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VfGH vom 01.10.1992, G326/91

VfGH vom 01.10.1992, G326/91

Sammlungsnummer

13177

Leitsatz

Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch die Erforderlichkeit eines Befähigungsnachweises für die Verleihung einer Konzession zur weiteren Ausübung des vormals freien Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften; Weiterführung des Gewerbes bei rechtzeitigem Ansuchen um Konzessionserteilung möglich; Entscheidung über Konzessionsansuchen erst nach Gelegenheit zur Ablegung der Konzessionsprüfung

Spruch

Die Wortfolge "b) selbst oder durch einen Geschäftsführer (§39) oder Pächter (§40) den Befähigungsnachweis (§323b Abs 1 Z 1) erbringen," in § 376 Z 36 Abs 1 Gewerbeordnung 1973 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 196/1988, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

§ 10 Abs 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom über den Befähigungsnachweis für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften, BGBl. Nr. 324/1988, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B1392/89 und B1300/90 Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten anhängig, mit denen dieser die beantragte Konzession für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften gemäß § 25 Abs 2 GewO 1973 in Verbindung mit den §§376 Z 36 Abs 1 litb und 323b Abs 1 Z 1 GewO 1973 und den §§1 und 10 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom über den Befähigungsnachweis für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften, BGBl. 324/1988, (BefähigungsnachweisVerordnung) verweigerte. Beide Beschwerdeführer waren bereits vor Änderung der GewO 1973 durch das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. 196/1988, mit dem das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften als konzessionspflichtig erklärt wurde, zur Ausübung des vormals freien Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften befugt und konnten den gemäß § 376 Z 36 Abs 1 litb GewO 1973 in Verbindung mit den §§1 und 10 Abs 3 der BefähigungsnachweisVerordnung geforderten Befähigungsnachweis (Konzessionsprüfung), der für die Verleihung der Konzession "zur weiteren Ausübung ihrer Tätigkeit" nach dem gemäß § 376 Z 36 Abs 1 GewO 1973 erforderlich ist, nicht erbringen.

§ 376 Z 36 GewO 1973 idF BGBl. 196/1988 lautet (die vom Verfassungsgerichtshof in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):

"36. (Zu § 323a:)

"(1) Personen, die zu einer Tätigkeit, die durch § 323a an eine Konzession gebunden wurde (Überlassung von Arbeitskräften), am berechtigt sind, bedürfen zur weiteren Ausübung ihrer Tätigkeit nach diesem Zeitpunkt einer Konzession gemäß § 323a in einem ihrer bisherigen Tätigkeit sachlich entsprechenden Umfang. Diese Konzession ist zu erteilen, es sei denn, daß die Voraussetzungen für eine Entziehung der Konzession (§§87 bis 89, 91 Abs 2) vorliegen, wenn sie

a) nachweisen, daß sie ihre nunmehr an eine Konzession gebundene Tätigkeit während der Zeit vom bis befugt ausgeübt haben,

b) selbst oder durch einen Geschäftsführer (§39) oder Pächter (§40) den Befähigungsnachweis (§323b Abs 1 Z 1) erbringen,

c) im Falle, daß sie juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes sind, ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung im Inland haben,

d) um die Konzessionserteilung spätestens am ansuchen.

(2) Die im Abs 1 genannten Personen dürfen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihr rechtzeitig eingebrachtes Konzessionsansuchen ihre Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter ausüben."

§ 1 und der in Prüfung gezogene § 10 Abs 3 der Befähigungsnachweis-Verordnung, BGBl. 324/1988, lauten:

"Art des Nachweises der Befähigung

§ 1. Die gemäß § 323 b Abs 1 Z 1 GewO 1973 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 196/1988 vorgeschriebene Befähigung für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (§323 a GewO 1973 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 196/1988) ist durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Konzessionsprüfung (§§2 bis 9) nachzuweisen."

"Übergangs- und Schlußbestimmungen

§10. (1) ...

(2) .......

