 1461 BlgNR 13. GP) geht insgesamt hervor, dass unter dem Begriff 'militärische Landesverteidigung' grundsätzlich die 'Abwehr von Gefahren von außen gemeint ist; es kommt aber auch die Abwehr von Vorgängen im Staatsinneren in Betracht, insofern sie im Zusammenhang mit von außen drohenden Gefahren stehen und insofern eine wirksame Abwehr nur mit militärischen Mitteln möglich ist'. Der in Rede stehende Begriff war daher bereits von jeher so zu verstehen, dass eine unmittelbare Bedrohung nicht zwingend von außerhalb des österreichischen Staatsgebietes erfolgen muss; es reicht vielmehr auch aus, wenn eine innenwirksame Bedrohung einen gewissen Außenbezug aufweist (wie insbesondere die logistische Unterstützung, die Finanzierung, die Ausrüstung, die Bewaffnung oder die operative und taktische Steuerung).

[...]

[...] Zum Regelungsgegenstand 'militärischer Eigenschutz':

[...] 1. Allgemeines:

[...]

[...]2. Zu Artikel 79 Abs 2 B-VG:

Der mit einer Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 368/1975 umfassend modifizierte Art 79 B-VG normiert im Abs 2 ua. die sog. 'sicherheitspolizeilichen Assistenzaufgaben' des Bundesheeres. Es handelt sich dabei um solche Aufgaben, die das Bundesheer grundsätzlich nicht aus Eigenem wahrnehmen darf, sondern nur auf Anforderung der zuständigen (zivilen) Behörden und Organe. Im Rahmen dieser Aufgabenumschreibung ist allerdings ausdrücklich normiert, dass diese Assistenzaufgaben des Bundesheeres 'auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus' in Betracht kommen. Daraus ergibt sich - bereits auf Grund des zweifelsfreien Ergebnisses einer Wortinterpretation - schlüssig, dass dem Bundesheer - zumindest in einem begrenzten Umfang - auch im Bereich der militärischen Landesverteidigung nach Art 79 Abs 1 B-VG 'eine primäre und originäre Eigenkompetenz zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt' zukommen wird (RV 76 BlgNR XXI. GP 32). Die für das Bundesheer in Anspruch genommene Eigenzuständigkeit zum unmittelbaren Selbstschutz durch eigene Organe kann daher in rechtsdogmatischer Hinsicht auf die erwähnte Wendung im Art 79 Abs 2 B-VG gestützt werden.

[...] 3. Zum 'Versteinerungsmaterial':

Die als Bestandteil der 'militärischen Landesverteidigung' in Anspruch genommene Zuständigkeit des Heeres zum unmittelbaren Selbst- bzw. Eigenschutz im Rahmen des Wachdienstes stützt sich weiters auch auf die langjährige ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Interpretation des österreichischen Verfassungsrechtes. Dabei wurde als zentrale Auslegungsmaxime die sog. 'Versteinerungstheorie' entwickelt, nach der verfassungsrechtliche Begriffe im Zweifel in jenem Sinne zu verstehen sind, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen Verfassungsnorm zugekommen ist (vgl. für viele VfSlg. 13.023/1992).

Der diesbezüglich relevante Terminus 'militärische Landesverteidigung' wurde - wie bereits erwähnt - in den Art 9a bzw. 79 B-VG im Jahre 1975 im Verfassungsrecht eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt standen bereits verschiedene Normen in Geltung, die den in Rede stehenden Selbstschutz der Streitkräfte direkt den militärischen Organen - und nicht etwa den für die Wahrnehmung der Sicherheitspolizei zuständigen Einrichtungen - übertrug. Diese im Folgenden angeführten Rechtsvorschriften betrafen im wesentlichen zahlreiche Aspekte des seit jeher unbestritten als direkte militärische Aufgabe angesehenen militärischen Wachdienstes.

So sah der nach dem III. Hauptstück ArtI Z 8 des Militärstrafgesetzes als Bestandteil dieses Bundesgesetzes weitergeltende - im Kern seit dem 19. Jahrhundert weitgehend unveränderte - § 577 des Strafgesetzes ('Besondere Ermächtigung der Wachen') folgende Festnahme- und Waffengebrauchsrechte militärischer Wachen vor:

[...]

Im Gegensatz zu den Ausführungen der Antragsteller auf Seite 32 handelt es sich bei dieser Norm zweifelsfrei nicht um 'Sonderbestimmungen für die Strafbarkeit für Soldaten', sondern vielmehr um klassische Befugnisse zur Gefahrenabwehr. Aus der Tatsache, dass unter 'Wachen jeder Art' auch die Bundesgendarmerie und die Militärpolizeiwachen zu subsumieren waren, ist verfassungsrechtlich nichts ableitbar, da diese Organisationseinheiten damals in die Armee eingegliedert waren und diese Bestimmung jedenfalls auch militärische Organe umfasst. Die Feststellung auf Seite 34 des Antrags, wonach § 577 des Strafgesetzes 'zur Begründung einer umfassenden Eigenschutzkomponente innerhalb der militärischen Landesverteidigung nichts beiträgt', ist somit als bloße Behauptung zu qualifizieren, die einer näheren Prüfung nicht standzuhalten vermag.

Auch in der Strafprozessordnung wurde verschiedenen militärischen Organen das materiell seit 1920 bis heute nur unbedeutend geänderte Recht zur vorläufigen Verwahrung eines bestimmter militärisch relevanter Straftaten Verdächtigen eingeräumt.

§ 502 StPO sieht diesbezüglich vor:

[...]

§ 502 StPO ist im Gegensatz zu den Ausführungen der Antragsteller auf Seite 32 nicht strafprozessualer Natur. Er dient vielmehr ausschließlich dem Zweck der militärischen Gefahrenabwehr und somit der 'militärischen Landesverteidigung' nach Art 79 Abs 1 B-VG. Andernfalls müsste man dieser Norm einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen (was diesbezüglich seitens der wissenschaftlichen Lehre und Forschung - zu Recht - noch nie der Fall war). Ein Tätigwerden des Bundesheeres im Dienste der Strafjustiz würde nämlich dem Art 79 B-VG klar widersprechen und wäre somit eindeutig verfassungswidrig.

Ferner war im militärischen Sperrgebietsrecht seit 1963 ein dem § 35 VStG inhaltlich weitgehend nachgebildetes Festnahmerecht militärischer Wachen bei einem militärischen Sperrgebiet normiert. Diese Norm lautete in der Fassung des Sperrgebietsgesetzes 1995 (dh. bis zum In-Kraft-Treten des Militärbefugnisgesetzes):

[...]

Da im gegenständlichen Antrag wiederholt (Seiten 18, 32 und 34) das Argument vorgebracht wird, das Sperrgebietsgesetz diene 'ganz vorrangig dem Schutz von Unbeteiligten vor Gefahren, die von militärischen Übungen und Gefahren ausgehen, nicht aber von Gütern des Bundesheeres', ist Folgendes entgegen zu halten:

Das Bundesgesetz über militärische Sperrgebiete, BGBl. Nr. 204/1963 wurde im Jahre 1993 wiederverlautbart, im Jahre 1995 neuerlassen sowie im Jahre 2002 wiederverlautbart und steht derzeit als Sperrgebietsgesetz 2002 (SperrGG 2002), BGBl. I Nr. 38, bei weitgehend materieller Identität in Geltung.

Dieses Bundesgesetz hat im Gegensatz zur Annahme der Antragsteller seit jeher in erster Linie eine Eigenschutzkomponente, liegt doch dessen Zweck vor allem auch im Schutz bestimmter militärischer Anlagen vor drohenden Gefahren. Dies geht insbesondere aus der Tatsache hervor, dass nicht nur das unbefugte Betreten und Befahren eines militärischen Sperrgebietes (das dem Eigenschutz ebenso dient, wie dem Schutz Dritter), sondern vielmehr auch das unbefugte Fotografieren, Filmen oder Zeichnen eines Sperrgebietes, eines Teiles eines solchen oder einer in einem Sperrgebiet befindliche militärische Einrichtung (das ausschließlich dem Eigenschutz dient) verboten ist. Das Nichtbefolgen dieser Verbote gilt seit dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes über militärische Sperrgebiete, BGBl. Nr. 204/1963, als Verwaltungsübertretung, berechtigt militärische Organe im Wachdienst bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen zu einer vorläufigen Festnahme und führt zum Verfall der Fotografien, Filme und Zeichnungen sowie im Einzelfall zum Verfall der hiefür verwendeten technischen Geräte.

Die in Rede stehende, dem militärischen Eigenschutz dienende Festnahmebefugnis ist somit im militärischen Sperrgebietsrecht bereits seit nahezu 40 Jahren normiert und wurde lediglich aus rechtssystematischen Erwägungen inhaltlich unverändert in das Militärbefugnisgesetz übernommen.

Schließlich enthalten die §§22 bis 28 der Verordnung der Bundesregierung über die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV), BGBl. Nr. 43/1979, eine Definition des militärischen Wachdienstes, seine verschiedenen Arten sowie konkrete Umschreibungen der Aufgaben jener Soldaten, die den Wachdienst in unterschiedlichen Erscheinungsformen versehen. Die auf Seite 34 des Antrages vertretene Meinung, dass die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer kaum ein taugliches 'Kriterium zur Interpretation der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsverteilung' biete, verkennt, dass nach der 'Versteinerungstheorie' auch Verordnungen (als Teile der Rechtsordnung) entsprechend herangezogen werden können. Dies betrifft die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass diese Verordnung nach § 7 Abs 3 WG 2001 nur auf Grund des Zusammenwirkens von Organen der Vollziehung mit jenen der Gesetzgebung zustande kommt, wodurch ihr eine besondere rechtspolitische Bedeutung beizumessen ist.

Der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1975 hat demnach bei der Einführung des in Rede stehenden Begriffes 'militärische Landesverteidigung' in der Rechtsordnung bereits ein breites, speziell auch den unmittelbaren Selbstschutz des Heeres umfassendes Inhaltsprofil dieser Kernaufgabe des Bundesheeres vorgefunden. Im Lichte der Versteinerungstheorie kann daher davon ausgegangen werden, dass diese Schutzaufgabe auch unter den neugeschaffenen Terminus 'militärische Landesverteidigung' zu subsumieren ist, zumal auch die genannten Normen (mit Ausnahme des durch das Militärbefugnisgesetz selbst aufgehobenen § 577 StG) inhaltlich praktisch unverändert bis heute in Geltung stehen. Die den militärischen Organen durch das Militärbefugnisgesetz eingeräumten Befugnisse bewegen sich daher lediglich in diesem bereits 1975 vorgefunden Rahmen.

[...] 4. Zur nachrichtendienstlichen Abwehr:

Die grundsätzliche Notwendigkeit und Zulässigkeit einer nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr als Teile der 'militärischen Landesverteidigung' nach Art 79 Abs 1 B-VG steht dem Grunde nach weitgehend außer Streit. In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass die den militärischen Nachrichtendienst wahrnehmenden Dienststellen keine eigenständige 'Organisationseinrichtung' außerhalb des militärischen Bereiches bilden, sie sind vielmehr auf verschiedenen hierarchischen Ebenen vollständig in die Struktur des Organkomplexes Bundesheer integriert.

Der diesbezüglich relevante Terminus 'militärische Landesverteidigung' wurde - wie bereits erwähnt - in den Art 9a bzw. 79 B-VG im Jahre 1975 im Verfassungsrecht eingeführt. In diesem Zusammenhang sind folgende Rechtsquellen von besonderer Bedeutung:


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Das Bundesgesetz vom , womit der Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes in Angelegenheiten der Landesverteidigung festgesetzt wird, BGBl. Nr. 142/1955, normierte in § 2 Z 6, dass das 'militärische Nachrichtenwesen' zu den militärischen Angelegenheiten gehört. Aus den diesbezüglichen Erläuterungen (559 BlgNR VII. GP) ergibt sich, dass hiedurch die Übernahme jener Materien als militärische Angelegenheiten erfolgt, die als solche am vom Bund geführt worden sind (und damit auch beide Aspekte des militärischen Nachrichtendienstes).


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In der Geschäftseinteilung des Bundeskanzleramtes 1956 war unter Amt für Landesverteidigung eine Gruppe II (Nachrichtenevidenz, Vorsorgen für Geheimhaltung, Chiffrewesen, Abwehrangelegenheiten) vorgesehen. In den Geschäftseinteilungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung ab 1956 waren eine Nachrichtengruppe, ab 1968 eine Gruppe Nachrichtenwesen vorgesehen (1972 kam ua. der Terminus 'Maßnahmen der militärischen Sicherheit' vor).


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Das Bundesgesetz vom über die Errichtung eines Bundesministeriums für Landesverteidigung und über die Neuordnung des Wirkungsbereiches einiger Bundesministerien, BGBl. Nr. 134/1956, sah in § 1 vor, dass ein neu errichtetes Bundesministerium für Landesverteidigung die Besorgung der Geschäfte des Bundeskanzleramtes in militärischen Angelegenheiten übernimmt. Aus den entsprechenden Erläuterungen (5 BlgNR VIII. GP) ergibt sich, dass die bisher vom Bundeskanzleramt wahrgenommenen Aufgaben militärischer Art dem Bundesministerium für Landesverteidigung übertragen werden, wodurch eine Anknüpfung an die Vorschriften über den Wirkungsbereich der Bundesministerien bis zur Besetzung Österreichs durch das Deutsche Reich erfolgt.


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Die Regierungsvorlage zum Strafgesetzbuch (30 BlgNR XIII. GP) erwähnt zu § 262 (Begriff des Staatsgeheimnisses), dass nur die 'Geheimhaltungsnotwendigkeit für die äußere Sicherheit der Republik Österreich' geschützt wird. Es sind dies die 'Angelegenheit der Landesverteidigung', zu denen etwa auch die 'nachrichtendienstliche Abwehr' gehört.


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Mit Ministerratsbeschluss vom erfolgte ua. die Errichtung eines der Zentralstelle unmittelbar nachgeordneten Heeres-Nachrichtenamtes das ua. die Agenden 'Durchführung der Aufgaben des militärischen Nachrichtendienstes; Maßnahmen der militärischen Sicherheit' wahrzunehmen hatte.


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Im Bundesministeriengesetz 1973, BGBl. Nr. 389, ist im § 1 Z 9 das Bundesministerium für Landesverteidigung ausdrücklich angeführt; durch § 17 Abs 2 Z 45 und 46 werden die beiden oben genannten Gesetze aufgehoben. Aus den Erläuterungen (483 BlgNR XIII. GP) ergibt sich, dass die materiell-rechtlichen Zuständigkeitsvorschriften grundsätzlich unberührt bleiben; den in der Anlage verwendeten Begriffen und Ausdrücken (somit auch den 'militärischen Angelegenheiten') kommt jene Bedeutung zu, die die derzeit geltenden Rechtsvorschriften damit im Allgemeinen verbinden. Daraus ergibt sich, dass das gesamte militärische Nachrichtenwesen (weiterhin) unter die 'militärischen Angelegenheiten' im Sinne des Bundesministeriengesetzes zu subsumieren ist.


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Mit Ministerratsbeschluss vom erfolgte die Herauslösung der Abwehraufgaben aus dem Heeres-Nachrichtenamt unter gleichzeitiger Übertragung an ein neu geschaffenes Abwehramt; in der vorhergehenden Sitzung des Landesverteidigungsrates vom wurde die Ausgliederung der 'Aufgaben der nachrichten-dienstlichen Abwehr aus dem Heeres-Nachrichtenamt' entsprechend behandelt.


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Das derzeit geltende Bundesministeriengesetz 1986, BGBI. Nr. 76, enthält diesbezüglich keinerlei materielle Änderungen; im § 1 Abs 1 Z 7 ist das Bundesministerium für Landesverteidigung ebenso normiert, wie im Teil 2 der Anlage zu § 2 die 'militärische Angelegenheiten' für das Bundesministerium für Landesverteidigung.

Soweit die Antragsteller anzweifeln, dass die Aufgaben der nachrichtendienstlichen Abwehr einen Teil des militärischen Aufgabenbereiches nach Art 79 Abs 1 B-VG darstellen, ist darauf hinzuweisen, dass selbst die Verfassungsrechtsordnung vom Bestehen der nachrichtendienstlichen Abwehr ausgeht: Art 52a B-VG sieht nämlich seit 1993 die Einrichtung eines ständigen Unterausschusses des Landesverteidigungsausschusses zur 'Überprüfung von nachrichtendienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung' vor (BGBl. Nr. 565/1991; Inkrafttreten am ).

