VfGH vom 03.03.2022, G324/2021

VfGH vom 03.03.2022, G324/2021

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch eine Bestimmung des GehaltsG 1956 betreffend den Ausschluss einer ruhegenussfähigen Verwendungszulage für Beamte des Exekutivdienstes im Falle der höherwertigen besoldungsgruppenübergreifenden dauernden Verwendung; Wertungswiderspruch zum Bestehen eines Anspruchs auf ruhegenussfähige Verwendungszulage bei Verwendung innerhalb derselben Besoldungsgruppe sowie bei bloß vorübergehender höherwertiger Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe

Spruch

I.Die Wortfolge "des Exekutivdienstes" nach der Wortfolge "nächsthöheren Verwendungsgruppe" in §75 Abs1 Bundesgesetz vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956 – GehG), BGBl Nr 54/1956, idF BGBl I Nr 60/2018 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II.Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

III.Im Übrigen wird §75 Abs1 Bundesgesetz vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956 – GehG), BGBl Nr 54/1956, idF BGBl I Nr 60/2018 nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E1299/2021 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Der Beschwerdeführer in dem zu E1299/2021 protokollierten Fall steht seit in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde ursprünglich im Exekutivdienst (Verwendungsgruppe E2b) verwendet. Am wurde der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1. September bis im Bereich des Bundesministeriums für Inneres der Abteilung III/9, Referat III/9a – SBS Niederösterreich (Mödling), dienstzugeteilt. Er war als stellvertretender Leiter mit der Wahrnehmung von Aufgaben eines Arbeitsplatzes der Verwendungsgruppe A2/Funktionsgruppe 4 betraut. Die Dienstzuteilung des Beschwerdeführers wurde mit Verfügung der Bundesministerin für Inneres vom bis , sowie mit Verfügungen des Bundesministers für Inneres vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis , vom bis und vom bis verlängert. Mit Verfügung vom wurde der Beschwerdeführer ab dem dem Bundesministerium für Inneres, Abteilung III/9, BS Schwechat, dienstzugeteilt.

Mit wurde der Beschwerdeführer in die Verwendungsgruppe A2 überstellt, zum Bundesministerium für Inneres, Referat V/9/a, BS Schwechat, versetzt und dort auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A2/Funktionsgruppe 4 ernannt.

Mit Schreiben vom an das Bundesministerium für Inneres beantragte der Beschwerdeführer gemäß §80 Gehaltsgesetz 1956 (im Folgenden: GehG) für die Zeit seiner Dienstzuteilung und Verwendung als stellvertretender Betreuungsstellenleiter die Zuerkennung und Nachverrechnung einer Funktions- und Verwendungszulage seit dem .

Mit Bescheid vom gab der Bundesminister für Inneres dem Antrag des Beschwerdeführers teilweise statt, indem er ihm für den Zeitraum vom 1. September bis zum eine Ergänzungszulage nach §36b GehG auf einen Arbeitsplatz der Wertigkeit A2/4 zuerkannte und den Antrag für den darüberhinausgehenden Zeitraum vom bis abwies.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde teilweise Folge gegeben und den Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer eine Verwendungszulage gemäß §75 Abs1 GehG für den Zeitraum vom bis zugesprochen wird, jedoch der Antrag auf Zuerkennung einer darüber hinausgehenden Verwendungs- bzw Funktionszulage für die Zeiträume vom bis sowie vom bis und auf Funktionszulage vom bis abgewiesen wird.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer die zur Zahl E1299/2021 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §75 Abs1 GehG, BGBl 54/1956, idF BGBl I 60/2018 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst- und Besoldungsrechtes der öffentlich Bediensteten durch den Gleichheitsgrundsatz ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen; er ist lediglich gehalten, das Dienst- und Besoldungsrecht (sowie Pensionsrecht) derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den öffentlich Bediensteten obliegenden Dienstpflichten steht (vgl etwa VfSlg 11.193/1986, 12.154/1989, 16.176/2001, 19.255/2010; ). Insbesondere liegt die Art der Gestaltung des Gehaltsschemas der Beamten und des Entlohnungsschemas der Vertragsbediensteten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sofern er mit seiner Regelung nicht gegen das – sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende – Sachlichkeitsgebot verstößt (vgl VfSlg 9607/1983, 16.176/2001, 18.934/2009 und 20.108/2016).

3.2. Diese Schranken dürften durch die in Prüfung gezogene Bestimmung in jenen Fällen, in denen eine dauerhafte besoldungsgruppenübergreifende Höherverwen-dung stattfindet, überschritten worden sein:

3.2.1. §75 Abs1 GehG sah bis zur Neufassung dieser Bestimmung mit der Novelle BGBl I 60/2018 vor, dass Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage gebührte, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe verwendet wurden, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein. Diese Verwendungszulage gebührte auch dann, wenn sie auf einem Arbeitsplatz einer anderen Verwendungsgruppe – somit besoldungsgruppenübergreifend – verwendet wurden (vgl ). §75 Abs1 GehG idF BGBl I 60/2018 dürfte hingegen nunmehr vorsehen, dass Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage nur dann gebührt, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe des Exekutivdienstes verwendet werden, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein; bei einer entsprechenden höherwertigen besoldungsgruppenübergreifenden dauernden Verwendung dürfte nunmehr keine Verwendungszulage gebühren (vgl die Erläut zur RV, 196 BlgNR 26. GP, 11).

