VfGH vom 07.10.1983, g31/83

VfGH vom 07.10.1983, g31/83

Sammlungsnummer

9814

Leitsatz

Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetz 1971; räumliche Geschlossenheit des Gemeindegebietes von verfassungswegen nicht geboten; die Neuschaffung einer Gemeinde mit nicht geschlossenem Territorium durch § 3 Abs 4 Z 1 war sachlich nicht gerechtfertigt

Spruch

§3 Abs 4 Z 1 des Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, Nö. LGBl. Nr. 264, war verfassungswidrig.

Der Landeshauptmann von NÖ ist verpflichtet, diese Feststellung unverzüglich im LGBl. kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) § 3 Abs 4 des Nö. Kommunalstrukturverbesserungsgesetzes 1971, LGBl. Nr. 264 (im folgenden: KStrVG), lautet auszugsweise:

"(4) Im politischen Bezirk Bruck an der Leitha werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt:

1. die Marktgemeinde Rohrau und die Gemeinden Hollern und Pachfurth zur Marktgemeinde Rohrau;

2. ..."

Die von der Vereinigung betroffenen Gemeinden haben gemäß § 5 Abs 1 KStrVG mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes - das ist seinem § 9 zufolge der - als eigene Gemeinden zu bestehen aufgehört.

b) Unter dem Datum hat die Nö. Landesregierung den Bescheid Z II/1-136-1971 erlassen, dessen Spruch lautet:

"Gemäß § 3 Abs 4 Z 1 des KStrVG 1971, LGBl. Nr. 264, wurden die Gemeinden Rohrau, Pachfurth und Hollern zur Marktgemeinde Rohrau vereinigt.

Gemäß § 6 Abs 2 leg. cit. werden bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters zur Besorgung der unaufschiebbaren Geschäfte dieser Gemeinde bestellt:

Zum Regierungskommissär: ...

Zu Beiräten ... (es folgen sechs Namen)

Das Beiratsmitglied ... wird zum Stellvertreter des

Regierungskommissärs bestimmt.

Die von der Gemeinde zu tragende Entschädigung des Regierungskommissärs wird mit 2308 S festgesetzt."

2. Der Bescheid der Nö. Landesregierung bildet den Gegenstand der unter B669/81 protokollierten Beschwerde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, die von einem (weder zum Regierungskommissär noch zum Beiratsmitglied bestellten) seinerzeitigen Mitglied des Gemeinderates der Gemeinde Hollern erhoben wurde.

3. Anläßlich dieser Beschwerde hat der VfGH gemäß Art 140 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 3 Abs 4 Z 1 KStrVG eingeleitet.

4. Die Nö. Landesregierung hat hiezu eine Äußerung erstattet.

Sie stellt den Antrag, der VfGH wolle das amtswegige Prüfungsverfahren mangels Vorliegens der Prozeßvoraussetzungen einstellen; in eventu aussprechen, daß § 3 Abs 4 Z 1 KStrVG nicht verfassungswidrig war. Für den Fall, daß der VfGH ausspricht, daß diese Bestimmung verfassungswidrig war, wird beantragt, eine Frist von einem Jahr festzusetzen.

5. Der VfGH hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu klärenden Frage auch allen anderen Landesregierungen die Abgabe einer Stellungnahme freigestellt.

Hievon hat nur die Oö. Landesregierung Gebrauch gemacht. Sie meint, daß die im Einleitungsbeschluß enthaltenen Bedenken nicht zutreffen (s. unter III.2. b).

II. Der VfGH hat zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens erwogen:

1. Die Nö. Landesregierung bestreitet die Beschwerdelegitimation des Bf. im Anlaßverfahren. Sie meint, der Verlust der Mitgliedschaft zum Gemeinderat ergebe sich nicht aus dem angefochtenen Bescheid; diese Rechtsfolge sei vielmehr unmittelbar durch das KStrVG herbeigeführt worden.

