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VfGH vom 14.10.1982, g34/81

VfGH vom 14.10.1982, g34/81

Sammlungsnummer

9543

Leitsatz

Oö. Raumordnungsgesetz 1972; § 2 Abs 6 Z 3 zweiter Satz idF LGBl. 15/1977 ist unter den Kompetenztatbestand der Angelegenheiten des Gewerbes zu subsumieren und daher verfassungswidrig

Spruch

I. Der zweite Satz der Z 3 des § 2 Abs 6 des Gesetzes vom über die Raumordnung im Lande OÖ (Oö. Raumordnungsgesetz - Oö. ROG), LGBl. 18/1972 idF der Nov. LGBl. 15/1977, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

Der Landeshauptmann von OÖ ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

II. § 16 Abs 12 und § 26 Abs 4 Oö. ROG werden nicht als verfassungsfassungswidrig aufgehoben.

III. Hinsichtlich des ersten Satzes der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG wird das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim VfGH ist eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde der Landeshauptstadt Linz gegen einen Bescheid der Oö. Landesregierung vom anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Mit Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom wurde das durch die Straßenzüge Promenade-Herrenstraße-Spittelwiese und Landstraße umgrenzte Gebiet gemäß § 26 Abs 4 des Gesetzes vom über die Raumordnung im Lande OÖ (Oö. Raumordnungsgesetz - Oö. ROG), LGBl. 18/1972 idF der Nov. LGBl. 15/1977, als Gebiet für Geschäftsbauten (§16 Abs 12 Oö. ROG) für geeignet erklärt.

Dieser Verordnung des Gemeinderates lag ein Amtsbericht zugrunde, demzufolge eine Versicherungsgesellschaft das Areal des ehemaligen "Schwechater-Hofes" erworben habe und beabsichtige, die bestehenden Objekte abzutragen und einen Neubau zu errichten. In diesem Neubau solle im Erdgeschoß auch ein Großgeschäft für Herrenoberbekleidung mit einer Gesamtverkaufsfläche von ca. 1.850 Quadratmeter etabliert werden. Der vorgesehene Standort biete für ein Herrenoberbekleidungsgeschäft einen genügend großen Einzugsbereich, der durch die bestehenden Geschäfte in der Landstraße nicht ausreichend abgedeckt sei. Außerdem habe nach den §§21 und 22 des Oö. Landesraumordnungsprogramms, LGBl. 30/1978, die Stadt Linz als überregionales Zentrum im Rahmen der örtlichen Raumplanung auch für die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung eines die Planungsregion sogar wesentlich übersteigenden Landesteiles mit Gütern und Dienstleistungen des spezialisierten höheren Bedarfes zu sorgen. Der für die Westseite der Landstraße geltende Regulierungsplan aus dem Jahr 1889 sei als überarbeitungsbedürftig anzusehen. Der Block Landstraße-Promenade-Herrenstraße und Spittelwiese solle sowohl als "Gebiet für Geschäftsbauten" und gleichzeitig auch als "Kerngebiet" gewidmet werden. Diese Maßnahme sei "in der bestehenden Struktur begründet". Da die Stadt Linz keinen rechtskräftigen Flächenwidmungsplan besitze, sei zur Realisierung des geplanten Bauvorhabens der Versicherungsgesellschaft die Erlassung der Verordnung erforderlich.

Mit Schreiben vom legte die Landeshauptstadt Linz die Verordnung der Oö. Landesregierung mit der Bitte um Erteilung der Genehmigung vor.

Mit Schreiben vom brachte die Landesregierung der Landeshauptstadt Linz gemäß § 45 Abs 3 AVG eine Stellungnahme der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für OÖ zur Kenntnis, in welcher im wesentlichen zum Ausdruck gebracht wurde, daß Linz in hinreichendem Maße mit Oberbekleidungsbetrieben versorgt sei, welche auch in der Lage seien, sowohl den örtlichen als auch den überörtlichen Bedarf vollständig zu decken. Die Landeshauptstadt Linz hat sich hiezu mit Schreiben vom geäußert und darin jene Argumente dargelegt, welche ihrer Auffassung nach die Stellungnahme der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für OÖ als unzutreffend erscheinen lassen.

Nachdem die Landeshauptstadt Linz gemäß § 21 Abs 7 Oö. ROG eine weitere Stellungnahme abgegeben hatte, versagte die Landesregierung mit Bescheid vom 4. Feber 1980 die Genehmigung aus den Gründen des § 21 Abs 6 lita und e Oö. ROG.