Hinzuweisen ist auch darauf, dass durch die ständige Judikatur der Datenschutzkommission die nachrichtendienstliche Abwehr als Aufgabe der militärischen Landesverteidigung - mit relativ weit gesteckten Grenzen - bejaht wird. Insbesondere hatte sich die Datenschutzkommission in zahlreichen Verfahren mit der Frage der Zulässigkeit einer Datenermittlung durch militärische Organe für die Zwecke der nachrichtendienstlichen Abwehr zu beschäftigen; dabei stand insbesondere die Subsumierbarkeit dieser Tätigkeiten unter die verfassungsgesetzlich verankerten Aufgaben des Bundesheeres zur Prüfung. In den entsprechenden Entscheidungen wurden wesentliche Aussagen über den Umfang dieses Aufgabenbereiches gemacht, die auch bei der Erstellung des gegenständlichen Entwurfes von zentraler Bedeutung waren. Als Kernaussage ist dabei anzusehen, dass 'die Aufgaben des Abwehramtes auch den Schutz der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres und die Abwehr von subversiven Tätigkeiten umfassen' (120.318/11-DSK/91). Ausgehend von dieser Maxime wurden diverse konkrete Anlassfälle als dieser Aufgabe zuordenbar bewertet. So fällt darunter etwa 'die Auswertung von Zeitschriften, insbesondere das Ermitteln von Autoren, die sich kritisch bzw. teilweise negativ mit dem Bundesheer auseinandersetzen' (120.280/13-DSK/91, 120.278/12-DSK/91, 120.279/12-DSK/91), aber auch die Verschaffung der Kenntnis, ob ein für die 'Realisierung besonders schutzwürdiger militärischer Projekte' wirtschaftlich potentiell geeignetes Unternehmen 'grundsätzlich befähigt ist, auch einen angemessenen Sicherheitsstandard zu bieten' (120.382/7-DSK/92). Weiters gehören zu der in Rede stehenden Teilaufgabe der militärischen Landesverteidigung auch 'sowohl die Beobachtung von einzelnen Aktivitäten als auch die Beobachtung von (politischen) Gruppierungen, die sich unter anderem gegen die militärische Landesverteidigung richten bzw. dieser kritisch gegenüber stehen.'

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Erlassung des Militärbefugnisgesetzes die Schließung bisher gesetzlich ungeregelter Lücken im militärischen Bereich zum Gegenstand hat. Dies gilt insbesondere für die militärischen Nachrichtendienste, deren Aufgaben und Befugnisse bisher nicht gesetzlich geregelt waren. Für solche Fälle, bei denen es im Versteinerungszeitpunkt noch keine gesetzlichen Regelungen gab, stellt der Verfassungsgerichtshof jedoch auf die in diesem Zeitpunkt herrschenden 'tatsächlichen Verhältnisse' und das sich dadurch ergebende Rechtsverständnis ab (Adamovich-Funk-Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band 1, RZ 19.090, und die dort zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes).

[...] 5. Zur Abgrenzung des 'militärischen Eigenschutzes' von der Sicherheitspolizei:

Hinsichtlich des unmittelbaren militärischen Selbst- bzw. Eigenschutzes des Heeres durch militärische Organe ergibt sich ein potentielles Überschneidungsfeld mit der sicherheitspolizeilichen Aufgabe der Exekutivbehörden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Nach den §§20 und 22 SPG umfasst dieser Aufgabenbereich nämlich im Rahmen des 'vorbeugenden Schutzes von Rechtsgütern' auch den 'besonderen Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit'.

Auf Grund der genannten Textierung des Art 79 Abs 1 und 2 B-VG sowie der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Versteinerungstheorie ist jedoch - wie oben ausgeführt - der unmittelbare Selbstschutz des Heeres dem Grunde nach kompetenzmäßig der 'militärischen Landesverteidigung' zuzurechnen und damit von der allgemeinen Kompetenz der Sicherheitsbehörden ausgenommen. Die Ausgestaltung des konkreten Umfanges dieser originären Kompetenz des Bundesheeres (und damit der Ausnahme von der sicherheitsbehördlichen Kompetenz) kommt dabei dem einfachen Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes zu. Im Interesse der Rechtssicherheit ist daher diesbezüglich im Militärbefugnisgesetz (§2 Abs 2) eine klare Kompetenzabgrenzung normiert, die auf dem Grundsatz der Subsidiarität entsprechender militärischer Befugnisausübung beruht.

Zur Vermeidung einer unzweckmäßigen und kaum praxisgerechten Doppelkompetenz sieht § 2 Abs 2 MBG eine möglichst klare und einfach handhabbare Zuständigkeitsabgrenzung hinsichtlich der konkreten Befugnisausübung auf der Basis einer grundsätzlichen Subsidiarität der militärischen Befugnisausübung vor. Den 'Sicherheitsbehörden' sind im gegenständlichen Zusammenhang auch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zuzuordnen. Dies bedeutet, dass (auch) das Einschreiten solcher Organe die militärische Zuständigkeit beendet bzw. dass eine Benachrichtigung dieser Organe der entsprechenden Verpflichtung nach Abs 2 Z 1 MBG Rechnung trägt.

Diese Subsidiaritätsregel beschränkt die militärische Befugnisausübung zum Selbstschutz auf unmittelbare Erstmaßnahmen zur entsprechenden Gefahrenabwehr; den Sicherheitsbehörden steht demnach ein Einschreiten auch zum Schutze des Bundesheeres und seiner Einrichtungen jederzeit zur Disposition. Die Zuständigkeit militärischer Organe zum unmittelbaren Selbstschutz des Heeres als Teil der 'militärischen Landesverteidigung' und damit die gesetzliche Ermächtigung zur entsprechenden Befugnisausübung enden daher jedenfalls automatisch, sobald die Exekutivorgane zu dem gleichen Zweck einschreiten und damit den gegenständlichen Anlassfall gleichsam in den Bereich der 'Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit' nach § 20 SPG überführen. Dieser automatische Zuständigkeitsübergang von der militärischen Landesverteidigung zur Sicherheitspolizei ist in seiner Grundstruktur jenem nach § 19 Abs 4 SPG betreffend die Beendigung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht der Sicherheitsbehörden nachgebildet. Diese Hilfeleistungspflicht als unmittelbare Erstmaßnahme zur direkten Gefahrenabwehr unabhängig von einer konkreten Zuständigkeit endet nämlich jedenfalls auch automatisch mit dem (wirksamen) Einschreiten der jeweils zuständigen Einrichtung im Rahmen der Verwaltungspolizei. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Subsidiarität inhaltlich mit jenen der am beschlossenen Regierungsvorlage (1706 BlgNR 20.GP) nahezu ident.

Sollten die einschreitenden Exekutivorgane in einem konkreten Anlassfall jedoch den Schutz des Heeres nicht ausreichend sicherstellen können, so steht ihnen jedenfalls die Anforderung militärischer Kräfte zur Assistenzleistung nach Art 79 Abs 2 B-VG in Verbindung mit § 2 Abs 1 litb WG 2001 offen. In diesem Fall käme ein Tätigwerden der zur Assistenz herangezogenen Soldaten jedoch ausschließlich nach den für den Sicherheitspolizeibereich geltenden Rechtsvorschriften in Betracht.

[...]"

3.2. Zu § 2 Abs 2 MBG:

"Zusätzlich zum Grundsatz der Subsidiarität militärischen Einschreitens normiert das Militärbefugnisgesetz eine Benachrichtigungspflicht sowie eine umfassende Zusammenarbeitspflicht der militärischen Organe hinsichtlich der Sicherheitsexekutive. Eine derartige Benachrichtigung hat - unter Bedachtnahme auf die jeweiligen konkreten Umstände des Anlassfalles - 'unverzüglich' (dh. im Lichte der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts 'ohne unnötigen Aufschub', vgl. VfSlg. 11.781/1988, Erk. des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/01/1071) zu erfolgen. Der konkrete Inhalt und Umfang dieser Zusammenarbeit haben sich nach den jeweiligen tatsächlichen Erfordernissen im Anlassfall zu richten. Die Kooperation besteht in einer Verständigung der Sicherheitsbehörden von einem diesbezüglichen Einschreiten der militärischen Organe im Bedarfsfall oder in einer umfassenden Information allenfalls nachträglich einschreitender (und damit exklusiv zuständig werdender) Sicherheitsbehörden über die bisher getroffenen Veranlassungen. Diese Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden wird auf Seite 36 des Antrages offenbar missverstanden. Es handelt sich hiebei um eine rein deklarative Bestimmung, durch die eine bereits bestehende Verpflichtung zur Amtshilfe nach Art 22 B-VG lediglich konkretisiert wird. Es ist diesbezüglich wohl unbestritten, dass militärische Organe etwa bereits erhobene Daten oder Niederschriften über festgestellte Sachverhalte den Sicherheitsbehörden weitergeben sollen. Andererseits liegt es wohl auf der Hand, dass es immer dann zu keiner Subsidiarität militärischen Einschreitens kommen kann, wenn keine korrelierende Kompetenz der Sicherheitsbehörden vorliegt."

3.3. Zu § 11 MBG:

"[...]1. Zu den im Hinblick auf das PersFrBVG erhobenen Bedenken:

Während § 86 Abs 2 StPO das Recht jedermanns zur zeitlich begrenzten Anhaltung einer Person, die einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung verdächtig ist, normiert, erlaubt § 11 MBG lediglich eine wesentlich eingeschränktere vorläufige Festnahme; diese ist nur durch militärische Organe im Wachdienst bei Vorliegen des Verdachtes eines Angriffes gegen militärische Rechtsgüter - also ausschließlich gegen militärrelevante Personen oder Sachen - zulässig. Vergleiche mit dem Sicherheitspolizeigesetz sind vor dem Hintergrund der Tatsache, dass nahezu sämtliche diesbezüglich relevanten Festnahmegründe in der Strafprozessordnung normiert sind (§§175 ff StPO) nicht wirklich von Bedeutung; das Sicherheitspolizeigesetz regelt diesbezüglich lediglich die Festnahme bestimmter zurechnungsunfähiger Personen sowie Unmündiger.

Die Antragsteller bringen gegen § 11 MBG mehrere verfassungsrechtliche Bedenken vor. Zum Einen vertreten sie die Auffassung, dass die Festnahmebefugnis nach § 11 Abs 1 MBG im Hinblick auf das PersFrBVG zu weit gehend ist, weil nicht nur wegen des Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung festgenommen werden darf, sondern auch bei Begehung (noch strafloser) Vorbereitungshandlungen.

Dazu ist auszuführen, dass Art 2 Abs 1 Z 2 lita PersFrBVG eine Festnahme lediglich bei Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung zulässt, allerdings dies auch zur Beendigung des Angriffs. Z 2 litc ermöglicht die Festnahme bei Ausführungsgefahr (bei Gefahr im Verzug ohne richterlichen Befehl). Ein Angriff gegen militärische Rechtsgüter nach § 1 Abs 8 MBG liegt bereits im Fall einer Vorbereitungshandlung vor. Diese Erweiterung ist dabei zeitlich jedoch so weit eingeschränkt, dass nach dem Täterplan die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar nachfolgend einzutreten hat, was durch die Wortfolge "in engem zeitlichen Zusammenhang" zum Ausdruck kommt. Diese Vorbereitungshandlung wird im Hinblick auf die genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben als Versuch im Sinne von § 15 StGB zu verstehen sein. Die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 1 MBG richtet sich daher gegen (strafbare) Versuchshandlungen, deren Vollendung durch die Festnahme verhindert werden soll. Eine derartige Interpretation gebietet sich im Hinblick auf Art 2 Abs 1 Z 2 PersFrBVG.

Ähnliches gilt hinsichtlich der Behauptung, die Festnahmebefugnis wegen Fahndung sei überschießend. Sowohl § 413 als auch § 415 StPO sehen eine Fahndung nur gegen einen Verdächtigen vor. Auch die entsprechende Festnahmebefugnis in § 11 Abs 1 ist daher nur im Lichte des Art 2 PersFrBVG zu interpretieren.

Im Übrigen sind die Festnahmebestimmungen des Militärbefugnisgesetzes inhaltlich mit jenen der am beschlossenen Regierungsvorlage (1706 BlgNR 20. GP) nahezu ident.

[...] 2. Zum Verhältnis des § 11 MBG zum § 502 StPO:

Mit Inkrafttreten des Militärbefugnisgesetzes am wurde dem § 502 StPO durch § 11 MBG (als 'lex posterior' ebenso wie als 'lex specialis') teilweise materiell derogiert. Dies bedeutet, dass immer dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 MBG vorliegen, eine Festnahme ausschließlich auf der Grundlage des Militärbefugnisgesetzes in Betracht kommt. Eine Freiheitsentziehung auf der Grundlage des § 502 StPO ist daher nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Festnahme nach der in Rede stehenden Wehrrechtsnorm nicht vorliegen (also etwa bei einem Raufhandel mit Körperverletzung unter Zivilisten in einer Kaserne oder bei einem Einbruchsdiebstahl in einem zivilen Kraftfahrzeug durch einen Soldaten). Dies wurde - wie die Antragsteller zu Recht erkannt haben - in der Begründung des Initiativantrages (1119 BlgNR 21. GP) hinsichtlich des Reorganisationsbegleitgesetzes (REORGBG), BGBl. I Nr. 103/2002, auch eindeutig klargestellt.

[...] 3. Zu den Bedenken hinsichtlich § 11 Abs 5 MBG:

Hinsichtlich der Ausführungen des Antrages auf Seite 41 zur höchstzulässigen Dauer der vorläufigen Festnahme nach § 11 Abs 5 MBG ist festzustellen, dass diesbezüglich hinsichtlich militärischer Organe niemals eine Überstellung an Gerichte zu erfolgen hat, da lediglich Eigenschutzkomponenten (Art79 Abs 1 B-VG) im Sinne des ersten Zugriffes, niemals jedoch Aspekte der Strafjustiz (Art10 Abs 1 Z 6 B-VG) zu berücksichtigen sind. Die Tatsache, dass Organe der Sicherheitsbehörden im Einzelfall lediglich die Daten des Betroffenen aufnehmen und diesen danach freilassen, schmälert keinesfalls das Recht militärischer Organe im Wachdienst zur vorläufigen Festnahme nach § 11 MBG als Erstmaßnahme des militärischen Eigenschutzes. Auch differenziert das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit - abgesehen von der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nicht zwischen 'bezirksgerichtlichen' und anderen Delikten.

Jedenfalls wird mit der Verpflichtung der militärischen Organe, einen Festgenommenen dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu übergeben, auch eine (allenfalls fehlende) Kompetenz für dieses Organ geschaffen, den Festgenommenen zu übernehmen. Damit geht die Behauptung, das Organ müsste den Festgenommenen mangels gesetzlicher Kompetenz sofort freilassen, ins Leere. Außerdem ist anzumerken, dass die organisatorischen Kapazitäten bei militärischen Organen, einen Festgenommenen dem zuständigen Gericht zu übergeben, das regelmäßig vom Aufenthaltsort des militärischen Organes weiter entfernt ist als das nächste Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, weit geringer sind als die Kapazitäten der Sicherheitsorgane. Diese haben rascher die Möglichkeit, einen sicheren Transport zum Gericht zu garantieren. Die Übergabe an das nächste Sicherheitsorgan stellt daher die raschere Überstellung an das Gericht sicher als die Organisation eines militärischen Transportes an das Gericht. Somit garantiert § 11 Abs 5 die bestmögliche Erfüllung der Verpflichtung des Art 4 Abs 2 PersFrBVG. Im Hinblick auf § 11 Abs 2 gilt diese Überlegung sinngemäß."

3.4. Zu §§22 Abs 3 bis 8, 22a MBG:

"[...] Zur nachrichtendienstlichen Aufklärung:

[...] 1. Allgemeines:

Es ist unbestritten, dass sich die nachrichtendienstliche Aufklärung (so wie es im § 20 MBG normiert ist) mit Informationen betreffend militärische und damit im Zusammenhang stehende sonstige Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben zu beschäftigen hat. Die Antragsteller führen auf Seite 43 des Antrages Beispiele an, die ihrer Ansicht nach auch 'Gegenstand des Interesses der nachrichtendienstlichen Aufklärung werden können'. Dazu ist festzuhalten, dass diese Beispiele nicht per se in den Anwendungsbereich dieser Norm fallen, da sie weder als 'Ausland' noch als 'internationale Organisation' bzw. 'sonstige zwischenstaatliche Einrichtung' im Sinne des § 20 Abs 1 zu qualifizieren sind.

[...] 2. Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

Die von den Antragstellern angeführte Behauptung (Seite 44), § 4 MBG betreffend den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei 'überaus schwammig', kann vor dem Hintergrund, dass diese Norm dem - seit nunmehr fast 10 Jahren geltenden und inhaltlich vollkommen unbestrittenen - § 29 SPG nahezu wörtlich nachgebildet wurde, nicht nachvollzogen werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die strenge Aufgabenbezogenheit auf die militärische Landesverteidigung bilden allgemein den engen Rahmen für militärisches Handeln nach dem Militärbefugnisgesetz. Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Verhältnismäßigkeit inhaltlich mit jenen der am beschlossenen Regierungsvorlage (1706 BlgNR 21. GP) nahezu ident.

[...] 3. Zum Verhältnis zu Art 18 Abs 1 B-VG:

§ 20 MBG zählt die einzelnen Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr, wie sie bis zum Inkrafttreten des Militärbefugnisgesetzes unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet wurden, taxativ auf. Es darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass diese Aufgaben dem einschlägigen legistischen Standard vergleichbarer Staaten entsprechen, insbesondere jenem Deutschlands (vgl. das am in Kraft getretene MAD-Gesetz, BGBl. I S. 2977) und der Schweiz (vgl. Art 100 des Militärgesetzes).

§ 22 MBG ermächtigt präzis nur zu jenen Befugnissen, insoweit sie zur Erfüllung der Aufgabe nach § 20 Abs 1 MBG erforderlich ist; zusätzlich präzisiert § 22 abgestuft den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz insofern, als bei den der nachrichtendienstlichen Aufklärung dienenden Befugnissen die jeweils gravierenderen explizit an striktere Bedingungen gebunden sind (siehe § 22 Abs 4 und 5 jeweils Z 3).