(3) Die Befähigung für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften ist entgegen § 17 Abs 1 GewO 1973 auch von Personen, die bei der Anmeldung des nunmehr konzessionierten Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften, bei der Bestellung als Geschäftsführer (§39 GewO 1973), Pächter (§40 GewO 1973) oder Filialgeschäftsführer (§47 GewO 1973) keinen Befähigungsnachweis zu erbringen hatten, für die persönliche Ausübung dieses Gewerbes oder die Ausübung dieses Gewerbes als Pächter oder für die Tätigkeit als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer in diesem Gewerbe durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Konzessionsprüfung nachzuweisen, es sei denn, daß auf diese Personen Abs 2 zutrifft."

2. Aus Anlaß der geschilderten Beschwerden beschloß der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen die Wortfolge "b) selbst oder durch einen Geschäftsführer (§39) oder Pächter (§40) den Befähigungsnachweis (§323b Abs 1 Z 1) erbringen," in § 376 Z 36 Abs 1 GewO 1973 idF BGBl. 196/1988 auf ihre Verfassungsmäßigkeit, sowie gemäß Art 139 Abs 1 B-VG § 10 Abs 3 der Befähigungsnachweis-Verordnung, BGBl. 324/1988, auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß vom geäußerten rechtlichen Bedenken gegen die genannten Bestimmungen gründen sich auf dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art 6 StGG, hinsichtlich der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung auch darauf, daß diese im Falle der Aufhebung des § 376 Z 36 Abs 1 litb GewO 1973 der gemäß Art 18 Abs 2 B-VG notwendigen gesetzlichen Grundlage entbehrt.

Der Verfassungsgerichtshof hegte insbesondere das Bedenken, daß die durch § 376 Z 36 Abs 1 litb GewO 1973 idF BGBl. 196/1988 bewirkte Endigung der Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften bei Gewerbeberechtigten, denen es weder selbst noch durch einen Geschäftsführer gelingt, den sofort - d. h. mit Eintritt der Konzessionspflicht nach dem - erforderlichen Befähigungsnachweis zu erbringen, mit Art 6 Abs 1 StGG unvereinbar ist: Die Verweigerung der Konzession mangels Befähigungsnachweises bei Personen, die bereits vor Einführung der Konzessionspflicht für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften dieses kraft Anmeldung als freies Gewerbe ausübten, greife in besonders intensiver Weise in das genannte Grundrecht ein. Der Verfassungsgerichtshof gab zu bedenken, daß das dadurch bewirkte Verbot der weiteren Ausübung des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften Gewerbebetriebe zur Einstellung zwinge, die im Vertrauen auf die vordem bestandene Rechtslage eingerichtet wurden und das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung ordnungsgemäß ausüben. Der Verfassungsgerichtshof vermeinte, daß der Gesetzgeber dadurch, daß er in § 376 Z 36 Abs 1 litb GewO 1973 idF BGBl. 196/1988 den Befähigungsnachweis auch für früher bereits kraft Anmeldung erlangte Gewerbeberechtigungen mit sofortiger Wirkung ab Einführung der Konzessionspflicht, sohin nach dem , forderte, im Ergebnis ausgeschlossen habe, daß die früher erworbenen Gewerbeberechtigungen fortbestünden und die entsprechenden Betriebe weitergeführt werden könnten. Er nahm vorläufig an, daß das an sich legitime öffentliche Interesse an der Tätigkeit entsprechend fachlich befähigter Personen im Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung eine gesetzliche Regelung nicht zu rechtfertigen vermag, durch die Personen, die bereits befugterweise im Gewerbe tätig waren, mangels entsprechender Übergangsvorschriften vom Gewerbe ausgeschlossen werden, bis sie die faktische Möglichkeit besitzen, den Befähigungsnachweis zu erbringen.

