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VfGH vom 27.06.2002, G325/01

VfGH vom 27.06.2002, G325/01

Sammlungsnummer

16582

Leitsatz

Keine Zulässigkeit des Individualantrags eines bereits zum Fleischuntersuchungstierarzt bestellten Amtstierarztes auf Aufhebung des Verbots der Bestellung von Amtstierärzten zu Fleischuntersuchungstierärzten mangels rechtlicher Betroffenheit; Zulässigkeit hingegen des Individualantrags desselben Antragstellers auf Aufhebung des in einer im Zuge der BSE-Krise erfolgten Novelle zum Fleischuntersuchungsgesetz festgelegten Erlöschens der Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungsorgan; keine Verletzung des Gleichheitsrechtes und der Erwerbsausübungsfreiheit durch diese Regelung; gerechtfertigte Annahme möglicher Interessenkonflikte; legitimes Ziel der Stärkung des Vertrauens der Konsumenten in die Fleischuntersuchung; keine Verletzung des Vertrauensschutzes

Spruch

Der Antrag auf Aufhebung des § 6 Abs 3 des Fleischuntersuchungsgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Aufhebung des Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 73/2001, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Einschreiter ist Amtstierarzt im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Judenburg. Er ist außerdem mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom für die Gemeinde Wolfsberg im Schwarzautal zum Fleischuntersuchungsorgan (Fleischuntersuchungstierarzt) bestellt.

Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 (letzter Satz) B-VG gestützten Individualantrag begehrt er mit näherer Begründung die Aufhebung des § 6 Abs 3 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl. Nr. 522/1982 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001, sowie des Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 73/2001.

2. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 73/2001, haben folgenden Wortlaut:

"Artikel 1

Das Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl. Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 66/1998, wird wie folgt geändert:

1. ...

2. § 6 Abs 3 lautet:

'(3) Amtstierärzte dürfen nicht zu Fleischuntersuchungstierärzten bestellt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind

1. Fleischuntersuchungstierärzte gemäß § 4 Abs 3 und

2. Amtstierärzte, wenn andere, geeignete Tierärzte nicht zur Verfügung stehen und die Bestellung nicht für den Bereich des Amtssprengels des Amtstierarztes erfolgt und der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen der Bestellung zustimmt.'


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3. ...


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7. Nach dem § 51 Abs 1 wird folgender Abs 1a eingefügt:

'(1a) § 1 Abs 3, § 6 Abs 3 [...] treten in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft.'

Artikel 2

(1) ...

(3) Die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erfolgte Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt erlischt ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, sofern


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1.
die Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt nicht schon vorher widerrufen wird oder
2.
der Fleischuntersuchungstierarzt nicht schon vorher auf Dauer seine Stellung als Amtstierarzt verliert.

(4) Art 2 tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft."

Das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2001 wurde am kundgemacht.

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie primär die Zurückweisung des Individualantrages begehrt; in eventu möge ausgesprochen werden, daß die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden.

Der Antragsteller erstattete dazu eine Gegenäußerung, in der er erneut die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen mit näherer Begründung beantragt.

II. Zur Zulässigkeit des Antrages auf Aufhebung der zitierten Bestimmungen:

1.a) Der Antragsteller führt zum Nachweis der Zulässigkeit wörtlich folgendes aus:

"1. Der Antragsteller ist Amtstierarzt im Sprengel der BH Judenburg und ausserdem u.a. aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes vom GZ 8 - 70 Fe 8/16 - 1987 für die Gemeinde Wolfsberg, aber auch für andere Gemeinden in der Steiermark, zum Fleischuntersuchungstierarzt bestellt.

Das Verbot der Bestellung von Amtstierärzten zu Fleischuntersuchungstierärzten betrifft den Antragsteller daher direkt.

[...]

2. Im besonderen wird der unmittelbare Eingriff durch Art 2 Abs 3 der Novelle verursacht. Die Bestellung zum Fleischuntersuchungsorgan, die lange vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erfolgte, erlischt gem. Art 2 Abs 3 des Gesetzes BGBl. I 73/2001 ein Jahr nach dessen Inkrafttreten, ohne daß ein die seinerzeitige Bestellung widerrufender Bescheid, der im administrativen Instanzenzug bekämpfbar wäre, vorgesehen ist. Das Erlöschen der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt ist aufgrund dieser Bestimmung nicht bekämpfbar, die seinerzeitige Bestellung erlischt automatisch aufgrund des Gesetzes.

3. Das Erlöschen der Bestellung führt zu erheblichen Einkommenseinbußen:

Die dem Antragsteller in den Jahren 1999 ausbezahlten Fleischuntersuchungsgebühren beliefen sich ca. auf S 180.000,00, im Jahr 2000 erzielte der Antragsteller aus der Fleischuntersuchung ein Entgelt in Höhe von ca. S 170.000,00. Das gesetzliche angeordnete Erlöschen der Befugnis bewirkt daher den vollständigen Entfall dieser Einnahmequelle.

