TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 05.12.2002, G296/02

VfGH vom 05.12.2002, G296/02

Sammlungsnummer

16752

Leitsatz

Verletzung des Gleichheitssatzes durch die Festsetzung eines rückwirkenden Stichtages für den Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus von im Eigentum von Gebietskörperschaften stehenden gemeinnützigen Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft; gravierender Eingriff in die rechtlichen Dispositionsmöglichkeiten und in die wirtschaftliche Substanz der betroffenen Unternehmungen

Spruch

I. 1. § 39 Abs 6a des Bundesgesetzes vom über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz - WGG), BGBl. Nr. 139/1979, idF des Art 12 Z 1 des Budgetbegleitgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 47/2001, und ArtIV Abs 1g WGG idF des ArtV Z 12 des Wohnungseigentumsbegleitgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 71, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die aufgehobenen Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

3. § 39 Abs 6a WGG idF des Art 87 Z 5 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, tritt wieder in Wirksamkeit.

II. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Antrag:

Mit einem am beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, auf Art 140 B-VG gestützten Antrag begehren 64 Mitglieder des Nationalrates, § 39 Abs 6a Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), BGBl. 139/1979, idF des Art 12 Z 1 Budgetbegleitgesetz 2002, BGBl. I 47/2001, und ArtIV Abs 1g WGG idF des ArtV Z 12 Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002, BGBl. I 71, als verfassungswidrig aufzuheben. Weiters wird angeregt, von den Möglichkeiten, gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das In-Kraft-Treten einer allfälligen Aufhebung eine Frist zu setzen und gemäß Art 140 Abs 6 auszusprechen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten, keinen Gebrauch zu machen. Jedoch möge im Sinne des Art 140 Abs 7 B-VG anderes ausgesprochen werden, nämlich, dass die aufgehobene Bestimmung auf die Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH (nunmehr: WBG Wohnen und Bauen GmbH) und deren Gesellschafter keine Anwendung finde.

Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen nach Dafürhalten der Antragsteller gegen den verfassungsgesetzlich normierten Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (vgl. dazu näher unter Pkt. III.1.).

II. Zu den angefochtenen Bestimmungen, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem rechtlichen Umfeld:

1. Das österreichische Bauträgerrecht differenziert sektorspezifisch zwischen dem gewerblichen und dem gemeinnützigen Wohnbausektor. Für die dem gemeinnützigen Wohnungssektor zugehörigen Unternehmen statuiert das WGG eine bestimmte gesetzliche Sonderstellung der gemeinnützigen Bauvereinigungen, insbesondere in Form der Exemtion von der Gewerbeordnung sowie steuerrechtlicher Begünstigungen (zB § 5 Z 10 KStG 1988). Andererseits sieht das Gesetz spezifische Beschränkungen insbesondere des Tätigkeitsbereichs und der Gewinnausschüttungsmöglichkeit vor, normiert ein Kostendeckungsprinzip und unterwirft gemeinnützige Bauvereinigungen verschiedenen (gesellschaftsrechtlichen, verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen) Formen der Aufsicht und Kontrolle. Den steuerlichen Begünstigungen steht so das Prinzip der Vermögensbindung gegenüber, dem zufolge "das bei den gemeinnützigen Bauvereinigungen vorhandene Eigenkapital vor dem Abfließen in private Hände oder in allgemeine Töpfe öffentlicher Körperschaften bewahrt werden und auf Dauer wohnungsgemeinnützigen Zwecken gewidmet bleiben soll" [Korinek, Das Eigenkapital - Funktion, Aufbringung, Sicherung und Verwendung, in:

Korinek/Nowotny (Hrsg.), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, 1994, 315].