3. Die Bundesregierung tritt diesen Bedenken in ihrer Äußerung hinsichtlich der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmung entgegen und stellt für den Fall der Aufhebung den Antrag, gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Die Bundesregierung verweist insbesondere auf die Bestimmung des § 376 Z 36 Abs 1 litd GewO 1973, wonach entsprechende Gewerbeberechtigte bis zum die Möglichkeit hatten, um eine Konzessionserteilung anzusuchen. Dieser Vorschrift im Verein mit dem Abs 2 des § 376 Z 36, wonach bisher Gewerbeberechtigte "bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihr rechtzeitig eingebrachtes Konzessionsansuchen ihre Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter ausüben" dürfen, entnimmt die Bundesregierung, daß aus den Worten "nach diesem Zeitpunkt" in § 376 Z 36 Abs 1 erster Satz GewO 1973 nicht geschlossen werden kann, daß "die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle ... mit sofortiger Wirkung ab Einführung der Konzessionspflicht den Verlust von früher erworbenen Gewerbeberechtigungen bewirken (würde)".

Im übrigen hatten nach Meinung der Bundesregierung die von dieser Gesetzesstelle betroffenen Personen "mehr als fünf Monate Gelegenheit, sich mit dem durch sie eingeführten Erfordernis eines Befähigungsnachweises vertraut zu machen. Ob aber innerhalb dieser Zeit die faktische Möglichkeit bestand, die zur Erbringung des Befähigungsnachweises erforderlichen Voraussetzungen nachzuweisen, ergibt sich nicht aus der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle, sondern aus einer auf Grund des § 323b Abs 1 Z 1 und der §§22 Abs 3, 8 und 11 sowie 351 Abs 5 der Gewerbeordnung 1973 zu erlassenden Verordnung, mit welcher die für die Erbringung eines Befähigungsnachweises für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erforderlichen Voraussetzungen näher festzulegen waren. Gemäß ArtVI Abs 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 196/1988 konnte diese Verordnung bereits ab erlassen werden."

Aus diesen Vorschriften schließt die Bundesregierung die Absicht des Gesetzgebers, "daß den von § 376 Z 36 Abs 1 GewO 1973 betroffenen Personen auch die faktische Möglichkeit zur Erbringung des für die Konzessionserteilung für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erforderlichen Befähigungsnachweises bis zum einzuräumen war. Sollte dies faktisch nicht möglich gewesen sein, so kann dieser Umstand nicht dem Gesetz angelastet werden."

Im übrigen ist die Bundesregierung der Meinung, "daß die in § 376 Z 36 Abs 1 litd GewO 1973 gesetzte Frist für die Erbringung eines Befähigungsnachweises (mehr als fünf Monate nach Kundmachung und drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes) ... die Erbringung des Befähigungsnachweises innerhalb dieser Zeit von Gesetzes wegen" nicht unmöglich macht.

Nach Meinung der Bundesregierung dürften schließlich die vom Verfassungsgerichtshof für bedenklich erachteten Eingriffe in das Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit "nicht durch die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle bewirkt werden, sondern allenfalls durch die nicht ausreichende Berücksichtigung von bestimmten bisherigen Inhabern einer bestehenden Gewerbeberechtigung in der Verordnung über den Befähigungsnachweis (vgl. § 10 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. 324/1988)".

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerden, die Anlaß zur Einleitung des vorliegenden Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahrens waren, sind zulässig. Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind das Gesetzes- und das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2.a. Der Gesetzgeber ist kraft des, dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art 6 StGG beigefügten Gesetzesvorbehaltes ermächtigt, die Erwerbsausübungsfreiheit zu beschränken, wenn das öffentliche Interesse die Beschränkung gebietet, und wenn sie zur Zielerreichung geeignet, dieser adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist (so die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, vgl. nur VfSlg. 10079/1984, 10386/1985, 10932/1986, 11483, 11494 und 11503/1987, 11853/1988, 12009/1989; u.a.).

