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VfGH vom 13.10.1998, g298/97

VfGH vom 13.10.1998, g298/97

Sammlungsnummer

15302

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der Salzburger Regelung über die Abberufung im Regelfall direkt gewählter Bürgermeister durch den Ausspruch des Mißtrauens durch die Gemeindevertretung sowie nachfolgende Bestätigung dieses Mißtrauensvotums durch eine Bürgerabstimmung; keine Verletzung der bundesverfassungsgesetzlich festgelegten Verantwortung des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat; Zulässigkeit eines solchen dualen Systems aufgrund der bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung des Landesverfassungsgesetzgebers zur Einführung der Bürgermeisterdirektwahl, eines Organisationssystems bestehend aus parlamentarisch-demokratischen Elementen und einer direkt-demokratisch legitimierten monokratischen Leitung; keine Verletzung des Gleichheitssatzes; Geltung der Regelung über die Abberufung durch Mißtrauensvotum und Bürgerabstimmung auch im Falle ausnahmsweise vom Gemeinderat gewählter Bürgermeister im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gemeindeorganisationsgesetzgebers

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit einem am beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten

"Antrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG iVm Art 23 Abs 2 Salzburger Landes-Verfassungsgesetz (Sbg. L-VG) wegen Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 25 Abs 2 bis 5 Salzburger Stadtrecht 1966 (LGBl. 47/1966 idF 16/1997) und § 45 Salzburger Gemeindeordnung 1994 (LGBl. 107/1994 idF 47/1995)"

begehren 13 Abgeordnete zum Salzburger Landtag, der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, dass


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"-
§25 Abs 2 teilweise (die Wortfolge: 'soweit im folgenden für den Bürgermeister nicht anderes bestimmt ist' wegen untrennbaren Zusammenhanges mit Abs 3 bis 5) und Abs 3 bis 5 Salzburger Stadtrecht 1966 (LGBl. 47/1966 idF 16/1997) sowie § 45 Salzburger Gemeindeordnung 1994 (LGBl. 107/1994 idF 47/1995),


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-
in eventu: § 25 Abs 4 vierter bis achter Satz Sbg. StR und § 45 Abs 3 vierter bis achter Satz Sbg. GdO 1994 (ex-lege-Auflösung des Gemeinderates)


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verfassungswidrig sind und diese Bestimmungen aus diesem Grund aufzuheben sind."


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2. Die angefochtenen Bestimmungen stehen in folgendem normativen Zusammenhang und haben den nachstehend wiedergegebenen Wortlaut:

2.1. Mit der B-VG-Novelle BGBl. 504/1994 wurde in den Art 117 leg. cit. folgender Abs 6 eingefügt:

"(6) Der Bürgermeister wird vom Gemeinderat gewählt. In der Landesverfassung kann vorgesehen werden, daß die Staatsbürger, die zur Wahl des Gemeinderates berechtigt sind, den Bürgermeister wählen."

Die Bestimmung ist mit in Kraft getreten.

Mit der B-VG-Novelle BGBl. 659/1996 wurde diese Bestimmung wie folgt neu gefasst:

"(6) Der Bürgermeister wird vom Gemeinderat gewählt. In der Landesverfassung kann vorgesehen werden, daß die zur Wahl des Gemeinderates Berechtigten den Bürgermeister wählen."

Im gegebenen Zusammenhang ist weiters auch Art 118 Abs 5 B-VG bedeutsam, der wie folgt lautet:

"(5) Der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates, Stadtsenates) und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde sind für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich."

2.2. Art 117 Abs 6 B-VG idF BGBl. 504/1994 geht auf den Initiativantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Schieder, Dr. Schranz und Genossen vom , 617/A, II-11330 BlgNR

18. GP, sowie auf den Antrag der Abgeordneten Dr. Khol, Dr. Pirker, Kiss, Dr. Feuerstein und Kollegen vom selben Tag, 620/A, II-11333 BlgNR 18. GP, zurück.

Der erstgenannte Initiativantrag lautet wie folgt:

"Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 508/1993, wird wie folgt geändert:

1. Art 117 Abs 6 lautet:

'Der Bürgermeister wird vom Gemeinderat gewählt. Durch Landesverfassungsgesetz kann vorgesehen werden, daß die Staatsbürger, die zur Wahl des Gemeinderates berechtigt sind, den Bürgermeister wählen.'

2. Die bisherigen Absätze 6 und 7 des Art 117 erhalten die Bezeichnungen '(7)' und '(8)'.

3. Art 112 erster Satz lautet:

'Nach Maßgabe der Artikel 108 bis 111 gelten für die Bundeshauptstadt Wien im übrigen die Bestimmungen des Abschnittes C dieses Hauptstückes mit Ausnahme des Artikels 117 Abs 6 zweiter Satz, des Artikels 119 Abs 4 und des Artikels 119a.'

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G75/93, erkannt, daß die Wahl des Bürgermeisters direkt durch das Gemeindevolk mit der Bundesverfassung unvereinbar ist. Mit der vorgeschlagenen Änderung des B-VG soll ermöglicht werden, daß landesverfassungsgesetzlich die Direktwahl des Bürgermeisters eingeführt wird. Im übrigen soll am verfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen Bürgermeister und den anderen Organen nichts geändert werden.

Da es bei der Frage, ob der Bürgermeister direkt gewählt wird, um eine Entscheidung des Wahlsystems geht, die auch in allen anderen Zusammenhängen vom Verfassungsgesetzgeber getroffen wird, wird insofern die Entscheidung dem Landesverfassungsgesetzgeber überlassen. Dies gewährleistet, daß sich die Einführung auf den notwendigen breiten rechtspolitischen Konsens stützt, der für das Funktionieren von demokratischen Strukturen unerläßlich ist. Durch die Änderung wird die Autonomie der Länder gestärkt, weil die Systementscheidung, die bisher vom Bundesverfassungsgesetzgeber zu treffen war, in Zukunft in die Kompetenz des Landesverfassungsgesetzgebers fällt. Die näheren Bestimmungen über die Wahl erfolgen wie bisher durch Landesgesetz.

Durch Z 3 wird für Wien die Direktwahl des Bürgermeisters ausgeschlossen, weil dieser nach Art 108 B-VG auch die Funktion des Landeshauptmannes hat."

Der zweitgenannte Antrag lautet im hier maßgeblichen Zusammenhang wie folgt:

"Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgestz BGBl. Nr. xxx/1993, wird wie folgt geändert:

Artikel I

...

4. Art 112 wird folgender Satz angefügt:

'Durch Landesgesetz kann in der Bundeshauptstadt Wien die Wahl von Bezirksvorstehern durch die Bürger des jeweiligen Bezirkes vorgesehen werden.'

5. Art 117 Abs 1 litc lautet:

'c) der vom Gemeinderat oder - ausgenommen in Wien - von den Gemeindebürgern zu wählende Bürgermeister.'

...

Artikel II

Vollzugsklausel

(1) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit in Kraft.

(2) Landesgesetze auf Grund dieses Bundesverfassungsgesetzes können ab dem seiner Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie treten frühestens mit dem in Abs 1 bezeichneten Zeitpunkt in Kraft.

...

Begründung

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom festgestellt, daß die Bundesverfassung für die in der Tiroler Gemeindewahlordnung 1991 vorgesehene Wahl des Bürgermeisters durch die Gemeindebürger anstelle des Gemeinderates keine Rechtsgrundlage bietet.

Nachdem dieses Wahlverfahren nicht nur in Tirol, sondern auch im Burgenland und in Kärnten bereits eingeführt wurde sowie in anderen Bundesländern vor der Einführung steht und sich weiters auch die Landeshauptmännerkonferenz für die Beibehaltung der Bürgermeister-Direktwahl ausgesprochen hatte, soll im Bundes-Verfassungsgesetz eine Ermächtigung für den Landesgesetzgeber vorgesehen werden, die Wahl des Bürgermeisters durch die Gemeindebürger ermöglichen zu können.

...

Zu Artikel I, Punkt 4:

Unter Berücksichtigung der Stellung der Bundeshauptstadt Wien als Land und Gemeinde soll hier aus den in der nachfolgenden Erläuterung zu Artikel I, Punkt 5, angeführten Gründen von einer Direktwahl des Bürgermeisters abgesehen werden. Es erscheint allerdings zweckmäßig, dem Wiener Landesgesetzgeber die Möglichkeit einzuräumen, daß die Bezirksvorsteher unmittelbar von den Bürgern des jeweiligen Bezirkes gewählt werden können.

Zu Artikel I, Punkt 5:

Damit soll dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt werden, die Direktwahl der Bürgermeister auf Grund einer im Bundes-Verfassungsgesetz enthaltenen Ermächtigung beibehalten bzw. einführen zu können.

Die Ausnahme der Stadt Wien von dieser Regelung ergibt sich daraus, daß hier der Bürgermeister nach Art 108 B-VG zugleich die Funktion des Landeshauptmannes ausübt. Seine Rechtsstellung ist ebenso wie jene der anderen Landeshauptmänner im Vierten Hauptstück des Bundes-Verfassungsgesetzes gesondert geregelt.

...

Zu Artikel II:

Ein rasches Inkrafttreten ist geboten, um in den Ländern Burgenland, Kärnten und Tirol die dort bereits eingeführte Direktwahl der Bürgermeister auf eine verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlage stellen zu können. In anderen Bundesländern besteht Interesse daran, angesichts bevorstehender Gemeinderatswahlen die Direktwahl rechtzeitig einführen zu können."

Im einschlägigen Bericht des Verfassungsausschusses, 1642 BlgNR 18. GP, S 4 f., wird im hier maßgeblichen Zusammenhang Folgendes ausgeführt:

"Zu Z 8 (Art117 Abs 6 B-VG):

Die vorgeschlagene Bestimmung ist in geänderter Form aus Z 1 des Initiativantrages 617/A übernommen; die Änderung soll klarstellen, daß die Direktwahl der Bürgermeister nicht in einem besonderen Landesverfassungsgesetz vorgesehen werden muß, sondern daß die Einführung auch in der Landesverfassung selbst erfolgen kann.

Die näheren Ausführungsbestimmungen obliegen, wie in der Begründung des Initiativantrages 617/A erläutert, dem Landesgesetzgeber.

...

'Der Ausschuß stellt fest, daß auch dann, wenn der Bürgermeister direkt gewählt wird, er weiterhin so wie dies bei den anderen allgemeinen Vertretungskörpern der Fall ist - ungeachtet der Textierung des Art 20 Abs 3 B-VG - gegenüber dem Gemeinderat auskunftspflichtig ist und sich nicht auf die Amtsverschwiegenheit berufen kann. Eine Änderung des Art 20 Abs 3 B-VG ist daher nicht erforderlich.'"

2.3. Mit dem in diesen Initiativanträgen erwähnten Erkenntnis VfSlg. 13500/1993 hat der Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen der Tiroler Gemeindewahlordnung 1991, LGBl. Tirol 79, betreffend die Wahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde, als verfassungswidrig aufgehoben. Begründend wird dazu vor allem Folgendes ausgeführt:

"Es gilt zu klären, ob die Verfassung die Bestellung des Bürgermeisters nur nach dem hergebrachten System einer Wahl durch ein nach den Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips gewähltes kollegiales Gemeindeorgan (nach Art eines parlamentarischen Systems) ermöglicht oder ob sie zur Systemänderung offen ist und auch eine direkte Wahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk zuläßt, also eine Organkreation, die den Bürgermeister nicht mehr als ein vom Gemeinderat (oder von einem von diesem bestellten und diesem verantwortlichen Gemeindeorgan) bestelltes, sondern als ein von ihm unabhängig bestelltes Organ der Gemeindeselbstverwaltung vorsieht. Oder anders formuliert: Es geht um die Frage, ob es die Bundesverfassung zuläßt, vom System ausschließlich repräsentativ, nach Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit bestellter (oder von solchen ihrerseits bestellter) Gemeindeorgane abzugehen und ein System einzuführen, das neben dieser Art demokratisch-parlamentarischer Organkreation auch Elemente eines direkt gestalteten Vorganges der Bestellung eines monokratischen Führungsorgans enthält.

... Den Schlüssel zur Antwort auf diese Frage bietet Art 118 Abs 5 B-VG...

Es könnte fraglich sein, ob aus der Regelung über die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat als solcher auf eine zwingende Einschaltung des Gemeinderats in die Kreation des Organs 'Bürgermeister' zu schließen ist... Diese Frage kann indes dahinstehen: Denn entscheidend ist ..., daß in Art 118 Abs 5 B-VG im Zusammenhang mit jenen Verfassungsnormen, die die zentrale Stellung des Gemeinderats in der Gemeindeselbstverwaltung zum Ausdruck bringen ..., auch eine für die Interpretation wesentliche ... Systementscheidung zum Ausdruck kommt:

Wenn die Bundesverfassung nämlich zum einen dem Gemeinderat organisatorisch und funktionell die zentrale Stellung in der Gemeindeselbstverwaltung zuweist ... und zum anderen in Art 118 Abs 5 B-VG für alle anderen Gemeindeorgane eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat festgelegt wird, so ist damit ein bestimmtes - demokratisch-parlamentarisches - System der Gemeindeselbstverwaltung konstituiert. Die Bestellung des Bürgermeisters unter Ausschaltung des Gemeinderates verletzt dieses System; sie verändert, ja entleert weitgehend den Begriff der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat und schafft ein duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes Organisationssystem, indem sie den Bürgermeister neben dem Gemeinderat als ein weiteres direkt vom Gemeindevolk gewähltes, sohin unmittelbar demokratisch legitimiertes, mit dem Gemeinderat daher in dieser Weise nicht mehr verbundenes Organ einrichtet. Das parlamentarisch-demokratische System der Gemeindeselbstverwaltung wird durch ein sowohl aus Elementen des parlamentarisch-demokratischen Systems als auch aus Elementen eines Systems direkt-demokratisch legitimierter monokratischer Leitung bestehendes neues System ersetzt. Ein solcher Systemwechsel ist aber ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig.

... (D)as Bundesverfassungsrecht (ist) vom Grundgedanken der

repräsentativen Demokratie und auch der mittelbaren Bestellung

der Organe der Vollziehung geprägt. (... D)as demokratische

Baugesetz (ist) als repräsentativ-demokratisches Grundprinzip mit

ausnahmehaft vom Verfassungsgesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen

direkt-demokratischen Elementen zu verstehen... Für die

Verwaltungsorganisation bedeutet dies die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, Verwaltungsorgane - soweit es sich nicht um allgemeine Vertretungskörper handelt - nicht unmittelbar vom Bundes-, Landes- oder wie hier vom Gemeindevolk wählen, sondern sie von den selbst mit direkt-demokratischer Legitimation ausgestatteten Staatsorganen bestellen und diesen gegenüber verantwortlich sein zu lassen (wie dies im übrigen die Vorschriften über die Bestellung des Bundeskanzlers (Art70 B-VG) und des Landeshauptmanns (Art101 B-VG), dessen Stellung die des Bürgermeisters in vielem nachgebildet ist, explizit vorsehen).

Dort, wo das B-VG von diesem Grundkonzept abweicht, ist dies ausdrücklich festgelegt. Es ist also systematisch verfehlt, aus dem Stillschweigen der Verfassung auf die Zulässigkeit der einfach-gesetzlichen Einführung einer direkt-demokratischen Bestellung von Verwaltungsorganen schließen zu wollen.

... Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die in Prüfung

genommenen Bestimmungen ... den oben beschriebenen Wechsel im System des organisatorischen Aufbaus der Gemeindeselbstverwaltung von einem System parlamentarisch-demokratischer Organkreation zu einem dualen, auch Elemente einer direkt-demokratisch gestalteten Bestellung eines monokratischen Führungsorgans enthaltenden System konstituieren, daß für einen solchen Systemwechsel aber die notwendige bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung fehlt, weshalb die geprüften Bestimmungen als verfassungswidrig aufzuheben waren.

Wenn ein verfassungspolitisches Bedürfnis besteht, auf Gemeindeebene ein solches duales Verwaltungssystem zu errichten, so darf dies nicht mittels einfachen Gesetzes befriedigt werden; eine solche Änderung bedarf vielmehr - wie auch die anderen verfassungsgesetzlichen Ausnahmen vom repräsentativ-demokratischen Grundprinzip der Verfassung - der bundesverfassungsgesetzlichen Verankerung gem. Art 44 Abs 1

B-VG."

2.4. Mit dem Landesverfassungsgesetz LGBl. 84/1994 wurde dem (Salzburger) Landes-Verfassungsgesetz 1945 ein Art 53 angefügt, dessen Abs 2 wie folgt lautet:

"(2) Der Gemeinderat und, abgesehen von den durch Landesgesetz vorgesehenen Ausnahmen, der Bürgermeister werden von den in der Gemeinde wahlberechtigten Landesbürgerinnen und Landesbürgern gewählt."

(Seit der Novelle LGBl. 15/1998 hat diese Bestimmung den folgenden Wortlaut:

"(2) Der Gemeinderat und, abgesehen von den durch Landesgesetz vorgesehenen Ausnahmen, der Bürgermeister werden von den in der Gemeinde wahlberechtigten Landesbürgerinnen und Landesbürgern sowie Angehörigen eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union gewählt.")

2.5. Die die Wahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten in der Stadt Salzburg und dessen Abberufung regelnden § 21 Abs 1 und § 25 des - im Rang eines Landesverfassungsgesetzes stehenden - Salzburger Stadtrechtes 1966, idF der Stadtrechts-Novelle 1996, LGBl. 16/1997, lauten wie folgt (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen des § 25 leg. cit. sind hervorgehoben):

"Wahl des Bürgermeisters

§21. (1) Der Bürgermeister wird nach der Salzburger Gemeindewahlordnung 1974 (§95 Abs 1 iVm § 2 Abs 2) von der Gesamtheit der Wahlberechtigten in der Stadt Salzburg unmittelbar gewählt, soweit darin nicht die Wahl durch den Gemeinderat vorgesehen ist. Die Wahl des Bürgermeisters erfolgt für die Dauer der Amtsperiode des Gemeinderates.

..."

"Abberufung

§25. (1) Der Bürgermeister, die Bürgermeister-Stellvertreter und die Stadträte können von ihrem Amt abberufen werden, ihr Mandat als Mitglied des Gemeinderates wird hiedurch nicht berührt.

(2) Auf die Abberufung sind, soweit im folgenden für den Bürgermeister nicht anderes bestimmt ist, die Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die für die Wahl der genannten Organe gelten.

(3) Ein Beschluß des Gemeinderates, mit dem dem Bürgermeister das Mißtrauen ausgesprochen wird, darf nur aufgrund eines schriftlichen Antrages von wenigstens einem Viertel der Mitglieder bei Anwesenheit von wenigstens zwei Drittel der Mitglieder gefaßt werden. Zwischen der Einbringung des Antrages und der Beschlußfassung hat ein Zeitraum von wenigstens einer Woche zu liegen. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von wenigstens zwei Drittel der Mitglieder des Gemeinderates.

(4) Über die Abberufung des Bürgermeisters ist binnen zwei Monaten nach Beschlußfassung eine Bürgerabstimmung im Sinne des § 53a durchzuführen. Wird die Abberufung durch die Bürgerabstimmung bestätigt, erlischt das Amt des Bürgermeisters mit Ablauf des Tages, an dem das Ergebnis der Bürgerabstimmung gemäß § 53c Abs 2 kundgemacht wird. Die Kundmachung ist durch den nach § 47 berufenen Vertreter des Bürgermeisters zu veranlassen. Findet die Abberufung durch die Bürgerabstimmung nicht die erforderliche Mehrheit (§53c Abs 1), gilt der Gemeinderat mit Ablauf des Tages als aufgelöst, an dem das Ergebnis der Bürgerabstimmung gemäß § 53c Abs 2 kundgemacht wird. Das Amt des Bürgermeisters bleibt davon unberührt. Dem Bürgermeister obliegt bis zum Beginn der Amtsperiode der neu gewählten Gemeindeorgane die Führung der Geschäfte der laufenden Verwaltung mit Ausnahme jener der Bauberufungskommission und der Allgemeinen Berufungskommission. Der Bürgermeister hat innerhalb einer Woche nach Auflösung des Gemeinderates die Neuwahl des Gemeinderates auszuschreiben (§4 Abs 4 der Salzburger Gemeindewahlordung 1974). § 79 Abs 2 und 4 gilt sinngemäß.

(5) Erlischt das Amt des Bürgermeisters zufolge der Bürgerabstimmung gemäß Abs 3 in den ersten vier Jahren seiner Amtsperiode, hat die Wahl des neuen Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten in der Gemeinde zu erfolgen. Der nach § 47 berufene Vertreter des Bürgermeisters hat die Neuwahl des Bürgermeisters innerhalb einer Woche nach Amtsverlust auszuschreiben (§4 Abs 3 litb der Salzburger Gemeindewahlordnung 1974). Erlischt das Amt des Bürgermeisters zufolge der Bürgerabstimmung gemäß Abs 4 aber im fünften Jahr der Amtsperiode, hat die Wahl eines neuen Bürgermeisters durch den Gemeinderat unverzüglich, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Amtsverlust zu erfolgen. § 21 Abs 2 bis 4 gilt sinngemäß."

2.6. Die die Wahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten und das Misstrauensvotum gegen den Bürgermeister regelnden § 35 Abs 1 erster Satz sowie § 45 der - im Rang eines Landesgesetzes stehenden - Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl. 107, lauten wie folgt (der mit dem Hauptantrag angefochtene § 45 ist hervorgehoben):

"Wahl des Bürgermeisters sowie der Gemeinderäte

§35. (1) Der Bürgermeister wird nach der Salzburger Gemeindewahlordnung 1974 (§2 Abs 2) von der Gesamtheit der Wahlberechtigten in der Gemeinde unmittelbar gewählt, soweit darin nicht die Wahl durch die Gemeindevertretung vorgesehen ist...

..."

"Ausspruch des Mißtrauens

§45. (1) Der Bürgermeister stützt seine Amtsführung auf das Vertrauen der Wahlberechtigten in der Gemeinde und der Gemeindevertretung. Ihm kann von der Gemeindevertretung das Mißtrauen nach den folgenden Bestimmungen ausgesprochen werden. Über diesen Mißtrauensausspruch ist binnen zwei Monaten nach Beschlußfassung eine Bürgerabstimmung im Sinne des § 67 durchzuführen.

(2) Ein Beschluß der Gemeindevertretung, mit dem dem Bürgermeister das Mißtrauen ausgesprochen wird, darf nur auf Grund eines schriftlichen Antrages von wenigstens einem Viertel der Mitglieder bei Anwesenheit von wenigstens zwei Drittel der Mitglieder gefaßt werden. Zwischen der Einbringung des Antrages und der Beschlußfassung hat ein Zeitraum von wenigstens einer Woche zu liegen. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von wenigstens zwei Drittel der Mitglieder der Gemeindevertretung.

§26 Abs 2 findet keine Anwendung. Während der Beratung und Abstimmung über den Antrag hat den Vorsitz in der Gemeindevertretung der nach § 39 Abs 2 berufene Vertreter des Bürgermeisters zu führen. Dieser hat außerdem spätestens zwei Wochen vor Durchführung der Bürgerabstimmung eine Gemeindeversammlung gemäß § 66 zur Information der Gemeindebürger abzuhalten, bei der sowohl dem Bürgermeister als auch allen Fraktionen in der Gemeindevertretung Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist.

(3) Wird der Mißtrauensausspruch der Gemeindevertretung durch die im Abs 1 vorgesehene Bürgerabstimmung bestätigt, erlischt das Amt des Bürgermeisters mit Ablauf des Tages, an dem das Ergebnis der Bürgerabstimmung gemäß § 77 kundgemacht wird. Die Kundmachung ist durch den nach § 39 Abs 2 berufenen Vertreter des Bürgermeisters zu veranlassen. Das Mandat des Bürgermeisters als Mitglied der Gemeindevertretung wird hiedurch nicht berührt. Findet der Mißtrauensausspruch durch die Bürgerabstimmung nicht die erforderliche Mehrheit (§68), gilt die Gemeindevertretung mit Ablauf des Tages als aufgelöst, an dem das Ergebnis der Bürgerabstimmung gemäß § 77 kundgemacht wird. Das Amt des Bürgermeisters bleibt davon unberührt. Dem Bürgermeister obliegt bis zum Beginn der Amtsperiode der neu gewählten Gemeindeorgane die Führung der Geschäfte der Gemeinde. Die Landesregierung hat innerhalb von drei Wochen nach Auflösung der Gemeindevertretung die Neuwahl der Gemeindevertretung auszuschreiben (§4 Abs 4 der Salzburger Gemeindewahlordnung 1974). § 89 Abs 1 vorletzter Satz, Abs 2 zweiter Satz, Abs 3 zweiter Satz und Abs 4 gilt sinngemäß.

(4) Erlischt das Amt des Bürgermeisters zufolge der Bürgerabstimmung gemäß Abs 3 in den ersten vier Jahren seiner Amtsperiode, hat die Wahl eines neuen Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten in der Gemeinde zu erfolgen. Die Landesregierung hat die Neuwahl des Bürgermeisters innerhalb von drei Wochen nach Amtsverlust auszuschreiben (§4 Abs 3 litb der Salzburger Gemeindewahlordnung 1974). Erlischt das Amt des Bürgermeisters zufolge der Bürgerabstimmung gemäß Abs 3 aber im fünften Jahr der Amtsperiode, hat die Wahl eines neuen Bürgermeisters durch die Gemeindevertretung unverzüglich, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Amtsverlust zu erfolgen. § 35 Abs 2, 3 und 4 sowie § 37 gelten sinngemäß."

2.7. Aus dem einschlägigen Bericht des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses des Salzburger Landtages, 165 BlgLT 4. Sess. 11. GP, ergibt sich hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmungen der Stadtrechts-Novelle 1996 u.a. Folgendes:

"Mit den Gesetzen LGBl. Nr. 84 bis 86/1994 wurde für die Gemeinden mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg die Direktwahl der Bürgermeister durch die wahlberechtigten Gemeindebürgerinnen und -bürger im Land Salzburg eingeführt. Im Herbst des Jahres 1994 wurden die ersten Direktwahlen des Bürgermeisters mit großer Akzeptanz der Bevölkerung durchgeführt. Es gibt keinen sachlichen Grund, dieses Wahlmodell nicht auch für die Landeshauptstadt gelten zu lassen.

...

D(er) in der ... Vorlage der Landesregierung enthaltene

Vorschlag ... enthält zunächst jene Änderungen, die im

Zusammenhang mit der Einführung der Bürgermeisterdirektwahl durch die wahlberechtigten Gemeindebürgerinnen und -bürger notwendig seien. Sie sind teils legistischer Natur. Darüberhinausgehend ist das Verhältnis zum Gemeinderat zu klären: Die Abberufung eines Bürgermeisters, der direkt gewählt worden ist, kann nicht mehr allein vom Gemeinderat abhängen. Sein Bürgermeisteramt stützt sich in erster Linie auf das Vertrauen der Wählerschaft. Sein Amt soll daher auch nur mit einem negativen Plebiszit enden. Geht dieses aber zu seinen Gunsten aus, ist in weiterer Folge der Gemeinderat neu zu wählen, da er seine Abberufung beschlossen hat...

...

... Verfassungsrechtlich ist einerseits darauf hinzuweisen, daß das Bundes-Verfassungsgesetz ein solches Modell für den Fall kennt, daß die politische Verantwortung eines vom Volk direkt gewählten Organes von einem anderen Staatsorgan geltend gemacht wird (siehe Art 68 B-VG betreffend die Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten gegenüber der Bundesversammlung mit Auflösung des Nationalrates, wenn die Volksabstimmung zugunsten des Bundespräsidenten ausgeht). Es ist undenkbar, daß im Rahmen der politischen Verantwortlichkeit ein vom Volk unmittelbar gewähltes Organ durch ein anderes, wenn auch gleichfalls direkt gewähltes Organ seines Amtes endgültig verlustig erklärt werden kann. In einem solchen Fall ist der Wähler berufen, eine Entscheidung zu treffen. Ein solches Modell ist nach der Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters durch die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 504/1994 als mit Art 118 Abs 5 B-VG vereinbar anzusehen. Gleichzeitig liegt es politisch nahe, daß ein solches politisch herbeigeführtes Votum auch Auswirkungen auf das Organ hat, das das Mißtrauen ausgesprochen hat, sodaß es zur Volksabstimmung gekommen ist. Im Ausgang der Volksabstimmung für den Bürgermeister liegt auch ein Votum des Wählers gegen den Gemeinderat bzw die Mehrheit, die das Mißtrauen dem Bürgermeister gegenüber ausgesprochen hat. Diese Situation, der ja auch ein tiefes Zerwürfnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderatsmehrheit zugrunde liegt, verlangt nach einer Lösung, die nur darin bestehen kann, daß auch eine neue Wählerentscheidung über die Zusammensetzung des Gemeinderates herbeigeführt wird. Auf diese Weise wird die Basis dafür geschaffen, daß beide Organe wieder zum Wohl der Gemeinde und seiner Bürger gedeihlich zusammenarbeiten..."

3. Die Antragsteller begründen ihre Gesetzesanfechtung wie folgt:

"Zur Anfechtungslegitimation

Nach Art 140 Abs 1 B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit eines Landesgesetzes auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des betroffenen Landtages, sofern ein solches Antragsrecht durch Landesverfassungsgesetz vorgesehen ist. Eine solche Bestimmung findet sich in Art 23 Abs 2 Sbg L-VG, LGBl 1/1947 idF 84/1994. Der Sbg Landtag besteht aus 36 Mitgliedern (Art13 Abs 1 Sbg L-VG). Ein Anfechtungsantrag bedarf daher der Unterstützung von mindestens 12 Abgeordneten. Der vorliegende, von 13 Abgeordneten gestellte Antrag ist daher ausreichend unterstützt.

Bei den Bestimmungen des § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR (LGBl 47/1966 idF 16/1997) handelt es sich um landesverfassungsgesetzliche Bestimmungen, bei den Bestimmungen des § 45 Salzburger Gemeindeordnung 1994 (LGBl 107/1994 idF 47/1995) um landesgesetzliche Bestimmungen. Sowohl Landesverfassungsgesetze als auch Landesgesetze bilden geeignete Anfechtungsgegenstände. Sie sind bislang auch nicht außer Kraft getreten. Da auch eine Anfechtungsfrist nicht vorgesehen ist, ist die Anfechtung in beiden Fällen somit zulässig.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates im Sbg StR und in der Sbg GdO 1994

1. Der Salzburger Gemeindeorganisationsgesetzgeber geht bei der Umwandlung des traditionellen Mißtrauensvotums in eine Volksabstimmung über die Absetzung des Bürgermeisters oder des Gemeinderates von der Annahme aus, daß 'ein solches Modell nach Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters durch die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 504/1994 als mit Art 118 Abs 5 B-VG vereinbar anzusehen (ist)' (165 Blg Sten.Prot. 4. Sess. 11. GP, S. 6). Ohne einschlägige verfassungsdogmatische Begründung mißt der Gemeindeorganisationsgesetzgeber Art 117 Abs 6 B-VG offensichtlich eine interpretativ-ausstrahlende Wirkung auf Art 118 Abs 5 B-VG bei (arg '... nach Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters durch die B-VG-Novelle BGBl. Nr. 504/1994 ...'; vgl auch bei Novak, Bürgermeisterdirektwahl, 1995, 14 und 45), weil die unmittelbare Wahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk (Art117 Abs 6 zweiter Satz B-VG iVm Art 53 Abs 2 Sbg L-VG) eine im Wege der Verantwortlichkeit (iSd Art 118 Abs 5 B-VG) dem Gemeinderat verbundene Stellung des Bürgermeisters innerhalb der Gemeindeorganisation ausschließe (arg ... 'es ist undenkbar, daß im Rahmen der politischen Verantwortlichkeit ein vom Volk unmittelbar gewähltes Organ seines Amtes endgültig verlustig erklärt werden kann'; siehe 165 Blg Sten.Prot. 4. Sess.

