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VfGH vom 23.06.2020, G297/2019 ua

VfGH vom 23.06.2020, G297/2019 ua

Leitsatz

Abweisung eines Antrags des Verwaltungsgerichts Wien auf Aufhebung von Bestimmungen des Wr TagesbetreuungsG und der Wr TagesbetreuungsV; hinreichende inhaltliche Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage betreffend die bestmögliche Betreuung und Bildung der Kinder und Qualität der Pädagogik; keine Zweifel an der Zuständigkeit des Magistrates zur Genehmigung der Ausbildungslehrpläne

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 139 Abs 1 Z 1 und Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien als antragstellendes Gericht,

"die Bestimmung des § 5 [Abs2] Z 3 des Wiener Tagesbetreuungsgesetz 2016 i.d.F. LGBl Nr 25/2019 als verfassungswidrig" sowie

"die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 der Wiener Tagesbetreuungsverordnung 2016 i.d.F. LGBl Nr 26/2019 als gesetz- bzw verfassungswidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Tagesbetreuungsgesetzes – WTBG, LGBl 73/2001, idF LGBl 25/2019 lauten wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"§1a. (1) Die Bildungsarbeit in der Tagesbetreuung hat unter Berücksichtigung folgender Grundlagendokumente zu erfolgen:

1. in Kindergruppen:

a. dem Wiener Bildungsplan (Anlage 1),

b. dem Bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich inklusive dem Bildungsplan-Anteil zur sprachlichen Förderung in elementaren Bildungseinrichtungen (Anlage 2) und

c. dem Werte- und Orientierungsleitfaden (Anlage 3);

2. bei Tagesmüttern/-vätern:

a. dem Leitfaden für die häusliche Betreuung sowie die Betreuung durch
Tageseltern (Anlage 4) und

b. dem Werte- und Orientierungsleitfaden (Anlage 3)

(2) Die Bildungsarbeit hat das Ziel der Förderung insbesondere folgender Kompetenzen:

1. Sensumotorisch – psychomotorische Kompetenz,

2. Emotionale, soziale und ethische Kompetenz,

3. Kognitive Kompetenz und

4. Sprachkompetenz in der Erst- und Zweitsprache durch fachlich ausgebildete Betreuungspersonen, welche über die dafür notwendigen Deutschkenntnisse verfügen.

(3) In Kindergruppen sind für nicht schulpflichtige Kinder von Kindergruppenbetreuungspersonen oder sonstigem zur Sprachförderung qualifizierten Personal Sprachstandsfeststellungen durchzuführen. Sprachstandsfeststellungen sind anhand eines Beobachtungsbogens zur Erfassung der Sprachkompetenz in Deutsch von Kindern mit Deutsch als Erstsprache (BESK kompakt) oder von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache (BESK-DaZkompakt) durchzuführen. Kinder, die im Alter von 3 Jahren eine Kindergruppe besuchen, sind im Zeitraum zwischen Mai und Juni einer Sprachstandsfeststellung zu unterziehen. Kinder im Alter von 4 Jahren, die erstmals eine Kindergruppe besuchen, sind bis spätestens 31. Oktober des betreffenden Kindergartenjahres, das sich vom 1. September bis zum 31. August des Folgejahres erstreckt, einer Sprachstandsfeststellung zu unterziehen. Zum Zweck der Feststellung der Notwendigkeit einer Sprachförderung sind die Ergebnisse der Sprachstandsfeststellungen von der Kindergruppe automationsunterstützt zu verarbeiten, wobei die vom Magistrat zur Verfügung gestellten elektronischen Eingabesysteme zu verwenden sind. Die zur Gewährung von Sprachförderungen im Magistrat zuständige Stelle ist ermächtigt, diese Daten automationsunterstützt zu verarbeiten. Ergibt die Feststellung einen Sprachförderbedarf, ist eine Sprachförderung durchzuführen. Die Kinder, die im Alter von 4 Jahren eine Sprachförderung erhalten haben, sind zum Ende des vorletzten Kindergartenjahres, jedoch bis spätestens 31. Oktober wieder einer Sprachstandsfeststellung zu unterziehen. Dies gilt auch für jene Kinder im Alter von 5 Jahren, die erstmals eine Kindergruppe besuchen. Die letzte Sprachstandsfeststellung vor Schuleintritt erfolgt am Ende des letzten Kindergartenjahres. Besteht während des Kindergartenjahres die begründete Annahme, dass ein Kind keinen Sprachförderbedarf mehr aufweist, kann dies durch eine außerordentliche Sprachstandsfeststellung festgestellt werden. Das in der frühen Sprachförderung eingesetzte Personal muss mindestens Deutschkenntnisse auf dem ReferenzniveauC1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erreichen und eine Qualifikation entsprechend dem Lehrgang zur Qualifizierung für die frühe sprachliche Förderung nachweisen.

Ziele und Aufgaben

§2. Die Tagesbetreuung hat familienergänzend zur Erziehung und Betreuung der Tageskinder beizutragen und damit die Erziehungsberechtigten zu unterstützen und zu entlasten. Die Betreuung beinhaltet die altersspezifische Förderung der Tageskinder nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Pädagogik und nach den Grundsätzen der gewaltlosen Erziehung. Sie hat in Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten zu erfolgen. Es ist Gewähr für die bestmögliche Betreuung und Erziehung der Tageskinder unter weitgehender Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse zu bieten.

Bewilligungspflicht

§3. (1) Tagesmütter/-väter sowie Rechtsträgerinnen und Rechtsträger von Kindergruppen bedürfen für das Anbieten oder Ausüben der Tagesbetreuung einer Bewilligung des Magistrates. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn

1. die in der Verordnung (§5) enthaltenen Anforderungen erfüllt werden, und

2. weder bei der Rechtsträgerin oder dem Rechtsträger der Kindergruppe noch deren Organen Gründe vorliegen, die das Wohl des Tageskindes gefährden.

(2) Es dürfen bei den in Abs 1 Z 2 genannten Personen insbesondere keine der nachfolgend angeführten Umstände vorliegen:

1. körperliche oder psychische Erkrankungen, die geeignet sind, das Wohl der betreuten Kinder zu gefährden,

2. gerichtliche Verurteilungen, verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen oder anhängige Strafverfahren wegen Handlungen, die geeignet sind, das Wohl der betreuten Kinder zu gefährden sowie Vormerkungen nach dem Waffengesetz.