Die mit BGBl I 60/2018 vorgenommene Änderung des §75 Abs1 GehG dürfte dazu führen, dass Beamte des Exekutivdienstes, die besoldungsgruppenübergreifend in einer anderen Verwendungsgruppe als jener, in der sie eingestuft sind, dauernd höherwertig verwendet werden, ab keinen Anspruch (mehr) auf die Gewährung einer Verwendungszulage gemäß §75 Abs1 GehG haben, während jene, die – nicht besoldungsgruppenübergreifend – im Exekutivdienst dauernd höherwertig verwendet werden, weiterhin einen solchen Anspruch haben.

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig – wie der Anlassfall zeigt – davon aus, dass auch nach Inkrafttreten der Dienstrechts-Novelle 2018 Beamte besoldungsgruppenübergreifend verwendet werden (vgl zB §80 GehG, der ausdrücklich eine Verwendung von Beamten des Exekutivdienstes im Allgemeinen Verwaltungsdienst oder im Militärischen Dienst vorsieht).

3.2.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht vorerst keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass nach §75 GehG idF BGBl I 60/2018 – unabhängig von der tatsächlichen dauernden höherwertigen Verwendung – eine Verwendungszulage nunmehr nur dann gebührt, wenn die dauernde Verwendung auf einem Arbeitsplatz in der Verwendungsgruppe des Exekutivdienstes erfolgt.

3.2.3. Im Gesetzesprüfungsverfahren wird zudem zu prüfen sein, ob nicht nach §80 Abs3 GehG – welcher mit "Gemeinsame Bestimmungen für Funktionszulage, Funktionsabgeltung, Verwendungszulage und Verwendungsabgeltung" betitelt ist – auch bei dauernder besoldungsgruppenfremder Höherverwendung ein Anspruch auf eine dem §75 Abs1 GehG entsprechende Verwendungszulage besteht."

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken – nach der Darstellung und Erläuterung der Rechtslage und den Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde sowie zur Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung – in der Sache wie folgt entgegentritt:

"III. In der Sache:

[…]

3. Die Bundesregierung teilt die vom Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf den Gleichheitssatz geäußerten Bedenken nicht:

3.1. […]

3.2. Das Dienst- und Besoldungsrecht legt für die Besoldungsgruppen 'Allgemeiner Verwaltungsdienst', 'Exekutivdienst' und 'Militärischer Dienst' ausdrücklich den Grundsatz der in Besoldungsgruppen getrennten Verwendung mit entsprechender – auf die Besoldungsgruppe abgestimmter – Besoldung fest (vgl insbesondere §137 Abs8, §143 Abs6 und §147 Abs6 BDG 1979 sowie die §§2, 28 ff, 72 ff und 85 ff GehG):

3.2.1. Aufgrund [dieses] […] Verwendungsverbotes darf die Dienstbehörde einen Beamten, dem bescheidmäßig eine Planstelle des Exekutivdienstes verliehen wurde, nicht mit einem Arbeitsplatz des Allgemeinen Verwaltungsdienstes dauernd betrauen, sondern gemäß §137 Abs8 BDG 1979 nur einen Beamten, dem eine Planstelle des Allgemeinen Verwaltungsdienstes verliehen wurde – und umgekehrt (vgl §143 Abs6 BDG 1979). Ein Arbeitsplatz, der wie im Anlassfall nach den für den allgemeinen Verwaltungsdienst geltenden Vorschriften in §137 Abs1 bis 3 BDG 1979 eingerichtet und der Verwendungsgruppe A2 zugeordnet wurde, kann daher nicht als nach den für den Exekutivdienst geltenden Vorschriften in §143 Abs1 bis 3 BDG 1979 bewertet und eingerichtet gelten. Dieser Arbeitsplatz wurde nämlich keiner Verwendungsgruppe des Exekutivdienstes zugeordnet und ist auch nicht als Arbeitsplatz des Exekutivdienstes im Personalplan ausgewiesen.

3.2.2. An diese Zuordnung eines Beamten zu einer Besoldungsgruppe knüpfen sodann die entsprechenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen an. […] [D]ie klare Zuordnung eines Beamten zu einer Besoldungsgruppe [ist] aus haushaltsrechtlichen Gründen für die langfristige Planbarkeit des Bundeshaushalts sowie der zugehörigen Personalwirtschaft unerlässlich.

3.3. Nach Ansicht der Bundesregierung kann eine besoldungsrechtliche Regelung nicht deshalb mit Verfassungswidrigkeit belastet sein, weil sie einer dem Dienstrecht widersprechenden Verwendung – die als solche vom Beamten nicht schlichtweg hinzunehmen ist, sondern gegen die dem Beamten die Rechtsschutzmöglichkeiten des allgemeinen Dienstrechts zur Verfügung stehen – nicht in ausreichendem Maß Rechnung trägt.

