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VfGH vom 14.03.2017, G311/2016

VfGH vom 14.03.2017, G311/2016

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit der neuerlichen Änderung der Regelungen über das Mindeststammkapital der Gesellschaften mit beschränkter Haftung; keine Überschreitung des dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes

Spruch

I.Der Antrag auf Aufhebung des § 6 Abs 1 und des § 10 Abs 1 des Gesetzes vom über Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG, RGBl. Nr 58/1906, in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014, BGBl I Nr 13/2014, wird abgewiesen.

II.Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt der Oberste Gerichtshof,

"a) § 6 Abs 1 GmbHG, in eventu § 6 GmbHG, jeweils in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13),

b) § 10 Abs 1 GmbHG, in eventu § 10 GmbHG, jeweils in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13),

c) § 54 Abs 3 erster Satz GmbHG, in eventu § 54 Abs 3 GmbHG, in eventu § 54 GmbHG, jeweils in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13) und

d) § 127 Abs 13 bis Abs 16 GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13)

als verfassungswidrig aufzuheben".

II.Rechtslage

Für die Behandlung der vom Obersten Gerichtshof geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen sind drei Rechtslagen zu unterscheiden:

1.§6, § 10 und § 54 des Gesetzes vom über Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG, RGBl. 58/1906, idF vor der Novelle BGBl I 109/2013, lauteten:

"§6.

(1) Stammkapital und Stammeinlage müssen auf einen in Euro bestimmten Nennbetrag lauten. Das Stammkapital muß mindestens 35 000 Euro erreichen und besteht aus den Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter, deren jede mindestens 70 Euro betragen muß.

(2) Der Betrag der Stammeinlage kann für die einzelnen Gesellschafter verschieden bestimmt werden.

(3) Kein Gesellschafter darf bei Errichtung der Gesellschaft mehrere Stammeinlagen übernehmen.

(4) Soll einem Gesellschafter die Vergütung für Vermögensgegenstände, die von der Gesellschaft übernommen werden, auf die Stammeinlage angerechnet oder sollen einem Gesellschafter besondere Begünstigungen eingeräumt werden, so sind die Person des Gesellschafters, der Gegenstand der Übernahme, der Geldwert, wofür die Vermögensgegenstände übernommen werden, und die besonders eingeräumten Begünstigungen im Gesellschaftsvertrage im einzelnen genau und vollständig festzusetzen.

[…]

§10.

(1) Auf jede bar zu leistende Stammeinlage muß mindestens ein Viertel, jedenfalls aber ein Betrag von 70 Euro eingezahlt sein;

soweit auf eine Stammeinlage weniger als 70 Euro bar zu leisten sind, muß die Bareinlage voll eingezahlt sein. Auf die bar zu leistenden Einlagen müssen mindestens insgesamt 17 500 Euro eingezahlt sein;

sind sie gemäß § 6a Abs 2 bis 4 niedriger, müssen sie bar voll eingezahlt sein. Insofern auf eine Stammeinlage nach dem Gesellschaftsvertrag die Vergütung für übernommene Vermögensgegenstände angerechnet werden soll, muß die Leistung sofort im vollen Umfang bewirkt werden.

(2) Der vor der Anmeldung der Gesellschaft eingeforderte Betrag kann nur in gesetzlichen Zahlungsmitteln oder durch Gutschrift bei einem Kreditinstitut im Inland oder der Österreichischen Postsparkasse auf ein Konto der Gesellschaft oder der Geschäftsführer zur deren freien Verfügung eingezahlt werden. Forderungen der Geschäftsführer aus diesen Einzahlungen gegen Kreditinstitute und die Österreichische Postsparkasse gelten als Forderungen der Gesellschaft.

(3) In der Anmeldung ist die Erklärung abzugeben, daß die bar zu leistenden Stammeinlagen in dem eingeforderten Betrag bar eingezahlt sind und daß die eingezahlten Beträge sowie die Vermögensgegenstände, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht bar auf die Stammeinlagen zu leisten sind, sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Es ist nachzuweisen, daß die Geschäftsführer in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt sind. Der Nachweis der Einzahlung der in bar zu leistenden Einlagen ist jedenfalls durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung eines Kreditinstituts zu führen; für die Richtigkeit der Bestätigung ist das Kreditinstitut der Gesellschaft verantwortlich. Sind von dem eingezahlten Betrag Abgaben, Gebühren und Kosten bezahlt worden, so ist dies nach Art und Höhe der Beträge nachzuweisen.

(4) Für einen durch falsche Angaben verursachten Schaden haften die Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich zur ungeteilten Hand.

(5) Diese Ersatzansprüche verjähren in fünf Jahren von der Eintragung der Gesellschaft an.

(6) Vergleiche und Verzichtleistungen hinsichtlich solcher Ansprüche haben keine rechtliche Wirkung, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist.

[…]

3. Titel.

Herabsetzung des Stammkapitals.

§54.

(1) Die Herabsetzung des Stammkapitals kann nur auf Grund eines Beschlusses auf Abänderung des Gesellschaftsvertrages und nach Durchführung des in diesem Gesetze bestimmten Aufgebotsverfahrens erfolgen. Der Beschluß muß den Umfang und den Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals bestimmt bezeichnen und die Art der Durchführung festsetzen.

(2) Als Herabsetzung des Stammkapitals gilt jede Verminderung der im Gesellschaftsvertrage bestimmten Höhe des Stammkapitals, mag diese durch eine Rückzahlung von Stammeinlagen an die Gesellschafter, durch eine Herabsetzung des Nennbetrages der Stammeinlagen oder durch die gänzliche oder teilweise Befreiung der Gesellschafter und ihrer haftungspflichtigen Vormänner von der Verpflichtung zur Volleinzahlung der Stammeinlagen erfolgen.

(3) Eine Herabsetzung des Stammkapitals unter 35 000 Euro ist unzulässig. Erfolgt die Herabsetzung durch Zurückzahlung von Stammeinlagen oder durch Befreiung von der Volleinzahlung, so darf der verbleibende Betrag jeder Stammeinlage nicht unter 70 Euro herabgesetzt werden.

(4) Das Stammkapital kann jedoch unter den nach § 6 Abs 1 zulässigen Mindestnennbetrag herabgesetzt werden, wenn dieser durch eine zugleich mit der Herabsetzung des Stammkapitals beschlossene Erhöhung des Stammkapitals, bei der Sacheinlagen nicht bedungen sind, wieder erreicht wird. § 181 Abs 2 AktG gilt sinngemäß."

2.§6, § 10 und § 54 GmbHG, RGBl. 58/1906, idF BGBl I 109/2013, lauteten:

"§6.

(1) Stammkapital und Stammeinlage müssen auf einen in Euro bestimmten Nennbetrag lauten. Das Stammkapital muß mindestens 10 000 Euro erreichen und besteht aus den Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter, deren jede mindestens 70 Euro betragen muß.

(2) Der Betrag der Stammeinlage kann für die einzelnen Gesellschafter verschieden bestimmt werden.

(3) Kein Gesellschafter darf bei Errichtung der Gesellschaft mehrere Stammeinlagen übernehmen.

(4) Soll einem Gesellschafter die Vergütung für Vermögensgegenstände, die von der Gesellschaft übernommen werden, auf die Stammeinlage angerechnet oder sollen einem Gesellschafter besondere Begünstigungen eingeräumt werden, so sind die Person des Gesellschafters, der Gegenstand der Übernahme, der Geldwert, wofür die Vermögensgegenstände übernommen werden, und die besonders eingeräumten Begünstigungen im Gesellschaftsvertrage im einzelnen genau und vollständig festzusetzen.

[…]

§10.

(1) Auf jede bar zu leistende Stammeinlage muß mindestens ein Viertel, jedenfalls aber ein Betrag von 70 Euro eingezahlt sein; soweit auf eine Stammeinlage weniger als 70 Euro bar zu leisten sind, muß die Bareinlage voll eingezahlt sein. Auf die bar zu leistenden Einlagen müssen mindestens insgesamt 5 000 Euro eingezahlt sein;

sind sie gemäß § 6a Abs 2 bis 4 niedriger, müssen sie bar voll eingezahlt sein. Insofern auf eine Stammeinlage nach dem Gesellschaftsvertrag die Vergütung für übernommene Vermögensgegenstände angerechnet werden soll, muß die Leistung sofort im vollen Umfang bewirkt werden.

(2) Der vor der Anmeldung der Gesellschaft eingeforderte Betrag kann nur in gesetzlichen Zahlungsmitteln oder durch Gutschrift bei einem Kreditinstitut im Inland oder der Österreichischen Postsparkasse auf ein Konto der Gesellschaft oder der Geschäftsführer zur deren freien Verfügung eingezahlt werden. Forderungen der Geschäftsführer aus diesen Einzahlungen gegen Kreditinstitute und die Österreichische Postsparkasse gelten als Forderungen der Gesellschaft.

(3) In der Anmeldung ist die Erklärung abzugeben, daß die bar zu leistenden Stammeinlagen in dem eingeforderten Betrag bar eingezahlt sind und daß die eingezahlten Beträge sowie die Vermögensgegenstände, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht bar auf die Stammeinlagen zu leisten sind, sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Es ist nachzuweisen, daß die Geschäftsführer in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt sind. Der Nachweis der Einzahlung der in bar zu leistenden Einlagen ist jedenfalls durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung eines Kreditinstituts zu führen; für die Richtigkeit der Bestätigung ist das Kreditinstitut der Gesellschaft verantwortlich. Sind von dem eingezahlten Betrag Abgaben, Gebühren und Kosten bezahlt worden, so ist dies nach Art und Höhe der Beträge nachzuweisen.

(4) Für einen durch falsche Angaben verursachten Schaden haften die Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich zur ungeteilten Hand.

(5) Diese Ersatzansprüche verjähren in fünf Jahren von der Eintragung der Gesellschaft an.

(6) Vergleiche und Verzichtleistungen hinsichtlich solcher Ansprüche haben keine rechtliche Wirkung, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist.

[…]

3. Titel.

Herabsetzung des Stammkapitals.

§54.

(1) Die Herabsetzung des Stammkapitals kann nur auf Grund eines Beschlusses auf Abänderung des Gesellschaftsvertrages und nach Durchführung des in diesem Gesetze bestimmten Aufgebotsverfahrens erfolgen. Der Beschluß muß den Umfang und den Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals bestimmt bezeichnen und die Art der Durchführung festsetzen.

