VfGH vom 08.03.2017, G355/2016
Leitsatz
Kein Verstoß einer - aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes normierten - Abstandsvorschrift für den Betrieb von Spielstuben gegen den Gleichheitssatz und die Erwerbsfreiheit
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I.Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, § 28 Abs 3 Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 – StGSG, LGBl 100/2014, als verfassungswidrig aufzuheben.
II.Rechtslage
1.§28 Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 – StGSG, LGBl 100/2014, lautet (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):
"§28
Spielstubenbewilligung
(1) Zum Betrieb einer Spielstube ist eine Bewilligung erforderlich.
(2) Der Antrag auf Bewilligung hat folgende Angaben zu enthalten:
1. Name und Anschrift des Inhabers des Standorts;
2. Anschrift des Standorts;
3. die Betriebszeiten;
4. die Anzahl der aufzustellenden Spielautomaten.
(3) Spielstuben müssen von Kindergärten, Schulen, Schülerheimen, Horten, Jugendheimen, Jugendherbergen und Jugendzentren weiter als 150 m Gehweg entfernt sein.
(4) Der Betrieb einer Spielstube darf nur in einem abgetrennten Raum erfolgen.
(5) Die Bewilligung ist schriftlich zu erteilen, auf längstens fünf Jahre zu befristen und kann mit Auflagen und Bedingungen versehen sein.
(6) Vor Erteilung der Bewilligung ist die zuständige Standortgemeinde zu hören.
(7) Im Bewilligungsbescheid ist insbesondere festzusetzen:
1. die Dauer der Bewilligung;
2. die Höchstzahl der aufzustellenden Spielautomaten;
3. die Betriebszeiten.
(8) Die Bewilligung erlischt durch:
1. Ablauf der Bewilligungsdauer;
2. Auflassung des Standorts.
(9) Im Eingangsbereich einer Spielstube ist auf das im Stmk. Jugendgesetz festgelegte Mindestalter hinzuweisen. Der Betreiber/Die Betreiberin einer Spielstube hat das vorgeschriebene Mindestalter der Besucher/Besucherinnen zu kontrollieren und zu überwachen."
III.Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1.Dem Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Landeshauptstadt Graz den Antrag der im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark beschwerdeführenden Partei vom auf Erteilung der Genehmigung zur Errichtung einer Spielstube nach § 28 StGSG ab. Die Bewilligungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil sich in einer Entfernung von 91 Metern zur beantragten Spielstube ein näher bezeichneter Kindergarten befinde und damit der in § 28 Abs 3 StGSG festgelegte Mindestabstand von 150 Metern zwischen Spielstuben und (unter anderem) Kindergärten nicht eingehalten werde.
2.Das Landesverwaltungsgericht Steiermark führt zum Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung im Wesentlichen Folgendes aus (ohne die Hervorhebungen im Original):
"II. Präjudizialität:
Im nunmehr anhängigen Verfahren ist somit entscheidend, ob die Bestimmung des § 28 Abs 3 StGSG, insbesondere die Festlegung der Entfernung verfassungsmäßig und dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend ist. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat im Beschwerdeverfahren bei der Beurteilung, ob die Bewilligung der Spielstube erteilt werden kann, u.a. die Genehmigungsvoraussetzung des § 28 Abs 3 S[t]GSG unmittelbar anzuwenden.
III. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit:
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hegt gegen die gesetzliche Regelung des § 28 Abs 3 StGSG, dessen Aufhebung es beantragt, Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 7 BVG bzw Art 2 StGG sowie im Hinblick auf das Grundrecht der Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG, dazu wird näher ausgeführt:
[...]
Der konkrete Sinn und Zweck der Abstandsvorschrift des § 28 Abs 3 StGSG kann den Gesetzesmaterialien (vgl. IA EZ 1122/1, AB EZ 1122/9, XVI. GPStLT) nicht entnommen werden. Als allgemeiner Zweck des Gesetzes wird lediglich der Spieler- und Jugendschutz angeführt. Eine Rechtfertigung für die Abstandsvorschrift des § 28 Abs 3 StGSG bilden diese jedoch aus folgenden Gründen nicht:
Das einzig denkbare Argument dafür, dass sich eine Spielstube nicht in einem räumlichen Nahebereich zu Kindergärten, Schulen und dergleichen befinden sollte, wäre die vermeintlich erhöhte Gefahr einer Verleitung der Kinder und Jugendlichen dazu, eine solche Spielstube aufzusuchen. Dieses Argument ist aber nicht nachvollziehbar, da der Aufenthalt in Spielstuben, die Benützung von Spielapparaten und die Teilnahme an Glückspielen und Sportwetten gemäß § 16 Abs 3, § 17 Abs 2 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz iVm § 28 Abs 9 StGSG ausschließlich volljährigen Personen erlaubt ist.
Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen besteht keine Gefahr, dass Minderjährige aufgrund der günstigen Lage oder aufgrund von entsprechenden Werbemaßnahmen Spielstuben oder ähnliche Einrichtungen aufsuchen könnten. Auch das bloße Vorbeigehen von Kindern oder Jugendlichen an derartigen Spielstuben kann keine Erhöhung einer Gefahr im Sinne einer Beeinflussung des künftigen Verhaltens von Kindern oder Jugendlichen bewirken, da nicht erblickt werden kann, worin diesbezüglich überhaupt eine Gefahr bestehen sollte. Die Behauptung einer von einer Spielstube für Kinder und Jugendliche ausgehenden Gefahr aufgrund, ihrer örtlichen Nähe zu Kindergärten, Schulen und anderen Einrichtungen entbehrt daher jeder Begründung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof[es] bindet der Gleichheitssatz auch den Gesetzgeber (vgl. VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem (vgl. VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005) sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl. VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Für die in § 28 Abs 3 StGSG enthaltene Abstandsvorschrift besteht keine sachliche Rechtfertigung, da deren präsumtiver Normzweck des Kinder- und Jugendschutzes bereits durch das durch den Betreiber der Spielstube zu überwachende Verbot des Aufenthalts in Spielstuben, der Benützung von Spielapparaten sowie der Teilnahme an Glücksspielen und Sportwetten in § 16 Abs 3, § 17 Abs 2 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz iVm § 28 Abs 9 StGSG für nicht volljährige Personen erreicht ist. Sonstige legitime Gründe liegen nicht vor. Zudem gibt es keine Rechtfertigung für eine unsachliche Differenzierung der Betreiber einer Spielstube gegenüber Trafikanten, Waffenhändlern oder Bordellinhabern. Unterstellt man diesen Gewerben ebenfalls eine Schädlichkeit bzw. einen schlechten Einfluss auf Kinder oder Jugendliche, müssten entsprechende Abstandsvorschriften auch in diesen Rechtsgebieten existieren. Für Trafikanten und Waffenhändler gibt es überhaupt keine Einschränkung, um ihr Gewerbe in unmittelbarer Nähe von Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen zu betreiben. Für Bordellbetreiber ist gemäß § 7 Z 1 des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes lediglich vorgesehen, dass kein direkter Blickkontakt zu Schulen, Kindergärten, Heimen für Kinder oder Jugendliche, Jugendzentren, Kinderspiel- und Kindersportplätzen hergestellt werden darf.
Es fehlen somit legitime Gründe, warum für den Betrieb von Spielstuben strengere Abstandsbestimmungen im Gesetz vorgeschrieben sind. Es ergibt sich auch kein Anhaltspunkt aus den Gesetzesmaterialien.
Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (s. zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.
Eine objektive Beschränkung der Erwerbsausübung durch Hürden, die der Betroffene nicht aus eigener Kraft überwinden kann, kann nur angemessen sein, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternativen bestehen, um den erstrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden Weise zu erreichen (vgl. zum Erwerbsantritt VfSlg 11.483/1987). Es steht dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s. etwa VfSlg 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002).
Die Abstandsvorschrift des § 28 Abs 3 StGSG beschränkt als Genehmigungsvoraussetzung des Betriebs einer Spielstube bereits den Erwerbsantritt, ist doch die Standortwahl integraler Bestandteil der Freiheit der Erwerbsausübung. Die bereits den Erwerbsantritt beschränkende Genehmigungsvoraussetzung des § 28 Abs 3 StGSG ist zur Verwirklichung des öffentlichen Interesses des Kinder- und Jugendschutzes weder geeignet noch erforderlich, wird doch der präsumtive Normzweck bereits durch das zu überwachende Verbot des Aufenthalts in Spielstuben, der Benützung von Spielapparaten sowie die Teilnahme an Glückspielen und Sportwetten in § 16 Abs 3, § 17 Abs 2 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz iVm § 28 Abs 9 StGSG für nicht volljährige Personen erreicht. Auch ist die angefochtene Bestimmung nicht verhältnismäßig, ist es doch nicht verständlich, warum § 7 Z 1 des Steiermärkischen Prostitutionsgesetzes ein gelinderes Mittel zum Kinder- und Jugendschutz vorsieht als die Regelung des § 28 Abs 3 StGSG.
