VfGH vom 26.02.2002, G349/01
Sammlungsnummer
16443
Leitsatz
Gleichheitswidrigkeit einer Schwellenwertregelung im Stmk VergabeG 1998 mangels sachlicher Rechtfertigung des Ausschlusses des vergabespezifischen Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich
Spruch
1. Die Wortfolge "Bau- und" in § 3 Abs 1 Z 2 litb idF des § 125 Abs 1 des Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 - StVergG, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 74, idF LGBl. Nr. 66/2000 war verfassungswidrig.
2. Der Landeshauptmann von Steiermark ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs im Landesgesetzblatt für das Land Steiermark verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B429/01 ein Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Steiermark (im folgenden: StVKS) anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrundeliegt:
a) Mit Eingabe vom beantragte die nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführende Gesellschaft beim StVKS die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und begehrte die Nichtigerklärung von näher bezeichneten Auftraggeberentscheidungen sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend ein im nicht offenen Verfahren ausgeschriebenes Bauvorhaben, nämlich die Errichtung einer Sportanlage.
b) Mit Bescheid vom wies der StVKS diesen Antrag - gestützt auf "die Zuständigkeitsvorschrift des § 125 Abs 1 bzw. des § 3 Abs 1 Z 2 litb" des Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 (StVergG), LGBl. für das Land Steiermark Nr. 74 idF LGBl. Nr. 66/2000, iVm §§1 und 6 AVG 1991 - zurück, weil der antragsgegenständliche Bauauftrag die in § 3 Abs 1 Z 2 litb leg.cit. normierte Wertgrenze (7 Mio. S ohne USt) für die Anwendbarkeit der im
5. Teil des StVergG geregelten Bestimmungen über den Rechtsschutz unbestrittenermaßen nicht erreiche.
2. Bei Beratung über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "Bau- und" in § 3 Abs 1 Z 2 litb idF des § 125 Abs 1 StVergG idF LGBl. 66/2000 entstanden. Er hat daher beschlossen, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Wortfolge einzuleiten:
a) In seinem Einleitungsbeschluß ging der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, daß die Beschwerde zulässig sein dürfte und er bei Überprüfung des angefochtenen Bescheides die in Prüfung genommene Wortfolge bei der Beurteilung, ob der StVKS seine Zuständigkeit zu Recht verneint hat, anzuwenden hätte.
b) Die für die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes maßgebliche Rechtslage stellte sich wie folgt dar:
Das StVergG regelt die Vergabe von Lieferaufträgen, Bauaufträgen, Baukonzessionsaufträgen und Dienstleistungsaufträgen durch öffentliche Auftraggeber (§1). Nach Abs 1 des unter der Überschrift "Anwendungsbereich bei der Vergabe von Aufträgen oberhalb der Schwellenwerte" stehenden § 2 ist
"(d)ieses Gesetz ... - mit Ausnahme des 3. Teiles - anzuwenden, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer
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1. | bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen mindestens 200.000 Euro und |
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2. | bei der Vergabe von Bau- und Baukonzessionsaufträgen mindestens 5 Millionen Euro |
beträgt".
Hinsichtlich des "Anwendungsbereich(es) bei der Vergabe von Aufträgen unterhalb der Schwellenwerte" ordnet § 3 Abs 1 an:
"(1) Für die Vergabe von Aufträgen, deren geschätzter Auftragswert die im § 2 festgelegten Schwellenwerte nicht erreicht, gilt dieses Gesetz mit der Maßgabe, daß
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1. | die Bestimmungen des 4. Teiles und des 3. Hauptstückes des 5. Teiles nicht anzuwenden sind und |
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2. | die übrigen Bestimmungen des 5. Teiles nur anzuwenden sind, wenn der Auftragswert ohne Umsatzsteuer |
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a) | bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen mindestens 75.000 Euro und |
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b) | bei der Vergabe von Bau- und Baukonzessionsaufträgen mindestens 500.000 Euro |
beträgt."