Ausgehend von diesem, in ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes geklärten Sinngehalt des Art 6 StGG unterliegen gesetzliche Regelungen besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen, mit denen nachträglich Erwerbsausübungsvoraussetzungen eingeführt werden, deren Mangel im Ergebnis für Personen, die den betreffenden Erwerb bereits rechtmäßig ausgeübt haben, ein Verbot der weiteren Erwerbsausübung bewirkt. Wird nämlich eine ursprünglich befugte Erwerbsausübung vom Gesetzgeber für die Zukunft verhindert, so werden dadurch schwerwiegende persönliche oder berufliche (und zumeist auch wirtschaftliche) Dispositionen enttäuscht, die der ursprünglich Berechtigte und grundrechtlich Geschützte im Vertrauen auf diesen Schutz traf. Wie schon der Wortlaut der grundrechtlichen Gewährleistung in Art 6 Abs 1 StGG deutlich macht, genießt danach nicht nur der Berufsantritt, sondern ganz besonders die fortgesetzte Ausübung des befugterweise angetretenen Berufes zu Erwerbszwecken verfassungsrechtlichen Schutz. Ähnlich hat der Verfassungsgerichtshof im übrigen bereits in seiner bisherigen Judikatur eine gesetzliche Regelung, die in bestehende Rechtspositionen eingreift, mit dem Gleichheitssatz für unvereinbar gehalten, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden und nicht etwa besondere, schwerwiegendere Umstände diesen nachträglichen Eingriff verlangen (VfSlg. 11308 und 11309/1987, 11665 und 11741/1988; sowie zu rückwirkenden Gesetzen VfSlg. 12186 und 12241/1989, 12322/1990).

Ein vom Gesetzgeber verfügter nachträglicher Eingriff in die grundrechtlich geschützte Erwerbsausübung durch deren Verbot bei Fehlen bestimmter neu normierter Berufszugangsvoraussetzungen ist sohin vom Gesetzesvorbehalt des Art 6 Abs 1 StGG nur dann gedeckt, wenn das öffentliche Interesse an der vom Gesetzgeber nachträglich aufgestellten Berufszugangsvoraussetzung schwerer wiegt, als das - an sich bereits, wie dargestellt, verfassungsrechtlich geschützte - Interesse an der weiteren Ausübung der grundrechtlich geschützten Erwerbstätigkeit.

Bei der Prüfung eines an sich im öffentlichen Interesse liegenden, nachträglichen gesetzlichen Eingriffes in grundrechtlich geschützte Erwerbsbetätigungen ist auch zu prüfen, ob es zur Durchsetzung der öffentlichen Interessen schlechthin unerläßlich ist, Personen von der betreffenden Erwerbstätigkeit auszuschließen, der diese bereits früher rechtmäßig nachgingen; oder ob es möglich ist, den die Erwerbseinschränkung an sich rechtfertigenden öffentlichen Interessen auch durch entsprechende Übergangsregelungen Rechnung zu tragen, die eine sukzessive Erfüllung der nachträglich eingeführten gesetzlichen Bedingungen für die Ausübung eines Erwerbs sicherstellen, ohne die sofortige Einstellung der bislang befugten Erwerbsausübung wegen Nichterfüllung nachträglicher gesetzlicher Bedingungen zu bewirken (vgl. auch Thienel, Vertrauensschutz und Verfassungsrecht, 1990, 45 ff).

b. Die mit dem Bundesgesetz vom , mit dem die Überlassung von Arbeitskräften geregelt sowie das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Gewerbeordnung 1973 geändert wurden, verfolgten öffentlichen Interessen sind in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu diesem Gesetz (450 BlgNR 17. GP) sowie im Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung über diese Regierungsvorlage (511 BlgNr 17. GP) eingehend dargestellt. Insbesondere wird in den Erläuterungen ausgeführt:

"Absoluter Vorrang der Neuregelung soll der arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung der überlassenen Arbeitskräfte zukommen. Die gewerbsmäßigen Überlassungsunternehmen sollen der Konzessionierungspflicht durch die Gewerbebehörden unterliegen. ... Dazu soll noch eine wirkungsvolle Überwachung der Überlassungstätigkeit in Verbindung mit empfindlichen Sanktionsdrohungen treten. Dadurch soll gewährleistet werden, daß auch für die Arbeitskräfte der Überlassungsunternehmen jener soziale Standard Wirklichkeit wird, der für den Großteil der sonstigen Arbeitnehmer selbstverständlich und in einem modernen Wohlfahrtsstaat unverzichtbar ist. ...