[...] 4. Zum Verhältnis zwischen § 22 MBG und Art 10 EMRK:

Art 10 Abs 2 EMRK sieht vor, dass das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung ua. gesetzlichen Eingriffen bzw. Einschränkungen unterworfen werden kann, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft ua. im 'Interesse der nationalen Sicherheit' (worunter jedenfalls auch die militärische Landesverteidigung zu verstehen ist, vgl. Frowein-Peukert, Europäische MenschenRechtsKonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage, RZ 29 zu Art 10 EMRK) aus bestimmten Gründen unentbehrlich sind. Bei Eingriffen ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen, wobei die Beurteilung der 'Notwendigkeit' des Eingriffs im Sinne eines zwingenden sozialen Bedürfnisses erfolgen muss (siehe etwa Mayer, B-VG3, 631).

Zu dem von den Antragstellern behaupteten Eingriff in den Medienbereich ist festzuhalten, dass die Befugnis bestimmter militärischer Organe und Dienststellen zur Observation nach § 22 Abs 3 MBG, zur verdeckten Ermittlung nach § 22 Abs 4 MBG und zur Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten nach § 22 Abs 5 MBG das Recht zur Verweigerung der Beantwortung bestimmter Fragen keinesfalls einschränkt, da das Militärbefugnisgesetz keinerlei Verpflichtung zur Beantwortung von Fragen jeglicher Art normiert. Damit wird auch der Schutz journalistischer Quellen im Sinne des § 31 MedienG vollinhaltlich aufrechterhalten.

Weiters wurde in diesem Zusammenhang durch das Reorganisationsbegleitgesetz (REORGBG), BGBl. I Nr. 103/2002, im Militärbefugnisgesetz ein § 25 Abs 1a geschaffen, dem zufolge eine Datenübermittlung an andere als militärische Dienststellen jedenfalls unzulässig ist, sofern für die übermittelnde Stelle Hinweise bestehen, dass hiedurch der Schutz des Redaktionsgeheimnisses nach § 31 Abs 1 des Mediengesetzes umgangen würde, oder durch ein Bekanntwerden der Daten die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Personen gefährdet würde. Durch die Normierung eines ausdrücklichen Übermittlungsverbotes bestimmter Daten an jegliche Empfänger außerhalb des militärischen Bereiches wird eine optimale Absicherung des Redaktionsgeheimnisses - also des umfassenden Schutzes journalistischer Quellen in allen Verfahren vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden - bewirkt und der besonderen Bedeutung der Medien für eine demokratische Gesellschaft, wie es der Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg. 13.725/1994) sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in ständiger Rechtsprechung (siehe für viele Urteil vom Krone Verlag GmbH & Co KG gegen Österreich, BNr. 34.315/96, ÖJZ 2002/19) erklären, in besonderer Weise Rechnung getragen. Aber auch innerhalb des militärischen Bereiches ist ein schrankenloses Übermitteln von Daten unzulässig, weil für eine solche Übermittlung § 7 Abs 2 DSG 2000 anzuwenden ist (zur Anwendbarkeit des DSG 2000 s.u.). Diese Bestimmung sieht für die Übermittlung von verarbeiteten Daten strengste Voraussetzungen vor.

Das Abhören des Fernmeldeverkehrs ist militärischen Organen


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entgegen der Behauptung auf Seite 45 des Antrages - insofern ausdrücklich untersagt, als § 22 Abs 5 letzter Satz normiert, dass das Fernmeldegeheimnis unberührt bleibt. Im Übrigen ging der Gesetzgeber
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insbesondere vor dem Hintergrund des Legalitätsprinzips des Art 18 Abs 1 B-VG - im gesamten Militärbefugnisgesetz davon aus, dass militärischen Organen nur jene Befugnisse zukommen, die ihnen ausdrücklich gesetzlich zugewiesen sind. Aus der Tatsache, dass etwas 'nicht untersagt' ist, lassen sich diesbezüglich keinerlei Befugnisse ableiten. Überdies kann auch eine (speziell im Lichte des Art 10a StGG) verfassungskonforme Interpretation des § 22 MBG nur zum Ergebnis gelangen, dass auf Grund des Fehlens jeglicher ausdrücklicher Abhörermächtigung derartige Eingriffe eben ausnahmslos nicht zulässig sind.


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[...] 5. Zum Datenschutz:

Hinsichtlich der Bestimmungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten sind insbesondere die verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte auf Datenschutz (§1 DSG 2000) sowie auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 MRK) von zentraler Bedeutung. Die diesbezüglichen Regelungen des Militärbefugnisgesetzes tragen diesen Grundrechten voll inhaltlich Rechnung.

Art 8 Abs 2 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) sieht vor, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft ua. für die nationale Sicherheit (unter der jedenfalls auch die militärische Landesverteidigung zu verstehen ist) notwendig ist. Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im internationalen Vergleich mit anderen demokratischen Gesellschaften [...] - zweifellos gegeben. Die auf Seite 51 angeführte Behauptung, der Gesetzgeber habe zu wenig unternommen, um die von der Verfassung gebotene Restriktion auf die Erfordernisse der nationalen Sicherheit zu gewährleisten, entbehrt angesichts der klaren Determinierungen im Militärbefugnisgesetz jeder Grundlage.

Allgemein ist festzuhalten, dass die Antragsteller übersehen, dass die Nachrichtendienste bei Wahrnehmung ihrer im Militärbefugnisgesetz eingeräumten Befugnisse nicht nur an die in diesem Gesetz gesetzten Schranken, sondern auch an die Regelungen des Datenschutzgesetzes 2000 gebunden sind. Dies gilt insbesondere auch für den Schutz des Geheimhaltungsinteresses sensibler und nicht-sensibler Daten nach den §§6 ff. DSG 2000.

Auch § 1 Abs 2 DSG 2000 verweist bei Eingriffen einer staatlichen Behörde auf die in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründe. Im Übrigen wird auf die entsprechenden Ausnahmebestimmungen des DSG 2000 hinsichtlich 'gesetzlich übertragener Aufgaben', der 'Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres' sowie der 'Sicherstellung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung' verwiesen (vgl. hiezu insbesondere § 8 Abs 3, § 12 Abs 3, § 17 Abs 3, § 26 Abs 2 DSG 2000).

Hinsichtlich der 'angemessenen Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen' nach § 1 Abs 2 vorletzter Satz DSG 2000 wird auf die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit nach Art 20 Abs 3 B-VG, § 46 BDG 1979, § 5 Vertragsbedienstetengesetz 1948 sowie die Verschwiegenheitspflicht nach § 11 Abs 2 WG 2001 ebenso verwiesen, wie auf die entsprechenden strafrechtlichen Schutznormen (zB § 310 StGB 'Verletzung des Amtsgeheimnisses') und die einschlägigen Disziplinarbestimmungen nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und dem Heeresdisziplinarrecht.

Sämtliche Vergleiche mit den Rechtsschutzmechanismen der §§149 StPO gehen insofern ins Leere, als es im Bereich der Justiz - im Gegensatz zur reinen Verwaltungstätigkeit - keinerlei Kontrolle durch externe Einrichtungen gibt, wie etwa jener durch die Volksanwaltschaft, die Bundesheer-Beschwerdekommission, die Unabhängigen Verwaltungssenate sowie den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof.

[...] Zum Rechtsschutzbeauftragten:

[...] Allgemeines:

Die Behauptung der Antragsteller, dass die Eingriffsintensität mit dem Rechtsschutz insbesondere im Hinblick auf das rechtsstaatliche Grundprinzip sowie auch Art 13 EMRK korrespondieren muss, wird vorbehaltlos geteilt. Für den Fall, dass die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einzelner Befugnisse des Militärbefugnisgesetzes unter dem Aspekt des Vorhandenseins wirksamer Kontrolleinrichtungen gesehen werden sollte, ist festzustellen, dass es in der österreichischen Rechtsordnung bereits vor dem In-Kraft-Treten des Militärbefugnisgesetzes ein breites Spektrum hinreichend effektiver Rechtsschutz- und Kontrolleinrichtungen betreffend die militärischen Nachrichtendienste gab; hiezu zählen insbesondere


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der Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof sowie die Unabhängigen Verwaltungssenate zur Wahrung der Garantien der Verfassung und Verwaltung,


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die Datenschutzkommission als rechtliches Kontrollorgan zur Wahrung des Datenschutzes,


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der Ständige Unterausschuss des Landesverteidigungsausschusses zur politischen Überprüfung von nachrichtendienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung,


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die Volksanwaltschaft zur Prüfung der gesamten Verwaltungstätigkeit des Bundes, sowie


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die Bundesheer-Beschwerdekommission zur Feststellung und Aufzeigung von Missständen innerhalb des Bundesheeres.

Diese Institutionen hätten auf Grund ihrer 'Kontrolldichte' hinsichtlich des Militärbefugnisgesetzes aus verfassungsrechtlicher Sicht wohl keiner Erweiterung bedurft. Auch kam es bisher diesbezüglich noch zu keinerlei einschlägigen Beschwerden hinsichtlich einer Norm des Militärbefugnisgesetzes bzw. hinsichtlich der Vollziehungspraxis.

Trotz Vorhandenseins dieser - unter dem erwähnten Aspekt wohl vollkommen ausreichender - Kontrollinstanzen wurde im Militärbefugnisgesetz aus rechtspolitischen Erwägungen zusätzlich ein Rechtsschutzbeauftragter normiert. Die Feststellung auf Seite 54 des Antrages, dass 'die gesamte Last einer rechtlichen Kontrolle der verdeckten Datengewinnung durch den Bundesminister für Landesverteidigung auf der Einrichtung des Rechtsschutzbeauftragten' ruhe, trifft angesichts der oben gemachten Ausführungen nicht zu.

Die wiederholt angesprochene nachträgliche Verständigung Betroffener nach dem Vorbild der einschlägigen Bestimmungen der Strafprozessordnung, die auf dem Vorliegen eines konkreten Tatverdachtes aufbaut, ist im Rahmen der militärisch notwendigen präventiven Datenermittlungen nicht denkbar. Auch ist im Sicherheitspolizeigesetz in vergleichbaren Fällen keine nachträgliche Verständigung vorgesehen.

Weiters wird im vorliegenden Antrag nicht zwischen Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit unterschieden. Aus der Tatsache, dass eine Bestimmung allenfalls nicht vollkommen zweckmäßig erscheint (was im vorliegenden Fall eine rechtspolitische Wertungsfrage ist), ist - da der Rechtsschutzbeauftragte bei weitem nicht die einzige Kontrollinstanz ist - keinesfalls ihre Verfassungswidrigkeit abzuleiten."

3.5. Zu § 57 Abs 3 MBG:

"[...] Zur Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten:

Art 20 Abs 1 B-VG normiert, dass auf Zeit gewählte oder ernannte berufsmäßige Organe die Verwaltung unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder führen und - soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt wird - an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden und diesen für ihre amtliche Tätigkeit verantwortlich sind.

§ 57 Abs 3 erster Satz MBG normiert, dass der Rechtsschutzbeauftragte in Ausübung seines Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden ist. Einer entsprechenden Normierung im Verfassungsrang bedurfte es diesbezüglich aus folgenden Gründen nicht:


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-
Der Rechtsschutzbeauftragte 'führt die Verwaltung' im Sinne des Art 20 Abs 1 B-VG nicht: Zur Erfüllung dieser Aufgaben stehen dem bestehenden und den geplanten Rechtschutzbeauftragten bestimmte Mittel zu Gebote, wie Information, unmittelbare Teilnahme, Nachprüfung, Antragstellung auf Beweismittelvernichtung und Berichterstattung an den Bundesminister (§1490 StPO) bzw. Information, Datenschutzbeschwerde und Berichterstattung an den Bundesminister (§62b SPG und § 56a MBG). Irgendwelche hoheitlichen Anordnungsbefugnisse stehen den Rechtsschutzbeauftragten nicht zu Gebote. Wie Korinek (Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, 181 ff., insb. S. 183) aufgezeigt hat, sind Einrichtungen, die 'weder zu entscheiden, oder zu verfügen oder anderswie verwaltend tätig zu werden haben', nicht als mit der 'Führung der Verwaltung' betraut zu qualifizieren. Diese Rechtsmeinung entspricht seither einer verbreiteten Auffassung (vgl. Rill in Ress [Hrsg] Rechtsfragen der Sozialpartnerschaft, 1987, 33, 43; Grabenwarter, FS Winkler, 1997, 271; Raschauer; Allgemeines Verwaltungsrecht, 1998, RZ 45; Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 1990, 226 mAnm 372; Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, RZ 67 zu Art 20 Abs 1 B-VG).


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-
Der Rechtsschutzbeauftragte ist insbesondere auch deshalb nicht in die Verwaltung integriert, da kein 'organisatorischer Einbau in den staatlichen Verwaltungsapparat' (vgl. VfSlg 1946/1950) erfolgte. Die Tatsache, dass der Bundesminister für Landesverteidigung dem Rechtsschutzbeauftragten das zur Bewältigung seiner administrativen Tätigkeit notwendige Personal zur Verfügung zu stellen und für seine Sacherfordernisse aufzukommen hat, bedeutet nicht, dass der Rechtsschutzbeauftragte als Teil der Ministerialorganisation zu sehen ist."

3.6. Abschließend stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle

"den Antrag auf Aufhebung der §§6 Abs 1 Z 1 und 3, 8, 10 Abs 2, 12, 13 Abs 1 Z 1, 14 Abs 1 Z 1 und 2, 20 Abs 2 und 3, 24 und 57 Abs 3 des Militärbefugnisgesetzes, BGBl. I Nr. 86/2000, sowie von Wortfolgen in den §§21, 22 Abs 1 bis 2a, 25 Abs 1 und 57 Abs 4 des Militärbefugnisgesetzes (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, sowie der §§22a und 23 MBG idF des Reorganisationsbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2002, als unzulässig zurückweisen,

in eventu

aussprechen, dass die §§2 Abs 2, 6 Abs 1 Z 1 und 3, 8, 10 Abs 2, 12, 13 Abs 1 Z 1, 14 Abs 1 Z 1 und 2, 20 Abs 2 und 3, 22 Abs 3 bis 8, 24 und 57 Abs 3 sowie Wortfolgen in den §§21, 22 Abs 1 bis 2a, 25 Abs 1 und 57 Abs 4 des Militärbefugnisgesetzes (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, sowie die §§11, 22a und 23 MBG idF des Reorganisationsbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2002, nicht als verfassungswidrig aufzuheben sind."

Für den Fall der Aufhebung wird beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von 18 Monaten bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen - insbesondere betreffend § 57 Abs 3 MBG - zu ermöglichen.

II. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des Militärbefugnisgesetzes, BGBl. I Nr. 86/2000, idF des Reorganisationsbegleitgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2002, lauten (die angefochtenen Bestimmungen bzw. Wortfolgen sind hervorgehoben):

"1. Teil

Allgemeine Bestimmungen

Begriffsbestimmungen

§1. (1) Militärische Organe nach diesem Bundesgesetz sind

1. Soldaten und

2. Angehörige der Heeresverwaltung, wenn diese Organe ermächtigt sind, Befugnisse nach diesem Bundesgesetz auszuüben, soweit diese Personen mit der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung betraut sind.

(2) - (5) ...

(6) Daten nach diesem Bundesgesetz sind sämtliche personenbezogenen Daten im Sinne des § 4 Z 1 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999.

(7) Militärische Rechtsgüter nach diesem Bundesgesetz sind

1. Leben und Gesundheit von Personen, die mit der Vollziehung militärischer Angelegenheiten betraut sind, während ihrer Dienstausübung, oder

2. darüber hinaus Leben und Gesundheit von Organwaltern verfassungsmäßiger Einrichtungen sowie von Vertretern ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen oder sonstiger zwischenstaatlicher Einrichtungen, sofern deren Schutz jeweils im Rahmen der militärischen Landesverteidigung zu gewährleisten ist, oder

3. militärische Bereiche oder Heeresgut oder militärische Geheimnisse.

(8) Ein Angriff gegen militärische Rechtsgüter nach diesem Bundesgesetz ist die Bedrohung eines geschützten Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird. Ein solcher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Handlung vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.

(9) - (12) ...

Militärischer Eigenschutz und

Abgrenzung zur Sicherheitspolizei

§2. (1) Der militärische Eigenschutz umfasst

1. den Wachdienst zum Schutz vor drohenden und zur Abwehr von gegenwärtigen Angriffen gegen militärische Rechtsgüter oder zum Schutz oder zur Abwehr betreffend vergleichbare Tatbestände von Verwaltungsübertretungen, die gegen militärische Rechtsgüter gerichtet sind, und

2. die nachrichtendienstliche Abwehr.

(2) Besteht ein Verhalten, gegen das sich der militärische Eigenschutz richtet, in einer allgemeinen Gefahr nach § 16 Abs 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, so ist die Erfüllung von Aufgaben nach diesem Bundesgesetz nur zulässig, wenn und solange nicht Sicherheitsbehörden zur Gefahrenabwehr einschreiten. Die zum militärischen Eigenschutz einschreitenden militärischen Organe haben

1. die Sicherheitsbehörden von einer solchen allgemeinen Gefahr unverzüglich zu benachrichtigen und

2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten."

"Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

§4. (1) Die militärische Sicherheit dient dem Schutz militärischer Rechtsgüter in jenem Ausmaß, das der Schutzwürdigkeit dieser Rechtsgüter im Interesse der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres und dem Ausmaß der Bedrohung dieser Rechtsgüter im Verhältnis zum Aufwand für deren Schutz und den damit verbundenen Rechtseingriffen angemessen ist.

(2) Erweist sich ein Eingriff in die Rechte von Personen als erforderlich, so darf er dennoch nur geschehen, soweit er die Verhältnismäßigkeit zum Anlass und zum angestrebten Erfolg wahrt.