Die Regelung des § 28 Abs 3 StGSG greift somit in unzulässiger Weise in die Erwerbsausübungsfreiheit des Art 6 StGG ein und verstößt außerdem gegen das dem Gleichheitssatz immanente Sachlichkeitsgebot.
IV. Zum Umfang der Anfechtung:
Sollte der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des antragstellenden Verwaltungsgerichtes teilen, dass im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und den Grundsatz der Erwerbsfreiheit eine Benachteiligung von Betreibern von Spielstuben besteht, läge der Sitz der Verfassungswidrigkeit in § 28 Abs 3 StGSG. Die sonstigen Genehmigungsvoraussetzungen in § 28 StGSG sind von jener des § 28 Abs 3 StGSG unabhängig und stehen somit nicht in einem untrennbaren Zusammenhang."
3.Die Steiermärkische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
"[...]
2. Allgemeines
Spielstuben sind gemäß § 2 Z 8 StGSG ortsfeste öffentliche Betriebsstätten, die ausschließlich der Aufstellung von Spielapparaten dienen.
Spielapparate sind gemäß § 2 Z 9 StGSG gegen Entgelt betriebene Geräte mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen zur Durchführung von Spielen, die nur der Unterhaltung und nicht der Erzielung einer vermögenswerten Leistung (Gewinn) dienen (Unterhaltungsspielapparate) oder bei denen einem Spieler/einer Spielerin eine vermögenswerte Waren- oder Sachleistung ausgefolgt oder in Aussicht gestellt wird und der Spielerfolg von der Geschicklichkeit des Spielers, somit nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall, abhängt (Geschicklichkeitsspielapparate).
Nach dem StJG sind zwar Geschicklichkeitsapparate als Geldspielapparate anzusehen, nicht jedoch Unterhaltungsspielapparate. Für diese gilt das vollendete 15. Lebensjahr als Altersgrenze. Es ist somit nicht richtig, wenn das Landesverwaltungsgericht argumentiert, der Aufenthalt in Spielstuben sei generell nur volljährigen Personen gestattet. Dieses Verbot gilt nur für Geldspielapparate, nicht jedoch für Unterhaltungsspielapparate.
3. Gleichheitsgrundsatz/ Sachlichkeitsgebot:
Wenn das Landesverwaltungsgericht meint, dass bereits die Bestimmungen der §§16 Abs 3 und 17 Abs 2 'Jugendschutzgesetz' (Anm.: richtig 'Jugendgesetz') iVm § 28 Abs 9 StGSG, die den Aufenthalt in Spielstuben, die Benützung von Spielapparaten und die Teilnahme an Glücksspiel und Sportwetten ausschließlich volljährigen Personen erlauben (das dies unrichtig ist, wurde in Punkt 2. gezeigt), zur Sicherstellung des Jugendschutzes ausreichend wären, ist hiezu Folgendes festzuhalten:
Glücksspielsucht ist ein in Österreich weit verbreitetes Phänomen. Laut der 'Studie zur Prävention der Glücksspielsucht', Kalke et al (2011), wiesen 0,7 % der damals Befragten ein pathologisches Spielverhalten auf. Das sind etwa 64.000 Personen. Dabei weisen die Glücksspielautomaten das größte Gefährdungspotential in Österreich auf. Aus Sicht der Landesregierung sind daher alle Maßnahmen zu treffen, die verhindern, dass Personen zu Spielsüchtigen werden; dazu gehört vor allem, schon möglichst frühzeitig zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche mit Spielapparaten welcher Art auch immer in Berührung kommen. Es ist nämlich anerkannt, dass Geschicklichkeitsspiele (mit Gewinnversprechen) die Rolle eines 'niederschwelligen' Türöffners in das, durchaus das Suchtverhalten fördernde, Glücksspiel zukommt. Dies ist mit dem sogenanntem 'Anködern' im Drogenbereich oder der 'Happy Hour' im Alkoholbereich zu vergleichen. Es sind daher aus präventiver Sicht Maßnahmen zur Sicherung des Jugendschutzes zu treffen. Abstandsregelungen zählen dabei jedenfalls zu den Maßnahmen zur Beschränkung der Angebotsdichte und sind daher im Sinne des Spielerschutzes erforderlich.