Bis zur Einfügung des § 39 Abs 6a in das WGG durch Art 87 Z 5 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I 142/2000, kannte das Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht nur einen einzigen Fall der Beendigung des Status der Gemeinnützigkeit, nämlich deren hoheitlichen Entzug:

Gemäß § 35 Abs 1 WGG kann die Landesregierung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einer gemeinnützigen Bauvereinigung die Anerkennung als gemeinnützig durch Bescheid entziehen. Ein einseitiger Verzicht auf die Gemeinnützigkeit ist indes unzulässig (ibid). Im Fall des Entzugs der Gemeinnützigkeit ist - im Interesse der Sicherung des Prinzips der Vermögensbindung - (ähnlich wie bei der Auflösung einer Bauvereinigung) vorgesehen, dass die Landesregierung der Bauvereinigung die Zahlung einer Geldleistung als "Vorteilsausgleich" aufzuerlegen hat (s. § 36 Abs 1 WGG idF BGBl. I 147/1999). Die solcherart erbrachte Geldleistung ist von der Landesregierung für Zwecke des gemeinnützigen Wohnungswesens zu verwenden (§36 Abs 1 letzter Satz WGG).

2. a) Mit Art 87 Z 5 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I 142/2000, wurde in das WGG ein neuer § 39 Abs 6a folgenden Wortlauts aufgenommen:

"Mangels gegenteiliger schriftlicher Erklärung gegenüber der Landesregierung bis spätestens gelten in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft errichtete

a) gemeinnützige Bauvereinigungen, die im ausschließlichen Eigentum einer oder mehrerer Gebietskörperschaften oder

b) gemeinnützige Bauvereinigungen, die im ausschließlichen Eigentum von Bauvereinigungen gemäß lita

stehen, ab nicht mehr als gemeinnützig anerkannt."

Das das Budgetbegleitgesetz 2001 enthaltende BGBl. I 142/2000 wurde am ausgegeben. § 39 Abs 6a WGG (idF des Budgetbegleitgesetzes 2001) ist gemäß ArtIV Abs 1f WGG (idF des Budgetbegleitgesetzes 2001) mit in Kraft getreten.

Die Erlassung der wiedergegebenen Bestimmung, die auf einen im Zuge der zweiten Lesung eingebrachten Abänderungsantrag zurückgeht (StenProtNR 45. Sitzung, 21. GP, 205 ff.; vgl. Pkt. 6 lita Z 5 dieses Antrags), steht in offenkundigem Zusammenhang mit den Bemühungen um die Sanierung des Bundeshaushalts (vgl. auch RV zum nachmaligen Budgetbegleitgesetz 2001 311 BlgNR 21. GP); es sollte insbesondere zum Zweck des Verkaufs des Wohnungsbestandes der Weg zur Auflösung stiller Reserven von gemeinnützigen Bauvereinigungen von Gebietskörperschaften und deren Zuführung an die öffentlichen Haushalte geschaffen werden [vgl. dazu auch die Darlegung in der Dußerung der Bundesregierung unter Pkt. III.2.b)].

b) Durch Art 12 Z 1 des Budgetbegleitgesetzes 2002, BGBl. I 47/2001, erhielt § 39 Abs 6a folgenden Wortlaut:

"(6a) Mangels gegenteiliger schriftlicher Erklärung gegenüber der Landesregierung bis spätestens gelten in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft errichtete gemeinnützige Bauvereinigungen, die am im ausschließlichen Eigentum

a) einer oder mehrerer Gebietskörperschaften oder

b) von Bauvereinigungen gemäß lita

stehen, ab nicht mehr als gemeinnützig anerkannt."

Das das Budgetbegleitgesetz 2002 enthaltende BGBl. I 47/2001 wurde am ausgegeben. Als Inkrafttretensdatum für die neue Fassung des § 39 Abs 6a WGG bestimmte der mit derselben Novelle dem ArtIV des WGG angefügte Abs 1g den .