(3) Bei der Ausübung von Befugnissen nach diesem Bundesgesetz haben militärische Organe und Dienststellen insbesondere

1. von mehreren zielführenden Befugnissen jene auszuwählen, die voraussichtlich die Betroffenen am wenigsten beeinträchtigt,

2. darauf Bedacht zu nehmen, ob sich die Maßnahme gegen einen Unbeteiligten oder gegen denjenigen richtet, von dem die Gefahr ausgeht oder dem sie zuzurechnen ist,

3. darauf Bedacht zu nehmen, dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Schäden und Gefährdungen steht,

4. auch während der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt auf die Schonung der Rechte und schutzwürdigen Interessen der Betroffenen Bedacht zu nehmen und

5. die Ausübung der Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden, sobald der angestrebte Erfolg erreicht wurde oder sich zeigt, dass er auf diesem Weg nicht erreicht werden kann."

"2. Teil

Besondere Aufgaben und Befugnisse

1. Hauptstück

Wachdienst

1. Abschnitt

Aufgabe

Wachdienst

§6. (1) Der Wachdienst dient

1. dem Schutz vor drohenden und der Abwehr von gegenwärtigen Angriffen gegen militärische Rechtsgüter sowie dem Schutz oder der Abwehr betreffend vergleichbare Tatbestände von Verwaltungsübertretungen, die gegen militärische Rechtsgüter gerichtet sind, und

2. dem Schutz von Personen, sofern deren Leben oder Gesundheit oder Eigentum durch die Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung gefährdet werden.

(2) Der Wachdienst darf von militärischen Organen nur auf Grund eines besonderen Auftrages geleistet werden. Ohne einen solchen Auftrag dürfen militärische Organe Aufgaben des Wachdienstes wahrnehmen, wenn und solange

1. dies zur Abwehr eines gegenwärtigen Angriffes gegen militärische Rechtsgüter erforderlich ist und

2. hiezu besonders beauftragte militärische Organe die notwendigen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig setzen können.

(3) Während eines Einsatzes

1. dürfen im Rahmen des Wachdienstes auch solche Bereiche geschützt werden, die für die Erfüllung von Einsatzaufgaben von wesentlicher Bedeutung sind, und

2. stehen die Befugnisse im Wachdienst allen eingesetzten militärischen Organen zur Erfüllung von Einsatzaufgaben zu."

"Kontrolle von Personen

§8. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen kontrollieren, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass diese Personen

1. mit einem Angriff gegen militärische Rechtsgüter im Zusammenhang stehen oder

2. über einen solchen Angriff Auskunft geben können.

Diese Kontrolle hat die Feststellung der Identität zu umfassen und darf nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Angriff durchgeführt werden.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen kontrollieren, die

1. einen militärischen Bereich betreten oder zu betreten versuchen oder

2. sich in einem solchen Bereich aufhalten oder ihn zu verlassen versuchen oder

3. einen solchen Bereich unmittelbar zuvor verlassen haben.

Diese Kontrolle hat die Feststellung der Identität der betroffenen Person und die Gründe für das Betreten oder den Aufenthalt oder das Verlassen zu umfassen.

(3) Eine Feststellung der Identität nach den Abs 1 und 2 kann nach Maßgabe der militärischen Erfordernisse das Feststellen des Namens, des Geburtsdatums und des Wohnsitzes einer Person umfassen.

(4) Die Kontrollen von Personen sind mit der dem jeweiligen Anlass entsprechenden Verlässlichkeit durchzuführen. Die einschreitenden militärischen Organe haben Personen, deren Identität festgestellt werden soll, hievon in Kenntnis zu setzen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an einer Kontrolle mitzuwirken und deren unmittelbare Durchsetzung zu dulden."

"Wegweisung

§10. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen, solange der Bundesminister für Landesverteidigung nicht nach § 9 einschreiten kann, Personen aus einem militärischen Bereich oder aus einem Teil davon oder aus dem unmittelbaren Nahbereich eines Standortes von Heeresgut wegweisen, wenn durch die Anwesenheit dieser Personen in einem solchen Bereich

1. im Zusammenhang mit der Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit oder ihr Eigentum besteht oder

2. in größerem Umfang die Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung verhindert oder erheblich behindert wird oder

3. der Eintritt der Umstände nach den Z 1 und 2 unmittelbar bevorsteht.

(2) Darüber hinaus dürfen militärische Organe im Wachdienst, sofern nicht Abs 1 anzuwenden ist, Personen, die sich in einem militärischen Bereich oder im unmittelbaren Nahbereich eines Standortes von Heeresgut ohne ausreichende Begründung aufhalten, nach Maßgabe wichtiger militärischer Erfordernisse aus diesem Bereich wegweisen.

Vorläufige Festnahme

§11. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen vorläufig festnehmen, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass diese Personen einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter ausführen oder unmittelbar vorher ausgeführt haben oder dass nach ihnen wegen eines solchen Angriffes gefahndet wird.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen zum Zweck ihrer Vorführung vor die für das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz zuständige Behörde vorläufig festnehmen, sofern diese Personen auf frischer Tat betreten werden

1. bei einer als Verwaltungsübertretung erklärten Nichtbefolgung eines Verbotes betreffend ein Platzverbot nach § 9 oder

2. bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 des Sperrgebietsgesetzes 2002 (SperrGG 2002), BGBl. I Nr. 38.

(3) Eine Festnahme nach Abs 2 ist nur zulässig, wenn

1. der Betretene dem militärischen Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder

2. begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

3. a) der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht und

b) eine Wegweisung aus dem betreffenden Bereich zur Verhinderung der Fortsetzung oder Wiederholung der strafbaren Handlung nicht ausreicht.

(4) Der Festgenommene ist unter Achtung seines Ehrgefühles und seiner Menschenwürde sowie mit möglichster Schonung seiner Person zu behandeln.

(5) Der Festgenommene ist unverzüglich dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überstellen oder, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen. Er darf durch militärische Organe in keinem Fall länger als 24 Stunden festgehalten werden.

(6) Der Festgenommene ist ehestens, wenn möglich bereits bei seiner Festnahme, über die diesbezüglich relevanten Gründe und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten. Er hat das Recht, dass auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach seiner Wahl von der Festnahme verständigt werden

1. ein Angehöriger oder eine sonstige Person seines Vertrauens und

2. ein Rechtsbeistand.

Über dieses Recht ist der Festgenommene zu belehren.

(7) Der Festgenommene ist unmittelbar vor einer allfälligen Abschließung in einem Haftraum zu durchsuchen. Er hat für die Dauer der Festhaltung Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung. Zusätzlich zu dieser Verpflegung dürfen Nahrungs- oder Genussmittel nicht mitgenommen werden.

(8) Ein Festgenommener ist in einem einfach und zweckmäßig eingerichteten Haftraum mit ausreichendem Luftraum und genügender Helligkeit unterzubringen. Dem Festgenommenen ist die erforderliche Gelegenheit zur Körperpflege und zum Aufsuchen der Toilettenanlagen zu geben.

Durchsuchen von Personen

§12. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen durchsuchen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass diese Personen

1. mit einem Angriff gegen militärische Rechtsgüter im Zusammenhang stehen und

2. einen Gegenstand bei sich haben, von dem eine Gefahr für militärische Rechtsgüter ausgeht.

Eine solche Durchsuchung darf nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Angriff oder der Gefahr durchgeführt werden.

(2) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Personen durchsuchen, die

1. einen militärischen Bereich betreten oder zu betreten versuchen oder

2. sich in einem solchen Bereich aufhalten oder ihn zu verlassen versuchen oder

3. einen solchen Bereich unmittelbar zuvor verlassen haben,

sofern dies aus Gründen der militärischen Sicherheit unerlässlich ist.

(3) Die Durchsuchungsermächtigung nach § 11 Abs 7 betreffend Festgenommene bleibt unberührt.

(4) Die Ermächtigung zur Durchsuchung einer Person gilt auch für das Durchsuchen von Gegenständen, die diese Person mit sich führt. Eine Durchsuchung ist unter Achtung des Ehrgefühles und der Menschenwürde des Betroffenen sowie mit möglichster Schonung seiner Person durchzuführen.

Betreten von Grundstücken, Räumen und Fahrzeugen

§13. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen bei Gefahr im Verzug Grundstücke und Räume sowie Luft-, Land- und Wasserfahrzeuge (Fahrzeuge) betreten, sofern

1. dies zur Abwehr eines Angriffes gegen militärische Rechtsgüter erforderlich ist oder

2. dadurch ein zulässiger Waffengebrauch vermieden werden kann oder

3. dies zur Erfüllung von Einsatzaufgaben erforderlich ist.

Zu diesen Zwecken dürfen militärische Organe auch Behältnisse, die sich in den zu betretenden Objekten befinden, öffnen.

(2) ...

Sicherstellen von Sachen

§14. (1) Militärische Organe im Wachdienst dürfen Sachen sicherstellen, wenn

1. dies für Zwecke des militärischen Eigenschutzes erforderlich ist oder

2. von diesen Sachen eine sonstige Gefahr für militärische Rechtsgüter ausgeht oder

3. sich diese Sachen im Gewahrsam eines Festgenommenen befinden und geeignet sind, während dessen Festhaltung

a) seine eigene oder die körperliche Sicherheit anderer Personen zu gefährden oder

b) ihm die Flucht zu ermöglichen oder zu erleichtern oder

c) eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung im Haftraum darzustellen,

oder

4. für diese Sachen nach § 5 Abs 3 SperrGG 2002 die Strafe des Verfalles droht und Gefahr im Verzug vorliegt oder

5. dies zur Erfüllung von Einsatzaufgaben erforderlich ist.

Wird eine Sache sichergestellt, so ist dem Betroffenen hierüber ehestmöglich eine Bestätigung auszustellen.

(2) ..."

"2. Hauptstück

Militärische Nachrichtendienste

1. Abschnitt

Aufgaben

Nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr

§20. (1) Die nachrichtendienstliche Aufklärung dient der Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über das Ausland oder über internationale Organisationen oder sonstige zwischenstaatliche Einrichtungen betreffend militärische und damit im Zusammenhang stehende sonstige Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben.

(2) Die nachrichtendienstliche Abwehr dient dem militärischen Eigenschutz durch die Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten, die vorsätzliche Angriffe gegen militärische Rechtsgüter zur Beeinträchtigung der militärischen Sicherheit erwarten lassen.

(3) Die nachrichtendienstliche Aufklärung und Abwehr sind von den nach der jeweiligen Heeresorganisation zur Erfüllung dieser Aufgaben eingerichteten militärischen Dienststellen sowie von den diesen Dienststellen angehörenden oder ihnen fachlich unterstellten militärischen Organen wahrzunehmen.

2. Abschnitt

Befugnisse

Auskunftsverlangen

§ 21. Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, dürfen von jenen Personen Auskünfte einholen, von denen anzunehmen ist, sie könnten sachdienliche Hinweise für die Wahrnehmung der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr geben. Bei der Einholung von Auskünften ist auf die Freiwilligkeit der Mitwirkung hinzuweisen. Sollen durch die Einholung von Auskünften Daten ermittelt werden, so ist auch auf den amtlichen Charakter hinzuweisen. Besteht wegen wiederholter Kontakte über diese Umstände kein Zweifel, so können diese Hinweise entfallen.

Verarbeitung von Daten

§22. (1) Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, dürfen zur Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben Daten verarbeiten.

(2) Militärische Organe und Dienststellen nach Abs 1 dürfen von den Organen der Gebietskörperschaften und der anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von den durch diese Körperschaften betriebenen Stiftungen, Anstalten und Fonds jene Auskünfte verlangen, die diese Organe und Dienststellen als wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung von Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr benötigen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Sie hat sich dabei auf Namen, Geschlecht, Wohnsitz, Geburtsort und Geburtsdatum sowie auf die von den militärischen Organen und Dienststellen zum Gegenstand der Anfrage gemachten Umstände zu beschränken. Eine Verweigerung der Auskunft unter der Berufung auf den Umstand, dass es sich um verarbeitete Daten handelt, ist nur zulässig, wenn eine Auskunftsbeschränkung ausdrücklich auch militärischen Dienststellen gegenüber gilt. Weiters ist eine Verweigerung der Auskunft insoweit zulässig, als andere öffentliche Interessen die Interessen der militärischen Landesverteidigung erheblich überwiegen oder völkerrechtliche Verpflichtungen einer Auskunftserteilung entgegenstehen. Über die Amtsverschwiegenheit hinausgehende sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Verschwiegenheit bleiben unberührt.

(2a) Militärische Organe und Dienststellen nach Abs 1 dürfen von den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste jene Auskünfte über Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses verlangen, die diese Organe und Dienststellen als wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung von Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr benötigen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, die Auskunft unverzüglich und kostenlos zu erteilen.

(3) Die Datenermittlung durch Beobachten (Observation) ist zulässig

1. zur Abwehr gegenwärtiger vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter unter Bedachtnahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs 2,

2. zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen mit Angriffen gegen militärische Rechtsgüter zu rechnen ist, und

3. für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung.

(4) Die Datenermittlung durch Einholen von Auskünften ohne Hinweise nach § 21 (verdeckte Ermittlung) ist zulässig,

1. zur Abwehr gegenwärtiger vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter unter Bedachtnahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs 2,

2. zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen mit Angriffen gegen militärische Rechtsgüter mit schwerer Gefahr für die militärische Sicherheit zu rechnen ist und der Zweck der Ermittlung auf andere Weise nicht erreicht werden kann, und

3. für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung, sofern der Zweck der Ermittlung auf andere Weise nicht erreicht werden kann.

(5) Die Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ist zulässig

1. zur Abwehr gegenwärtiger vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter unter Bedachtnahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs 2,

2. zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen eine drohende oder gegenwärtige Gefahr von Angriffen gegen militärische Rechtsgüter als wahrscheinlich anzunehmen ist, und

3. für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung, sofern der Zweck der Ermittlung auf andere Weise nicht erreicht werden kann.

Eine solche Ermittlung darf unter den Voraussetzungen des Abs 4 auch verdeckt erfolgen. Das Fernmeldegeheimnis bleibt unberührt.

(6) Eine Ermittlung aus dem Inland stammender Daten nach Abs 5 ist unzulässig

1. mit Tonaufzeichnungsgeräten, um nicht öffentliche und nicht im Wahrnehmungsbereich eines ermittelnden Organes erfolgende Äußerungen aufzuzeichnen und

2. mit Bildaufzeichnungsgeräten, um nicht öffentliches und nicht im Wahrnehmungsbereich eines ermittelnden Organes erfolgendes Verhalten aufzuzeichnen.

(7) Darüber hinaus ist die Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten unter Bedachtnahme auf die militärische Zuständigkeit nach § 2 Abs 2 bei einer Zusammenkunft mehrerer Personen zulässig, wenn anzunehmen ist, dass es bei dieser Zusammenkunft zu einem Angriff gegen militärische Rechtsgüter kommen werde. Eine derartige Maßnahme ist zuvor auf solche Weise anzukündigen, dass sie einem möglichst weiten Kreis von möglichen Betroffenen bekannt wird. Die auf diese Weise ermittelten Daten dürfen auch zur Abwehr der sich bei diesen Zusammenkünften tatsächlich ereignenden Angriffe verarbeitet werden.

(8) Vor einer Datenermittlung nach den Abs 4 bis 7 zum vorbeugenden Schutz militärischer Rechtsgüter haben militärische Organe und Dienststellen nach Abs 1 unverzüglich den Bundesminister für Landesverteidigung zu verständigen. Dieser hat dem Rechtsschutzbeauftragten Gelegenheit zur Äußerung zu geben, sofern der Rechtsschutzbeauftragte für diese Ermittlung ein entsprechendes Verlangen gestellt hat. Wurde ein solches Verlangen vor Beginn der Ermittlung gestellt, so darf eine solche Ermittlung erst nach Vorliegen einer entsprechenden Äußerung, spätestens aber drei Tage nach Information des Rechtsschutzbeauftragten begonnen werden. Ist jedoch mit Angriffen gegen militärische Rechtsgüter mit schwerer Gefahr für die militärische Sicherheit zu rechnen und liegt Gefahr im Verzug vor, so darf die Ermittlung bereits vor Abgabe dieser Äußerung begonnen werden.

Legende

§22a. (1) Soweit Bundesbehörden oder Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung oder Bürgermeister gesetzlich zur Ausstellung von Urkunden berufen sind, haben sie auf Verlangen des Bundesministers für Landesverteidigung Urkunden herzustellen, die über die Identität einer Person täuschen. Diese Urkunden dürfen nur von militärischen Organen und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, verwendet werden zum Zweck

1. verdeckter Ermittlungen oder

2. der Vorbereitung und Unterstützung der Durchführung von Observationen und verdeckten Ermittlungen.

(2) Die Urkunden dürfen im Rechtsverkehr nur verwendet werden, soweit es zur Erfüllung der jeweiligen Zwecke erforderlich ist. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat den Zweck der Ausstellung sowie den Anwendungsbereich der Urkunden im Rechtsverkehr in einem entsprechenden Auftrag festzulegen. Er hat weiters

1. jede Anwendung der Urkunden im Rechtsverkehr zu dokumentieren und

2. die Urkunden unverzüglich einzuziehen im Falle missbräuchlicher Verwendung oder sobald sie zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt werden.

Die militärischen Dienststellen nach Abs 1 haben den Betroffenen vor Ausstattung mit der Legende zu belehren über den Einsatz der Urkunden sowie über die unverzügliche Entziehung im Falle missbräuchlicher Verwendung.