Damit wird aber das Fehlen der Beschwerdeberechtigung nicht nachgewiesen. Der bekämpfte Bescheid berührt nämlich die Rechtsstellung des Bf. jedenfalls insofern, als mit ihm explizit provisorische Gemeindeorgane (anstelle aller bisherigen Gemeindeorgane) bestellt wurden. Darin liegt die implizite Feststellung, daß ua. der Bf. seine Funktion als Mitglied des Gemeinderates der aufgelösten Gemeinde Hollern verloren hat. Diese Feststellung hat normative Wirkung, obgleich der Funktionsverlust bereits ex lege eingetreten ist.

Es ist daher möglich, daß der Bescheid den Bf. in seinen Rechten verletzt (vgl. zB die in VfSlg. 8869/1980 zitierte, bis ins Jahr 1972 zurückreichende Rechtsprechung; s. weiters VfSlg. 9082/1981, 9068/1981, 9148/1981; ).

2. Der VfGH hat bei Entscheidung über die - zulässige (siehe die vorstehende Z 1) - Beschwerde jene Gesetzesvorschrift anzuwenden, auf die sich der angefochtene Bescheid (ua.) stützt, nämlich § 3 Abs 4 Z 1 KStrVG.

Diese Bestimmung ist nicht bloß - wie die Nö. Landesregierung hilfsweise meint - in Ansehung der Worte "Hollern und", sondern zur Gänze präjudiziell. Die Vereinigung der Gemeinden Rohrau, Hollern und Pachfurth ist nämlich eine komplexe Regelung; durch die Aufhebung einzelner Gesetzesstellen (etwa des Wortes "Hollern") würde die nur im Rahmen eines Gesamtplanes sinnhafte Gemeindestrukturmaßnahme möglicherweise derart verändert, daß sie dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck völlig zuwiderliefe.

An der Präjudizialität des § 3 Abs 4 Z 1 KStrVG ändert das mit in Kraft getretene Landesgesetz über die Gliederung des Landes NÖ in Gemeinden (Stammfassung: LGBl. 1030-0) nichts, in dem - anknüpfend an die bestehende Gemeindestruktur - festgestellt wird, in welche Gemeinden sich das Land NÖ gliedert. Ebensowenig ändert daran etwas der ArtII Z 18 des Nö. Landesgesetzes vom , LGBl. 1030-7 (ausgegeben am , Jg. 1981, 119. Stück), womit das Nö. KStrVG 1971, LGBl. Nr. 264, idF LGBl. 1450-2, 1450-3, 1450-4 und 1450-5, aufgehoben wird. Für die Beurteilung des angefochtenen Bescheides ist im gegebenen Zusammenhang nämlich nur wesentlich, ob die ihn tragende Bestimmung des KStrVG verfassungsmäßig war (vgl. zB ).

3. Da die übrigen Voraussetzungen des eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahrens ebenfalls gegeben sind, hat der VfGH über die Verfassungsmäßigkeit der angeführten Gesetzesvorschrift im Rahmen der entstandenen Bedenken zu entscheiden.

III. In der Sache hat der VfGH erwogen:

1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Vorschrift haben sich unter dem Blickpunkt des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebotes ergeben:

Die vereinigten Gemeinden Rohrau und Hollern verfügten zum Zeitpunkt ihrer Zusammenlegung (1971) über keine gemeinsame Grenze, sondern waren durch einen etwa 500 m breiten, etwa 13,5 ha großen Zwickel voneinander getrennt, der zur Katastralgemeinde Petronell (Gemeinde Petronell-Carnuntum) gehörte.

Der VfGH nahm im Einleitungsbeschluß vorläufig an, daß es einer zweckmäßigen Gemeindestruktur extrem zuwiderlaufe, Gemeidnen zu schaffen, die über kein geschlossenes Gebiet verfügen.

Der VfGH nahm weiters vorläufig an, daß der historische Gemeindebegriff ein zusammenhängendes Gemeindegebiet voraussetze (§8 Abs 5 litd ÜG 1920).