Würde die in Prüfung gezogene Bestimmung auf solche Fälle anzuwenden sein, so würde dies zur Folge haben, dass für eine Tätigkeit Grundgehälter, Zulagen und Vergütungen ausbezahlt würden, die von der Gesetzgebung als Entlohnung für gänzlich andere, nicht vergleichbare Tätigkeiten geschaffen wurden. Ein solches Vorgehen würde die Zielsetzungen des Dienstrechts und des Haushaltsrechts unterlaufen.

3.4. Die Regelung, dass Beamten des Exekutivdienstes nur dann eine Verwendungszulage gebührt, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe in der Besoldungsgruppe 'Exekutivdienst' verwendet werden, ist somit nicht unsachlich, sondern vielmehr dem Umstand geschuldet, dass eine dauernde Verwendung auf einem Arbeitsplatz einer anderen Besoldungsgruppe dienstrechtlich unzulässig ist: Durch die dem Dienstrecht entsprechende Besoldungsregelung wird sichergestellt, dass Beamte, die gleich bewerteten Arbeitsplätzen zugeordnet sind, auch besoldungsrechtlich gleich behandelt werden (Beamte des Exekutivdienstes auf dem Exekutivdienst zugeordneten Arbeitsplätzen nach den §§72 ff GehG inklusive einer allfälligen Verwendungszulage nach §75 Abs1 GehG sowie Beamte des Allgemeinen Verwaltungsdienstes auf dem Allgemeinen Verwaltungsdienst zugeordneten Arbeitsplätzen nach den §§28 ff GehG inklusive einer allfälligen Verwendungszulage nach §34 Abs1 GehG).

Für den Fall, dass ein Beamter – wie im Anlassfall – nun dauernd auf einem einer anderen Besoldungsgruppe (zB Allgemeiner Verwaltungsdienst) zuzuordnenden Arbeitsplatz verwendet werden soll, sehen die dienstrechtlichen Bestimmungen unter engen Voraussetzungen sowie nach Durchführung eines ordentlichen Versetzungsverfahrens mit allen Rechtsschutzmechanismen gemäß §38 Abs9 und 10 BDG 1979 die Möglichkeit einer Überstellung vor. Eine Überstellung in die Besoldungsgruppe Allgemeiner Verwaltungsdienst hat die Anwendbarkeit sämtlicher für Beamte des Allgemeinen Verwaltungsdienstes geltender besoldungsrechtlicher Vorschriften zur Folge, womit eine Gleichbehandlung von Beamten auf gleich (zB nach §137 Abs1 bis 3 BDG 1979) bewerteten Arbeitsplätzen gewährleistet ist.

3.5. Die Sachlichkeit der Regelung, den Erhalt der entsprechenden Verwendungszulage an die Zugehörigkeit zur Besoldungsgruppe zu knüpfen, ergibt sich auch aus der Systematik des Gesetzes selbst: Für jede Besoldungsgruppe sind abhängig von der Bewertung des Arbeitsplatzes gesonderte besoldungsrechtliche Regelungen vorgesehen (vgl die §§28 ff, 72 ff und 85 ff GehG). Das Gesetz differenziert zwischen vorübergehenden und dauernden Verwendungen, die unterschiedlich abgegolten werden (zB Funktions- bzw Verwendungsabgeltung einerseits und Verwendungszulage andererseits). Verwendungszulagen sind in bestimmter Höhe ausschließlich für höherwertige Verwendungen in den dezidiert genannten Verwendungsgruppen vorgesehen, für eine Verwendung in anderen Besoldungsgruppen sind hingegen keine Werte festgelegt: So sehen zB §75 Abs1 und 1a GehG lediglich die Verwendungszulage innerhalb der Besoldungsgruppe 'Exekutivdienst' und §34 Abs1 und 1a GehG jene innerhalb der Besoldungsgruppe 'Allgemeiner Verwaltungsdienst' vor. Für die bloß vorübergehende (und dienstrechtlich zulässige; siehe sogleich) besoldungsgruppenübergreifende Verwendung wurde ausdrücklich eine Sonderregelung in §80 Abs1 GehG geschaffen (vgl auch die Sonderfälle in §75 Abs4 GehG).

3.6. Nach Auffassung der Bundesregierung hat die Gesetzgebung daher ihren – im Dienst- und Besoldungsrecht weiten – Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

3.7. Dem steht auch nicht entgegen, dass §80 Abs1 GehG eine Funktions- und Verwendungsabgeltung für den Fall vorsieht, dass ein Beamter des Exekutivdienstes vorübergehend höherwertig auf einem Arbeitsplatz des Allgemeinen Verwaltungsdienstes oder des Militärischen Dienstes verwendet wird:

3.7.1. §80 Abs1 GehG trägt dem Umstand einer nur vorübergehenden Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe Rechnung.

Eine solche vorübergehende Verwendung ist nach der allgemeinen dienstrechtlichen Regelung in §36 Abs4 BDG 1979 grundsätzlich zulässig, wenn sie im Interesse des Dienstes notwendig ist (und die im jeweiligen Fall anzuwendenden spezielleren dienstrechtlichen Bestimmungen nicht ausdrücklich anderes anordnen). Aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit der in §80 Abs1 GehG ausdrücklich vorgesehenen Abgeltung für vorübergehende besoldungsgruppenübergreifende Verwendungen ergibt sich, dass die Verwendungsverbote in den §§137 Abs8, 143 Abs6 und 147 Abs6 BDG 1979 nur dauernde Verwendungen zum Gegenstand haben, nicht aber bloß vorübergehende (denen auch für die Effektivität des Personalplans keine besondere Bedeutung zukommt, da sie keine langfristigen Ansprüche begründen können).