4. Das Gesetz bewirkt auch deswegen einen unmittelbaren Eingriff in die Rechtsstellung des Antragstellers, weil von seiner Bestellung bis zum Tag des Inkrafttretens der angefochtenen Bestimmungen die Enthebung des Fleischuntersuchungstierarztes nur in sehr eingeschränkten Fällen gesetzlich zulässig war. Die Gründe für eine Abberufung eines bestellten Fleischuntersuchungstierarztes sind im Gesetz definiert (Widerruf der Beauftragung eines Fleischuntersuchungstierarztes gem. § 6 Abs 4 und 5 FlUG).

Ob die Gründe im Fall des Erlassens eines derartigen die Bestellung widerrufenden Bescheides tatsächlich vorlagen oder zu Unrecht von der Behörde angenommen wurden, konnte in einem Verwaltungsverfahren geklärt werden.

Daraus folgt, daß der Antragsteller einen gesetzlichen Anspruch auf Aufrechterhaltung seiner Bestellung hatte, sofern nicht einer der gesetzlichen Gründe für eine Abberufung eintraten. In diese Rechtsstellung wird durch Art 2 Abs 3 der oben zitierten Novelle direkt und unmittelbar eingegriffen.

5. Aufgrund der Bestimmungen der Novelle besteht keine Möglichkeit, einen beim Verfassungsgerichtshof anfechtbaren Bescheid zu erlangen:

5.1. Eine Antragstellung im Sinn des novellierten § 6 Abs 3 Zif 2 ist einerseits nicht zumutbar. Der Antragsteller - als seinerzeit bestellter Fleischuntersuchungstierarzt - verliert durch das Erlöschen seiner Befugnisse ab seine Rechtsstellung als Fleischuntersuchungstierarzt ohne Sicherheit der (Wieder-) Bestellung aufgrund dieser Bestimmung der Novelle. Sicherheit gibt es schon deswegen nicht, weil die Zustimmung des Ministers an keine gesetzlich definierten Kriterien gebunden ist, dies entgegen Art 18 B-VG.

5.2. Die Antragstellung ist auch deswegen nicht zumutbar, weil der seit Jahren bestellte Fleischuntersuchungstierarzt jedenfalls einer Konkurrenz mit anderen 'geeigneten Tierärzten' ausgesetzt wäre. Das Gesetz definiert nicht, welcher Tierarzt für eine Fleischuntersuchung 'geeignet' ist, es müßte daher wohl davon ausgegangen werden, daß jeder Absolvent der Veterinärmedizinischen Universität als geeignet zu betrachten ist. Damit steht der Antragsteller zu jedem Absolventen der Veterinärmedizinischen Universität in Konkurrenz, wenn er tatsächlich den - von vornherein aussichtslosen - Antrag gem. § 6 Abs 3 Zif 2 FlUG in der Fassung der Novelle einbrächte.

5.3. Hinzu kommt noch, daß die Ermittlung, ob andere 'geeignete' Tierärzte zur Verfügung stehen, sowie die Erteilung der Zustimmung durch den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen nicht nur undeterminiert sind, sondern voraussichtlich derart lange Zeit in Anspruch nehmen, daß keine Rechtssicherheit vor dem durch das Gesetz selbst verfügten Erlöschen seiner Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt zu erwarten ist.

5.4. Im übrigen wäre im Verfahren über eine Beschwerde gegen einen Bescheid, der aufgrund eines Antrages gem. § 6 Abs 3 Zif 2 FlUG ergeht, nur diese Bestimmung der Novelle, nicht aber § 6 Abs 3 1. Satz und nicht Art 2 Abs 3 präjudiziell.

5.5. Es steht dem Antragsteller daher kein zumutbarer Weg zur Geltendmachung seiner Bedenken und zur Wahrung seiner Rechte offen."

b) Die Bundesregierung bestreitet hingegen die Zulässigkeit des Antrages wie folgt:

"Gemäß Art 140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

1. Zu § 6 Abs 3 Fleischuntersuchungsgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001

§ 6 Abs 3 Fleischuntersuchungsgesetz idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 hat folgenden Wortlaut:

[...]

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985). Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass ein derartiger unmittelbarer Eingriff nur dann vorliegt, wenn der Eingriff durch die bekämpfte Norm nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmt ist und die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt werden (vgl. z.B. VfSlg. 14.500/1996, 14.535/1996, 14.591/1996) sowie dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 10.511/1985).

Es ist Sache des Antragstellers, das Vorliegen eines unmittelbaren Eingriffes in die Rechtssphäre darzutun (vgl. etwa VfSlg. 14.496/1996, 14.498/1996 und 14.526/1996). Der Frage nach dem Vorliegen einer aktuellen Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen kommt dabei in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung eine zentrale Bedeutung zu.