Auf die Zutrittsverbote im Sinne des Jugendschutzes zu verweisen, ist im Sinne universeller und selektiver Präventionsmaßnahmen zu wenig. Permanente Bewerbung und aufdringliche Konfrontation (äußeres Erscheinungsbild von Spielstuben, Leuchtwerbung etc.) mit Spiel'Lust'Steigerung bzw. Gewinnversprechen fördern die Neugier und senken die Widerstandskraft v.a. jugendlicher Menschen. Laut der Studie von Kalke et al (2011) gibt es in der Gruppe der 18- bis 35-Jährigen einen überdurchschnittlich hohen Anteil von ProblemspielerInnen. Von daher erscheint es sinnvoll, auf keine Maßnahme des Spielerschutzes, wie die des Mindestabstands zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, zu verzichten!
Insofern ist dem Jugendschutz und der Suchtprävention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – vor allem auch im öffentlichen Interesse – das höhere Recht einzuräumen; die im StGSG festgelegte Entfernung stellt daher aus spielerschutzfachlicher Sicht ohnehin nur eine Mindestentfernung dar und ist aus Sicht der Steiermärkischen Landesregierung jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
Wenn das Verwaltungsgericht meint, die entsprechende Abstandsregelung 'entbehrt daher jeder Begründung', so verkennt es die soeben dargestellte präventive Wirkung vollständig. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der steiermärkische Landesgesetzgeber die Notwendigkeit von Abstandsbestimmungen zur Gewährleistung des Jugendschutzes bereits 1986 erkannt und eine vergleichbare Regelung schon in das – mittlerweile außer Kraft getretene – Veranstaltungsgesetz 1969 aufgenommen hat (§22a, eingefügt durch Novelle LGBl Nr 29/1986). Zusätzlich darf darauf hingewiesen werden, dass sich vergleichbare Regelungen auch in Gesetzen anderer Bundesländer finden (z.B. § 15 Z. 3 Bgld. Veranstaltungsgesetz; § 4 Abs 3 Ktn. Spiel- und Glücksspielautomatengesetz; § 17 Abs 3 Sbg. Veranstaltungsgesetz 1997).
Wenn das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Regelung des § 7 Abs 1 des Stmk. Prostitutionsgesetzes (diese Bestimmung verbietet den direkten Blickkontakt zu Schulen, Kindergärten, Heimen für Kinder oder Jugendliche, Jugendzentren, Kinderspiel- und Kindersportplätzen) gegenüber § 28 Abs 3 StGSG als gelinderes Mittel ansieht, so ist diese Ansicht nicht nachvollziehbar. Zum einen sind auch Kinderspiel- und Kindersportplätze umfasst, zum anderen kann der Blickkontakt in vielen Fällen auch eine strengere Regel darstellen. Es kann nämlich durchaus sein, dass eine Betriebsstätte, die 160 m Gehweg vom Haupteingang einer Schule entfernt ist, in direktem Blickkontakt zur Schule steht. Im Übrigen darf festgehalten werden, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, wie er Abstandsregeln formuliert und dass er keinesfalls gebunden sein kann, immer dieselben Formulierungen zu verwenden.
Wenn das Landesverwaltungsgericht auf eine mögliche Unsachlichkeit im Vergleich zu Trafikanten und Waffenhändlern hinweist, so ist dazu lediglich festzustellen, dass derartige Beschränkungen dem Landesgesetzgeber aus kompetenzrechtlicher Sicht verwehrt sind und der Landesgesetzgeber keinen Einfluss darauf hat, in welchem Ausmaß und mit welchem Inhalt der Bundesgesetzgeber seine Kompetenz ausübt.
§28 Abs 3 StGSG ist aus Sicht der Steiermärkischen Landesregierung jedenfalls sachlich gerechtfertigt; auch der Verfassungsgerichtshof hat bei vergleichbaren Regelungen keine Gleichheitswidrigkeit gesehen (siehe dazu näher unter Punkt 5.).
