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VfGH vom 17.10.1998, G362/97

VfGH vom 17.10.1998, G362/97

Sammlungsnummer

15319

Leitsatz

Keine Verletzung des Vertrauensschutzes durch rückwirkende Inkraftsetzung einer Novelle zum Nö KAG 1974 betreffend Vereinbarungen zwischen den Rechtsträgern von Krankenanstalten und den Spitalsärzten bezüglich der Honoraranteile der Ärzte an den von der BVA und der VAE (Eisenbahner) geleisteten Sondergebühren;

sachliche Rechtfertigung aufgrund geänderter Rechtsprechung;

fragliche Entgelte keine ärztlichen Honorare im Sinne des Nö Krankenanstaltengesetzes; Annahme eines dienstrechtlichen Anspruchs aufgrund des Gebots verfassungskonformer Interpretation ausgeschlossen

Spruch

Die Anträge werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Beschluß vom , A107/96 (95/12/0321), stellt der Verwaltungsgerichtshof gestützt auf Art 140 Abs 1 B-VG den - zu G4/97 protokollierten - Antrag auf Aufhebung des ArtII und ArtIII Abs 2 der Novelle zum Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetz, LGBl. für Niederösterreich 9440-9, als verfassungswidrig.

1.2. Die 8. Novelle zum Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetz 1974 (im folgenden: NÖ KAG), LGBl. für das Land Niederösterreich 9440-9, lautet wie folgt:

"Artikel I

...

Artikel II

Bis zum Inkrafttreten des Artikel I gilt folgendes:

Wurden Vereinbarungen abgeschlossen

zwischen

dem Land Niederösterreich, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband als Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt und den in einem öffentlich-rechtlichen oder dienstvertragsrechtlichen Dienstverhältnis stehenden und zur Honorarvereinbarung berechtigten Ärzten (§49 Abs 5)

über

die Anteile dieser Ärzte bzw. der nachgeordneten Ärzte an den von der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten und der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen für ihre Versicherten an die Rechtsträger geleisteten Zahlungen, so bestimmen diese Vereinbarungen den besoldungsrechtlichen Anspruch der genannten Ärzte gegenüber den genannten Rechtsträgern.

Artikel III

(1) Die Bestimmungen des Artikels I treten rückwirkend mit in Kraft.

(2) Die Bestimmungen des Artikels II treten rückwirkend mit in Kraft."

1.3.1. Zum Sachverhalt führt der Verwaltungsgerichtshof aus, daß der Beschwerdeführer des Anlaßverfahrens Primarius einer Abteilung am AÖ Krankenhaus Krems an der Donau sei und in einem vffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Krems stehe. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/12/0279, habe er am einen "Nachzahlungs/Liquidierungsantrag" an den Magistrat der Stadt Krems gestellt und die Nachzahlung des Differenzbetrages begehrt, der sich aus dem gesetzlichen Anspruch und den tatsächlich zur Auszahlung gebrachten ärztlichen Honoraren ergebe. Mit dem nach Übergang der Entscheidungspflicht vom Stadtsenat erlassenen, beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid sei der Antrag des Beschwerdeführers gemäß ArtII iVm ArtIII Abs 2 der 8. Novelle zum NÖ KAG, LGBl. 9440-9, als unbegründet abgewiesen worden.

Diese Entscheidung sei damit begründet worden, daß der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen seit seiner Bestellung zum Leiter der Abteilung für Orthopädie zusätzlich zu seinen Bezügen an den von der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (BVA) und der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen (VAE) geleisteten Sondergebühren für seine Mitwirkung an der Behandlung dieser in die Sonderklasse aufgenommenen Patienten einen bestimmten Prozentsatz, nämlich rund 60 % (nach Abzug des Sachaufwandersatzes) erhalte, wobei ihm dieser Anteil an den Sondergebühren jeweils mit den Monatsbezügen im Gehaltsweg ausbezahlt worden sei. Durch diese jahrelang dauernde Praxis sei in rechtlicher Hinsicht ein "konkludierter Vertrag" begründet worden. Mit seinem Antrag vom habe der Beschwerdeführer die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen seiner prozentuellen Beteiligung und den an den Rechtsträger von den beiden erwähnten Sozialversicherungsträgern geleisteten Sondergebühren in der Annahme begehrt, daß ihm diese Sondergebühren als ärztliches Honorar zur Gänze zustünden und nur der Abzug der Einhebungsvergütung von 2,5 % der Gesamtsumme zulässig wäre. Der Niederösterreichische Landtag habe jedoch die am im LGBl. 9440-9 kundgemachte Novelle zum NÖ KAG beschlossen. Der Anspruch des Beschwerdeführers sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil er zu Lasten des sogenannten "Hausrücklasses" gehe und die medizinischen Leistungen der Ärzte für BVA- und VAE-Patienten überhaupt erst dadurch möglich würden, daß vom Rechtsträger die gesamte Infrastruktur bereitgestellt werde.

Gegen diesen Bescheid sei Beschwerde erhoben worden. Bei der im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes der Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Leistung der ihm nach dem NÖ KAG zustehenden ärztlichen Gebühren vorzunehmenden Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides habe der Verwaltungsgerichtshof die angefochtenen Vorschriften, die aufgrund der Rückwirkung für den in Frage stehenden Nachzahlungszeitraum gelten, anzuwenden.

1.3.2. Seine Bedenken gegen die angefochtenen Vorschriften legt der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen wie folgt dar: Er gehe (vor dem Hintergrund seiner Erkenntnisse vom , 92/12/0115, und vom , 93/12/0279) davon aus, daß es sich bei dem strittigen Anspruch um die Abgeltung von Leistungen im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gehandelt habe. Es sei daher für den besoldungsrechtlichen Anspruch maßgebend, ob die im Gesetz enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt seien oder nicht. Mit den angefochtenen Bestimmungen werde letztlich eine rückwirkende Sanierung eines rechtswidrigen Zustandes versucht:

Die im ArtII angesprochenen, privatrechtlich abgeschlossenen Vereinbarungen hätten im Rahmen des öffentlichen Dienstrechtes gegen zwingendes Recht, nämlich die Regelungen im § 45 NÖ KAG über die Aufteilung der ärztlichen Honorare idF vor der

8. NÖ KAG-Novelle verstoßen und wären daher gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig gewesen. Nach § 45 Abs 2 ff. NÖ KAG idF vor der

8. NÖ KAG-Novelle hätten nämlich die im § 49 Abs 5 des genannten Gesetzes umschriebenen Ärzte das Recht gehabt, jenen Teil der in Frage stehenden Sondergebühren für BVA- und VAE-Versicherte, der nicht als Zuschlag zur Pflegegebühr (§45 Abs 1 lita NÖ KAG) oder für Leistungen der Krankenanstalt nach litc oder litd der genannten Bestimmung angefallen sei, als ärztliches Honorar (litb der genannten Bestimmung) nur um die gesetzlich vorgesehene Einhebungsvergütung von 2,5 vH verkürzt zu erhalten. Für die Einhebung eines "Hausanteiles" von 40 % von diesen ärztlichen Honoraranteilen habe es im NÖ KAG in der vorhergenannten Fassung an jeglicher Rechtsgrundlage gemangelt. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte besoldungsrechtliche Anspruch wäre demgemäß, bei Entscheidung vor der Kundmachung der

8. NÖ KAG-Novelle auf Grundlage der damaligen Rechtslage im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich nach der Regelung über die Aufteilung des ärztlichen Honoraranteiles an den Sondergebühren im § 45 NÖ KAG (alte Fassung) zu prüfen gewesen.

Durch die angefochtenen Bestimmungen der 8. NÖ KAG-Novelle werde bewirkt, daß (nach den obigen Darlegungen) nichtige privatrechtliche Vereinbarungen mit dem im ArtII genannten Inhalt, die zwischen dem (ArtII Abs 2) und dem (ArtII Einleitungssatz in Verbindung mit ArtIII Abs 1) abgeschlossen worden seien, Rechtswirksamkeit erlangten. Eine solche rückwirkende Änderung der Rechtslage stelle aber einen gravierenden Eingriff in bestehende Rechte der betroffenen Ärzte dar. Sie sei als "Versuch der Verhinderung der Realisierung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für gleichgelagerte Fälle zu werten" und bewirke überdies eine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung von den vor der

8. NÖ KAG-Novelle entschiedenen Fällen. Weiters sei nicht auszuschließen, daß derartige - wenn auch rechtswidrige - Vereinbarungen mit deutlich unterschiedlichem Inhalt bestehen und diese - entgegen der seinerzeit geltenden Rechtslage - durch die angefochtenen Bestimmungen der 8. NÖ KAG-Novelle sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Ansprüche begründen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sei keine sachliche Rechtfertigung für diesen rückwirkenden, schwerwiegenden Eingriff, der - wie bereits ausgeführt - auch nicht dem Gedanken der sachlichen Gleichbehandlung dem Kern nach gleicher Fälle diene, erkennbar. Eine sachliche Rechtfertigung sei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - verwiesen wird auf VfSlg. 11665/1988 - auch nicht darin zu finden, daß dadurch den Rechtsträgern der Krankenanstalten erhebliche Nachzahlungen an Primarärzte erspart werden sollen.

Darüber hinaus sei - im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Berechtigung der Einhebung von Sonderklassegebühren, nach der ein spezifischer Mehraufwand vom Anstaltsträger nur für die Unterbringung und die Verpflegung von Sonderklasse-Patienten geltend gemacht werden dürfe (VfSlg. 14094/1995) - eine sachliche Rechtfertigung für den Versuch, mit den angefochtenen Bestimmungen weitere Einnahmen aus einem höheren Prozentanteil an den Arztgebühren zu erzielen, nicht ersichtlich. Da die Höhe der Arztgebühren primär von der Schwierigkeit der medizinischen Leistung abhängig sei, bedeute die Einbehaltung eines "Hausrücklasses" vom Arzthonorar - ungeachtet der Inanspruchnahme von Zuschlägen zur Pflegegebühr für Sonderklasse-Patienten nach § 45 Abs 1 lita NÖ KAG -, daß dem Anstaltsträger aus dem Titel "Hausrücklaß" mehr Mittel zuflössen, als nach § 45 Abs 1 NÖ KAG vorgesehen sei; weiters, daß die Höhe des Hausrücklasses mit der Höhe des ärztlichen Honorars ansteige, ohne daß dadurch die Kosten für die Verpflegung und die Unterbringung - was allein für die Höhe des dem Anstaltsträger zustehenden Anteils an Sondergebühren, abgesehen von den Leistungen nach litc und d der genannten Bestimmung, maßgebend sein dürfe - in gleicher Weise stiegen.

Aus diesen Gründen erachte der Verwaltungsgerichtshof die bekämpften Regelungen als mehrfach im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz stehend und stelle daher an den Verfassungsgerichtshof den im Spruch formulierten Antrag.

1.4. Die Niederösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes entgegentritt und den Antrag stellt, die angefochtenen Vorschriften nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Sie begründet ihre Auffassung - auf das Wesentliche zusammengefaßt - wie folgt:

§ 57 NÖ KAG 1974 idF vor der NÖ KAG-Novelle LGBl. 9440-9 habe in seinem Abs 2 lita keine ärztlichen Honorare iSd vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung herangezogenen

§45 Abs 1 litb und Abs 2 NÖ KAG geregelt. Sowohl in der Überschrift des § 45 als auch im Einleitungssatz des § 45 Abs 1 NÖ KAG werde zwischen Sondergebühren und ärztlichen Honoraren unterschieden. Auch § 47 Abs 1 leg. cit. unterscheide zwischen der Pflegegebühren-Rechnung und der Rechnung über das ärztliche Honorar. Ebenso unterscheide § 48 NÖ KAG bei der Regelung der Vollstreckung entsprechend den grundsatzgesetzlichen Vorgaben (§30 Abs 3 KAG) eindeutig zwischen der Einbringung von Pflege- und Sondergebühren in seinem Abs 1 und der Einbringung von ärztlichen Honoraren in seinem Abs 4, welche von den zur Honorarvereinbarung berechtigten Ärzten selbst einzufordern seien.

Weitere Differenzierungen seien in den §§49 und 51 enthalten. Lediglich § 53 Abs 2 leg. cit. sei mißverständlich formuliert, stelle jedoch durch die Verweisung auf die §§46 bis 48 klar, daß auch nach dieser Bestimmung zwischen Sondergebühren und ärztlichem Honorar differenziert werden müsse. Zudem spreche auch der maßgebliche § 57 Abs 2 lita idF vor der NÖ KAG-Novelle LGBl. 9440-9 von "Sondergebühren nach § 45 Abs 1" und stelle durch diesen Verweis auf § 45 Abs 1 klar, daß auch in dieser Bestimmung der Systematik des NÖ KAG folgend die begriffliche Trennung von "Sondergebühren" und "ärztlichem Honorar" andererseits fortgesetzt werde. In § 57 Abs 2 lita sei daher nur der erstere Rechtsbegriff, nämlich "Sondergebühren" nach § 45 Abs 1 lita, c, d und e enthalten.

Auch die historische Interpretation komme zu diesem Ergebnis:

§45 Abs 2 NÖ KAG 1968 habe zu den Sondergebühren auch das ärztliche Honorar gezählt. Nach der Aufhebung dieser Vorschrift durch den Verfassungsgerichtshof mit Erk. VfSlg. 7285/1974 sei der Einleitungssatz des § 45 Abs 2 NÖ KAG im Sinne einer begrifflichen Trennung der Sondergebühren einerseits und des ärztlichen Honorars andererseits neu gestaltet worden.

Dazu komme, daß, wie der Verfassungsgerichtshof im Erk. VfSlg. 14373/1995 festgestellt habe, im grundsatzgesetzfreien Raum des § 27 Abs 4 lita KAG ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen der Krankenanstalt und den Patienten der Sonderklasse erfaßt werden. Die Einhebung von Sondergebühren gemäß § 27 Abs 4 lita KAG sei daher nur vom Rechtsträger der Krankenanstalt gegenüber dem Patienten möglich. Außerdem seien Pflegegebühren und allfällige Sondergebühren gemäß § 28 Abs 1 KAG vom Rechtsträger der Krankenanstalt kostendeckend zu ermitteln und sodann im Landesgesetzblatt kundzumachen. Diese Forderungen des Grundsatzgesetzes seien bei einer Vereinbarung zwischen Arzt und Patient wie sie § 45 Abs 2 und § 49 Abs 5 NÖ KAG jedoch begrifflich voraussetzen, nicht zu erfüllen. Es sei daher verfassungs- und grundsatzgesetzkonform zu sagen, daß die ärztlichen Honorare iSd § 45 NÖ KAG keine Sondergebühren im Sinne des § 27 Abs 4 KAG sein können. Dem entspreche die Kundmachung der NÖ Krankenanstaltengebühren, LGBl. 9440/1, in der zwar Zuschläge nach § 45 Abs 1 lita und Behandlungsgebühren nach § 45 Abs 1 litd NÖ KAG enthalten seien, jedoch keine ärztlichen Honorare gemäß § 45 Abs 1 litb leg. cit. Da die ärztlichen Honorare iSd § 45 Abs 1 NÖ KAG grundsatzgesetzkonform nicht als Sondergebühr gemäß § 27 Abs 4 KAG zu verstehen seien, könne man dem § 57 NÖ KAG nicht unterstellen, er würde entgegen den grundsatzgesetzlichen Vorgaben und abweichend von der begrifflichen Trennung im NÖ KAG auch ärztliche Honorare erfassen.

Der Verfassungsgerichtshof habe im Erk. VfSlg. 14094/1995 festgestellt, daß sich die zulässigen Unterschiede zwischen der allgemeinen Gebührenklasse und der Sonderklasse nach dem KAG in einer besseren Verpflegung und Unterbringung der Patienten der Sonderklasse erschöpfen, daß sonstige Unterschiede in der Anstaltspflege von Patienten vom KAG als Grundsatzgesetz aber nicht vorgesehen werden. Insbesondere dürfe eine bessere medizinische Betreuung nicht Gegenleistung in der Sonderklasse sein. Vielmehr könne lediglich eine persönliche Betreuung durch einen bestimmten Arzt als Gegenleistung erfolgen, wie dies zB § 46 KAG ausdrücklich festhalte. Nach diesem Befund erscheine es sinnwidrig, daß ein Rechtsträger einer Krankenanstalt mit einem Sozialversicherungsträger eine persönliche Betreuung durch einen bestimmten Arzt gemäß § 57 NÖ KAG vereinbaren solle. Vielmehr werde - wie der Verfassungsgerichtshof im Erk. VfSlg. 14373/1995 bereits festgestellt habe - der Arzt vor Abschluß der privatrechtlichen Vereinbarung selbst zu erwägen haben, ob er ohne Beeinträchtigung der ihm krankenanstaltenrechtlich obliegenden Aufgaben eine persönliche Betreuung von Patienten wahrnehmen könne.

Die Niederösterreichische Landesregierung führt weiters aus, daß die im § 57 NÖ KAG geregelten privatrechtlichen Verträge zwischen den Rechtsträgern der Krankenanstalten einerseits und den Sozialversicherungsträgern andererseits, nicht jedoch zwischen den gemäß § 49 Abs 5 NÖ KAG zur Honorarvereinbarung berechtigten Ärzten und Patienten bzw. den für diese Zahlungspflichtigen abgeschlossen worden seien. Das ärztliche Honorar gemäß § 45 Abs 1 und 2 NÖ KAG setze jedoch begrifflich eine derartige Vereinbarung zwischen berechtigtem Arzt und Patienten (Zahlungspflichtigen) voraus. Aus § 45 Abs 2 NÖ KAG ergebe sich, daß die Anstalt das ärztliche Honorar im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben habe, die gemäß § 49 Abs 5 berechtigt seien, ein solches zu verlangen. Nach § 48 Abs 4 zweiter Satz leg. cit. seien die rückständigen ärztlichen Honorare von den zur Honorarvereinbarung berechtigten Ärzten selbst einzufordern. Aus § 49 Abs 5 NÖ KAG ergebe sich wiederum, daß das ärztliche Honorar vom verantwortlichen leitenden Arzt der Abteilung (Institutsvorstand) mit den betroffenen Patienten (§45 Abs 1 litb) oder mit dem für ihn Zahlungspflichtigen vereinbart werde. Aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen ergebe sich, daß das ärztliche Honorar auf einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen behandelndem Arzt und Patienten beruhe, sodaß die Grundlage für Honorarforderungen eines Arztes gemäß § 45 Abs 2 NÖ KAG nur eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Arzt und Patient sein könne.

Zu diesem Ergebnis gelange man auch im Wege einer historischen Interpretation. Wie sich aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 45 NÖ KAG ergebe, habe der Gesetzgeber im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 7285/1974 und die grundsatzgesetzlichen Bestimmungen des § 27 Abs 4 lita und b KAG die bisherigen Regelungen im Zusammenhang mit der Festsetzung, Aufteilung und Auszahlung der ärztlichen Honorare neu konzipiert. Demnach sei es die Zielsetzung der Neuregelungen gewesen, die Festlegung des ärztlichen Honorars bei Patienten der Sonderklasse und bei der ambulatorischen Behandlung der freien Vereinbarung der jeweiligen Abteilungsleiter mit dem Patienten zu überlassen, wobei die Anstalt lediglich die Einhebung im Namen und auf Rechnung der Ärzte vornehme. Dadurch werde diese Angelegenheit zwar zu einer solchen des Zivilrechtes, doch seien die Länder gemäß Art 15 Abs 9 B-VG im Bereich ihrer Gesetzgebung befugt, solche Bestimmungen zu erlassen. Dies zeige, daß die Neufassung des § 45 Abs 2 NÖ KAG lediglich eine Einhebungsregelung enthalte, die an ein privatrechtliches Rechtsverhältnis des Arztes zu seinen Patienten anknüpfe.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sei es nicht mehr möglich, Rechtsbeziehungen zwischen Ärzten und Patienten der Sonderklasse auf die Ausführungskompetenz nach Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG zu stützen. Vielmehr sei es erforderlich, die Kompetenz zur Regelung der erforderlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Zivilrechts gemäß Art 15 Abs 9 B-VG heranzuziehen. Wenn nun der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom aus § 45 NÖ KAG bei isolierter Betrachtung einen besoldungsrechtlichen Anspruch ableite, so gehe er davon aus, daß diese Vorschrift einen Leistungsaustausch zum Inhalt habe. In konsequenter Fortführung dieser Deutung hätte der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Komplexität der Regelung vor dem Hintergrund des Erk. VfSlg. 7285/1974 jedoch zum Ergebnis kommen müssen, daß die Regelung als Ganze verfassungswidrig sei. Das könne jedoch nicht das Ergebnis einer verfassungskonformen Interpretation sein. § 45 NÖ KAG könne der vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Inhalt schon deshalb nicht unterstellt werden, weil diese Bestimmung bewußt als verfassungskonform in Neuregelung dieser Bestimmung nach der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof gedacht war. Die ärztlichen Honorare seien daher nicht als Sondergebühren gemäß § 27 Abs 4 KAG und als Entgelte für Leistungen dienstrechtlicher Art zu beurteilen, sondern als Entgelte aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen zwischen Arzt und Patient aufgrund der Kompetenz des Art 15 Abs 9 B-VG.

Aus diesen Gründen hätten auch die Vereinbarungen der BVA bzw. VAE mit den Rechtsträgern der NÖ AÖ Krankenanstalten keine ärztlichen Honorare iSd § 45 Abs 1 und 2 NÖ KAG geregelt und deshalb hätten auch die Zahlungen der genannten Sozialversicherungsträger an die Rechtsträger der Krankenanstalten keine ärztlichen Honorare enthalten. Dieser Befund entspreche den Vorgaben des § 57 NÖ KAG, dem aus den Zusatzübereinkommen erkennbaren Willen der Vertragspartner BVA und VAE einerseits und der Rechtsträger der Krankenanstalten andererseits sowie letztlich dem Verständnis der betroffenen Rechtsträger und Ärzte, wie die langjährige unbeanstandete Verwaltungspraxis erkennen lasse. ArtIII Abs 7 des Zusatzübereinkommens zwischen den Rechtsträgern der Krankenanstalten und der BVA normiere eindeutig, daß durch die Vereinbarung der Höhe der Sondergebühren nach § 45 Abs 1 lita und b NÖ KAG (Abs1 und 2) der Entscheidung des Anstaltsträgers, welche Beträge als ärztliches Honorar im Sinne des § 45 Abs 1 litb anzusehen seien, nicht vorgegriffen werde. Auch übernehme die Vereinbarung den Begriff der "Sondergebühren" aus dem NÖ KAG und sehe in ihrem ArtII Abs 1 eine Abrechnung zusammen mit den Pflegegebührenersätzen der allgemeinen Gebührenklasse vor. Auch dies spreche dafür, daß darin ärztliche Honorare, die zwischen Arzt und Patient vereinbart wurden, nicht enthalten seien.

Folge man der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, so hätten die Zusatzübereinkommen zwischen den Rechtsträgern der Krankenanstalten und BVA sowie VAE im Hinblick auf die Gruppe der bei den genannten Versicherungsträgern versicherten Patienten nur für die Ärzte zusätzliche Vergütungen zusätzlich zu ihrem Gehalt enthalten. Es könne aber dem Rechtsträger nicht unterstellt werden, daß er ein Interesse am Abschluß solcher Verträge haben könne. Bei einer solchen Auslegung der Vereinbarungen wären die Rechtsträger vielmehr schlechter gestellt als bei eigentlichen Sonderklasse-Patienten (Privatversicherten und Selbstzahlern):

Während bei den eigentlichen Sonderklasse-Patienten eine Aufteilung zwischen Rechtsträger und berechtigtem Arzt über die begriffliche Trennung "Sondergebühr" (für den Rechtsträger) und "ärztliches Honorar" (für den Arzt) erfolge, hätte der Rechtsträger bei den BVA/VAE-Pflichtversicherten auf Sonderklasse aus den Zusatzübereinkommen selbst keine weiteren Vergütungen zu erwarten. Einen solchen Willen des Vertragspartners werde man wohl nicht unterstellen können.

Da ein Honoraranspruch gemäß § 45 NÖ KAG begrifflich eine Vereinbarung zwischen Arzt und Patienten/Zahlungspflichtigen voraussetze, der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 93/12/0279, aber selbst ausgeführt habe, daß sich im damaligen Beschwerdeverfahren weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde auf das Bestehen einer Vereinbarung iSd § 49 Abs 5 NÖ KAG zwischen Beschwerdeführer und betroffenen Patienten berufen haben und es auch sonst für eine derartige Vereinbarung aufgrund der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofes keine Anzeichen gegeben habe, könne festgestellt werden, daß auch die Zahlungen der BVA/VAE keine ärztlichen Honorare iSd § 45 Abs 1 litb NÖ KAG enthalten haben.

Ausgeführt wird weiters, daß es Vereinbarungen über die Aufteilungen der Zahlungen der BVA/VAE in allen niederösterreichischen Krankenanstalten gegeben habe. Solche privatrechtlichen Vereinbarungen anläßlich öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse seien, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 92/12/0015, unter Hinweis auf VfSlg. 7285/1974 festgestellt habe, zulässig.

Durch ArtI Z 3 der NÖ KAG-Novelle LGBl. 9440-9 werde - der dargestellten Rechtsmeinung folgend - explizit und eindeutig geregelt, daß ärztliche Honorare von Vereinbarungen gemäß § 57 NÖ KAG, der die lita, c, d und e des § 45 Abs 1 NÖ KAG taxativ anführe, nicht erfaßt werden. Diese authentische Interpretation des § 57 Abs 1 lita leg. cit. durch den Landesgesetzgeber bewirke jedoch keine Änderung der maßgeblichen Rechtslage. Durch ArtII iVm ArtIII der NÖ KAG-Novelle LGBl. 9440-9 werde daher nicht rückwirkend in bestehende Rechte eingegriffen. ArtIII enthalte lediglich eine (rückwirkende) Klarstellung der bestehenden Rechtslage, welche in jahrelang geübter Verwaltungspraxis allgemein anerkannt worden sei. Zusätzlich wurden eindeutige dienstrechtliche Ansprüche der berechtigten Ärzte entsprechend den langjährig wohlerworbenen Rechtspositionen im Rahmen der zweifelsfreien Kompetenz des Landesgesetzgebers gemäß Art 21 B-VG geschaffen. Die langjährig geübte "hausinterne" Aufteilung der Zahlungen der BVA/VAE zusammen mit den bestehenden Vereinbarungen habe wohlerworbene Rechtspositionen der berechtigten Ärzte geschaffen, auf welche diese vertrauen durften. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf bestehende Vereinbarungen sei notwendig gewesen. Folgte man nämlich der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die im ArtII angesprochenen, privatrechtlich abgeschlossenen Vereinbarungen nichtig gewesen wären, so hätte dies zur Konsequenz, daß die Rechtsträger unter Berufung darauf, daß die Zahlungen der BVA und VAE keine ärztlichen Honorare enthalten haben, die Möglichkeit hätten, die bereits geleisteten Zahlungen rückzufordern.

Auch würden die geäußerten Bedenken im Hinblick auf Gleichheitssatz und Vertrauensschutz nicht zutreffen. Die Schwere des Eingriffes halte sich in Grenzen, da nur die "geübte Verwaltungspraxis" gesetzlich festgehalten werde.

Für die angeordnete Rückwirkung spreche, daß dann, wenn die getroffenen Vereinbarungen nicht rückwirkend als verbindlich erklärt würden, Rückabwicklungen in der Höhe von ca. S 215 Millionen möglich seien, und dies sowohl zu Lasten der Ärzte als auch der Rechtsträger. Dazu komme, daß die Rückabwicklungen auch im Verhältnis zwischen Primararzt und nachgeordneten Ärzten stattfinden müßten, was insbesondere angesichts der großen Fluktuation nachgeordneter Ärzte zu einer Vielzahl nicht nachvollziehbarer finanzieller Beziehungen geführt habe. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei daher die Festschreibung des status quo erforderlich.

Außerdem seien die Zusatzabkommen zwischen Rechtsträgern und Sozialversicherungsanstalten abgeschlossen worden, sodaß kein Arzt rechtmäßig darauf vertrauen konnte, daß ihm 100 % der geleisteten Zahlungen zustünden. Auch die Bestimmung des ArtIII Abs 7 der Zusatzübereinkommen, daß der Entscheidung des Rechtsträgers, welche Beträge als ärztliche Honorare anzusehen und damit den berechtigten Ärzten weiterzugeben seien, nicht vorgegriffen werde, gebe die geübte Verwaltungspraxis deutlich wieder. Der Erwerb wohlerworbener Rechtspositionen konnte daher nur im Rahmen der zwischen Rechtsträger und Ärzten getroffenen Vereinbarungen erfolgen. Diese wurden durch die getroffene Übergangsbestimmung jedoch nicht angetastet, sondern vielmehr für beide Vertragspartner als dienstrechtlich verbindlich festgelegt. So erfolge eine (rückwirkende) gesetzliche Sicherstellung einer geübten Verwaltungspraxis, auf die von allen Betroffenen vertraut werden konnte.

Ingesamt habe daher eine Verletzung des schützenswerten Vertrauens und ein Eingriff in wohlerworbene Rechtspositionen durch ArtII und ArtIII Abs 2 der Novelle zum NÖ KAG, LGBl. 9440-9, nicht stattgefunden. Die in ArtIII Abs 2 leg. cit. normierte Rückwirkung habe einen eindeutigen dienstrechtlichen Anspruch der berechtigten Ärzte geschaffen und sei durch gewichtigte Gründe gerechtfertigt gewesen. Es werde daher der Antrag gestellt, die angefochtenen Vorschriften nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

1.5.1. Die Aufhebung der ArtII und III Abs 2 der Novelle zum NÖ KAG, LGBl. für Niederösterreich 9440-9, als verfassungswidrig hat der Verwaltungsgerichtshof auch im Wege weiterer Anträge begehrt. Es sind dies die Anträge vom , Zlen. A106/96 (protokolliert zu G5/97), A108/96 (protokolliert zu G6/97) und A105/96 (protokolliert zu G7/97), vom , A37/97

(protokolliert zu G221/97), vom , Z A43/97

(protokolliert zu G258/97), vom , Zlen. A45/97 (protokolliert zu G248/97), A46/97 (protokolliert zu G249/97), A47/97 (protokolliert zu G250/97), A48/97 (protokolliert zu G251/97), A52/97 (protokolliert zu G252/97), A53/97 (protokolliert zu G253/97), A56/97 (protokolliert zu G254/97), A57/97 (protokolliert zu G255/97), A58/97 (protokolliert zu G256/97), A59/97 (protokolliert zu G257/97), A43/97 (protokolliert zu G258/97), A44/97 (protokolliert zu G259/97), A50/97 (protokolliert zu G274/97), A49/97 (protokolliert zu G275/97), A51/97 (protokolliert zu G276/97), A54/97 (protokolliert zu G277/97), A55/97 (protokolliert zu G278/97), vom , Zlen. A65/97 (protokolliert zu G281/97), A66/97 (protokolliert zu G282/97), A67/97 (protokolliert zu G283/97), vom , Zlen. A68/97 (protokolliert zu G319/97), A69/97 (protokolliert zu G320/97), und vom , Zlen. A99/97 (protokolliert zu G327/97) und A98/97 (protokolliert zu G333/97).

Mit Ausnahme des zu G221/97 protokollierten Antrages wurden alle genannten Anträge aus Anlaß von beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren gegen Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung oder von Stadtsenaten einzelner Städte gestellt. Mit den angefochtenen Bescheiden war jeweils einem Antrag eines Primararztes auf Nachzahlung des sich aus dem gesetzlichen Anspruch (gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/12/0279) auf Honorar für die Behandlung von Sonderklassepatienten aufgrund einer Vereinbarung mit Sozialversicherungsträgern und den tatsächlich zur Auszahlung gebrachten ärztlichen Honoraren gemäß ArtII iVm ArtIII Abs 2 der NÖ KAG-Novelle LGBl. 9440-9 abgewiesen worden. In dem dem zu G221/97 protokollierten Antrag zugrunde liegenden Verfahren ist der Verwaltungsgerichtshof nach Behebung eines Bescheides des Stadtsenates Krems wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgrund Überganges der Entscheidungspflicht auf den Verwaltungsgerichtshof infolge Überschreitung der gemäß § 42 Abs 4 erster Satz VwGG gesetzten Frist selbst zur Entscheidung der Frage der Nachzahlung ärztlicher Sondergebühren zuständig.

In allen Fällen hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die von ihm angefochtenen Vorschriften jene - oben unter Punkt 1.3.2. wiedergegebenen - Bedenken, die er in seinem - den einzelnen Anträgen jeweils beigelegten - Beschluß vom , A107/96 (protokolliert zu G4/97) im einzelnen dargelegt hat.

1.5.2. Mit Beschlüssen vom , 7 Ra 230/96m

(protokolliert zu G362/97), vom , 7 Ra 108/97x

(protokolliert zu G361/97), vom , 7 Ra 152/97t (protokolliert zu G419/97) und vom , 8 Ra 144/97y (protokolliert zu G426/97) stellt das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht in Arbeits- Sozialrechtssachen gestützt auf Art 89 Abs 2 B-VG und Art 140 Abs 1 B-VG jeweils einen Antrag auf Aufhebung der ArtII und III Abs 2 der Novelle des NÖ KAG, BGBl. 9440-9, als verfassungswidrig.

Die Anträge werden aus Anlaß von Berufungen gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte gestellt, in denen über Klagen von Ärzten (in dem Antrag G361/97 zugrunde liegenden Verfahren von der Witwe und Erbin eines Arztes) gegen den jeweiligen Rechtsträger eines niederösterreichischen Krankenhauses auf Auszahlung nicht ausgezahlter Honoraranteile an von für Sonderklassepatienten von der BVA und der VAE entrichteten Sondergebühren abgesprochen wurde.

Nach - in allen Anträgen vertretener, auf das Wesentliche zusammengefaßter - Auffassung des antragstellenden Oberlandesgerichtes werde mit den angefochtenen Vorschriften letztlich eine rückwirkende Sanierung eines früheren Zustandes versucht. Eine solche rückwirkende Änderung der Rechtslage stelle aber einen gravierenden Eingriff in bestehende Rechte der betroffenen Ärzte dar. Für diesen rückwirkenden, schwerwiegenden Eingriff sei, wie auch der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt habe, eine sachliche Rechtfertigung nicht erkennbar.

1.6. In allen genannten Fällen hat die Niederösterreichische Landesregierung eine Äußerung erstattet, die inhaltlich der oben unter Punkt 1.4. wiedergegebenen entspricht.

In einigen Verfahren haben auch beteiligte Parteien Äußerungen erstattet.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zur Zulässigkeit:

In den Verfahren ist nichts hervorgekommen, was gegen die Präjudizialitätsannahmen der antragstellenden Gerichte in den einzelnen Verfahren spräche. Insbesondere schließt auch die Verwendung der Vergangenheitsform ("Wurden Vereinbarungen abgeschlossen...") in ArtII leg. cit. in Verbindung mit der das rückwirkende Inkrafttreten anordnenden Bestimmung des ArtIII Abs 2 leg.cit. nicht aus, die Bestimmung (insoweit auch verfassungskonform) dahin zu verstehen, daß solche Vereinbarungen, wann immer sie abgeschlossen wurden, das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien rechtswirksam gestalten, bei vor dem abgeschlossenen Vereinbarungen ab diesem Zeitpunkt.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge zulässig.

2.2. In der Sache:

2.2.1. Die §§45 Abs 1 und 2, 49 und 57 NÖ KAG, LGBl. 9440-3, lauten wie folgt:

"Sondergebühren und ärztliche Honorare

§45

(1) Neben den Pflegegebühren dürfen folgende Sondergebühren und ärztliche Honorare verlangt werden:


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a)
ein Zuschlag zur Pflegegebühr für Patienten, welche auf eigenen Wunsch in einem Krankenzimmer der Sonderklasse untergebracht wurden,
b)
das ärztliche Honorar für die Behandlung der unter lita genannten Patienten, für die Behandlung von Patienten in Anstaltsambulatorien und für die Blutabnahme nach straßenpolizeilichen Vorschriften (§43 Abs 6),
c)
der Ersatz der allfälligen der Krankenanstalt aufgelaufenen Kosten für die Beförderung des Patienten in die Krankenanstalt und aus derselben, für die Beistellung eines Zahnersatzes - soferne dies nicht mit der in der Krankenanstalt durchgeführten Behandlung zusammenhängt - sowie für die Beistellung orthopädischer Hilfsmittel (Körperersatzstücke) - soweit sie nicht therapeutische Behelfe darstellen -,
d)
eine Behandlungsgebühr für jede Inanspruchnahme des Anstaltsambulatoriums, die ambulatorische Erste ärztliche Hilfeleistung und für die Blutabnahme nach straßenpolizeilichen Vorschriften (§43 Abs 6).

(2) Das ärztliche Honorar hat die Anstalt im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben, die gemäß § 49 Abs 5 berechtigt sind, ein solches zu verlangen. Für die Einhebung ist von der Anstalt eine Einhebungsvergütung im Ausmaß von 2,5 v.H. vom ärztlichen Honorar einzubehalten. In den folgenden Absätzen ist unter dem ärztlichen Honorar der Betrag abzüglich dieser Einhebungsvergütung zu verstehen."

"Ermittlung und Festsetzung der Pflege- und Sondergebühren

§49

(1) Die Pflege- und Sondergebühren sind für die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse kostendeckend zu ermitteln.

(2) ...

...

(5) Das ärztliche Honorar wird vom verantwortlichen leitenden Arzt der Abteilung (Institutsvorstand) mit dem betroffenen Patienten (§45 Abs 1 litb) oder mit dem für ihn Zahlungspflichtigen vereinbart. Dasselbe gilt hinsichtlich des ärztlichen Honorares für Laboratoriumsuntersuchungen, für eine konsiliarärztliche Tätigkeit, für Radium-, Röntgen- oder sonstige physikalische Behandlungen und für die Tätigkeit besonderer Fachärzte, wie z.B. für Anästhesiologie."

(6) ...

"§57

(1) Im übrigen werden die Beziehungen der Versicherungsträger zu den öffentlichen Krankenanstalten durch privatrechtliche Verträge geregelt, die zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im Einvernehmen mit dem in Betracht kommenden Versicherungsträger einerseits und dem Rechtsträger der Anstalt andererseits abzuschließen sind und zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form bedürfen.

(2) In diesen Verträgen ist vor allem zu regeln:


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a)
das Ausmaß der von den Trägern der Sozialversicherung den Trägern der Krankenanstalten zu entrichtenden Pflegegebührenersätze - unter Berücksichtigung der Abgeltung für therapeutische Behelfe - und allfälligen Sondergebühren nach § 45 Abs 1,
b)
...
...

(3) ...

..."

Mit der 7. Novelle zum NÖ KAG, LGBl. 9440-8, wurde dem § 45 Abs 1 eine lite angefügt, die hier jedoch nicht von Bedeutung ist.

Seit der 8. Novelle zum NÖ KAG, LGBl. 9440-9, deren ArtII und ArtIII oben unter Punkt 1.2. wiedergegeben sind, lautet der § 45 Abs 2 mit Wirkung vom wie folgt:

"(2) Das ärztliche Honorar hat die Anstalt im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben, die gemäß § 49 Abs 5 berechtigt sind, ein solches zu verlangen. Für die Einhebung des ärztlichen Honorars und den mit der Abrechnung und Weiterleitung des ärztlichen Honorars an die nachgeordneten Ärzte verbundenen Verwaltungsaufwand ist von der Anstalt eine Einhebungsvergütung im Ausmaß von 6 % vom ärztlichen Honorar einzubehalten. In den folgenden Absätzen ist unter dem ärztlichen Honorar der Betrag abzüglich dieser Einhebungsvergütung zu verstehen."

Mit der 10. Novelle zum NÖ KAG, LGBl. 9440-11, erfolgte eine, hier nicht relevante, Änderung des § 45 Abs 1 litb.

2.2.2. Das am gemäß § 57 NÖ KAG zwischen "den Rechtsträgern der öffentlichen Krankenanstalten in NÖ" und der BVA abgeschlossene "Zusatzübereinkommen" über die Beziehungen bei Aufnahme von bei der BVA Anspruchsberechtigten in die Sonderklasse (welches von der NÖ Landesregierung dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt wurde) lautet auszugsweise wie folgt:

"Artikel I

...

Artikel II

(1) Die Verrechnung der 'Sondergebühren' (ArtIII) erfolgt zwischen Krankenanstalt und BVA zusammen mit der Abrechnung über die Pflegegebührenersätze der allgemeinen Gebührenklasse. Die Pflegefälle der Sonderklasse sind gesondert zu verrechnen, wobei die nach ArtIII Abs 1 und 2 zu verrechnenden Sondergebühren nach den einzelnen Positionen getrennt anzuführen sind. Der Verrechnung sind die in allen Teilen ausgefüllten Bewilligungsvordrucke der BVA beizuschließen.

(2) ...

(3) ...

Artikel III

(1) Die BVA bezahlt bei operativen Fällen gemäß § 45 Abs 1 lita und b in Verbindung mit § 57 Abs 2 lita NÖ KAG als Sondergebühren:


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1.)
Operationskosten unter sinngemäßer Anwendung der jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer mit der BVA vereinbarten Tarifbestimmungen (siehe Anlage 2, Seite 36 - 53).


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2.)
Die Kosten der postoperativen Nachbehandlung, wobei als tarifarische Leistungseinheit der jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der BVA vereinbarte Tarifsatz für eine Ordination beim praktischen Arzt zu gelten hat (siehe Anlage 2, Seite 11, Tarifposition 1a). Die Zahl der im Einzelfalle verrechenbaren Leistungseinheiten bestimmt sich nach den hiefür geltenden Richtlinien der BVA.


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3.)
Die Kosten für Röntgenuntersuchungen, wenn sie zur Feststellung der Notwendigkeit eines operativen Eingriffes erforderlich sind oder eine untrennbare Einheit mit der Operation bilden, nach Maßgabe der jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der BVA vereinbarten Tarifbestimmungen der Fachärzte für Radiologie (siehe Anlage 2, E. Tarif für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie durch Fachärzte für Radiologie, Seite 67 ff.).


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4.)
Die Kosten der unmittelbar an die Operation anschließenden postoperativen Ca-Röntgenbestrahlungen nach Maßgabe der jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der BVA vereinbarten Tarifbestimmungen der Fachärzte für Radiologie (siehe Anlage 2, E. Tarif für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie durch Fachärzte für Radiologie, Seite 74).


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5.)
Die Kosten der notwendigen und mit der Operation in unmittelbarem Zusammenhang stehenden histologischen Untersuchungen nach Maßgabe des jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der BVA vereinbarten Tarifes für medizinische Laboratorien (siehe Anlage 2,
D. Tarif für medizinisch-diagnostische Laboratorien, Seite 65, Tarifposition L 21a).

6.) Eine einmalige Bauschgebühr (je Pflegfall) bei

Operationen der Operationsgruppe I von S 450,-- +++)

II von S 510,-- ++)

(laut Operationsgruppen- III von S 750,-- +)

schema des Gesamtver- IV von S 1.140,--

trages + Honorarordnung, V von S 1.440,--

Seite 37 bis 53) VI von S 1.790,--

VII von S 2.180,--

VIII von S 2.530,--

Bei gleichzeitiger Vornahme mehrerer Operationen ist die Bauschgebühr nur einmal und zwar nach der entfallenden höchstbewerteten Operationsgruppe anrechenbar.

Anm.: +) einschl.Operat.Dev.septi

++) Frischbluttransfusion - 1/2 Bauschgebühr

verrechenbar

+++) Bluttransfusion m. Konserve - keine Bauschgebühr

verrechenbar


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7.)
Bei Entbindungsfällen wird ein einmaliger Betrag von
S 1.750,-- je Entbindungsfall verrechnet. Operative Eingriffe bei einer Entbindung ab Operationsgruppe III sind nach den Bestimmungen der Punkte 1, 2 und 6 zu verrechnen.

(2) Die BVA bezahlt bei internen (nichtoperativen) Fällen gemäß § 45 Abs 1, lita und b in Verbindung mit § 57 Abs 2 lita NÖ KAG als Sondergebühren:


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1.
Für die ersten 10 Tage der von der BVA anerkannten Anstaltspflege ein Bauschbetrag je Patient und Tag von 34 Punkten der Honorarordnung für praktische Ärzte und Fachärzte unter Anwendung des jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der BVA vereinbarten Punktewertes.


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2.
Für jeden weiteren Tag bis zum Gesamtausmaß der anzuerkennenden Pflegedauer einen Bauschbetrag je Patient und Tag von 17 Punkten der Honorarordnung für praktische Ärzte und Fachärzte unter Anwendung des jeweils zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der BVA vereinbarten Punktewertes.

(3) Wird bei längerer Dauer der Krankenhauspflege in einem internen Pflegefall ein notwendiger operativer Eingriff durchgeführt, bezahlt die BVA die Sondergebühren nach Abs 1. Für die Zeit vom Operationstage bis zum Abschluß der Operationsnachbehandlung entfällt die Bezahlung der Sondergebühren nach Abs 2.

(4) Tritt im Anschluß an eine Operation oder Entbindung interkurrent eine interne Komplikation auf (z.B. Lungenentzündung nach Operation, Brustdrüsen- oder Venenentzündung nach Entbindung) gebühren die Sondergebühren nach Abs 2 nur dann, wenn die interkurrent aufgetretene interne Erkrankung eine Verlängerung der stationären Krankenhausbehandlung erfordert. Sie ist erst mit jenem Tag anrechenbar, mit welchem der Pflegling ohne Hinzutreten der internen Komplikation aus der Spitalspflege entlassungsfähig gewesen wäre.

(5) In allen Fällen des Abs 3 und 4 zählt als Anfallstag für die Bemessung der Sondergebühren nach Abs 2 stets der Eintrittstag in die Anstaltspflege.

(6) Die Bezahlung von Sondergebühren nach § 45 Abs 1 litc in Verbindung mit § 57 Abs 2 lita NÖ KAG richtet sich nach den Bestimmungen des allgemeinen Vertrages über die Beziehungen der Träger der Krankenversicherung zu den Anstaltsträgern.

(7) Durch die Vereinbarung der Höhe der Sondergebühren nach § 45 Abs 1 lita und b NÖ KAG (Abs1 und 2) wird der Entscheidung des Anstaltsträgers, welche Beträge als ärztliches Honorar im Sinne des § 45 Abs 1 litb anzusehen sind, nicht vorgegriffen.

Artikel IV

(1) Der Träger der Krankenanstalt verpflichtet sich, keine Aufzahlungen vom Anspruchsberechtigten zu verlangen.

(2) Soferne Anspruchsberechtigte über eine private Zusatzversicherung verfügen, mit welcher die Krankenanstalt eine Direktverrechnung durchführt und die Leistungen der Zusatzversicherung weitere Krankenanstaltskosten über die jeweils geltenden Beträge hinaus erfassen, wird der Krankenanstalt gestattet, bis zur Höhe der jeweiligen Sätze für Privatpatienten der privaten Zusatzversicherung über die mit der BVA vereinbarten Tarifsätze hinaus Krankenanstaltskosten zu verrechnen. Dies jedoch nur unter der Bedingung, daß die Anspruchsberechtigten selbst keine Zahlung für Krankenanstaltskosten zu erbringen haben, die Verrechnung direkt mit der privaten Zusatzversicherung durchgeführt wird und die gesamten Krankenanstaltsmehrkosten von der privaten Zusatzversicherung zur Gänze gedeckt sind.

Artikel V

...

Artikel VI

(1) Dieses Zusatzübereinkommen tritt am in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit, mindestens aber auf die Dauer von 9 Monaten, d.i. bis , abgeschlossen. Nach diesem Zeitpunkt kann jede der vertragsschließenden Parteien ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist dieses Zusatzübereinkommen mittels eingeschriebenen Briefes kündigen. Im Zeitpunkt des Erlöschens des Übereinkommens anhängige Behandlungsfälle sind noch nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens zu behandeln.

(2) Abänderungen dieses Übereinkommens bedürfen der schriftlichen Form.

Artikel VII

..."

Die dem Verfassungsgerichtshof ebenfalls vorliegende, Vereinbarung ("Zusatzübereinkommen") mit der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen vom (die genannten Zusatzvereinbarungen werden im folgenden als "Kassenverträge" bezeichnet) weist einen im wesentlichen gleichartigen Inhalt auf und enthält ebenso einen "Aufteilungsvorbehalt" hinsichtlich der Qualifikation der Bezüge als ärztliches Honorar im Sinne des § 45 Abs 1 litb NÖ KAG und die Vereinbarung eines Ausschlusses weiterreichender Aufzahlungen.

2.2.3. Aus den im Anschluß an diese Vereinbarungen zwischen den einzelnen Krankenanstaltenträgern und den jeweiligen leitenden Ärzten geschlossenen Verträgen (in der Folge: Ärzteverträge genannt) ist nach den übereinstimmenden Vorbringen in den anhängigen Verfahren jene Bestimmung von Bedeutung, nach welcher von Sondergebühren für Patienten iSd genannten Kassenverträge eine bestimmte Aufteilung zwischen Rechtsträger und Abteilungsvorstand (zB 40 % für den Rechtsträger und 60 % für den Abteilungsvorstand) vereinbart wurde.

3. Der Verwaltungsgerichtshof und das OLG Wien hegen gegen die von ihnen angefochtenen Vorschriften das Bedenken, daß durch sie die genannten, ihrer Auffassung nach von Anfang an nichtigen privatrechtlichen Vereinbarungen rückwirkend in Rechtswirksamkeit gesetzt worden seien; dies stelle einen gravierenden Eingriff in bestehende Rechte der davon betroffenen Ärzte dar, für den keine sachliche Rechtfertigung erkennbar sei.

3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind rückwirkende Gesetzesänderungen, die die Rechtsposition der Rechtsunterworfenen mit Wirkung für die Vergangenheit verschlechtern, im Lichte des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebotes nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (vgl. zB VfSlg. 12186/1989, 12322/1990, 12479/1990, 12673/1991, 12688/1991, 12944/1991, 13020/1992, 13197/1992, 13461/1993, 13980/1994, 14149/1995, 14515/1996; und ). Der Gerichtshof bleibt bei seiner Rechtsprechung, daß für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Gesetzesänderungen die Gravität des Eingriffs sowie das Gewicht der für diesen Eingriff sprechenden Gründe maßgeblich sind.

3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 12241/1989 ausgeführt hat, ist es zur Beurteilung der Gleichheitskonformität rückwirkender gesetzlicher Regelungen von Bedeutung, ob Normunterworfene bei einem Eingriff in ihre Rechtsposition in einem Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht werden, auf das sie sich berechtigterweise berufen konnten, und ob nicht etwa besondere Umstände vorliegen, die eine solche Rückwirkung verlangen. Wie der Gerichtshof im genannten Erkenntnis ausgesprochen hat, hängt die Frage, ob ein rückwirkendes Gesetz vertrauensverletzend wirkt, von einer Mehrzahl von Umständen ab, wie insbesondere von der Klarheit der gesetzlichen Regelung, die durch die rückwirkende Bestimmung geändert wird, sowie davon, welche Verwaltungspraxis - einheitlich - von den Behörden vor der Erlassung der rückwirkenden Regelung gehandhabt wurde und ob diese im Gesetz Deckung fand, wobei in diesem Zusammenhang der Rechtsprechung oberster Gerichte maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. in diesem Sinne VfSlg. 12241/1989, 12322/1990, 12479/1990, sowie ).

Soweit daher die antragstellenden Gerichte den Versuch des Gesetzgebers, einer weiteren Rechtsprechung im Sinne des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses vom , 93/12/0279, den Boden zu entziehen, für sich allein genommen für verfassungsrechtlich bedenklich erachten, sind ihnen die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , G384/96, entgegenzuhalten, wonach im Falle einer Änderung der Rechtsprechung an der Befugnis des Gesetzgebers, im dargelegten Rahmen der Verfassung (insbesondere unter Beachtung des Sachlichkeitsgebotes) rechtspolitisch unerwünschten Konsequenzen dieser Rechtsprechung mit einem Gesetzgebungsakt entgegenzutreten, nicht zu zweifeln ist. Eine Änderung der Rechtsprechung kann - wie im genannten Erkenntnis vom näher ausgeführt wurde - auch für eine rückwirkende Reaktion des Gesetzgebers einen sachlichen Grund darstellen.

3.2.1. Der vorliegende Sachverhalt weicht von jenem des soeben zitierten Erkenntnisses allerdings insoweit ab, als sich durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/12/0279, nicht die Rechtsprechung geändert hat (eine einschlägige Rechtsprechung fehlte vielmehr), sondern einer durch viele Jahre tatsächlich geübten Vertrags- und Verwaltungspraxis der Boden entzogen wurde. Das Bestehen einer derartigen langjährigen Praxis ergibt sich nicht nur aus dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Niederösterreichischen Landesregierung, sondern auch aus den in den Anfechtungsanträgen referierten Sachverhalten der einzelnen Ausgangsverfahren.

3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem Judikat aufgrund der von ihm angenommenen Nichtigkeit der Arztverträge zur Rechtsauffassung gelangt, den Ärzten stünden höhere Abgeltungen ihrer ärztlichen Leistungen zu, als sie aus den von ihnen mit den Krankenhausträgern geschlossenen Verträgen ableiten könnten. Diese Entscheidung (mag sie auch von einem Höchstgericht stammen) begründet aber für sich allein genommen noch kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf den auch künftig unveränderten Fortbestand der sich aus dieser Entscheidung ergebenden Rechtslage. Aus dem Argument eines möglichen "Unterlaufens" der Fortsetzung dieser Rechtsprechung durch einen Akt des Gesetzgebers läßt sich daher - mit dem zitierten Vorerkenntnis vom - eine Verfassungswidrigkeit der getroffenen Regelung nicht ableiten.

3.2.3. Davon zu unterscheiden ist nach dem Gesagten zwar der mögliche Eingriff in (allenfalls verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz genießende) Rechte der betroffenen Ärzte durch die Rückwirkung der angegriffenen Norm. Ein insoweit geschütztes Vertrauen kann aber nicht erst aus dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (gleichsam rückwirkend) abgeleitet werden, sondern müßte sich (auch) aus anderen, in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als maßgebend erachteten Umständen ergeben können:

Dabei kommt es in erster Linie nicht auf eine vom Verwaltungsgerichtshof später als zutreffend erkannte Auffassung, sondern bei unterschiedlicher Deutbarkeit der Rechtslage vor allem auf die tatsächlich geübte Praxis an, wie der Verfassungsgerichtshof bisher im Hinblick auf die Praxis von Verwaltungsbehörden (im besonderen: Abgabenbehörden) schon mehrfach ausgesprochen hat (vgl. VfSlg. 12890/1991). Dies muß umsomehr auf den hier vorliegenden Fall übertragen werden, in welchem sich die Rechtsüberzeugung der Normunterworfenen in einer Vertragspraxis geäußert hat, der erkennbar die Auffassung zugrundelag, daß den beteiligten Ärzten durch diese Verträge zusätzliche Einkünfte zufließen, nicht aber, daß ihnen zustehende Einkünfte gekürzt werden sollten.

Es kann hier offen bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertrauen der beteiligten Ärzte auf die Nichtigkeit eines zwischen ihnen und ihrem Dienstgeber geschlossenen Vertrages gegen eine langjährig übereinstimmend geübte Praxis überhaupt verfassungsrechtlichen Schutz genießen könnte, weil es hier an einer Grundvoraussetzung für einen derartigen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz fehlt; es treffen nämlich die rechtlichen Annahmen nicht zu, unter denen die antragstellenden Gerichte zu dem Ergebnis kommen, den beteiligten Ärzten stünde ein weiterreichender gesetzlicher Anspruch auf Honorare zu, die dem Krankenhausträger aus der Vereinbarung mit den Kassen zufließen:

3.2.3.1. Diese Entgelte sind nämlich (unabhängig davon, aus welchen Komponenten sie sich aufgrund dieser Kassenverträge zusammensetzen und wie sie darin bezeichnet sind) nicht mit "ärztlichen Honoraren" iSd § 49 Abs 5 NÖ KAG gleichzusetzen: Es bedürfte nämlich eines Rechtsgrundes, diese zunächst aufgrund des Kassenvertrages dem Dienstgeber zufließenden Entgelte den leitenden Ärzten ganz oder teilweise zurechnen zu können, widrigenfalls sie auch nicht im Sinne des § 45 Abs 2 leg.cit. "im Namen und auf Rechnung" dieser Ärzte eingehoben werden könnten.

3.2.3.2. Die antragstellenden Gerichte scheinen jedoch - entsprechend dem genannten verwaltungsgerichtlichen Vorjudikat - in § 45 Abs 2 NÖ KAG selbst eine hiefür geeignete Rechtsgrundlage zu erblicken, aus dieser Bestimmung also einen dienstrechtlichen Anspruch der Ärzte auch auf derartige Entgelte aus den Kassenverträgen unmittelbar abzuleiten, obwohl die Ärzte diese Entgelte nicht im Sinne des § 49 Abs 5 leg. cit. mit den Patienten (als Entgelt für deren persönliche Betreuung - vgl. VfSlg. 10066/1984; 14373/1995) vereinbart haben.

3.2.3.3. Dieser Auffassung ist zu entgegnen, daß sie nicht einmal der Wortlaut des § 45 Abs 2 NÖ KAG nahelegt, dagegen aber zwingende verfassungsrechtliche Überlegungen sprechen, auf welche die Niederösterreichische Landesregierung in ihrer Äußerung zurecht hinweist: Der Verfassungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß Normen dienstrechtlicher Natur, deren Geltungsbereich mit jenem des jeweiligen Landes-Krankenanstaltengesetzes ident ist, verfassungswidrig sind, weil dem Landesgesetzgeber nicht hinsichtlich aller in Betracht kommender Krankenhausträger die Kompetenz zur Regelung des Dienstrechtes zukommt (vgl. VfSlg. 7285/1974, mit welchem die Vorläuferbestimmung des hier maßgebenden § 45 Abs 2 NÖ KAG aufgehoben wurde, und VfSlg. 10066/1984). Sowohl das Gebot verfassungskonformer Interpretation von Rechtsnormen, aber auch der offenkundige Antwortcharakter des § 45 Abs 2 NÖ KAG in der Fassung der 1. Novelle zum NÖ KAG, LGBl. Nr. 9440-1, auf das Erkenntnis VfSlg. 7285/1974 schließen es aus, die Norm auch in ihrer jetzigen Fassung noch als Rechtsgrundlage für dienstrechtliche Ansprüche anzusehen.

3.3. Bei dieser auch verfassungsrechtlich gebotenen Deutung der Rechtslage ist es die offenkundige Absicht der Vertragspartner der Ärzteverträge gewesen, die Ärzte an diesen zusätzlichen Einnahmen der Krankenhausträger in der im Vertrag vorgesehenen Weise und in dem darin genannten Ausmaß zu beteiligen, d.h. ihnen einen Rechtsanspruch auf einen Anteil an diesen Einnahmen einzuräumen, der ohne diese Vereinbarung nicht bestünde.

Ob ein solcher - bei diesem Verständnis: die Ärzte begünstigender - Vertrag im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses abgeschlossen wurde und daher einer normativen Grundlage bedarf - wie der Verwaltungsgerichtshof meint - muß vom Verfassungsgerichtshof nicht näher untersucht werden, da es aus den genannten Gründen jedenfalls nicht verfassungswidrig sein kann (und nur darauf kommt es in den vorliegenden Verfahren an), wenn der Landesgesetzgeber in Reaktion auf das wiederholt genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes diesen Verträgen die vom Verwaltungsgerichtshof vermißte Rechtsgrundlage (und zwar im Rahmen seines Kompetenzbereichs, d.h. beschränkt auf Ärzte, die in einem Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband stehen) zu verschaffen suchte.

3.4. Damit ist aber auch den übrigen Bedenken der antragstellenden Gerichte, die von der - nach vorstehenden Ausführungen unzutreffenden - Annahme ausgehen, die angefochtenen Bestimmungen sollten den Krankenanstaltenträgern "weitere Einnahmen aus einem höheren Prozentanteil an den Arztgebühren" verschaffen, bzw. "die Höhe des Hausrücklasses steige mit dem ärztlichen Honorar", der Boden entzogen. Der schließlich vom Verwaltungsgerichtshof weiters geltend gemachte Umstand, daß vor dem Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmungen der eine oder andere gleichartige Fall bereits im Sinne der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes rechtskräftig entschieden worden sein könnte, vermag diese Normen - die im übrigen in bereits rechtskräftig entschiedene Fälle nicht eingreifen - nicht mit Verfassungswidrigkeit zu belasten.

4. Der Verfassungsgerichtshof vermag daher die Bedenken der antragstellenden Gerichte gegen die angefochtenen Normen insgesamt nicht zu teilen.

Die Anträge waren daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.