Der Antragsteller hat weder behauptet, dass § 6 Abs 3 des Fleischuntersuchungsgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 in seine rechtlich geschützten Interessen aktuell eingreife, noch hat er auf andere Weise das Vorliegen einer aktuellen Beeinträchtigung durch § 6 Abs 3 leg.cit. dargetan. Schon aus diesen Gründen ist nach Ansicht der Bundesregierung der Antrag hinsichlich des § 6 Abs 3 leg.cit. zurückzuweisen.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist der Individualantrag aber auch deshalb unzulässig, weil § 6 Abs 3 Fleischuntersuchungsgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 Regelungen für eine (Neu-)Bestellung eines Fleischuntersuchungstierartzes enthält. In einem Bestellungsverfahren nach § 4 Fleischuntersuchungsgesetz wäre zu prüfen, ob der Antragsteller zum Fleischuntersuchungstierarzt bestellt werden kann. Trotz des in § 6 Abs 3 leg. cit. enthaltenen grundsätzlichen Verbotes der Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt könnte dabei auf Grund der Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs 3 Z 1 und 2 leg. cit. der Antragsteller zum Fleischuntersuchungstierarzt bestellt werden, wobei insbesondere die Ausnahmebestimmung des § 6 Abs 3 Z 2 leg. cit. in Erwägung zu ziehen wäre, wonach Amtstierärzte dann, wenn andere, geeignete Tierärzte nicht zur Verfügung stehen, die Bestellung nicht für den Bereich des Amtssprengels des Amtstierarztes erfolgt und der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen der Bestellung zustimmt, als Fleischuntersuchungstierärzte bestellt werden können. § 6 Abs 3 Fleischuntersuchungsgesetz idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 greift schon deshalb nicht aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers ein, weil dieser derzeit zum Fleischuntersuchungstierarzt bestellt ist. Im übrigen kann - wie gesagt - nicht ausgeschlossen werden, dass das Verbot der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt für den Antragsteller in Zukunft nicht wirksam wird. Der Antrag ist daher hinsichlich des § 6 Abs 3 leg.cit. zurückzuweisen.

Weiters hat der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Zumutbarkeit eines anderen Rechtsweges ausgesprochen, dass dem Individualantrag subsidiärer Charakter zukomme (vgl. VfSlg. 10.856/1986, 11.114/1986, 11.442/1987, 12.395/1990, 14.496/1996). Im vorliegenden Fall ist ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs 3 leg. cit. gegeben, nämlich ein verwaltungsbehördliches Verfahren zur Bestellung als Fleischuntersuchungstierarzt gemäß §§4 ff Fleischuntersuchungsgesetz. Dass eine derartige Möglichkeit besteht, räumt der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom unter Punkt 5.4. selbst ein.

Dass der Antragsteller auf ein Verwaltungsverfahren zur Bestellung als Fleischuntersuchungstierarzt nach §§4 ff Fleischuntersuchungsgesetz zu verweisen und der gegenständliche Individualantrag daher unzulässig ist, erhellt aus den bereits angeführten Bedenken, wonach der Antragsteller auf Grund der in § 6 leg. cit. enthaltenen Ausnahmebestimmungen grundsätzlich noch immer die Möglichkeit hat, als Fleischuntersuchungstierarzt bestellt zu werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht maßgeblich ist, ob das Beschreiten des anderen Weges für den Betroffenen in der Sache selbst wegen der bestehenden einfachgesetzlichen Regelung aussichtslos erscheint (vgl. VfSlg. 13.216/1992, 14.297/1995, 14.613/1996).

Wenn ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit vorliegt, wäre ein Individualantrag nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig. Dafür liegen jedoch nach Ansicht der Bundesregierung keine Anhaltspunkte vor. Wenn der Antragsteller vorbringt, dass die Ermittlung anderer geeigneter Tierärzte sehr lange Zeit in Anspruch nehmen würde bzw. er auch einer Konkurrenz mit anderen geeigneten Tierärzten ausgesetzt wäre, so sind dies nach Ansicht der Bundesregierung keinesfalls Umstände, die zur Zulässigkeit des Individualantrages führen.

Die Bundesregierung vertritt daher die Ansicht, dass der vorliegende Individualantrag hinsichlich des § 6 Abs 3 Fleischuntersuchungsgesetz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 als unzulässig zurückzuweisen ist.

2. Zu Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001

Der Antragsteller wendet sich mit der im Schriftsatz enthaltenen Argumentation im Wesentlichen gegen Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001, wonach die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erfolgte Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erlischt.

Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 hat folgenden Wortlaut:

[...]

Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darlegt, erfordert ein Individualantrag im Sinne des letzten Satzes des Art 140 Abs 1 B-VG - abgesehen von anderen Voraussetzungen - einen Eingriff in die Rechtssphäre einer Person, der ihre rechtlich geschützten Interessen nicht nur potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt (VfSlg. 13.631). Die Norm müsste daher bereits im Zeitpunkt der Einbringung des Antrages und nicht erst später rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers beeinträchtigen. Der Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der aktuellen Betroffenheit ausgesprochen, dass ein Gesetz zwar schon von seiner Kundmachung an dem Bestand der Rechtsordnung angehört und es von diesem Zeitpunkt an als ein Bundesgesetz iSd Art 140 Abs 1 B-VG Gegenstand eines verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungsverfahrens sein kann. Die Legitimation zur Erhebung eines Individualantrages auf Gesetzesprüfung ist jedoch noch davon abhängig, dass ein Antragsteller durch die bekämpfte Regelung aktuell betroffen ist (vgl. VfSlg. 13.870/1994, VfSlg. 13.886/1994).