Durch genaue Vorschriften, deren Einhaltung Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der legalen Existenz der Überlassungsunternehmen ist, wird eine den sozial- und arbeitsrechtlichen Prinzipien entsprechende Vertragsabwicklung sichergestellt. ...

Die sorgfältige Kontrolle der Tätigkeit der Überlassungsunternehmen in Verbindung mit der Möglichkeit der Entziehung der Konzession bzw. Untersagung der Überlassung von Arbeitskräften sowie der Verhängung empfindlicher Geldstrafen soll eine weitgehende Beseitigung von allfälligen Mißständen bringen."

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung der gewerberechtlichen Vorschriften über die Arbeitskräfteüberlassung ist auch von Bedeutung, daß die arbeitsmarktpolitische Grundproblematik der Überlassung von Arbeitskräften darin gesehen wird (vgl. die Erläuterungen, a.a.O., S. 12), daß sie ihrer wirtschaftlichen Funktion nach der Vermittlung von Arbeitskräften entspricht. Diese wird jedoch - verfassungsrechtlich unbedenklich (VfSlg. 12383/1990) - aus Gründen der sozialen Sicherheit der Arbeitskräfte zu deren Schutz und zur Herbeiführung eines wirksamen Ausgleiches zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt mit geringfügigen Ausnahmen zu einer Aufgabe der staatlichen Verwaltung gemacht. Wie die rechtspolitische Diskussion, die schließlich zur jetzigen Regelung führte, ferner zeigt, wurde sogar ein umfassendes Verbot der Leiharbeit erwogen (Erläuterungen, a.a.O. S. 14). Mit den nunmehrigen Regelungen wird versucht (so die Erläuterungen, a.a.O., S. 14), "die Probleme der Leiharbeit nicht mehr mit einem grundsätzlichen Verbot, sondern primär mit arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften zum Schutz der überlassenen Arbeitskräfte und einem strengen Konzessionierungsverfahren für die gewerblichen Personalbereitsteller zu lösen".

Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß die dargestellten Ziele, denen u.a. die Konzessionierung des vordem freien Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung zu dienen bestimmt ist, im öffentlichen Interesse liegen und daß die durch einen entsprechenden Nachweis sichergestellte fachliche Befähigung ein geeignetes und adäquates rechtliches Instrument bildet, den bei der Arbeitskräfteüberlassung angestrebten arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der Leiharbeit sicherzustellen.

c. Angesichts der besonderen, unter b. geschilderten, sozialpolitischen Problematik des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften liegt es auch im öffentlichen Interesse, Personen von der weiteren Ausübung dieses Gewerbes auszuschließen, die bereits vor Einführung der Konzessionspflicht durch ArtV des Bundesgesetzes BGBl. 196/1988 das Gewerbe auf Grund einer entsprechenden Gewerbeberechtigung ausgeübt hatten, ohne die im öffentlichen Interesse erforderliche fachliche Befähigung zur Ausübung des Gewerbes zu besitzen. Gleichwohl widerspricht eine gesetzliche Regelung dem Art 6 StGG in seinem unter a. dargestellten Bedeutungsgehalt, welche zwar von früher Gewerbeberechtigten zwecks Erlangung der Konzession zur weiteren Ausübung des betreffenden Gewerbes den Nachweis der Befähigung fordert, aber nicht sicherstellt, daß dieser Nachweis auch so rechtzeitig erbracht werden kann, daß der kontinuierlichen Fortsetzung der gewerblichen Betätigung kein Hindernis entgegensteht.