Diese vorübergehende besoldungsgruppenübergreifende Verwendung erklärt sich wiederum daraus, eine geordnete Mobilität innerhalb des öffentlichen Diensts zu gewährleisten, insbesondere um die Verwendung eines Bediensteten auf einem völlig andersartigen Arbeitsplatz für mehrere Monate zu erproben und damit dem betroffenen Vorgesetzten als auch dem betroffenen Beamten eine empirisch fundierte Beurteilung der in Aussicht genommenen Personalmaßnahme zu ermöglichen. §80 Abs1 GehG erfüllt daher zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen innerhalb eines Bundesministeriums einen ähnlichen Zweck wie jene Regelungen, die bei einem angestrebten Wechsel zwischen verschiedenen Bundesministerien zwecks Erprobung auf dem neuen Arbeitsplatz zunächst bloß eine Dienstzuteilung statt einer Versetzung vorsehen (§38a BDG 1979). Hinsichtlich Zweck und Dauer sind auch die Regelungen über die sechsmonatige Probezeit anlässlich der Aufnahme ins öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis damit vergleichbar (vgl §10 Abs2 und 3 BDG 1979).

Daneben wird mit §80 Abs1 GehG auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Ausübung der Aufgaben, die mit einem vakanten Arbeitsplatz verbunden sind, oft nicht den zeitlichen Aufschub duldet, der für ein ordentliches Ausschreibungs- und Versetzungsverfahren erforderlich ist. Gegenteilig bedarf es hier manchmal einer größeren Flexibilität der Dienstbehörde, damit der Arbeitsplatz provisorisch mit potentiell geeigneten Bediensteten besetzt und so der Dienstbetrieb zumindest im erforderlichen Mindestausmaß aufrechterhalten werden kann, während die für eine dauernde Besetzung vorgesehenen Verfahren durchgeführt werden.

3.7.2. Die mit §80 Abs1 GehG geregelten Sachverhalte einer vorübergehenden besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung unterscheiden sich damit vom Anlassfall einer mehrere Jahre andauernden Verwendung, für die keine Gründe erkennbar sind, von den gesetzlich vorgesehenen Überstellungs- und Versetzungsverfahren, dem Grundsatz der Personalplanwahrheit und den zur Wahrung dieses Grundsatzes erlassenen Verwendungsverboten abzugehen.

3.7.3. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass bereits in den Gesetzesmaterialien zum Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl Nr 550/1994, und zur Dienstrechts-Novelle 1999, BGBl I Nr 127/1999, die geringe Anzahl von vorübergehenden besoldungsgruppenübergreifenden Verwendungen hervorgehoben wurde, was den Ausnahmecharakter dieser Regelung unterstreicht (vgl RV 1577 BlgNR XVIII. GP 187, RV 1764 BlgNR XX. GP 93). Bereits wegen dieses Unterschieds im Tatsächlichen zwischen bloß mehrmonatigen – und dienstrechtlich zulässigen – vorübergehenden Verwendungen, die §80 Abs1 GehG regelt, kann kein Rückschluss auf die (Un-)Sachlichkeit des §75 Abs1 GehG gezogen werden.

3.8. Zu der vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen Frage betreffend §80 Abs3 GehG weist die Bundesregierung darauf hin, dass sich diese Bestimmung nicht auf besoldungsgruppenübergreifende Verwendungen bezieht. §80 Abs3 GehG legt (wie unter Punkt I.3.4.7. ausgeführt) lediglich allgemein und bloß hinsichtlich einer vorübergehenden Verwendung fest, dass 'die vorübergehende Besorgung von Aufgaben eines Arbeitsplatzes tunlichst durch einen einzigen Beamten – und nicht durch mehrere gleichzeitig – erfolgen soll' (RV 1577 BlgNR XVIII. GP 187 f.).

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig ist. Sollte der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Bestimmung dennoch für verfassungswidrig erachten, weist die Bundesregierung im Hinblick auf den Aufhebungsumfang darauf hin, dass mit der Aufhebung der Wortfolge 'des Exekutivdienstes' nach der Wortfolge 'nächsthöheren Verwendungsgruppe' in §75 Abs1 GehG das Auslangen gefunden werden könnte." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

5. Die im Anlassfall beschwerdeführende Partei hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Ergebnis beitritt.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979BDG 1979), BGBl 333/1979, idF BGBl I 153/2020 lauten auszugsweise:

"Versetzung

§38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation,

2. bei der Auflassung von Arbeitsplätzen,

3. bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber vorhanden sind,

4. wenn die Beamtin oder der Beamte nach §81 Abs1 Z3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder

5. wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine solche Versetzung ist – ausgenommen in den Fällen des Abs3 Z4 und 5 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs3 Z5 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist – unzulässig, wenn sie

1. für die Beamtin oder den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und

2. eine andere geeignete Beamtin oder ein anderer geeigneter Beamter derselben Dienststelle und derselben Verwendungsgruppe zur Verfügung steht, bei der oder dem dies nicht der Fall ist.