11. GP, S. 6; vgl dazu auch VfSlg 13500/1993).

Schon hier verkennt der Gemeindeorganisationsgesetzgeber zunächst, daß - wenn dem Gemeindeorganisationsgesetzgeber zu folgen wäre ... - auch diesfalls nur der Landesverfassungsgesetzgeber ermächtigt sein kann, solche Änderungen im bundesverfassungsgesetzlichen Grundsatz der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane (Art118 Abs 5 B-VG) vorzusehen. Da in der Landesverfassung aber lediglich eine Änderung in der Bestellung des Bürgermeisters, nicht aber eine Änderung in der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane vorgesehen ist, erweisen sich bei den vom Gemeindeorganisationsgesetzgeber ins Treffen geführten Annahmen jedenfalls die einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen des § 45 Sbg GdO als verfassungswidrig.

2. Entgegen der Annahme des Gemeindeorganisationsgesetzgebers ermächtigt Art 117 Abs 6 B-VG aber ohnedies nur zu einer spezifischen Teiländerung des parlamentarisch-demokratischen Organisationssystems der Gemeindeselbstverwaltung. Denn der Bundesverfassungsgesetzgeber wollte dem bestehenden Organisationssystem nicht ein zweites - 'auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes' (VfSlg 13500/1993) - Organisationssystem gegenüberstellen, sondern - von der Art der Bestellung des Bürgermeisters iSd Art 117 Abs 6 abgesehen - bewußt am bestehenden Organisationssystem festhalten:

a) Zunächst ist davon auszugehen, daß 'die Entscheidung des Bundesverfassungsgesetzgebers für die repräsentative Demokratie ... grundlegenden Charakter' hat (VfSlg 13500/1993) und idS 'das parlamentarische System zu den - den Landesverfassungsgesetzgeber (und somit auch den einfachen Landesgesetzgeber) bindenden - Grundzügen der Bundesverfassung zählt', was für die Verwaltungsorganisation die verfassungsrechtliche Notwendigkeit bedeutet, 'Verwaltungsorgane - soweit es sich nicht um allgemeine Vertretungskörper handelt - nicht unmittelbar vom Bundes-, Landes- oder ... Gemeindevolk wählen, sondern sie von den selbst mit direkt-demokratischer Legitimation ausgestatteten Staatsorganen bestellen und diesen gegenüber verantwortlich sein zu lassen', soweit von diesem Grundkonzept Abweichendes nicht ausdrücklich verfassungsgesetzlich festgelegt wird (VfSlg 3134/1956).

b) Da auch der Gemeindeorganisation ein solches 'parlamentarisch-demokratisches System der Gemeindeselbstverwaltung' zugrunde liegt, 'wenn die Bundesverfassung nämlich zum einen dem Gemeinderat organisatorisch und funktionell die zentrale Stellung in der Gemeindeselbstverwaltung zuweist (vgl dazu etwa Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2 (1986), 413f) und zum anderen in Art 118 Abs 5 B-VG für alle anderen Gemeindeorgane eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat festgelegt wird' (VfSlg 13500/1993), haben die nach Art 115 Abs 2 B-VG auszuführenden Gemeindeorganisationsgesetze vorzusehen, daß die sonstigen Organe der Gemeinde (insb Bürgermeister, Gemeindevorstand) vom Gemeinderat bestellt und ihm gegenüber verantwortlich sind. 'Ein ... Systemwechsel ist ... ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig' (VfSlg 13500/1993).

c) Mit der B-VG-Novelle 1994, BGBl. 504, wurde das geltende bundesverfassungsrechtliche Grundkonzept der Bestellung und Verantwortlichkeit der Verwaltungsorgane für den Bereich der Gemeindeselbstverwaltung beibehalten (vgl insb Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. (1996) 445). Denn der Landesverfassungsgesetzgeber wird gemäß Art 117 Abs 6 zweiter Satz B-VG nur ermächtigt, hinsichtlich der Bestellung des Bürgermeisters vom bundesverfassungsrechtlichen Grundkonzept abzugehen: 'Der Bürgermeister wird vom Gemeinderat gewählt. In der Landesverfassung kann vorgesehen werden, daß die zur Wahl des Gemeinderates Berechtigten den Bürgermeister wählen' (Art117 Abs 6 B-VG idF BGBl. 659/1996).

Die Annahme einer über die abweichende Regelung der Wahl des Bürgermeisters hinausgehenden Ermächtigung schließt schon der klare Wortlaut des Art 117 Abs 6 B-VG aus (arg ... 'wählen', vgl auch Muzak, Verfassungsrechtliche Probleme der Direktwahl des Bürgermeisters, ÖGZ 5/1996, 6). Im übrigen wurden andere verfassungsgesetzliche Bestimmungen, auch wenn sie in einem engen rechtssystematischen Zusammenhang stehen (wie zB Art 118 Abs 5 B-VG), durch die B-VG-Novelle 1994 unverändert belassen. Auch belegen die Gesetzesmaterialien zu Art 117 Abs 6 B-VG nicht, daß mit dieser Ermächtigung eine interpretativ-ausstrahlende Wirkung auf andere bundesverfassungsrechtliche Grundsätze der Gemeindeorganisation bzw dem ihnen zugrundeliegenden parlamentarisch-demokratischen Organisationssystem (Art117 Abs 2 bis 5 iVm Art 118 Abs 5 B-VG; vgl VfSlg 13500/1993) verbunden sein sollte. Im Gegenteil: Sie schließen eine solche Wirkung ausdrücklich aus, indem der Zweck des Art 117 Abs 6 zweiter Satz B-VG, dessen endgültiger Fassung der Initiativantrag 617/A (II-11330 BlgNR XVIII. GP) zugrundeliegt, zunächst wie folgt begründet wird:

'Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G75/93, erkannt, daß die Wahl des Bürgermeisters direkt durch das Gemeindevolk mit der Bundesverfassung unvereinbar ist. Mit der vorgeschlagenen Änderung des B-VG soll ermöglicht werden, daß landesverfassungsgesetzlich die Direktwahl des Bürgermeisters eingeführt wird. Im übrigen soll am verfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen Bürgermeister und den anderen Organen nichts geändert werden.

Da es bei der Frage, ob der Bürgermeister direkt gewählt wird, um eine Entscheidung des Wahlsystems geht, die auch in allen anderen Zusammenhängen vom Verfassungsgesetzgeber getroffen wird, wird insofern die Entscheidung dem Landesverfassungsgesetzgeber überlassen. Dies gewährleistet, daß sich die Einführung auf den notwendigen breiten rechtspolitischen Konsens stützt, der für das Funktionieren von demokratischen Strukturen unerläßlich ist. Durch die Änderung wird die Autonomie der Länder gestärkt, weil die Systementscheidung, die bisher vom Bundesverfassungsgesetzgeber zu treffen war, in Zukunft in die Kompetenz des Landesverfassungsgesetzgebers fällt. Die näheren Bestimmungen über die Wahl erfolgen wie bisher durch Landesgesetz.'

Aber auch der Verfassungsausschuß ist von diesem Verständnis ausgegangen, indem mittelbare Änderungen der verfassungsrechtlichen Ausnahmen für die Amtsverschwiegenheit - sogar entgegen ihrem Wortlaut (nämlich nur: '... für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre ...'; Art 20 Abs 3 letzter Satz B-VG) - ausgeschlossen werden (1642 BlgNR XVIII. GP):

'Der Ausschuß stellt fest, daß auch dann, wenn der Bürgermeister direkt gewählt wird, er weiterhin, so wie dies bei den anderen allgemeinen Vertretungskörpern der Fall ist, ungeachtet der Textierung des Art 20 Abs 3 B-VG gegenüber dem Gemeinderat auskunftspflichtig ist und sich nicht auf die Amtsverschwiegenheit berufen kann. Eine Änderung des Art 20 Abs 3 B-VG ist daher nicht erforderlich.'

Wollte der Verfassungsgesetzgeber aber eine interpretativausstrahlende Wirkung ... selbst in jenen Bereichen nicht, wo die verfassungsgesetzlichen Bestimmungen nach ihrem Wortlaut ausdrücklich auf die Art der Bestellung abstellen (Art20 Abs 3 B-VG), ist jedenfalls eine inhaltliche Änderung jener verfassungsgesetzlichen Bestimmungen auszuschließen, die nach den Tatbestandsmerkmalen nicht an die Bestellung des Bürgermeisters anknüpfen. Daher gelten die sonstigen bundesverfassungsgesetzlichen Grundsätze der Gemeindeorganisation - insbesondere die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat gemäß Art 118 Abs 5 B-VG und die Zusammensetzung des Gemeindevorstandes gemäß dem in Art 117 Abs 5 B-VG verankerten Proporzsystem (Grussmann, Die Direktwahl des Bürgermeisters in Salzburg, JRP 3 (1995), 268) - unabhängig von der mittelbaren oder unmittelbaren Legitimation des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk (zu den rechtspolitischen Problemen vgl Stolzlechner, Die Bürgermeister-Direktwahl - eine Möglichkeit zur Verlebendigung der Gemeindedemokratie?, ÖGZ 10/1989, 23 ff).

Zusammenfassend bleibt daher festzustellen, daß - entgegen der verfassungsdogmatisch unbegründeten Annahme des Gemeindeorganisationsgesetzgebers - Art 117 Abs 6 B-VG die Rechtslage im Hinblick auf die bundesverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates nicht verändert hat und für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR und § 45 Sbg GdO nicht von Bedeutung ist. Insbesondere bildet Art 117 Abs 6 B-VG keine verfassungsrechtliche Grundlage für die verfahrensgegenständlichen gesetzlichen Neuregelungen der Verantwortlichkeit.

3. Bei den verfahrensgegenständlichen Regelungen handelt es sich um keine Verantwortlichkeit ieS des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat, sondern um eine - dem Art 60 Abs 6 B-VG nachgebildete (vgl oben 165 Blg Sten.Prot. 4. Sess. 11. GP, 5f) - politische Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates gegenüber dem Gemeindevolk (vgl zu dieser Qualifikation: Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1977, 197f). Sie sind - auch nach der B-VG-Novelle 1994 - verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn sie den bundesverfassungsrechtlichen Grundsätzen der Gemeindeorganisation (Art116 bis 119a B-VG) entsprechen bzw - bei Stillschweigen der Verfassung - nicht in Widerspruch zum parlamentarischdemokratischen Grundkonzept der Bundesverfassung stehen (VfSlg 13500/1993):

a) Eine Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane im eigenen Wirkungsbereich wird zunächst in Art 118 Abs 5 B-VG geregelt, wonach der Bürgermeister und die übrigen Gemeindeorgane für die Besorgung ihrer Angelegenheiten im eigenen Wirkungsbereich dem - iSd Art 119a Abs 7 B-VG gegenüber der Gemeindeaufsicht letztverantwortlichen - Gemeinderat verantwortlich sind. Regelmäßig war der Gemeinderat bislang nach den einzelnen Gemeindeordnungen insbesondere 'befugt, den Bürgermeister ... über alle in den eigenen Wirkungsbereich fallenden Geschäfte zu befragen, alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen und die Gemeindegebarung zu überprüfen, regelmäßig wird er darin auch ausdrücklich ermächtigt, den Bürgermeister ... durch ein Mißtrauensvotum aus (seinem) Amt abzuberufen' (Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1977, 364).

Nach der Rechtsprechung des VfGH entspricht diese Bestimmung dem der Bundesverfassung zugrundeliegenden Konzept der repräsentativen Demokratie, daß Verwaltungsorgane von allgemeinen Vertretungskörpern oder anderen, aber jedenfalls mit direktdemokratischer Legitimation ausgestatteten Staatsorganen bestellt werden und diesen gegenüber verantwortlich sind. Wo der Bundesverfassungsgesetzgeber von diesem Grundkonzept abweichen wollte, 'ist dies ausdrücklich festgelegt' (VfSlg 13500/1993). Ob der Bundesverfassungsgesetzgeber hiebei nur hinsichtlich der Bestellung oder nur hinsichtlich der Verantwortlichkeit oder sowohl hinsichtlich der Bestellung als auch der Verantwortlichkeit der Verwaltungsorgane vom Grundkonzept der Bundesverfassung abweicht, obliegt ausschließlich seiner Entscheidung: Beispielsweise wurde im Zuge der B-VG-Nov 1929/392 nicht nur die unmittelbare Wahl des Bundespräsidenten (Art60 Abs 1 B-VG), sondern gleichzeitig ausdrücklich auch seine Absetzung durch Volksabstimmung vorgesehen (Art60 Abs 6 B-VG). Andererseits wurde im Zuge derselben B-VG-Novelle zwar die Zuständigkeit zur Bestellung der Bundesregierung geändert (Art70 B-VG), an der Verantwortlichkeit gegenüber dem allgemeinen Vertretungskörper (Nationalrat) aber weiterhin festgehalten (Art74 B-VG).

Besteht daher nach Art 118 Abs 5 iVm Art 119a Abs 7 B-VG eine Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem für die Gemeindeselbstverwaltung letztverantwortlichen Gemeinderat, ist der Landes(verfassungs-)gesetzgeber als Gemeindeorganisationsgesetzgeber ohne ausdrückliche bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung eben nicht ermächtigt, diese Verantwortlichkeit durch eine Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates gegenüber dem Gemeindevolk zu ersetzen.