4. Erwerbsfreiheit:
Dem Gesetzgeber steht es – ohne Eingriff in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit – zu, sachlich gerechtfertigte Ausübungsbeschränkungen zu erlassen, die bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sind (VfSlg 11.558/1987). Unter Berücksichtigung der unter 2. vorgebrachten öffentlichen Interessen kann eine Beeinträchtigung der Erwerbsfreiheit nicht erkannt werden, denn die für die Wahrung des Jugendschutzes erforderlichen Verbotszonen beschränken nur an sehr wenigen Orten die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit. Auch unter Berücksichtigung eines Größenschlusses kann im Vergleich mit anderen Bestimmungen der Rechtsordnung festgestellt werden, dass diese Beschränkungen nur minimal sind: Bereits raumordnungsrechtliche Vorgaben beschränken die Betriebsausübung, wenn diese nur in bestimmten Raumordnungskategorien für zulässig erklärt wird (der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg 14.189/1995 keinen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG gesehen, wenn durch raumplanerische Flächenwidmungen eine bestimmte Erwerbsbetätigung lediglich an einem bestimmten Ort faktisch verhindert wird); vielmehr kann sogar die Ausübung überhaupt nur an bestimmte Standorte gebunden werden (vgl. zB. die verfassungsrechtlich zulässige Standortplanung für Einkaufszentren aus raumordnungspolitischen Gründen, VfSlg 14.685/1996),
Unter Berücksichtigung dieser Aspekte liegt daher bei einem nur punktuellen Ausschluss der Ermöglichung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ein Eingriff in die Erwerbsfreiheit nicht vor; auch der Verfassungsgerichtshof selbst hat einen solchen nicht erkannt (siehe dazu näher unter Punkt 5.).
5. Schutz-/Verbotszonen aus Gründen des Jugendschutzes in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs:
Dass die Schaffung von Verbotszonen aus Gründen des Jugendschutzes zulässig – und daher auch nicht verfassungswidrig – ist, hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Jahre 1984 ausgesprochen (VfSlg 10050/1984).
Anlassfall war die Prüfung einer Verordnung auf Grund des § 52 Abs 4 Gewerbeordnung. Bei der in Frage stehenden Regelung handelte es sich um eine räumliche Beschränkung der Gewerbeausübung mittels Automaten zum Zwecke des Schutzes unmündiger Minderjähriger vor unüberlegten Geldausgaben, wonach das Aufstellen von Automaten im Umkreis von 150 m von näher bezeichneten Schulen und von 40 m von näher bezeichneten Omnibus-Haltestellen und Sportplätzen untersagt wurde. Dabei kam der Verfassungsgerichtshof zunächst zum Ergebnis, dass dem Gesetzgeber nicht der Vorwurf gemacht werden könne, unsachlich vorgegangen zu sein, weil er Verkaufsbeschränkungen für Automaten in bestimmten Fällen verfügt: 'Wenn der Gesetzgeber offenbar davon ausgeht, daß bei allen Verkaufsformen, die eine Verkaufsabwicklung von Person zu Person verlangen, das Risiko unüberlegter Geldausgaben durch unmündige Minderjährige geringer ist als bei Automaten, die eine von Erwachsenen unbeobachtete Warenbezahlung und -entnahme erlauben und deshalb der von Automaten ausgehende psychologische Anreiz, gleichsam spielerisch Waren zu erstehen, unmündige Minderjährige in erhöhtem Maße anspräche, kann ihm jedenfalls nicht der Vorwurf der Unsachlichkeit gemacht werden.'
Darüber hinaus stellte der VfGH fest, dass ein Eingriff in die Erwerbsfreiheit nicht stattfand: 'Wie der VfGH bereits wiederholt dargelegt hat, steht dem Gesetzgeber gemäß Art 6 StGG das Recht zu, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist; der Gesetzgeber ist dabei – außer an die sonstigen Vorschriften der Bundesverfassung (s. auch VfSlg 5871/1968) – dem Wesensgehalt des Grundrechtes entsprechend an die in der Natur der zu regelnden Materie liegenden Grenzen, also an die sachlichen Grenzen der Materie gebunden (VfSlg 4011/1961, 4163/1962, 7304/1974, 8813/1980, 9233/1981). Im vorliegenden Fall kann von einem Eingriff in den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit im Hinblick auf die Beschränkung der Ermächtigung auf die für den Regelungszweck erforderlichen Einschränkungen (§52 Abs 4 GewO) nicht die Rede sein.'