(5) Eine Versetzung der Beamtin oder des Beamten in ein anderes Ressort bedarf bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheids der Zustimmung der Leiterin oder des Leiters des anderen Ressorts.

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.

(8) Im Fall der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Beamten eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren.

(9) Die Beamtin oder der Beamte kann auf Antrag oder aus wichtigem dienstlichen Interesse von Amts wegen in eine andere Besoldungs- oder Verwendungsgruppe überstellt werden. Auf diese Fälle sind Abs2 letzter Satz und die Abs3 bis 8 sinngemäß anzuwenden.

(10) Für die Ermittlung, ob eine Überstellung von Amts wegen zulässig ist, werden die Verwendungsgruppen aller Besoldungsgruppen wie folgt zusammengefasst:

1. Verwendungsgruppe 'Höherer Dienst' und vergleichbare Verwendungen;

2. Verwendungsgruppe 'Gehobener Dienst' und vergleichbare Verwendungen;

3. Verwendungsgruppe 'Fachdienst' und vergleichbare Verwendungen;

4. Verwendungsgruppe 'Qualifizierter mittlerer Dienst' und vergleichbare Verwendungen;

5. Verwendungsgruppe 'Mittlerer Dienst' und vergleichbare Verwendungen;

6. Verwendungsgruppen 'Qualifizierter Hilfsdienst' und 'Hilfsdienst' und vergleichbare Verwendungen.

Eine Überstellung kann von Amts wegen entweder in eine Verwendungsgruppe, die der gleichen Ziffer wie die aktuelle Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten zuzuordnen ist, oder in eine Verwendungsgruppe, die einer der Bezeichnung nach niedrigeren Ziffer als die aktuelle Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten zuzuordnen ist, erfolgen.

[…]

Dienstzuteilung

§39. (1) Eine Dienstzuteilung liegt vor, wenn der Beamte vorübergehend einer anderen Dienststelle zur Dienstleistung zugewiesen und für die Dauer dieser Zuweisung mit der Wahrnehmung von Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung dieser Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes betraut wird.

(2) Eine Dienstzuteilung ist nur aus dienstlichen Gründen zulässig. Sie darf ohne schriftliche Zustimmung des Beamten höchstens für die Dauer von insgesamt 90 Tagen in einem Kalenderjahr ausgesprochen werden.

(3) Eine darüber hinausgehende Dienstzuteilung ist ohne Zustimmung des Beamten nur dann zulässig, wenn

1. der Dienstbetrieb auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden kann oder

2. sie zum Zwecke einer Ausbildung erfolgt.

(4) Bei einer Dienstzuteilung ist auf die bisherige Verwendung des Beamten und auf sein Dienstalter, bei einer Dienstzuteilung an einen anderen Dienstort außerdem auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(5) Die Abs2 bis 4 sind auch bei einer Verwendung in einer Außenstelle, die außerhalb des Dienstortes liegt, anzuwenden.

[…]

Bewertung und Zuordnung von Arbeitsplätzen

§143. (1) Die Arbeitsplätze der Beamten des Exekutivdienstes sind auf Antrag des zuständigen Bundesministers von der Bundesministerin oder vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport zu bewerten und unter Bedachtnahme auf die in der Anlage 1 genannten Richtverwendungen einer Verwendungsgruppe und innerhalb dieser der Grundlaufbahn oder einer Funktionsgruppe zuzuordnen. Bei der Zuordnung zu einer Verwendungsgruppe ist auch auf die in der Anlage 1 für diese Verwendungsgruppe vorgeschriebenen Ausbildungserfordernisse Bedacht zu nehmen.

(2) Richtverwendungen sind gesetzlich zugeordnete Arbeitsplätze, die den Wert wiedergeben, der ihnen auf Grund ihres Inhaltes und ihrer organisatorischen Stellung am Tag des Inkrafttretens der betreffenden Gesetzesbestimmung zukommt.

(3) Bei der Arbeitsplatzbewertung sind die mit dem Arbeitsplatz verbundenen Anforderungen an das Wissen, die für die Umsetzung des Wissens erforderliche Denkleistung und die Verantwortung zu berücksichtigen. Im einzelnen sind zu bewerten:

1. das Wissen nach den Anforderungen

a) an die durch Ausbildung oder Erfahrung erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten,

b) an die Fähigkeit, Aufgaben zu erfüllen, zu überwachen, zu integrieren oder zu koordinieren, und

c) an die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sowie an Führungsqualität und Verhandlungsgeschick,

2. die Denkleistung nach dem Umfang des Rahmens, in dem Handeln mehr oder weniger exakt vorgegeben ist, sowie nach der Anforderung, Wissen bei der Erfüllung von wiederkehrenden bis neuartigen Aufgaben umzusetzen,

3. die Verantwortung nach dem Grad der Bindung an Gesetze, Verordnungen und Dienstanweisungen sowie nach dem Umfang einer meßbaren Richtgröße (wie zB Budgetmittel) und dem Einfluß darauf.