Nach Art 2 Abs 3 leg. cit. erlischt die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erfolgte Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt ein Jahr nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001. Das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2001 wurde am kundgemacht. Seine verbindende Kraft hat daher, da nicht anderes ausdrücklich bestimmt ist, am begonnen. Die Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt erlischt erst mit Ablauf des . Die angefochtene Gesetzesstelle entfaltet daher dem Antragsteller gegenüber erst mit Ablauf des Wirkungen. Der Antragsteller ist somit von der bekämpften Regelung nicht aktuell betroffen und der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

Der Antragsteller erstattet auch kein substanziiertes Vorbringen hinsichtlich einer allfälligen Verfassungswidrigkeit des Art 2 Abs 3 leg. cit. im Hinblick auf das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit, weshalb der Antrag im Lichte der bereits angeführten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit auch aus diesem Grunde zurückzuweisen wäre.

Nach Ansicht der Bundesregierung ist somit der Individualantrag auch hinsichlich des Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 als unzulässig zurückzuweisen."

2.a) In § 6 Abs 3 des Fleischuntersuchungsgesetzes idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 (im folgenden: FleischUG) hat der Gesetzgeber das Prinzip normiert, daß Amtstierärzte grundsätzlich nicht zu Fleischuntersuchungstierärzten bestellt werden dürfen. Der Antragsteller, Amtstierarzt im Sprengel der BH Judenburg und derzeit auch durch Bescheid bestellter Fleischuntersuchungstierarzt in einer Gemeinde, erachtet sich durch dieses Verbot direkt betroffen.

Gemäß Art 140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, soferne das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein; dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese

- im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Ein derartiger Eingriff ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffs zur Verfügung steht (vgl. dazu VfSlg. 13.870/1994 m.w.H.).

Der Verfassungsgerichtshof stimmt vorerst dem Antragsteller zu, daß ein Gesetz schon von seiner Kundmachung an der Rechtsordnung angehört (vgl. VfSlg. 13.870/1994 m.w.H.). Es ist von diesem Zeitpunkt an ein Bundesgesetz im Sinne des Art 140 B-VG und kann somit allenfalls Gegenstand eines verfassungsgerichtlichen Gesetzesprüfungsverfahrens sein.

Nun handelt es sich bei § 6 Abs 3 des FleischUG um eine Regelung, die den Grundsatz aufstellt, daß Amtstierärzte nicht zu einem Fleischuntersuchungstierarzt bestellt werden dürfen. Da der Antragsteller - nach seinem eigenen Vorbringen - bereits (mit Bescheid vom ) zum Fleischuntersuchungstierarzt für eine bestimmte Gemeinde bestellt ist (und offensichtlich auch keine weitere Bestellung - etwa für eine andere Gemeinde - unter Berufung auf § 6 Abs 3 leg. cit. versagt wurde), entfaltet die angefochtene Gesetzesstelle ihm gegenüber keine Wirkung dergestalt, daß er zum Zeitpunkt der Antragstellung von der Regelung aktuell betroffen ist. Wie die Bundesregierung zutreffend ausführt, kann angesichts der in § 6 Abs 3 FleischUG vorgesehenen Ausnahmen vom Bestellungsverbot auch nicht einmal davon ausgegangen werden, daß dieses Verbot allenfalls in Zukunft für den Einschreiter mit Sicherheit Wirkungen entfalten würde.

Der Antrag ist somit hinsichtlich § 6 Abs 3 FleischUG zurückzuweisen.

b) Der Antrag auf Aufhebung des Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 73/2001, ist hingegen zulässig.

aa) Nach Art 2 Abs 3 leg. cit. erlischt die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt ein Jahr nach Inkrafttreten der Novelle. Das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2001 wurde am kundgemacht und ist sohin - weil nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist - am in Kraft getreten (Art49 Abs 1 B-VG). Die Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt erlischt somit ex lege mit Ablauf des .

Entgegen dem Vorbringen der Bundesregierung, daß die angefochtene Norm gegenüber dem Antragsteller erst mit Ablauf des Wirkung entfalte, ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, daß dies bereits derzeit der Fall ist: Schon seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001, also seit , war rechtlich davon auszugehen, daß die in der bekämpften Gesetzesstelle vorgesehenen Rechtsfolgen eintreten werden (sofern nicht einer der in den Ziffern 1 oder 2 des Art 2 Abs 3 leg. cit. normierten Tatbestände verwirklicht wird); der Antragsteller ist somit im Sinne des Art 140 Abs 1 B-VG aktuell in seiner Rechtssphäre dadurch betroffen, daß seine durch Bescheid vom erfolgte Bestellung zum Fleischuntersuchungsorgan ex lege mit erlöschen wird.

bb) Daß die angefochtene Gesetzesstelle in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift, ergibt sich schon aus den Erwägungen im Erkenntnis VfSlg. 12.331/1990, das gleichfalls Fleischuntersuchungstierärzte betraf. Der Verfassungsgerichtshof führte in dieser Entscheidung aus (S 380):

"Der Verfassungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß Rechtsnormen, die ausschließlich den Verlust staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, in die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter nicht eingreifen (vgl. zB VfSlg. 8774/1980, betreffend die Streichung von der Liste der ehrenamtlichen Bewährungshelfer).