2. a) Die Nö. Landesregierung teilt in ihrer Äußerung mit, es sei Tatsache, daß die Gemeinde Hollern im Jahre 1971 keine gemeinsame Grenze mit der Marktgemeinde Rohrau und der Gemeinde Pachfurth gehabt habe; das Gebiet der Gemeinde Hollern sei vom Gemeindegebiet Rohrau durch einen zirka 500 m breiten Grundstreifen getrennt gewesen, über den eine Landesstraße geführt habe, die die Gemeindegebiete verband.

Topographische oder geographische Besonderheiten, die eine natürliche Grenzziehung darstellen könnten, seien nicht vorhanden. Die damalige Zuordnung dieses Grundstreifens zur Gemeinde Petronell sei eine historische Zufälligkeit, die aus der geographischen Situation nicht begründet werden könne.

Das Erfordernis eines zusammenhängenden Gemeindegebietes könne aus keiner verfassungsrechtlichen Bestimmung abgeleitet werden. Auch der historische Gemeindebegriff setze nicht unbedingt ein zusammenhängendes Gemeindegebiet voraus.

Die im Jahre 1971 verfügte Gemeindevereinigung sei - ungeachtet des Umstandes, daß die neue Gemeinde damals über kein unmittelbar zusammenhängendes Gebiet verfügte - nicht unzweckmäßig gewesen. Der Gesetzgeber habe im Jahre 1971 annehmen dürfen, daß es möglich sein werde, ein zusammenhängendes Gemeindegebiet zu schaffen. Daß diese Prognose richtig war, ergebe sich daraus, daß im Jahre 1982 tatsächlich ein zusammenhängendes Gemeindegebiet geschaffen wurde.

b) Die Oö. Landesregierung argumentiert ähnlich. Sie verweist zum Nachweis dafür, daß der historische Gemeindegesetzgeber nicht vom Verständnis eines räumlich geschlossenen Gemeindegebietes ausgegangen sei, insbesondere auf Judikatur des VwGH aus der Zeit um die Jahrhundertwende.

3. a) Es trifft tatsächlich zu, daß die Bundesverfassung nicht das Gebot der räumlichen Geschlossenheit des Gemeindegebietes enthält:

aa) Ein derartiges Gebot enthalten die gemeindeverfassungsrechtlichen Vorschriften des B-VG (Art115 bis 120) weder explizit noch implizit. In der Literatur (Neuhofer, Handbuch des Gemeinderechtes, New York 1972, S 75 f.) wird die Meinung vertreten, daß die im Art 116 Abs 1 B-VG geforderte Gliederung des Landesgebietes in Gemeinden nur dann klaglos erfolgen könne, wenn sich die einzelnen Gemeinden ohne Zwischenräume aneinanderreihen. Damit wird aber nicht dargetan, daß Art 116 Abs 1 B-VG ausdrücklich die territoriale Geschlossenheit des Gemeindegebietes vorschreibt oder daß dem in dieser Verfassungsbestimmung enthaltenen Gebot, jedes Land in Gemeinden zu gliedern und jedes Grundstück einer Gemeinde zuzuweisen, nur dann entsprochen werden kann, wenn das Gemeindegebiet zusammenhängt. Die Ausführungen Neuhofers laufen vielmehr darauf hinaus, daß es äußerst unzweckmäßig wäre, wenn das Gemeindegebiet räumlich nicht geschlossen ist (s. hiezu die folgende litb).

Auch aus § 8 Abs 5 litd ÜG 1920, wonach sich die Grenzen der politischen Bezirke, der Gerichtsbezirke, der autonomen Bezirke und der Ortsgemeinden nicht schneiden dürfen, läßt sich das unbedingte Gebot der territorialen Geschlossenheit der Gemeinden nicht ableiten.

Weder der Wortlaut noch der - etwa den Materialien entnehmbare - Zweck der B-VG Nov. BGBl. Nr. 205/1962 lassen erkennen, daß dadurch an dieser (bisherigen) Rechtslage etwas geändert werden sollte.

bb) Es hat sich aber auch die vorläufige Annahme im Unterbrechungsbeschluß als nicht zutreffend erwiesen, daß die Bundesverfassung eine räumlich zusammenhängende Gemeinde voraussetzt:

Die Gemeindegesetze (mit Ausnahme der Stadtstatuten) bezeichnen weder heute noch bezeichneten sie jemals das Gemeindegebiet näher, sondern begnügen sich und begnügten sich stets damit, auf den bestehenden Gebietsumfang zu verweisen oder diesen stillschweigend vorauszusetzen.