Der Bescheid wurde damit begründet, die Erklärung eines derart umfangreichen Gebietes als Gebiet für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf, wie es das von der Verordnung erfaßte Gebiet darstelle, bedürfe nach Auffassung der Aufsichtsbehörde jedenfalls einer so ausreichenden Begründung und Erläuterung der von der Gemeinde betriebenen Raumforschung und der von ihr vorgenommenen Abwägung aller Interessen und Bedürfnisse, daß die Aufsichtsbehörde in die Lage versetzt sei, die auf die Raumordnungsgrundsätze des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG abzielenden diesbezüglichen Planungsabsichten der Gemeinde zu prüfen und nachzuvollziehen. Einen dermaßen zureichenden Aufschluß über die Planungsabsichten hinsichtlich des gesamten als für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf geeignet erklärten Gebietes gebe aber weder der dem Beschluß des Gemeinderates zugrundeliegende Amtsbericht noch die Stellungnahme der Landeshauptstadt Linz zu den ihr mitgeteilten Versagungsgründen. Vielmehr komme in dieser Stellungnahme und im Amtsbericht zum Ausdruck, daß die Stadt Linz im Hinblick auf die Problematik der Raumordnung des Gebietes des Stadtzentrums für den Geltungsbereich der gegenständlichen Verordnung offenbar neben der Widmung "Gebiete für Geschäftsbauten" die Widmung "Kerngebiet" (§16 Abs 6 bzw. Abs 12 Oö. ROG) habe festlegen wollen. Diesen Schluß lasse auch ein der Aufsichtsbehörde vorgelegter Plan zu, in dem für das fragliche Gebiet die Widmung "Kerngebiet-Geschäftsgebiet" aufscheine. Abgesehen von der mangelnden Transparenz der Entscheidungsmotive des Verordnungsgebers müsse festgestellt werden, daß die von der Landeshauptstadt Linz gehegten Planungsabsichten mit dem Wortlaut der vom Gemeinderat beschlossenen Verordnung offensichtlich nicht übereinstimmten, weil nach der Verordnung das gesamte Gebiet als "Gebiet für Geschäftsbauten (§16 Abs 12 leg. cit.) geeignet erklärt" worden sei.

Auf Grund dieser Erwägungen kam die Aufsichtsbehörde unter Hinweis auf das Erk. VfSlg. 8280/1978 zur Auffassung, daß die zur Genehmigung vorgelegte Verordnung gesetzwidrig sei, weil die vom Gemeinderat getroffene Planungsentscheidung die notwendige Transparenz vermissen lasse und die Entscheidungsgrundlagen für das Zustandekommen der Verordnung so mangelhaft seien, daß eine Aussage darüber, ob die Verordnung den vom Oö. ROG im Zusammenhang mit der Errichtung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf vorgegebenen Zielen (§2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG) entspreche, nicht möglich sei. Der Verordnung müsse daher bereits aus diesen Erwägungen die Genehmigung versagt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in welcher die Landeshauptstadt Linz die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie die Verletzung des "verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Gemeinde auf Besorgung der behördlichen Aufgaben in den Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung im eigenen Wirkungsbereich" geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

2. Bei der Beratung über die Beschwerde haben sich beim VfGH Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§2 Abs 6 Z 3, 16 Abs 12 und 26 Abs 4 des Oö. ROG ergeben, zu deren Klärung der VfGH beschlossen hat, die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmungen von Amts wegen zu prüfen ().

3. a) Die Oö. Landesregierung hat in einer Äußerung die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen verteidigt.

b) Die Ämter der Landesregierungen von Tirol, Ktn. Stmk. und Sbg. haben über Einladung durch den VfGH ebenfalls Äußerungen erstattet, in welchen sie die Auffassung vertreten, daß die in Prüfung gezogene Regelung nicht verfassungswidrig ist.

c) Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat sich in einer Äußerung den Bedenken des VfGH angeschlossen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Der VfGH hat im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens zur Zulässigkeit der Beschwerde im Anlaßverfahren folgendes ausgeführt:

"Die belangte Behörde bestreitet zunächst, daß die Beschwerde wirksam eingebracht wurde und bezweifelt die Berechtigung des Stadtrates R. E., als Vertreter der Landeshauptstadt Linz Beschwerde zu erheben.

Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß der Stadtsenat am den Beschluß gefaßt hat, den Versagungsbescheid der Landesregierung beim VfGH anzufechten. Eine derartige Entscheidung fällt nach § 44 Abs 3 litk des Statutes für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. 10/1980, in die Zuständigkeit des Stadtsenates. In § 32 des genannten Statutes ist vorgesehen, daß die Beschlüsse des Stadtsenates vom Bürgermeister zu vollziehen sind. Dieser hat sich hiebei des nach seinem Geschäftsbereich sachlich in Betracht kommenden Mitgliedes des Stadtsenates zu bedienen.

Nach der Anlage I zur Verordnung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom , mit der die Geschäftseinteilung für den Stadtsenat festgelegt wird (kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 21/1979), fallen in den Geschäftsbereich des Stadtrates R. E. ua. das Planungswesen und Baurechtsangelegenheiten. Der Auffassung der belangten Behörde, daß die in der Verordnung vorgenommene Umschreibung des Geschäftsbereiches zu unscharf sei, um damit das sachlich in Betracht kommende Mitglied des Stadtsenates gemäß § 32 des Statutes eindeutig bestimmen zu können, kann der VfGH nicht folgen. Es trifft zwar zu, daß bei der Anführung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in § 41 Abs 2 des Statutes in der Z 9 die Ausdrücke "örtliche Baupolizei" und "örtliche Raumplanung" (entsprechend der Terminologie des Art 118 Abs 3 Z 1 B-VG) verwendet werden. Diese Angelegenheiten scheinen jedoch in der Sache durchaus den in der Anlage I zur Verordnung angeführten Angelegenheiten "Planungswesen" und "Baurechtsangelegenheiten" zu entsprechen, zumal die in der Anlage I angeführten Geschäftsbereiche ausschließlich Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches betreffen (s. den ersten einleitenden Absatz der genannten Anlage I).

Der VfGH geht auf Grund dessen zunächst davon aus, daß Stadtrat R. E. als das in der vorliegenden Beschwerdesache sachlich in Betracht kommende Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz anzusehen ist."