In der Erläuterungen zur RV, 499 BlgNR 21. GP, (insb. S. 27) heißt es zu dieser Änderung:

"Im Sinne der Intentionen des Gesetzgebers zum Budgetbegleitgesetz 2001 (und den dort vorgesehenen Änderungen des WGG) sollen die Neuregelungen der Klarstellung und Rechtssicherheit dienen.

...

Eine für die Umsetzung des Regierungsprogramms wichtige Bestimmung im Rahmen der WGG-Änderungen mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 war die Herausnahme der im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehenden Bauvereinigungen (samt Töchter) aus der Gemeinnützigkeit ab . Im Interesse der Rechtssicherheit und im Sinne der Intentionen des Gesetzgebers wird eine Novellierung des WGG dahingehend vorgeschlagen, dass für die Feststellung der ausschließlichen Eigentümerschaft ein Stichtag, und zwar der als Tag der Beschlussfassung dieser Novelle in zweiter Lesung im Parlament, festgelegt wird."

c) Durch Art 50 des 2. Euro-Umstellungsgesetzes-Bund, BGBl. I 136/2001, wurde das WGG in anderen Belangen neuerlich geändert; die Inkrafttretensregelung für die durch diese Novelle geänderten Bestimmungen erhielt jedoch versehentlich die bereits für die Inkrafttretensregelung des § 39 Abs 6a WGG idF BGBl. I 47/2001 vergebene Bezeichnung, "sodass im geltenden Recht die Bezeichnung

(1g) im Artikel IV des WGG doppelt vor[kam]" (AB 1051 BlgNR 21. GP, 2).

Dieses Redaktionsversehen wurde mit ArtV Z 12 des Wohnungseigentumsbegleitgesetzes 2002, BGBl. I 71, dahingehend korrigiert, dass die Inkrafttretensregelung des § 39 Abs 6a wort- und bezeichnungsgleich nochmals erlassen wurde; der in dieser Fassung geltende und angefochtene ArtIV Abs 1g WGG lautet:

"(1g) § 39 Abs 6a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 47/2001 tritt mit in Kraft."

III. Das Parteienvorbringen:

1. a) Die antragstellenden Abgeordneten halten die zur Aufhebung beantragten Bestimmungen wegen Verstoßes gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Verbot rückwirkender Gesetze, gegen das Eigentumsrecht und gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Sachlichkeitsgebot für verfassungswidrig. Der Darlegung ihrer Bedenken im Einzelnen stellen sie folgende Überlegungen voran:

Zielsetzung des § 39 Abs 6a idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I 142/2000, sei es gewesen, insbesondere im Eigentum des Bundes stehende große gemeinnützige Bauvereinigungen aus dem Gemeinnützigkeitssektor ohne "Vorteilsausgleich" herauszunehmen, um in der Folge durch Verwertung des Anlagevermögens und Gewinnausschüttung an die Gesellschafter Geld zur Budgetsanierung zu erlangen.

Aufgrund dieser Bestimmung sei seit ihrer Kundmachung Ende Dezember 2000 klar gewesen, dass mit alle in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft errichteten gemeinnützigen Bauvereinigungen ihren Gemeinnützigkeitsstatus verlieren, wenn sie zu diesem Zeitpunkt im mittelbaren oder unmittelbaren Eigentum einer oder mehrerer Gebietskörperschaften stehen und keine "gegenteilige" Erklärung abgegeben haben. Um sich den Gemeinnützigkeitsstatus zu erhalten, hätten gemeinnützige Bauvereinigungen in mittelbarem oder unmittelbarem Eigentum von Gebietskörperschaften also drei Monate, nämlich vom Jahresbeginn bis zum Zeit gehabt, eine entsprechende "opting-in-Erklärung" abzugeben.