(3) Die Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn bei einer Rechtsträgerin oder einem Rechtsträger einer Kindergruppe ein Insolvenzverfahren oder die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens in der Insolvenzdatei aufscheint.

(4) Der Magistrat kann die Bewilligung unter Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen erteilen, wenn dies zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohls von Tageskindern erforderlich ist.

(5) Ergibt sich nach Bewilligung einer Kindergruppe, dass die betreuten Kinder trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen in pädagogischer, sanitärer, hygienischer oder feuerpolizeilicher Hinsicht zur Vermeidung von Unfällen oder Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat der Magistrat die nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben. Der Magistrat hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht.

Regelungen für die Durchführung der Tagesbetreuung

§5. (1) Die Landesregierung hat durch Verordnung Regelungen für die Durchführung der Tagesbetreuung zu erlassen. Diese haben Bestimmungen zu enthalten, die sicherstellen, dass die Tagesbetreuung nach anerkannten Erkenntnissen der Pädagogik erfolgt und Gewähr für eine bestmögliche Betreuung und Bildung der Tageskinder bietet.

(2) Die Verordnung hat insbesondere zu enthalten:

1. für Tagesmütter/-väter: Bestimmungen über

a) die persönliche Eignung,

b) die erforderliche Aus- und Fortbildung,

c) die Anforderungen an die Räumlichkeiten sowie

d) die zulässige Höchstzahl der betreuten Tageskinder.

2. für Kindergruppen: Bestimmungen über

a) die persönliche Eignung der Rechtsträgerin oder des Rechtsträgers, deren Organe sowie Betreuungspersonen,

b) die erforderliche Aus- und Fortbildung des Betreuungspersonals,

c) die Anforderungen an die Räumlichkeiten,

d) die zulässige Höchstzahl der Kinder in den Gruppen,

e) das Verhältnis von Tageskinder- und Betreuerzahl sowie

f) die pädagogischen Grundsätze.

3. Voraussetzungen für die Genehmigung von Lehrplänen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter.

Strafbestimmungen

§8. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 2.100,-- zu bestrafen, wer

1.Tagesbetreuung ohne Bewilligung anbietet oder ausübt,

2. die Vermittlung zur unbefugten Tagesbetreuung anbietet oder ausübt,

3. den die Aufsicht gemäß § 7 ausübenden Organen des Magistrates den Zutritt zu den Räumen der Tagesbetreuung verwehrt, die notwendigen Auskünfte verweigert oder Ermittlungen behindert,

4. in einer Kindergruppe nicht entsprechend ausgebildetes Betreuungspersonal verwendet,

5. die zulässige Höchstzahl der Tageskinder überschreitet,

6. Tagesbetreuung in nicht bewilligten Räumlichkeiten anbietet oder ausübt,

7. gegen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen gemäß § 3 Abs 4 verstößt,

8. der Anzeige- und Meldepflicht gemäß § 4 nicht nachkommt,

9. als Rechtsträgerin oder Rechtsträger den ihr/ihm nach § 1b auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommt,

10. die Lehrgänge für die Ausbildung von Kindergruppenbetreuungspersonen oder Tagesmüttern/-vätern nicht gemäß der bescheidmäßig bewilligten Form anbietet.

(2) Die Erziehungsberechtigten begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit einer Ermahnung und im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 110 Euro zu bestrafen, wenn sie nach Setzung von Maßnahmen gemäß § 1b Abs 3 Z 2 und 4 weiterhin § 1b Abs 3 Z 1 missachten

(3) Der Versuch ist strafbar.

Vollziehung

§10. Zur Vollziehung dieses Gesetzes ist der Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde berufen."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Wiener Tagesbetreuungsverordnung – WTBVO, LGBl 40/2016, idF LGBl 26/2019 lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Abschnitt 1

Gegenstand

§1. Diese Verordnung regelt die Durchführung der Tagesbetreuung durch Tagesmütter oder Tagesväter und in Kindergruppen sowie die dafür erforderliche Ausbildung.

Abschnitt 2

Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter oder Tagesväter

Allgemeines und Voraussetzungen

§2. (1) Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter oder Tagesväter müssen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit die Absolvierung einer Ausbildung gemäß § 4 nachweisen.

(2) Der Magistrat hat die von den Organisatorinnen oder Organisatoren der Lehrgänge vorgeschlagenen Lehrpläne bescheidmäßig zu genehmigen, wenn diese den vorgesehenen Ausbildungsbereichen und Unterrichtseinheiten gemäß § 4 entsprechen. Im Genehmigungsverfahren ist ein fachlich fundiertes Konzept (Curriculum) vorzulegen. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die vorgeschriebenen Mindestanforderungen nicht erfüllt werden bzw wenn darüber hinausgehende Angebote dem angestrebten Zweck der Umsetzung der in § 1a Abs 1 Wiener Tagesbetreuungsgesetz genannten Grundlagendokumente nicht entsprechen.

(3) Den Organen des Magistrats ist jederzeit Einsicht in alle Unterlagen, die die Ausbildungslehrgänge betreffen, zu gestatten.

Voraussetzungen für die Zulassung zu Ausbildungslehrgängen für Kindergruppenbetreuungspersonen bzw Tagesmütter oder Tagesväter

§3. Für die Zulassung zu einem Ausbildungslehrgang für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter oder Tagesväter sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

1. ein Mindestalter von 18 Jahren,

2. die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht,

3. positiver Pflichtschulabschluss,

4. sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift,

5. es dürfen keine Umstände gemäß § 9 Abs 2 Z 1 bis 4 und § 15 Abs 2 Z 1 bis 4 vorliegen.

Ausbildungsbereiche und Stundenausmaß

§4. (1) Die theoretische Ausbildung hat folgende Ausbildungsbereiche, jeweils nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, im angegebenen Stundenausmaß zu enthalten, wobei sämtliche Ausbildungsbereiche unter besonderer Beachtung der inklusiven sowie der geschlechtssensiblen Pädagogik zu unterrichten sind:

1. Pädagogik im Ausmaß von mindestens 120 Stunden

2. Pädagogische Prinzipien unter Berücksichtigung der Grundlagendokumente nach § 1a Abs 1 Wiener Tagesbetreuungsgesetz und deren praktische Umsetzung im Ausmaß von mindestens 10 Stunden

3. Methodischer didaktischer Aufbau im Ausmaß von mindestens 30 Stunden

4. Entwicklungspsychologie im Ausmaß von mindestens 20 Stunden

5. Diversität im Ausmaß von mindestens 10 Stunden

6. Persönlichkeitsbildung und Kommunikation im Ausmaß von mindestens 30 Stunden

7. Rechtliche und organisatorische Belange der Tätigkeit als Kindergruppenbetreuerin oder Kindergruppenbetreuer und Tagesmutter oder Tagesvater im Ausmaß von mindestens 10 Stunden

8. Gesundheit und Ernährung im Ausmaß von mindestens 10 Stunden

(2) Zusätzlich zur theoretischen Ausbildung ist ein Praktikum im Ausmaß von insgesamt 160 Stunden während der Dauer des Ausbildungslehrganges, jeweils in Blöcken in einem Kindergarten, in einer Kindergruppe und bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater, zu absolvieren. Die Organisatorinnen und Organisatoren der Lehrgänge haben die Durchführung des Praktikums zu organisieren.