Verlässlichkeitsprüfung

§23. (1) Militärische Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Abwehr betraut sind, dürfen in Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung eine Verlässlichkeitsprüfung durchführen. Eine Verlässlichkeitsprüfung ist die Abklärung der Verlässlichkeit einer Person anhand von Daten, die Aufschluss darüber geben, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass von dieser Person eine Gefahr für die militärische Sicherheit ausgeht.

(2) Als nicht verlässlich gilt eine Person jedenfalls im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen

1. einer Straftat nach dem Militärstrafgesetz (MilStG), BGBl. Nr. 344/1970, oder

2. einer Straftat nach dem Vierzehnten bis Siebzehnten oder Vierundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teiles des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, betreffend Hochverrat und andere Angriffe gegen den Staat, Angriffe auf oberste Staatsorgane, Landesverrat, strafbare Handlungen gegen das Bundesheer und Störung der Beziehungen zum Ausland oder

3. einer Straftat nach den §§47 und 48 WG 2001 betreffend Nötigung zur Teilnahme an politischen Vereinigungen und Umgehung der Wehrpflicht oder

4. darüber hinaus jeglichen Angriffes gegen militärische Rechtsgüter.

Nach Tilgung einer solchen Verurteilung ist die Verlässlichkeit jedoch nicht mehr von vornherein ausgeschlossen. Weiters gilt eine Person jedenfalls als nicht verlässlich, wenn aus von ihr zu vertretenden Gründen die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war.

(3) Eine Verlässlichkeitsprüfung darf erfolgen hinsichtlich Personen, die

1. Zugang zu militärischen Rechtsgütern nach § 1 Abs 7 Z 3 haben oder erlangen sollen oder

2. sich im räumlichen Umfeld von Personen oder Sachen aufhalten, deren Schutz und Sicherung im Rahmen des militärischen Wachdienstes erforderlich ist.

(4) Solange die Voraussetzungen nach Abs 3 erfüllt sind, darf eine Verlässlichkeitsprüfung jedenfalls nach jeweils drei Jahren wiederholt werden.

Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung

§24. (1) Eine Verlässlichkeitsprüfung ist in den Fällen des § 23 Abs 3 Z 1 nur auf Grund einer Erklärung des Betroffenen hinsichtlich seines Vorlebens und seiner gegenwärtigen Lebensumstände (Verlässlichkeitserklärung) und mit dessen Zustimmung durchzuführen. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat mit Verordnung nähere Bestimmungen über die Verlässlichkeitserklärung zu erlassen.

(2) In die Verlässlichkeitsprüfung sind jene Daten einzubeziehen, die die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Abwehr betrauten militärischen Dienststellen ermittelt haben. Darüber hinaus dürfen im Wege eines Auskunftsverlangens nach § 21 oder § 22 Abs 2 ermittelt werden

1. im Falle des § 23 Abs 3 Z 1 die zur Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Geprüften gemachten Angaben notwendigen Daten und

2. im Falle des § 23 Abs 3 Z 2 jene Daten, ohne die die Durchführung der Verlässlichkeitsprüfung nicht möglich wäre.

Bei der Einbeziehung von Daten in eine Verlässlichkeitsprüfung ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren zwischen den Interessen des Privat- und Familienlebens des Betroffenen und den zwingenden öffentlichen Interessen.

(3) Im Falle einer Verlässlichkeitsprüfung nach § 23 Abs 3 Z 1 haben sich die Ermittlungen auf die Überprüfung der Verlässlichkeitserklärung zu beschränken. Widersprechen die Ergebnisse solcher Ermittlungen der Verlässlichkeitserklärung, so ist dem Betroffenen Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

Übermittlung

§25. (1) Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, dürfen Daten übermitteln

1. anderen militärischen Dienststellen,

2. den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland in Angelegenheiten der militärischen Landesverteidigung und

3. ausländischen öffentlichen Dienststellen, soweit dies

a) auf einer völkerrechtlichen Verpflichtung beruht oder

b) eine wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung von Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr darstellt.

(1a) - (6) ..."

"3. Hauptstück

Rechtsschutz im Bereich der Nachrichtendienste

Rechtsschutzbeauftragter

§57. (1) Der Bundesminister für Landesverteidigung hat nach Anhörung der Präsidenten des Nationalrates sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes einen Rechtsschutzbeauftragten zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr sowie zwei Stellvertreter für die Dauer von zwei Jahren zu bestellen. Wiederbestellungen sind zulässig.

(2) Der Rechtsschutzbeauftragte und seine Stellvertreter müssen besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf den Gebieten der Grund- und Freiheitsrechte sowie der militärischen Landesverteidigung aufweisen. Sie müssen mindestens fünf Jahre in einem Beruf tätig gewesen sein, in dem der Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften Berufsvoraussetzung ist. Nicht bestellt werden dürfen

1. Richter und Staatsanwälte des Dienststandes,

2. Rechtsanwälte, die in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen sind, und

3. andere Personen, die vom Amt eines Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen oder zu diesem nicht zu berufen sind.

Die Bestellung erlischt bei Verzicht oder im Todesfall oder mit Ende der Bestellungsdauer. Wenn ein Grund besteht, die volle Unbefangenheit des Rechtsschutzbeauftragten in Zweifel zu ziehen, hat sich dieser des Einschreitens in der Sache zu enthalten.

(3) Der Rechtsschutzbeauftragte ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Er unterliegt der Amtsverschwiegenheit. Seine Stellvertreter haben gleiche Rechte und Pflichten. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat dem Rechtsschutzbeauftragten das zur Bewältigung seiner administrativen Tätigkeit notwendige Personal zur Verfügung zu stellen und für seine Sacherfordernisse aufzukommen. Dem Rechtsschutzbeauftragten gebührt für die Erfüllung seiner Aufgaben eine Entschädigung. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat mit Verordnung Pauschalsätze für die Bemessung dieser Entschädigung festzusetzen.

(4) Der Rechtsschutzbeauftragte ist zur rechtlichen Kontrolle von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr befugt. Hiefür sind ihm Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen zu gewähren und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt jedoch nicht für Auskünfte und Unterlagen, insbesondere über Quellen, deren Bekanntwerden die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde. Amtsverschwiegenheit kann ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden.

(5) Der Rechtsschutzbeauftragte hat dem Bundesminister für Landesverteidigung jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der militärischen Nachrichtendienste zu erstatten. Diesen Bericht hat der Bundesminister für Landesverteidigung dem ständigen Unterausschuss des Nationalrates zur Prüfung von nachrichtendienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der militärischen Landesverteidigung auf dessen Verlangen im Rahmen des Auskunfts- und Einsichtsrechtes nach Art 52a Abs 2 B-VG zugänglich zu machen.

(6) Nimmt der Rechtsschutzbeauftragte wahr, dass durch das Verwenden von Daten Rechte eines Betroffenen verletzt worden sind, der von dieser Datenverwendung keine Kenntnis hat, so ist er befugt,

1. den Betroffenen zu informieren oder

2. eine Beschwerde nach § 55 an die Datenschutzkommission zu erheben.

Eine Beschwerde nach Z 2 ist nur zulässig, wenn das Wissen des Betroffenen um die Existenz oder den Inhalt des Datensatzes die nachrichtendienstliche Aufklärung oder Abwehr gefährden oder erheblich behindern würde und eine Information nach Z 1 daher nicht erfolgen kann. In einem Verfahren vor der Datenschutzkommission nach Z 2 ist auf § 26 Abs 2 DSG 2000 über die Beschränkung des Auskunftsrechtes Bedacht zu nehmen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:

A) Zur Zulässigkeit:

1. Gemäß Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG ist ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates berechtigt, die Verfassungswidrigkeit bundesgesetzlicher Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Die einschreitenden 63 Abgeordneten zum Nationalrat verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates (vgl. auch § 1 Abs 1 Nationalrats-Wahlordnung 1992 - NRWO), sodass diesem Erfordernis entsprochen ist.

2.1.1. Vorauszuschicken ist, dass die Antragsteller in Punkt II.D. des Antrags unter dem Titel "Einteilung der angefochtenen Bestimmungen" wörtlich Folgendes ausführen:

"Gegen die Regelungen hinsichtlich bzw. die Abgrenzung zwischen den Materien 'Sicherheitspolizei' und 'militärische Landesverteidigung' des Bundes-Verfassungsgesetzes (Art78a und 79 B-VG) verstoßen nach Auffassung der Antragsteller die §§2 Abs 2, 6 Abs 1 Z 1, 6 Abs 3 Z 1, 8, 10 Abs 2, 11, 12, 13 Abs 1 Z 1, 14 Abs 1 Z 1 und 2, 20 Abs 2 und 3, 21, 22 Abs 1 bis 2a, 23, 24, 25 Abs 1 und 57 Abs 4 MBG. Die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen sind unten unter III.B. dargelegt. § 2 Abs 2 Z 2 MBG begegnet dabei gesonderten Bedenken hinsichtlich des Art 18 B-VG, die sich unter III.C. finden."

Was die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Regelungskomplexes "Militärischer Eigenschutz" im MBG betrifft, werden in der Einleitung zu Punkt III. des Antrags die Bestimmungen, gegen die sich die Bedenken richten, wie folgt zitiert:

"Es sind dies die Bestimmungen § 2 Abs 2, § 6 Abs 1 Z 1, § 6 Abs 3 Z 1, § 8, § 10 Abs 2, § 11, § 12, § 13 Abs 1 Z 1, § 14 Abs 1 Z 1 und 2, § 20 Abs 2 und 3, § 21, § 22 Abs 1 bis 2a, § 22a, § 23, § 24, § 25 Abs 1 und Abs 1a und § 57 Abs 4 MBG. (Soweit im Folgenden Fundstellen ohne Gesetzesangabe angegeben werden, beziehen sie sich auf das MBG)"

Im Aufhebungsantrag selbst (S 59 des Schriftsatzes) finden sich die Bestimmungen - wie noch näher auszuführen sein wird - mit Ausnahme des § 25 Abs 1a MBG im Wesentlichen wieder.

2.1.2. Die Bundesregierung bringt vor, dass die Anfechtung der unter Punkt III. des Antrags genannten Bestimmungen (§2 Abs 2, § 6 Abs 1 Z 1, § 6 Abs 3 Z 1, § 8, § 10 Abs 2, § 11, § 12, § 13 Abs 1 Z 1, § 14 Abs 1 Z 1 und 2, § 20 Abs 2 und 3, § 21, § 22 Abs 1 bis 2a, § 22a, § 23, § 24, § 25 Abs 1 und 1a, § 57 Abs 4 MBG) wegen Überschreitung der Kompetenz des Art 79 Abs 1 B-VG den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 Satz 2 VfGG nicht genüge:

Die Antragsteller zählten nur Bestimmungen auf, in denen das MBG dem Bundesheer Kompetenzen einräume, die über Art 79 B-VG hinaus gehen; daraufhin werde der Inhalt des Art 79 B-VG erörtert. Eine genaue Darlegung, warum die einzelnen angefochtenen Bestimmungen von Art 79 B-VG nicht gedeckt seien, sei jedoch unterlassen worden.

2.2. Gemäß § 62 Abs 1 Satz 2 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit - in überprüfbarer Art - präzise ausgebreitet werden, dh. dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (vgl. z.B. VfSlg. 11.150/1986, 11.888/1988, 13.710/1994, 13.851/1994 und 14.802/1997). Es genügt dabei nicht, dass im Antrag behauptet wird, dass die bekämpften Gesetzesstellen gegen eine oder mehrere - wenn auch näher bezeichnete - Verfassungsbestimmung(en) verstoßen; vielmehr muss konkret dargelegt werden, aus welchen Gründen den bekämpften Normen die behauptete Verfassungswidrigkeit anzulasten ist. Begnügt sich ein Antrag damit, den Verstoß gegen Verfassungsgebote zu behaupten, unterlässt er aber konkrete Darlegungen, warum die bekämpften Regelungen im Einzelnen gegen die genannten Verfassungsbestimmungen verstoßen, so ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und so - gleichsam stellvertretend - das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (idS va. VfSlg. 13.123/1992, 16.507/2002).

2.3. Was die in Punkt III. (S 18) des Schriftsatzes angeführten Bestimmungen (das sind an dieser Stelle § 2 Abs 2, § 6 Abs 1 Z 1, § 6 Abs 3 Z 1, § 8, § 10 Abs 2, § 11, § 12, § 13 Abs 1 Z 1, § 14 Abs 1 Z 1 und 2, § 20 Abs 2 und 3, § 21, § 22 Abs 1 bis 2a, § 22a, § 23, § 24, § 25 Abs 1 und 1a sowie § 57 Abs 4 MBG) betrifft, werden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit "des Regelungskomplexes 'Militärischer Eigenschutz'" wenngleich ausführlich, so doch ohne Darlegung im Einzelnen, warum die Bedenken gerade auf die jeweiligen angefochtenen Bestimmungen zutreffen, ausgeführt. Zusammenfassend wird Folgendes festgehalten:

"Der Großteil der Tätigkeit militärischer Organe im Bereich des sogenannten 'militärischen Eigenschutzes' ist nicht militärische Landesverteidigung und damit kein Fall des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG, ja überhaupt kein Fall eines Einsatzes des Bundesheeres im Sinne des Art 79 B-VG, sondern Sicherheitspolizei, deren Wahrnehmung gemäß Art 78a B-VG den Sicherheitsbehörden vorbehalten ist. Die kompetenzmäßige Zuweisung dieses Tätigkeitsbereiches zum Bundesheer anstatt zu den Sicherheitsbehörden belastet diesen Regelungskomplex daher mit der Verletzung bundesverfassungsgesetzlicher Vorschriften."

2.4. Anzumerken ist zunächst, dass der auf den letzten beiden Seiten (Punkt V.) des Schriftsatzes gestellte formelle Aufhebungsantrag hinsichtlich der §§21, 22 Abs 1 bis 2a, 25 Abs 1 und 57 Abs 4 MBG jeweils nur die Wortfolge "oder Abwehr" erfasst. Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, dass in den genannten Bestimmungen jeweils nur diese Wortfolge angefochten ist und es sich bei der Aufzählung unter Punkt III. des Antrags um eine verkürzte Darstellung des Anfechtungsgegenstandes handelt.

Die Bestimmung des § 25 Abs 1a MBG wird im Aufhebungsantrag unter Punkt V. des Schriftsatzes und in den (überblicksartigen) Aufzählungen der angefochtenen Bestimmungen auf den Seiten 2 und 17 des Antrags überhaupt nicht erwähnt, sondern (ausschließlich) in der Aufzählung in Punkt III. (S 18). Der Gerichtshof geht daher davon aus, dass § 25 Abs 1a MBG nicht angefochten (und die Erwähnung auf Seite 18 des Antrags irrtümlich erfolgt) ist.

2.5. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 MBG sowie gegen die §§11 und 22a MBG haben die Antragsteller nicht nur die in Abschnitt III. dargelegten allgemeinen Bedenken gegen den Regelungskomplex "militärischer Eigenschutz", sondern noch weitere verfassungsrechtliche, diesen Bestimmungen zugeordnete Bedenken vorgebracht, s. dazu gleich unten Pkt. 3.

2.6. Was nun die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 2 Abs 2 - bis einschließlich des Wortes "benachrichtigen" -, gegen die §§6 Abs 1 Z 1, 6 Abs 3 Z 1, 8, 10 Abs 2, 12, 13 Abs 1 Z 1, 14 Abs 1 Z 1 und 2, 20 Abs 2 und 3, 23 und 24 sowie jeweils die Wortfolge "oder Abwehr" in §§21, 22 Abs 1 bis 2a, 25 Abs 1 und 57 Abs 4 MBG betrifft, sind diese nur aus den in Punkt III. des Antrags dargelegten Gründen zu erschließen.

Auch wenn bei einigen Bestimmungen die verfassungsrechtliche Fragestellung offenkundig wäre, würde dies nichts daran ändern, dass gemäß § 62 Abs 1 Satz 2 VfGG die Bedenken jedenfalls im Einzelnen darzulegen sind und nicht vom Gerichtshof selbst an Stelle der Antragsteller auf die jeweils angefochtene Norm bezogen werden müssen.

Wenn die Antragsteller davon ausgehen, dass "[d]er sogenannte 'militärische Eigenschutz' ... Angehörigen des Bundesheers die Entfaltung einer Tätigkeit [erlaubt], die konzeptionell und praktisch in Konkurrenz zum sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst tritt", weshalb dieser Regelungskomplex - und damit auch die angefochtenen Bestimmungen - einerseits angesichts der kompetenzrechtlichen Abgrenzung zwischen den Angelegenheiten der Sicherheitspolizei (Art10 Abs 1 Z 7 B-VG) und den militärischen Angelegenheiten (Art10 Abs 1 Z 15 B-VG), und andererseits im Hinblick auf die Aufgaben des Bundesheeres (Art79 B-VG) verfassungswidrig sei(en), der Antrag eine konkret auf die einzelnen Bestimmungen bezogene verfassungsrechtliche Auseinandersetzung aber vermissen lässt, liegt ein nicht behebbarer Mangel des Antrags vor.

2.7. Der Antrag auf Aufhebung des § 2 Abs 2 - bis einschließlich des Wortes "benachrichtigen" -, der §§6 Abs 1 Z 1, 6 Abs 3 Z 1, 8, 10 Abs 2, 12, 13 Abs 1 Z 1, 14 Abs 1 Z 1 und 2, 20 Abs 2 und 3, 23 und 24 sowie jeweils der Wortfolge "oder Abwehr" in §§21, 22 Abs 1 bis 2a, 25 Abs 1 und 57 Abs 4 MBG war daher zurückzuweisen.