Im übrigen kommt eine solche Ermächtigung auch unter Bedachtnahme der Bestimmung des Art 117 Abs 8 B-VG nicht in Frage. Denn, wie der VfGH auf der Grundlage der Gesetzesmaterialien (446 BlgNR XVII. GP, 7) ausdrücklich ausführt, kann diese Bestimmung über die direkt-demokratische Teilnahme und Mitwirkung des Gemeindevolkes an der Besorgung der Gemeindeaufgaben weder die unmittelbare Wahl (VfSlg 13500/1993) noch - folgerichtig - den 'contrarius actus' (hier: Abwahl) von Gemeindeorganen decken.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß eine - dem Art 60 Abs 6 B-VG nachgestaltete - landes(verfassungs-)gesetzliche Regelung der politischen Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates jedenfalls Art 118 Abs 5 B-VG widerspricht. Mangels bundesverfassungsgesetzlicher Ermächtigung des Gemeindeorganisationsgesetzgebers zur Abänderung der bundesverfassungsrechtlichen Grundsätze der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane erweisen sich § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR und § 45 Sbg GdO daher verfassungswidrig.

b) Aber auch bei Berücksichtigung, daß in der Lehre verschiedentlich (zB Petz, Gemeindeverfassung 1962, 1965, 123) die Ansicht vertreten wird, daß es sich bei der Verantwortlichkeit iSd Art 118 Abs 5 B-VG nur um eine 'rechtliche', nicht aber auch 'politische Verantwortlichkeit' handle, kommt man zu demselben Ergebnis:

Den Erl der RV zur B-VG-Nov 1962 (139 BlgNR IX. GP) ist tatsächlich kein Hinweis zu entnehmen, welcher Begriff der Verantwortlichkeit dem Art 118 Abs 5 B-VG zugrundeliegt. Auch eine Wortinterpretation ergibt lediglich, daß die verantwortlichen Organe - wie etwa der Bürgermeister - dem Gemeinderat Rechenschaft schulden. Naheliegend aus der historischen Perspektive scheint aber zunächst, daß Art 118 Abs 5 B-VG inhaltlich an den älteren ArtXIII RGG anschließen wollte, wonach 'der Gemeindevorstand für seine Amtshandlungen der Gemeinde (...) verantwortlich' war. Denn zum Zeitpunkt der B-VG-Nov 1962 fanden sich in den Gemeindeordnungen entsprechende einfachgesetzliche Ausführungen zu ArtXIII RGG. Ausdrücklich wurde zB in den Erl zu § 44 Sbg GdO ausgeführt, daß sein Abs 1 über die 'Verantwortung' des Bürgermeisters 'dem geschützten ArtXIII RGG' entspricht (30 Blg 2. Sess. 3 WP., RV zur GdO 1956, LGBl 54/1956; abgedruckt bei: Giese/Huber, Salzburger Gemeindeordnung 1994, 1995, 308). Allerdings hat es sich beim Regelungsgegenstand des ArtXIII RGG um eine zivilrechtliche Haftung des Bürgermeisters gegenüber der Gemeinde gehandelt, was in anderen Gemeindeordnungen auch durch eine synonyme Verwendung der Begriffe 'verantwortlich' und 'haftbar' ersichtlich wird (vgl unter der Überschrift 'Verantwortlichkeit' des Bürgermeisters gemäß § 61a Bgld GemO 1927: 'Der Bürgermeister ist für seine Amtshandlungen der Gemeinde haftbar (...). Durch diese Verantwortlichkeit des Bürgermeisters wird jedoch die Haftung der übrigen Gemeindeorgane und der Gemeindeangestellten für die unterlassene oder nicht gehörige Vollziehung der ihnen übertragenen Geschäfte nicht aufgehoben'; abgedruckt bei:

Fritzer, Das österreichische Gemeinderecht, Bd 1, 1950, 225).

Ein solches Verständnis des Art 118 Abs 5 B-VG muß jedoch schon aus systematischen Gesichtspunkten abgelehnt werden, weil zum Zeitpunkt der B-VG-Nov 1962 in Art 23 Abs 2 B-VG eine solche zivilrechtliche Verantwortlichkeit ohnedies bundesverfassungsrechtlich bereits geregelt war. Die systematische Interpretation kann vielmehr belegen, daß das B-VG mit dem Begriff 'Verantwortlichkeit' immer eine rechtliche Verantwortlichkeit für Gesetzes-, Verordnungs- und Weisungsverletzungen anspricht (vgl Art 68 Abs 1, 76 Abs 1 B-VG). Andere Verantwortlichkeiten - wie beispielsweise die politische Verantwortlichkeit von Verwaltungsorganen - haben jeweils eine gesonderte bundesverfassungsrechtliche Regelung erfahren (Art60 Abs 6, Art 74 Abs 1 B-VG). Insbesondere bei der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters erscheint ein Verständnis der Verantwortlichkeit als rechtliche Verantwortlichkeit naheliegend, weil auch in Art 119 Abs 2 und 4 B-VG auf eine rechtliche Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber den übergeordneten Organen im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde abgestellt wird. Letztlich weist auch eine teleologische Interpretation des Art 118 Abs 5 B-VG in dieselbe Richtung. Denn der Bürgermeister ist dem Gemeinderat verantwortlich, der selbst wiederum einer 'rechtlichen Letztverantwortung' gegenüber der Gemeindeaufsicht unterliegt (vgl zur Auflösung des Gemeinderates Art 119a Abs 7 B-VG und seine Ausführung in § 89 Sbg GdO bzw § 79 Sbg StR).

Versteht man die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat aber ausschließlich als rechtliche Verantwortlichkeit, würde die Regelung der 'politischen Verantwortlichkeit' dem grundsatzfreien Raum der Gemeindeorganisation zuzuordnen sein. Da aber aus dem 'Stillschweigen der Verfassung' im Bereich der Gemeindeselbstverwaltung nicht auf eine völlige Gestaltungsfreiheit zu schließen ist, kommen auch diesfalls die ... dem B-VG zugrundeliegenden Grundsätze der repräsentativen Demokratie voll zum Tragen. Denn 'die Gemeindeorgane (sind) nach demokratischen Grundsätzen gebildet und eingerichtet' (vgl 639 BlgNR IX. GP, 15). Entsprechend wäre auch bei einer Unterscheidung hinsichtlich der rechtlichen und - grundsatzfreien - politischen Verantwortlichkeit landes(verfassungs-)gesetzlich vorzusehen, daß - mangels ausdrücklicher, vom Grundkonzept abweichender Festlegung (zB Art 60 Abs 6 B-VG) - der Bürgermeister (und die übrigen Gemeindeorgane) dem Gemeinderat als allgemeinem Vertretungskörper politisch verantwortlich sind. Daher erwiesen sich auch bei einer Differenzierung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene die verfahrensgegenständlichen Bestimmungen des § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR und § 45 Sbg GdO als verfassungswidrig.

4. Die verfahrensgegenständlichen Regelungen der politischen Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates im landes(verfassungs-)gesetzlichen Gemeindeorganisationsrecht sind aber sogar dann als verfassungswidrig zu erkennen, wenn man eine weiterreichende und daher nicht - VfSlg 13500/1993 folgend (siehe oben 3a) und b))- vom demokratischen Grundkonzept der Bundesverfassung eingeschränkte Gestaltungsfreiheit des Landes(verfassungs-)gesetzgebers bei der 'Abwahl des Bürgermeisters und des Gemeinderates' annimmt (vgl Muzak, Verfassungsrechtliche Probleme der Direktwahl des Bürgermeisters, ÖGZ 5/96, 3f). Denn eine Verfassungswidrigkeit der landes(verfassungs-)gesetzlichen Ausführungsgesetze zur Gemeindeorganisation besteht auch dann, 'wenn die Gemeinderechtsgrundsätze nicht vollständig ausgeführt werden oder durch die Ausführungsgesetze die Grundsätze in ihrer rechtlichen Wirkung eingeschränkt werden' (Neuhofer, Handbuch des Gemeinderechts, 1972, 21; in diesem Sinn: VfSlg 5415/1966):

Im systematischen Zusammenhang des Sbg StR und der Sbg GdO zeigt sich, daß der Landes(verfassungs-)gesetzgeber unverändert gemäß § 41 Abs 3 Sbg StR ('Der Bürgermeister ist für die Erfüllung seiner dem eigenen Wirkungsbereich der Stadt zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich') und § 44 Abs 1 Sbg GdO ('Der Bürgermeister ist für sein Verhalten verantwortlich a) im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde: der Gemeindevertretung;(...)') am bundesverfassungsgesetzlichen Grundsatz festhält, daß der Bürgermeister für die Erfüllung seiner dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben 'dem Gemeinderat verantwortlich' ist (Art118 Abs 5 B-VG). Da aber in der Folge keine entsprechende rechtliche Möglichkeit vorgesehen wird, die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters durch den Gemeinderat selbständig (und ohne Volksabstimmung) durchzusetzen, wird Art 118 Abs 5 B-VG nicht vollständig ausgeführt. Darüber hinaus wird durch die bestehende Regelung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates der Grundsatz der Verantwortlichkeit iSd Art 118 Abs 5 B-VG jedenfalls in seiner rechtlichen Wirkung ausdrücklich beschränkt. Denn leitet der Gemeinderat auf Grund des Vertrauensverlustes oder einer Pflichtverletzung des Bürgermeisters das Verfahren zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit ein und bestätigt das Gemeindevolk - trotz Vertrauensverlustes bzw Pflichtverletzung - den Bürgermeister, gilt der Gemeinderat ex lege als aufgelöst (§25 Abs 4 vierter Satz Sbg StR; § 45 Abs 3 vierter Satz Sbg GdO). Auch aus dem Blickwinkel dieser Betrachtung erweisen sich § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR und § 45 Sbg GdO, insbesondere aber die ex-lege-Auflösung des Gemeinderates gemäß § 25 Abs 4 vierter bis achter Satz Sbg StR; § 45 Abs 3 vierter bis achter Satz Sbg GdO als verfassungswidrig (vgl ähnlich Muzak, Verfassungsrechtliche Probleme der Direktwahl des Bürgermeisters, ÖGZ 5/96, 3f).

5. Abgesehen von diesen verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich aus den bundesverfassungsrechtlichen Organisationsgrundsätzen herleiten, widersprechen die Regelungen des § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR und § 45 Sbg GdO aber auch dem Gleichheitssatz (Art7 B-VG). Denn sowohl nach § 21 Abs 1 Sbg StR als auch § 35 Abs 1 Sbg GdO wird der Bürgermeister nach der Salzburger Gemeindewahlordnung 1974 iVm Art 53 Abs 2 Sbg L-VG nur dann 'von der Gesamtheit der Wahlberechtigten ... unmittelbar gewählt, soweit darin nicht die Wahl durch den Gemeinderat vorgesehen ist'. Weiterhin ist eine Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat vorgesehen (§2 Abs 2 Sbg GWO), wenn


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-
ein Bürgermeister im fünften Jahr der Amtsperiode aus dem Amt scheidet oder in dieser Zeit seines Amtes für verlustig erklärt wird (§4 Abs 3 litb Sbg GWO);
-
kein gültiger Wahlvorschlag für die Wahl des Bürgermeisters überreicht wurde (§44 Abs 7 Sbg GWO);
-
der zum Bürgermeister gewählte Bewerber kein Mandat zur Gemeindevertretung zugewiesen erhalten hat (§82a Abs 5 iVm Abs 1 lita Sbg GWO);
-
im Falle nur eines Wahlvorschlages mindestens die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf 'Nein' lautet (§82a Abs 5 iVm § 70 Abs 3 Sbg GWO);
-
beide Bewerber für die Wahl des Bürgermeisters darauf verzichten, sich der engeren Wahl zu stellen oder vor dem Tag der engeren Wahl sterben und kein Ersatzvorschlag eingebracht wird (§82b Abs 6 Sbg GWO);
-
die engere Wahl in Form einer Abstimmung über einen Bewerber für die Wahl des Bürgermeisters durchgeführt wird und dieser nicht mehr als die Hälfte an Ja-Stimmen erreicht (§82b Abs 8 Sbg GWO).

Da die Neuregelung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates maßgeblich damit begründet wird, daß 'es undenkbar ist, daß im Rahmen der politischen Verantwortlichkeit ein vom Volk unmittelbar gewähltes Organ seines Amtes endgültig verlustig erklärt werden kann' (165 Blg Sten.Prot. 4. Sess. 11. GP, S. 6), hätte der Gemeindeorganisationsgesetzgeber - aus Gründen der Sachlichkeit - bei einer Bestellung des Bürgermeisters durch den Gemeinderat auch an der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat festhalten müssen. Da die Bestimmungen des § 25 Abs 3 bis 5 Sbg StR und § 45 Sbg GdO in dieser Hinsicht nicht entsprechend differenzieren, wird Ungleiches in der Bestellung des Bürgermeisters gleich in der Abberufung des Bürgermeisters behandelt. Mangels Berücksichtigung des Gebotes differenzierender Regelung (Art7 B-VG, vgl Öhlinger, Verfassungsrecht, 3. Aufl., 1997, 306; vgl VfSlg 12641/1991) erweisen sich die verfahrensgegenständlichen Bestimmungen auch aus diesem Grunde verfassungswidrig."

4. Die Salzburger Landesregierung erstattete zum vorliegenden Antrag eine Äußerung, in der sie beantragt, dem Anfechtungsantrag keine Folge zu geben. Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Zur Antragslegitimation:

...

Nach § 62 Abs 1 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 ... hat ein Gesetzesprüfungsantrag ein spezifiziertes Aufhebungsbegehren zu enthalten; das Begehren hat demnach auf Aufhebung des Gesetzes oder einzelner Bestimmungen davon zu lauten, und nicht etwa auf Gesetzesprüfung (VfSlg 12593) oder auf Feststellung, daß die angefochtenen Bestimmungen aufzuheben sind. Auch kennt das VfGG keinen solchen Ausspruch des VfGH, wie ihn die Antragsteller stellenweise begehren. Nach § 64 Abs 1 VfGG hat das Erkenntnis nämlich auszusprechen, ob der ganze Inhalt des Gesetzes oder bestimmte Stellen als verfassungswidrig aufgehoben werden. Ein Antrag, dem ein spezifiziertes Aufhebungsbegehren fehlt, leidet an einem nicht behebbaren inhaltlichen Mangel (s zB VfSlg 9756), was zur Zurückweisung des Antrages führt. Der ... Antrag dürfte aber das Formerfordernis einer ausreichenden Antragstellung erfüllen.

...

Zur Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen:

Die Salzburger Landesregierung vertritt die Auffassung, daß die angefochtenen Bestimmungen des Salzburger Stadtrechtes 1966 sowie der Salzburger Gemeindeordnung 1994 nicht verfassungswidrig sind. Sie widersprechen insbesondere nicht dem Art 118 Abs 5 B-VG und sehen daher kein verfassungswidriges Modell der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane Bürgermeister und Gemeinderat vor. Weiters sind die angefochtenen Bestimmungen auch nicht gleichheitswidrig.

Allgemeines zu Art 118 Abs 5 B-VG:

Nach Art 118 Abs 5 B-VG sind der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich. Daraus ergeben sich nach der bisherigen Rechtsprechung und Lehre zwei wesentliche Einsichten:

Im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde muß der Gemeinderat als oberstes Organ der Gemeinde konzipiert sein (s Ringhofer, Die Österreichische Bundesverfassung, 1977, 364; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, 450; VwSlgNF 12.123A; ). Das bedeutet auch, daß dem Gemeinderat eine Weisungsbefugnis gegenüber den ihm so nachgeordneten anderen Organen zusteht (s insb ).

Die Stellung des Gemeinderates als oberstes überwachendes Organ in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches bedingt weiter, daß der Landesgesetzgeber entsprechende Mittel vorsieht, daß der Gemeinderat diese Funktion wahrnehmen kann. Als solche Mittel kommen entsprechende Kontrollmittel, wie Interpellationsrecht, finanzielle Kontrolle und letztlich auch die Möglichkeit der Absetzung der ihm verantwortlichen Organe durch ein Mißtrauensvotum in Betracht (vgl Ringhofer, Bundesverfassung, 364, der ausdrücklich darauf hinweist, daß es im Belieben des Landesgesetzgebers steht, auf welche Art er den Gemeinderat als oberstes Organ im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde konzipiert; auch nach R. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, System, 1972, sind die Auswirkungen der Verantwortlichkeit nach Art 118 Abs 5 B-VG, 'insbesondere die Fälle des Amtsverlustes und das dazu führende Verfahren', in den entsprechenden Gemeindeordnungen zu regeln.).