(4) Ist durch eine geplante Organisationsmaßnahme oder Änderung der Geschäftseinteilung die Identität eines Arbeitsplatzes nicht mehr gegeben, sind

1. der betreffende Arbeitsplatz und

2. alle anderen von dieser Organisationsmaßnahme betroffenen Arbeitsplätze

vom zuständigen Bundesminister im Einvernehmen mit der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport einem neuerlichen Bewertungsverfahren zu unterziehen.

(5) Die Zuordnung der Arbeitsplätze zu einer Verwendungsgruppe und innerhalb dieser zur Grundlaufbahn oder zu einer Funktionsgruppe findet im Personalplan ihren Niederschlag.

(6) Der Beamte des Exekutivdienstes darf nur auf einem Arbeitsplatz verwendet werden, der gemäß den Abs1 bis 3 bewertet, zugeordnet und im Personalplan ausgewiesen ist.

(7) Wurde auf Grund eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens, in dem ein ordentliches Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist, die Wertigkeit eines Arbeitsplatzes festgestellt, ist ein neuerliches Anbringen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 29. Feber 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956 – GehG), BGBl 54/1956, idF BGBl I 153/2020, lauten wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Besoldungsrechtliche Einteilung der Beamten

§2. Die Bezüge der Beamten richten sich nach der Zugehörigkeit zu einer der folgenden Besoldungsgruppen:

1.a) Allgemeiner Verwaltungsdienst,

b) Beamte der Allgemeinen Verwaltung und Beamte in handwerklicher Verwendung,

2. Richteramtsanwärter, Richter und Staatsanwälte,

3. Universitätslehrer,

3a. Hochschullehrpersonen,

4. Lehrer,

5.a) Beamtinnen und Beamte des Schulqualitätsmanagements und

b) Schul- und Fachinspektoren gemäß §273 Abs1 BDG 1979

6.a) Exekutivdienst,

b) Wachebeamte,

7.a) Militärischer Dienst,

b) Berufsoffiziere,

8. Beamte des Post- und Fernmeldewesens,

9. Beamte des Krankenpflegedienstes,

10. Beamte der Fernmeldebehörde.

[…]

Verwendungszulage

§75. (1) Der Beamtin oder dem Beamten des Exekutivdienstes gebührt eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn sie oder er dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe des Exekutivdienstes verwendet wird, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein. Die Verwendungszulage bemisst sich nach der Verwendungsgruppe, in welche die Beamtin oder der Beamte ernannt ist, sowie ihrer oder seiner Gehaltsstufe und beträgt


Tabelle in neuem Fenster öffnen
in derGehaltsstufe
in der Verwendungsgruppe
E 2a
E 2b
E 2c
Euro
1
108,2
42,0
52,6
2
105,0
54,6
56,7
3
112,4
65,1
71,4
4
136,5
59,9
86,2
5
144,9
79,8
90,3
6
153,3
98,6
93,5
7
179,6
99,8
97,6
8
204,8
101,9
97,6
9
256,2
102,9
--
10
333,9
90,3
--
11
385,4
68,3
--
12
398,0
72,4
--
13
414,7
97,6
--
14
436,8
104,0
--
15
447,3
97,6
--
16
455,7
93,5
--
17
464,1
89,2
--
18
514,6
88,2
--
19
559,6
88,2
--

(1a) Abweichend von Abs1 beträgt die Verwendungszulage bei einer Beamtin oder einem Beamten des Exekutivdienstes, die oder der nach §169c Abs1 übergeleitet wurde, bis zum Erreichen der Zielstufe


Tabelle in neuem Fenster öffnen
in derGehaltsstufe
in der Verwendungsgruppe
E 2a
E 2b
E 2c
Euro
1
108,2
36,8
52,6
2
100,8
72,4
59,9
3
124,9
57,7
82,9
4
149,1
62,0
88,2
5
140,7
97,6
92,4
6
166,0
99,8
95,6
7
192,2
100,8
98,6
8
217,3
101,9
98,6
9
295,1
104,0
--
10
372,8
77,8
--
11
396,9
57,7
--
12
398,0
87,2
--
13
431,5
107,0
--
14
443,2
99,8
--
15
451,6
95,6
--
16
460,0
91,3
--
17
468,4
88,2
--
18
559,6
88,2
--
19
559,6
88,2
--

(2) Übersteigt die Funktionszulage der Beamtin oder des Beamten jene Funktionszulage, die ihr oder ihm gebühren würde, wenn sie oder er in die Verwendungsgruppe des höherwertigen Arbeitsplatzes ernannt worden wäre, so vermindert sich die Verwendungszulage um die Hälfte dieser Differenz. Bei der Ermittlung der Funktionszulage für die Verwendungsgruppe des höherwertigen Arbeitsplatzes ist dieselbe Funktionsstufe zugrunde zu legen wie bei der Funktionszulage für die Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten.

(3) Wird die Beamtin oder der Beamte auf einem Arbeitsplatz verwendet, der einer noch höheren Verwendungsgruppe als der nächsthöheren Verwendungsgruppe zugeordnet ist, so gebühren ihr oder ihm als Verwendungszulage zusätzlich zum Betrag nach Abs1 oder Abs1a die in derselben Gehaltsstufe angeführten Beträge jener Verwendungsgruppen, die höher als die Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten und zugleich niedriger als die Verwendungsgruppe des Arbeitsplatzes sind.