(2a) Der Ablauf des Praktikums ist von den Praktikumsstellen und von der Praktikantin oder dem Praktikanten zu dokumentieren. Der positive Abschluss des Praktikums ist durch positive Beurteilungen aller Praktikumsstellen nachzuweisen.

(3) In Ergänzung der Ausbildung müssen Kindergruppenbetreuungspersonen sowie Tagesmütter oder Tagesväter die Absolvierung einer regelmäßigen, einschlägigen Fortbildung von jährlich mindestens 20 Unterrichtseinheiten nachweisen.

(4) In Ergänzung der Ausbildung müssen Kindergruppenbetreuungspersonen sowie Tagesmütter oder Tagesväter einen Erste-Hilfe-Kurs für Kindernotfälle verpflichtend alle fünf Jahre im Ausmaß von mindestens acht Stunden absolvieren und diesen nachweisen.

(5) Wurden im Rahmen einer Ausbildung (z. B. Kindergartenpädagogin oder Kindergartenpädagoge, Sozialpädagogin oder Sozialpädagoge) einzelne der im Abs 1 genannten Ausbildungsinhalte bereits vermittelt, so sind diese auf die Ausbildung anzurechnen. Der Magistrat hat über die Anrechnung des Stundenausmaßes zu entscheiden.

Anforderungen an die Qualifikation der Ausbildungspersonen

§5. (1) Ausbildungspersonen müssen die beruflichen sowie die berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind.

(2) Ausbildungspersonen müssen für die Vermittlung der einzelnen in § 4 Abs 1 genannten Ausbildungsbereiche über methodisch-didaktische und folgende fachliche Qualifikationen verfügen:

1. Pädagogik: Kindergartenpädagogin oder Kindergartenpädagoge

2. Pädagogische Prinzipien unter Berücksichtigung der Grundlagendokumente nach § 1a Abs 1 Wiener Tagesbetreuungsgesetz und deren praktische Umsetzung: Kindergartenpädagogin oder Kindergartenpädagoge

3. Methodischer didaktischer Aufbau: Kindergartenpädagogin oder Kindergartenpädagoge oder Didaktiklehrerin oder Didaktiklehrer

4. Entwicklungspsychologie: Psychologin oder Psychologe

5. Diversität: einschlägige berufliche Kenntnisse

6. Persönlichkeitsbildung und Kommunikation: Psychosoziale Berufe

7. Rechtliche und organisatorische Belange der Tätigkeit als Kindergruppenbetreuerin oder Kindergruppenbetreuer und Tagesmutter oder Tagesvater: Juristin oder Jurist

8. Gesundheit und Ernährung: Ärztin oder Arzt, Ernährungswissenschaftlerin oder Ernährungswissenschaftler oder vergleichbare Qualifikation

Abschluss der Ausbildungslehrgänge

§6. (1) Der Abschluss des Ausbildungslehrganges erfolgt mit einer schriftlichen Seminararbeit zu einem praxisbezogenen Thema und einer mündlichen Prüfung zum Inhalt des Ausbildungslehrganges. Während des Ausbildungslehrganges sind zwei schriftliche Lernzielkontrollen erfolgreich zu absolvieren. Bei negativer Beurteilung einer Lernzielkontrolle kann diese zweimal wiederholt werden. Die Zulassung zur Präsentation der Seminararbeit und zur mündlichen Prüfung setzt voraus, dass die Kandidatin oder der Kandidat:

1. zwei Lernzielkontrollen positiv absolviert hat,

2. das Praktikum vollständig und positiv abgeschlossen hat,

3. eine positive Beurteilung der schriftlichen Seminararbeit erhalten hat,

4. höchstens 10 % des Stundenausmaßes gemäß § 4 Abs 1 des Ausbildungslehrganges versäumt hat,

5. und einen Nachweis über die Absolvierung eines nicht länger als ein Jahr zurückliegenden Erste-Hilfe-Kurses für Kindernotfälle im Ausmaß von 16 Stunden erbracht hat.

(2) Das Thema für die Seminararbeit ist von der Kandidatin oder dem Kandidaten gemeinsam mit der Organisatorin oder dem Organisator des Lehrganges und der Referentin oder dem Referenten zu erarbeiten. Die Seminararbeit ist von der Kandidatin oder dem Kandidaten in Anwesenheit einer Vertreterin oder eines Vertreters der Organisatorin oder des Organisators und mindestens einer Referentin oder eines Referenten öffentlich zu präsentieren.

(3) Die mündliche Prüfung ist vor einer Prüfungskommission abzulegen, die aus Vertreterinnen oder Vertretern der Organisatorin oder des Organisators und mindestens einer Referentin oder einem Referenten besteht. Aufsichtsorgane des Magistrats können an der Prüfung teilnehmen und gelten dabei als Mitglieder der Prüfungskommission. Wird die Prüfung nicht bestanden, kann sie nach frühestens vier Wochen wiederholt werden. Wird sie dann erneut nicht bestanden, ist ein letztmaliges Antreten nach mindestens weiteren vier Wochen möglich.

(4) Der positive Abschluss der Ausbildung ist durch ein Zeugnis zu bestätigen. Voraussetzung dafür ist die positive Beurteilung und Präsentation der Seminararbeit sowie die bestandene mündliche Prüfung.

(5) Bei negativem Abschluss der Ausbildung bzw im Falle des Abbrechens der Ausbildung ist über die absolvierten Teile der Ausbildung eine formlose Teilnahmebestätigung auszustellen.