(2) Als Herabsetzung des Stammkapitals gilt jede Verminderung der im Gesellschaftsvertrage bestimmten Höhe des Stammkapitals, mag diese durch eine Rückzahlung von Stammeinlagen an die Gesellschafter, durch eine Herabsetzung des Nennbetrages der Stammeinlagen oder durch die gänzliche oder teilweise Befreiung der Gesellschafter und ihrer haftungspflichtigen Vormänner von der Verpflichtung zur Volleinzahlung der Stammeinlagen erfolgen.

(3) Eine Herabsetzung des Stammkapitals unter 10 000 Euro ist unzulässig. Erfolgt die Herabsetzung durch Zurückzahlung von Stammeinlagen oder durch Befreiung von der Volleinzahlung, so darf der verbleibende Betrag jeder Stammeinlage nicht unter 70 Euro herabgesetzt werden.

(4) Das Stammkapital kann jedoch unter den nach § 6 Abs 1 zulässigen Mindestnennbetrag herabgesetzt werden, wenn dieser durch eine zugleich mit der Herabsetzung des Stammkapitals beschlossene Erhöhung des Stammkapitals, bei der Sacheinlagen nicht bedungen sind, wieder erreicht wird. § 181 Abs 2 AktG gilt sinngemäß."

3.Zur Neufassung des GmbHG, RGBl. 58/1906, durch BGBl I 109/2013, führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErlRV 2356 BlgNR 24. GP, 12 ff.) Folgendes aus:

"[…]

Absenkung des Mindeststammkapitals

Die Höhe des nach österreichischem Recht bisher zur Gründung einer GmbH notwendigen Mindeststammkapitals ist mit 35.000 Euro im europäischen Vergleich am höchsten. Demgegenüber ist es in Deutschland, wie bereits dargelegt, seit dem MoMiG möglich, eine 'UG (haftungsbeschränkt)' mit einem Stammkapital von nur einem Euro zu gründen. Auch in diversen anderen europäischen Staaten wurde die Gründung von Kapitalgesellschaften erheblich erleichtert.

Nach den vom Bundesministerium für Justiz durchgeführten Untersuchungen ist es in Österreich zwar bisher nicht zur vielfach befürchteten umfangreichen Gründung von Scheinauslandsgesellschaften gekommen. Aus den Erfahrungen zur Verbreitung der Limited in Österreich lässt sich schließen, dass die mit einer Scheinauslandsgesellschaft zwangsweise verbundenen höheren Beratungs- und Verwaltungskosten, das Misstrauen des Rechtsverkehrs ihnen gegenüber sowie die damit verbundene Rechtsunsicherheit ohnehin viele Unternehmensgründer von der Gründung einer Scheinauslandsgesellschaft abhalten. Gleichzeitig hat aber eine Befragung der Gründer von im österreichischen Firmenbuch mit Zweigniederlassungen eingetragenen englischen Limiteds ergeben, dass das weitaus geringere Mindeststammkapitalerfordernis bei der Limited das Hauptmotiv der Gründer für deren Rechtsformwahl war.

Dem Ausweichen österreichischer Unternehmensgründer auf ausländische Gesellschaftsformen, etwa der – wegen der im Unterschied zur Limited fehlenden Sprachbarriere und ansonsten ähnlichen Rechtslage besonders naheliegenden – deutschen UG (haftungsbeschränkt), könnte auf unterschiedliche Weise begegnet werden:

Zur Diskussion standen etwa eine Reduktion des Mindeststammkapitals oder – ähnlich wie in Deutschland – die Einführung einer mit faktisch keinen Mindeststammkapitalerfordernissen ausgestatteten Unterform der GmbH. Es besteht mittlerweile weitgehende Einigkeit darüber, dass das Mindeststammkapital – weil es eine abstrakte, nicht auf den Einzelfall abgestimmte Größe ist – keine dem Betrieb angemessene Kapitalausstattung garantiert und als Haftungsfonds im Krisenfall meist nicht mehr zur Verfügung steht, somit Gläubigerschutzzwecke nur eingeschränkt erfüllen kann. Darüber hinaus hat die wirtschaftliche Entwicklung insbesondere im Dienstleistungssektor zur Entstehung wenig betriebsmittel- und kapitalintensiver Unternehmensfelder geführt. Dem Mindeststammkapital kommt jedoch nach wie vor erhebliche Bedeutung als individuelle und für die Rechtsform der GmbH allgemein wichtige Seriositätsschwelle zu (vgl. Reich-Rohmig, Startschuss zur GmbH-Reform, ecolex 2008, 138 [139]). Es stellt der Gesellschaft auch einen Kapitalpolster zur Verfügung, der deren Überschuldung bereits bei Unternehmensgründung verhindert und erste Anfangsverluste abfedern kann. Darüber hinaus soll der Zugang zur Haftungsbeschränkung der GmbH nicht allzu leicht ermöglicht werden. Leichtfertige und möglicherweise wenig erfolgversprechende Gründungen sollen verhindert werden.

Der erwünschten Erleichterung des Zugangs zur Rechtsform der GmbH steht somit die Notwendigkeit der Beibehaltung einer gewissen Seriositätsschwelle gegenüber. Auch für letztere lässt sich keine allgemein gültige, für alle Fälle adäquate Größe nennen. Ein Rechtsvergleich zeigt jedoch, dass ein Betrag von 10.000 Euro eine solche sinnvolle und wirksame Seriositätsschwelle sein kann. Das Mindeststammkapital wird daher – wie im Regierungsprogramm der XXIV. Gesetzgebungsperiode vorgesehen und bei der Regierungsklausur vom beschlossen – auf 10.000 Euro abgesenkt (§6 Abs 1 GmbHG). Wie bisher muss dieses Mindeststammkapital nicht in voller Höhe, sondern nur zur Hälfte bar eingezahlt werden (§10 Abs 1 GmbHG).

Mit dieser Maßnahme, mit der in erster Linie Neugründungen und damit oft auch erst der Einstieg in die selbstständige unternehmerische Tätigkeit erleichtert werden, soll auch dem Bedürfnis der Wirtschaft entsprochen und nachhaltig sichergestellt werden, dass die GmbH im Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsordnungen weiterhin erfolgreich sein wird.

[…]"

4.§6, § 10, § 10b, § 54 und § 127 GmbHG, RGBl. 58/1906, idF BGBl I 13/2014, lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§6.

(1) Stammkapital und Stammeinlage müssen auf einen in Euro bestimmten Nennbetrag lauten. Das Stammkapital muß mindestens 35 000 Euro erreichen und besteht aus den Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter, deren jede mindestens 70 Euro betragen muß.

(2) Der Betrag der Stammeinlage kann für die einzelnen Gesellschafter verschieden bestimmt werden.

(3) Kein Gesellschafter darf bei Errichtung der Gesellschaft mehrere Stammeinlagen übernehmen.

(4) Soll einem Gesellschafter die Vergütung für Vermögensgegenstände, die von der Gesellschaft übernommen werden, auf die Stammeinlage angerechnet oder sollen einem Gesellschafter besondere Begünstigungen eingeräumt werden, so sind die Person des Gesellschafters, der Gegenstand der Übernahme, der Geldwert, wofür die Vermögensgegenstände übernommen werden, und die besonders eingeräumten Begünstigungen im Gesellschaftsvertrage im einzelnen genau und vollständig festzusetzen.

[…]

§10.

(1) Auf jede bar zu leistende Stammeinlage muß mindestens ein Viertel, jedenfalls aber ein Betrag von 70 Euro eingezahlt sein; soweit auf eine Stammeinlage weniger als 70 Euro bar zu leisten sind, muß die Bareinlage voll eingezahlt sein. Auf die bar zu leistenden Einlagen müssen mindestens insgesamt 17 500 Euro eingezahlt sein;

sind sie gemäß § 6a Abs 2 bis 4 niedriger, müssen sie bar voll eingezahlt sein. Insofern auf eine Stammeinlage nach dem Gesellschaftsvertrag die Vergütung für übernommene Vermögensgegenstände angerechnet werden soll, muß die Leistung sofort im vollen Umfang bewirkt werden.

(2) Der vor der Anmeldung der Gesellschaft eingeforderte Betrag kann nur in gesetzlichen Zahlungsmitteln oder durch Gutschrift bei einem Kreditinstitut im Inland oder der Österreichischen Postsparkasse auf ein Konto der Gesellschaft oder der Geschäftsführer zur deren freien Verfügung eingezahlt werden. Forderungen der Geschäftsführer aus diesen Einzahlungen gegen Kreditinstitute und die Österreichische Postsparkasse gelten als Forderungen der Gesellschaft.

(3) In der Anmeldung ist die Erklärung abzugeben, daß die bar zu leistenden Stammeinlagen in dem eingeforderten Betrag bar eingezahlt sind und daß die eingezahlten Beträge sowie die Vermögensgegenstände, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht bar auf die Stammeinlagen zu leisten sind, sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Es ist nachzuweisen, daß die Geschäftsführer in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt sind. Der Nachweis der Einzahlung der in bar zu leistenden Einlagen ist jedenfalls durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung eines Kreditinstituts zu führen; für die Richtigkeit der Bestätigung ist das Kreditinstitut der Gesellschaft verantwortlich. Sind von dem eingezahlten Betrag Abgaben, Gebühren und Kosten bezahlt worden, so ist dies nach Art und Höhe der Beträge nachzuweisen.

(4) Für einen durch falsche Angaben verursachten Schaden haften die Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich zur ungeteilten Hand.

(5) Diese Ersatzansprüche verjähren in fünf Jahren von der Eintragung der Gesellschaft an.

(6) Vergleiche und Verzichtleistungen hinsichtlich solcher Ansprüche haben keine rechtliche Wirkung, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist.

[...]

Gründungsprivilegierung

§10b. (1) Im Gesellschaftsvertrag, nicht jedoch durch eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags (§49), kann vorgesehen werden, dass die Gesellschaft die Gründungsprivilegierung nach Maßgabe der folgenden Absätze in Anspruch nimmt.

(2) Im Gesellschaftsvertrag ist für jeden Gesellschafter auch die Höhe seiner gründungsprivilegierten Stammeinlage festzusetzen, die nicht höher als die jeweils übernommene Stammeinlage sein darf. Die Summe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen muss mindestens 10 000 Euro betragen.

(3) Auf die gründungsprivilegierten Stammeinlagen müssen abweichend von § 10 Abs 1 insgesamt mindestens 5 000 Euro bar eingezahlt werden. Sacheinlagen sind ausgeschlossen.

(4) Während aufrechter Gründungsprivilegierung sind die Gesellschafter abweichend von § 63 Abs 1 nur insoweit zu weiteren Einzahlungen auf die von ihnen übernommenen Stammeinlagen verpflichtet, als die bereits geleisteten Einzahlungen hinter den gründungsprivilegierten Stammeinlagen zurückbleiben. Dies gilt auch für den Fall, dass während aufrechter Gründungsprivilegierung ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wird.