Im zitierten Erkenntnis wurde deutlich dargetan, daß weder die mit der Tätigkeit als Bewährungshelfer verbundene, nur den Aufwand pauschal ersetzende Entschädigung, noch sonstige damit verbundene (immaterielle) Interessen geeignet seien, die Rechtssphäre der damaligen Beschwerdeführerin zu berühren. Das Interesse der Beschwerdeführerin wurde sohin im damaligen Fall nicht als derart schützenswert erkannt, daß ihr aus dem Verlust der Organfunktion nicht bloß ein faktisches, sondern ein rechtliches Interesse erwachsen wäre. Anders verhält es sich jedoch hier: Das für die Tätigkeit des Fleischuntersuchungstierarztes gebührende Honorar bildet für den Organwalter einen über eine bloße Aufwandsentschädigung hinausgehenden wesentlichen Einkommensbestandteil, dessen Entfall für den Organwalter von so gravierender Bedeutung ist, daß der Verlust des Amtes einen Eingriff in die Rechtssphäre des Amtsinhabers bedeutet. Wenngleich dem § 4 Abs 6 FleischuntersuchungsG zufolge durch die Beauftragung der Fleischuntersuchungsorgane kein Dienstverhältnis begründet wird, besteht im gegebenen Zusammenhang insofern eine Ähnlichkeit in Ansehung des Konnexes zwischen der Organfunktion eines Beamten und dessen dienstrechtlicher Sphäre (vgl. etwa VfSlg. 8210/1977)."

Diese Überlegungen sind auf den vorliegenden Fall uneingeschränkt übertragbar.

Der Verfassungsgerichtshof hegt mit Blick auf die vom Antragsteller genannten Beträge (s. den oben [II.1.a] zitierten Pkt. 3 seines Antrags) keinen Zweifel, daß die Tätigkeit eines Fleischuntersuchungsorgans geeignet ist, einen wesentlichen Einkommensbestandteil zu bilden.

cc) Der Antrag auf Aufhebung des Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 ist sohin zulässig. Er ist jedoch - wie im folgenden Pkt. III. dargelegt wird - nicht begründet.

III. In der Sache:

1. Der Antragsteller behauptet eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und einen unsachlichen Eingriff in das Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit durch Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001. Er sieht in dieser Regelung "eine 'Laune' des Gesetzgebers, der eine bisher seit Jahrzehnten bestehende Rechtslage ohne erkennbaren, sinnfälligen Grund abändert, ohne daß eine unmittelbare Notwendigkeit den Gesetzgeber zum baldigen Einschreiten - aus sachlichen Gründen - veranlaßt hätte". Dem betroffenen Fleischuntersuchungstierarzt werde mit der Neuregelung eine wichtige Grundlage seiner wirtschaftlichen Existenz entzogen; er werde "eigentlich entschädigungslos enteignet".

2. Die Bundesregierung hält diesem Vorbringen auszugsweise folgendes entgegen:

"[...] Zu Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001

[...] Zum Gleichheitssatz und zum behaupteten Eingriff in wohlerworbene Rechte

Der Antragsteller behauptet, Art 2 Abs 3 leg. cit. greife in verfassungswidriger Weise in das 'wohlerworbene Recht' auf Verbleib als Fleischuntersuchungstierarzt ein.

Der Antragsteller verkennt mit seinem Vorbringen zu diesem Punkt die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebrachte Wertung und übersieht, dass sich die den angeführten Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte in ganz wesentlichen Punkten von seinem Sachverhalt unterscheiden.

[...]

[...] Im vorliegenden Fall ist [...] das öffentliche Interesse an einer mangelfreien Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes, insbesondere vor dem Hintergrund der wirksamen Kontrollen, welche durch die BSE-Krise besonders erforderlich erscheinen, gegeben. Es handelt sich daher im Unterschied zum Vorbringen des Antragstellers um keine 'Laune des Gesetzgebers', sondern um ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Sicherheit der Fleischüberwachung.

Aber selbst wenn der Antragsteller in einem begründeten Vertrauen enttäuscht worden sein sollte, so kann auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach der Gesetzgeber solche 'wohlerworbenen Rechte' ändern kann, dabei aber im Besonderen das Gleichheitsgebot zu beachten habe (vgl. VfSlg. 11.288/1987). Im vorliegenden Fall hat sich der Gesetzgeber nach Ansicht der Bundesregierung jedenfalls im Rahmen des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums bewegt und eine sachlich begründete Regelung getroffen.