Gegen diese Auffassung des VfGH wurden im Gesetzesprüfungsverfahren keine Einwendungen - auch nicht von der Oö. Landesregierung - erhoben. Der VfGH sieht keine Veranlassung, von seiner - zunächst vorläufig geäußerten - Auffassung abzugehen. Die Beschwerde im Anlaßverfahren ist somit - da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen - zulässig.

b) Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

§2 Abs 6 Z 3: "Betriebe für den überörtlichen Bedarf sollen nur in hiefür geeigneten Gebieten errichtet werden. Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf (§16 Abs 12) sollen nur auf Standorten vorgesehen werden, für die ein genügend großer Einzugsbereich vorhanden ist, der durch bestehende Betriebe einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf nicht ohnehin bereits ausreichend versorgt ist, und sollen nur insoweit zugelassen werden, als die Aufrechterhaltung und Sicherung der Nahversorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Dienstleistungen, insbesondere mit Waren und Leistungen des täglichen Bedarfes, im Einzugsbereich des Geschäftsbaues nicht gefährdet wird."

§16 Abs 12: "Als Gebiete für Geschäftsbauten sind solche Flächen vorzusehen, die für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf (Großgeschäfte, Warenhäuser und Einkaufszentren iS des § 70 der O.ö. Bauverordnung, LGBl. Nr. 63/1976) bestimmt sind, deren Gesamtverkaufsfläche mehr als 600 Quadratmeter oder deren Gesamtbetriebsfläche mehr als 1000 Quadratmeter beträgt. Zur Gesamtverkaufsfläche gehören die Flächen aller Räume, die für Kunden bestimmt und zugänglich sind, ausgenommen Stiegenhäuser, Gänge, Hausflure und Räume für sanitäre Anlagen. Zur Gesamtbetriebsfläche gehören die Flächen aller Verkaufs-, Betriebs- und Lagerräume, ausgenommen Stellplätze für Kraftfahrzeuge."

§26 Abs 4: "In Gebieten, für die kein Flächenwidmungsplan rechtswirksam ist, dürfen bis zu dessen Erlassung Bauplatzbewilligungen und Baubewilligungen für die Errichtung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf (§16 Abs 12) nur auf Standorten erteilt werden, welche durch Verordnung der Gemeinde ausdrücklich als hiefür geeignet erklärt wurden. Eine solche Verordnung bedarf der Genehmigung der Landesregierung, die nur erteilt werden darf, wenn Versagungsgründe iS des § 21 Abs 6 nicht vorliegen. Der vorletzte Satz des § 16 Abs 13 gilt sinngemäß."

c) Die im Anlaßverfahren belangte Behörde hat diese Bestimmungen - ausgenommen den ersten Satz der Z 3 des § 2 Abs 6 - angewendet und hatte sie auch anzuwenden. Auch der VfGH hätte sie anzuwenden.

Der Einwand, § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG sei nicht anzuwenden, weil die belangte Behörde ihre Entscheidung "im Ergebnis" nur auf den Versagungstatbestand des § 21 Abs 6 lite (Widerspruch zu gesetzlichen Bestimmungen) gestützt und damit begründet habe, die Entscheidungsgrundlagen für das Zustandekommen der Verordnung seien so mangelhaft, daß eine Aussage darüber nicht möglich sei, ob die Verordnung den vom Oö. ROG im Zusammenhang mit der Errichtung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf vorgegebenen Zielen gemäß § 2 Abs 6 Z 3 dieses Gesetzes entspreche, trifft nicht zu. Nicht nur dann, wenn eine Verordnung im einzelnen an den Grundsätzen der Z 3 des § 2 Abs 6 zu messen ist, sondern auch um (lediglich) beurteilen zu können, ob die Entscheidungsgrundlagen eine Prüfung der Verordnung auf ihre Übereinstimmung mit den in § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG enthaltenen Zielen überhaupt ermöglichen, bedarf es nämlich des Vergleiches dieser Ziele mit den Entscheidungsgrundlagen. Im übrigen hat die Behörde im Anlaßfall die Genehmigung auch aus dem Grund des § 21 Abs 6 lita Oö. ROG (Widerspruch zu den in § 2 festgelegten Raumordnungsgrundsätzen) versagt; die im zweiten Satz der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG enthaltenen Voraussetzungen sind daher auch aus diesem Grund präjudiziell.

Hingegen ist der erste Satz der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG deshalb nicht anzuwenden, weil Gegenstand der Versagung der Genehmigung im Anlaßverfahren Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf bilden, nicht aber ein Betrieb für den überörtlichen Bedarf. Auch ein untrennbarer Zusammenhang zwischen dem ersten und dem zweiten Satz der Z 3 besteht nicht. Dem diesbezüglichen Einwand des Amtes der Ktn. Landesregierung kommt somit Berechtigung zu.

d) Aus den obigen Erwägungen ergibt sich, daß das Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des ersten Satzes des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG mangels Präjudizialität einzustellen (vgl. VfSlg. 6685/1972, S 242; VfSlg. 9234/1981), im übrigen aber zulässig ist.

2. Der VfGH hat im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens die in Prüfung gezogene Regelung wie folgt beschrieben:

"Eine Verordnung, mit der Standorte als für die Errichtung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf geeignet erklärt werden, bedarf der Genehmigung der Landesregierung (§26 Abs 4). Die Erklärung solcher Standorte als Gebiet für Geschäftsbauten hat unter Berücksichtigung bestimmter Grundsätze (§2 Abs 6 Z 3) zu erfolgen, wobei davon auszugehen ist, daß Geschäftsbauten ab einer gewissen Grenze als für den überörtlichen Bedarf bestimmt gelten (§16 Abs 12)."