Durch die - von den Antragstellern zur Aufhebung beantragte - Neuregelung durch das Budgetbegleitgesetz 2002 sei nun Folgendes bewirkt worden:

"Während § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 ausschließlich gemeinnützige Bauvereinigungen im mittelbaren oder unmittelbaren Eigentum von Gebietskörperschaften zum Stichtag aus dem Gemeinnützigkeitsrecht 'herausnahm', trennt die Neuregelung des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2002 zwischen zwei Stichtagen: dem Stichtag für die Voraussetzung, dass gemeinnützige Bauvereinigungen überhaupt von der 'Herausnahmeregelung' des § 39 Abs 6a WGG erfasst sind - dafür wird der eingeführt -, und dem Stichtag, mit dem diese Herausnahme tatsächlich erfolgt - das ist der . Veränderungen in den Eigentumsverhältnissen an einer gemeinnützigen Bauvereinigung, die zwischen dem und dem stattgefunden haben, sind nach der geltenden Regelung des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2002 somit für das Eintreten der Rechtsfolgen nach § 39 Abs 6a WGG irrelevant: Stand die gemeinnützige Bauvereinigung zum im ausschließlichen mittelbaren oder unmittelbaren Eigentum von Gebietskörperschaften, dann tritt mit - so nicht eine entsprechende 'opting-in-Erklärung' abgegeben wurde - die Rechtsfolge ein, dass die gemeinnützige Bauvereinigung ab nicht mehr als gemeinnützig anerkannt gilt."

Die rückwirkende Novellierung des § 39 Abs 6a WGG durch das Budgetbegleitgesetz 2002 führe dabei dazu, dass das "Ausscheiden" aus der Gemeinnützigkeit gegebenenfalls auch rückwirkend angeordnet wird:

"Eine gemeinnützige Bauvereinigung, die zwar zum Zeitpunkt im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stand, bei der aber in der Folge die Eigentumsverhältnisse dahingehend wechselten, dass Unternehmensanteile - nach den einschlägigen Vorschriften des WGG - an einen nicht dem Personenkreis des § 39 Abs 6a lita WGG zuzurechnende Personen veräußert wurden, galt nach der 'alten' Regelung des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 ab dem weiterhin als gemeinnützig. Für sie kam ein Ausscheiden nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage nach den Vorschriften des § 39 Abs 6a WGG nicht in Betracht. Erst ab änderte sich für eine derartige gemeinnützige Bauvereinigung die Rechtslage dahingehend, dass sie - weil es nunmehr auf den ankam - rückwirkend mit l. April 2001 nicht mehr als gemeinnützig anerkannt gilt. Weil 'opting-in-Erklärungen' gemäß § 39 Abs 6a WGG nur bis abgegeben werden konnten, verliert eine derartige gemeinnützige Bauvereinigung auch rückwirkend die Möglichkeit, eine derartige Erklärung abzugeben. Denn zum Zeitpunkt, wo sie dies noch konnte, also vor dem , war es auf Grund der damals geltenden Rechtslage nicht erforderlich: Mangels Voraussetzung (ausschließliches mittelbares oder unmittelbares Eigentum von Gebietskörperschaften) war rechtlich eindeutig klar, dass die 'Ausscheidensregel' des § 39 Abs 6a WGG für diese gemeinnützige Bauvereinigung nicht zur Anwendung kommt. Als die gemeinnützige Bauvereinigung dann mit erfährt, dass sie - weil es nunmehr rückwirkend auf den für das Vorliegen dieser Voraussetzung ankommt - von der 'Ausscheidensregel" des § 39 Abs 6a WGG sehr wohl erfasst wird, kann sie ihr Ausscheiden durch 'opting-in-Erklärung' nicht mehr abwenden, weil der als weiterhin aufrechterhaltener Stichtag für derartige Erklärungen vorbei ist."

Verständlich werde die Regelung des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2002 nur vor dem Hintergrund des folgenden Sachverhalts:

"Auf Bundesebene betrifft dies insbesondere die drei 'großen' gemeinnützigen Bauvereinigungen BUWOG, WAG und die Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen samt deren beiden Schwestergesellschaften. An der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH waren ursprünglich der Bund als eindeutiger Mehrheitseigentümer und in untergeordnetem Ausmaß die Stadtgemeinden Mürzzuschlag und Bruck an der Mur beteiligt. ...