Eingriffe in erworbene Rechtspositionen können insbesondere zulässig sein, wenn für einen bestimmten Zeitraum Übergangsregelungen vorgesehen werden (vgl. VfSlg. 8871/1980). Im vorliegenden Fall erscheint die Übergangsfrist von einem Jahr für das Auslaufen der Doppelfunktion ausreichend. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in der Privatwirtschaft wohl kaum eine derart lange Kündigungsfrist - nämlich ein Jahr - gewährt wird, wie sie im vorliegenden Fall gesetzlich vorgesehen wurde.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Regelung des Art 2 Abs 3 leg.cit. innerhalb der Grenzen des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums gehalten und die ihm zustehende Freiheit, gegebene Rechtslagen zum Nachteil der Normunterworfenen abzuändern, nicht missbraucht (vgl. dazu VfSlg. 15.373/1998).

Die Regelung des Art 2 Abs 3 leg.cit. erweist sich somit als sachlich gerechtfertigt und stellt keinen verfassungswidrigen Eingriff in den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG dar.

[...] Zum behaupteten Eingriff in die Erwerbsfreiheit

Wie bereits eingangs angeführt erstattet der Antragsteller kein substanziiertes Vorbringen hinsichtlich einer allfälligen Verfassungswidrigkeit des Art 2 Abs 3 leg. cit. im Hinblick auf das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit, weshalb der Antrag bereits aus diesem Grunde zurückzuweisen wäre.

Auch eine inhaltliche Überprüfung führt zu dem Ergebnis, dass keine Verletzung des Grundrechts auf Erwerbsausübungsfreiheit durch Art 2 Abs 3 leg. cit. gegeben ist.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Gesetzgeber dem Art 6 StGG zufolge ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und unter bestimmten Umständen verboten ist, sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechts nicht verletzt und auch sonst der Verfassung entspricht. Die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes hat dies dahin ergänzt und präzisiert, dass eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsfreiheit beschränkt, nur zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl. VfSlg. 11.558/1987 mwH, VfSlg. 12.481/1990).

Die Ziele der Regelung des Art 2 Abs 3 leg. cit., nämlich eine mängelfreie Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes zur Hintanhaltung der Übertragung der durch BSE verursachten Krankheit sowie die Sicherheit der österreichischen Tierbestände und der Konsumentenschutz, liegen - wie bereits ausgeführt - im öffentlichen Interesse. Der Eingriff in bestehende Bestellungen ist zur Zielerreichung auch grundsätzlich geeignet. Der Eingriff in bereits bestehende Bestellungen eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt erscheint daher erforderlich. Nach Ansicht der Bundesregierung wiegen die öffentlichen Interessen, welche zu dem in § 6 Abs 3 enthaltenen grundsätzlichen Verbot für die Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt geführt haben, schwerer als das an sich verfassungsrechtlich geschützte Interesse an der weiteren Ausübung der grundrechtlich geschützten Erwerbstätigkeit. Die Schwere des Eingriffs, nämlich der Eingriff in die Bestellung als Fleischuntersuchungstierarzt, wird auch im Fall des Art 2 Abs 3 leg. cit. durch das Gewicht der öffentlichen Interessen begründet.

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist daher nach Ansicht der Bundesregierung durch Art 2 Abs 3 leg. cit. nicht verletzt."

3.a) Der in Art 7 B-VG normierte Gleichheitsgrundsatz richtet sich zwar auch an den Gesetzgeber und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Er verwehrt dem einfachen Gesetzgeber von Verfassungs wegen aber nicht, seine (rechts-)politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignete Art zu verfolgen (vgl. zB VfSlg. 7864/1976, 7996/1977, 11.369/1987, 14.644/1996). Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber frei zu entscheiden, welche Mittel er - unter Berücksichtigung allfälliger erwünschter oder in Kauf genommener Nebenwirkungen - jeweils als zur Zielerreichung geeignet erachtet (vgl. zB VfSlg. 11.639/1988, 14.644/1996).

Den von der Bundesregierung in ihrer Äußerung enthaltenen Feststellungen, "dass die BSE-Krise eine Novelle des Fleischuntersuchungsgesetzes erforderlich machte", die Regelungen dieser Novelle "unter anderem zur wirksamen Überwachung der umfangreichen BSE-Untersuchungen von Schlachtrindern im Zuge der Fleischuntersuchung beitragen" sollen und die angefochtenen Regelungen "den öffentlichen Interessen sowohl der mängelfreien Vollziehung des Fleischuntersuchungsgesetzes zur Hintanhaltung der Übertragung der durch BSE verursachten Krankheit als auch des Konsumentenschutzes und der Sicherheit der österreichischen Tierbestände (dienen)", kann nicht entgegengetreten werden.