Der VfGH hat gegen diese Bestimmungen in ihrem Zusammenhang folgende Bedenken geäußert:

a) Zunächst scheint es im vorliegenden Fall darauf anzukommen, ob die in Prüfung gezogene Regelung auf Aspekte der Raumordnung abstellt. Es scheint nach der verfassungsrechtlichen Aufteilung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern nicht Sache des Landes als für die gesetzliche Regelung und Vollziehung in Angelegenheiten der Raumordnung zuständiger Gebietskörperschaft zu sein, Wettbewerbspolitik oder Gewerbepolitik zu betreiben. Regelungen, welche die Frage der Situierung von Großmärkten unter wettbewerbspolitischen oder gewerbepolitischen (wozu auch die Prüfung unter dem Aspekt des örtlichen Bedarfs zu gehören scheint) Aspekten lösen wollten, scheinen nur durch den zuständigen Bundesgesetzgeber, nicht aber in den Landes-Raumordnungsgesetzen erlassen werden zu dürfen (s. Korinek, Rechtliche Probleme der Anwendung von Raumordnungsgesetzen, Linz 1975, S 89 f.).

Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen wurden mit der Nov. LGBl. 15/1977 in das Oö. ROG eingefügt. Ihr Wortlaut steht in Einklang mit dem Bericht des Ausschusses für Straßen und sonstige öffentliche Bauten (Beilage 207/1977 zum kurzschriftlichen Bericht des O.ö. Landtages, XXI. GP), in welchem als Ursache hiefür die beträchtliche Zunahme der Anzahl der insbesondere im Einzugsbereich von Städten errichteten Einkaufszentren, Supermärkte und großen Handelsbetriebe angeführt wird, in denen in der Regel mehrere Warengruppen bzw. Dienstleistungen einem großen Kundenkreis aus der Umgebung angeboten werden. Diese Entwicklung - heißt es in dem Bericht - berge insofern eine Gefahr für die Nahversorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Dienstleistungen in sich, als die Zahl der diese Nahversorgung sichernden Klein- und Mittelbetriebe im weiteren Umkreis solcher Großgeschäftsbauten nicht zuletzt auf Grund der ungleichen Wettbewerbsvoraussetzungen erfahrungsgemäß mehr und mehr zurückgehe. Einzelne Schichten der Bevölkerung würden dadurch insbesondere bei der Beschaffung der für den täglichen Bedarf erforderlichen Waren und Dienstleistungen benachteiligt. Um eine weitere unkontrollierte Entwicklung hintanzuhalten, solle daher wie in anderen Bundesländern eine Regelung getroffen werden, nach der die erwähnten Geschäftsbauten in Zukunft nur mehr in Gebieten errichtet werden dürfen, die im Flächenwidmungsplan der Gemeinde (bzw. in Gebieten, für die noch kein rechtswirksamer Flächenwidmungsplan vorhanden ist, durch Verordnung des Gemeinderates) ausdrücklich für diesen Zweck vorgesehen und damit - auch vom Standpunkt der Sicherung der Nahversorgung der Bevölkerung - als geeignet festgestellt worden seien.

Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen scheinen also die Festlegung der Nutzungsart "Gebiete für Geschäftsbauten" von Voraussetzungen abhängig zu machen, welche vom Aspekt der Bedarfsdeckung ausgehen, was aber in die Kompetenz des Bundes zu fallen scheint (vgl. hiezu Pernthaler, Raumordnung und Verfassung I, Wien 1975, S 157 f. und - wie bereits oben angeführt - Korinek, a.a.O., S 89 f.).

Ein Regelungszusammenhang der in Prüfung gezogenen Bestimmungen zum Baurecht ist dem VfGH - vorläufig - nicht erkennbar. Die Widmungskategorie "Gebiete für Geschäftsbauten" scheint vielmehr eine eigene Bodennutzungswidmung für bestimmte Gewerbezweige darzustellen, welche raumordnungsgesetzlich ausschließlich im Zusammenhang mit dem örtlichen Bedarf und der Aufrechterhaltung und Sicherung der Nahversorgung geregelt ist. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen scheinen für die Zulässigkeit einer planerischen Maßnahme Bedarfsgesichtspunkte zur Bedingung zu machen (s. Fröhler - Oberndorfer, Raumordnung und Gewerberecht, Linz 1980, S 56).

Fröhler - Oberndorfer weisen in dem Zusammenhang darauf hin (a.a.O. S 60), daß dann ein hinreichender objektiver Regelungszusammenhang zu einer vorwiegend aus der Baurechtskompetenz abgeleiteten Planung erwiesen sei, wenn mit dem planungsrechtlichen Vorbehalt der "Errichtung von Einkaufszentren" in einem bestimmten dazu gewidmeten Gebiet beabsichtigt sei, daß in diesem Gebiet nur jene Baulichkeiten errichtet werden dürfen, die funktionell geeignet sind, ein Einkaufszentrum zu beherbergen. Anzumerken sei freilich, daß die raumordnungsrechtliche Steuerung von Einkaufszentren, die den objektiven Regelungszusammenhang zum Baurecht wahren will, nicht von typisch gewerberechtlichen Voraussetzungen und Bedingungen abhängen dürfe. Daher sei auch die Regelung des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG verfassungsrechtlich bedenklich. Zwar könne bei baurechtlichen Maßnahmen auch auf ein wirtschafts- oder gewerbepolitisches Ziel Bedacht genommen werden (weil Ziele und Zwecke von Regelungen prinzipiell kompetenzrechtlich unbeachtlich seien), jedoch sei es nicht zulässig, raumplanungsrechtliche oder daraus folgende baurechtliche Maßnahmen selbst von entsprechenden, dem Gewerberecht zuzuordnenden Bedingungen abhängig zu machen.