Am haben nun die beiden Gemeinden ihre Geschäftsanteile an der Gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH an die [nicht im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehende] Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg.Gen.m.b.H. verkauft. Diese Anteilsübertragung wurde gemäß § 6 Abs 3 WGG vom Aufsichtsrat der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH genehmigt, die Landesregierung erteilte ebenfalls die nach §l0a Abs 1 WGG erforderliche Zustimmung."

Damit sei nach der Rechtslage des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 an sich klar gewesen, so die Antragsteller weiter, dass die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen zum nicht die Voraussetzungen des § 39 Abs 6a WGG erfüllt habe.

In der Folge sei es zu einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Mehrheitseigentümer Bund und den übertragenden Gemeinden bzw. der deren Anteile erwerbenden gemeinnützigen Bauvereinigung über die Wirksamkeit gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen gekommen, die auch gerichtsanhängig gemacht worden seien; mit der rückwirkenden Änderung des § 39 Abs 6a durch das Budgetbegleitgesetz 2002 habe der Bund "gezielt auf diesen Anlassfall hoheitlich reagiert und mittels Gesetz seine Interessensposition durchgesetzt und damit versucht, auch die anhängigen Rechtsstreitigkeiten folgenlos zu machen bzw. zu unterlaufen".

b) Die rückwirkende Änderung des § 39 Abs 6a WGG widerspreche - so die Antragsteller - "dem aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz folgenden Rückwirkungsverbot für Gesetze":

Durch die rückwirkende Einführung des Stichtags in § 39 Abs 6a WGG durch Art 12 des Budgetbegleitgesetzes 2002 werde die "Herausnahmeregel" aus dem Gemeinnützigkeitsrecht auch für (ursprünglich gemeinnützige) Wohnbaugesellschaften angeordnet, die nach der vordem geltenden Rechtslage von dieser "Herausnahmeregel" nicht erfasst waren. Dazu komme, dass derartigen Wohnbaugesellschaften die Möglichkeit der "opting-in-Erklärung" verwehrt werde, weil eine derartige Erklärung nach Kundmachung der Novelle im Bundesgesetzblatt rückwirkend nicht abgegeben werden könne.

Der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgestellt, dass sich der Normunterworfene nicht an Planungen, politischen Vorhaben und literarischen Diskussionen, sondern ausschließlich an der geltenden Rechtslage orientieren muss (VfSlg. 12.186/1989). Ein berechtigtes Vertrauen auf die geltende Rechtslage sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn diese Rechtslage weitgehend klar ist. Anderes mag gelten, wenn diese mehrere Auslegungsvarianten offen lasse und auch keine gesicherte, etwa höchstgerichtliche, Judikatur zu einem Auslegungsproblem besteht.

Die Regelung des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 habe nach Auffassung der antragstellenden Abgeordneten keine Auslegungsprobleme aufgeworfen:

"Es war klar, dass es für die Eigentumsverhältnisse als Voraussetzung für die Rechtsfolge der 'Herausnahme' aus dem Gemeinnützigkeitsrecht auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Herausnahme, also auf den 31. März/ ankam. Stand eine gemeinnützige Wohnbaugesellschaft zu diesem Stichtag nicht im ausschließlichen mittelbaren oder unmittelbaren Eigentum von Gebietskörperschaften, erfüllte somit die Voraussetzung des § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 nicht, dann kam die in § 39 Abs 6a WGG in der genannten Fassung angeordnete Rechtsfolge - die Wohnbaugesellschaft gilt nicht als gemeinnützig anerkannt - nicht zum Tragen. Sie mussten also nicht die - fristgebundene - Entscheidung treffen: 'opting-in - Ja oder Nein'."