Die Verantwortlichkeit gemäß Art 118 Abs 5 B-VG bezieht sich ausdrücklich nur auf den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (vgl auch Gallent, Politische, straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Gemeindeorganen, GdZ 1988, H 8, 5, der dies besonders betont und Regelungen, die das Fragerecht der Mitglieder des Gemeinderates auch auf Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches beziehen, für systemwidrig und sogar für verfassungsrechtlich bedenklich erachtet.).

Der VfGH hat bekanntlich vor der B-VG-Novelle 1994, BGBl Nr 504, aus Art 118 Abs 5 B-VG die Unzulässigkeit der Direktwahl des Bürgermeisters abgeleitet (... VfSlg 13500). Nach Auffassung des VfGH kommt im Art 118 Abs 5 B-VG im Zusammenhang mit jenen Verfassungsnormen, die die zentrale Stellung des Gemeinderates in der Gemeindeselbstverwaltung zum Ausdruck bringen, auch eine wesentliche Systementscheidung zum Ausdruck:

'Wenn die Bundesverfassung nämlich zum einen dem Gemeinderat organisatorisch und funktionell die zentrale Stellung in der Gemeindeselbstverwaltung zuweist ... und zum anderen in Art 118 Abs 5 B-VG für alle anderen Gemeindeorgane eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat festgelegt wird, so ist damit ein bestimmtes demokratisch-parlamentarisches System der Gemeindeselbstverwaltung konstituiert. Die Bestellung des Bürgermeisters unter Ausschaltung des Gemeinderates verletzt dieses System; sie verändert, ja entleert weitgehend den Begriff der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat und schafft ein duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes Organisationssystem, indem sie den Bürgermeister neben dem Gemeinderat als ein weiteres direkt vom Gemeindevolk gewähltes, sohin unmittelbar demokratisch legitimiertes, mit dem Gemeinderat daher in dieser Weise nicht mehr verbundenes Organ einrichtet. Das parlamentarisch-demokratische System der Gemeindeselbstverwaltung wird durch ein sowohl aus Elementen des parlamentarisch-demokratischen Systems als auch aus Elementen eines Systems direkt-demokratisch legitimierter monokratischer Leitung bestehendes neues System ersetzt. Ein solcher Systemwechsel ist aber ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig ...'.

Zur Bedeutung des Art 118 Abs 5 B-VG nach Einführung der Bürgermeister-Direktwahl im Land Salzburg:

Mit der B-VG-Novelle 1994, BGBl Nr 504, wurde eine ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung geschaffen, um den vom VfGH beschriebenen Systemwechsel vornehmen zu können. Nach Art 117 Abs 6 zweiter Satz B-VG kann in der Landesverfassung vorgesehen werden, daß die Staatsbürger, die zur Wahl des Gemeinderates berechtigt sind, den Bürgermeister wählen. Damit wird der Landesverfassungsgesetzgeber ausdrücklich ermächtigt, jenen Systemwechsel vorzunehmen. Von dieser Ermächtigung wurde im Land Salzburg Gebrauch gemacht. Das Landesverfassungsgesetz vom , LGBl Nr 84, mit dem das Landes-Verfassungsgesetz 1945 geändert wird, bestimmt durch eine Anfügung eines Art 53 im L-VG 1945 ua, daß der Bürgermeister grundsätzlich von den in der Gemeinde wahlberechtigten Landesbürgerinnen und Landesbürgern gewählt wird.

Mit der Ermächtigung zu einem solchen Systemwechsel ist zwingend auch eine Änderung der Bedeutung des Art 118 Abs 5 B-VG verbunden. Mit der Bürgermeister-Direktwahl wird nämlich zweifellos ein 'duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes Organisationssystem ...' geschaffen und der Begriff der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat erheblich modifiziert. Dies gilt ungeachtet dessen, daß Art 118 Abs 5 B-VG durch die B-VG-Novelle 1994 nicht geändert wurde, aus folgenden Gründen: Erstens behält Art 118 Abs 5 B-VG seine volle Bedeutung, wenn der Bürgermeister vom Gemeinderat gewählt wird (s Art 117 Abs 6 erster Satz B-VG). Zweitens: Art 118 Abs 5 B-VG wird auch bei einer Direktwahl des Bürgermeisters nicht vollständig seiner Bedeutung entleert. Die in früherer Lehre und Rechtsprechung p r i m ä r aus Art 118 Abs 5 B-VG herauszulesende Stellung des Gemeinderates als oberstes Organ im eigenen Wirkungsbereich ... kann aufrecht bleiben. Entgegen den Ausführungen der Antragsteller ... soll nach dem Bericht des Verfassungsausschusses bloß 'im übrigen ... nichts am

verfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen Bürgermeister und den anderen Organen geändert werden' (s 1642 BlgNR, XVIII. GP, 1). 'Im übrigen' heißt, daß ansonsten, nämlich außer in dem Fall, daß die Bürgermeister-Direktwahl eingeführt wird, was Rückwirkungen auf das Verhältnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderat hat, nichts an jenem Verhältnis geändert werden soll. Außerdem kann mit 'im übrigen' auch die Stellung des Gemeinderates als oberstes Organ der Gemeindevollziehung im eigenen Wirkungsbereich unabhängig von der Einführung der Bürgermeister-Direktwahl angesprochen sein.

Im Bericht des Verfassungsausschusses (1642 BlgNR, XVIII. GP, 1) wird weiter ausgeführt, daß jene Systementscheidung, die bisher vom Bundesverfassungsgesetzgeber zu treffen war, in Zukunft in die Kompetenz des Landesverfassungsgesetzgebers fällt. Es ist nun aber denkunmöglich, daß jene Systementscheidung vorgenommen wird, ohne daß Art 118 Abs 5 B-VG eine Änderung seiner Bedeutung erfahren hat. Wäre dies nämlich möglich, so hätte Art 118 Abs 5 B-VG nie die verfassungsdogmatische Begründung für die Unzulässigkeit der Bürgermeister-Direktwahl ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung darstellen können! Was schließlich den aus der Feststellung des Verfassungsausschusses in bezug auf Art 20 Abs 3 letzter Satz B-VG gezogenen Schluß der Antragsteller betrifft, so ist zu entgegnen, daß eine Ausschußfeststellung weder einen eindeutigen Verfassungstext (so auch Muzak, Verfassungsrechtliche Probleme der Direktwahl des Bürgermeisters, GdZ 1996, H 5, 8) noch ein Faktum, nämlich die tatsächliche Änderung der Bedeutung des Art 118 Abs 5 B-VG durch die vorgenommene Systementscheidung, zu ändern vermag. Bei dieser Argumentation handelt es sich weiter um eine Interpretation des Willens des Gesetzgebers, was an sich schon bedenklich ist. Dazu kommt, daß die Ausführungen im Bericht des Verfassungsausschusses den von den Antragstellern gewollten Willen des Verfassungsgesetzgebers gar nicht belegen. Im Gegenteil: Die Systementscheidung (worin sie besteht s VfSlg 13500) soll vom Landesverfassungsgesetzgeber getroffen werden, und soll bloß 'im übrigen' nichts am verfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen dem Bürgermeister und den anderen Organen geändert werden.

Davon, daß mit der Einführung der Bürgermeister-Direktwahl auch Art 118 Abs 5 B-VG eine jedenfalls veränderte Bedeutung erhalten hat, geht auch Novak (Bürgermeister-Direktwahl, 1995, 45) aus:

'Was die politische Verantwortlichkeit des Bürgermeisters bzw die Umwandlung des traditionellen Mißtrauensvotums in eine Amtsenthebung durch Volksabstimmung auf Initiative des Gemeinderates in Kärnten, Burgenland und Salzburg anlangt, so spricht einiges dafür, daß sie - spätestens jetzt - als verfassungsrechtlich gedeckt zu betrachten sind. Zwar hat die B-VG-Novelle BGBl Nr 1994/504 den Art 118 Abs 5 B-VG völlig unverändert belassen. Andererseits aber steht der Absetzungs-Volksentscheid mit der Volkswahl des Bürgermeisters in engster rechtssystematischer Wechselbeziehung. Das Problem ist zudem ein springender Punkt der Direktwahldiskussion gewesen. Schließlich hat der VfGH selbst im Erk , G75/93, wesentlich auf Art 118 Abs 5 B-VG abgestellt. Und darauf hat wiederum der Verfassungsgesetzgeber mit der Novelle 1994 reagiert; bewußt reagiert. Die 'Antwort' mag unvollkommen ausgefallen sein. Indessen müßte das grundsätzliche Bekenntnis zur Direktwahl doch den letzten Ausschlag gegeben haben.'

Demgegenüber würdigt Muzak bei der Erörterung der Frage, inwieweit Art 118 Abs 5 B-VG einer Absetzung des Bürgermeisters durch Volksentscheid entgegensteht, die aus Art 118 Abs 5 B-VG vom VfGH in VfSlg 13500 gewonnene Begründung gar nicht. Seine Schlußfolgerungen, wonach Art 118 Abs 5 B-VG Regelungen über eine Absetzung des Bürgermeisters durch die Gemeindebürger Schranken setze und derartige Bestimmungen nur unter der Voraussetzung zulässig wären, daß dem Gemeinderat die Zuständigkeit zukomme, über die Durchführung der Volksabstimmung zu entscheiden, und außerdem dem Gemeinderat die Kompetenz eingeräumt werden müsse, auch ohne Volksentscheid eine Beendigung der Amtsperiode des Bürgermeisters herbeizuführen (Muzak, Verfassungsrechtliche Probleme der Direktwahl des Bürgermeisters, GdZ 1996, H 5, 6), vermögen nicht zu überzeugen. Muzak argumentiert nur mit dem Wortlaut des Art 118 Abs 5 B-VG (sowie des Art 117 Abs 6 B-VG, der nur von der Wahl und nicht auch von der Absetzung des Bürgermeisters spreche) sowie damit, daß dem positiven Recht ein allgemeiner Grundsatz fremd sei, wonach die Abberufung eines Organs immer in der Weise zu erfolgen hätte wie seine Kreation. Zu letzterem sei nur angemerkt, daß im Gegenstand nicht lapidare Kreations- und Abberufungsfragen wesentlich sind, sondern den Angelpunkt eine Verfassungsnorm bildet, die über die Verantwortlichkeit eines Organs gegenüber einem anderen Organ Grundlage für Rückschlüsse auf die Kreation des verantwortlichen Organs ist und die ihre Funktion dann weitgehend einbüßt, wenn die Kreation durch eine andere Verfassungsnorm ausdrücklich nicht mehr in der Weise erfolgen soll und muß, die gerade dieser Verfassungsnorm unterstellt worden ist.

Art 118 Abs 5 B-VG steht den angefochtenen Bestimmungen nicht entgegen:

Zunächst wird darauf hingewiesen, daß nach den angefochtenen Bestimmungen jeweils eine Verantwortlichkeit des Bürgermeisters dem Gemeinderat gegenüber gegeben ist. Diese besteht darin, daß einer Bürgerabstimmung über die Abberufung des Bürgermeisters sowohl nach § 25 Abs 3 des Salzburger Stadtrechtes 1966 als auch nach § 45 Abs 2 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 ein Mißtrauensausspruch des Gemeinderates voranzugehen hat. Die Initiative hat also immer vom Gemeinderat auszugehen. Zur Verantwortlichkeit des Bürgermeisters dem Gemeinderat gegenüber tritt - aufgrund der Direktwahl - die Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeindevolk (vgl § 45 Abs 1 erster Satz der Salzburger Gemeindeordnung 1994: 'Der Bürgermeister stützt seine Amtsführung auf das Vertrauen der Wahlberechtigten in der Gemeinde und der Gemeindevertretung.').

Bereits vor VfSlg 13500 wurde in der Lehre - ausgehend von der Zulässigkeit der Bürgermeister-Direktwahl - die Frage behandelt, inwieweit Art 118 Abs 5 B-VG Regelungen über die Abberufung eines direkt gewählten Bürgermeisters entgegensteht. Diese Lehrmeinungen behalten mit der B-VG-Novelle 1994 auch nach dem Erk VfSlg 13500 noch ihren Wert (so auch Novak, Bürgermeister-Direktwahl, 12, bezogen auf die Lehrmeinungen zu Art 118 Abs 5 B-VG, 21 f).


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Rack (Zur Direktwahl des Bürgermeisters, GdZ 1986, H 12, 8) weist vorab darauf hin, daß der verfassungsrechtliche Verantwortlichkeitsbegriff zwar ohne Frage durch Einrichtungen wie das Mißtrauensvotum, die Ministeranklage etc mit konkreten Inhalten angereichert, aber mit diesen Einrichtungen nicht zur Gänze bedeutungsident ist und Verantwortlichkeit auch mit anderen Rechtsinstituten konkretisiert werden kann. Die Amtsenthebung des Bürgermeisters durch Mißtrauensvotum des Gemeinderates für den Fall, daß der Bürgermeister durch den Gemeinderat gewählt wurde, ist nach Rack eine durchaus vernünftige Lösung. Daß der Gemeinderat einen vom Volk gewählten Bürgermeister durch Mißtrauensvotum aus dem Amt entfernen kann, sei allerdings nicht in gleicher Weise durch das Argument der Sachgerechtigkeit präjudiziert.

'Vernünftig, das heißt, von der Sache her geboten, wäre in diesem Fall wohl eher die Forderung nach einem contrarius actus, für das Amt des Bundespräsidenten etwa in der Form der Volksabstimmung zur Absetzung des Bundespräsidenten auch von Verfassungs wegen modellhaft vorgegeben.' (GdZ 1986, H 12, 8, auch unter Hinweis auf Petz, Gemeindeverfassung 1962, 124; ...)

Mit diesem Hinweis auf Art 60 Abs 6 B-VG sei auch bereits eine weitere mögliche Lösung des Problems angesprochen (Rack).


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Auch Stolzlechner (Die Bürgermeister-Direktwahl - eine Möglichkeit zur Verlebendigung der Gemeindedemokratie?, GdZ 1989,
H 10, 24) befaßt sich mit der Frage, ob Art 118 Abs 5 B-VG die Geltendmachung der Verantwortlichkeit durch das Gemeindevolk (eventuell gemeinsam mit dem Gemeinderat) ausschließt. Er verneint dies und meint, daß neben der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat, die aufgrund der klaren Verfassungsnorm nicht beseitigt werden darf, auch eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeindevolk bundesverfassungskonform vorgesehen werden kann. Stolzlechner erachtet es ausdrücklich für zulässig, dem Gemeinderat ein Antragsrecht auf Einleitung einer Volksabstimmung über die Absetzung eines direkt gewählten Bürgermeisters einzuräumen (Stolzlechner, GdZ 1989, H 10, 26).

Aus den Lehrmeinungen nach dem Erk VfSlg 13500 ist nochmals ausdrücklich auf Novak und ferner auf Muzak Bezug zu nehmen.