Diese Judikatur wurde durch das Erkenntnis VfSlg 10594/1985 nicht in Frage gestellt und durch VfSlg 13.183/1992 sogar noch auf den Schutz von unmündigen Minderjährigen ausgedehnt.
Dass diese Judikatur auch für Spielapparate gilt, hat der Verfassungsgerichtshof im Beschluss vom , B953/05-3, festgehalten. In einem Verfahren betreffend das Aufstellen von Münzspielapparaten nach dem Wiener Veranstaltungsgesetz wurde die Erteilung einer Bewilligung versagt, weil die Veranstaltungsstätte innerhalb eines 150m-Schutzabstands gelegen ist (die verfahrensgegenständliche Regelung war inhaltlich mit der aktuell angefochten[en] vergleichbar). In der beim Verfassungsgerichtshof vorgebrachten Beschwerde wurde u.a. die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gerügt. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der diesbezüglichen Beschwerde jedoch abgelehnt und dazu Folgendes ausgeführt:
'Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Normierung von Verbotszonen aus Gründen des Jugendschutzes in Zusammenhang mit der Aufstellung bestimmter Automaten (vgl. z.B. VfSlg 10.050/1984, 10.594/1985, 13.183/1992) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.'
Damit hat der Verfassungsgerichtshof eindeutig zu erkennen gegeben, dass er die Judikatur auf Spielautomaten sinngemäß angewandt wissen will und er die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt.
6. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass – gestützt auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs – die vorgebrachten Bedenken des Landesverwaltungsgerichts Steiermark nicht zutreffen."
IV.Erwägungen
1.Zur Zulässigkeit
1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Zweifel, dass das Landesverwaltungsgericht Steiermark die angefochtene Bestimmung im Anlassverfahren anzuwenden hat, hatte doch der Magistrat der Landeshauptstadt Graz in dem vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark angefochtenen Bescheid die Versagung der Genehmigung zur Errichtung einer Spielstube auf § 28 Abs 3 StGSG gestützt.
1.2.Da im Verfahren auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag zulässig.
2.In der Sache
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Der Antrag ist nicht begründet.
2.1.Gemäß § 28 Abs 1 StGSG ist zum Betrieb einer Spielstube eine Bewilligung erforderlich. Zur Erteilung der Bewilligung ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig (§30 Abs 2 Z 1 StGSG). Der vom Landesverwaltungsgericht Steiermark angefochtene § 28 Abs 3 StGSG normiert als Bewilligungsvoraussetzung, dass Spielstuben weiter als 150 m Gehweg von Kindergärten, Schulen, Schülerheimen, Horten, Jugendheimen, Jugendherbergen und Jugendzentren entfernt sein müssen.
Eine Spielstube ist gemäß § 2 Z 8 StGSG eine "ortsfeste, öffentlich zugängliche Betriebsstätte, die ausschließlich der Aufstellung von Spielapparaten dient". Ein Spielapparat ist gemäß § 2 Z 9 StGSG "ein gegen Entgelt betriebenes Gerät mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen zur Durchführung von Spielen, a) das nur der Unterhaltung und nicht der Erzielung einer vermögenswerten Leistung (Gewinn) dient (Unterhaltungsspielapparate) oder bei dem einem Spieler/einer Spielerin eine vermögenswerte Waren- oder Sachleistung ausgefolgt oder in Aussicht gestellt wird und der Spielerfolg von der Geschicklichkeit des Spielers, somit nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall, abhängt (Geschicklichkeitsspielapparat)".
2.2.Das antragstellende Landesverwaltungsgericht Steiermark vertritt zunächst die Auffassung, dass die angefochtene Bestimmung gegen den Gleichheitssatz verstoße, weil es keine sachliche Rechtfertigung für die Abstandsvorschrift des § 28 Abs 3 StGSG gäbe: Das Argument, dass eine Spielstube im Nahbereich von Kindergärten, Schulen und dergleichen eine erhöhte Gefahr der Verleitung der Kinder und Jugendlichen darstelle, eine Spielstube aufzusuchen, sei nicht nachvollziehbar. Der Aufenthalt in Spielstuben, die Benützung von Spielapparaten und die Teilnahme an Glücksspielen und Sportwetten seien ohnehin gemäß § 16 Abs 3 und § 17 Abs 2 Steiermärkisches Jugendgesetz iVm § 28 Abs 9 StGSG ausschließlich Volljährigen erlaubt. Auch das bloße Vorbeigehen von Kindern oder Jugendlichen an Spielstuben könne keine erhöhte Gefahr im Sinne einer Beeinflussung des künftigen Verhaltens von Kindern und Jugendlichen bewirken. Zudem gebe es keine Rechtfertigung dafür, dass eine gleichartige Abstandsvorschrift (wie für eine Spielstube) nicht für Trafiken, Waffengeschäfte oder Bordelle bestehe.