Die durch Art 12 des Budgetbegleitgesetzes 2002 vorgenommene rückwirkende Veränderung der Voraussetzungen für die "Herausnahme" aus der Gemeinnützigkeit stelle für betroffene Wohnbaugesellschaften eine nachteilige Veränderung ihrer Rechtsposition von erheblichem Ausmaß dar: Es sei ganz entscheidend, ob ein Unternehmen dem WGG unterfalle oder nicht; zahlreiche Rechtsfolgen knüpften sich an diese grundsätzliche Systementscheidung. Durch die "Herausnahme" einer Wohnbaugesellschaft aus dem Regelungsregime des WGG verändere sich weiters das Verhältnis einer Wohnbaugesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft zu ihren Eigentümern erheblich: Während der Zugriff der Eigentümer auf das Gesellschaftsvermögen im System des WGG erheblichen Beschränkungen unterliege, bestünden außerhalb des WGG viel weitergehende Zugriffsmöglichkeiten des Eigentümers auf das Gesellschaftsvermögen. Aber auch aus der Sicht der Gesellschafter bestünden erhebliche Unterschiede je nach dem, ob die Wohnbaugesellschaft ihre Tätigkeit im gemeinnützigen oder im gewerblichen Sektor der Wohnungswirtschaft erfüllt. Es stelle eine ganz zentrale unternehmerische Entscheidung dar, wie die Chancen und Risken für ein Unternehmen, das aus dem gemeinnützigen Sektor in den "gewerblichen" Sektor der Wohnungswirtschaft wechselt, bewertet werden. Eine gesetzliche Regelung, die diese Unternehmensentscheidung durch rückwirkende Veränderung der Voraussetzung für die "Herausnahme" aus dem WGG nicht der Gesellschaft und ihren Organen überlässt (Möglichkeit, durch "opting-in-Erklärung" für einen Verbleib im gemeinnützigen Sektor zu votieren), sondern die "Herausnahme" aus dem gemeinnützigen Sektor gesetzlich zwingend anordnet, nimmt daher auch den Gesellschaftern einer derartigen Wohnbaugesellschaft jede Mitwirkungsmöglichkeit bei dieser zentralen Unternehmensentscheidung.

Besondere Gründe, die die rückwirkende Veränderung der Voraussetzungen des § 39 Abs 6a WGG zu rechtfertigen vermögen, seien nicht ersichtlich:

"Selbst wenn man - was hier ausdrücklich offengelassen werden soll - die Zielsetzung, dass der Bund als Eigentümer von gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften auf das Vermögen dieser Wohnbaugesellschaften zum Zwecke der Budgetkonsolidierung greifen können soll, ohne den spezifischen gemeinnützigkeitsrechtlichen Schranken zu unterliegen, als im öffentlichen Interesse liegend bewertet (was mit sehr guten Gründen bezweifelt werden kann, insbesondere deshalb, weil diese Gruppe von gemeinnützigen Bauvereinigungen ohne sachliche Rechtfertigung anders behandelt wird als alle anderen und damit der Staat einen - anderen nicht offenstehenden - privilegierten Zugriff auf wohnungsgemeinnützigkeitsrechtlich gebundenes Vermögen erhält), ist jedenfalls in keiner Weise ersichtlich, warum die rückwirkende Einführung einer derartigen Möglichkeit sachlich notwendig sein soll."

Insbesondere könne auch nicht argumentiert werden, dass durch die rückwirkende Novellierung des § 39 Abs 6a WGG durch das Budgetbegleitgesetz 2002 nur eine ursprünglich unklare Rechtslage klargestellt oder etwa verhindert werden sollte, dass gesetzliche Regelungen durch Ausnützen von Informationsvorsprüngen unterlaufen würden:

"Die Übertragung von Geschäftsanteilen an der GmbH an einen neuen Erwerber, der weder eine Gebietskörperschaft ist noch eine Bauvereinigung, die im ausschließlichen Eigentum einer oder mehrerer Gebietskörperschaften steht, wurde nach Kundmachung des Budgetbegleitgesetzes 2001 - in vom Gesetzgeber offengelassener Dispositionsfrist - in die Wege geleitet und vor dem Stichtag finalisiert."