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Novak bezieht in seine Überlegungen auch die Frage ein, ob und inwieweit dem Art 117 Abs 6 B-VG eine interpretativ-'ausstrahlende' Wirkung auf die übrigen, an sich unveränderten Vorschriften zugemessen werden darf (Novak, Bürgermeister-Direktwahl, 14). Er bejaht dies schließlich in bezug auf Art 118 Abs 5 B-VG, wenn er auf 'interpretativem Weg' annimmt, 'daß die Wahrnehmung der politischen Verantwortlichkeit des direkt gewählten Bürgermeisters durch einen vom Gemeinderat veranlaßten Volksentscheid nunmehr verfassungsrechtlich gedeckt ist' (Novak, 57). Er differenziert dabei nicht zwischen den Regelungen in den einzelnen Ländern, sondern betrachtet - wie bereits ausgeführt - ausdrücklich die Regelungen 'in Kärnten, Burgenland und Salzburg' ... als 'verfassungsrechtlich gedeckt'. Es ist abermals zu betonen, daß die Begründung hiefür nach Novak in der 'engsten rechtssystematischen Wechselbeziehung' des Absetzungs-Volksentscheides mit der Volkswahl des Bürgermeisters sowie in der auf Art 118 Abs 5 B-VG abgestellten verfassungsdogmatischen Begründung im Erk VfSlg 13500 liegt. Auf dieses Erk hat der Verfassungsgesetzgeber bewußt reagiert und müßte das grundsätzliche Bekenntnis zur Direktwahl den letzten Ausschlag gegeben haben (Novak, 45). Interpretative 'Fernwirkungen' auf andere Bestimmungen als Art 118 Abs 5 B-VG schließt Novak allerdings aus, weil andere Fragen für die Konstruktion der Direktwahl zwar mitbestimmend sind, aber für sich genommen eher Randerscheinungen bilden und verglichen mit der Verantwortlichkeit schwächer verfassungsrechtlich präformiert und stärker einfachgesetzlich disponibel sind.


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Wie bereits ... ausgeführt, übersieht hingegen Muzak (GdZ 1996, H 5, 6) die vom VfGH aus Art 118 Abs 5 B-VG gewonnene tiefere Begründung der Unzulässigkeit der Bürgermeister-Direktwahl. Ein stures Festhalten am Wortlaut des Art 118 Abs 5 B-VG kann aber dann nicht überzeugen, wenn eine andere Verfassungsnorm (nämlich Art 117 Abs 6 B-VG in der Fassung der Novelle 1994) dem Art 118 Abs 5 B-VG in seiner früheren vollen Bedeutung (vgl VfSlg 13500) geradezu widerspricht.

Die Ausführungen von Novak sind überzeugend und stimmen mit der hier vertretenen Auffassung überein... Auch der Salzburger Landesgesetzgeber geht von einer durch die Einführung der Bürgermeister-Direktwahl veränderten Bedeutung des Art 118 Abs 5 B-VG aus, worin - entgegen den Ausführungen der Antragsteller ...


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die 'verfassungsdogmatische' Begründung für die Zulässigkeit der Neuregelung der Abberufung des Bürgermeisters liegt:

'Verfassungsrechtlich ist einerseits darauf hinzuweisen, daß das Bundes-Verfassungsgesetz ein solches Modell für den Fall kennt, daß die politische Verantwortung eines vom Volk direkt gewählten Organs von einem anderen Staatsorgan geltend gemacht wird (s ... Art 60 B-VG ... betreffend die Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten gegenüber der Bundesversammlung mit Auflösung des Nationalrates, wenn die Volksabstimmung zugunsten des Bundespräsidenten ausgeht). Es ist undenkbar, daß im Rahmen der politischen Verantwortlichkeit ein vom Volk unmittelbar gewähltes Organ durch ein anderes, wenn auch gleichfalls direkt gewähltes Organ seines Amtes endgültig verlustig erklärt werden kann. In einem solchen Fall ist der Wähler berufen, eine Entscheidung zu treffen. Ein solches Modell ist nach Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters durch die B-VG-Novelle BGBl Nr 504/1994 als mit Art 118 Abs 5 B-VG vereinbar anzusehen ...' (165 BlgLT, 4. Sess, 11. GP).

Wie bereits ... ausgeführt, hat der Landesverfassungsgesetzgeber den Wechsel von einem ausschließlich repräsentativ-parlamentarischen System hin zu einem direkt-demokratischen vollzogen. Die zulässige direkt-demokratische Bestellung eines Organs steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit seiner Verantwortlichkeit. Ganz allgemein ist neben anderen Instrumenten wie Auskunfts- und Prüfungsrechte etc die Abberufung des Organs durch das Kreationsorgan ein wesentliches Instrument zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit. Für die Neuregelung der Geltendmachung der Verantwortlichkeit eines direkt gewählten Organs hat der Landesgesetzgeber in der Bundesverfassung das Modell des Art 60 Abs 6 B-VG vorgefunden.

Zum Vergleich: Art 60 Abs 6 B-VG:

Nach Art 60 Abs 6 B-VG kann der Bundespräsident vor Ablauf der Funktionsperiode durch eine Volksabstimmung abgesetzt werden, die durchzuführen ist, wenn die Bundesversammlung es verlangt. Einer Einberufung der Bundesversammlung hat ein Beschluß des Nationalrates mit qualifizierter Mehrheit voranzugehen. Die Ablehnung der Absetzung des Bundespräsidenten durch die Volksabstimmung gilt als dessen neue Wahl und hat die Auflösung des Nationalrates zur Folge. Das verfassungsrechtliche Verhältnis des Bundespräsidenten zum Nationalrat bzw zur Bundesversammlung sowie zum Bundesvolk zeigt Parallelen zum Verhältnis des direkt gewählten Bürgermeisters zum Gemeinderat sowie zum Gemeindevolk:

Der Bundespräsident ist, obwohl vom Bundesvolk gewählt, gemäß Art 68 B-VG der Bundesversammlung insofern rechtlich verantwortlich, als sie gegen ihn Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof erheben kann. Die politische Verantwortlichkeit besteht gegenüber dem Bundesvolk auf Initiative des Nationalrates und aufgrund Beschlusses der Bundesversammlung. Der Bürgermeister ist, obwohl vom Gemeindevolk gewählt, für die Erfüllung der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches gemäß Art 118 Abs 5 B-VG dem Gemeinderat verantwortlich. Die angefochtenen Bestimmungen des Salzburger Stadtrechtes 1966 sowie der Salzburger Gemeindeordnung 1994 belassen die politische Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat insofern, als die Initiative für eine Volksabstimmung zur Abberufung des Bürgermeisters vom Gemeinderat ergriffen werden muß. Es liegt in der Hand des Gemeinderates, die politische Verantwortung geltend zu machen. Dies allerdings nicht endgültig, wozu das Gemeindevolk, der eigentliche Träger des politischen Willens auf dieser Stufe der Demokratie, berufen ist. Durch die Konsequenz der Auflösung des Nationalrates im Fall der Bestätigung des Bundespräsidenten durch die Volksabstimmung kommt außerdem eine Verantwortung des Nationalrates gegenüber dem Bundesvolk zum Ausdruck, die ihrerseits nur dem Demokratieprinzip entspricht. Eine vergleichbare Verantwortung trägt der Gemeinderat gegenüber dem Gemeindevolk nach den angefochtenen Bestimmungen.

Nach Mayer (B-VG, Kurzkommentar, Anm II zu Art 60 Abs 6 B-VG) entspricht die im Art 60 Abs 6 B-VG geregelte politische Verantwortung des Bundespräsidenten gegenüber dem Bundesvolk 'dem Prinzip der Volkswahl'. Ringhofer (Bundesverfassung, 197f) kommentiert Art 60 Abs 6 B-VG wie folgt:

'... In der Initiative des Nationalrates kommt zum Ausdruck, daß er die Amtsführung des Bundespräsidenten mißbilligt, das Ergebnis der Volksabstimmung ist deshalb nicht allein ein Votum für oder gegen den Bundespräsidenten, es ist notwendig auch ein solches für oder gegen den Nationalrat. Das Volk hat zwischen den unterschiedlichen Auffassungen beider eine Wahl zu treffen. Konsequenterweise bestimmt Art 60 Abs 6 B-VG, daß ein für den Bundespräsidenten günstiges Ergebnis der Volksabstimmung nicht einfach dessen Weiterbelassung im Amt zur Folge hat. Weil in einem solchen Abstimmungsergebnis ein Vertrauensvotum für den Bundespräsidenten liegt, 'gilt es als neue Wahl' (des Bundespräsidenten), weil es aber gleichzeitig auch ein Mißtrauensvotum gegen den Nationalrat darstellt, bewirkt es darüber hinaus auch dessen (vorzeitige) Auflösung. Nicht allein der Bundespräsident, auch der Nationalrat unterliegt auf diese Weise der politischen Kontrolle durch das Volk: Indem er das Urteil des Volkes über die Amtsführung des Bundespräsidenten initiiert, stellt er sich gleichzeitig selbst diesem Urteil. Und das erklärt auch, warum der Nationalrat den Beschluß, womit eine Volksabstimmung zwecks Absetzung des Bundespräsidenten (bei der Bundesversammlung) beantragt wird, nach Art 60 Abs 6 B-VG nur mit qualifizierter Mehrheit - es ist ein Präsenzquorum von mindestens der Hälfte und ein Konsensquorum von zwei Dritteln der abgegeben Stimmen erforderlich - fassen kann.'

Die Überlegungen Ringhofers stimmen durchaus mit jenen des Landesgesetzgebers überein, die zu den angefochtenen Bestimmungen geführt haben:

'... Gleichzeitig liegt es politisch nahe, daß ein solches politisch herbeigeführtes Votum auch Auswirkungen auf das Organ hat, das das Mißtrauen ausgesprochen hat, sodaß es zur Volksabstimmung gekommen ist. Im Ausgang der Volksabstimmung für den Bürgermeister liegt auch ein Votum des Wählers gegen den Gemeinderat bzw die Mehrheit, die das Mißtrauen dem Bürgermeister gegenüber ausgesprochen hat. Diese Situation, der ja auch ein tiefes Zerwürfnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderatsmehrheit zugrundeliegt, verlangt nach einer Lösung, die nur darin bestehen kann, daß auch eine neue Wählerentscheidung über die Zusammensetzung des Gemeinderates herbeigeführt wird. Auf diese Weise wird die Basis dafür geschaffen, daß beide Organe wieder zum Wohl der Gemeinde und seiner Bürger gedeihlich zusammenarbeiten.' (165 BlgLT, 4. Sess, 11. GP)

Ringhofer hat es als konsequent bezeichnet, wenn nach Art 60 Abs 6 B-VG ein für den Bundespräsidenten günstiges Ergebnis der Volksabstimmung die Auflösung des Nationalrates nach sich zieht. Genauso konsequent sind die angefochtenen Regelungen, wonach ein für den Bürgermeister günstiges Ergebnis der Bürgerabstimmung die Auflösung des Gemeinderates nach sich zieht. Die verfassungsrechtliche Begründung für diese Regelung im Salzburger Stadtrecht 1966 sowie in der Salzburger Gemeindeordnung 1994 liegt letztlich im demokratischen Prinzip (Art1 B-VG). Wenn auch Art 1 B-VG primär eine programmatische Festlegung bedeutet und das Demokratieprinzip erst einen faßbaren normativen Gehalt insb durch die Regelungen über die Gesetzgebung im Zweiten und Vierten Hauptstück sowie über die Stellung des Bundespräsidenten im Dritten Hauptstück des B-VG gewinnt, hat doch der VfGH aus Art 1 B-VG unmittelbar etwa abgeleitet, daß auch für die Organe der durch Gesetz eingerichteten Selbstverwaltung eine demokratische Legitimation durch periodisch wiederkehrende Wahlen erforderlich ist (s VfSlg 8644, VfSlg 10306).

Aus dem demokratischen Bauprinzip läßt sich die Verantwortlichkeit aller durch Volkswahl berufenen Organe gegenüber dem Volk ableiten. Wenn nun für die Gemeindeorganisation ein duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes System geschaffen wird, indem sowohl der Bürgermeister als auch der Gemeinderat unmittelbar gewählt werden und daher der Bürgermeister mit dem Gemeinderat nicht mehr in dieser engen Weise wie bisher verbunden ist, so sind sowohl der Bürgermeister als auch der Gemeinderat unmittelbar dem Volk verantwortlich. Wird die Geltendmachung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters überhaupt geregelt und soll die Initiative dafür vom Gemeinderat ausgehen, so ist aufgrund der Verantwortlichkeit des Gemeinderates gegenüber dem Volk die Auflösung des Gemeinderates die Folge, wenn offensichtlich der Wille des Volkes und der Wille des Gemeinderates auseinanderklaffen. So gesehen sind die angefochtenen Bestimmungen im Licht eines veränderten Art 118 Abs 5 B-VG nicht nur zulässig, sondern erscheint die ex-lege-Auflösung des Gemeinderates aus Gründen des demokratischen Prinzips zumindest verfassungsrechtlich naheliegend, wenn nicht sogar geboten!

Schließlich sei daran erinnert, daß Art 60 Abs 6 B-VG mit der Verfassungsreform 1929 geschaffen wurde. Mit der Verfassungsreform 1929 wurde bekanntlich das vormalige radikal-parlamentarische System abgeschwächt und die Stellung des Bundespräsidenten im Verhältnis zum Parlament ua durch die Einführung der Volkswahl anstelle der Wahl durch die Bundesversammlung gestärkt. Damit einhergegangen ist die Einführung der Geltendmachung der politischen Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten vor Ablauf der Funktionsperiode durch die Bundesversammlung auf Initiative des Nationalrates mit der Entscheidung durch das Bundesvolk. Bis dahin bestand nur die staatsrechtliche Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten gegenüber dem Verfassungsgerichtshof auf Beschluß der Bundesversammlung (Anklage) nach Initiative des Nationalrates (Art68 des Bundes-Verfassungsgesetzes vom , in der Fassung des BGBl Nr 367 von 1925). Unter systematischen Gesichtspunkten ist die Einführung der Bürgermeister-Direktwahl und das daraus resultierende 'Zwei-Säulen-System' Bürgermeister-Gemeinderat durchaus mit der Verfassungsreform 1929 und dem damit geschaffenen 'Zwei-Säulen-System' Bundespräsident-Parlament vergleichbar.

Zum Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit:

Die Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat ist auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen entweder eine Direktwahl nicht möglich oder äußerst unzweckmäßig bzw äußerst unökonomisch ist. Auch in diesen Ausnahmefällen ist aber die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters sowie des Gemeinderates entsprechend dem durch die grundsätzliche Entscheidung des Landesverfassungsgesetzgebers (vgl Art 53 L-VG 1945) geschaffenen dualen System zu regeln. Einem - ausnahmsweise - vom Gemeinderat gewählten Bürgermeister muß dieselbe Stellung gegenüber dem Gemeinderat sowie dem Gemeindevolk zukommen wie einem direkt gewählten Bürgermeister. Mit der Einführung der Direktwahl des Bürgermeisters im Land Salzburg wurde eine grundsätzliche Systementscheidung getroffen, die auch für Ausnahmefälle, in denen der Bürgermeister dennoch vom Gemeinderat gewählt wird, nicht wieder rückgängig gemacht wird und nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Die Frage nach dem Gebot einer differenzierenden Regelung stellt sich hier nicht, weil die Regelung an der grundsätzlichen Entscheidung für ein duales System und nicht an 'Unterschieden im Tatsächlichen' gemessen werden muß! Selbst aber unter Heranziehung der Judikatur zum Gleichheitssatz entsprechen die angefochtenen Bestimmungen der allgemeinen Regel (Durchschnittsbetrachtung) und machen sog 'Härtefälle' das Gesetz nicht gleichheitswidrig."

5. Der Verfassungsgerichtshof hat auch die übrigen Landesregierungen und das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst eingeladen, sich zum vorliegenden Antrag zu äußern.