2.3.§28 Abs 3 StGSG verstößt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 2 StGG und Art 7 B-VG:
Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s. etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001, 19.972/2015, 19.972/2015; ). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001, 19.972/2015; ). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002, 19.972/2015; ).
Entgegen der Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark verstößt die angefochtene Bestimmung des § 28 Abs 3 StGSG nicht gegen den Gleichheitssatz, weil sie im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers liegt. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Steiermärkischen Landesgesetzgeber nicht entgegentreten, wenn dieser aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes in § 28 Abs 3 StGSG normiert, dass eine Spielstube mehr als 150 m Gehweg von Kindergärten, Schulen, Schülerheimen, Horten, Jugendheimen, Jugendherbergen und Jugendzentren entfernt sein muss. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den Jugend- und Spielerschutz sowohl dadurch verfolgen will, dass Kindern und Jugendlichen nicht ohne weiteres der Aufenthalt in Spielstuben gestattet wird (vgl. § 28 Abs 9 StGSG, wonach der Betreiber einer Spielstube das vorgeschriebene Mindestalter der Besucher zu kontrollieren und zu überwachen hat; vgl. im Hinblick auf das Mindestalter insbesondere § 17 Stmk. Jugendgesetz 2013) als auch dadurch, dass Kinder und Jugendliche nicht in die Nähe von Spielstuben kommen, um in keiner Weise einen Anreiz zum (späteren) Besuch derselben zu schaffen (in diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Sachlichkeit von im Interesse des Jugendschutzes liegenden Verkaufsverboten in der Nähe von Orten, die erfahrungsgemäß von Minderjährigen frequentiert werden, hinzuweisen: VfSlg 10.050/1984, 10.594/1985, 13.183/1992).
Es kann dem Landesgesetzgeber aber auch nicht entgegengetreten werden, wenn er – soweit er über eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz verfügt – für andere Unternehmenstätigkeiten ähnliche, andere oder gar keine Abstandsvorschriften erlassen hat.
2.4.Die angefochtene Regelung verstößt auch nicht gegen die Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG:
Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (s. zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006; ) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.
Auch gesetzliche Regelungen, welche die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s. etwa VfSlg 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002; ).
Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung die Schaffung von Verbotszonen aus Gründen des Jugendschutzes als verfassungsrechtlich zulässig angesehen: Der Verfassungsgerichtshof hatte dabei die Verfassungsmäßigkeit des § 52 Abs 4 Gewerbeordnung 1973 (idF der Gewerbeordnungs-Novelle 1981, BGBl 619), der zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben der Gemeinde die Befugnis einräumte, durch Verordnung die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, in räumlichen Bereichen zu untersagen, die von unmündigen Minderjährigen benützt werden, und die Gesetzmäßigkeit einer auf § 52 Abs 4 GewO gestützten Verordnung zu untersuchen. Der Verfassungsgerichtshof kam dabei zum Ergebnis, dass eine solche gesetzliche Regelung nicht gegen die Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG verstößt (vgl. VfSlg 10.050/1984, 10.594/1985, 11.002/1986, 13.183/1992, 15.627/1999).
Diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann sinngemäß auf die angefochtene Bestimmung des § 28 Abs 3 StGSG übertragen werden. Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Zweifel, dass das vom Landesgesetzgeber verfolgte Ziel des Jugendschutzes im öffentlichen Interesse liegt und auch das in § 28 Abs 3 StGSG statuierte Abstandserfordernis zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist.
V.Ergebnis
1.Die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark ob der Verfassungsmäßigkeit des § 28 Abs 3 StGSG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.
2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2017:G355.2016 |
Schlagworte: | Spielapparate, Glücksspiel, Jugendschutz, Erwerbsausübungsfreiheit |
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