Den kompetenzrechtlichen Bedenken gegen § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG scheint auch nicht entgegenzustehen, daß im zweiten Teil dieser Bestimmung (beginnend mit den Worten: "und sollen nur insoweit zugelassen werden") nicht vom Bedarf, sondern von der Aufrechterhaltung und Sicherung der Nahversorgung der Bevölkerung die Rede ist. Es scheint, daß auch dieser Aspekt im Grunde auf eine Prüfung des örtlichen Bedarfes hinausläuft.

Der VfGH hat im Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 2674/1954 ausgesprochen, daß die planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in bezug auf seine Verbauung, insbesondere für Wohn- und Industriezwecke einerseits und für die Erhaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen andererseits nach Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung insoweit Landessache ist, als nicht etwa einzelne dieser planenden Maßnahmen nach Art 10 bis 12 B-VG der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes ausdrücklich vorbehalten sind. Von dieser Auffassung ist der VfGH auch im Erk. VfSlg. 7582/1975 ausgegangen.

Aus den oben dargestellten Erwägungen in Verbindung mit der angeführten Rechtsprechung des VfGH scheint sich zu ergeben, daß der Landesgesetzgeber in der in Prüfung gezogenen Regelung die Standortplanung aus gewerberechtlicher Sicht zum Schutz der Versorgungsbedürfnisse der Bevölkerung normiert hat. Eine derartige Regelung scheint aber nach Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG in die Zuständigkeit des Bundes zu fallen.

b) Nach dem zweiten Satz des Art 119a Abs 8 B-VG darf als Grund für die Versagung der Genehmigung einzelner von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu treffender Maßnahmen, durch die auch überörtliche Interessen in besonderem Maß berührt werden, durch die Aufsichtsbehörde nur ein Tatbestand vorgesehen werden, der die Bevorzugung überörtlicher Interessen eindeutig rechtfertigt.

Daraus scheint hervorzugehen, daß ein Aufsichtsrecht des Landes nach Art 119a Abs 8 B-VG nur in jenen überörtlichen Raumordnungsangelegenheiten stattfinden kann, deren Regelung in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt; nur unter diesen Voraussetzungen scheint es zulässig zu sein, der Landesregierung als Aufsichtsbehörde die Befugnis zur Genehmigung einschlägiger Verordnungen der Gemeinde einzuräumen. Wenn jedoch diese überörtlichen Interessen nicht den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde betreffen, sondern gewerberechtliche Aspekte zum Schutz der Versorgungsbedürfnisse der Bevölkerung beinhalten (s. oben unter Pkt. a), scheint die Einräumung einer Befugnis der Landesregierung zur Versagung der Genehmigung als Aufsichtsbehörde durch Art 119a Abs 8 B-VG nicht gedeckt zu sein.

c) Für den Fall, daß die oben unter Pkt. a) und b) dargelegten kompetenzrechtlichen Bedenken des VfGH nicht zutreffen sollten, ergeben sich aber wieder andere verfassungsrechtliche Bedenken:

Aus der Formulierung des Art 119a Abs 8 B-VG läßt sich ableiten, daß an die Zulässigkeit von Genehmigungsvorbehalten strenge Maßstäbe anzulegen sind und daß insbesondere für eine weite Auslegung dieser Verfassungsbestimmung im Zweifel kein Raum ist (s. Berchtold, Gemeindeaufsicht, Wien-New York 1972, S 104). Das besondere Ausmaß der Berührung überörtlicher Interessen ist es, welches den Genehmigungsvorbehalt bei Flächenwidmungsplänen sowie im örtlichen Raumplanungs- und Bebauungsrecht auch unter dem Aspekt einer engen Auslegung des Art 119a Abs 8 B-VG rechtfertigt (vgl. hiezu Berchtold, a. a.O., S 105, Pernthaler, a.a.O., S 290 und Korinek, a.a.O. S 98). Diesen Standpunkt vertritt seit langem auch der VfGH (vgl. etwa das Erk. VfSlg. 6510/1971, S 570).

Wenn man aber davon ausgeht, daß Einschränkungen des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinden im Zweifel restriktiv auszulegen sind, dann scheint die in § 16 Abs 12 Oö. ROG gezogene Grenze zwischen Geschäftsbauten für den örtlichen und für den überörtlichen Bedarf zu eng zu sein. Es scheint, daß insbesondere die generelle Annahme, alle Geschäftsbauten mit einer Verkaufsfläche von mehr als 600 Quadratmeter dienten bereits dem überörtlichen Bedarf (und damit seien bei Überschreitung dieser Grenze auch überörtliche Interessen in besonderem Maß berührt), bei einer restriktiven Auslegung des Art 119a Abs 8 B-VG mit dieser Verfassungsbestimmung nicht in Einklang zu bringen ist.

d) Der VfGH geht auf Grund all dieser Bedenken vorläufig davon aus, daß die in Prüfung gezogene Regelung in ihrer Gesamtheit gegen die Bestimmungen der Art 10 Abs 1 Z 8 und 119a Abs 8 B-VG verstößt."