Die soeben wiedergegebenen Bestimmungen gehen auf die Novelle LGBl. 66/2000 zurück und sind gemäß § 122a Abs 1 StVergG mit in Kraft getreten, jedoch lautet § 3 Abs 1 Z 2 gemäß der "Übergangsvorschrift" des § 125 Abs 1 StVergG idF LGBl. 66/2000 "bis zum " wie folgt (die in Prüfung genommene Wortfolge ist hervorgehoben):
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"2. | die übrigen Bestimmungen des 5. Teiles nur anzuwenden sind, wenn der Auftragswert ohne Umsatzsteuer |
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a) | bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen mindestens | |||||||||
eine Million Schilling und |
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b) | bei der Vergabe von Bau- und Baukonzessionsaufträgen mindestens | |||||||||
7 Millionen Schilling |
beträgt."
c) In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß die sogenannte Schwellenwertregelung, wie sie im StVergG für Bauaufträge enthalten sei, zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung zwischen den Rechtspositionen von Bewerbern und Bietern im Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge führe, und führte dazu aus:
"Daß die Einräumung eines besonderen vergaberechtlichen Rechtsschutzes nur für Aufträge vorgesehen ist, die bestimmte Schwellenwerte übersteigen, hat der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , G110,111/99, vom , G43/00, und inbesondere vom , G10/01, betreffend das Bundesvergabegesetz als dem Gleichheitsgrundsatz widersprechend erkannt. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, daß der Gesetzgeber im Unterschwellenbereich auf eine außenwirksame Regelung, die den Bewerbern und Bietern wenigstens ein Minimum an Verfahrensgarantien zur Verfügung stellt, gänzlich verzichtet und die Bewerber und Bieter damit vom vergabespezifischen Rechtsschutz generell ausgeschlossen hat, sei nicht erkennbar.
Der Verfassungsgerichtshof sieht vorläufig keinen Grund, von seiner Ansicht abzugehen, daß der gänzliche Verzicht auf einen vergabespezifischen Rechtsschutz angesichts des Mangels geeigneter zivilverfahrensrechtlicher Vorschriften, die den besonderen Bedürfnissen einer raschen - vielfach keinen Aufschub duldenden - vergaberechtlichen Rechtskontrolle Rechnung tragen, zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die drei oben zitierten Erkenntnisse verwiesen."
3. Die Steiermärkische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie für die Sachlichkeit der im StVergG vorgesehenen Schwellenwertregelung vor allem praktische Erfahrungen mit dem Stmk. Vergabegesetz, LGBl. 85/1995, welches den vergaberechtlichen Rechtsschutz durch den StVKS ohne irgendwelche Einschränkungen und unabhängig von der Höhe des Auftragswertes vorsah (§1 leg.cit.), und verwaltungsökonomische Erwägungen ins Treffen führt:
"Die Steiermärkische Landesregierung erlaubt sich zunächst darauf hinzuweisen, dass das Steiermärkische Vergabegesetz (1995) insofern einzigartig war, als der vergabespezifische Rechtsschutz ohne irgendwelche Einschränkungen auf den Bereich unterhalb der Schwellenwerte erstreckt wurde. Das Land Steiermark konnte daher als einzige Gebietskörperschaft damit praktische Erfahrungen sammeln. Die Einführung von Bagatellgrenzen für den Rechtsschutz - 2 Millionen Schilling (75.000 Euro) für Liefer- und Dienstleistungsaufträge und 7 Millionen Schilling (500.000 Euro) für Bau- und Baukonzessionsaufträge - anlässlich der Neuerlassung des Gesetzes im Jahr 1998, ist ... auf verwaltungsökonomische Erwägungen zurückzuführen."
Die Praxis habe gezeigt, daß der mit der Erstreckung des Rechtsschutzes auf den Unterschwellenbereich ohne jegliche Grenzziehung verbundene Aufwand in keinem vertretbaren Verhältnis zu den streitigen Auftragssummen stand. So sei beispielsweise ein Nachprüfungsverfahren betreffend die Vergabe der Lieferung von Pulver- und Wasserlöschern durchgeführt worden, in dem der Bieter den Schaden (einschließlich entgangenen Gewinnes) mit S 2.300,-- - bei einem geschätzten Auftragswert von S 32.000,-- - bezifferte.