(5) Die Gründungsprivilegierung gemäß Abs 2 bis 4 kann durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags beendet werden, wobei vor Anmeldung der Änderung zum Firmenbuch (§51) die Mindesteinzahlungserfordernisse nach § 10 Abs 1 zu erfüllen sind. Ansonsten endet die Gründungsprivilegierung spätestens zehn Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch. Die Eintragungen betreffend die Gründungsprivilegierung im Firmenbuch (§5 Z 2a und 6 FBG) können erst entfallen, wenn zuvor die Mindesteinzahlungserfordernisse nach § 10 Abs 1 erfüllt wurden.

[...]

3. Titel.

Herabsetzung des Stammkapitals.

§54.

(1) Die Herabsetzung des Stammkapitals kann nur auf Grund eines Beschlusses auf Abänderung des Gesellschaftsvertrages und nach Durchführung des in diesem Gesetze bestimmten Aufgebotsverfahrens erfolgen. Der Beschluß muß den Umfang und den Zweck der Herabsetzung des Stammkapitals bestimmt bezeichnen und die Art der Durchführung festsetzen.

(2) Als Herabsetzung des Stammkapitals gilt jede Verminderung der im Gesellschaftsvertrage bestimmten Höhe des Stammkapitals, mag diese durch eine Rückzahlung von Stammeinlagen an die Gesellschafter, durch eine Herabsetzung des Nennbetrages der Stammeinlagen oder durch die gänzliche oder teilweise Befreiung der Gesellschafter und ihrer haftungspflichtigen Vormänner von der Verpflichtung zur Volleinzahlung der Stammeinlagen erfolgen.

(3) Eine Herabsetzung des Stammkapitals unter 35 000 Euro ist unzulässig. Erfolgt die Herabsetzung durch Zurückzahlung von Stammeinlagen oder durch Befreiung von der Volleinzahlung, so darf der verbleibende Betrag jeder Stammeinlage nicht unter 70 Euro herabgesetzt werden.

(4) Das Stammkapital kann jedoch unter den nach § 6 Abs 1 zulässigen Mindestnennbetrag herabgesetzt werden, wenn dieser durch eine zugleich mit der Herabsetzung des Stammkapitals beschlossene Erhöhung des Stammkapitals, bei der Sacheinlagen nicht bedungen sind, wieder erreicht wird. § 181 Abs 2 AktG gilt sinngemäß.

[…]

§127.

[…]

(6) §§9, 10, 30f, 53, 56, 89, 122 und 125 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 103/2006, treten mit in Kraft.

(7) §§29 und 81 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 72/2007 treten mit in Kraft.

(8) Die §§6a, 30g und 30j in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 70/2008 treten mit in Kraft. § 6a Abs 4 ist anzuwenden, wenn die Bestellung zum Prüfer nach dem erfolgt. § 30g Abs 4a ist auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem beginnen; bis dorthin ist § 30g Abs 4a in der bisher geltenden Fassung anzuwenden. § 30j Abs 5 Z 11 ist auf Verträge anzuwenden, die nach dem geschlossen werden.

(9) Die §§25 Abs 3 Z 2 und 84 Abs 1 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 58/2010 treten mit in Kraft.

(10) § 125 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I Nr 111/2010, ist auf Verstöße gegen die in § 125 genannten Pflichten anzuwenden, die nach dem gesetzt werden.

(11) § 100 Abs 1 in der Fassung des Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2011, BGBl I Nr 53/2011, tritt mit in Kraft. Auf Verschmelzungen, bei denen vor diesem Zeitpunkt die Übersendung der Unterlagen (§97 Abs 1) erfolgte oder ein Verzicht darauf wirksam wurde, sind die bis dahin geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

(12) § 4 Abs 3, § 6 Abs 1, § 10 Abs 1, § 12, § 36, § 51 Abs 2, § 52 Abs 4 und § 54 Abs 3 in der Fassung des Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2013, BGBl I Nr 109/2013, treten mit in Kraft.

(13) § 6 Abs 1, § 10 Abs 1, § 10b, § 11 und § 54 Abs 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2014 treten mit in Kraft.

(14) Auf Gesellschaften, die vor dem zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet wurden (§9 Abs 1), sind § 6 Abs 1 und § 10 Abs 1 in der Fassung des GesRÄG 2013, BGBl I Nr 109/2013, weiter anzuwenden.

(15) Auf Gesellschaften, die vor dem eine beabsichtigte Herabsetzung des Stammkapitals zum Firmenbuch angemeldet haben (§55 Abs 1), ist § 54 Abs 3 in der Fassung des GesRÄG 2013, BGBl I Nr 109/2013, weiter anzuwenden.

(16) Gesellschaften, deren Stammkapital 35 000 Euro nicht erreicht, haben bis längstens eine Kapitalerhöhung auf diesen oder einen höheren Betrag durchzuführen.

(17) Bei Gesellschaften, deren Stammkapital 35 000 Euro nicht erreicht, ist eine Kapitalerhöhung auf diesen oder einen höheren Betrag von der Eintragungsgebühr gemäß TP 10 ZI litb Z 4 GGG befreit."

5.Zur Neufassung der §§6, 10, 10b, 54 und 127 GmbHG, RGBl. 58/1906, idF BGBl I 13/2014, führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErlRV 24 BlgNR 25. GP, 27 ff.) Folgendes aus:

"Zu Artikel 24 (Änderungen des GmbH-Gesetzes)

Zu Z 1 und 2 (§6 und § 10 GmbHG):

Aus steuerrechtlichen Erwägungen (siehe S. 105 des Regierungsprogramms für die XXV. Gesetzgebungsperiode) erscheint es geboten, das Mindeststammkapital der GmbH wieder auf den bis Mitte 2013 geltenden Betrag von 35.000 Euro zu erhöhen. Auch der gemäß § 10 Abs 1 auf die Bareinlagen mindestens einzuzahlende Betrag soll – sofern die Gesellschaft nicht die Gründungsprivilegierung nach dem vorgeschlagenen § 10b in Anspruch nimmt – wieder 17.500 Euro betragen.

Durch diese Maßnahmen kann der in der Regierungsvorlage zum GesRÄG 2013 (RV 2356 XXIV. GP) prognostizierte Steuerausfall (Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer) vermieden und gleichzeitig eine günstige Gründungsmöglichkeit aufrechterhalten werden.

Zu Z 3 (§10b GmbHG):

Damit die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch für Unternehmer mit geringen finanziellen Möglichkeiten attraktiv bleibt, soll es in der –auf maximal zehn Jahre befristeten (vgl. Abs 7) – Anfangsphase der unternehmerischen Tätigkeit möglich sein, durch entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag Erleichterungen hinsichtlich des einzuzahlenden Betrags und der Verpflichtung zur Einzahlung weiterer Stammeinlagen in Anspruch zu nehmen. Dazu muss für jeden Gesellschafter einerseits die Höhe der sogenannten 'gründungsprivilegierten Stammeinlage' (vgl. Abs 2) und andererseits die Höhe des darauf einzuzahlenden Betrag[s] (vgl. Abs 3) festgelegt werden, deren Summen zumindest 10.000 Euro bzw. 5.000 Euro betragen müssen. Es ist somit weiterhin möglich, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem tatsächlichen Kapitaleinsatz von nur 5.000 Euro zu gründen und die Verpflichtung der Gesellschafter, weitere Einzahlungen auf die Stammeinlagen zu erbringen, für zehn Jahre auf weitere 5.000 Euro zu beschränken. Diese Beschränkung wirkt auch gegenüber Gläubigern der Gesellschaft sowie gegenüber dem Insolvenzverwalter.

Damit für den geschäftlichen Verkehr ohne weiteres erkennbar ist, dass die betreffende Gesellschaft von der Gründungsprivilegierung Gebrauch macht und daher nur über einen geringeren Haftungsfonds verfügt als eine reguläre Gesellschaft mit beschränkter Haftung, soll die Verpflichtung bestehen, in den Geschäftspapieren auf die Gründungsprivilegierung hinzuweisen (vgl. Abs 6). Außerdem sind gründungsprivilegierte Gesellschaften verpflichtet, ein Viertel ihres Jahresgewinns in eine besondere gesetzliche Rücklage – die Gründungsrücklage – einzustellen (vgl. Abs 5). Diese Rücklage kann erst dann aufgelöst werden, wenn zuvor der oder durch die Verrechnung der Rücklage die gesetzliche Mindesteinzahlung für nicht gründungsprivilegierte Gesellschaften mit beschränkter Haftung geleistet wurde bzw. wird.

Abs1:

Dass eine Gesellschaft die Gründungsprivilegierung in Anspruch nimmt, muss im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. Da es sich dabei um Erleichterungen für die Startphase handelt, müssen die betreffenden Regelungen schon in der ursprünglichen Fassung dieses Vertrages enthalten sein, können also nicht nachträglich durch eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 49 eingefügt werden. Änderungen des Gesellschaftsvertrags im Gründungsstadium, also noch vor der Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch, sind von diesem Verbot allerdings nicht umfasst, weil auf solche Änderungen nach herrschender Auffassung die §§49 ff nicht anzuwenden sind (vgl. Rauter/Milchrahm in Straube, Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz,§ 49 Rz 47).

Da sich die Dauer der Rechtsfolgen einer Gründungsprivilegierung aus dem Gesetz ergibt, ist – sofern die Gründungsprivilegierung nicht schon vorzeitig beendet werden soll (vgl. Abs 7 Satz 1) eine Beseitigung der Klauseln über die Gründungsprivilegierung durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags nicht erforderlich. Damit die entsprechenden Eintragungen im Firmenbuch (vgl. die vorgeschlagenen Ergänzungen des § 5 FBG) entfallen können, ist freilich die vorherige Erfüllung der Mindesteinzahlungspflicht nach § 10 Abs 1 erforderlich.

Abs2:

Der Gesellschaftsvertrag einer gründungsprivilegierten GmbH muss – neben dem Betrag der von jedem Gesellschafter übernommenen Stammeinlage (vgl. § 4 Abs 1 Z 4) – auch die (meist wohl geringere) Höhe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen festlegen. Dabei handelt es sich um jenen Kapitalbetrag, auf den die Leistungspflicht der Gesellschafter für die ersten zehn Jahre des Bestehens der Gesellschaft beschränkt ist, sofern die Gründungsprivilegierung nicht schon vorher freiwillig beendet wird (vgl. dazu Abs 7 Satz 1). Die Summe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen muss zumindest 10.000 Euro betragen.