5.1. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst führt dazu Folgendes aus:

"Dem Begriff der Verantwortlichkeit im Sinne des Art 118 Abs 5 B-VG liegt ein bundesverfassungsrechtlich präformierter Begriffsinhalt zugrunde. Das B-VG verwendet den Begriff der Verantwortlichkeit immer im Sinne einer rechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. Art 68 Abs 1, 76 Abs 1, 103 Abs 3, 105 Abs 1 und 2 B-VG, die auf Art 142 (Abs2) B-VG als Maßstab der Verantwortlichkeit verweisen). Sofern eine darüber hinausgehende politische Verantwortlichkeit besteht, wird diese gesondert normiert (vgl. Art 60 Abs 6, 74 Abs 1 B-VG). Daß der bundesverfassungsrechtlich vorgegebene Begriffsinhalt der Verantwortlichkeit eine politische Verantwortlichkeit grundsätzlich nicht mitumfaßt, zeigt sich auch deutlich an Art 123 B-VG. Dessen Abs 1 stellt den Präsidenten des Rechnungshofes hinsichtlich der Verantwortlichkeit mit den Mitgliedern der Bundesregierung bzw. der Landesregierung gleich. Diese Anordnung umfaßt jedoch nicht die Abberufbarkeit gemäß Art 74 Abs 1 B-VG; diese wurde im Art 123 Abs 2 B-VG gesondert normiert.

Die im Rahmen der politischen Verantwortlichkeit des Bürgermeisters zu regelnde Frage seiner Abberufbarkeit fällt - innerhalb der durch die Art 115 bis 119a B-VG vorgegebenen Grundsätze - in die Zuständigkeit des Gemeindeorganisationsgesetzgebers (Art115 Abs 2 B-VG). Da der Bundesverfassungsgesetzgeber dazu keine ausdrücklichen Vorgaben trifft, ist der Landesgesetzgeber befugt, derartige Regelungen nach seinen Vorstellungen auszugestalten.

Eine Bindung des Gemeindeorganisationsgesetzgebers an das bundesverfassungsrechtliche Grundkonzept der repräsentativen Demokratie, wie es vom Verfassungsgerichtshof dem Erkenntnis VfSlg. 13500/1993 zugrunde gelegt wurde, ist hinsichtlich der Regelung dieser Frage nicht anzunehmen, da der Bundesverfassungsgesetzgeber mit der B-VG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 504, für den Bereich der Gemeinde von diesem Grundkonzept insoweit abgegangen ist. Im übrigen folgt diese Regelung dem Modell, das das B-VG für die Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten vorsieht.

Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß Art 118 Abs 5 B-VG eine über die rechtliche Verantwortlichkeit hinausgehende politische Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat normiert, dürfte ein Verantwortungsmodell, wie es der Salzburger Landesgesetzgeber vorsieht, dennoch nicht bundesverfassungswidrig sein. Die politische Verantwortlichkeit des Bürgermeisters besteht nämlich auch weiterhin primär gegenüber dem Gemeinderat, weil nur dieser - und nicht das Gemeindevolk selbst - die Abberufung des Bürgermeisters auslösen kann. Da das B-VG die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters nur grundsätzlich normiert, jedoch keine Vorschriften über die Art und das Verfahren ihrer Realisierung enthält, ist die nähere Ausgestaltung des Mißtrauensvotums bzw. die Entscheidung, ob ein solches überhaupt vorgesehen wird, als Angelegenheit, die in den Gestaltungsfreiraum des Landesgesetzgebers fällt, zu werten."

5.2.1. Die Burgenländische Landesregierung hat die folgende Äußerung erstattet.

"Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragsteller gehen inhaltlich im wesentlichen dahin, daß die 'Verantwortlichkeit' im Sinne des Art 118 Abs 5 B-VG jedenfalls auch die Amtsenthebung (Abwahl) des Bürgermeisters unmittelbar durch den Gemeinderat umfasse.

Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden.

Wie Rack (Zur Direktwahl des Bürgermeisters, ÖGZ 12/1986, S. 6 ff., hier S. 8) zutreffend ausführt, handelt es sich beim Ausdruck 'verantwortlich' um einen weitgehend unbestimmten Rechtsbegriff, wobei auch darauf hinzuweisen ist, daß das B-VG den Begriff 'Verantwortlichkeit' ausschließlich im Sinne der rechtlichen Verantwortlichkeit gebraucht und den Begriff der 'politischen Verantwortlichkeit' überhaupt nicht verwendet (s. Pernthaler, JBl. 1994, S. 249).

Es ist kein plausibler Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß die 'Verantwortlichkeit' im Sinne des Art 118 Abs 5 B-VG überhaupt das Erfordernis einer Möglichkeit zur Abberufung des Bürgermeisters - durch wen immer - zwingend einschließen müßte (in diesem Sinne etwa auch Petz, Gemeindeverfassung 1962 (1965), S. 124; Neuhofer, Handbuch des Gemeinderechts, 1972, S. 183;

Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 1972, S. 621;

Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1977, S. 364;

Moritz, Der Gemeinderat als sachlich in Betracht kommende oberste Behörde - ein Gebot der Bundesverfassung?, ZfV 1990, S. 1, hier S. 6). Der Landesgesetzgeber wird mit dieser Verfassungsnorm (lediglich) verpflichtet, geeignete Vorkehrungen für die Geltendmachung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters durch den Gemeinderat zu treffen; welche Maßnahmen der Landesgesetzgeber hiefür als dienlich erachtet, ist - mangels näherer bundesverfassungsrechtlicher Determinierung - gemäß Art 115 Abs 2 (iVm Art 99 Abs 1) B-VG ihm überlassen (freilich wäre es verfassungsrechtlich unzulässig, überhaupt keine oder völlig ineffiziente Institute zur Verwirklichung der Verantwortlichkeit zu normieren).

Da somit Bestellung und Verantwortlichkeit eines Verwaltungsorganes nach der Bundesverfassung nicht gleich geregelt werden müssen, aber können (s. auch Pernthaler, a.a.O., S. 250), steht es dem Landesgesetzgeber von Verfassungs wegen insbesondere frei, einen Amtsverlust des Bürgermeisters - als Ausfluß dessen Verantwortlichkeit - überhaupt nicht vorzusehen (vgl. Putschögl in Fröhler/Oberndorfer, Das österreichische Gemeinderecht, 1980, 3.6., S. 40) oder auch - im Falle einer Bürgermeisterwahl durch das Gemeindevolk - eine Absetzung des Bürgermeisters durch Volksabstimmung - allenfalls unter Mitwirkung des Gemeinderates - zu ermöglichen (so normiert etwa § 92 der (Bgld.) Gemeindewahlordnung 1992, LGBl. Nr. 54, idgF, das Erfordernis der Durchführung einer Volksabstimmung über die Absetzung eines Bürgermeisters aufgrund eines Verlangens des Gemeinderates; vgl. dazu ferner Stolzlechner, Die Bürgermeister-Direktwahl - eine Möglichkeit zur Verlebendigung der Gemeindedemokratie?, ÖGZ 10/1989, S. 22 ff., hier S. 26).

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß der Verfassungsgesetzgeber der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1962 keineswegs in allen Landesgesetzen das Abberufungsrecht des Gemeinderates vorgefunden hat; so kannte etwa die Tiroler Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 24/1949, ein entsprechendes Mißtrauensvotum hinsichtlich des Gemeindevorstandes überhaupt nicht. Auch eine Auslegung des Begriffes 'Verantwortlichkeit' im Art 118 Abs 5 B-VG unter Anwendung der 'Versteinerungstheorie' vermag mithin das hier in Rede stehende verfassungsrechtliche Bedenken der Antragsteller nicht zu stützen.

Wäre der Verfassungsgesetzgeber bei der Normierung der Verantwortlichkeit nach Art 118 Abs 5 B-VG davon ausgegangen, daß diese (und nur diese) das Recht zur Abberufung des Bürgermeisters einschließe, bliebe zudem unverständlich, warum er in anderen Fällen der Verantwortlichkeit von Organen das Abberufungsrecht ausdrücklich normiert hat.

So ergibt sich etwa aus Art 123 Abs 2 B-VG, daß der Begriff 'Verantwortlichkeit' eine Abberufung eines Organes (Organwalters) grundsätzlich nicht einschließt. Die Gleichstellung des Präsidenten des Rechnungshofes hinsichtlich seiner Verantwortlichkeit mit Mitgliedern der Bundesregierung gemäß Art 123 Abs 1 B-VG begründet für sich nicht die Abberufbarkeit im Sinne des Art 74 Abs 1 B-VG, vielmehr erachtete es der Verfassungsgesetzgeber als erforderlich, hiezu die besondere Norm des Art 123 Abs 2 B-VG zu schaffen (s. dazu Moritz, a.a.0.).

Auch die von den Antragstellern ins Treffen geführten parlamentarischen Materialien zu Art 117 Abs 6 B-VG in der Fassung der B-VG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 504, sind als Stütze ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geeignet.

Geht man nämlich davon aus, daß, wie eben dargelegt und begründet wurde, bereits vor Inkrafttreten dieser B-VG-Novelle die landesgesetzliche Festlegung einer Abberufung des (durch das Gemeindevolk gewählten) Bürgermeisters durch Volksabstimmung zulässig war, so sprechen die Ausführungen im Initiativantrag (II - 11330 BlgNR, XVIII. GP), daß im 'übrigen ... am verfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen Bürgermeister und den anderen Organen nichts geändert werden' solle, offenkundig nicht gegen die Zulässigkeit der landesgesetzlichen Schaffung der Möglichkeit einer derartigen Volksabstimmung. Da dies unabhängig von der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Normierung der Direktwahl des Bürgermeisters zu sehen ist, kann auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13500/1993 nichts für den Standpunkt der Antragsteller gewonnen werden.

Es ist ferner darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsausschuß in seinem Bericht zu diesem Initiativantrag (1642 BlgNR, XVIII. GP, S. 3, Zu Artikel II) ausführt, daß ein 'rasches Inkrafttreten ... geboten (sei), um in den Ländern Burgenland, Kärnten und Tirol die dort bereits eingeführte Direktwahl der Bürgermeister auf eine verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlage stellen zu können.'

Die (Bgld.) Gemeindewahlordnung 1992 sah, wie bereits dargelegt wurde, schon zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtes des Verfassungsausschusses die Möglichkeit einer Abberufung des Bürgermeisters durch Volksabstimmung vor. Es kann nun dem Verfassungsausschuß vertretbarerweise nicht unterstellt werden, er hätte eine derartige wesentliche Regelung in der Gemeindewahlordnung 1992 - zumal er sich inhaltlich auf dieses Gesetz bezog - nicht gekannt. Zwar kann damit nicht davon ausgegangen werden, daß der Verfassungsausschuß (abgesehen von der Zulässigkeit der Direktwahl an sich) generell ausgesagt hätte, daß die drei bezogenen Landesgesetze in jeder Hinsicht verfassungskonform seien, es erscheint jedoch - schon aufgrund der bekannten Praxis des Verfassungsausschusses - in hohem Maße unwahrscheinlich, daß der Ausschuß erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen andere, wesentliche und tragende Regelungen in diesen Gesetzen im Zuge der zitierten Ausführungen übergangen hätte.

Ergänzend ist noch zu bemerken, daß keinesfalls davon gesprochen werden kann, daß das Salzburger Stadtrecht 1966 und die Salzburger Gemeindeordnung 1994 keine oder ineffiziente Instrumente zur Geltendmachung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters durch den Gemeinderat normierten... Die Verantwortlichkeit kann etwa durch das Frage- und Auskunftsrecht sowie das Recht zur Überprüfung der Gemeindegebarung (Rechnungsabschluß) wirksam geltend gemacht werden.

Die angefochtenen Gesetzesbestimmungen stehen somit nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung nicht in Widerspruch zu Art 118 Abs 5 B-VG."

5.2.2. Die Vorarlberger Landesregierung hat die folgende Äußerung erstattet:

"Seinem Wortlaut nach regelt der Art 117 Abs 6 B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 659/1996 nur die Bestellung des Bürgermeisters.

Der Art 118 Abs 5 B-VG wurde im Zusammenhang mit der

B-VG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 504, nicht novelliert. Die Sicht der

Antragsteller, wonach diese B-VG-Novelle auf den Wahlmodus

beschränkt sei, ist angesichts der Begründung des

Verfassungsgerichtshofserkenntnisses ... VfSlg 13500 dennoch

schwer vorstellbar.

Die in diesem Verfahren ... in Prüfung genommenen

Bestimmungen der Tiroler Gemeindewahlordnung haben keine Abberufung des Bürgermeisters durch Volksabstimmung vorgesehen. Auch die Tiroler Gemeindeordnung sieht keine Abberufung des Bürgermeisters durch einen Gemeinderatsbeschluß vor; wenn der Gemeinderat seine Auflösung beschließt, verliert auch der Bürgermeister sein Amt. Für den Verfassungsgerichtshof lautete die entscheidende Frage, 'ob die Verfassung die Bestellung des Bürgermeisters nur nach dem hergebrachten System einer Wahl durch ein nach den Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips gewähltes kollegiales Gemeindeorgan (nach Art eines parlamentarischen Systems) ermöglicht oder ob sie zur Systemänderung offen ist und auch eine direkte Wahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk zuläßt, also eine Organkreation, die den Bürgermeister nicht mehr als ein vom Gemeinderat (oder von einem von diesem bestellten und diesem verantwortlichen Gemeindeorgan) bestelltes, sondern als ein von ihm unabhängig bestelltes Organ der Gemeindeselbstverwaltung vorsieht.' Der Verfassungsgerichtshof kommt zum Ergebnis, daß in Art 118 Abs 5 B-VG 'ein bestimmtes - demokratisch-parlamentarisches - System der Gemeindeselbstverwaltung konstituiert' wird. 'Die Bestellung des Bürgermeisters unter Ausschaltung des Gemeinderates verletzt dieses System; sie verändert, ja entleert weitgehend den Begriff der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat und schafft ein duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes Organisationssystem, indem sie den Bürgermeister neben dem Gemeinderat als ein weiteres direkt vom Gemeindevolk gewähltes, sohin unmittelbar demokratisch legitimiertes, mit dem Gemeinderat daher in dieser Weise nicht mehr verbundenes Organ einrichtet. Ein solcher Systemwechsel ist aber ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig.'

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes begründet bereits die Bestellung des Bürgermeisters durch unmittelbare Wahl eine Abkehr von dem in Art 118 Abs 5 B-VG grundgelegten demokratisch-parlamentarischen System. Auch wenn die B-VG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 504, auf den Wahlmodus bei Bürgermeisterwahlen beschränkt sein sollte, würde die Direktwahl im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 13500 die Verantwortlichkeit des direkt bestellten Bürgermeisters dennoch weitgehend entleeren.

Vor der B-VG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 504, wurde der Art 118 Abs 5 B-VG so verstanden, daß eine Abberufung des Bürgermeisters - von gemeindeaufsichts- und strafrechtlichen Regelungen abgesehen - dem Gemeinderat vorbehalten ist. Nicht nachweisbar und jedenfalls nicht als herrschend zu bezeichnen ist die Meinung, daß der Gemeindegesetzgeber den Gemeinderat zur Abberufung des Bürgermeisters ermächtigen müsse. Daß die B-VG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 504, mit der nach dem Bericht des Verfassungsausschusses dem Landesverfassungsgesetzgeber die Kompetenz zur 'Systementscheidung' zugestanden wurde, auf das Verständnis des Art 118 Abs 5 B-VG ausstrahlt, ist zwingend anzunehmen. Es kann dem Bundesverfassungsgesetzgeber nicht zugesonnen werden, er habe die Wahl des Bürgermeisters durch das Gemeindevolk ermöglichen und zugleich darauf bestehen wollen, daß dieser jederzeit vom Gemeinderat des Amtes enthoben werden kann. Es kann ihm auch nicht zugesonnen werden, er habe, weil die Amtsenthebung durch den Gemeinderat widersinnig wäre, nur die Möglichkeit belassen, Regelungen der Gemeindegesetze über die Amtsenthebung des Bürgermeisters zu beseitigen.