(4) Abweichend von den Abs1 bis 3 gebührt die Verwendungszulage auch, wenn

1. der Beamte des Exekutivdienstes

a) für einen sechs Monate übersteigenden Zeitraum eine befristete Verwendung gemäß §77a ausübt oder

b) im Kabinett eines Bundesministers oder im Büro eines Staatssekretärs oder im Büro eines anderen in den §§5, 6 oder 8 Abs1 des Bezügegesetzes angeführten obersten Organs des Bundes verwendet wird und

2. diese Verwendung einer höheren Verwendungsgruppe zugeordnet ist als jener, der der Beamte angehört.

(5) Ist der Arbeitsplatz, auf dem der Beamte des Exekutivdienstes gemäß Abs1 verwendet wird, der Funktionsgruppe 12 der Verwendungsgruppe E1 zugeordnet, so gebührt dem Beamten abweichend vom Abs1 eine ruhegenussfähige Verwendungszulage in der Höhe von 50% des Unterschiedsbetrages von seinem Gehalt (zuzüglich einer allfälligen Funktionszulage und der nach §12b Abs3 zu berücksichtigenden Zulagen) und dem für diesen Arbeitsplatz vorgesehenen höheren Fixgehalt.

(6) Durch eine Verwendungszulage nach Abs5 gelten alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten. 30,89% dieser Verwendungszulage gelten als Abgeltung für zeitliche Mehrleistungen.

[…]

Gemeinsame Bestimmungen für Funktionszulage, Funktionsabgeltung,

Verwendungszulage und Verwendungsabgeltung

§80. (1) Wird ein Beamter des Exekutivdienstes vorübergehend auf einem höherwertigen Arbeitsplatz des Allgemeinen Verwaltungsdienstes oder des Militärischen Dienstes verwendet, sind eine allfällige Funktionsabgeltung und eine allfällige Verwendungsabgeltung in einer den Bemessungskriterien der §§78 und 79 entsprechenden Höhe zu ermitteln.

(2) Für denselben Zeitraum kann dem Beamten des Exekutivdienstes nur eine einzige nach den §§78 und 79 anspruchbegründende Verwendung nach diesen Bestimmungen abgegolten werden. Übt er zur selben Zeit mehrere solche Verwendungen aus, ist jene abzugelten, für die diese Bestimmungen den insgesamt höchsten Abgeltungsanspruch vorsehen.

(3) Für eine Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz kann für denselben Zeitraum nicht mehr als einem Beamten eine Funktionszulage oder eine Verwendungszulage nach §75 oder eine Ergänzungszulage nach §77a oder eine Funktionsabgeltung oder Verwendungsabgeltung gebühren. Wird eine Vertretung gleichzeitig von mehreren Bediensteten wahrgenommen, gebührt die Verwendungszulage nach §75 Abs4 oder die Ergänzungszulage nach §77a oder die Funktionsabgeltung oder die Verwendungsabgeltung ausschließlich dem Beamten, der diese Vertretung nach Art und Umfang der Tätigkeit überwiegend wahrnimmt.

(4) Maßgebend für den Anspruch auf die Funktionsabgeltung und auf die Verwendungsabgeltung ist, daß der betreffende Arbeitsplatz dem Exekutivdienst zugeordnet ist. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob auch der Vertretene dem Exekutivdienst angehört."

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Gesetzesprüfungsverfahren nicht zerstreut werden:

2.1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Gesetzgeber bei der Regelung des Dienst- und Besoldungsrechtes der öffentlich Bediensteten durch den Gleichheitsgrundsatz ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen; er ist lediglich gehalten, das Dienst- und Besoldungsrecht (sowie Pensionsrecht) derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den den öffentlich Bediensteten obliegenden Dienstpflichten steht (vgl etwa VfSlg 11.193/1986, 12.154/1989, 16.176/2001, 19.255/2010 und 20.255/2018). Insbesondere liegt die Art der Gestaltung des Gehaltsschemas der Beamten und des Entlohnungsschemas der Vertragsbediensteten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sofern er mit seiner Regelung nicht gegen das – sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende – Sachlichkeitsgebot verstößt (vgl VfSlg 9607/1983, 16.176/2001, 18.934/2009 und 20.255/2018).

2.1.2. §75 Abs1 GehG sah bis zur Neufassung dieser Bestimmung mit der Novelle BGBl I 60/2018 vor, dass Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage gebührte, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe verwendet wurden, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein. Diese Verwendungszulage gebührte auch, wenn Beamte auf einem Arbeitsplatz einer anderen Besoldungsgruppe – somit besoldungsgruppenübergreifend – verwendet wurden (vgl ; , 2007/12/0161; , Ro 2017/12/0015). §75 Abs1 GehG idF BGBl I 60/2018 sieht hingegen nunmehr vor, dass Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage nur gebührt, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe "des Exekutivdienstes" verwendet werden, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein. Bei einer entsprechenden höherwertigen besoldungsgruppenübergreifenden dauernden Verwendung gebührt daher nun keine Verwendungszulage mehr (vgl die Erläuterungen zur RV, 196 BlgNR 26. GP, 11).