Wie aufgrund der Judikatur des VwGH aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des B-VG (zB VwSlg. 6425/1892, 7242/1893, 12635/1899) nachweisbar ist, bestanden damals Gemeinden, die über kein zusammenhängendes Gebiet verfügten. Dies wurde seinerzeit vom VwGH - unter Bezugnahme auf die Entwicklung des Gemeinderechtes - als gesetzmäßig erkannt. Der VwGH hat beispielsweise im Erk. VwSlg. 6425/1892 zum Hinweis der beschwerdeführenden Gemeinde, daß "in dem Wesen und Begriffe einer Gemeinde es gelegen ist, daß dieselbe ein zusammenhängendes und abgegrenztes Gebiet bilde", beigefügt:

"Es kann zugegeben werden, daß die topographische Getrenntheit jener Entitäten von dem übrigen Gemeindegebiete eine Anomalie darstellt; allein im Hinblicke auf den Wortlaut der cit. Gesetzesbestimmungen kann diese Anomalie nicht als eine Ungesetzlichkeit angesehen werden."

Im Erk. VwSlg. 12635/1899 heißt es:

"Es mag zugegeben werden, daß die - übrigens in Tirol häufig vorkommende - Enclavirung von Gemeindegebietstheilen durch fremde Nachbargemeinden eine Anomalie enthält, deren Beseitigung wünschenswerth erscheinen mag ... Jedenfalls kann aber die Beseitigung einer solchen Irregularität nicht durch eine Maßnahme der Staatsverwaltung auf Grund des § 91, Gem.-Ord., durchgeführt werden, ..."

Auch die aus dieser Zeit stammende Literatur (s. Gluth in Mischler - Ulbrich, Österreichisches Staatswörterbuch, 2. Bd., Wien 1906, S 315) nimmt an, daß die Ortsgemeinden in der Regel (also nicht ausnahmslos) "ein territorial abgeschlossenes" Ganzes bilden.

b) Aber auch wenn sohin der Bestand von Gemeinden, die über kein räumlich geschlossenes Gebiet verfügen, durch keine spezielle Verfassungsnorm verboten ist, ist eine Änderung der bestehenden Kommunalstruktur in der Weise, daß eine Gemeinde mit territorial nicht zusammenhängenden Gebieten geschaffen wird, verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist.

Dies aber war hier nicht der Fall:

aa) Fest steht, daß die durch das KStrVG im Jahre 1971 neu geschaffene Gemeinde Rohrau kein zusammenhängendes Gebiet hatte, sondern daß die Ortsteile Hollern und Rohrau (alt) durch einen 500 m breiten, zur Gemeinde Petronell gehörenden Grundstreifen getrennt waren.

bb) Der VfGH hat zwar bisher ständig judiziert (vgl. zB und die dort zitierte weitere Rechtsprechung), daß die Auflösung einer Kleingemeinde mit weniger als 1000 Einwohnern in der Regel sachlich ist. Er hat jedoch dargetan, daß diese Regel nicht absolut ist, sondern daß hievon Ausnahmen bestehen, und zwar für jene Fälle, in denen die Zusammenlegung der Kleingemeinde - mit welcher anderen Gemeinde immer - aufgrund ganz besonderer Umstände vorhersehbarerweise völlig untauglich war, das angestrebte Ziel einer Kommunalstrukturverbesserung zu erreichen (wie etwa im Fall Alberndorf - vgl. VfSlg. 8108/1977, S 526 f.), oder für jene Fälle, in denen die Zusammenlegung der Kleingemeinde mit einer bestimmten anderen Gemeinde oder ihre Aufteilung auf mehrere bestimmte andere Gemeinden (wie etwa im Fall Gerersdorf - vgl. VfSlg. 9068/1981) - beispielsweise aus geographischen Gründen unter Bedachtnahme auf das Bestehen öffentlicher Verkehrsverbindungen - voraussehbarerweise extrem unzweckmäßiger war als eine andere denkbare Zusammenlegung oder Aufteilung oder auch als das Belassen der Gemeinde.