3. In Punkt III.C. und IV. des Antrags rügen die Antragsteller die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 MBG sowie der §§11, 22 Abs 3 bis 8, 22a und 57 Abs 3 MBG auch aus anderen als aus kompetenzrechtlichen Gründen.

3.1. Die vorgebrachten Bedenken betreffend die Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 MBG sind hinreichend präzise, sodass der Antrag - da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen - diesbezüglich zulässig ist.

3.2. Die unter der Überschrift "Bedenken gegen die Festnahmebefugnis des § 11 MBG" vorgebrachten Argumente sind nur hinsichtlich § 11 Abs 1 und Abs 5 MBG konkretisiert.

Soweit die Antragsteller vorbringen, § 11 MBG sei "insgesamt" verfassungswidrig, weil "die zwingende Norm des § 11 Abs 5 erster Satz für alle Fälle von Festnahmen nach § 11 Abs 1 und 2 gilt", weshalb "ihre Unsachlichkeit im selben Umfang aus[strahlt]", scheinen sie einen untrennbaren Zusammenhang dieser Bestimmungen geltend machen zu wollen. Ein solcher liegt jedoch nicht vor: Die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 2 und die weiteren - die näheren Umstände einer Festnahme, insbesondere die Rechte des Festgenommenen betreffenden - Absätze des § 11 sind auch im Fall einer Aufhebung der Abs 1 und 5 noch anwendbar.

Der Antrag erweist sich daher nur hinsichtlich der Abs 1 und 5 des § 11 als zulässig; hinsichtlich der Abs 2 bis 4 und 6 bis 8 ist er zurückzuweisen.

3.3. Bezüglich der gegen die §§22 Abs 3 bis 8 und 22a MBG vorgetragenen Bedenken führen die Antragsteller aus, dass der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit in § 22 Abs 3 bis 6 liege. §§22 Abs 7 und 8 sowie 22a MBG stünden mit diesen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang bzw. seien "- im Fall des § 22a - unterstützende Bestimmungen, durch die die Verfassungswidrigkeit der eigentlichen Kernbestimmungen zur Datenermittlung noch verstärkt wird".

Im Einzelnen werden Bedenken nur gegen § 22 Abs 3 Z 3 (Datenermittlung durch Beobachten für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung), Abs 4 Z 3 (verdeckte Ermittlung für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung) und Abs 5 Z 3 (Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung) formuliert. Im Übrigen bringen die Antragsteller weder Bedenken gegen § 22 Abs 3, 4, 5 und 6 vor, noch behaupten sie einen untrennbaren Zusammenhang mit den angefochtenen Ziffern; ein solcher ist auch dem Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich.

Der Antrag ist daher nur hinsichtlich des § 22 Abs 3 Z 3, Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3 MBG zulässig, im Übrigen ist er zurückzuweisen.

Damit liegt aber der behauptete untrennbare Zusammenhang mit § 22 Abs 7 und 8 und § 22a MBG auch schon deshalb nicht vor, weil diese Bestimmungen durch eine Aufhebung jeweils nur der Z 3 der Abs 3, 4 und 5 des § 22 nicht ihren Anwendungsbereich verlieren würden.

3.4. Schließlich sind die Antragsteller der Ansicht, dass die gegen § 57 Abs 3 Satz 1 MBG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen untrennbaren Zusammenhangs des ersten mit den übrigen Sätzen den gesamten Abs 3 des § 57 MBG betreffen. Dieser ohne nähere Begründung behauptete untrennbare Zusammenhang ist jedoch nicht gegeben: Während der erste Satz des § 57 Abs 3 die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Rechtsschutzbeauftragten normiert, betreffen die übrigen Sätze dieses Absatzes - wie auch die weiteren Absätze des § 57 - ganz andere Aspekte seiner Tätigkeit. Da Bedenken nur gegen den ersten Satz des § 57 Abs 3 MBG formuliert werden, ist der Antrag auch hier nur in diesem Umfang zulässig; im Übrigen ist er als zu weit gefasst zurückzuweisen.

4. Der vorliegende Antrag ist - da insoweit auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen -

hinsichtlich der Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 MBG, sowie

hinsichtlich der §§11 Abs 1 und 5, 22 Abs 3 Z 3, Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3 sowie 57 Abs 3 erster Satz MBG

zulässig.

Im Übrigen war der Antrag zurückzuweisen.

B) In der Sache:

Dazu wird vorweg darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof nur zu prüfen hat, ob die im Antrag vorgebrachten Bedenken zutreffen; der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Antragsverfahren auf Gesetzesprüfung auf die Erörterung der aufgeworfenen Bedenken zu beschränken (VfSlg. 14.802/1997 mwH).

1.1. Die Antragsteller rügen die Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 MBG wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot des Art 18 B-VG:

Diese Kooperation könne sich nicht auf Normen des MBG stützen, da diese als Grundlage nur solange verfügbar seien, als die Sicherheitsbehörden noch nicht einschreiten. Sie könne sich unmittelbar auch nicht auf Normen des SPG stützen, da sich diese nur an Sicherheitsbehörden und deren Organe richten. Schließlich scheide eine Deutung als Assistenzleistung nach Art 79 Abs 2 B-VG aus mehreren Gründen aus: Erstens werde die für eine Anforderung der Assistenz des Bundesheeres erforderliche Bedrohungsdichte regelmäßig fehlen; zweitens könne die Regelung des § 2 Abs 2 MBG die von Art 79 Abs 2 B-VG vorausgesetzte Anforderung der Assistenzleistung durch die zivile Sicherheitsbehörde nicht ersetzen; und drittens handle es sich beim "Eigenschutz", wie im ersten Teil des Antrags dargelegt, gar nicht um einen Einsatz des Bundesheeres im Sinne des Art 79 B-VG.

Die Verpflichtung der militärischen Organe, auf die im Anlassfall gebotene Weise mit den Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten, inkludiere die Verpflichtung dieser Organe, selbst zu beurteilen, welche die im Anlassfall gebotene Weise der Kooperation mit den Sicherheitsbehörden wäre. Für dieses inhaltlich und zeitlich in keiner Weise limitierte Handeln der militärischen Organe in Kooperation mit den Sicherheitsbehörden fehle jegliche gesetzliche Grundlage, damit aber auch jede gesetzliche Determinierung.

1.2. Die Bundesregierung hält diesem Vorbringen entgegen, dass diese Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden von den Antragstellern offenbar missverstanden werde. Es handle sich dabei um eine rein deklarative Bestimmung, durch die die bereits bestehende Verpflichtung zur Amtshilfe nach Art 22 B-VG lediglich konkretisiert werde. Es sei wohl unbestritten, dass militärische Organe etwa bereits erhobene Daten oder Niederschriften über festgestellte Sachverhalte den Sicherheitsbehörden weitergeben sollen. Andererseits liege es auf der Hand, dass es immer dann zu keiner Subsidiarität militärischen Einschreitens kommen könne, wenn keine korrelierende Kompetenz der Sicherheitsbehörden vorliege.

1.3. Dass Art 22 B-VG unmittelbar anwendbar ist, steht seiner näheren Ausgestaltung durch den Gesetzgeber nicht entgegen (vgl. VfSlg. 5415/1966, 10.715/1985). Das Argument der Bundesregierung, die Regelung des § 2 Abs 2 Z 2 MBG sollte nur die ohnehin gemäß Art 22 B-VG bestehende Verpflichtung zur Amtshilfe deutlich machen, geht jedoch schon deshalb fehl, weil Amtshilfe eine Hilfe im Einzelfall ist, die ausnahmslos ein Ersuchen voraussetzt (s. Wiederin in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 22 B-VG, Rz. 13 f., mwN), die "Zusammenarbeit" nach § 2 Abs 2 Z 2 MBG jedoch von einem konkreten Ersuchen im Einzelfall unabhängig ist.

1.4. Zur Beurteilung des § 2 Abs 2 Z 2 MBG sind zunächst die Erläuterungen (RV 76 BlgNR, 21. GP) zu betrachten; diese führen dazu aus:

"Der militärische Eigenschutz mit dem ins Auge gefassten Begriffsinhalt als Eigenkompetenz des Bundesheeres weist einen potentiellen Berührungsbereich mit der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben durch die Sicherheitsbehörden und -organe auf. Im Interesse einer unzweckmäßigen und kaum praxisgerechten Doppelkompetenz erscheint daher eine möglichst klare und einfach handhabbare Zuständigkeitsabgrenzung hinsichtlich der konkreten Befugnisausübung für diesen Schutzzweck erforderlich. Im Abs 2 ist eine solche Abgrenzung auf der Basis einer grundsätzlichen Subsidiarität der militärischen Befugnisausübung ins Auge gefasst. Hinsichtlich der 'Sicherheitsbehörden' ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere im Lichte der diesbezüglichen Regelungen im Sicherheitspolizeigesetz (§§2 ff) diesem Überbegriff im gegenständlichen Zusammenhang auch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zuzuordnen sein werden. Dies bedeutet, dass (auch) das Einschreiten solcher Organe die militärische Zuständigkeit beendet bzw. dass eine Benachrichtigung dieser Organe der entsprechenden Verpflichtung nach Abs 2 Z 1 Rechnung trägt. Mit der beabsichtigten umfassenden Subsidiaritätsregel wird die militärische Befugnisausübung zum Selbstschutz in der Praxis im wesentlichen auf unmittelbare Erstmaßnahmen zur entsprechenden Gefahrenabwehr beschränkt bleiben; den Sicherheitsbehörden wird demnach ein Einschreiten auch zum Schutze des Bundesheeres und seiner Einrichtungen jederzeit zur Disposition stehen. Die Zuständigkeit militärischer Organe zum unmittelbaren Selbstschutz des Heeres als Teil der 'militärischen Landesverteidigung' und damit die gesetzliche Ermächtigung zur entsprechenden Befugnisausübung werden jedenfalls automatisch enden, sobald die Exekutivorgane zu dem gleichen Zweck einschreiten und damit den gegenständlichen Anlassfall gleichsam in den Bereich der 'Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit' nach § 20 SPG überführen. Dieser Übergang der Zuständigkeit soll zur Klarstellung ausdrücklich normiert werden. Sollten die einschreitenden Exekutivorgane in einem konkreten Anlassfall jedoch den Schutz des Heeres nicht ausreichend sicherstellen können, so steht ihnen jedenfalls die Anforderung militärischer Kräfte zur Assistenzleistung nach Art 79 Abs 2 B-VG in Verbindung mit § 2 Abs 1 litb WG offen. In diesem Fall käme ein Tätigwerden der zur Assistenz herangezogenen Soldaten jedoch im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ausschließlich nach den für den Sicherheitspolizeibereich geltenden Rechtsvorschriften in Betracht; vgl. hiezu die Z 7 des Allgemeinen Teiles der Erläuterungen. Der erwähnte automatische Zuständigkeitsübergang von der militärischen Landesverteidigung zur Sicherheitspolizei ist in seiner Grundstruktur jenem nach § 19 Abs 4 SPG betreffend die Beendigung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht der Sicherheitsbehörden nachgebildet. Diese Hilfeleistungspflicht als unmittelbare Erstmaßnahme zur direkten Gefahrenabwehr unabhängig von einer konkreten Zuständigkeit endet nämlich jedenfalls auch automatisch mit dem (wirksamen) Einschreiten der jeweils zuständigen Einrichtung im Rahmen der Verwaltungspolizei. Im Hinblick auf praktische Erfordernisse sowie die diesbezüglichen Überlegungen in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit einer Befugnisausübung zum Schutz des Heeres erscheint - zusätzlich zum Grundsatz der Subsidiarität militärischen Einschreitens - die ausdrückliche Normierung einer Benachrichtigungspflicht sowie einer umfassenden Zusammenarbeitspflicht der militärischen Organe hinsichtlich der Sicherheitsexekutive zweckmäßig. Eine derartige Benachrichtigung wird unter Bedachtnahme auf die jeweiligen konkreten Umstände des Anlassfalles 'unverzüglich' erfolgen müssen; im Lichte der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Terminus wird darunter eine Benachrichtigung 'ohne schuldhafte Verzögerung' zu verstehen sein. Über die praktische Umsetzung der Kooperationspflicht ist aus Zweckmäßigkeitsgründen keine ausdrückliche Bestimmung ins Auge gefasst. Der konkrete Inhalt und Umfang dieser Zusammenarbeit werden sich daher nach den jeweiligen tatsächlichen Erfordernissen im Anlassfall richten. Die Kooperation wird daher in der Praxis etwa in einer Verständigung der Sicherheitsbehörden von einem diesbezüglichen Einschreiten der militärischen Organe im Bedarfsfall oder in einer umfassenden Information allenfalls nachträglich einschreitender (und damit exklusiv zuständig werdender) Sicherheitsbehörden über die bisher getroffenen Veranlassungen bestehen."

Schon aus den Erläuterungen wird deutlich, dass § 2 Abs 2 MBG die Modalitäten der "Zusammenarbeit" insofern klarstellt, als den militärischen Organen zweifelsfrei aufgetragen wird, die Sicherheitsbehörden unverzüglich zu informieren und sohin einzuschalten, wenn sich im Zuge des Einschreitens zum militärischen Eigenschutz ergibt, dass eine allgemeine Gefahr nach § 16 Abs 1 SPG vorliegt.

Richtet sich das Einschreiten der militärischen Organe gemäß § 2 Abs 1 Z 1 oder 2 MBG gegen ein Verhalten, das eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 16 Abs 1 SPG darstellt, so sind sie gemäß § 2 Abs 2 MBG gehalten, die zuständigen Sicherheitsbehörden zu informieren und dabei in die Lage zu versetzen, ihre Zuständigkeit effektiv wahrzunehmen ("zusammenzuarbeiten"). Entgegen der Annahme der Antragsteller kann aus § 2 Abs 2 MBG somit gerade nicht abgeleitet werden, dass den militärischen Organen "ein inhaltlich und zeitlich in keiner Weise limitiertes Handeln" in Kooperation mit den Sicherheitsbehörden ermöglicht werden solle. Gegen diese Interpretation sprechen nicht nur der Wortlaut der Norm (arg.: "wenn und solange nicht Sicherheitsbehörden zur Gefahrenabwehr einschreiten") und die - oben zitierten - Erläuterungen, sondern auch der Umstand, dass die Aufgaben des Bundesheeres verfassungsrechtlich abschließend geregelt sind. Die Annahme, der einfache Gesetzgeber habe durch § 2 Abs 2 MBG die Zuständigkeiten der militärischen Organe im Gewand einer normierten "Zusammenarbeit" ausweiten wollen, verbietet sich schon bei verfassungskonformer Interpretation des Gesetzes.

Die angefochtene Regelung normiert im Sinne des Art 18 B-VG mit hinreichender Deutlichkeit, dass die militärischen Organe - unabhängig davon, ob und wie die Sicherheitsbehörden aufgrund der ihnen überlassenen Informationen vorgehen - ab der unverzüglich zu erfolgenden Benachrichtigung der Sicherheitsbehörden von der allgemeinen Gefahr im Sinne des § 16 Abs 1 SPG ihr Einschreiten zum militärischen Eigenschutz zu beenden haben, da ihnen in diesem Fall für die Fortführung ihrer Tätigkeit nach dieser Bestimmung keine Zuständigkeit mehr zukommt. Die "darüber hinaus" angeordnete Zusammenarbeit ist nur im Rahmen der prinzipiell beschränkten Zuständigkeit der Militärbehörden zulässig.

Der Antrag ist daher, insoweit er auf die Aufhebung der Wortfolge "und 2. darüber hinaus mit den Sicherheitsbehörden auf die im Anlassfall gebotene Weise zusammenzuarbeiten" in § 2 Abs 2 MBG gerichtet ist, abzuweisen.

2.1. Nach Auffassung der Antragsteller verstößt § 11 Abs 1 MBG gegen Art 2 Abs 1 Z 2 lita und b PersFrBVG sowie gegen Art 5 Abs 1 litc EMRK, weil diese Verfassungsbestimmungen den Verdacht eines strafbaren Verhaltens voraussetzen, die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 1 MBG dies aber nicht in allen Fällen erfordere: Nach § 11 Abs 1 könne eine Person auf der Grundlage der berechtigten Annahme festgenommen werden, dass sie einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter ausführe. Der Legaldefinition des Angriffs gegen militärische Rechtsgüter (§1 Abs 8 MBG) zufolge liege ein solcher jedoch bereits dann vor, wenn noch keine strafbare Handlung, sondern lediglich ein Verhalten gesetzt wird, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Handlung vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.

Auch der letzte Fall des § 11 Abs 1, die Festnahme einer Person in der Annahme, dass nach ihr wegen des Verdachts eines Angriffs auf militärische Rechtsgüter gefahndet werde, habe im PersFrBVG keine Grundlage. Bei der Personenfahndung seien zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich die Fahndung zur Aufenthaltsermittlung (§413 StPO) und die Fahndung zur Festnahme (§§414 ff. StPO). Die Fahndung zur Aufenthaltsermittlung eines Verdächtigen gebe jedoch keinen Grund zu dessen Festnahme, daher sei auch dieser Festnahmegrund zu umfangreich gestaltet und mit dem PersFrBVG unvereinbar.