Abs3:

Um weiterhin eine Gründungsmöglichkeit mit nur 5.000 Euro beizubehalten, müssen die gründungsprivilegierten Stammeinlagen – die insgesamt zumindest 10.000 Euro betragen müssen – nicht sofort in voller Höhe geleistet werden. Es reicht vielmehr aus, wenn im Gesellschaftsvertrag bare Einzahlungen von (zumindest) 5.000 Euro vorgesehen werden. Sacheinlagen sind – wie auch bei der deutschen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), vgl. § 5a Abs 2 dGmbHG – bei der gründungsprivilegierten Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgeschlossen.

Abs4:

Während der Dauer der Gründungsprivilegierung soll es möglich sein, das wirtschaftliche Risiko der Gesellschafter auf insgesamt 10.000 Euro zu begrenzen. Daher normiert Abs 4 (abweichend von § 63 Abs 1), dass die Gesellschafter in dieser Phase nur insoweit zu weiteren Einzahlungen auf die von ihnen übernommenen Stammeinlagen verpflichtet sind, als die schon erfolgten Einzahlungen hinter den gründungsprivilegierten Stammeinlagen zurückbleiben. Betragen die gründungsprivilegierten Stammeinlagen also in Summe 10.000 Euro und haben die Gesellschafter darauf bereits 5.000 Euro geleistet, besteht nur eine Verpflichtung zur Einzahlung weiterer 5.000 Euro; wurden bereits 10.000 Euro eingezahlt, kann von den Gesellschaftern nichts mehr gefordert werden.

Der zweite Satz des Abs 4 stellt klar, dass diese Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos auch im Fall einer Insolvenz der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gilt: Während der Insolvenzverwalter normalerweise sämtliche noch ausständigen Einzahlungen auf die übernommenen GmbH-Stammeinlagen einfordern kann, weil diese im Insolvenzverfahren als fällig gelten (vgl. § 14 Abs 2 IO), ist eine solche Einforderung in einer gründungsprivilegierten Gesellschaft nur hinsichtlich der Differenz zwischen den bereits eingezahlten Beträgen und den gründungsprivilegierten Stammeinlagen möglich, weil eine darüber hinausgehende Forderung der Gesellschaft noch gar nicht entstanden ist. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens: War damals die Gründungsprivilegierung noch aufrecht, bleibt es auch dann bei einer auf die Höhe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen begrenzten Einzahlungspflicht der Gesellschafter, wenn das Insolvenzverfahren bei Ablauf der Zehnjahresfrist nach Abs 7 Satz 2 noch nicht abgeschlossen sein sollte.

Abs5:

Da die Privilegierung der Gesellschafter hinsichtlich der zu leistenden Stammeinlagen nach spätestens zehn Jahren wegfällt, liegt es im eigenen Interesse der Gesellschafter, innerhalb dieses Zeitraums die von ihnen geleisteten Einlagen (zumindest) auf das gesetzliche Mindestausmaß des § 10 Abs 1 zu erhöhen. Um das wirtschaftlich zu erleichtern, sind gründungsprivilegierte Gesellschaften nach Abs 5 verpflichtet, ein Viertel ihres Jahresgewinns in eine besondere gesetzliche Rücklage – die Gründungsrücklage – einzustellen, die hinsichtlich ihres Ausweises wie die gesetzliche Rücklage nach § 229 Abs 6 UGB zu behandeln ist (vgl. den Verweis auf § 224 Abs 3 UGB).

Die Gründungsrücklage kann erst dann aufgelöst werden, wenn durch vorangehende Einzahlungen der Gesellschafter auf die von ihnen übernommenen Stammeinlagen oder durch die Verrechnung der Gründungsrücklage im Zuge ihrer Auflösung der gesetzliche Mindesteinzahlungsgrad für nicht gründungsprivilegierte GmbHs (vgl. § 10 Abs 1) erreicht wurde bzw. wird. Ist diese Voraussetzung erfüllt, können die Gesellschafter die Auflösung der Gründungsrücklage beschließen, wobei der Beschluss im Fall einer (zumindest teilweisen) Verrechnung der Gründungsrücklage auf die geleisteten Stammeinlagen auch spezifizieren muss, in welchem Ausmaß die Rücklage auf die Einzahlungen der einzelnen Gesellschafter verrechnet werden soll. Sobald eine Verrechnung der Gründungsrücklage erfolgt ist, hat der Geschäftsführer diesen Umstand wie eine sonstige Einzahlung auf die Stammeinlage(n) zum Firmenbuch anzumelden (vgl. § 5 Z 6 FBG: 'darauf geleisteten Einzahlungen').

Abs6

Aus Gründen des Verkehrsschutzes ist es notwendig, dass die Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung auch für Dritte erkennbar ist. Da eine Unterscheidbarkeit über die Firma der Gesellschaft – etwa in Form eines verpflichtenden Zusatzes (vgl. auch § 5 Abs 1 dGmbHG über die Firma der 'Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)') – seitens der Wirtschaft als zu drastisch empfunden wurde, soll es ausreichen, dass die Gesellschaften auf ihren Geschäftspapieren, Bestellscheinen und Webseiten auf die Gründungsprivilegierung hinweisen, wobei auch die entsprechende Bestimmung anzuführen ist (also z.B. 'Gründungsprivilegierung gemäß § 10b'). Dieser Hinweis kann erst unterbleiben, wenn auf die übernommenen Stammeinlagen Leistungen im gesetzlichen Mindestausmaß für reguläre GmbHs nach § 10 Abs 1 erfolgt sind (vgl. Abs 7 Satz 2).

Abs7:

Die mit einer Gründungsprivilegierung verbundenen Vorteile können höchstens zehn Jahre ab dem Entstehen der Gesellschaft durch Eintragung im Firmenbuch in Anspruch genommen werden; durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags kann die Gründungsprivilegierung aber auch schon vorzeitig beendet werden, wenn zuvor die Mindesteinzahlungserfordernisse des § 10 Abs 1 erfüllt wurden.

Das Ende der Gründungsprivilegierung bedeutet vor allem, dass die Beschränkung der Verpflichtung der Gesellschafter zur Leistung des noch ausständigen Teils ihrer Stammeinlagen nach Abs 4 nicht mehr gilt, was vor allem im Insolvenzfall relevant sein kann. Die Gründungsrücklage nach Abs 5 darf allerdings trotz Ablaufs der Zehnjahresfrist nicht aufgelöst werden, solange die reguläre Mindesteinzahlung nicht tatsächlich erfolgt ist bzw. durch die Verrechnung der Rücklage erfolgen kann. Außerdem ist der Hinweis auf die Gründungsprivilegierung in den Geschäftspapieren nach Abs 6 solange erforderlich, bis es zu dieser Mindesteinzahlung gekommen ist.

[…]

Zu Z 5 (§54 GmbHG):

Da das gesetzliche Mindeststammkapital der Gesellschaft mit beschränkter Haftung wieder 35.000 Euro betragen soll, muss dieser Betrag auch die Untergrenze für Kapitalherabsetzungen darstellen.

Zu Z 6 (§127 GmbHG):

Abs13:

Die neuen Bestimmungen sollen mit in Kraft treten.

Abs14 und 15:

Aus Gründen des Vertrauensschutzes sollen Eintragungen neuer Gesellschaften im Firmenbuch und bereits laufende Kapitalherabsetzungen noch nach der Rechtslage des GesRÄG 2013 zu beurteilen sein, wenn die Anmeldung der Gesellschaft bzw. der beabsichtigten Kapitalherabsetzung vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erfolgt. Unter dieser Voraussetzung ist daher auch nach dem die Eintragung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 10.000 Euro bzw. einer Kapitalherabsetzung auf diesen Betrag möglich.

Abs16:

Nach dem GesRÄG 2013 mit einen Stammkapital von weniger als 35.000 Euro gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie Gesellschaften, die ihr Kapital auf einen solchen Betrag herabgesetzt haben, dürfen ihr geringeres Stammkapital für maximal zehn Jahre beibehalten; spätestens dann müssen sie eine Kapitalerhöhung durchführen. Um die dafür erforderlichen Mittel aufzubringen, müssen sie einen Teil ihres jährlichen Bilanzgewinns in eine der Gründungsrücklage nach § 10b Abs 5 ähnliche gesetzliche Rücklage einstellen, die im Hinblick auf ihre besondere Funktion als Kapitalaufstockungsrücklage bezeichnet wird.

Abs17:

Gesellschaften, deren Stammkapital weniger als 35.000 Euro beträgt, sollen bei der Anmeldung der obligatorisch durchzuführenden Kapitalerhöhung zum Firmenbuch von der Eintragungsgebühr befreit sein.

Abs18:

Der Umstand, dass das Stammkapital einer GmbH geringer als 35.000 Euro ist, soll nicht nur aus dem Firmenbuch, sondern auch aus den Geschäftspapieren ersichtlich sein. Aus Vereinfachungsgründen soll auch diese Tatsache als 'Gründungsprivilegierung' bezeichnet werden; zur Vermeidung von Verwechslungen mit nach § 10b gründungsprivilegierten Gesellschaften mit beschränkter Haftung muss hier aber auf das GesRÄG 2013 Bezug genommen werden. Die genannte Verpflichtung soll bei diesen (bereits bestehenden) Gesellschaften aber erst ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes schlagend werden, um ihnen ausreichend Zeit für die notwendigen Vorkehrungen zu geben.

[…]"

III.Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.Der Oberste Gerichtshof begehrte bereits mit seinem beim Verfassungsgerichtshof zu G211/2014 protokollierten Antrag,

"a) in § 6 Abs 1 und in § 54 Abs 3 GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13) jeweils den Betrag '35.000',

b) in § 10 Abs 1 GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13) den Betrag '17.500' und

c) § 10b GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13)

als verfassungswidrig aufzuheben".

Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluss vom , G211/2014, den Antrag des Obersten Gerichtshofes teilweise wegen eines zu eng gewählten Anfechtungsumfangs und teilweise mangels Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen als unzulässig zurück.

2.Der Oberste Gerichtshof begehrte in der Folge mit seinem beim Verfassungsgerichtshof zu G495/2015 protokollierten Antrag,

"a) in § 6 Abs 1 zweiter Satz GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13) die Wortfolge 'muss mindestens 35.000 Euro erreichen und',

b) § 10 Abs 1 zweiter Satz und § 54 Abs 3 erster Satz GmbHG jeweils in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13),

c) § 10b GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13) und

d) § 127 Abs 13 bis Abs 16 GmbHG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2014 (AbgÄG 2014, BGBl I 2014/13)

als verfassungswidrig aufzuheben".

Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluss vom , G495/2015, den Antrag des Obersten Gerichtshofes abermals teilweise wegen eines zu eng gewählten Anfechtungsumfangs und teilweise mangels Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen als unzulässig zurück.

3.Dem nunmehrigen Antrag des Obersten Gerichtshofes liegt derselbe Sachverhalt wie bereits den zu G211/2014 und G495/2015 protokollierten Anträgen zugrunde:

3.1.Beim Obersten Gerichtshof ist ein Revisionsrekurs gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien anhängig, mit welchem der Beschluss des Erstgerichtes auf Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Neueintragung einer GmbH mit einem Stammkapital von € 10.000,– mangels Erfüllung des Tatbestandmerkmals des § 6 GmbHG – nämlich ein Stammkapital von € 35.000,– zu erreichen – bestätigt wurde. Nach Ansicht des Rekursgerichtes sei "die ohnehin in ihrer Belastung mit einem Zeitraum von zehn Jahren abgefederte gesetzliche Rückführung des Stammkapitalerfordernisses von 10.000 EUR auf wiederum € 35.000 EUR gemäß § 10b Abs 5 GmbHG – wie es durch einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren Bestand des österreichischen GmbH-Rechts gewesen sei – nach einem Zeitraum von nur acht Monaten […] kein verfassungsrechtlich bedenklicher Schritt". Den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof ließ das Rekursgericht zu, "weil von der Neuregelung eine Vielzahl von zu gründenden Gesellschaften betroffen sei und eine Auseinandersetzung des Obersten Gerichtshofes mit etwaigen verfassungsrechtlichen Bedenken fehle".

3.2.Der Oberste Gerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"[...]

2. Verfassungsrechtliche Bedenken:

2.1. Der Rechtsmittelwerber hat in seinem Rekurs und im Revisionsrekurs verfassungsrechtliche Bedenken dahin geäußert, dass die seit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 geltende Rechtslage dem Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG, Art 7 Abs 1 B-VG) widerspreche.

2.2. Fasst man die Gesetzeslage nach dem Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 2014 zusammen, so können derzeit drei verschiedene Arten von GmbHs unterschieden werden.

a. Die GmbHs, die vor dem GesRÄG 2013 gegründet wurden und keinen Antrag auf Herabsetzung des Mindeststammkapitals gestellt haben und dementsprechend über ein Mindeststammkapital von 35.000 EUR verfügen müssen.

b. Die GmbHs, die nach dem GesRÄG 2013 zwischen und gegründet wurden und nur über ein Mindeststammkapital von 10.000 EUR verfügen müssen bzw jene alten GmbHs die von der Kapitalherabsetzungsmöglichkeit nach den §§54 ff GmbHG damals Gebrauch gemacht haben und weiter mit dieser geringeren Mindeststammkapitalausstattung arbeiten dürfen (vgl § 127 Abs 14 und 15 GmbHG). Allerdings müssen auch diese GmbHs nach § 127 Abs 16 GmbHG längstens bis wieder ein Stammkapital von 35.000 EUR erreichen.

c. Jene GmbHs, die seit dem gegründet werden und grundsätzlich ein Mindeststammkapital von 35.000 EUR aufweisen müssen, dieses aber unter Inanspruchnahme des 'Gründungsprivilegs' nach § 10b GmbHG, für eine Übergangsphase von 10 Jahren mit 10.000 EUR festlegen können.

Der Gesetzgeber hat einen gerade in diesen langfristig wirkenden Fragen ungünstigen doppelten rechtspolitischen Schwenk bei der Frage der erforderlichen Mindestkapitalausstattung gemacht. Er hat offensichtlich unter Beachtung auf den Vertrauensschutz derjenigen, die die Zwischenphase für die Gründung von 'GmbH lights' bzw zur Kapitalherabsetzung genutzt haben, ein letztlich ab 2024 wirkendes System etabliert, nach dem die GmbHs in ihrer Gründungsphase mit einer geringeren Mindestkapitalausstattung arbeiten können, nach 10 Jahren aber die schon früher geltende Mindestkapitalausstattung von 35.000 EUR erreichen müssen.

2.3. Der in Art 2 StGG und Art 7 Abs 1 B-VG verankerte Gleichheitsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen, aber andererseits bei entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen auch unterschiedliche Regelungen vorzusehen (RIS-Justiz RS0053509 mwN; zum Nachweis der verfassungsrechtlichen Judikatur etwa Mayer/Muzak, B-VG5 [2015] Art 2 StGG III.1.). Es wird ausgehend von einem breiten rechtspolitischen wirtschaftspolitischen Ermessen des Gesetzgebers und einer Durchschnittsbetrachtung doch innerhalb dieser Zielsetzungen eine sachliche Regelung für erforderlich erachtet (vgl dazu RIS-Justiz RS0053889; zum Nachweis der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung Mayer/Muzak aaO ff).

2.4. Betrachtet man nun die Funktionen des Mindeststammkapitals, wie sie der Gesetzgeber selbst etwa in den Gesetzesmaterialien zum Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2013 dargestellt hat, so geht es im Rahmen des Gläubigerschutzzwecks um einen angemessenen Haftungsfonds und besonders in der Gründungsphase um eine 'Seriositätsschwelle' sowie einen Kapitalpolster, der eine Überschuldung in dieser Phase abfedern kann.

2.5. Die im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2013 dargestellten Überlegungen und auch die literarischen Stellungnahmen – wie sie insbesondere auch vom Rekursgericht dargestellt wurden – zeigen (auch im internationalen Vergleich), dass es dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Ermessens wohl frei stehen muss, die Mindeststammeinlage in der einen oder anderen Höhe festzulegen und auch Änderungen Rechnung zu tragen. Bedenken bestehen aber dahin, dass die Schaffung des Systems, wie sie vom Gesetzgeber mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 erfolgte, in sich inkonsequent ist und dass 'alte' GmbHs benachteiligt werden.

2.6. Mit der 'Gründungsprivilegierung' gemäß § 10b GmbHG erlaubt der Gesetzgeber die Gründung einer GmbH mit jener Kapitalausstattung, wie sie die Eintragungswerberin aufweist (Stammkapital 10.000 EUR, davon eingezahlt 5.000 EUR). Dennoch verlangt das Gesetz auch für gründungsprivilegierte GmbHs formell die Einhaltung des Mindeststammkapitals von 35.000 EUR, das aber bis längstens zehn Jahre nach der Eintragung faktisch keine Bedeutung, nicht einmal in der Insolvenz der Gesellschaft (§10b Abs 4 GmbHG), hat, sofern die Gesellschafter nicht schon früher freiwillig das volle Stammkapital von 35.000 EUR einzahlen. Das Stammkapital von 35.000 EUR hat daher für die zehn Jahre der Gründungsprivilegierung tatsächlich keinen realen Gehalt und steht nur auf dem Papier (vgl H. Herda, GmbH 'light' – Die Reform der Reform, wbl 2014, 361 [367: 'Die Summe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen bildet für max 10 Jahre nur de facto das Stammkapital']). Der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser Ansicht Herdas an.

2.7. Zutreffend verweist die Rechtsmittelwerberin darauf, dass empirisch belegt ist, dass die meisten Insolvenzen bei Unternehmen in den ersten Jahren nach der Gründung eintreten. So schreibt der Kreditschutzverband von 1870 in seinem Bericht über die Unternehmensinsolvenzen für das Jahr 2013, dass von allen 2013 eingetretenen Insolvenzen 24% Unternehmen ab dem Gründungsjahr 2010, 31% Unternehmen von den Gründungsjahren 2005 bis 2009, also allein in den ersten neun Jahren somit 55% betroffen waren. Je älter die Unternehmen waren, desto geringer ist die Zahl der Insolvenzen (in diesem Sinn auch H. Herda aaO 367).

Nach den zitierten erläuternden Bemerkungen zum GesRÄG 2013 kann das Mindeststammkapital Gläubigerschutzzwecke nur eingeschränkt erfüllen. Darüber hinaus habe die wirtschaftliche Entwicklung insbesondere im Dienstleistungssektor zur Entstehung wenig betriebsmittel- und kapitalintensiver Unternehmensfelder geführt.

Daher setzte der Gesetzgeber des GesRÄG 2013 das Mindeststammkapital auf 10.000 EUR herab.

2.7.1. Es ist in der Tat nicht zu sehen, dass sich bereits acht Monate nach Inkrafttreten des GesRÄG 2013, nämlich im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AbgÄG 2014 am , die Verhältnisse so grundlegend geändert hätten, dass nunmehr wieder entgegen den dargelegten Erwägungen des Gesetzgebers des GesRÄG 2013 ein höheres Stammkapital von Nöten wäre.

2.7.2. Sowohl unter den genannten Aspekten des Gläubigerschutzes als auch der 'Seriositätsschwelle' bei der Gründung scheint eine Regelung, die nach den klaren statistischen Werten erst eine Erhöhung der Mindeststammeinlage vorsieht, wenn die Schwelle der Unternehmensgründung lange überschritten und die Gefahr einer Unternehmensinsolvenz deutlich gesunken ist, nicht dem Sachlichkeitsgebot zu entsprechen.

2.7.3. Es lassen also sowohl der doppelte Schwenk des Gesetzgebers in der rechtspolitischen Bewertung als auch das im Ergebnis geschaffene System keine sachliche Begründung aus den Funktionen des Mindeststammkapitals erkennen.

2.8. Bereits der Gesetzgeber des GesRÄG 2013 hatte – wie sich aus den oben zitierten Materialien ergibt – Bedenken, dass die Möglichkeit, Neugründungen von GmbHs mit einem Mindeststammkapital von 10.000 EUR zuzulassen und gleichzeitig aber für Altgesellschaften keine Möglichkeit, das Stammkapital (von mindestens 35.000 EUR) auf 10.000 EUR herabzusetzen, zuzulassen, verfassungswidrig sein könnte, weil es zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von Alt- und Neugesellschaften käme. Deshalb entschloss sich der Gesetzgeber des GesRÄG 2013 dazu, in § 54 Abs 3 GmbHG den Betrag, auf den GmbHs, und zwar auch Altgesellschaften, die Kapitalherabsetzung durchführen können, auf 10.000 EUR abzusenken.