Teilnahme von Aufsichtsorganen an den Veranstaltungen der Ausbildungslehrgänge

§7. Den Aufsichtsorganen des Magistrats ist die jederzeitige Teilnahme an den Veranstaltungen der Ausbildungslehrgänge zu gestatten."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Beim Verwaltungsgericht Wien ist eine Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 11, vom anhängig. Mit diesem wurde der auf § 2 Abs 2 WTBVO gestützte Antrag der beteiligten Partei auf Genehmigung des Lehrplanes für den Ausbildungslehrgang "Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter oder Tagesväter" abgewiesen. Die Abweisung wurde damit begründet, dass die Vorlage von "Lernskripten/Lernunterlagen der jeweiligen Ausbildungsbereiche, die den Auszubildenden ausgehändigt werden" nicht erfolgt sei. Aus diesem Grund habe die beantragte Schulungseinrichtung nicht genehmigt werden können.

2. Das antragstellende Gericht legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

"III.3) Bedenken in Hinblick auf die Nichterfüllung der Vorgaben des Art 18 Abs 1 B-VG im Hinblick auf die Bestimmung des § 5 Z 3 Wr. Kindertagesheimverordnung [gemeint wohl: § 5 Abs 2 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz]:

Entgegen der Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs zur Bestimmung des Art 18 Abs 1 B-VG fehlt es bei der gegenständlichen Verordnungsermächtigung an jeglicher näherer Determinierung des Verordnungsinhalts.

Das Gesetz erschöpft sich in einer völlig unbestimmten Generalermächtigung.

So unterlässt das Gesetz jegliche nähere Determinierung der Regelungen, nach denen diese Ausbildungslehrgänge zu genehmigen sind. So fehlt insbesondere jegliche nähere Determinierung 1) der inhaltlichen Vorgaben an die in diesen Ausbildungslehrgängen vermittelten Lehrinhalte zu stellen sind, 2) der Vorgaben an die Ausbildungsstätte, 3) der Vorgaben an den Betreiber der Ausbildungseinrichtung und 4) die Vorgaben an das Lehrpersonal.

Ebenso wird im Gesetz nicht geregelt, welche Behörde zur Erteilung dieser Ausbildungslehrgangslehrplangenehmigung zuständig ist.

III.4) Bedenken in Hinblick auf die Nichterfüllung der Vorgaben des Art 18 Abs 2 B-VG im Hinblick auf die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 Wr. Tagesbetreuungsverordnung:

Die gesamte Wiener Tagesbetreuungsverordnung 2016, und sohin auch die gegenständlich angefochtenen Bestimmungen der § 2 und 4 Wiener Tagesbetreuungsverordnung 2016, wurden gemäß der Präambel dieser Verordnung aufgrund der Bestimmung des § 5 Wiener Tagesbetreuungsgesetz erlassen.

§5 Z 3 [gemeint wohl: § 5 Abs 2 Z 3] Wiener Tagesbetreuungsgesetz ermächtigt die Wr. Landesregierung zur Erlassung einer Durchführungsverordnung, durch welche die 'Voraussetzungen für die Genehmigung von Lehrplänen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter' geregelt werden[.]

Das Gesetz erschöpft sich in dieser völlig unbestimmten Generalermächtigung. Dagegen unterlässt das Gesetz jegliche nähere Determinierung der Regelungen, nach denen dieser Ausbildungslehrgänge zu genehmigen sind. So fehlt insbesondere jegliche nähere Determinierung 1) der inhaltlichen Vorgaben an die in diesen Ausbildungslehrgängen vermittelten Lehrinhalte zu stellen sind, 2) der Vorgaben an die Ausbildungsstätte, 3) der Vorgaben an den Betreiber der Ausbildungseinrichtung und 4) die Vorgaben an das Lehrpersonal.

Ebenso wird im Gesetz nicht geregelt, welche Behörde zur Erteilung dieser Ausbildungslehrgangslehrplangenehmigung zuständig ist.

All diese näheren Determinierungen werden erst in den angefochtenen Bestimmungen der § 2 und 4 Wr. Tagesbetreuungsverordnung vorgenommen.

So wird erst im § 2 Abs 2 Wr. Tagesbetreuungsverordnung bestimmt, dass der Wiener Magistrat zur Erteilung einer Genehmigung i.S.d. § 5 Z 3 [gemeint wohl: § 5 Abs 2 Z 3] Wr. Kinderbetreuungsgesetz zuständig ist.

Ebenso werden erst im § 4 Wr. Tagesbetreuungsverordnung die inhaltlichen Vorgaben für die an die in diesen Ausbildungslehrgängen vermittelten Lehrinhalte näher bestimmt.

Auch finden sich erstmals im § 4 [gemeint wohl § 5] Wr. Tagesbetreuungsverordnung Regelungen zur erforderlichen Qualifikation des Lehrpersonals.

Sohin wird aber durch diese Bestimmungen der Wr. Tagesbetreuungsverordnung auch im Hinblick auf den Umstand, dass auch die übrigen Bestimmungen des Wr. Tagesbetreuungsgesetzes keine inhaltlichen Determinierungen für einen Lehrplan eines Ausbildungslehrgangs für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter enthalten', kein i.S.d. Vorgaben des Art 18 Abs 1 und 2 B-VG ausreichend bestimmtes Gesetz konkretisiert. Die Voraussetzungen des Art 18 Abs 2 B-VG für die Erlassung der gegenständlichen Durchführungsverordnungsbestimmungen liegen sohin nicht vor.

Zudem ist davon auszugehen, dass die angefochtenen Durchführungsverordnungsbestimmungen im Falle der Aufhebung des § 5 Z 3 [gemeint wohl: § 5 Abs 2 Z 3] Wr. Tagesbetreuungsgesetz jegliche gesetzliche Grundlage verlieren würden, insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass auch die übrigen Bestimmungen des Wr. Tagesbetreuungsgesetzes keine inhaltlichen Determinierungen für einen Lehrplan eines Ausbildungslehrgangs für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter enthalten.

Spätestens im Falle der Aufhebung des § 5 Z 3 [gemeint wohl: § 5 Abs 2 Z 3] Wr. Tagesbetreuungsgesetz gäbe es keinerlei gesetzliche Grundlage für die Erlassung der gegenständlichen Verordnungsbestimmungen mehr, und würden diese daher gegen die Vorgaben des Art 18 Abs 2 B-VG verstoßen."

3. Die Wiener Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, den vorliegenden Antrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.