Wohl hatte die Gemeinde Hollern zum Zeitpunkt ihrer Auflösung (1971) bloß etwa 200 Einwohner. Es lagen aber besondere Umstände iS der vorstehenden Ausführungen vor, die die verfügte Auflösung dieser Gemeinde dennoch damals als unsachlich erscheinen ließen.

cc) An sich widerspricht es dem Ziel, eine Verbesserung der Gemeindestruktur zu bewirken, extrem, räumlich nicht geschlossene Gemeinden neu einzurichten.

Schon Gluth, aaO, S 316 f., hatte für die Zeit um die Jahrhundertwende dargetan, für die Vereinigung von Ortsgemeinden müsse es als selbstverständlich gelten, daß die Gemeinden aneinandergrenzen.

Würden häufig territorial nicht zusammenhängende Gemeinden geschaffen, so würden damit die Gemeinden geradezu chaotisch strukturiert und auf unterster Ebene eine Aufbauorganisation ins Leben gerufen, die es (nahezu) ausschließen würde, daß die von der Bundesverfassung den Gemeinden zugedachten Aufgaben ordnungsgemäß und zweckmäßig besorgt und die räumlich über den Gemeinden stehenden Verwaltungssprengel und Körperschaften iS der Verfassung (vgl. etwa § 8 Abs 5 litd ÜG 1920) eingerichtet werden.

Die ausnahmsweise, vereinzelte Neuschaffung einer Gemeinde mit nicht geschlossenem Territorium ist nur dann zulässig, wenn besondere Umstände dazu zwingen.

Daß im Jahre 1971 bei Hollern solche ganz außergewöhnlichen Umstände vorlagen, hat das Verfahren nicht erbracht. Wenn die Nö. Landesregierung darauf hinweist, seit dem Jahre 1982 verfüge die Gemeinde Rohrau (neu) über ein geschlossenes Gemeindegebiet (s. Nö. LGBl. 1030-12) und der Gesetzgeber des Jahres 1971 habe vorhersehen können, daß dieser Zustand herbeigeführt werden würde, so ist ihr einerseits zu entgegnen, daß - wie das Verfahren ergeben hat - vom Gesetzgeber im Jahre 1971 offensichtlich das Bestehen des wiederholt erwähnten Gebietsstreifens, der sich zwischen die Gemeinden Rohrau (alt) und Hollern schob, übersehen wurde und daß dieser Mangel erst aufgrund des beim VfGH anhängigen Anlaßverfahrens B669/81 wahrgenommen wurde; andererseits könnte selbst die Annahme des Gesetzgebers 1971, in späterer Zeit werde der damals bestehende Mangel beseitigt werden, an der Unsachlichkeit der im Jahre 1971 verfügten Gemeindezusammenlegung nichts ändern.

dd) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der Gesetzgeber des Jahres 1971 eine sachlich nicht begründbare Regelung getroffen hat. § 3 Abs 4 Z 1 KStrVG 1971 widerspricht sohin dem Gleichheitsgebot.

3. Durch ArtII Z 18 des Nö. Landesgesetzes vom , LGBl. 1030-7 (ausgegeben am , Jahrgang 1981, 119. Stück), wurde das Nö. KStrVG 1971, LGBl. Nr. 264 idF LGBl. 1450-2, 1450-3, 1450-4 und 1450-5, aufgehoben.

Die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung ist sohin bereits außer Kraft getreten. Der VfGH hatte daher gemäß Art 140 Abs 4 B-VG auszusprechen, daß § 3 Abs 4 Z 1 KStrVG verfassungswidrig war.

Bei einer solchen Feststellung kommt eine - von der Nö. Landesregierung beantragte - Bestimmung einer Frist iS des Art 140 Abs 5 vorletzter und letzter Satz B-VG nicht in Betracht.

4. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von NÖ zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches stützt sich auf Art 140 Abs 5 erster und zweiter Satz B-VG.