Durch das AbgÄG 2014 wurde das Mindeststammkapital, auf das das Stammkapital herabgesetzt werden kann, wieder auf 35.000 EUR erhöht. Dadurch entsteht aber im Endeffekt genau jene bedenkliche Ungleichbehandlung zwischen einerseits solchen GmbHs, die entweder zwischen und mit einem Stammkapital von 10.000 EUR gegründet wurden (und dieses Stammkapital bis beibehalten dürfen, vgl § 127 Abs 16 GmbHG idF des AbgÄG 2014) oder seit die Gründungsprivilegierung des § 10b GmbHG für zehn Jahre ab Eintragung in Anspruch nehmen können, und andererseits jenen Altgesellschaften, die zwischen und dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 () zwingend mit mindestens 35.000 EUR Stammkapital gegründet werden mussten und jetzt – auch bis – aber keine Möglichkeit mehr haben, das Stammkapital auf 10.000 EUR herabzusetzen oder die Gründungsprivilegierung des § 10b GmbHG in Anspruch zu nehmen.

Dies kann auch nicht durch den Hinweis entkräftet werden, dass diese alten GmbHs ihr Mindeststammkapital ja nach der 'Zwischenrechtslage' hätten herabsetzen können, weil sich der Bedarf dazu auch nach dem ergeben kann.

Auch unter diesem Aspekt bestehen somit Bedenken, dass die geltende Rechtslage insoweit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen könnte.

2.9. Das Rekursgericht hat verschiedene Autoren bzw Stellungnahmen, die sich mit dem GesRÄG 2013 und/oder dem AbgÄG 2014 im hier einschlägigen Aspekt befassen, zitiert (Torggler in seiner Stellungnahme der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien [38/SN-500/ME XXIV. GP]; Schummer [Institut für Österreichisches und Internationales Unternehmens- und Wirtschaftsrecht, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Graz, 32/SN-500/ME XXIV. GP]; Dachorganisation ASB Schuldnerberatungen GmbH [7/SN-500/ME XXIV. GP]; Kreditschutzverband von 1870 [33/SN-500/ME XXIV. GP]; Schauer [139/SN-3/ME XXV. GP]; Hügel [71/SN-3/ME XXV. GP und 27/SN-500/ME XXV. GP]; Walch [Die gründungsprivilegierte GmbH nach dem Abgabenänderungsgesetz 2014, ecolex 2014, 335]; Kalss [Editorial GesRZ 2014, 1]).

Eine Auseinandersetzung mit diesen Stellungnahmen ist entbehrlich, weil sich keine einzige davon ausdrücklich mit der hier allein entscheidenden Frage befasst, ob gegen die Rechtslage nach dem AbgÄG 2014 verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

3.1. Die angezogenen Gesetzesbestimmungen § 6 Abs 1 GmbHG, in eventu § 6 GmbHG, und § 10 Abs 1 GmbHG, in eventu § 10 GmbHG, jeweils idF des AbgÄG 2014 sind für den vorliegenden Fall präjudiziell. Würde die Rechtslage nach dem GesRÄG 2013 gelten oder würde der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 6 B-VG anderes aussprechen, so stünde der Eintragung der Eintragungswerberin mit einem Stammkapital von 10.000 EUR kein Hindernis entgegen.

3.2. Die ebenfalls zur Aufhebung beantragten Gesetzesbestimmungen § 54 Abs 3 erster Satz GmbHG, in eventu § 54 Abs 3 GmbHG, in eventu § 54 GmbHG, und § 127 Abs 13 bis 16 GmbHG, jeweils idF des AbgÄG 2014 sind hier zwar nicht anzuwenden und daher – wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis G495/2015-8 ausgesprochen hat – nicht präjudiziell; sie stehen aber mit den anderen präjudiziellen Gesetzesstellen (3.1.) in einem untrennbaren Zusammenhang, sodass sie gegebenenfalls nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ebenfalls präjudiziell wären (Mayer/Muzak, B-VG5 Art 89 II.2. litc mwN). Sollte nämlich § 54 Abs 3 GmbHG nicht mitaufgehoben werden, entstünde eine sinnwidrige Antinomie im GmbHG, weil dann zwar die Gründung einer GmbH mit weniger als 35.000 EUR Stammkapital möglich wäre, nicht aber eine entsprechende nachträgliche Kapitalherabsetzung. Bei § 127 Abs 13 bis 16 GmbHG handelt es sich um die Inkrafttretensbestimmungen, die für sich allein nicht sinnvoll bestehen bleiben könnten."

4.Die Bundesregierung verweist in ihrem Schriftsatz an den Verfassungsgerichtshof vom auf ihre im beim Verfassungsgerichtshof zu G211/2014 protokollierten Verfahren erstattete Äußerung, welche sie dem Schriftsatz beilegte. In jener Äußerung führte sie zu den im Antrag erhobenen Bedenken Folgendes aus:

"[...]

III.

In der Sache

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

Zu den vorgebrachten Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz

1. Der Oberste Gerichtshof behauptet, die angefochtenen Bestimmungen verstießen aus unten näher darzulegenden Gründen gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG, Art 7 Abs 1 B-VG).

2. Die Bundesregierung weist vorab darauf hin, dass der Gesetzgebung bei der Regelung des Stammkapitals von Gesellschaften und im Besonderen bei der Festlegung einer bestimmten Höhe des Stammkapitals und der Stammeinlage ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt. Es steht der Gesetzgebung frei, diese Höhe unter Berücksichtigung unterschiedlicher gesellschaftsrechtlicher Erwägungen (Haftungsschutz, Insolvenzrisiko, Förderung unternehmerischer Tätigkeit etc.), aber auch unter Einbeziehung steuerrechtlicher Aspekte, festzulegen. Sowohl eine Höhe von 35 000 Euro – wie sie bis zum GesRÄG 2013 bestanden hat und seit dem AbgÄG 2014 wieder besteht – als auch eine Höhe von 10 000 Euro – wie sie nach dem GesRÄG 2013 und im Rahmen der Gründungsprivilegierung nach dem AbgÄG 2014 besteht – liegen im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung. Auch der antragstellende Oberste Gerichtshof hält weder das Stammkapital von 35 000 Euro noch die gründungsprivilegierte Stammeinlage von 10 000 Euro für sich betrachtet für unsachlich.

3. Der Oberste Gerichtshof hegt zunächst Bedenken gegen die Sachlichkeit der 'Gründungsprivilegierung' gemäß Art 10b GmbHG. Zwar erlaube § 10b GmbHG ein Stammkapital von 10 000 Euro, von denen mindestens 5 000 Euro bar aufzubringen sind, verlange aber gleichzeitig 'formell' die Einhaltung des Mindeststammkapitals von 35 000 Euro. Das Stammkapital von 35 000 Euro habe jedoch 'für die zehn Jahre der Gründungsprivilegierung tatsächlich keinen realen Gehalt', weil es erst nach Ablauf dieser Frist eingezahlt werden müsse (S 9 des Gesetzesprüfungsantrags).

3.1. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass es sich bei der Gründungsprivilegierung um keine zwingende gesetzliche Regelung, sondern um eine bloße Gestaltungsmöglichkeit (Option) handelt (vgl. § 10b Abs 1 GmbHG: 'Im Gesellschaftsvertrag […] kann vorgesehen werden, dass die Gesellschaft die Gründungsprivilegierung […] in Anspruch nimmt.'). Tatsächlich wurde diese Gestaltungsmöglichkeit im Jahr 2014 bei weniger als der Hälfte aller Gründungen in Anspruch genommen.

3.2. Wie bereits dargelegt (oben Punkt I.5.2.), soll durch § 10b GmbHG für die Anfangsphase der unternehmerischen Tätigkeit die günstige Gründungsmöglichkeit des GesRÄG 2013 erhalten bleiben. Eine solche Maßnahme liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung und ist auch geeignet, das mit ihr verfolgte Ziel der Förderung von Unternehmensgründungen zu erreichen: So erfolgten im Jahr 2013 ca. 9 400 GmbH-Gründungen, davon ca. 5 700 nach Inkrafttreten des GesRÄG 2013 mit , während in den vorangegangenen Jahren nur jeweils ca. 8 000 GmbH gegründet wurden. Dieser Effekt der günstigen Gründungsmöglichkeit hat sich auch nach Inkrafttreten des AbgÄG 2014 fortgesetzt: In diesem Jahr wurden ca. 10 900 GmbH gegründet. Um aber eine dauerhafte Unterkapitalisierung von GmbH zu vermeiden, woran nicht zuletzt aus Gläubigerschutzgründen ein öffentliches Interesse besteht, ist die Gründungsprivilegierung gesetzlich mit höchstens zehn Jahren beschränkt; danach kommt es zur 'Aufstockung' auf 35 000 Euro (wovon 17 500 Euro bar einzuzahlen sind), um das Insolvenzrisiko dauerhaft abzufedern. Insgesamt betrachtet ist das durch das AbgÄG 2014 eingeführte Optionsmodell der Gründungsprivilegierung präziser auf das Ziel einer Starthilfe für Gründer zugeschnitten.

In der Literatur sind die Änderungen des Stammkapitals durch das AbgÄG 2014 und im Besonderen die Gründungsprivilegierung des § 10b GmbHG als 'Mittelweg im Spannungsfeld gegensätzlicher Interessen' beurteilt worden (Beiser, NZ 2014, 361 [363]): Die auf 10 000 Euro gesenkte Mindestkapitalausstattung diene der Förderung von Neugründungen. Innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren könnten die Gesellschafter genügend Erfahrung in ihrem Geschäftsfeld sammeln. Langfristig erfordere aber 'ein gesundes Wachstum […] eine angemessene Kapitalausstattung'.

3.3. Der Oberste Gerichtshof behauptet auch, es sei unsachlich, bei gründungsprivilegierten GmbH 'de facto nur für das Steuerrecht' vom Stammkapital von 35 000 Euro auszugehen (Antrag S 9). Insoweit dadurch gesellschaftsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden sollen – der Antrag beschränkt sich auf die Anfechtung gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen –, genügt der Hinweis, dass es sich bei der Gründungsprivilegierung wie ausgeführt um eine bloße Gestaltungsmöglichkeit handelt, die gesetzlich zeitlich begrenzt ist und durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages auch vorzeitig beendet werden kann (§10b Abs 5 GmbHG).

Entgegen der Auffassung des Obersten Gerichtshofes stehen aber auch gesellschaftsrechtliche Überlegungen hinter dem Modell der Gründungsprivilegierung als Option: Durch die neuerliche Festlegung eines Mindeststammkapitals von 35 000 Euro wird der Gefahr begegnet, dass viele bestehende Gesellschaften ihr Stammkapital auf 10 000 Euro herabsetzen, wodurch es zu einer schlechteren Eigenkapitalausstattung österreichischer Unternehmen kommen würde. Mit dieser aus Sicht der Gesellschaften sehr attraktiven steuerfreien Ausschüttungsmöglichkeit – die übrigens zu einem beträchtlichen Ausfall an Kapitalertragssteuer geführt hätte – wäre es zugleich möglich gewesen, das unternehmerische Risiko im Fall der Insolvenz deutlich zu senken. Dem Gläubigerschutz wird daher langfristig betrachtet durch das Modell der Gründungsprivilegierung insgesamt besser Rechnung getragen.