3. a) Zu den Bedenken des VfGH im Hinblick auf Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG wurde im Gesetzesprüfungsverfahren im wesentlichen vorgebracht, im Rahmen des Raumordnungsrechtes sei ua. auch eine Bedachtnahme auf Aspekte des Bedarfes der Bevölkerung in bezug auf eine zweckmäßige und ausreichende Versorgung mit Bedarfsgütern und Dienstleistungen und auf eine Sicherstellung der Nahversorgung erforderlich, mit der in Prüfung gezogenen Regelung sei (lediglich) eine auf baurechtliche Gesichtspunkte zurückgehende weitere Differenzierung für Bodennutzungen geschaffen worden (Oö. Landesregierung); inhaltlich sei die Regelung nichts anderes als die Beschränkung einer bestimmten Art der baulichen Nutzung des Bodens (Amt der Tir. Landesregierung); es werde nur die Eignung des Gebietes geprüft, die Regelung ziele so auf eine zweckmäßige Ordnung des Raumes und nicht des Wettbewerbes ab (Amt der Stmk. Landesregierung); die ganzheitliche Betrachtung und Obsorge mit dem Ziel der Funktionstüchtigkeit eines Raumes für den Menschen sei Zweck der Raumordnung, der Gegenstand der Regelung bleibe nach wie vor die Bebaubarkeit eines Grundstückes mit Bauten bestimmter Art (Amt der Sbg. Landesregierung); die Regelung sei verfassungskonform dahin interpretierbar, daß die Widmung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf nicht von Kriterien des Lokalbedarfes im gewerberechtlichen Sinne, sondern von einem Lokalbedarf der örtlichen Gemeinschaft an Flächen für Geschäftsbauten überörtlicher Bedeutung abhängig sei (Amt der Ktn. Landesregierung).

b) Der VfGH geht davon aus, daß § 2 des Oö. ROG zwar eine Reihe von Grundsätzen und Zielen der Raumordnung aufzählt, die anzustreben sind und auf welche bei Erlassung der Vorschriften Bedacht zu nehmen ist, daß aber der durch die Nov. LGBl. 15/1977 in den § 2 eingefügte zweite Satz der Z 3 des Abs 6, der sich schon auf Grund seiner Diktion ("... sollen nur auf Standorten vorgesehen werden, ... und sollen nur insoweit zugelassen werden, ...") deutlich von den übrigen Bestimmungen des § 2 abhebt, nicht bloß eine Bedachtnahme auf die in ihm enthaltenen Kriterien, sondern deren zwingende Beachtung vorschreibt. Die Z 3 des Abs 6 ist nicht so zu verstehen, daß sie (lediglich) eine Abwägung der in ihr festgelegten Bedingungen mit anderen im § 2 aufgezählten Gesichtspunkten vorsieht, sondern vielmehr so, daß es bei der Widmung von Flächen für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf ausschließlich auf das Vorliegen der in der Z 3 aufgezählten Voraussetzungen ankommt. Dies ist auch aus folgendem Umstand zu ersehen:

Die Bestimmungen der §§2 Abs 6 Z 3, 16 Abs 12 und 26 Abs 4 sind gemeinsam durch die Nov. LGBl. 15/1977 in das Oö. ROG eingefügt worden. Sie stellen für sich betrachtet eine weitgehend selbständige, die Widmung von Flächen für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf regelnde Einheit dar und beziehen sich ausschließlich auf solche Flächen. Bei der Anführung der Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf in der Z 3 des § 2 Abs 6 wird ausdrücklich auf § 16 Abs 12 verwiesen, wo jenes Ausmaß an Gesamtverkaufsfläche oder Gesamtbetriebsfläche im einzelnen festgelegt ist, bei dessen Vorliegen vermutet wird, daß der Geschäftsbau für den überörtlichen Bedarf bestimmt ist.

c) Nach dem Rechtssatz des Kompetenzfeststellungserkenntnisses VfSlg. 2674/1954 ist die planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in bezug auf seine Verbauung, insbesondere für Wohn- und Industriezwecke einerseits und für die Erhaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen anderseits ("Landesplanung" - "Raumordnung"), nach Art 15 Abs 1 B-VG in der Fassung von 1929 in Gesetzgebung und Vollziehung insoweit Landessache, als nicht etwa einzelne dieser planenden Maßnahmen, wie im besonderen solche auf den Gebieten des Eisenbahnwesens, des Bergwesens, des Forstwesens und des Wasserrechts, nach Art 10 bis 12 B-VG in der Fassung von 1929 der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes ausdrücklich vorbehalten sind.

Aus diesem Rechtssatz ergibt sich, daß Raumplanung dann Landessache ist, wenn die betreffende Materie, der die Planung zuzurechnen ist, nicht nach Art 10 bis 12 B-VG ausdrücklich in die Zuständigkeit des Bundes fällt. Der Umstand, daß eine Planung Standorte festlegt, reicht allein noch nicht aus, sie deshalb dem Art 15 Abs 1 B-VG zuzuordnen, weil sie die Standorte von Bauten betrifft. Es ist hier zu untersuchen, ob die in Prüfung gezogenen Bestimmungen - was der VfGH in seinem Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens vorläufig angenommen hat - Planungsmaßnahmen auf Grund von Kriterien vorsehen, welche dem Kompetenztatbestand Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art10 Abs 1 Z 8 B-VG) zuzurechnen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH sind Begriffe, die in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben sind, in dem Sinn zu verstehen, der ihnen zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der den entsprechenden verfassungsrechtlichen Begriff enthaltenden Verfassungsnormen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zugekommen ist (vgl. VfSlg. 2721/1954, 4680/1964, 5019/1965 und 9337/1982). Dementsprechend fallen unter den Kompetenztatbestand "Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie" in Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG alle Vorschriften, die nach dem Stand und der Systematik der einfach-gesetzlichen Rechtslage am als Vorschriften betreffend Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie anzusehen sind (vgl. etwa VfSlg. 2500/1953, 5024/1965).