2.2. Die Bundesregierung führt aus, "dass Art 2 Abs 1 Z 2 lita PersFrBVG eine Festnahme lediglich bei Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung zuläßt, allerdings dies auch zur Beendigung des Angriffs"; Z 2 litc ermögliche die Festnahme bei Ausführungsgefahr (bei Gefahr im Verzug ohne richterlichen Befehl). Ein Angriff gegen militärische Rechtsgüter nach § 1 Abs 8 MBG liege bereits im Fall einer Vorbereitungshandlung vor. Diese Erweiterung sei jedoch zeitlich so weit eingeschränkt, dass nach dem Täterplan die Tatbestandsverwirklichung unmittelbar nachfolgend einzutreten habe, was durch die Wortfolge "in engem zeitlichen Zusammenhang" zum Ausdruck komme. Diese Vorbereitungshandlung sei im Hinblick auf die genannten verfassungsrechtlichen Vorgaben als Versuch iSd. § 15 StGB zu verstehen. Die Festnahmebefugnis des § 11 Abs 1 MBG richte sich daher gegen (strafbare) Versuchshandlungen, deren Vollendung durch die Festnahme verhindert werden soll. Eine derartige (verfassungskonforme) Interpretation gebiete sich im Hinblick auf Art 2 Abs 1 Z 2 PersFrBVG.

Ähnliches gelte hinsichtlich der Behauptung, die Festnahmebefugnis wegen Fahndung sei überschießend. Sowohl § 413 als auch § 415 StPO sehen eine Fahndung nur gegen einen Verdächtigen vor. Auch die entsprechende Festnahmebefugnis in § 11 Abs 1 MBG sei daher im Lichte des Art 2 PersFrBVG zu interpretieren.

2.3. Gemäß § 11 Abs 1 MBG ist die Festnahme einer Person zulässig, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass diese Person einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter ausführt oder unmittelbar vorher ausgeführt hat oder dass nach ihr wegen eines solchen Angriffs gefahndet wird.

Der "Angriff gegen militärische Rechtsgüter" ist in § 1 Abs 8 Satz 1 MBG als "die Bedrohung eines geschützten Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird" definiert. Ein gefährlicher Angriff ist nach Satz 2 dieser Bestimmung aber "auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Handlung vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird".

Die Erläuterungen (RV 76 BlgNR, 21. GP) führen zu § 1 Abs 8 MBG aus (Hervorhebung nicht im Original):

"Hiebei umschreibt der erste Satz jenes Stadium, das im strafrechtlichen Sinne mit dem Versuch beginnt. Der zeitliche Aspekt der 'Angriffe gegen militärische Rechtsgüter' umfasst somit grundsätzlich den Zeitraum von der ersten strafrechtlich relevanten Tathandlung bis zur Vollendung. Der zweite Satz erweitert diesen Begriff in den Bereich der straflosen Vorbereitungshandlungen. Diese Erweiterung ist dabei zeitlich jedoch so weit eingeschränkt, dass nach dem Täterplan die Tatbestandsverwirklichung demnächst einzutreten hat. [...]"

Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 1 Abs 8 MBG (arg.: "vorzubereiten") sowie der klaren und unmissverständlichen Absicht des Gesetzgebers, auch (straflose) Vorbereitungshandlungen als "Angriff gegen militärische Rechtsgüter" zu werten, ermächtigt § 11 Abs 1 MBG also bereits dann zur Festnahme einer Person, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass sie eine bloße Vorbereitungshandlung ausführt oder unmittelbar ausgeführt hat oder dass nach ihr wegen einer solchen Handlung gefahndet wird. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene verfassungskonforme Auslegung ist damit nicht möglich: § 11 Abs 1 MBG steht in klarem Widerspruch zur Regelung des Art 2 Abs 1 Z 2 PersFrBVG, die den Verdacht einer mit Strafe bedrohten Handlung voraussetzt (vgl. dazu Kopetzki, in:

Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 2 PersFrG, Rz. 15 ff.).

§ 11 Abs 1 MBG ist daher schon aus diesem Grund als verfassungswidrig aufzuheben.

3.1. Weiters rügen die Antragsteller die Verfassungswidrigkeit des § 11 Abs 5 MBG, wonach der Festgenommene unverzüglich dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überstellen oder, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen ist; der Festgenommene darf durch militärische Organe in keinem Fall länger als 24 Stunden angehalten werden.

Diese Regelung gelte für Festnahmen sowohl nach Abs 1 als auch nach Abs 2 des § 11 MBG. In Bezug auf gemäß § 11 Abs 1 MBG Festgenommene verstoße diese Regelung gegen Art 4 Abs 2 PersFrBVG, wonach die festgenommene Person, sofern der Grund zur Anhaltung nicht schon früher entfällt, ohne unnötigen Aufschub dem zuständigen Gericht zu übergeben ist: Dafür hätten die militärischen Organe selbst zu sorgen; eine Zwischenschaltung der Sicherheitsbehörde müsse zwangsläufig zu einer unnötigen Verzögerung führen und stehe deshalb in Widerspruch zu Art 4 Abs 2 PersFrBVG.

Überdies hätten die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes regelmäßig keine gesetzliche Grundlage zur Anhaltung des von den militärischen Organen übergebenen Festgenommenen, weshalb sie diesen oft nur sofort freilassen könnten. Die einzige für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Betracht kommende Bestimmung sei jene des § 175 Abs 1 Z 1 StPO, deren Voraussetzungen jedoch zumeist nicht vorliegen würden. Hinzu komme, dass bei den meisten der bezirksgerichtlichen Delikte zufolge § 452 Z 1 StPO der Haftgrund nach § 175 Abs 1 Z 1 StPO gar nicht zur Verfügung stehe. Damit werde jedoch die Festnahme nach § 11 Abs 1 MBG als solche sinnlos, sie sei daher von vornherein unverhältnismäßig und unsachlich und verstoße aus diesem Grund auch gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Im Hinblick auf § 11 Abs 2 MBG bestünden gegen die Regelung des § 11 Abs 5 mutatis mutandis die gleichen Bedenken. Die Festnahme wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung sei nach Art 2 Abs 1 Z 3 PersFrBVG zum Zwecke der Vorführung des Verdächtigen vor die zuständige Behörde zulässig, nicht jedoch zur Überstellung an die nächsten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, zumal diese keine gesetzliche Grundlage für eine Anhaltung des Übergebenen hätten. § 35 VStG sei nämlich so zu verstehen, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes selbst den Verdächtigen auf frischer Tat betreten haben.

3.2. Die Bundesregierung führt zu diesem Vorbringen aus, dass hinsichtlich militärischer Organe niemals eine Überstellung an Gerichte zu erfolgen habe, weil lediglich Eigenschutzkomponenten (Art79 Abs 1 B-VG) im Sinne des ersten Zugriffes, niemals jedoch Aspekte der Strafjustiz (Art10 Abs 1 Z 6 B-VG) zu berücksichtigen seien. Die Tatsache, dass Organe der Sicherheitsbehörden im Einzelfall lediglich die Daten des Betroffenen aufnehmen und diesen danach freilassen, schmälere keinesfalls das Recht militärischer Organe im Wachdienst zur vorläufigen Festnahme nach § 11 MBG als Erstmaßnahme des militärischen Eigenschutzes. Auch differenziere das PersFrBVG - abgesehen von der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nicht zwischen "bezirksgerichtlichen" und anderen Delikten.

Mit der Verpflichtung der militärischen Organe, einen Festgenommenen dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu übergeben, werde auch eine Kompetenz für dieses Organ geschaffen, den Festgenommenen zu übernehmen. Damit gehe die Behauptung, das Organ müsste den Festgenommenen mangels gesetzlicher Kompetenz sofort freilassen, ins Leere. Außerdem seien die organisatorischen Kapazitäten der militärischen Organe, einen Festgenommenen dem zuständigen Gericht zu übergeben, das regelmäßig vom Aufenthaltsort des militärischen Organs weiter entfernt ist als das nächste Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, weit geringer als die Kapazitäten der Sicherheitsorgane. Diese hätten rascher die Möglichkeit, einen sicheren Transport zum Gericht zu garantieren. Die Übergabe an das nächste Sicherheitsorgan stelle daher eine raschere Überstellung an das Gericht sicher als die Organisation eines militärischen Transportes. Somit garantiere § 11 Abs 5 MBG die bestmögliche Erfüllung der Verpflichtung des Art 4 Abs 2 PersFrBVG. Im Hinblick auf § 11 Abs 2 gelte diese Überlegung sinngemäß.

3.3. Die Bedenken der Antragsteller treffen zu.

Gemäß § 11 Abs 1 MBG dürfen militärische Organe im Wachdienst - wie oben (2.3.) ausgeführt - Personen vorläufig festnehmen, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass diese Personen einen Angriff gegen militärische Rechtsgüter ausführen oder unmittelbar vorher ausgeführt haben oder dass nach ihnen wegen eines solchen Angriffs gefahndet wird. § 11 Abs 2 MBG ermächtigt - unter den Voraussetzungen des § 11 Abs 3 MBG - zur vorläufigen Festnahme von Personen zum Zweck der Vorführung vor die für das Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz zuständige Behörde, sofern die Personen bei einer Verwaltungsübertretung betreffend ein Platzverbot nach § 9 MBG oder bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 des Sperrgebietsgesetzes auf frischer Tat betreten werden. Gemäß § 11 Abs 5 MBG ist der (nach Abs 1 oder Abs 2) Festgenommene unverzüglich dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überstellen oder, wenn der Grund der Festnahme schon vorher wegfällt, freizulassen.

Eine wegen des Verdachts einer mit gerichtlicher oder finanzbehördlicher Strafe bedrohten Handlung festgenommene Person ist gemäß Art 4 Abs 2 bzw. Abs 4 PersFrBVG ohne unnötigen Aufschub dem zuständigen Gericht bzw. der zuständigen Finanzstrafbehörde zu übergeben oder freizulassen, sobald sich ergibt, dass kein Grund zu ihrer weiteren Anhaltung vorhanden ist. Art 4 Abs 5 PersFrBVG sieht vor, dass ein zum Zweck seiner Vorführung vor die zuständige Behörde wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung Festgenommener unverzüglich der zuständigen Behörde zu übergeben ist, sofern der Grund für die Festnahme nicht schon vorher wegfällt.

Die in § 11 Abs 5 MBG vorgesehene Übergabe des Festgenommenen an ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes bewirkt nun gegenüber dieser unverzüglichen Übergabe an das zuständige Gericht bzw. die zuständige Verwaltungsbehörde eine nicht gerechtfertigte Verzögerung. Der Verfassungsgerichtshof vermag das Argument der Bundesregierung nicht nachzuvollziehen, dass die Übergabe an das nächste Sicherheitsorgan (insgesamt) generell eine raschere Überstellung an das zuständige Gericht bzw. die zuständige Verwaltungsbehörde sicherstelle als die "Organisation eines militärischen Transportes". Überdies bleibt es den militärischen Organen unbenommen, im Einzelfall die Sicherheitsbehörden im Wege der Amtshilfe (Art22 B-VG) um die Überstellung des Festgenommenen an das zuständige Gericht bzw. die zuständige Verwaltungsbehörde zu ersuchen.

Dazu kommt aber auch, dass im Militärbefugnisgesetz keinerlei Regelungen vorgesehen sind, wie das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit dem ihm übergebenen Festgenommenen zu verfahren hat. Aus dem Vorbringen der Bundesregierung, dass mit der Verpflichtung der militärischen Organe, einen Festgenommenen dem nächsten Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu übergeben, auch eine Kompetenz für dieses Organ geschaffen werde, den Festgenommenen (bloß) zu übernehmen, lässt sich diesbezüglich nichts gewinnen. Auch in den Erläuterungen zu § 11 Abs 5 MBG, denen zufolge das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes "von sich aus zu beurteilen haben [wird], ob und inwieweit die Kriterien für einen weiteren Freiheitsentzug vorliegen", wird übersehen, dass - worauf auch die Antragsteller hinweisen - hierfür eine gesetzliche Grundlage fehlt, zumal auch § 36 VStG keinen von § 35 VStG loszulösenden Inhalt hat und nur im Fall einer Festnahme nach § 35 (durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes) zur Anwendung kommt (vgl. auch VfSlg. 6102/1969).

Daraus ergibt sich, dass die Regelung des § 11 Abs 5 MBG in Widerspruch zu den Verpflichtungen des Art 4 Abs 2 und Abs 5 PersFrBVG steht und aus diesem Grund - wegen des zwischen den beiden Sätzen bestehenden untrennbaren Zusammenhanges zur Gänze - als verfassungswidrig aufzuheben ist.

4.1. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 57 Abs 3 Satz 1 MBG - wonach der Rechtsschutzbeauftragte weisungsfrei gestellt ist - führen die Antragsteller (ohne dies näher zu begründen) aus, dass die Tätigkeit des Rechtsschutzbeauftragten "eindeutig im Bereich der Hoheitsverwaltung angesiedelt" sei. Die Zulässigkeit der Ausnahme von dem durch Art 20 Abs 1 B-VG angeordneten Weisungszusammenhang zum zuständigen Bundesminister sei weder aus dem B-VG noch aus einer sonstigen Verfassungsbestimmung ersichtlich. Der Verfassungsbestimmung des Art 20 Abs 1 B-VG könne aber auch nicht durch einfaches Bundesgesetz derogiert werden. § 57 Abs 3 erster Satz MBG stehe daher in Widerspruch zu Art 20 Abs 1 B-VG.

4.2. Die Bundesregierung hält dem entgegen, dass eine Regelung im Verfassungsrang nicht erforderlich gewesen sei. Der Rechtsschutzbeauftragte "führe" nicht die Verwaltung iSd. Art 20 Abs 1 B-VG: Zur Erfüllung seiner Aufgaben stünden ihm keinerlei hoheitliche Anordnungsbefugnisse zu Gebote, sondern lediglich Mittel wie Information, Datenschutzbeschwerde und Berichterstattung an den Bundesminister. Einrichtungen, die weder zu entscheiden noch zu verfügen oder anderswie verwaltend tätig zu werden haben, seien aber nicht als mit der "Führung der Verwaltung" betraut zu qualifizieren.

Der Rechtsschutzbeauftragte sei insbesondere auch deshalb nicht in die Verwaltung integriert, weil kein "organisatorischer Einbau in den staatlichen Verwaltungsapparat" erfolgt sei. Die Tatsache, dass der Bundesminister für Landesverteidigung dem Rechtsschutzbeauftragten das zur Bewältigung seiner administrativen Tätigkeit notwendige Personal zur Verfügung zu stellen und für seine Sacherfordernisse aufzukommen hat, bedeute nicht, dass der Rechtsschutzbeauftragte als Teil der Ministerialorganisation zu sehen ist.

4.3. Die Aufgaben des Rechtsschutzbeauftragten liegen in der "Prüfung der Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr" (§57 Abs 1 MBG) bzw. der "rechtlichen Kontrolle von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr" (§57 Abs 4 MBG). Nimmt der Rechtsschutzbeauftragte wahr, dass durch eine Datenverwendung Rechte eines Betroffenen verletzt wurden, der von dieser Datenverwendung keine Kenntnis hat, so ist er befugt, den Betroffenen zu informieren oder - ohne den Betroffenen zu informieren und somit auch ohne dessen Zustimmung - eine Beschwerde an die Datenschutzkommission zu erheben (§57 Abs 6 MBG). Zur Erfüllung seiner Aufgaben sind ihm (mit gewissen Einschränkungen) Einsicht in alle erforderlichen Unterlagen zu gewähren und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen; Amtsverschwiegenheit kann ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden (§57 Abs 4 MBG). Mit Blick auf diese Aufgaben und Befugnisse ist aber von einem hoheitlichen Tätigwerden des Rechtsschutzbeauftragten auszugehen, zumal eine effiziente Wahrnehmung dieser Aufgaben anders kaum möglich erscheint (vgl. auch Jabloner, Verfassungsrechtliche Probleme um die Rechtsschutzbeauftragten, in: FS Herbert Steininger [2003] 23 ff.).

Dazu kommt, dass der Rechtsschutzbeauftragte aber auch als Verwaltungsorgan im organisatorischen Sinn zu qualifizieren ist; er wird vom Bundesminister für Landesverteidigung bestellt (§57 Abs 1), dieser hat ihm das zur Bewältigung seiner administrativen Tätigkeit notwendige Personal zur Verfügung zu stellen, für seine Sacherfordernisse aufzukommen und zur Bemessung der ihm für die Erfüllung seiner Aufgaben zustehenden Entschädigung durch Verordnung Pauschalsätze festzusetzen (§57 Abs 3). Der Rechtsschutzbeauftragte unterliegt auch der Amtsverschwiegenheit, seine Berichte werden dem Bundesminister für Landesverteidigung vorgelegt, der selbst diese Berichte an den Nationalrat weiterleitet.

4.4. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der einfachgesetzlichen Weisungsfreistellung des Rechtsschutzbeauftragten ist eine Gesamtbetrachtung seiner Rolle und seiner Aufgaben voranzustellen; seine zentrale Aufgabe ist es nämlich - der Materie entsprechend quasi stellvertretend für die von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr Betroffenen -, als Organ mit spezifischer Zuständigkeit über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu wachen. Beim Rechtsschutzbeauftragten handelt es sich also um eine Rechtsschutzeinrichtung, die - bedenkt man die Grundrechtsnähe der diese Kontrolle auslösenden Eingriffe - darauf abzielt, im Interesse der Betroffenen das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an faktischer Effizienz des Rechtsschutzes bei Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr zu gewährleisten.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung VfSlg. 11.196/1986 bereits festgehalten hat,

"gipfelt der Sinn des rechtsstaatlichen Prinzips darin, daß alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür bietet, daß nur solche Akte in ihrer Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden."