3.1. Im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrages bringt die Wiener Landesregierung Folgendes vor:

"I. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Im Hinblick auf Punkt III.3.) des Antrages des Verwaltungsgerichts Wien betreffend 'Bedenken im Hinblick auf die Nichterfüllung der Vorgaben des Art 18 Abs 1 B-VG im Hinblick auf die Bestimmung des § 5 Z 3 Wr. Kindertagesheimverordnung' ist eingangs anzumerken, dass das Verwaltungsgericht Wien auf Seite 1 als bekämpfte Gesetzesstelle zunächst '§5 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz 2016' anführt, auf Seite 11 jedoch seine Bedenken im Hinblick auf die 'Bestimmung des § 5 Z 3 Wr. Kindertagesheimverordnung' äußert. Dabei übersieht das antragstellende Gericht jedoch, dass weder eine Bestimmung '§5 Z 3 Wr. Tagesbetreuungsgesetz 2016' existent ist, noch eine Wiener Kindertagesheimverordnung in Geltung steht. Es wird daher vermutet, dass sich die Bedenken des Gerichts wohl auf § 5 Abs 2 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz beziehen. Der Antrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG widerspricht aus Sicht der Wiener Landesregierung durch diese mangelhafte und teils widersprüchliche Bezeichnung der konkret angefochtenen Bestimmung dem Determinierungsgebot des § 62 Abs 1 VfGG.

Überdies wird angemerkt, dass mit LGBl Nr 25/2019 der Titel des gegenständlichen Gesetzes in 'Wiener Tagesbetreuungsgesetz – WTBG' und mit LGBl Nr 26/2019 der Titel der gegenständlichen Verordnung in 'Wiener Tagesbetreuungsverordnung – WTBVO' geändert wurden. Der auf die Anfechtung einzelner Bestimmungen des 'Wiener Tagesbetreuungsgesetzes 2016 i.d.F. LGBl Nr 25/2019' und der 'Wiener Tagesbetreuungsverordnung 2016 i.d.F. LGBl Nr 26/2019' gerichtete Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien widerspricht auch in dieser Hinsicht dem Determinierungsgebot.

Anzumerken ist weiters, dass sich die Regelungen zur erforderlichen Qualifikation des Lehrpersonals nicht, wie vom Verwaltungsgericht Wien vorgebracht, in der Bestimmung des § 4 Wiener Tagesbetreuungsverordnung 2016, sondern in § 5 der Wiener Tagesbetreuungsverordnung - WTBVO finden.

Im Hinblick auf Punkt III.4.) des Antrages des Verwaltungsgerichts Wien betreffend 'Bedenken im Hinblick auf die Nichterfüllung der Vorgaben des Art 18 Abs 2 B-VG im Hinblick auf die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 Wr. Tagesbetreuungsverordnung' ist überdies Folgendes auszuführen:

Der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nach vertritt das Höchstgericht die Auffassung, dass die Grenzen der Aufhebung einer Verordnungsbestimmung so gezogen werden müssen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits aber auch die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen von der Anfechtung miterfasst sein müssen (siehe VfSlg 15.203, 16.973, 17.661, 17.797). Der Verfassungsgerichtshof geht demnach davon aus, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm - bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages - nicht zu eng gewählt werden darf (vgl etwa VfSlg 14.498 und 14.890). Der Antrag auf Aufhebung muss daher dergestalt sein, dass die begehrte Aufhebung der angefochtenen Norm die behauptete Rechtswidrigkeit vollständig beseitigt (siehe VfS1g. 16.921, 17.564). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit von der Prüfung zu unterziehenden Vorschriften ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes weiters, dass das gegenständliche Prozesshindernis auch dann gegeben ist, wenn die isolierte Aufhebung einer Bestimmung die Anwendbarkeit der anderen, im Rechtsbestand verbleibenden Normen beeinträchtigt. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn der Wegfall bestimmter angefochtener Bestandteile einer Norm den verbleibenden Rest der Verordnungsbestimmung unverständlich wie auch unanwendbar werden ließe, weil nämlich nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (vgl VfSlg 12.235 und insbesondere das Erkenntnis VfSlg 15.773).

Das Verwaltungsgericht Wien stellt nunmehr (nur) den Antrag, 'die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 der Wiener Tagesbetreuungsverordnung 2016 i.d.F. LGBl Nr 26/2019 als gesetz- bzw verfassungswidrig aufzuheben'.

Wenn nun die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 Wiener Tagesbetreuungsverordnung - WTBVO vom Verfassungsgerichtshof wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben werden würden, blieben die übrigen Bestimmungen des Abschnitts 2 der Wiener Tagesbetreuungsverordnung weiterhin Bestandteil der Rechtsordnung. Wie die Überschrift des Abschnitts 2 bereits deutlich macht ('Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter oder Tagesväter'), regeln jedoch alle Bestimmungen dieses Abschnitts, somit die § 2 bis 7 WTBVO, Angelegenheiten, die untrennbar mit den zu genehmigenden Ausbildungslehrgängen im Zusammenhang stehen. So legt § 3 WTBVO die Voraussetzungen für die Zulassung zu den gemäß § 2 WTBVO verpflichtenden und zu genehmigenden Ausbildungslehrgängen fest, § 6 WTBVO regelt den Abschluss der gegenständlichen Ausbildungslehrgänge, § 7 WTBVO normiert Teilnahmerechte von Aufsichtsorganen des Magistrats an den Veranstaltungen der gemäß § 2 WTBVO verpflichtenden und zu genehmigenden Ausbildungslehrgänge. In untrennbarem Zusammenhang mit den aufzuhebenden Verordnungsstellen stehende Bestimmungen müssten aber – entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs – auch vom Aufhebungsantrag miterfasst sein.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien werden die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 WTBVO durch kein im Sinn der Vorgabe des Art 18 Abs 1 und 2 B-VG ausreichend bestimmtes Gesetz konkretisiert. Darüber hinaus würden diese Bestimmungen im Fall der Aufhebung des § 5 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz jeglicher gesetzlicher Grundlagen entbehren, woraus resultieren würde, dass diese gegen die Vorgaben des Art 18 Abs 2 B-VG verstoßen würden und somit auch aus diesem Grund aufzuheben wären.