Mit der Einführung des § 39 Abs 6a WGG sei klar gewesen, dass insbesondere der Bund auf das Vermögen der in seinem ausschließlichen Eigentum stehenden gemeinnützigen Bauvereinigungen greifen wollte. Demgegenüber hätten diejenigen gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften, die im ausschließlichen Eigentum von Ländern oder Gemeinden stehen, allesamt für einen Verbleib im Gemeinnützigkeitssektor votiert und eine entsprechende "opting-in-Erklärung" abgegeben.

"Der Bund musste sich daher in seiner Eigenschaft als Gesellschafter einschlägige[r] Wohnbaugesellschaften im Klaren sein, dass überall dort, wo er nicht Alleingesellschafter, sondern gemeinsam mit anderen Gebietskörperschaften Eigentümer einer entsprechenden Kapitalgesellschaft ist, insbesondere unter den Gesellschaftern eine entsprechende Diskussion über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens stattfinden wird. Und dort, wo überhaupt kein ausschließliches Eigentum von Gebietskörperschaften zum Stichtag besteht, hat der Bund ursprünglich von vorneherein auf eine entsprechende 'Herausnahme' einer einschlägigen Wohnbaugesellschaft aus dem Gemeinnützigkeitssektor verzichtet. Den Gesellschaftern, die sich in der Minderheit befanden, stand der legale Weg offen, durch Vermeidung des Tatbestandsmerkmales im § 39 Abs 6a WGG (idF Budgetbegleitgesetz 2001) 'im ausschließlichen Eigentum ... einer oder mehrerer Gebietskörperschaften' - im Interesse der gemeinnützigen Bauvereinigung selbst - der gemeinnützigen Bauvereinigung die Gemeinnützigkeit zu bewahren. In der Regel ist dabei davon auszugehen, dass die Gesellschaft ursprünglich ja gerade zur Betätigung im Gemeinnützigkeitsbereich gegründet wurde."

Auch aus gesellschaftsrechtlichem Blickwinkel sei es konsequent gewesen, dass § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 "gemischte" gemeinnützige Wohnbaugesellschaften, die also im Eigentum sowohl von Gebietskörperschaften als auch von anderen standen, von der Regelung ausgenommen habe:

"Würde nämlich die Regelung auch gemeinnützige Wohnbaugesellschaften mit privaten Minderheitsgesellschaftern miteinbeziehen, dann würde sie das Mitbestimmungsrecht der Minderheitsgesellschafter am Unternehmensgegenstand beseitigen, weil die Rechtsfolge des Ausscheidens unmittelbar kraft Gesetzes eintritt und der Mehrheitsgesellschafter eine 'opting-in'-Erklärung verhindern kann."

c) Die zur Aufhebung beantragten Vorschriften seien auch unverhältnismäßig:

"Denn es ist zunächst schon einmal überhaupt kein Grund ersichtlich, warum eine derartige Maßnahme rückwirkend erfolgen muss und es nicht ausreichen würde, die einschlägigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, um pro futuro die gewünschten Wohnbaugesellschaften aus dem Gemeinnützigkeitsrecht 'herauszunehmen'. Es ist in keiner Weise ersichtlich, warum der Griff auf das Gesellschaftsvermögen (ehemals) gemeinnütziger Wohnbaugesellschaften, die durch § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 nicht, von § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2002 dann rückwirkend aber schon erfasst sind, notwendig wäre, um insoweit ganz akut notwendige Maßnahmen der Budgetsanierung zu setzen, die nur durch diesen rückwirkenden Zugriff gesichert werden könnten. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass es sich bei dieser Maßnahme zum einen um eine ganz punktuelle und zum anderen um eine einmalige Maßnahme handelt, die keine 'Struktureffekte' zur Budgetkonsolidierung beizutragen vermag. Auf der anderen Seite ist festzuhalten, dass das Vermögen der betroffenen gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften nicht verloren geht, wenn die rückwirkende 'Herausnahme' nicht erfolgt. Ganz im Gegenteil sichern die Vermögensbindungsvorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts die Erhaltung dieses Vermögens. Auch aus diesem Blickwinkel heraus ist eine derartige rückwirkende 'Herausnahme' also in keiner Weise erforderlich."