Nun sei aber unbestritten, daß die Einführung von Bagatellgrenzen im Lichte der bundesverfassungsrechtlich geregelten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung nicht a priori unzulässig ist:
"Der Verfassungsgerichtshof selbst hat anerkannt, dass derartige Grenzziehungen aus Gründen der Verwaltungsökonomie gerechtfertigt sein können. Die Entstehung von Härtefällen im Grenzbereich bewirkt noch nicht die Gleichheitswidrigkeit der Regelung an sich (vgl. z.B. VfSlg. 3568, 7891, 8767, 8942). Es darf auch darauf hingewiesen werden, dass der östereichischen Rechtsordnung auch in anderen Bereichen der Gedanke nicht fremd ist, Art und Ausmaß des Rechtsschutzes an die Erreichung einer bestimmten betragsmäßigen Grenze zu knüpfen (z.B. § 502 Abs 2 und § 528 Abs 2 Z. 1 erste Wortfolge ZPO).
Die Steiermärkische Landesregierung ist ferner der Auffassung, dass die im § 3 Abs 1 Z. 2 StVergG geregelten Bagatellgrenzen im Hinblick auf die mit der Verrechtlichung des Vergabewesens angestrebten Ziele, nämlich der Förderung und Sicherung des Bieterwettbewerbs und der Steuerung der Nachfragemacht des Staates auch sachlich gerechtfertigt sind. Dazu ist Folgendes zu sagen:
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G110,111/99-8, ausdrücklich gemeint, dass es unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn der Gesetzgeber für die Vergabe von Aufträgen geringeren Wertes vereinfachte Vorschriften vorsieht und auf ein aufwendiges Vergabeverfahren verzichtet.
Das Steiermärkische Vergabegesetz sieht in diesem Sinn im Unterschwellenbereich vor, dass abweichend vom Primat des offenen Verfahrens vereinfachte Vergabeverfahren unter anderem dann zulässig sind, wenn der mit einem offenen Verfahren verbundene Aufwand im Hinblick auf den Wert der Leistung wirtschaftlich nicht vertretbar wäre (vgl. § 16 Abs 3 Z. 1 und § 56 Abs 5 Z. 1 StVergG).
§ 56 Abs 4 und 6 StVergG definieren ziffernmäßig den für die
Zulässigkeit der Durchführung vereinfachter Verfahren maßgeblichen
Wert der Leistung. Gemäß § 56 Abs 4 StVergG ist die Vergabe von
Aufträgen im nicht offenen Verfahren dann zulässig, wenn der
geschätzte Auftragsswert ohne Umsatzsteuer bei Liefer- und
Dienstleistungsaufträgen weniger als 2 Millionen Schilling ... und
bei Bau- und Baukonzessionsaufträgen weniger als
7 Millionen Schilling ... beträgt. Gemäß § 56 Abs 6 StVergG ist die
Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren dann zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert - gleich, ob bei Liefer-, Bau-, Baukonzessions- oder Dienstleistungsaufträgen - weniger als 500.000 Schilling (35.000 Euro) beträgt.
Die gemäß § 3 Abs 1. Z. 2 StVergG für die Anwendbarkeit des Rechtsschutzes maßgebliche Bagatellgrenze von 7 Mio Schilling (1 (gemeint wohl:1/2) Mio Euro) bei der Vergabe von Bau- und Baukonzessionsaufträgen wurde daher vom Gesetzgeber nicht willkürlich, sondern in Anknüpfung an § 56 Abs 4 StVergG festgelegt. Sie gewährleistet, dass den Bietern und Bewerbern der vergabespezifische Rechtsschutz dann uneingeschränkt offen steht, wenn nach dem StVergG auf Grund der Höhe des Auftragsvolumens (mehr als 7 Mio Schilling bzw. 1 (gemeint wohl:1/2) Mio Euro) ein vollkommen freier Wettbewerb und damit die Durchführung eines offenen Verfahrens stattzufinden hat.