Betrachtet man aber die übrigen Bestimmungen des Abschnitts 2 der WTBVO, so fällt auf, dass mit der (bloßen) Aufhebung der Bestimmungen der § 2, 4 und 5 WTBVO die behauptete vermeintliche Rechtswidrigkeit jedenfalls nicht beseitigt werden würde: So machen die Vorschriften der § 3 und 6 WTBVO ('Voraussetzungen für die Zulassung zu Ausbildungslehrgängen für Kindergruppenbetreuungspersonen bzw Tagesmütter oder Tagesväter' und 'Abschluss der Ausbildungslehrgänge') keinen Sinn, wenn Ausbildungslehrgänge vor Aufnahme der Tätigkeit gar nicht mehr absolviert werden müssten bzw an keine konkreten Voraussetzungen mehr gebunden wären und auch die jeweiligen Ausbildungsbereiche nicht mehr erfasst wären (§§2, 4 WTBVO). Gleiches muss auch für § 7 WTBVO gelten, wonach den Aufsichtsorganen des Magistrats die jederzeitige Teilnahme an den Veranstaltungen der Ausbildungslehrgänge zu gestatten ist.

Der Verfassungsgerichtshof hätte den Antrag des Verwaltungsgerichts Wien daher insoweit zurückzuweisen.

Darüber hinaus liegt nach Ansicht der Wiener Landesregierung kein rechtliches Interesse an der Fortführung des Beschwerdeverfahrens mehr vor. Der Antrag auf Genehmigung eines Lehrplans für die Ausbildung zu Kindergruppenbetreuungspersonen bzw Tagesmüttern/-vätern wurde von der Firma ************* gestellt. Folglich sollte der Lehrgang im Betrieb eines Unternehmens angeboten werden. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom zur Zahl 5S 62/19f wurde im Zuge eines Konkursverfahrens die Schließung des beschwerdeführenden Unternehmens angeordnet. Mangels Betrieb des Unternehmens, welches den beantragten Lehrplan im Zuge eines organisierten Lehrgangs durchführen hätte sollen, ist nicht ersichtlich, inwiefern ein rechtliches Interesse an der Genehmigung des Lehrplans fortbesteht. Das Beschwerdeverfahren wäre somit mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien einzustellen, da das rechtliche Interesse an der Erledigung der Beschwerde während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verloren ging (sh dazu Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 28 VwGVG Rz 22 samt dortigem Verweis auf ; Ra 2015/03/0086; RZ32, 166). Das Verwaltungsgericht Wien hat demnach weder § 5 Abs 2 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz noch die § 2, 4 und 5 der WTBVO anzuwenden, sondern ist dieses aufgrund der geänderten Sachlage und dem daraus resultierenden Wegfall der Beschwer der Beschwerdeführerin vielmehr nicht mehr zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde zuständig. In weiterer Folge wäre sodann aber auch das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in sinngemäßer Anwendung des § 86 VfGG einzustellen (vgl ; E625/2015; VfSlg 12.896/1991, 14.559/1996; ; , B1465/07).

Der Antrag ist daher aus Sicht der Wiener Landesregierung unzulässig."

3.2. Inhaltlich tritt die Wiener Landesregierung den Bedenken des antragstellenden Gerichtes wie folgt entgegen:

"Gemäß § 5 Abs 1 Wiener Tagesbetreuungsgesetz hat die Landesregierung durch Verordnung Regelungen für die Durchführung der Tagesbetreuung zu erlassen. Diese haben Bestimmungen zu enthalten, die sicherstellen, dass die Tagesbetreuung nach anerkannten Erkenntnissen der Pädagogik erfolgt und Gewähr für eine bestmögliche Betreuung und Bildung der Tageskinder bietet. Schon aus § 5 Abs 1 Wiener Tagesbetreuungsgesetz lässt sich die eindeutige Intention des Gesetzgebers ableiten, dass eine Durchführungsverordnung die hohe Qualität der Pädagogik zu sichern hat. Darauf aufbauend stellt § 5 Abs 2 Z 3 leg.cit. unmissverständlich klar, dass eine derartige Verordnung insbesondere Voraussetzungen für die Genehmigung von Lehrplänen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter festzulegen hat.

Die Bestimmungen der § 2 bis 7 WTBVO regeln ob dieser gesetzlichen Ermächtigung sodann die näheren Voraussetzungen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter oder Tagesväter.

Soweit das Verwaltungsgericht Wien nunmehr in seinem Antrag vorbringt, dass der Gesetzgeber weiterhin keine bzw keine ausreichenden Vorgaben im Sinn des Art 18 Abs 1 und Abs 2 B-VG für den Verordnungsgeber erlassen habe, ist also festzuhalten, dass die angefochtenen Bestimmungen hinreichend im Gesetz gedeckt sind:

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sind Verordnungen 'auf Grund der Gesetze' zu erlassen (Art18 Abs 2 B-VG). Dies bedeutet, dass eine Verordnung bloß präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (VfSlg 11.639/1988 und die dort zitierte Vorjudikatur). Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen daraus alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können (Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz: VfSlg 5.373/1966, 7.945/1976). Eine bloße formalgesetzliche Delegation, die der Verwaltungsbehörde eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweist, stünde mit Art 18 Abs 1 und 2 B-VG in Widerspruch (VfSlg 14.512/1996 und 16.902/2003). Die Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des Gesetzes und einer formalgesetzlichen Delegation ist in einzelnen Fällen nicht immer leicht zu bestimmen. Entscheidungskriterium ist hier stets die Frage, ob die im Verordnungsweg getroffene Durchführungsregelung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann (VfSlg 11.859/1988, 19.569/2011). Dabei sind bei der Ermittlung des Inhaltes des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Norm die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (zuletzt VfSlg 20.171/2017).

Die Wendung in § 5 Abs 2 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz lautet 'Voraussetzungen für die Genehmigung von Lehrplänen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter'. Die Wiener Landesregierung ist der Auffassung, dass dieser Wortlaut einen der Vollziehung zugänglichen Inhalt umschreibt, sohin eine ausreichende Grundlage für die Erlassung von Regeln betreffend die gegenständlichen Ausbildungslehrgänge bildet.

Darüber hinaus können alle wesentlichen Merkmale der Wiener Tagesbetreuungsverordnung bereits aus dem Gesetz ersehen werden.

Insbesondere ergibt sich die zur Vollziehung zuständige Behörde eindeutig aus § 10 des Wiener Tagesbetreuungsgesetzes, wonach der Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Behörde zur Vollziehung dieses Gesetzes berufen ist. Dies impliziert, dass auch die Durchführungsverordnungen dieses Gesetzes, insbesondere also die Wiener Tagesbetreuungsverordnung, nach dem Willen des Gesetzgebers vom Magistrat vollzogen werden sollen. Da durch die § 2 ff WTBVO kein neuer Behördentypus geschaffen worden ist (siehe VfSlg 13.021) sondern im Gegenteil in den § 2 ff WTBVO wiederum auf den Magistrat als einschreitende Behörde verwiesen wird, ist eine eigene gesetzliche Grundlage jedenfalls entbehrlich."