Diese Novelle führt also dazu, dass Beamte des Exekutivdienstes, die besoldungsgruppenübergreifend in einer anderen Verwendungsgruppe als jener, in der sie eingestuft sind, dauernd höherwertig verwendet werden, ab keinen Anspruch (mehr) auf die Gewährung einer Verwendungszulage gemäß §75 Abs1 GehG haben. Demgegenüber haben jene Beamte, die im Exekutivdienst – also nicht besoldungsgruppenübergreifend – dauernd höherwertig verwendet werden, weiterhin einen solchen Anspruch. Lediglich für eine vorübergehende höherwertige Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe ist in §80 GehG eine Abgeltung vorgesehen.

Der Ausgangspunkt der im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken ist die tatsächliche höherwertige Verwendung eines Beamten (vgl idS zur Anwendbarkeit des §75 GehG idF vor der Novelle BGBl I 60/2018 auch , wonach "die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen eine sachgerechte gehaltsrechtliche Kompensation für den Fall der besoldungsgruppenübergreifenden Höherverwendung" gewährleisten). Die Belastung, die mit einer dauernden höherwertigen Verwendung verbunden ist (vgl dazu , unter Bezug auf VwSlg 16.176 A/2003), wird nach der bestehenden Rechtslage im Fall einer besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung nicht durch eine entsprechende Zulage abgegolten. Dies steht in einem Wertungswiderspruch dazu, dass innerhalb derselben Besoldungsgruppe gemäß §75 Abs1 GehG für eine dauernde höherwertige Verwendung eine Zulage zusteht. Ein solcher Wertungswiderspruch besteht schließlich auch zur Bestimmung des §80 GehG, nach der auch für eine bloß vorübergehende höherwertige Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe eine entsprechende Abgeltung vorgesehen ist. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass gerade im Fall einer besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung keine entsprechende Abgeltung für eine dauernde höherwertige Verwendung besteht.

Der Einwand der Bundesregierung, dass eine dauernde besoldungsgruppenübergreifende Verwendung für die Besoldungsgruppe "Exekutivdienst" – ebenso wie für die Besoldungsgruppen "Allgemeiner Verwaltungsdienst" und "Militärischer Dienst" – im BDG 1979 gar nicht vorgesehen ist (vgl für Beamte des Exekutivdienstes §143 Abs6 leg.cit., für Beamte des Allgemeinen Verwaltungsdienstes §137 Abs8 leg.cit. und für Beamte des Militärischen Dienstes §147 Abs6 leg.cit.), ändert nichts an diesem Ergebnis. Die Verantwortung dafür, dass Beamte des Exekutivdienstes gemäß dem Verwendungsverbot nach §143 Abs6 BDG 1979 nicht zu einer "dauernden" besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung herangezogen werden, liegt ausschließlich beim Dienstgeber und nicht beim Beamten (vgl idS bereits die Erläuterungen zur RV 1577 BlgNR 18. GP, 166). Dass eine solche vom Dienstgeber veranlasste (dauernde) Verwendung – wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung einwendet – rechtswidrig ist, kann daher keine sachliche Rechtfertigung dafür sein, dass einem Beamten, der tatsächlich höherwertig verwendet wird, diese höherwertige Verwendung nicht entsprechend abgegolten wird.

2.1.3. Die Beschränkung der Verwendungszulage nach §75 Abs1 GehG auf Verwendungen innerhalb des Exekutivdienstes erweist sich aus den dargelegten Gründen als unsachlich und ist damit verfassungswidrig.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 16.929/2003, 16.989/2003, 17.057/2003, 18.227/2007, 19.166/2010, 19.698/2012).

Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken nicht bestehen, genügt es, in §75 Abs1 GehG lediglich die Wortfolge "des Exekutivdienstes" nach der Wortfolge "nächsthöheren Verwendungsgruppe" aufzuheben. Damit steht nach der bereinigten Rechtslage (die insofern mit jener vor der Novelle BGBl I 60/2018 übereinstimmt) Beamten des Exekutivdienstes, die in einer höheren Verwendungsgruppe verwendet werden eine Verwendungszulage unabhängig davon zu, in welcher Besoldungsgruppe diese Verwendung erfolgt.

IV. Ergebnis

1. Die Wortfolge "des Exekutivdienstes" nach der Wortfolge "nächsthöheren Verwendungsgruppe" in §75 Abs1 GehG, BGBl 54/1956 idF BGBl I 60/2018, ist somit als verfassungswidrig aufzuheben. Im Übrigen wird §75 Abs1 GehG, BGBl 54/1956 idF BGBl I 60/2018, nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil ein Kostenersatz im Gesetzesprüfungsverfahren (vom – hier nicht gegebenen – Fall des §65a VfGG abgesehen) im VfGG nicht vorgesehen ist.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2022:G324.2021
Schlagworte:
Dienstrecht, Verwendungszulage, Ruhegenuss, VfGH / Verwerfungsumfang, Verwendungsänderung, Polizei, Dienstzuteilung

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