Nach Meinung der Bundesregierung ist der Gesetzgeber dieser Verpflichtung dadurch nachgekommen, daß die in § 376 Z 36 Abs 1 GewO 1973 genannten Personen gemäß litd dieser Gesetzesstelle bis zum die Möglichkeit hatten, um eine Konzessionserteilung anzusuchen, und gemäß § 376 Z 36 Abs 2 GewO 1973 berechtigt waren, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihr rechtzeitig eingebrachtes Konzessionsansuchen ihre Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter auszuüben. Mit Rücksicht auf die Kundmachung der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle am hatten nach Meinung der Bundesregierung die davon betroffenen Personen mehr als fünf Monate Gelegenheit, sich mit dem Erfordernis eines Befähigungsnachweises vertraut zu machen. Die faktische Möglichkeit, die zur Erbringung des Befähigungsnachweises erforderlichen Voraussetzungen nachzuweisen, ergibt sich im übrigen nach Meinung der Bundesregierung nicht aus der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle, sondern aus der Befähigungsnachweis-Verordnung, die gemäß ArtVI. Abs 2 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 196/1988 bereits ab erlassen werden konnte. Sollte es faktisch unmöglich gewesen sein, den für das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erforderlichen Befähigungsnachweis bis zum zu erwerben, so könne dieser Umstand nicht dem Gesetz angelastet werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat entgegen der Auffassung der Bundesregierung im Erkenntnis VfSlg. 11632/1988 ausführlich dargetan, daß das Fehlen einer im Gesetz vorgesehenen Ausführungsverordnung unter gewissen Umständen die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes bewirken kann. Knüpft der Gesetzgeber nämlich die Wirksamkeit von Vorschriften, die für die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes wesentlich sind, an die Erlassung einer Verordnung, so macht er auch die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes von der (rechtzeitigen) Erlassung dieser Verordnung abhängig.

Gleichwohl ist die Bundesregierung im Ergebnis im Recht. Eine nähere Betrachtung der Z 36 des § 376 GewO 1973 in ihrem Zusammenhang zwingt nämlich vor dem Hintergrund der geschilderten Verfassungsrechtslage zu einer Auslegung, welche die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes zerstreut:

Nach dem Eingangssatz des Abs 1 dieser Ziffer scheint es zunächst, daß auch Personen, die eine konzessionspflichtig gewordene Tätigkeit am ausgeübt haben, zur weiteren Ausübung dieser Tätigkeit ab 1. Juli ("nach diesem Zeitpunkt") einer Konzession bedurften. Dieser Satz muß aber ungeachtet seines scheinbar klaren Wortlautes ("bedürfen") im systematischen Zusammenhang und im Hinblick auf die klare Absicht des Gesetzgebers gelesen werden. Dann ergibt sich deutlich, daß die Konzession nicht schon am 1. Juli erteilt sein muß. Denn wiederum bestimmt litb, daß diese Konzession (unter anderem) nur erteilt werden darf, wenn diese Personen den Befähigungsnachweis erbringen. Durch welche der in § 22 Abs 1 GewO 1973 vorgesehenen Belege die Befähigung für konzessionierte Gewerbe nachzuweisen ist, hat nach § 22 Abs 3 der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung festzulegen. Nach dem letzten Halbsatz des ArtVI Abs 2 des Bundesgesetzes BGBl. 196/1988 - das auch die Neufassung der Z 36 des § 376 GewO 1973 enthält - durften Verordnungen aufgrund dieses Bundesgesetzes aber erst mit diesem, also am in Kraft treten. Es ist daher offenkundig, daß selbst eine am bereits beantragte Konzession niemals aufgrund eines Befähigungsnachweises, dessen Voraussetzungen erst ab (durch Verordnung) näher umschrieben werden konnten, im selben Zeitpunkt schon erteilt sein konnte. Man darf dem Gesetz also nicht unterstellen, daß die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung schon am vorliegen mußten. Dazu kommt, daß § 376 Z 36 GewO 1973 für die Erteilung der von der genannten Personengruppe benötigten Konzession in Abs 1 litd als weiteres Erfordernis aufstellt, daß sie um die Konzessionserteilung spätestens am ansuchen, und in Abs 2 bestimmt, daß sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihr rechtzeitig eingebrachtes Konzessionsansuchen ihre Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter ausüben dürfen.