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.1.1. Die Wiener Landesregierung zieht im Ergebnis die Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen in Zweifel, wenn sie ausführt, dass das antragstellende Gericht "kein rechtliches Interesse an der Fortführung des Beschwerdeverfahrens" habe, weil über das Einzelunternehmen der beteiligten Partei ein Insolvenzverfahren eröffnet und mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien dessen Schließung angeordnet worden sei.

1.1.2. Diesem Vorbringen kann der Verfassungsgerichtshof nicht folgen. Ob im vorliegenden Fall die etwaige Genehmigung des von der beteiligten Partei beantragten Ausbildungslehrganges in Betracht kommt, hat das antragstellende Gericht denkmöglich im Ausgangsverfahren zu entscheiden.

1.2. Die Wiener Landesregierung führt in ihrer Äußerung weiters aus, dass das antragstellende Gericht in seinem Antrag zum einen "§5 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz 2016" als angefochtene Bestimmung anführe und in weiterer Folge seine Bedenken zu "§5 Z 3 Wr. Kindertagesheimverordnung" äußere. Das antragstellende Gericht übersehe dabei, dass beide Bestimmungen nicht bestehen würden, die Wiener Landesregierung vermute vielmehr, dass sich die Bedenken des antragstellenden Gerichtes auf "§5 Abs 2 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz" beziehen würden. Der Antrag werde § 62 Abs 1 VfGG nicht gerecht und sei daher unzulässig.

1.2.1. Damit ist die Wiener Landesregierung nicht im Recht.

1.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes muss ein Antrag auf Aufhebung von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen diese genau bezeichnen (vgl etwa VfSlg 11.888/1988, 15.631/1999). Das antragstellende Gericht bezeichnet § 5 Abs 2 Z 3 WTBG zwar in seinem Antrag als "§5 Z 3 Wiener Tagesbetreuungsgesetz" bzw "§5 Z 3 Wr. Kindertagesheimverordnung", es gibt die Bestimmung jedoch in seinem Antrag wörtlich wieder, sodass für den Verfassungsgerichtshof erkennbar ist, dass § 5 Abs 2 Z 3 WTBG Anfechtungsgegenstand ist (vgl VfSlg 19.825/2013; , V12/2013). Die falsche Bezeichnung schadet daher im vorliegenden Fall nicht (vgl VfSlg 19.665/2012).

1.3. Die Wiener Landesregierung bringt schließlich vor, dass wenn nur die Bestimmungen der § 2, 4 und 5 WTBVO wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben werden würden, die übrigen Bestimmungen des Abschnittes 2 der Wiener Tagesbetreuungsverordnung weiterhin Bestandteil der Rechtsordnung blieben. Mit der (bloßen) Aufhebung der Bestimmungen der § 2, 4 und 5 WTBVO würde die vom antragstellenden Gericht behauptete Rechtswidrigkeit jedenfalls nicht beseitigt werden: So würden die Vorschriften der § 3 und 6 WTBVO ("Voraussetzungen für die Zulassung zu Ausbildungslehrgängen für Kindergruppenbetreuungspersonen bzw Tagesmütter oder Tagesväter" und "Abschluss der Ausbildungslehrgänge") keinen Sinn machen, wenn Ausbildungslehrgänge vor Aufnahme der Tätigkeit gar nicht mehr absolviert werden müssten bzw an keine konkreten Voraussetzungen mehr gebunden wären und auch die jeweiligen Ausbildungsbereiche nicht mehr erfasst wären (§§2, 4 WTBVO). Gleiches müsse auch für § 7 WTBVO gelten, wonach den Aufsichtsorganen des Magistrates die jederzeitige Teilnahme an den Veranstaltungen der Ausbildungslehrgänge zu gestatten sei. Der Verfassungsgerichtshof habe den Antrag des Verwaltungsgerichtes Wien daher auch aus diesem Grund zurückzuweisen.

1.3.1. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

1.3.2. Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; ; , G444/2015; , G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; ).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

1.3.3. Ob der vom antragstellenden Gericht vorgebrachten Bedenken bilden die übrigen, nicht angefochtenen Regelungen keine untrennbare Einheit zu den angefochtenen Bestimmungen des 2. Abschnittes der Wiener Tagesbetreuungsverordnung: Die nicht angefochtenen § 3, 6 und 7 WTBVO regeln die Voraussetzungen für die Zulassung zu Ausbildungslehrgängen für Kindergruppenbetreuungspersonen bzw Tagesmütter oder Tagesväter, den Abschluss der Ausbildungslehrgänge und die Teilnahme von Aufsichtsorganen an den Veranstaltungen der Ausbildungslehrgänge und sohin keine Bestimmungen, nach denen die Ausbildungslehrgänge iSd § 5 Abs 2 Z 3 WTBG zu genehmigen sind, für deren Regelung bzw inhaltliche Ausgestaltung nach Ansicht des antragstellenden Gerichtes keine gesetzliche Grundlage bestehe. Sie wenden sich vielmehr an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an bestehenden Ausbildungslehrgängen bzw die Aufsichtsorgane des Magistrates.

1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag daher als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Nach der Bundesverfassung (Art18 Abs 2 B-VG) sind Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" zu erlassen. Das heißt, dass eine Verordnung bloß präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (s etwa VfSlg 11.639/1988 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg 14.895/1997). Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen daraus also alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können (Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz: VfSlg 4644/1964, 4662/1964, 5373/1966, 7945/1976); eine bloße formalgesetzliche Delegation, die der Verwaltungsbehörde eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweist, stünde mit Art 18 Abs 1 (und 2) B-VG in Widerspruch (s zB VfSlg 4072/1961, 14.512/1996 und 16.902/2003 sowie VfSlg 17.476/2005).

2.2. Die Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des Gesetzes und einer formalen Delegation wird in einzelnen Fällen nicht immer leicht zu bestimmen sein. Entscheidungskriterium ist hier stets die Frage, ob die im Verordnungsweg getroffene (Durchführungs-)Regelung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann (s zB VfSlg 1932/1950, 2294/1952, 4072/1961, 11.859/1988).

2.3. Dabei sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Bestimmung die in Art 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl VfSlg 8395/1978, 11.639/1988, 14.644/1996, 15.447/1999 und 16.137/2001).

2.4. Überdies ist bei der Beurteilung, ob eine gesetzliche Bestimmung dem Verordnungsgeber hinreichend bestimmte Gesichtspunkte in Bezug auf den Verordnungsinhalt vorgibt, die Verordnungsermächtigung nicht isoliert, sondern im Lichte des entsprechenden Gesetzes insgesamt zu betrachten (VfSlg 16.911/2003, 18.142/2007, 19.352/2011, 20.171/2017).

2.5. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweisen sich die Bedenken des antragstellenden Gerichtes hinsichtlich der Verordnungsermächtigung in § 5 Abs 2 Z 3 WTBG – sowie im Hinblick auf die gesetzliche Grundlage der § 2, 4 und 5 WTBVO – als nicht zutreffend:

2.5.1. Nach den Erläuterungen zu § 5 Abs 2 Z 3 WTBG komme dieser Bestimmung lediglich zur Verdeutlichung der bisherigen Verordnungsermächtigung eine ergänzende Funktion zu (BlgLT 7/2019, 5). Der Gesetzgeber erließ diese Ergänzung zur Verordnungsermächtigung durch LGBl 25/2019 zeitgleich mit der nunmehr teilweise angefochtenen WTBVO idF LGBl 26/2019.

2.5.2. Die Verordnung gemäß § 5 WTBG hat – wie die Wiener Landesregierung in ihrer Äußerung zutreffend ausführt – unter anderem jene Bestimmungen zu enthalten, die sicherstellen, dass die Tagesbetreuung nach anerkannten Erkenntnissen der Pädagogik erfolgt und Gewähr für eine bestmögliche Betreuung und Bildung der Tageskinder bietet. Aus dieser Bestimmung wird die Absicht des Gesetzgebers deutlich, dass eine Durchführungsverordnung die Qualität der Pädagogik zu sichern hat. Darauf aufbauend stellt § 5 Abs 2 Z 3 leg.cit. klar, dass eine derartige Verordnung insbesondere die "Voraussetzungen für die Genehmigung von Lehrplänen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter" festzulegen hat. Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Wiener Landesregierung zu, wenn sie in ihrer Äußerung darlegt, dass dieser Wortlaut einen der Vollziehung zugänglichen Inhalt umschreibt und sohin eine ausreichende Grundlage für die Erlassung von Regelungen, welche die Ausbildungslehrgänge betreffen, bildet.

2.5.3. Die inhaltliche Bestimmtheit der zu erlassenden Verordnung ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass auch § 1a Abs 1 WTBG konkrete Vorgaben festlegt, nach denen die Bildungsarbeit in der Tagesbetreuung zu erfolgen hat. Diese werden vom Gesetzgeber gemäß § 1a Abs 1 WTBG in den Anlagen 1 bis 5 zum WTBG, die Bestandteil des Gesetzes sind, spezifiziert. Weiters legt § 1 Abs 2 WTBG die Förderung bestimmter, im Gesetz genannter Kompetenzen fest. Schließlich sieht auch § 2 WTBG vor, dass die Tagesbetreuung die altersspezifische Förderung der Tageskinder nach allgemein anerkannten, wissenschaftlichen Erkenntnissen der Pädagogik und nach den Grundsätzen der gewaltlosen Erziehung enthält.

2.5.4. Wenn das antragstellende Gericht im Ergebnis von einer formalgesetzlichen Delegation ausgeht, hat es unterlassen, sämtliche Bestimmungen heranzuziehen, die die gesetzliche Grundlage der WTBVO bilden und daher vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bedenken der mangelnden gesetzlichen Determinierung inhaltlich zu § 5 Abs 2 Z 3 WTBG hinzutreten. § 1a und 2 WTBG enthalten Grundlagen und Ziele für die Verordnung, die auch inhaltliche Voraussetzungen für die Genehmigung von Lehrplänen der Ausbildungslehrgänge für Kindergruppenbetreuungspersonen und Tagesmütter/-väter sind und damit eine gesetzliche Grundlage für die Erlassung einer Verordnung gemäß § 5 Abs 2 Z 3 WTBG bilden.

2.5.5. Dem Verordnungsgeber kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn er insbesondere vor dem Hintergrund der Systematik des WTBG auf Grundlage des § 5 Abs 2 Z 3 WTBG eine Genehmigungspflicht auf Grund der im Gesetz genannten inhaltlichen Vorgaben für Lehrpläne vorsieht, um die Ausbildung nach den im Gesetz genannten Zielen sicherzustellen. Auch gehen die in den § 4 und 5 WTBVO vorgesehenen Ausbildungsbereiche nicht über die in § 1a ff. WTBG – bzw in den dort genannten Anlagen 1 bis 5 zum WTBG – festgelegten Inhalte hinaus.

2.5.6. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Bedenken des antragstellenden Gerichtes hinsichtlich der Verordnungsermächtigung des § 5 Abs 2 Z 3 WTBG daher nicht. Vor diesem Hintergrund treffen auch dessen Bedenken zu § 2, 4 und 5 WTBVO, wonach diese Bestimmungen der Verordnung keine gesetzliche Grundlage im WTBG hätten, nicht zu.

2.6. Schließlich kann auch dem Vorbringen des antragstellenden Gerichtes, wonach das WTBG keine Regelung enthalte, welche Behörde zur Erteilung der "Ausbildungslehrgangslehrplangenehmigung" zuständig sei, nicht gefolgt werden. Wie die Wiener Landesregierung zutreffend ausführt, wird durch die § 2 ff. WTBVO kein neuer Behördentypus geschaffen, vielmehr wird in der WTBVO auf den Magistrat als einschreitende Behörde verwiesen. Vor allem aber ordnet § 10 WTBG die Vollziehung durch den Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde an. Deshalb hat die in Rede stehende "Ausbildungslehrgangslehrplangenehmigung" durch den Magistrat zu erfolgen. Vor diesem Hintergrund bestehen für den Verfassungsgerichtshof keine Zweifel daran, dass auch die WTBVO vom Magistrat zu vollziehen ist. Einer eigenen Vollziehungsbestimmung in der WTBVO bedarf es daher entgegen der Ansicht des antragstellenden Gerichtes nicht.

V. Ergebnis

1. Der Antrag wird abgewiesen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2020:G297.2019
Schlagworte:
Kinder, Delegation formalgesetzliche, Auslegung eines Gesetzes, Legalitätsprinzip, Determinierungsgebot, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Präjudizialität

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