Bei der Vergabe von Bau- und Baukonzessionsaufträgen mit einem Auftragswert von weniger als 7 Mio Schilling (1 (gemeint wohl:1/2) Mio Euro) werden die Bieter und Bewerber auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Der Gesetzgeber war sich dabei im Klaren darüber, dass der zivirechtliche Bieterschutz in der Phase der Kontrolle des Vergabeverfahrens vor Zuschlagserteilung weniger effektiv ist als der vergabespezifische Rechtsschutz im Verfahren vor dem Steiermärkischen Vergabekontrollsenat. Dennoch erschien dem Gesetzgeber die Ausschließung des vergabespezifischen Rechtsschutzes sachlich gerechtfertigt. Im Unterschied zu den vergleichbaren Schwellenwertregelungen des Bundesvergabegesetzes, die vom Verfassungsgerichtshof im Verfahren G110,111/99 aufgehoben worden sind, findet nach dem Steiermärkischen Vergabegesetz ein Verweis auf den Zivilrechtsweg nur im Rahmen eines eingeschränkten Wettbewerbes, nämlich des nicht offenen Verfahrens oder des Verhandlungsverfahrens statt. Überdies unterscheidet sich § 3 Abs 1 Z. 2 StVergG von den betreffenden Schwellenwertregelungen des Bundesvergabegesetzes auch sehr wesentlich in rein quantitativer Hinsicht."
Die Steiermärkische Landesregierung begehrt daher die "Einstellung" des Gesetzesprüfungsverfahrens; für den Fall der Aufhebung möge eine Frist von zwölf Monaten für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Wortfolge bestimmt werden.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig.
Die Steiermärkische Landesregierung hat gegen dessen Zulässigkeit keine Einwände erhoben. Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was am Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen (insbesondere an der Zulässigkeit der Beschwerde und der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung im Anlaßverfahren) zweifeln ließe.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes erweisen sich auch als begründet.
a) Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner schon mehrfach ( G110,111/99; , G43/00; vgl. auch VfSlg. 15.106/1998 und 15.204/1998), insbesondere aber im Erkenntnis vom , G10/01, vertretenen Auffassung, daß es dem Gleichheitssatz widerspricht, bei der Vergabe von Aufträgen durch vffentliche Auftraggeber unterhalb der vom Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Wertgrenzen auf einen vergabespezifischen Rechtsschutz generell zu verzichten.
Wie bereits in dem zuletzt genannten Erkenntnis ausgeführt, ist
"(f)ür die Effektivität des vergaberechtlichen Rechtsschutzes ... im Bereich der Kontrolle des Vergabeverfahrens vor der Zuschlagserteilung für den Bieter zum einen entscheidend, daß das Verfahren nicht allzu aufwendig gestaltet ist, und zum anderen, daß er rasch und einfach zu den (für den Bereich oberhalb der Schwellenwerte gemeinschaftsrechtlich verpflichtend vorzusehenden) Provisorialentscheidungen gelangen kann; für die betroffenen Auftraggeber und die zum Zuge gekommenen Bieter ist es hingegen von Bedeutung, daß die Entscheidungen rasch erfolgen und Vergabeverfahren und Zuschlagserteilung nicht ungebührlich verzögert werden. Nun fehlt es aber - wie auch in der Literatur betont wird (vgl. etwa Schlosser, Reformbedarf im Vergaberechtsschutz aus der Sicht eines Senatsvorsitzenden des Bundesvergabeamtes, JRP 1999, 242 f., und Aicher, Aspekte des Vergaberechtsschutzes vor den Zivilgerichten, JRP 1999, 253 ff.) - derzeit an geeigneten zivilverfahrensrechtlichen Vorschriften, die den besonderen Bedürfnissen einer raschen, vielfach keinen Aufschub duldenden, vergaberechtlichen Rechtskontrolle Rechnung tragen."
Darin ist der Grund dafür zu erblicken, daß die vergaberechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes vergabespezifische Rechtsschutzinstrumente für die Kontrolle der Einhaltung der Regelungen des Vergabeverfahrens vorsehen.