Nun zeigt sich aber, dass eine Weisungsfreistellung der (administrativen) Rechtsschutzeinrichtungen verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. etwa die Unabhängigen Verwaltungssenate [Art129b Abs 2 B-VG], den Unabhängigen Bundesasylsenat [Art129c Abs 3 B-VG], die Kollegialbehörden gemäß Art 133 Z 4 B-VG [Art20 Abs 2 B-VG] und den Unabhängigen Finanzsenat [§6 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Unabhängigen Finanzsenat]). Nach der Intention des Gesetzgebers ist auch der Rechtsschutzbeauftragte des MBG eine - der Materie angepasste - Rechtsschutzeinrichtung im Sinne dieser Systematik. Daraus ergibt sich, dass auch er verfassungsrechtlich weisungsfrei zu stellen ist; nur so wird - formal gesehen - gewährleistet, dass er seine Rechtmäßigkeitskontrolle unabhängig von den seiner Kontrolle unterliegenden Verwaltungsorganen ausüben kann.

Die Regelung, der zufolge der Rechtsschutzbeauftragte in Ausübung seines Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden ist, die also sein Herauslösen aus der hierarchischen Verwaltungsorganisation beinhaltet, ist zwar mit Blick auf die Gewährleistung eines effizienten Rechtsschutzes konsequent, bedürfte aber schon zufolge der dargestellten verfassungsrechtlichen Systematik einer verfassungsrechtlichen Grundlage.

§ 57 Abs 3 erster Satz MBG ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

5.1.1. In Bezug auf § 22 Abs 3 Z 3, Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3 MBG machen die Antragsteller zunächst einen Verstoß gegen Art 8 EMRK geltend.

Die angefochtenen Bestimmungen ermächtigten in weitem und unpräzisem Umfang zu Eingriffen in "die informationelle Selbstbestimmung und die von Art 8 EMRK gewährleistete Kommunikationsfreiheit". Da die Eingriffe überdies geheim erfolgten, sei eine besonders gewissenhafte Abwägung in Bezug auf ihre Erforderlichkeit und Angemessenheit nötig. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordere zunächst, dass die Bestimmung der Grenzen der Verhältnismäßigkeit nicht "in Bausch und Bogen der Vollziehung überlassen" werden dürfe, vielmehr müsse der Gesetzgeber selbst "Verhältnismäßigkeitsgrenzen" bestimmen, die der Vollziehung einen Rahmen vorgeben. Weiters sei der Gesetzgeber verpflichtet, zugleich einen effektiven Kontrollmechanismus vorzusehen. Das Vorhandensein oder Fehlen eines solchen sei in die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Regelung über die Zulässigkeit geheimer Dateneingriffe einzubeziehen. Insofern sei Art 8 EMRK auch im Zusammenhalt mit der in Art 13 EMRK normierten Verbürgung wirksamer Beschwerdemöglichkeiten eines Betroffenen zu sehen. Es bedürfe einer unverzüglichen nachträglichen Information des Betroffenen von dem erfolgten Eingriff und den für den Eingriff maßgeblichen Gründen. Das MBG sehe aber weder eine nachträgliche Information des Betroffenen noch eine Verständigung des Rechtsschutzbeauftragten vor, sodass letzterer bloß auf "Zufallsfunde" angewiesen sei. Den Anforderungen eines wirksamen Rechtsschutzes entspreche "diese Regelung" nicht. Sie biete daher "insgesamt keine ausreichende Gewähr dafür, dass von den exorbitant weitreichenden Befugnissen der nachrichtendienstlichen Aufklärung zu Eingriffen in die informationelle Selbstbestimmung von Menschen nur in gesetzmäßiger Weise Gebrauch gemacht wird" und verletze daher Art 8 und Art 13 EMRK.

5.1.2. Weiters verstießen § 22 Abs 3 Z 3, Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3 MBG gegen § 1 DSG 2000. Eingriffe in das Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten seien nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Gründen notwendig sind. Die Verwendung sensibler Daten dürfe nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorgesehen werden, gleichzeitig müssten angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festgelegt werden.

Aufgrund der Zielsetzung des § 20 Abs 1 MBG sei davon auszugehen, dass die angefochtenen Bestimmungen auch zur Ermittlung sensibler Daten iSd. § 4 Z 2 DSG 2000 ermächtigen. Nach dem von § 1 Abs 2 DSG 2000 gesetzten Maßstab für die behördliche Ermittlung sensibler Daten müsste die in Betracht stehende Regelung des MBG

a) sicherstellen, dass die Datenermittlung auf Grund von Gesetzen erfolgt, was eine minimale Bestimmtheit der gesetzlichen Determinierung impliziere; b) gewährleisten, dass die Ermittlung von personenbezogenen Daten stets nur zu den in Art 8 Abs 2 EMRK aufgelisteten Zwecken erfolgt; c) dafür vorsorgen, dass eine Ermittlung sensibler Daten stets nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen geschieht; und d) angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen Betroffener bieten. Diese Voraussetzungen liegen nach Ansicht der Antragsteller nicht vor.

5.1.3. In den Regelungen des § 22 Abs 3 Z 3, Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3 MBG seien auch Verletzungen der Informationsfreiheit gemäß Art 10 EMRK und der Medienfreiheit nach Art 13 StGG zu sehen. Das MBG nehme auf die Rechte von Medienarbeitern mit keinem Wort Bezug. Zwar lasse auch Art 10 EMRK Eingriffe in das Redaktionsgeheimnis und in den journalistischen Quellenschutz in dem Umfang zu, in dem solche Eingriffe in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit hingenommen werden müssen. Der Gesetzgeber hätte diesen Umfang jedoch bestimmen müssen. Auch sei aufgrund der mangelnden wenigstens nachträglichen Verständigung der Betroffenen und der mangelnden obligatorischen Befassung des Rechtsschutzbeauftragten nicht gewährleistet, dass "die Vollziehungspraxis um eine Bedachtnahme auf verfassungsgesetzlich gebotene Abwägungen bemüht sein wird".

5.2.1. Die Bundesregierung führt aus, dass § 22 MBG präzis nur zu jenen Befugnissen ermächtige, die zur Erfüllung der Aufgabe nach § 20 Abs 1 MBG erforderlich sind; zusätzlich präzisiere § 22 abgestuft den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz insofern, als bei den die nachrichtendienstliche Aufklärung betreffenden Befugnissen die jeweils gravierenderen explizit an striktere Bedingungen gebunden seien (§22 Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3).

Zur behaupteten Verletzung des Datenschutzrechts ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Voraussetzungen des Art 8 Abs 2 EMRK zweifellos gegeben seien. Die Behauptung, der Gesetzgeber habe zu wenig unternommen, um die von der Verfassung gebotene Restriktion auf die Erfordernisse der nationalen Sicherheit zu gewährleisten, entbehre angesichts der klaren Determinierungen im Militärbefugnisgesetz jeder Grundlage. Die Antragsteller würden übersehen, dass die Nachrichtendienste bei Wahrnehmung ihrer im MBG eingeräumten Befugnisse nicht nur an die in diesem Gesetz gesetzten Schranken, sondern auch an die Regelungen des DSG 2000 gebunden seien; dies gelte insbesondere auch für den Schutz des Geheimhaltungsinteresses sensibler und nicht-sensibler Daten nach den §§6 ff. DSG 2000. Im Übrigen werde auf die entsprechenden Ausnahmebestimmungen des DSG 2000 hinsichtlich "gesetzlich übertragener Aufgaben", der "Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres" sowie der "Sicherstellung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung" verwiesen (insbesondere § 8 Abs 3, § 12 Abs 3, § 17 Abs 3, § 26 Abs 2 DSG 2000).

Hinsichtlich der "angemessenen Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen" nach § 1 Abs 2 vorletzter Satz DSG 2000 werde auf die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit nach Art 20 Abs 3 B-VG, § 46 BDG 1979, § 5 VBG 1948 sowie die Verschwiegenheitspflicht nach § 11 Abs 2 WG 2001 ebenso verwiesen wie auf die entsprechenden strafrechtlichen Schutznormen (zB § 310 StGB) und die einschlägigen Disziplinarbestimmungen nach dem BDG 1979 und dem Heeresdisziplinarrecht.

5.2.2. Zum behaupteten Verstoß gegen Art 10 EMRK hält die Bundesregierung fest, dass die Befugnis bestimmter militärischer Organe und Dienststellen zur Observation nach § 22 Abs 3 MBG, zur verdeckten Ermittlung nach § 22 Abs 4 MBG und zur Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten nach § 22 Abs 5 MBG das Recht zur Verweigerung der Beantwortung bestimmter Fragen keinesfalls einschränke, da das Militärbefugnisgesetz keinerlei Verpflichtung zur Beantwortung von Fragen jeglicher Art normiere. Damit werde auch der Schutz journalistischer Quellen im Sinne des § 31 MedienG vollinhaltlich aufrechterhalten.

Weiters sei durch das Reorganisationsbegleitgesetz (REORGBG), BGBl. I Nr. 103/2002, im Militärbefugnisgesetz ein § 25 Abs 1a geschaffen worden, dem zufolge eine Datenübermittlung an andere als militärische Dienststellen jedenfalls unzulässig ist, sofern für die übermittelnde Stelle Hinweise bestehen, dass hiedurch der Schutz des Redaktionsgeheimnisses nach § 31 Abs 1 MedienG umgangen würde, oder durch ein Bekanntwerden der Daten die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Personen gefährdet würde. Dadurch werde eine optimale Absicherung des Redaktionsgeheimnisses bewirkt und der besonderen Bedeutung der Medien für eine demokratische Gesellschaft Rechnung getragen. Aber auch innerhalb des militärischen Bereiches sei ein schrankenloses Übermitteln von Daten unzulässig, weil für eine solche Übermittlung § 7 Abs 2 DSG 2000 anzuwenden sei.

Das Abhören des Fernmeldeverkehrs sei militärischen Organen - entgegen der Behauptung auf Seite 45 des Antrags - insofern ausdrücklich untersagt, als § 22 Abs 5 letzter Satz MBG normiere, dass das Fernmeldegeheimnis unberührt bleibt. Im Übrigen sei der Gesetzgeber - insbesondere vor dem Hintergrund des Legalitätsprinzips des Art 18 Abs 1 B-VG - im gesamten Militärbefugnisgesetz davon ausgegangen, dass militärischen Organen nur jene Befugnisse zukommen, die ihnen ausdrücklich gesetzlich zugewiesen sind. Überdies könne auch eine (speziell im Lichte des Art 10a StGG) verfassungskonforme Interpretation des § 22 MBG nur zum Ergebnis gelangen, dass auf Grund des Fehlens jeglicher ausdrücklicher Abhörermächtigung derartige Eingriffe eben ausnahmslos nicht zulässig sind.

5.3. § 22 Abs 3 Z 3 MBG regelt, dass die Datenermittlung durch Beobachten (Observation) für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung zulässig ist; Abs 4 Z 3 schafft die gesetzliche Grundlage zur Datenermittlung durch Einholen von Auskünften ohne entsprechende Hinweise (verdeckte Ermittlung) für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung; Abs 5 Z 3 schließlich regelt die Datenermittlung mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten für Zwecke der nachrichtendienstlichen Aufklärung.

Gemäß § 20 Abs 1 MBG dient die nachrichtendienstliche Aufklärung "der Beschaffung, Bearbeitung, Auswertung und Darstellung von Informationen über das Ausland oder über internationale Organisationen oder sonstige zwischenstaatliche Einrichtungen betreffend militärische und damit im Zusammenhang stehende sonstige Tatsachen, Vorgänge und Vorhaben".

Die Erläuterungen führen zu § 22 MBG aus:

"Das Ermitteln personenbezogener Daten durch Observation soll nach Abs 3 lediglich dann erlaubt sein, wenn eine der taxativ gefassten Voraussetzungen der Z 1 bis 3 vorliegt. Zur Vermeidung von Unklarheiten und Zweifelsfragen soll in der Z 1 im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität eines militärischen Einschreitens gegenüber einem Tätigwerden von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Abwehr vorsätzlicher Angriffe gegen militärische Rechtsgüter (vgl. § 2 Abs 2 des vorliegenden Entwurfes sowie die diesbezüglichen Erläuterungen) ausdrücklich vorgesehen werden, dass dieser Grundsatz auch bei der Observation uneingeschränkt zum Tragen kommen wird. Hinsichtlich der Datenermittlung durch 'Beobachten' ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Maßnahme ein bewusstes, systematisches Tätigwerden staatlicher Organe mit dem ausdrücklichen Ziel einer Eruierung spezifischer personenbezogener Daten verlangt. Im Falle bloß zufälliger Beobachtungen oder einer (durchaus auch gezielten) Erhebung nicht-personenbezogener Daten wird daher keine 'Observation' im gegenständlichen Sinne vorliegen.

Im Abs 4 soll den in Rede stehenden militärischen Organen und Dienststellen, ebenso wie den Sicherheitsbehörden nach § 54 Abs 3 SPG, beim Vorliegen bestimmter für die militärische Landesverteidigung besonders gefährlicher Tatbestandsvoraussetzungen (Z1 bis 3) das Recht zur sog. 'verdeckten Ermittlung' eingeräumt werden. Darunter ist das Ermitteln personenbezogener Daten durch das Einholen von Auskünften ohne Hinweis auf den amtlichen Charakter der Ermittlung und die Freiwilligkeit der Mitwirkung zu verstehen. Auch die verdeckte Ermittlung soll im Fall der Z 1 unter dem Grundsatz der Subsidiarität eines militärischen Einschreitens im Sinne des § 2 Abs 1 des vorliegenden Entwurfes stehen.

Nach Abs 5 soll die Ermittlung personenbezogener Daten durch den Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten ebenfalls ausschließlich auf die in den Z 1 bis 3 taxativ angeführten Fälle beschränkt sein. Auch hier soll in der Z 1 der Grundsatz der Subsidiarität normiert werden. Der Einsatz von Bild- und Tonübertragungsgeräten ist, sofern im Anschluss an die Übertragung keine Aufzeichnung erfolgt, immer dann erlaubt, wenn die Ermittlung personenbezogener Daten zulässig ist. Es handelt sich hiebei nämlich lediglich um ein Hilfsmittel direkter Überwachung. Unter den Voraussetzungen des Abs 4 dürfen im Rahmen der verdeckten Ermittlung auch Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte eingesetzt und die auf diesem Wege ermittelten Daten aufgezeichnet werden. Die Anwendbarkeit des verfassungsrechtlich verankerten Fernmeldegeheimnisses (Art10a des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. Nr. 142/1867) soll jedoch uneingeschränkt aufrecht bleiben. Bei jeglichem Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten wird besonders darauf zu achten sein, dass Eingriffe in die Privatsphäre der Betroffenen die Verhältnismäßigkeit zum Anlass wahren. Dabei wird insbesondere darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in die Rechte unbeteiligter Dritter steht, und zu prüfen sein, ob nicht auch mit weniger eingreifenden Maßnahmen begründete Aussicht auf den angestrebten Erfolg besteht."

Es steht sohin - auch aus der Sicht des Gesetzgebers - außer Zweifel, dass durch die angefochtenen Bestimmungen die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden sollte, militärischen Organen und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung (und Abwehr) betraut sind, auf die beschriebene Weise die Ermittlung auch sensibler Daten zu ermöglichen. Es scheint unzweifelhaft, dass mit der Wahrnehmung dieser "Aufklärungsarbeit" im Dienste der Landesverteidigung Eingriffe in das durch Art 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens zwangsläufig verbunden sind.

Wie bereits unter Punkt 4.3. dargestellt, können die von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr Betroffenen in der Regel mangels Kenntnis nicht von sich aus Rechtsschutzmechanismen in Anspruch nehmen; der Gesetzgeber hat dafür vielmehr einen Rechtsschutzbeauftragten vorgesehen. Da den militärischen Organen durch die bekämpften Bestimmungen ein weites Ermessen eingeräumt ist, kommt in diesem Zusammenhang der Frage des effizienten Rechtsschutzes eine besondere Bedeutung zu; der Gesetzgeber muss gegen den allfälligen verfassungswidrigen Gebrauch dieser Ermächtigungen und gegen mögliche Willkür Rechtsschutzmechanismen vorsehen (vgl. EGMR Malone, EuGRZ 1985, 17; Olsson, EuGRZ 1988, 591; Cremieux, ÖJZ 1993, 534; sämtliche zu Art 8 EMRK; s. weiters EGMR Silver, EuGRZ 1984, 147, zu Art 13 EMRK).

Die Einrichtung des - nicht verfassungsrechtlich weisungsfrei gestellten - Rechtsschutzbeauftragten, dem derzeit der Bundesminister für Landesverteidigung gemäß § 22 Abs 8 MBG nur dann Gelegenheit zur Äußerung zu einer Datenermittlung geben muss (wodurch der Rechtsschutzbeauftragte nach dieser Regelung erst Kenntnis von der Datenermittlung erlangt), wenn er für diese Ermittlung (zuvor!) ein entsprechendes Verlangen gestellt hat, ist jedoch - in der derzeitigen Ausgestaltung - nicht geeignet, als rechtlich wie auch faktisch wirksame Rechtsschutzeinrichtung betrachtet zu werden, da sie den aus Art 8 iVm Art 13 EMRK erfließenden Verpflichtungen nicht entspricht.

Schon aus diesem Grund sind die Ermächtigungen des § 22 Abs 3 Z 3, Abs 4 Z 3 und Abs 5 Z 3 MBG als verfassungswidrig aufzuheben.

IV. 1. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmungen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.

2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung beruht auf Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG.