VfGH vom 21.06.1985, g36/85

VfGH vom 21.06.1985, g36/85

Sammlungsnummer

10483

Leitsatz

Stmk. ROG 1974 idF LGBl. 51/1980; die Wendung "und von Einkaufszentren" in § 51 Abs 7 sowie § 3 Abs 7 Z 3 zweiter Satz verfassungswidrig; die Vorschriften machen vorbehaltlos den Lokalbedarf zum Maßstab - Subsumtion unter Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" iS des Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG

Spruch

Die Wendung "und von Einkaufszentren" in § 51 Abs 7 sowie der zweite Satz der Z 3 im § 3 Abs 7 des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. 127, idF der Stmk. Raumordnungsgesetznov. 1980, LGBl. 51, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Stmk. Raumordnungsgesetznov. 1980, LGBl. 51, gab mehreren Vorschriften des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. 127, eine neue Fassung (s. dazu Fremuth, Die Stmk. Raumordnungsgesetznov. 1980, ÖGZ 1980 S 519 ff.), darunter dem mit "Übergangsbestimmungen" überschriebenen § 51; sein Abs 7 hat nunmehr folgenden Wortlaut:

"(7) In Gemeinden, die noch nicht über einen rechtswirksamen Flächenwidmungsplan im Sinne dieses Gesetzes verfügen, dürfen Widmungs- und Baubewilligungen für die Errichtung von Appartementhäusern, Feriendörfern, Wochenendsiedlungen und von Einkaufszentren nur in solchen Gebieten erteilt werden, die hiefür durch eine Verordnung der Gemeinde ausdrücklich als geeignet erklärt wurden. Eine solche Verordnung ist nur unter den Voraussetzungen des § 3 Abs 7 Z 3 sowie § 23 Abs 7 bis 9 und 11 zulässig. Ihre Erlassung bedarf der Genehmigung der Landesregierung, die bei Vorliegen eines der im § 29 Abs 9 angeführten Gründe zu versagen ist."

Die in der wiedergegebenen Gesetzesstelle bezogenen Bestimmungen (soweit sie im hier gegebenen Zusammenhang von Interesse sind) lauten folgendermaßen:

§3 Abs 7: "Zur Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft ist anzustreben:

...

3. Private Handels- und Dienstleistungseinrichtungen sollen durch geeignete Standortvorsorgen und Entwicklungsmaßnahmen in die Lage versetzt werden, ihre Versorgungsaufgaben gegenüber der Bevölkerung erfüllen zu können. Insbesondere sollen Einrichtungen für den überörtlichen Bedarf (§23 Abs 9) nur auf Standorten vorgesehen werden, für die ein genügend großer Einzugsbereich vorhanden ist, der durch bestehende Betriebe einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf nicht ohnedies bereits ausreichend versorgt ist."

§23 Abs 9 und 10:

"(9) Als Einkaufszentren gelten Handelsbetriebe und damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungseinrichtungen, die nach einem wirtschaftlichen Gesamtkonzept in sich eine bauliche oder planerische Einheit bilden, eine Verkaufsfläche von insgesamt mehr als 600 Quadratmeter oder eine Gesamtbetriebsfläche von insgesamt mehr als 1000 Quadratmeter haben. Zur Verkaufsfläche gehören die Flächen aller Räume, die für die Kunden bestimmt und zugänglich sind, ausgenommen Stiegenhäuser, Gänge, Hausflure, Sanitärräume und Lagerräume. Die Gesamtbetriebsfläche umfaßt die Gesamtfläche der Geschosse einschließlich sonstiger überdachter Flächen.

(10) Nicht als Einkaufszentren gelten Dienstleistungseinrichtungen, soweit dort eine Abgabe von Waren nur im untergeordneten Ausmaß oder überhaupt nicht erfolgt."

2. Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom wies der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz das Ansuchen der zu B640/80 bf. Gesellschaft um Bewilligung der "Sonderwidmung für Baumarkt" für näher bezeichnete Grundstücke ab. Der Gemeinderat stützte diese Entscheidung insbesondere auf § 51 Abs 7 ROG 1974 (damit ist hier und im folgenden stets das Stmk. Raumordnungsgesetz 1974 idF der Nov. 1980 gemeint) sowie § 3 der Stmk. Bauordnung 1968 und verwies darauf, daß eine V iS des § 51 Abs 7 ROG 1974 nicht erlassen worden sei. Dieser Bescheid ist Gegenstand der erhobenen VfGH-Beschwerde.

II. Anläßlich dieses Beschwerdeverfahrens leitete der VfGH gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen das gegenwärtige Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wendung "und von Einkaufszentren" im § 51 Abs 7 ROG 1974 sowie des zweiten Satzes der Z 3 im § 3 Abs 7 dieses Gesetzes ein und begründete die Einleitung des Prüfungsverfahrens folgendermaßen:

"1. Der Gerichtshof geht zunächst davon aus, daß er bei seiner Entscheidung über die Beschwerde sowohl den ersten als auch den zweiten Satz im § 51 Abs 7 ROG 1974 anzuwenden hätte, soweit sich diese Sätze auf Einkaufszentren beziehen. Er nimmt vorläufig an, daß eine Rechtsvorschrift, die Regel und Ausnahme enthält, eine Einheit bildet, weil die Anwendung der Regel (hier: das im ersten Satz implizit enthaltene Verbot, ein Einkaufszentrum außerhalb des durch die Verordnung als geeignet erklärten Gebietes zu errichten) die Verneinung des Vorliegens einer Ausnahme (hier: des Bestandes einer Verordnung, mit der ein Gebiet als geeignet erklärt wird) voraussetzt. Demnach ist die Wendung 'und von Einkaufszentren' im ersten Satz des § 51 Abs 7, welche den hier in Betracht kommenden sachlichen Geltungsbereich beider Sätze umschreibt, anscheinend präjudiziell. Im gleichen Sinn nimmt der VfGH vorläufig auch die Präjudizialität des zweiten Satzes in der Z 3 des § 3 Abs 7 an, welche im zweiten Satz des § 51 Abs 7 ausdrücklich angeführt wird.

2. a) Der VfGH hegt gegen die erwähnten Vorschriften das Bedenken, daß sie kompetenzwidrig vom Landesgesetzgeber erlassen wurden, da sie anscheinend unter den die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes begründenden Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' in Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG fallen.

b) Mit dem Erk. VfSlg. 9543/1982 hob der VfGH den zweiten Satz der Z 3 im § 2 Abs 6 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. 18/1972, idF der Novelle LGBl. 15/1977 als verfassungswidrig auf, die wie folgt lautete:

§2 Abs 6 Z 3: 'Betriebe für den überörtlichen Bedarf sollen nur in hiefür geeigneten Gebieten errichtet werden. Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf (§16 Abs 12) sollen nur auf Standorten vorgesehen werden, für die ein genügend großer Einzugsbereich vorhanden ist, der durch bestehende Betriebe einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf nicht ohnehin bereits ausreichend versorgt ist, und sollen nur insoweit zugelassen werden, als die Aufrechterhaltung und Sicherung der Nahversorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Dienstleistungen, insbesondere mit Waren und Leistungen des täglichen Bedarfs, im Einzugsbereich des Geschäftsbaues nicht gefährdet wird.'

Der VfGH nahm an, daß der Regelungsgegenstand dem vorhin genannten Zuständigkeitstatbestand zuzuordnen sei und begründete dies unter Bezugnahme auf sein Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 2674/1954 im wesentlichen damit, daß es kompetenzrechtlich nicht zulässig sei, wenn der Landesgesetzgeber Raumordnungsvorschriften ausschließlich von Aspekten abhängig mache, zu deren Regelung ihm die Zuständigkeit fehle; die geprüfte Regelung stelle nämlich - auch wenn damit eine bestimmte Art der Bebaubarkeit des Grundes, eine spezifische Weise der Bodennutzung erzielt werden soll - allein und ausschließlich auf den Aspekt der Bedarfsdeckung (dh. ob bestimmte Standorte unter dem Aspekt der Bedürfnisse der Bevölkerung in Betracht kommen) ab. Im einzelnen verweist der Gerichtshof auf die ausführliche Begründung seines in Rede stehenden Erk. VfSlg. 9543/1982.

c) Ein Vergleich des zweiten Satzes im § 3 Abs 7 Z 3 ROG 1974 mit dem durch das Erk. VfSlg. 9543/1982 als verfassungswidrig aufgehobenen zweiten Satz der Z 3 im § 2 Abs 6 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes legt die Annahme nahe, daß die nun in Prüfung genommenen Gesetzesstellen mit der gleichen Verfassungswidrigkeit belastet sind wie die als verfassungswidrig erkannte des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes. Wie der Gerichtshof in diesem Zusammenhang vorläufig annimmt, kommt im Ergebnis weder dem Umstand Bedeutung zu, daß es sich bei § 51 Abs 7 ROG 1974 um eine Übergangsvorschrift handelt, noch der Tatsache, daß der zweite Satz im § 3 Abs 7 Z 3 ROG 1974 den Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung nicht mit der gleichen Deutlichkeit umschreibt wie die als verfassungswidrig befundene Bestimmung im Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz."

III. Die Stmk. Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie begehrt, die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufzuheben, und - hilfsweise - beantragt, für das Außerkrafttreten aufgehobener Bestimmungen eine Frist von einem Jahr festzusetzen.

IV. Der VfGH hat erwogen:

1. Zweifel daran, daß der Gerichtshof die Wendung "und von Einkaufszentren" in § 51 Abs 7 sowie den zweiten Satz der Z 3 im § 3 Abs 7 des ROG 1974 im Beschwerdeverfahren anzuwenden hätte, haben sich nicht ergeben; auch die Stmk. Landesregierung hat solche nicht geäußert. Das Prüfungsverfahren ist, da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.

2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind begründet.

Der Gerichtshof hält an der im Erk. VfSlg. 9543/1982 näher dargelegten Ansicht, auf welcher der Einleitungsbeschluß beruht, fest. Er erblickt im zweiten Satz des - im § 51 Abs 7 ROG 1974 verwiesenen - § 3 Abs 7 Z 3 dieses Gesetzes eine Vorschrift, die im wesentlichen dem mit Erk. VfSlg. 9543/1982 als verfassungswidrig aufgehobenen zweiten Satz des § 2 Abs 6 Z 3 des Oö. Raumordnungsgesetzes, LGBl. 18/1972, idF der Nov. LGBl. 15/1977 entspricht und daher wegen der dem Landesgesetzgeber fehlenden Kompetenz verfassungswidrig ist. Wie die folgenden Ausführungen nachweisen, greifen weder die im Prüfungsbeschluß gegen diese Gleichstellung gemachten Vorbehalte noch die Einwendungen der Stmk. Landesregierung durch.

a) Im Einleitungsbeschluß erwähnte der VfGH den Charakter des § 51 Abs 7 ROG 1974 als Übergangsvorschrift, maß diesem Umstand aber keine Bedeutung bei.

Dies mit Recht. Die Gesetzeslage unterscheidet sich nämlich insofern nicht von der im Erk. VfSlg. 9543/1982 erörterten; hier wie dort handelt es sich um Vorschriften, die Gebiete betreffen, für die noch kein Flächenwidmungsplan (rechtswirksam) erlassen wurde (s. den im angeführten Erk. zitierten § 26 Abs 4 des Oö. Raumordnungsgesetzes). Wird die Frage gestellt, ob dem Landesgesetzgeber die Kompetenz für eine bestimmte Regelung fehlt, so ist es nicht von Bedeutung, ob jene auf Dauer oder bloß für einen Übergangszeitraum angelegt ist.

b) Im Prüfungsbeschluß wies der VfGH auch auf die unterschiedliche Fassung des zweiten Satzes im § 3 Abs 7 Z 3 ROG 1974 gegenüber der als verfassungswidrig befundenen Bestimmung im Oö. Raumordnungsgesetz hin und meinte, es komme der Tatsache im Ergebnis keine Bedeutung zu, daß im ROG 1974 der Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung nicht mit der gleichen Deutlichkeit umschrieben sei. Der Landesregierung erscheint es - an diesen Hinweis anknüpfend - als wesentlich, daß im Gegensatz zur als verfassungswidrig aufgehobenen Regelung des oö. Gesetzes, die eine Gefährdung der Nahversorgung als Versagungsgrund anerkenne, § 3 Abs 7 Z 3 ROG 1974 nur darauf abstelle, daß ein genügend großer Einzugsbereich vorhanden sei, der durch bestehende Betriebe einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf nicht ohnedies bereits versorgt ist.

Der VfGH bleibt jedoch auf dem im Einleitungsbeschl. eingenommenen Standpunkt. Neben dem dort herausgestellten Grundgedanken des Erk. VfSlg. 9543/1982 ist im gegebenen Zusammenhang noch seine Aussage hervorzuheben, daß eine Standortplanung, welche Voraussetzungen festlegt, die mit dem Lokalbedarf ident sind, von keiner anderen als der gewerberechtlichen Betrachtungsweise ausgeht. Gerade dies trifft für die in Erörterung stehende Vorschrift aber zu. Daß sie nichts anderes als den Lokalbedarf im gewerberechtlichen Sinn festlegt, wird dann besonders augenfällig, wenn man die umschriebene Bedingung verneint darstellt. Es käme nämlich ein Standort dann nicht in Betracht, wenn der Einzugsbereich durch bestehende Betriebe (einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf) ohnedies bereits ausreichend versorgt ist, also - in die herkömmliche gewerberechtliche Ausdrucksweise übertragen - mangels Lokalbedarfs.

c) Die Stmk. Landesregierung beruft sich auch auf Korinek, Rechtliche Probleme der Anwendung von Raumordnungsgesetzen (1975), S 86 ff., insbesondere S 89, wonach "eine Steuerung der Errichtung von Einkaufszentren und Verbrauchermärkten mit den Mitteln des Raumordnungsrechtes möglich ist. Als Instrument hiefür bietet sich die Einführung einer speziellen Widmung im Flächenwidmungsplan an, verbunden mit der Bestimmung, daß solche Anlagen außerhalb der hiefür gewidmeten Flächen nicht oder allenfalls nur in Geschäfts- und Kerngebieten gewidmet (richtig wohl: errichtet) werden dürfen". In diesem Sinne bestimme - wie die Landesregierung meint - auch die Regelung des § 51 Abs 7 ROG 1974 durch den Verweis auf § 23 Abs 8 und damit wiederum auf § 23 Abs 4 litc und i bzw. k, daß Einkaufszentren ausschließlich in den dafür gewidmeten Gebieten errichtet werden dürfen.

Die letztbezogenen Vorschriften haben folgenden Wortlaut:

§23 Abs 8:

"Die Errichtung oder Erweiterung von Einkaufszentren I ist nur in Gebieten nach Abs 4 litc und i, von Einkaufszentren II nur in Gebieten nach Abs 4 litc und k zulässig."

§23 Abs 4:

"Im Bauland sind entsprechend den örtlichen Erfordernissen Baugebiete festzulegen. Als Baugebiete kommen hiebei in Betracht:

...

c) Kern-, Büro- und Geschäftsgebiete, das sind Flächen, die vornehmlich für Verwaltungsgebäude, Büro- und Kaufhäuser, Hotels, Theater, Kirchen, Versammlungsräume, Gast- und Vergnügungsstätten u. dgl. bestimmt sind, wobei auch die erforderlichen Wohngebäude und Garagen in entsprechender Verkehrslage sowie Betriebe, die sich der Eigenart des Büro- und Geschäftsgebietes entsprechend einordnen lassen und keine diesem Gebietscharakter widersprechenden Belästigungen verursachen, errichtet werden können;

...

i) Gebiete für Einkaufszentren I, das sind Flächen, die für Einkaufszentren, die in ihrem Warensortiment Lebensmittel führen, samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen bestimmt sind.

...

k) Gebiete für Einkaufszentren II, das sind Flächen, die für Einkaufszentren, die in ihrem Warensortiment keine Lebensmittel führen, samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen bestimmt sind."

Für den Standpunkt der Landesregierung ist aber aus der Meinung Korineks (welcher der Gerichtshof auf dem Boden seines Erk. VfSlg. 9543/1982 durchaus beipflichtet) nichts zu gewinnen, zumal der genannte Autor aaO S 90 im gegebenen Zusammenhang unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des VfGH zur sog. Gesichtspunkttheorie noch folgendes ausführt: "... Regelungen (scilicet über die Situierung von Großmärkten), die diese Frage unter wirtschaftspolitischen, etwa wettbewerbspolitischen oder gewerbepolitischen (wozu, was sich aus der historischen Entwicklung deutlich ergibt, auch die Prüfung unter dem Aspekt des örtlichen Bedarfs zu zählen ist) Aspekten lösen wollen, dürften auch nach dieser relativ weiten Auffassung des VfGH nur durch den zuständigen Bundesgesetzgeber, nicht aber in den Landes-Raumordnungsgesetzen erlassen werden."

Zur Bezugnahme der Landesregierung auf die vorhin wiedergegebenen Vorschriften ist folgendes festzuhalten: Da die Voraussetzungen der litc einerseits und der liti und k andererseits in § 23 Abs 8 alternativ festgelegt sind, tritt in den Fällen der liti und k zur Standortbestimmung nach § 3 Abs 7 Z 3 lediglich die Differenzierung zwischen Einkaufszentren mit und solchen ohne Lebensmittelangebot. Hiedurch wird jedoch das - kompetenzrechtlich ausschlaggebende - Prinzip nicht berührt, daß die Standortwahl an den Lokalbedarf gebunden ist.

d) Schließlich beruft sich die Landesregierung auf das Erk. VfSlg. 6667/1972, dem sie entnimmt, daß der Landesgesetzgeber in verfassungskonformer Weise "auf eine den gesellschaftlich lebensbedingten Erfordernissen entsprechende Verteilung der wohnenden und arbeitenden Bevölkerung" Bedacht nehmen könne. Die bestmögliche Nutzung und Sicherung des Lebensraumes unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung umschließe als Zweckmäßigkeitsprüfung auch die Frage, ob in diesem Gebiet für Einrichtungen des überörtlichen Bedarfs ein genügend großer Einzugsbereich vorhanden ist, der durch bestehende Betriebe einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf nicht ohnedies bereits ausreichend versorgt ist (§3 Abs 7 Z 3 ROG 1974). Eine Prüfung der Zweckmäßigkeit der Verteilung des Raumes, die auch auf eine sparsame Verwertung des Faktors Boden Bedacht nehme, werde - wie die Landesregierung darlegt - die grundsätzliche Notwendigkeit solcher Einrichtungen mit zu berücksichtigen haben.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß es sich bei der hier zu betrachtenden Vorschrift nicht um eine solche handelt, die primär auf die wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung Bedacht nimmt und den Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung mit berücksichtigt, sondern daß sie vorbehaltlos - gewerberechtlich gesprochen - den Lokalbedarf zum Maßstab macht. Zu der als verfassungswidrig aufgehobenen Vorschrift im Oö. Raumordnungsgesetz führte der Gerichtshof im wiederholt zitierten Erk. aus, die Regelung stelle, "auch wenn damit eine bestimmte Art der Bebaubarkeit des Grundes, eine spezifische Weise der Bodennutzung im Sinne einer zweckmäßigen Ordnung des Raumes erreicht werden soll" (Hervorhebung nicht im Original), allein und ausschließlich auf den Aspekt der Bedarfsdeckung ab, was sich aus dem Regelungszusammenhang ergebe. Nichts anderes trifft für den vorliegenden Gesetzesprüfungsfall zu.

3. Die Wendung "und von Einkaufszentren" in § 51 Abs 7 sowie der zweite Satz der Z 3 im § 3 Abs 7 ROG 1974 waren sohin als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz

B-VG.

Der Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VerfGG.