In diesem Sinne ist es sachgerecht, den Art 118 Abs 5 B-VG (in seinem bisherigen Verständnis) insoweit und nur insoweit zu beschränken, als dies der Art 117 Abs 6 B-VG erfordert. So kann die Initiative zur Abberufung des Bürgermeisters dem Gemeinderat vorbehalten bleiben. Die Entscheidung hat aber das Gemeindevolk zu treffen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zu den Prozessvoraussetzungen:

1.1. Gemäß Art 23 Abs 2 des (Salzburger) Landes-Verfassungsgesetzes 1945 (iVm Art 140 Abs 1 Satz 3 B-VG) steht einem Drittel der Mitglieder des Landtages das Recht zu, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG auf Prüfung eines Landesgesetzes wegen Verfassungswidrigkeit zu stellen.

Gemäß Art 13 Abs 1 Landes-Verfassungsgesetz besteht der Salzburger Landtag aus 36 Mitgliedern.

Da der vorliegende Antrag von 13 Abgeordneten eingebracht wurde, sind die Voraussetzungen des Art 23 Abs 2 Landes-Verfassungsgesetz (iVm Art 140 Abs 1 Satz 3 B-VG) erfüllt.

1.2. Als eine weitere Prozessvoraussetzung normiert § 62 Abs 1 erster Satz VerfGG 1953, dass ein auf Art 140 Abs 1 B-VG gestützter Antrag begehren muss, dass das Gesetz entweder seinem "ganzen Inhalte" nach oder in "bestimmte(n)" Stellen als verfassungswidrig aufgehoben wird. Diesem Erfordernis genügt ein Antrag nur dann, wenn er die aufzuhebenden Stellen des Gesetzes genau und eindeutig bezeichnet und nicht offen lässt, welche Gesetzesvorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich der Aufhebung verfallen soll (vgl. zB VfSlg. 9880/1983, 11888/1988, 12487/1990, 13710/1994, 14040/1995, 14634/1996).

Der vorliegende Antrag entspricht diesem Erfordernis auch hinsichtlich des auf die "teilweise" Aufhebung des § 25 Abs 2 Salzburger Stadtrecht 1966 gerichteten Begehrens, weil dieses durch die Beifügung der antragsgegenständlichen Wortgruppe "soweit im folgenden für den Bürgermeister nicht anderes bestimmt ist" präzisiert wird.

1.3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag zulässig.

2. Zur Sache selbst:

2.1. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragsteller gegen die von ihnen angefochtenen landes(verfassungs)gesetzlichen Regelungen bestehen auf das Wesentliche zusammengefasst in Folgendem:

a) Da in der Landesverfassung lediglich eine Änderung in der Bestellung des Bürgermeisters, nicht aber in der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane vorgesehen ist, seien jedenfalls die einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen des § 45 Salzburger Gemeindeordnung verfassungswidrig.

b) Im übrigen habe Art 117 Abs 6 B-VG die Rechtslage im Hinblick auf die bundesverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelung der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates gar nicht verändert. Art 117 Abs 6 B-VG bilde daher keine verfassungsrechtliche Grundlage für die angefochtenen Regelungen betreffend die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters.

c) Eine dem Art 60 Abs 6 B-VG nachgebildete landes(verfassungs)gesetzliche Regelung der politischen Verantwortlichkeit des Bürgermeisters und des Gemeinderates widerspreche jedenfalls dem Art 118 Abs 5 B-VG. Mangels einer bundesverfassungsgesetzlichen Ermächtigung des Gemeindeorganisationsgesetzgebers zur Abänderung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane seien die angefochtenen landes(verfassungs)gesetzlichen Bestimmungen verfassungswidrig.

d) Selbst dann, wenn man Art 118 Abs 5 B-VG ausschließlich als eine Regelung betreffend die rechtliche Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat verstehen und "die Regelung der 'politischen Verantwortlichkeit' dem grundsatzfreien Raum der Gemeindeorganisation" zuordnen wollte, dürfe aus dem Stillschweigen der Verfassung im Bereich der Gemeindeselbstverwaltung nicht auf eine völlige Gestaltungsfreiheit geschlossen werden. Vielmehr kämen auch diesfalls die dem B-VG zugrundeliegenden Grundsätze der repräsentativen Demokratie voll zum Tragen und es wäre landesverfassungsgesetzlich vorzusehen, dass mangels ausdrücklicher, vom Grundkonzept abweichender Festlegung (zB Art 60 Abs 6 B-VG) der Bürgermeister (und die übrigen Gemeindeorgane) dem Gemeinderat als allgemeinem Vertretungskörper politisch verantwortlich sind.

e) Sogar dann, wenn man aber eine weiter reichende und daher nicht vom demokratischen Grundkonzept der Bundesverfassung eingeschränkte Gestaltungsfreiheit des Landes(verfassungs)gesetzgebers bei der Regelung der Abwahl des Bürgermeisters und des Gemeinderates annähme, wären die angefochtenen landes(verfassungs)gesetzlichen Bestimmungen verfassungswidrig. Dies deshalb, weil der Landes(verfassungs)gesetzgeber gemäß § 41 Abs 3 Salzburger Stadtrecht und § 44 Abs 1 Salzburger Gemeindeordnung zwar weiterhin am bundesverfassungsgesetzlichen Grundsatz festhält, dass der Bürgermeister für die Erfüllung seiner dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich ist, in der Folge aber keine entsprechende Möglichkeit vorgesehen wird, die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters durch den Gemeinderat selbständig (und ohne Volksabstimmung) durchzusetzen. Art 118 Abs 5 B-VG werde daher zum einen nicht vollständig ausgeführt und zum anderen in seiner rechtlichen Wirkung insoferne ausdrücklich beschränkt, als der Gemeinderat u.U. ex lege als aufgelöst gilt.

f) Die angefochtenen Bestimmungen widersprächen auch dem Gleichheitssatz, weil sie nicht nur in jenen Fällen gelten, in denen der Bürgermeister von der Gesamtheit der Wahlberechtigten unmittelbar gewählt wird, sondern auch in jenen Fällen, in denen der Bürgermeister - ausnahmsweise - weiterhin durch den Gemeinderat gewählt wird. Aus Gründen der Sachlichkeit hätte der Gemeindeorganisationsgesetzgeber in den zuletzt genannten Fällen an der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat festhalten müssen.

2.2. Diese Bedenken treffen nicht zu:

2.2.1. In seinem oben in Punkt I.2.3. wiedergegebenen, landesgesetzliche Bestimmungen betreffend die Wahl des Bürgermeisters durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten der Gemeinde aufhebenden Erkenntnis VfSlg. 13500/1993 hat der Verfassungsgerichtshof u.a. Folgendes ausgeführt:

"Es könnte fraglich sein, ob aus der Regelung über die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat als solcher auf eine zwingende Einschaltung des Gemeinderats in die Kreation des Organs 'Bürgermeister' zu schließen ist... Diese Frage kann indes dahinstehen: Denn entscheidend ist ..., daß in Art 118 Abs 5 B-VG im Zusammenhang mit jenen Verfassungsnormen, die die zentrale Stellung des Gemeinderats in der Gemeindeselbstverwaltung zum Ausdruck bringen ..., auch eine für die Interpretation wesentliche ... Systementscheidung zum Ausdruck kommt:

Wenn die Bundesverfassung nämlich zum einen dem Gemeinderat organisatorisch und funktionell die zentrale Stellung in der Gemeindeselbstverwaltung zuweist ... und zum anderen in Art 118 Abs 5 B-VG für alle anderen Gemeindeorgane eine Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat festgelegt wird, so ist damit ein bestimmtes - demokratisch-parlamentarisches - System der Gemeindeselbstverwaltung konstituiert. Die Bestellung des Bürgermeisters unter Ausschaltung des Gemeinderates verletzt dieses System; sie verändert, ja entleert weitgehend den Begriff der Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat und schafft ein duales, auf zwei voneinander unabhängigen Säulen beruhendes Organisationssystem, indem sie den Bürgermeister neben dem Gemeinderat als ein weiteres direkt vom Gemeindevolk gewähltes, sohin unmittelbar demokratisch legitimiertes, mit dem Gemeinderat daher in dieser Weise nicht mehr verbundenes Organ einrichtet. Das parlamentarisch-demokratische System der Gemeindeselbstverwaltung wird durch ein sowohl aus Elementen des parlamentarisch-demokratischen Systems als auch aus Elementen eines Systems direkt-demokratisch legitimierter monokratischer Leitung bestehendes neues System ersetzt. Ein solcher Systemwechsel ist aber ohne ausdrückliche bundesverfassungsrechtliche Ermächtigung nicht zulässig.

...

Wenn ein verfassungspolitisches Bedürfnis besteht, auf Gemeindeebene ein solches duales Verwaltungssystem zu errichten, so darf dies nicht mittels einfachen Gesetzes befriedigt werden; eine solche Änderung bedarf vielmehr - wie auch die anderen verfassungsgesetzlichen Ausnahmen vom repräsentativ-demokratischen Grundprinzip der Verfassung - der bundesverfassungsgesetzlichen Verankerung gem. Art 44 Abs 1

B-VG."

2.2.2. Wenn aber - woran der Verfassungsgerichtshof festhält -

zwischen den Regelungen über die Bestellung des Bürgermeisters im

Wege der direkten Wahl durch die Gesamtheit der Wahlberechtigten

der Gemeinde einerseits und der Bestimmung des Art 118 Abs 5 B-VG

betreffend die Verantwortlichkeit der Gemeindeorgane gegenüber

dem Gemeinderat anderseits der geschilderte (System-)Zusammenhang

besteht, dann hat die Neuregelung der Bestellung des

Bürgermeisters im Sinne der Zulässigkeit der direkten Wahl durch

das Gemeindevolk, wie sie Art 117 Abs 6 zweiter Satz B-VG seit

der B-VG-Novelle BGBl. 504/1994 nunmehr vorsieht, dem

Landesverfassungsgesetzgeber jenen Systemwechsel ermöglicht, den

der Verfassungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis ("Die

Bestellung des Bürgermeisters unter Ausschaltung des

Gemeinderates .. verändert ... weitgehend den Begriff der

Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinderat und schafft ein

duales ... Organisationssystem ...") - nach damaliger

Verfassungsrechtslage - als "der bundesverfassungsgesetzlichen Verankerung gemäß Art 44 Abs 1 B-VG" vorbehalten bezeichnete.

Im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Neufassung des Art 117 Abs 6 B-VG durch die genannte B-VG-Novelle (vgl. dazu die oben unter Pkt. I.2.2. wiedergegebenen Materialien, aus denen der "Antwortcharakter" der Regelung - sie stellt eindeutig eine Reaktion des Bundesverfassungsgesetzgebers auf das Erkenntnis VfSlg. 13500/1993 dar - deutlich wird) ist davon auszugehen, dass der Verfassungsgesetzgeber damit der Landesverfassungsgesetzgebung eben diesen Systemwechsel ermöglichen wollte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die einschlägigen Regelungen im Burgenland und in Kärnten, auf die die Materialien zur B-VG-Novelle BGBl. 504/1994 ausdrücklich Bezug nehmen, Bestimmungen enthielten, die gleichfalls die Abberufung des direkt gewählten Bürgermeisters im Wege einer vom Gemeinderat initiierten Volksabstimmung vorsahen.

Das heißt aber weiters, dass Art 118 Abs 5 B-VG (was die Verantwortlichkeit des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat anlangt) insoweit modifiziert worden ist, als landesgesetzliche Regelungen, die die Abberufung des (direkt gewählten) Bürgermeisters im Wege einer vom Gemeinderat initiierten Bürgerabstimmung vorsehen - was bedeutet, dass der Gemeinderat die ihm gegenüber bestehende Verantwortlichkeit nicht ohne Befassung des Gemeindevolkes geltend machen kann -, bundesverfassungsrechtlich ebenso zulässig sind wie solche, die einen auf diese Weise bestellten Bürgermeister (weiterhin) allein gegenüber dem Gemeinderat verantwortlich sein lassen.

Auf dem Boden der oben wiedergegebenen Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes trifft es weiters nicht zu, dass "jedenfalls die einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen des § 45 Salzburger Gemeindeordnung verfassungswidrig" seien. Dies schon deshalb, weil der Salzburger Landesverfassungsgesetzgeber die ihm obliegende, hier in Rede stehende "Systementscheidung" (vgl. dazu den oben unter Pkt. I.2.2. wiedergegebenen Initiativantrag 617/A, II-11330 BlgNR XVIII. GP) in der Weise getroffen hat, dass er seinerseits den einfachen Landesgesetzgeber ausdrücklich ermächtigt, vorzusehen, dass der Bürgermeister "von den in der Gemeinde wahlberechtigten Landesbürgerinnen und Landesbürgern gewählt" wird (vgl. den oben unter Pkt. I.2.4. wiedergegebenen Art 53 Abs 2 L-VG).

Vor diesem Hintergrund erscheint es ferner auch unbedenklich, wenn sich der Landesgesetzgeber hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Bürgermeisters am Modell des Art 60 Abs 6 B-VG orientiert. Die durch Art 99 B-VG gesetzte Grenze - und nur diese kommt hier in Betracht - wird damit nicht überschritten.

Soweit die Anfechtungswerber schließlich behaupten, die angefochtenen Regelungen wiedersprächen deshalb dem Gleichheitssatz, weil sie auch für jene Fälle gelten, in denen weiterhin die Wahl des Bürgermeisters durch den Gemeinderat vorgesehen ist, ist ihnen Folgendes entgegenzuhalten:

Wie oben ausgeführt, wird der Landesverfassungsgesetzgeber durch Art 117 Abs 6 zweiter Satz B-VG ermächtigt, sich - auf Gemeindeebene - für ein Organisationssystem zu entscheiden, das sowohl aus Elementen des parlamentarisch-demokratischen Systems als auch aus Elementen eines Systems direkt-demokratisch legitimierter monokratischer Leitung besteht. Wenn sich der Landesverfassungsgesetzgeber nun für ein solches (duales) System entscheidet - was im Land Salzburg mit der Erlassung des Art 53 Abs 2 Landes-Verfassungsgesetz geschehen ist -, dann ist es aber aus der Sicht des Gleichheitssatzes zulässig, auch in jenen Fällen, in denen der Bürgermeister ausnahmsweise (sei es aus Gründen der Praktikabilität - wie im Falle des § 4 Abs 3 litb Sbg. GWO -, sei es, weil es de facto nicht zur Bestellung des Bürgermeisters im Wege der Volkswahl kommt - wie in den Fällen des § 44 Abs 7 und der §§82 a Abs 5 und 82 b Abs 6 und 8 Sbg. GWO) vom Gemeinderat gewählt wird, die Abberufung des Bürgermeisters einer vom Gemeinderat initiierten Bürgerabstimmung vorzubehalten. Auf dem Boden der genannten Systementscheidung und im Rahmen des solcherart zugelassenen Systems liegt es nämlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gemeindeorganisationsgesetzgebers, für diese Ausnahmsfälle dieselbe Regelung zu treffen wie für den Regelfall des mit direkt-demokratischer Legitimation ausgestatteten Bürgermeisters.

2.3. Somit war der Antrag - da die gegen die darin bezeichneten Rechtsvorschriften geltend gemachten, die Grenzen der verfassungsgerichtlichen Prüfung absteckenden (s. VfSlg. 8253/1978, 9185/1981, 9287/1981, 9911/1983, 11569/1987, 13039/1992, 13274/1992, 13335/1993) verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zutreffen - zur Gänze als unbegründet abzuweisen.