Obwohl der Verfassungsgerichtshof keine konkreten Hinweise dafür hat, daß die Fleischuntersuchungen in Österreich derzeit mangelhaft wären, ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er Amtstierärzte nur in Ausnahmefällen als Fleischuntersuchungsorgane zulassen wollte. Dies ergibt sich in Anbetracht der - im folgenden näher dargestellten - Kontroll- bzw. Überprüfungsfunktionen, die der Amtstierarzt gegenüber dem Fleischuntersuchungstierarzt gegebenenfalls zu erfüllen hat:

b)aa) Amtstierärzte sind nach § 2 Abs 2 Tierärztegesetz, BGBl. I Nr. 16/1975, "die bei den Behörden der staatlichen Veterinärverwaltung hauptberuflich in einem Dienstverhältnis stehenden Tierärzte, die behördliche Aufgaben zu vollziehen haben".

bb) Gem. § 4 Abs 1 FleischUG obliegt die Schlachttier- und Fleischuntersuchung dem Landeshauptmann. Er hat sich zur Erfüllung dieser Aufgabe besonders geschulter Organe (Fleischuntersuchungsorgane) zu bedienen. Diese sind vom Landeshauptmann nach Anhören der Gemeinde, in deren Bereich sie ihre Tätigkeit ausüben sollen, zu bestellen. Als besonders geschult gelten (soweit das Fleischuntersuchungsgesetz nichts anderes bestimmt) Tierärzte (Fleischuntersuchungstierärzte) (§4 Abs 2 leg.cit.).

cc) Gemäß § 17 Abs 1 FleischUG hat der Fleischuntersuchungstierarzt unter anderem in Schlachtbetrieben, in Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieben, in Kühlhäusern, in denen Fleisch gelagert wird, sowie in Betrieben, in denen Tiere zur Fleischgewinnung gehalten werden, unter Einbeziehung der Güterbeförderungsmittel Kontrolluntersuchungen im veterinär- und sanitätshygienisch jeweils erforderlichen Umfang durchzuführen. Er hat auf die Abstellung allenfalls wahrgenommener Mängel, allenfalls unter Setzung einer angemessenen Frist, zu dringen. Werden die Mängel nicht oder nicht rechtzeitig abgestellt, so hat der Fleischuntersuchungstierarzt bei der Bezirksverwaltungsbehörde Anzeige zu erstatten.

Weiters hat gemäß § 16 FleischUG (idF BGBl. I Nr. 73/2001) der Landeshauptmann in den genannten Betrieben nach einem Kontrollplan stichprobenweise Kontrollen durchführen zu lassen. Im Zuge dieser Kontrollen ist die Einhaltung der Bestimmungen des FleischUG und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu überprüfen. Bei festgestellten Mängeln und Mißständen sind die erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Welches Organ diese Kontrollen durchzuführen hat - der Fleischuntersuchungstierarzt oder der Amtstierarzt -, läßt diese Norm offen.

Auch Stangl/Kainz weisen in ihrem Kommentar zum Fleischuntersuchungsrecht darauf hin, daß nicht festgelegt ist, welcher Personen sich der Landeshauptmann bei der Erfüllung dieser Kontrollaufgabe nach § 16 leg.cit. bedient. Sie führen dazu aber weiter aus (S 68):

"Es ist naheliegend, daß er sich der Amtstierärzte bedient, jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Es ist jedoch auch durchaus möglich, Fleischuntersuchungstierärzte damit zu beauftragen, sodaß es zu einer Überschneidung der Kontrollen gem §§16 und 17 kommt. Es wird am LH [Landeshauptmann] liegen, je nach Kontrollschwerpunkt die entsprechenden Personen zu betrauen. So wird die Einhaltung der Vorschriften über die Schlachttier- und Fleischuntersuchung seitens des Fleischuntersuchungstierarztes durch den Amtsarzt kontrolliert werden.

[...]" (Hervorhebungen im Original)

dd) Gemäß § 1 Abs 1 FleischUG unterliegen näher bezeichnete Tierarten unter bestimmten Voraussetzungen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung und Beurteilung (Schlachttier- und Fleischuntersuchung). Die §§18 bis 27 FleischUG regeln das Untersuchungsverfahren.

Gemäß § 28 Abs 1 leg.cit. ist das Ergebnis der Untersuchung und Beurteilung des Fleisches nach der Schlachtung bezüglich der Verwendbarkeit des Fleisches als Lebensmittel vom zuständigen Fleischuntersuchungsorgan in näher beschriebener Weise zusammenzufassen und dem über das Fleisch Verfügungsberechtigten bekanntzugeben.

Auf Verlangen des Verfügungsberechtigten hat der Bürgermeister die Beurteilung des Fleischuntersuchers durch den zuständigen Fleischuntersuchungstierarzt überprüfen zu lassen. Wird die Überprüfung der Beurteilung eines Fleischuntersuchungstierarztes verlangt, so hat der Bürgermeister umgehend der Bezirksverwaltungsbehörde zu berichten. Wird die Überprüfung durch die Bezirksverwaltungsbehörde in Anspruch genommen, so hat die Erhebung bzw. Revision des Befundes im Rahmen der Grundsätze des FleischUG durch enen Amtstierarzt zu erfolgen (§28 Abs 3 und 4 leg.cit.).

c) Bereits § 6 Abs 3 FleischUG idF vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2001 sah vor, daß Amtstierärzte im Bereich ihres Amtssprengels nur dann zum Fleischuntersuchungstierarzt bestellt werden durften, "wenn die sie betreffenden Kontrollen gemäß § 16 und die Überprüfung der Befunde gemäß § 28 Abs 4 einem anderen Amtstierarzt aus demselben Amtssprengel übertragen sind".