Das alles kann nur bedeuten, daß der Gesetzgeber entgegen dem ersten Anschein - und entgegen der Annahme des Prüfungsbeschlusses - für die am zur Überlassung von Arbeitskräften Berechtigten doch einen allmählichen Übergang in das neue Regime angeordnet hat. Ab mußten sich diese Personen auf die Notwendigkeit einer Konzession einstellen, sie hatten aber bis 30. September Zeit, um die Konzessionserteilung anzusuchen und verlängerten mit diesem Ansuchen die ihnen bis dahin schon zugestandene Berechtigung zur vorläufigen Weiterführung des Gewerbes. Personen, die das Gewerbe schon seit ausgeübt haben oder während dieses Zeitraumes in diesem Gewerbe als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer tätig waren und hiedurch nach § 10 Abs 2 der Verordnung ihre Befähigung für die Ausübung des Gewerbes nachwiesen, konnten somit ihr Gewerbe jedenfalls ohne Unterbrechung weiterführen. Bei den übrigen setzte die Entscheidung über ihr Ansuchen offenkundig voraus, daß sie die Gelegenheit zur Ablegung der vorgesehenen Konzessionsprüfung gehabt hatten. Daß das Konzessionsansuchen gleichwohl bis und daher schon vor Ablegung der allenfalls nötigen Prüfung gestellt werden mußte, ist für den in Rede stehenden Personenkreis und angesichts der damit verbundenen Berechtigung durchaus erklärbar. Da die Prüfungsanforderungen seit der Kundmachung der Verordnung am bekannt waren, ist die Überlegungszeit auch nicht unangemessen; sie war tatsächlich so lange, als dies nach dem Gesetz möglich war.

Wann die Behörden dann tatsächlich Prüfungen abgehalten haben, ist unter dem Blickwinkel der geltend gemachten Bedenken unerheblich. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist nicht verletzt, wenn der Ausschluß vom Gewerbe durch Abweisung auch rechtzeitig gestellter Konzessionsansuchen mangels Befähigungsnachweises erst dann erfolgt, wenn der Bewerber ausreichend Gelegenheit hatte, seine Befähigung unter Beweis zu stellen. Unter den gegebenen Umständen waren die Behörden aber nach Sinn und Zweck der Übergangsregelung verpflichtet, erst nach Ablauf dieser Zeit über die Konzessionsansuchen abzusprechen.

Wie in der Verhandlung dargelegt wurde, hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten schon mit Erlaß vom , Zl. 32.831/68-III/1/88, die Auffassung vertreten,

"... daß der durch die Verordnung über den Befähigungsnachweis für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften, BGBl. Nr. 324/1988, geregelte Befähigungsnachweis (Konzessionsprüfung) im Zeitpunkt des Ansuchens um Konzessionserteilung im Übergangszeitraum noch nicht erbracht werden kann, da die ersten Konzessionsprüfungen voraussichtlich erst im Herbst 1988 abgehalten werden können; rechtzeitig eingebrachte Ansuchen um Konzessionserteilung sind daher so lange nicht mangels Erbringung des Befähigungsnachweises abzuweisen, als noch keine Möglichkeit den Befähigungsnachweis zu erbringen besteht bzw. bestand. Es ist in diesen Fällen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Konzessionserteilung mit der Entscheidung über die Konzessionserteilung so lange zuzuwarten, bis tatsächlich eine Möglichkeit den Befähigungsnachweis zu erbringen besteht."

Tatsächlich wurden - wie die Verhandlung gleichfalls ergeben hat - zwei bis drei Prüfungstermine im Frühjahr 1989 abgewartet, sodaß zur Ablegung der Prüfung jeweils rund ein Jahr Zeit war.

Das Gesetz ist also trotz seiner verunglückten Fassung auch von den maßgeblichen Behörden im dargelegten Sinn verstanden und angewendet worden.

Bei diesem - zutreffenden - Verständnis sind aber die Bedenken, die sich gleichermaßen gegen das Gesetz und die Verordnung gerichtet haben, zerstreut. Die in Prüfung gezogenen Vorschriften sind nicht als verfassungs- bzw. gesetzwidrig aufzuheben.