Nach § 23 Abs 5 der GewO 1859 in der Fassung der Nov. RGBl. 26/1907 hatte die Behörde bei Verleihung einer Reihe näher bezeichneter Gewerbe auch auf die "Lokalverhältnisse" Bedacht zu nehmen. Schon aus der wörtlichen Bedeutung des Begriffes Lokalbedarf in Verbindung mit dem Umstand, daß jede Gewerbeberechtigung gemäß § 12 GewO 1859 für einen bestimmten Standort zu verleihen war, wurde gefolgert, daß für die Lösung der Bedürfnisfrage die Verhältnisse jenes Ortes maßgebend sein müssen, in welchem das betreffende Gewerbe seinen Standort haben soll (s. Praunegger, Das österreichische Gewerberecht, Leykam, Graz 1924, S 494). Die Prüfung des Lokalbedarfes hatte grundsätzlich jeder Verleihung einer Konzession voranzugehen, wenn kraft gesetzlicher Vorschrift bei der Verleihung der betreffenden Konzession auf das Bedürfnis der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen war ( Z 3218).

Daraus ergibt sich, daß die Gewerbebehörde bei Beurteilung des Lokalbedarfes planende Überlegungen darüber anzustellen hatte, ob bestimmte Standorte unter dem Aspekt der Bedürfnisse der Bevölkerung als geeignet in Betracht kommen.

d) Planende Überlegungen hinsichtlich der Standortwahl unter dem Aspekt der Bedürfnisse der Bevölkerung liegen aber auch dem zweiten Satz des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG zugrunde.

Der VfGH stellt nicht in Frage (und hat das auch in seinem Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens nicht getan), daß - ausgehend vom Begriff der Raumplanung in einem umfassenden Sinn, welcher der Rechtsprechung des VfGH seit dem Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 2674/1954 zugrunde liegt - Raumordnung auf eine möglichst iS der öffentlichen Interessen liegende Ordnung des Raumes abzielt (VfSlg. 7105/1973) und der Landesgesetzgeber die räumlich funktionellen Erfordernisse unter den verschiedensten Aspekten berücksichtigen kann (VfSlg. 6667/1972). In diesem Zusammenhang kann die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung sicherlich ebenfalls Berücksichtigung finden. Der VfGH hat daher auch nicht in Frage gestellt, daß im Rahmen der Raumordnung Sonderwidmungen von Flächen für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf und für Einkaufszentren sowie ähnliche Einrichtungen an sich festgelegt werden können.

Kompetenzrechtlich nicht zulässig ist es aber, Raumordnungsvorschriften ausschließlich (s. oben unter b) von Aspekten (s. oben unter c) abhängig zu machen, zu deren Regelung die Zuständigkeit fehlt.

In diesem - für den vorliegenden Fall entscheidenden - Punkt gehen die meisten der im Gesetzesprüfungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen am Inhalt der in Prüfung gezogenen Regelung vorbei. Die Regelung stellt nämlich - wie bereits hervorgehoben -, auch wenn damit eine bestimmte Art der Bebaubarkeit des Grundes, eine spezifische Weise der Bodennutzung iS einer zweckmäßigen Ordnung des Raumes erreicht werden soll, - allein und ausschließlich auf den Aspekt der Bedarfsdeckung ab. Der VfGH hat dies im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens aus dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG abgeleitet, oben unter b) noch näher dargelegt und aus dem Regelungszusammenhang heraus begründet. Auch aus den im Einleitungsbeschluß zitierten Gesetzesmaterialien geht das ausschließliche Abstellen auf den Aspekt der Bedarfsdeckung hervor.

Dagegen wurde im Gesetzesprüfungsverfahren direkt nichts vorgebracht, es wurde in den Äußerungen vielmehr behauptet, die Regelung nehme (auch) auf Aspekte Bedacht, welche nicht dem Gewerberecht zuzurechnen seien. Dabei wird allerdings außer acht gelassen, daß eine Standortplanung, welche Voraussetzungen festlegt, die mit dem Lokalbedarf ident sind, von keiner anderen als einer gewerberechtlichen Betrachtungsweise ausgeht. Nach dem Inhalt des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG soll nämlich die Nahversorgung dadurch gesichert werden, daß die Lebensfähigkeit bestehender Betriebe gewährleistet bleibt, Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf sollen nur dort zugelassen werden, wo keine anderen Betriebe dadurch in ihrer Existenz gefährdet werden. Daß damit zugleich die Bedarfssicherung für den örtlichen Bereich verbunden ist, ändert nichts am gewerberechtlichen Charakter der Regelung, weil das Gewerberecht den Schutz des Gewerbetreibenden mit dem Schutz der Kunden verknüpft (s. §§69 Abs 2, 72 und 73 GewO 1973) und die Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigen kann (s. VfSlg. 4117/1961, S 693 zur einschlägigen Rechtslage im Jahr 1925; vergleiche auch Barfuss, ÖZW 1974, S 16,

Buchmann in: Rill, Gewerberecht, Orac, Wien 1978, S 383, sowie

Schumacher in: Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, Orac, Wien 1981, S 4). Aus diesen Gründen ist die vom Amt der Ktn. Landesregierung vorgenommene verfassungskonforme Interpretation nicht möglich.