Die im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes an sich vorgesehenen vergabespezifischen Rechtsschutzinstrumente nur für Vergaben oberhalb der in § 3 StVergG festgelegten Wertgrenzen zur Verfügung zu stellen, bei Vergaben von Aufträgen geringeren Wertes zur Durchsetzung der sich aus dem 2. und 3. Teil des StVergG ergebenden Rechte und Pflichten der an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Aufttrages Beteiligten auf einen solchen zu verzichten und diese mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, ohne daß durch entsprechende Gestaltung der zivil(verfahrens)rechtlichen Vorschriften die Effektivität des Bieterschutzes in der Phase der Kontrolle des Vergabeverfahrens vor Zuschlagserteilung gewährleistet ist, läßt sich auch durch die von der Steiermärkischen Landesregierung ins Treffen geführten verwaltungsökonomischen Aspekte nicht rechtfertigen:
Wenn die Landesregierung darauf hinweist, daß nach dem Konzept des StVergG der vergabespezifische Rechtsschutz nur dort entfallen soll, wo - im Interesse der Verwaltungsökonomie - eine Vergabe im vereinfachten Verfahren in Betracht kommt, dann korrespondiert damit bei der Kontrolle des Vergabeverfahrens naturgemäß ein grobmaschiger Prüfungsmaßstab. Daß dies gerechtfertigt ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht bezweifelt. Nicht mehr gerechtfertigt ist es aber, wenn für Vergaben unter bestimmten Auftragswerten zwar einfachere Vergaberegelungen gelten, deren Einhaltung aber der vergabespezifischen Kontrolle (mit der Konsequenz der Aufhebung der bekämpften Auftraggeberentscheidung) entzogen wird.
Der Hinweis der Steiermärkischen Landesregierung, daß der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G110,111/99, selbst darauf hingewiesen habe, daß gegen eine Regelung, die bei Verfahren unterhalb bestimmter Wertgrenzen Verfahrensvereinfachungen oder Verfahrensbeschleunigungen vorsieht, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden, vermag die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung stehenden Bestimmung nicht darzutun: Das StVergG enthält nämlich derartige Bestimmungen nicht, sondern verweist vielmehr, wie die Steiermärkische Landesregierung selbst ausführt, die von allfälligen Verletzungen der Vergabevorschriften betroffenen Bieter auf den Zivilrechtsweg und bewirkt damit, daß die Kontrolle der Einhaltung der (im Vergleich zu den Oberschwellenwertregelungen zulässigerweise vereinfachten) Vergabevorschriften aufwendiger gestaltet und Provisorialentscheidungen erschwert werden und das Interesse des Auftraggebers an raschen Entscheidungen geringer veranschlagt wird, was aber mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz nicht vereinbar ist. Mit anderen Worten: Die Konsequenzen des gerichtlichen Bieterschutzes für die Kontrolle des Vergabeverfahrens vor der Zuschlagserteilung stehen in keiner sachlichen Relation zu den unterschiedlichen tatsächlichen Gegebenheiten, an die sie anknüpfen.
Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich sohin als zutreffend erwiesen; die verfassungswidrige Bestimmung des StVergG ist auch durch die Verfassungsbestimmung des § 126a BVergG 1997 idF BGBl. I 125/2000 im Hinblick auf deren rückwirkende Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof (Erk. vom , G12/00 ua.) nicht gedeckt. Da die in Prüfung genommene Bestimmung zufolge des § 125 Abs 1 Einleitungssatz StVergG mit Ablauf des außer Kraft getreten ist, war gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auszusprechen, daß die in Prüfung genommene Wortfolge verfassungswidrig war.
3. Eine Fristsetzung gemäß Art 140 Abs 5 dritter Satz B-VG, wie von der Steiermärkischen Landesregierung begehrt, kommt für den hier gegebenen Fall eines Ausspruches gemäß Art 140 Abs 4 B-VG per se nicht in Betracht.
Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art 140 Abs 5 zweiter Satz B-VG.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.