Der Gesetzgeber ging bei der Neuregelung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2001 - so scheint es - davon aus, daß die Amtstierärzte im Falle der (weiteren) Entflechtung der Tätigkeitsbereiche von Amtstierarzt einerseits und Fleischuntersuchungstierarzt andererseits insbesondere diejenigen Funktionen in objektiver und effizienter Weise wahrnehmen können, die ihnen durch § 16 und § 28 Abs 4 FleischUG übertragen sind.

In diesem Sinne wird in den Gesetzesmaterialien (betreffend die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2001) als Begründung für die Neufassung des § 6 Abs 3 bzw. für Art 2 angeführt:

"Die Amtsärzte haben Kontrollfunktionen gegenüber den Fleischuntersuchungstierärzten. Der bisherige § 6 Abs 3 hat sich in diesem Zusammenhang in der Praxis als nicht ausreichend erwiesen, Interessenskonflikte, die zu Zweifel an der Unparteilichkeit von Behördenorganen führen können, auszuschließen. In Hinkunft sollen daher Amtstierärzte grundsätzlich nicht mehr zu Fleischuntersuchungstierärzten bestellt werden dürfen. [...]"

Dieser Entscheidung des Gesetzgebers kann aus verfassungsrechtlicher Sicht in Anbetracht der oben dargelegten Aufgabenkonstellation von Amtstierärzten nicht entgegengetreten werden.

Es ist daher dem einfachen Gesetzgeber zuzubilligen, zur Vermeidung von - seiner Einschätzung nach allenfalls auftretenden und die Objektivität behördlicher Handlungen und Entscheidungen möglicherweise beeinträchtigenden - Interessenskonflikten eine entsprechende Regelung zu treffen, die nach seinen Vorstellungen dazu geeignet ist, das nach der BSE-Krise erschütterte Vertrauen der (europäischen) Konsumenten in die Qualität auch der österreichischen Fleischuntersuchung zu stärken.

d) Es bleibt somit zu prüfen, ob das Erlöschen der Bestellung eines Amtstierarztes zum Fleischuntersuchungsorgan für diesen in der im Gesetz vorgezeichneten Form (nach Ablauf eines Jahres ab Inkrafttreten des Gesetzes) einen derart intensiven Eingriff darstellt, daß die Regelung dadurch unsachlich wird, daß den Betroffenen aus verfassungsrechtlicher Sicht keine ausreichende Möglichkeit eingeräumt wurde, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur zum Vertrauensschutz zwar zugestanden, daß der Schutz erworbener Rechtspositionen grundsätzlich durch keine Verfassungsvorschrift gewährleistet ist, sodaß es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten der Betroffenen zu ändern (vgl. dazu zuletzt das Erk. vom , G59/00, m.w.H.). Es wird in dieser Judikatur jedoch mehrfach betont, daß eine Regelung dann verfassungswidrig wird, wenn sie plötzlich - ohne entsprechende Übergangsregelung - schlagend wird.

Als ausreichend wurden Übergangsregelungen angesehen, die den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt haben, sich auf die zu ihrem Nachteil geänderte Rechtslage einzustellen.

So hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 13.461/1993 ausdrücklich eine Legisvakanz von mehr als 5 Monaten als zum Schutz des Vertrauens gegen Eingriffe von erheblichem Gewicht ausreichend erachtet.

Zu beachten ist bei der Beurteilung der im vorliegenden Fall vorgesehenen Frist auch, daß beispielsweise Kündigungsfristen für nicht öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse durchaus kürzer sind, die Betroffenen sich also in kürzerer Zeit auf die geänderte Situation einstellen müssen. Die einjährige Frist bis zum Wirksamwerden der Bestimmung, daß Amtstierärzte ihre Berechtigung, als Fleischuntersuchungsorgane tätig zu sein, verlieren, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht ausreichend, um sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen.

4. Auch die im Antrag vorgebrachten Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht der Erwerbsfreiheit treffen nicht zu:

Der Gesetzgeber ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 3968/1961, 4011/1961, 5871/1968, 9233/1981) durch Art 6 StGG ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.

Eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkt, ist nur zulässig, wenn das öffentliche Interesse sie gebietet, sie zur Zielerreichung geeignet und adäquat ist und sie auch sonst sachlich gerechtfertigt werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.179/1984, 12.578/1990, 12.677/1991).

Daß diese Voraussetzungen für eine Beschränkung des erwähnten Grundrechtes erfüllt sind, ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen in Zusammenhang mit der Unbedenklichkeit der Regelung im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes.

5. Die Bedenken hinsichtlich Art 2 Abs 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 73/2001 sind sohin nicht begründet. Der Antrag auf Aufhebung dieser Bestimmung ist daher abzuweisen.

IV. Dies konnte gem. § 19 Abs 3 Z 2 lite und Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.