Auf den Hinweis der Ämter der Ktn. und der Sbg. Landesregierung, eine Regelung wie die des § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG falle (auch) deshalb in die Landeskompetenz, weil sie nicht unter den Begriff "Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle" nach Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG (Hinweis auf das Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 5748/1968) zu subsumieren sei und weil der Kompetenztatbestand des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG bei Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgegenständen nicht mehr anwendbar sei (Hinweis auf VfSlg. 4939/1965 und 5748/1968), ist nicht weiter einzugehen, weil die Erlassung einer Regelung wie die in Prüfung gezogene aus den bereits oben dargelegten Erwägungen nach einer anderen Bestimmung des B-VG, und zwar der des Art 10 Abs 1 Z 8, dem Bund zusteht.

e) Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß auch unter Berücksichtigung des Umstandes, wonach die Kompetenztatbestände der Art 10 bis 12 B-VG gegenüber der allgemeinen Kompetenz der Länder nach Art 15 B-VG im Zweifel iS des föderalistischen Prinzips der Bundesverfassung auszulegen sind (vgl. VfSlg. 2977/1956), der zweite Satz der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG nicht bloß bundesgesetzlich zu regelnde Materien mitberücksichtigt, sondern daß diese Bestimmung ausschließlich einen Regelungsinhalt aufweist (Bedarfsdeckung), der unter den Kompetenztatbestand der Angelegenheiten des Gewerbes zu subsumieren ist, sodaß ihre Erlassung im Hinblick auf Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG nicht in die Zuständigkeit der Länder fällt.

Der zweite Satz der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG ist daher als verfassungswidrig aufzuheben, nicht jedoch die ebenfalls in Prüfung gezogenen §§16 Abs 12 und 26 Abs 4 Oö. ROG, weil die Kompetenzwidrigkeit ihren Sitz ausschließlich in der erstgenannten Bestimmung hat.

4. Der vom VfGH in seinem Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens gezogenen Schlußfolgerung, wonach dann, wenn die überörtlichen Interessen (ausschließlich) gewerberechtliche Aspekte beinhalten, die Einräumung einer Befugnis an die Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Versagung der Genehmigung durch Art 119a Abs 8 B-VG nicht gedeckt sei, wurde durch die Aufhebung des zweiten Satzes der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG die Grundlage entzogen; die überörtlichen Interessen enthalten nicht mehr (ausschließlich) gewerberechtliche Aspekte. Der VfGH kann daher seine diesbezüglichen Bedenken nicht aufrecht erhalten.

5. Der VfGH hält - schon im Hinblick auf ähnliche Vorschriften in anderen Bundesländern - die Feststellung für erforderlich, daß er auch seine übrigen im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens geäußerten Bedenken (betreffend den Widerspruch der im § 16 Abs 12 Oö. ROG enthaltenen, den Genehmigungsvorbehalt auslösenden generellen Annahme, alle Geschäftsbauten mit einer Verkaufsfläche von mehr als 600 Quadratmeter dienten bereits dem überörtlichen Bedarf, zur Bestimmung des Art 119a Abs 8 B-VG) nicht aufrecht erhält.

Es ist der Oö. Landesregierung einzuräumen, daß eine gemäß § 26 Abs 4 Oö. ROG erlassene Verordnung, mit welcher ein Standort für die Errichtung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf als geeignet erklärt wird, ihrer Art nach nichts anderes ist als eine Flächenwidmung. Der VfGH ist auch bei der Formulierung seiner Bedenken im Beschluß auf Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens davon ausgegangen, daß der Genehmigungsvorbehalt bei Flächenwidmungsplänen sowie im örtlichen Raumplanungs- und Bebauungsrecht wegen des besonderen Ausmaßes der Berührung überörtlicher Interessen auch bei enger Auslegung des Art 119a Abs 8 B-VG gerechtfertigt sei. Der VfGH hat hiezu auf seine langjährige Rechtsprechung (vgl. etwa VfSlg. 6510/1971, S 570) und die Literatur (s. Berchtold, Gemeindeaufsicht, Wien - New York 1972, S 105, Pernthaler, Raumordnung und Verfassung I, Wien 1975, S 290 und Korinek, Rechtliche Probleme der Anwendung von Raumordnungsgesetzen, Linz 1975, S 98) hingewiesen.

Wenn aber eine Verordnung iS des § 26 Abs 4 Oö. ROG ihrer Art nach nichts anderes als eine Flächenwidmung - mit welcher die Nutzungsart für ein bestimmtes Gebiet festgelegt wird - zum Inhalt hat, dann berührt sie an sich überörtliche Interessen in besonderem Maße und rechtfertigt damit die Festlegung eines Genehmigungsvorbehaltes hiefür iS des Art 119a Abs 8 B-VG, und zwar völlig unabhängig davon, ab welcher Größe ein konkreter, zu errichtender Geschäftsbau als solcher für den überörtlichen Bedarf qualifiziert wird. Den in diese Richtung gehenden, gegen die Bedenken des VfGH geäußerten Einwendungen der Oö. Landesregierung sowie der Ämter der Ktn. und Sbg. Landesregierung kommt somit Berechtigung zu.

6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.