Steuerrechtliche Bedenken bringt der Oberste Gerichtshof auch gar nicht vor. Sie müssten sich überdies nicht gegen das GmbHG, sondern gegen die entsprechenden Bestimmungen im Körperschaftsteuergesetz 1988KStG 1988, BGBl Nr 401/1988, richten, die aber nicht angefochten sind (vgl. § 24 Abs 4 KStG 1988 idF AbgÄG 2014). Der Vollständigkeit halber weist die Bundesregierung aber darauf hin, dass die Gesetzgebung nicht gehalten ist, gesellschaftsrechtliche Privilegierungen in gleicher Weise im Steuerrecht (und umgekehrt) nachzuvollziehen (vgl. VfSlg 18.786/2009, wonach die Gesetzgebung nicht gehalten ist, bei der Festlegung der sozialversicherungsrechtlichen Bemessungsgrundlage steuerrechtliche Begünstigungen zu übernehmen).

3.4. Zusammenfassend stellt § 10b GmbHG nach Auffassung der Bundesregierung einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der Erleichterung von Neugründungen und dem (nicht zuletzt aus Gläubigerschutzgründen bestehenden) öffentlichen Interesse an der Vermeidung einer langfristigen Unterkapitalisierung von GmbH dar.

4. Ausgehend von der Annahme, dass Gesellschaften in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens besonders 'insolvenzanfällig' seien, hält es der Oberste Gerichtshof für sachlich nicht gerechtfertigt, gründungsprivilegierte GmbH gerade nach Ablauf jenes Zeitraumes, innerhalb dessen eine besondere Insolvenzgefährdung bestehe, 'zu einer Aufstockung ihres Stammkapitals auf das Dreieinhalbfache zu zwingen' (S 10 des Gesetzesprüfungsantrags).

4.1. Dieses Bedenken richtet sich der Sache nach gegen die Gründungsprivilegierung an sich. Die Herabsetzung des Mindeststammkapitals bewirkt zwangsläufig einen geringeren Haftungsfonds für Gläubiger. Wie oben ausgeführt (vgl. Pkt. III.2.), liegt es aber im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, zwischen den Gesichtspunkten der Förderung der unternehmerischen Tätigkeit als Starthilfe bei Neugründungen einerseits und des Gläubigerschutzes andererseits eine ausgleichende Regelung zu schaffen, die mal dem einen, mal dem anderen Aspekt mehr Gewicht einräumen kann.

Durch die zeitlich begrenzte Herabsetzung des Stammkapitals – und damit auch des Haftungsfonds – werden die Neugründung von Gesellschaften und die ersten Jahren der unternehmerischen Tätigkeit gefördert. Es ist aber nicht unsachlich, eine solche gesellschaftsrechtliche Privilegierung zeitlich zu begrenzen und für GmbH, die bereits zehn Jahre existieren, ein höheres Stammkapital vorzusehen. Dadurch wird nicht nur der Haftungsfonds erweitert; die Gesellschaft hat dann infolge ihrer höheren Eigenkapitalausstattung auch eine größere Chance, Phasen unternehmerischer Schwierigkeiten besser zu überstehen. Außerdem ist anzunehmen, dass eine bereits zehn Jahre bestehende Gesellschaft – oft durch entsprechende Rücklagenbildung – ohne größere Probleme in der Lage sein wird, den nach dem zehnten Jahr in der Regel einzuzahlenden weiteren Betrag von 12 500 Euro (unter der Annahme gerechnet, dass bei Gründung 5 000 Euro einbezahlt wurden) aufzubringen.

5. Der Oberste Gerichtshof bringt weiters vor, es sei 'nicht zu sehen, dass sich bereits acht Monate nach Inkrafttreten des GesRÄG 2013' die 'Verhältnisse so grundlegend geändert hätten', dass entgegen den 'Erwägungen des Gesetzgebers des GesRÄG 2013 ein höheres Stammkapital von Nöten sei' (S 10 des Gesetzesprüfungsantrags).

Dieses Bedenken richtet sich also nicht gegen die Höhe des Mindeststammkapitals von 35 000 Euro an sich, sondern lediglich gegen den Umstand, dass eine erst einige Monate zuvor beschlossene Änderung der Rechtslage teilweise wieder rückgängig gemacht wurde.

5.1. Es steht der Gesetzgebung grundsätzlich frei, die Rechtslage mit Wirkung für die Zukunft zu ändern und dabei auch eine in der Vergangenheit erfolgte Novellierung wieder rückgängig zu machen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bietet der Gleichheitssatz – von Fragen des Vertrauensschutzes abgesehen (vgl. dazu sogleich unten Pkt. III.5.3.) – weder einen Schutz vor (auch nachteiligen) Gesetzesänderungen, noch legt er der Gesetzgebung Grenzen auf, die sie bei der Entscheidung über das 'Ob' der Gesetzesänderung in irgendeiner Weise beschränken würde, sofern nur das Gesetz in der geänderten Fassung den Anforderungen des Gleichheitssatzes entspricht. Es kommt für die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesänderung insoweit auch nicht darauf an, ob die in den Materialien dafür ins Treffen geführten Argumente der Sache nach zutreffen bzw. ob sie sozialpolitisch stichhaltig sind (VfSlg 19.434/2011).

5.2. Die Materialien zum AbgÄG 2014 begründen die angefochtenen Änderungen betreffend das Stammkapital von GmbH mit budgetären Erwägungen (RV 24 BlgNR XXV. GP, S 27). Dabei handelt es sich um ein zulässiges öffentliches Interesse. Überdies zeigte sich, dass eine große Anzahl bereits bestehender Gesellschaften von der Möglichkeit des GesRÄG 2013 Gebrauch machte, ihr Stammkapital auf 10 000 Euro herabzusetzen. Dies führte zu einer Schwächung der Eigenkapitalbasis von – teilweise seit Jahren existierenden und wirtschaftlich erfolgreichen – Gesellschaften, die rechtspolitisch nicht wünschenswert sein kann. Nach Auffassung der Bundesregierung kann der Gesetzgebung daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie eine Änderung des Stammkapitals von Gesellschaften aus budgetären und gesellschaftsrechtlichen Überlegungen teilweise wieder rückgängig gemacht hat.

5.3. Der Oberste Gerichtshof behauptet zwar nicht ausdrücklich eine Verletzung des aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensschutzes. Der Vollständigkeit halber merkt die Bundesregierung dazu aber Folgendes an:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt der Gesetzgebung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002), der grundsätzlich auch eine Abänderung von Rechten zulasten der Betroffenen erlaubt, sofern es nicht um schwerwiegende und plötzlich eintretende Eingriffe in Rechtspositionen handelt, auf die die Betroffenen vertrauen durften (vgl. zB VfSlg 11.309/1987, 18.010/2006).

Bei der Rechtsposition, in die durch die angefochtenen Bestimmungen allenfalls eingegriffen wurde, handelt es sich um das Recht, eine GmbH mit einem Stammkapital von nur 10 000 Euro und einer Bareinzahlung von nur 5 000 Euro zu gründen bzw. ein solches Stammkapital beizubehalten.

Dieses Recht stand nur solchen Personen zu, die zwischen und – also auf Grund des GesRÄG 2013 – eine GmbH gegründet bzw. das Stammkapital ihrer GmbH auf unter 35 000 Euro herabgesetzt haben. Für diese Personengruppe wurde durch das AbgÄG 2014 'aus Gründen des Vertrauensschutzes' (RV 24 BlgNR XXV. GP, S 29) ein eigenes Übergangsregime vorgesehen: Für jene Gesellschaften, die entsprechend dem GesRÄG 2013 mit einem Stammkapital von weniger als 35 000 Euro gegründet wurden oder die ihr Stammkapital auf einen solchen Betrag herabgesetzt haben oder eine solche Herabsetzung zwar noch nicht durchgeführt, aber bereits zum Firmenbuch angemeldet haben, ist die Rechtslage nach dem GesRÄG 2013 weiter anzuwenden (§127 Abs 14 und 15 GmbHG). Solchen Gesellschaften wurde eine zehnjährige Frist (bis ) eingeräumt, um ihr Kapital (wieder) auf zumindest 35 000 Euro zu erhöhen (§127 Abs 16 GmbHG), wobei eine solche Kapitalerhöhung von der gerichtlichen Eintragungsgebühr befreit ist (§127 Abs 17 GmbHG). Durch die Gründungsprivilegierung des § 10b GmbHG bleibt überdies die Möglichkeit, eine GmbH mit dem reduzierten Stammkapital von 10 000 Euro zu gründen, befristet auf zehn Jahre erhalten.

Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass auch eine – vom Obersten Gerichtshof auch gar nicht behauptete – Verletzung des Vertrauensschutzes nicht vorliegt.

6. Schließlich bringt der Oberste Gerichtshof gegen die Verfassungskonformität des § 6 Abs 1 GmbHG vor, dass nach der Erhöhung des Mindeststammkapitals bzw. des mindestens bar aufzubringenden Betrages durch die angefochtenen Bestimmungen mehrere 'GmbH-Regime' parallel bestünden. Dadurch komme es zu einer 'bedenklichen Ungleichbehandlung' zwischen solchen GmbH, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 (mit einem Mindeststammkapital von 35 000 Euro) gegründet wurden und keine Möglichkeit einer Herabsetzung dieses Stammkapitals haben, und solchen GmbH, die auf Grund des GesRÄG 2013 bzw. des AbgÄG 2014 die Möglichkeit einer (zumindest zeitlich befristeten) Gründung mit einem reduzierten Stammkapital bzw. der Herabsatzung haben oder hatten.

Zu diesem Vorbringen genügt der Hinweis, dass – wie zuvor ausführlich dargelegt (Pkt. III.5.) – der Gesetzgebung eine Änderung der Rechtslage pro futuro grundsätzlich offen steht und das AbgÄG 2014 ausreichende Übergangsregelungen zum Schutz eines allfälligen begründeten Vertrauens auf die bisherige Rechtslage enthält.

Insoweit der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang im Antrag (S 12 f) eine Literaturmeinung (Herda, GmbH 'light' – Die Reform der Reform, wbl 2014, 361) lediglich referierend wiedergibt, die – in sehr pauschaler Weise – verfassungsrechtliche Bedenken enthält, lässt der Antrag nicht erkennen, dass es sich dabei um eigene Bedenken des anfechtenden Gerichtshofes (iSd. § 62 Abs 1 VfGG) handelt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes können Hinweise auf andere schriftliche Ausführungen, wie etwa Aufsätze, die Darlegung der konkreten Bedenken im Antrag nicht ersetzen (VfSlg 17.516/2005). Es erübrigt sich daher schon aus diesem Grund, darauf näher einzugehen.

7. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art 2 StGG und Art 7 B-VG verstoßen und folglich nicht verfassungswidrig sind."

5.Die beim Obersten Gerichtshof revisionsrekurswerbende Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich im Wesentlichen den Bedenken des Obersten Gerichtshofes anschließt.

IV.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit

1.1.Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitäts-entscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Haupt-sache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungs-gerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2.Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dient ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichts eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl. VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

1.3.Bei Lösung der Frage, welche Bestimmungen jeweils zu prüfen und aufzuheben sind, hat der Verfassungsgerichtshof in Gesetzesprüfungsverfahren, die er von Amts wegen einleitet, den Prüfungsumfang derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (zB VfSlg 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).

1.4.Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl. VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. VfSlg 17.220/2004, 19.933/2014).

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.933/2014).

Unzulässig ist ein Antrag aber dann, wenn der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl. zB VfSlg 19.824/2013 mwN, 19.933/2014).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. , V68/2013 ua.; zu auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Anträgen von Gerichten, die, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, im Fall der Aufhebung nur eines Teils der angefochtenen Bestimmungen im übrigen Teil abzuweisen sind, vgl. VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im gerichtlichen Verfahren nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (vgl. ; VfSlg 19.942/2014; , V104/2014; , G282/2015; , G20/2015, G281/2015; , G606/2015 ua.).

1.5. Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung die verbleibenden Bestimmungen unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letztes liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

1.6.Der (Haupt-)Antrag erweist sich, soweit er sich gegen § 54 Abs 3 erster Satz GmbHG und § 127 Abs 13 bis 16 GmbHG richtet, die Eventualanträge, soweit sie sich gegen § 54 Abs 3 bzw. § 54 GmbHG richten, als unzulässig.

1.6.1.Der angefochtene § 54 GmbHG regelt die Herabsetzung des Stammkapitals. Es ist nach Lage des Falles ausgeschlossen, dass der Oberste Gerichtshof bei der Entscheidung über die Neueintragung der betroffenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Bestimmung des § 54 GmbHG oder Teile dieser Bestimmung anzuwenden hätte.

Der Antrag auf Aufhebung von (Teilen des) § 54 GmbHG ist daher mangels Präjudizialität unzulässig (vgl. schon ).

1.6.2.Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Beschluss vom , G495/2015, näher begründet, warum die Anfechtung des § 127 Abs 13, 14, 15 und 16 GmbHG unzulässig ist. Es genügt daher, auf den genannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.

1.7.Da keine Prozesshindernisse hinsichtlich des Antrages auf Aufhebung des § 6 Abs 1 und § 10 Abs 1 GmbHG hervorgekommen sind, ist der Antrag insoweit zulässig. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2.In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Soweit zulässig, ist der Antrag nicht begründet.

2.1.Wie der Oberste Gerichtshof in seinem Antrag ausführt, gibt es auf Grund der verschiedenen Rechtslagen des GmbH-Gesetzes in der Fassung vor dem GesRÄG 2013, BGBl I 109/2013, in der Fassung des GesRÄG 2013, BGBl I 109/2013 und in der Fassung des AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, für die jeweils Unterschiedliches gilt:

i) Vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013, BGBl I 109/2013 (dh. vor dem ), gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bei denen kein Antrag auf Herabsetzung des Stammkapitals gestellt wurde, müssen über ein Mindeststammkapital von € 35.000,– verfügen.

ii) Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die nach dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013, BGBl I 109/2013, und vor dem Inkrafttreten des AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, also zwischen und , gegründet wurden und nur über ein Mindeststammkapital von € 10.000,– verfügen müssen bzw. jene Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die vorher von der Kapitalherabsetzungsmöglichkeit nach den §§54 ff. GmbHG Gebrauch gemacht haben und weiterhin diese geringere Mindeststammkapitalausstattung haben dürfen (vgl. § 127 Abs 14 und 15 GmbHG). Diese Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssen gemäß § 127 Abs 16 GmbHG bis längstens ein Stammkapital von € 35.000,– erreichen.

iii) Jene Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die seit dem Inkrafttreten des AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, mit gegründet wurden und grundsätzlich ein Mindeststammkapital von € 35.000,– aufweisen müssen, dieses aber unter Inanspruchnahme des "Gründungsprivilegs" nach § 10b GmbHG für eine Übergangsphase von zehn Jahren mit € 10.000,– festlegen können.

2.2.Der Oberste Gerichtshof erachtet in seinem Antrag zunächst die angefochtenen Bestimmungen als gleichheitswidrig, weil sowohl der "doppelte Schwenk" des Gesetzgebers in der rechtspolitischen Bewertung als auch das im Ergebnis geschaffene System keine sachliche Begründung aus den Funktionen des Mindeststammkapitals (Gläubigerschutz und "Seriositätsschwelle") erkennen lasse.

2.3.Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die Vorgangsweise des Gesetzgebers, in einem kurzen Zeitraum zwei Mal, nämlich zunächst durch das GesRÄG 2013, BGBl I 109/2013, und dann neuerlich durch das AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, die Regelungen über das Mindeststammkapital zu ändern, zweckmäßig oder rechtspolitisch sinnvoll ist (vgl. VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003; , , G121/2016).

Der Verfassungsgerichtshof hat ausschließlich zu beurteilen, ob die (zulässigerweise) angefochtenen Bestimmungen des § 6 Abs 1 und des § 10 Abs 1 GmbHG – wie vom antragstellenden Obersten Gerichtshof behauptet – gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Gesetzgeber die Regelungen über das Mindeststammkapital der Gesellschaften mit beschränkter Haftung (zwei Mal) ändert, solange die durch die jeweiligen Novellierungen geschaffenen Regelungen in sich sachlich sind und auch keinen sonstigen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (wie zB gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes) bewirken. Der Verfassungsgerichtshof hat somit keine gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen des § 6 Abs 1 und § 10 Abs 1 GmbHG, obwohl diese Bestimmungen in einem kurzen Zeitraum zwei Mal geändert wurden.

Der Oberste Gerichtshof meint in seinem Antrag, dass mit den derzeit geltenden Bestimmungen des GmbH-Gesetzes die Funktion des Mindeststammkapitals als Gläubigerschutz nicht erfüllt werde. Es mag statistisch zutreffen, dass die Erhöhung des Mindeststammkapitals bei Inanspruchnahme des sogenannten Gründungsprivilegs gemäß § 10b GmbHG erst zu einem Zeitpunkt vorgenommen werden muss, in dem die Phase der Unternehmensgründung lange überschritten und die Gefahr einer Unternehmensinsolvenz deutlich gesunken ist (vgl. § 127 Abs 16 GmbHG). All dies führt allerdings nicht zur Unsachlichkeit der angefochtenen Regelungen. Es liegt nämlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, welche im öffentlichen Interesse liegenden Ziele er bei der Festlegung der Höhe des Mindeststammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung verfolgt. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber nicht entgegentreten, wenn er zur Förderung der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung das Mindeststammkapital vorübergehend niedriger ansetzt und so den Gläubigerschutzaspekt in den Hintergrund treten lässt.

2.4.Der Oberste Gerichtshof sieht eine weitere Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen in Folgendem: Durch das AbgÄG 2014 sei das Mindeststammkapital, auf welches das Stammkapital herabgesetzt werden kann, wieder auf € 35.000,– erhöht worden. Dadurch entstehe im Endeffekt genau jene bedenkliche Ungleichbehandlung zwischen einerseits solchen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die entweder zwischen und mit einem Stammkapital von € 10.000,– gegründet wurden (und dieses Stammkapital bis beibehalten dürfen, vgl. § 127 Abs 16 GmbHG idF des AbgÄG 2014) oder seit die Gründungsprivilegierung des § 10b GmbHG für zehn Jahre ab Eintragung in Anspruch nehmen können, und andererseits jenen Altgesellschaften, die zwischen und dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 () zwingend mit mindestens € 35.000,– Stammkapital gegründet werden mussten und jetzt – auch bis – keine Möglichkeit mehr haben, das Stammkapital auf € 10.000,– herabzusetzen oder die Gründungsprivilegierung des § 10b GmbHG in Anspruch zu nehmen. Dies könne auch nicht durch den Hinweis entkräftet werden, dass diese alten Gesellschaften mit beschränkter Haftung ihr Mindeststammkapital nach der "Zwischenrechtslage" hätten herabsetzen können, weil sich der Bedarf dazu auch nach dem ergeben kann.

2.5.Der Verfassungsgerichtshof pflichtet der Auffassung des Obersten Gerichtshofes nicht bei, dass die unterschiedliche Behandlung der Gesellschaften, je nachdem wann diese gegründet wurden und ob sie von der Gründung mit einem Stammkapital von € 10.000,– oder der Herabsetzung des Stammkapitals auf € 10.000,– Gebrauch machten, gleichheitswidrig ist.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kommt der Gesetzgebung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu (vgl. etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002), der grundsätzlich auch eine Änderung von Rechten zulasten der Betroffenen erlaubt, sofern es sich nicht um schwerwiegende und plötzlich eintretende Eingriffe in Rechtspositionen handelt, auf welche die Betroffenen vertrauen durften (zB VfSlg 11.309/1987, 18.010/2006; ). Im konkreten Fall geht es nicht um einen Eingriff in Rechtspositionen der Eigentümer jener Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013, BGBl I 109/2013, gegründet wurden (und nach dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 bis zum Inkrafttreten des AbgÄG 2014, BGBl I 13/2014, keinen Antrag auf Herabsetzung des Mindeststammkapitals auf € 10.000,– stellten), sondern um die unterschiedliche Behandlung der vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründeten Gesellschaften gegenüber den nach dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründeten Gesellschaften. Da der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht gehalten ist, eine Gründungsprivilegierung auch für "Altgesellschaften", i.e. Gesellschaften, die vor dem Inkrafttreten des GesRÄG 2013 gegründet wurden, vorzusehen, hat der Gesetzgeber im konkreten Fall den ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

V.Ergebnis

1.Die vom Obersten Gerichtshof ob der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs 1 und des § 10 Abs 1 GmbHG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.

Im Übrigen, also hinsichtlich des § 54 (Abs3) und des § 127 Abs 13 bis 16 GmbHG, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2017:G311.2016
Schlagworte:
Gesellschaftsrecht, Rechtspolitik, VfGH / Präjudizialität

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