d) Schließlich gerate der gewählte Stichtag des als solcher mit den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in Widerspruch:

"Wie die Erläuterungen ausdrücklich ausführen, ist damit auf den Zeitpunkt der zweiten Lesung des Budgetbegleitgesetzes 2001 im Nationalrat abgestellt. Der Verfassungsgerichtshof hat demgegenüber in seiner Judikatur ausdrücklich klargestellt, dass sich die Normunterworfenen nur an kundgemachten Gesetzen orientieren müssen (siehe schon VfSlg 12.186/1989 und dazu Lang, Die Rückwirkung von Abgabengesetzen, RdW 1989, 401 ff). An den Voraussetzungen, bei deren Vorliegen eine (ehemals) gemeinnützige Wohnbaugesellschaft durch den (damals) neuen § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 aus dem Gemeinnützigkeitsrecht 'herausgenommen' wird, mussten sich gemeinnützige Wohnbaugesellschaften daher überhaupt erst ab der Kundmachung dieses Bundesgesetzes im Bundesgesetzblatt (BGBl. I Nr. 142/2000), die unmittelbar vor dem Inkrafttreten () am erfolgte, orientieren."

Im Ergebnis zwinge diese Stichtagsregelung die Normunterworfenen dazu, ihr Verhalten an Regelungen auszurichten, die noch Gegenstand parlamentarischer Debatte seien. Damit würde aber - geradezu diametral entgegen den Ausführungen der Erläuterungen (499 BlgNR, 21. GP, 27) - der Grundgedanke der Rechtssicherheit, der den verfassungsrechtlichen Publikationsvorschriften von Gesetzen und den daran anknüpfenden Vorschriften über das In-Kraft-Treten gesetzlicher Bestimmungen zugrunde liegt, geradezu konterkariert.

e) § 39 Abs 6a WGG idF des Art 12 des Budgetbegleitgesetzes 2002 sei weiters deshalb unsachlich und damit gleichheitswidrig, weil der Bundesgesetzgeber hier seine hoheitliche Gesetzgebungskompetenz ausschließlich mit der Zielsetzung verwende, die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten, nämlich als Mehrheitsgesellschafter der Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH gegenüber seinen Mitgesellschaftern zu bevorzugen:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 13.310/1992 im Hinblick auf das Verhältnis von hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeit von Gemeinden festgehalten, dass die Sachlichkeit hoheitlicher Rechtssetzungsakte auch im Hinblick auf deren Auswirkungen auf unmittelbar im Zusammenhang stehendes privatwirtschaftliches Handeln der den Hoheitsakt erlassenden Gebietskörperschaft zu beurteilen ist. In diesem Sinne hat er ausgeführt, dass es zulässig ist, besondere Belastungen einer Gemeindeeinrichtung durch einzelne Benützer der gemeindeeigenen Kanalisationsanlage auch in Form einer privatrechtlichen Vereinbarung abzugelten, wenn diesem Umstand in der hoheitlichen Gebührenordnung bei der Bemessung der von diesem speziellen Benützer zu entrichtenden Gebühren in angemessener Weise Rechnung getragen wird. Aus diesen Ausführungen lässt sich der allgemeine Grundsatz ableiten, dass grundsätzlich das Zusammenspiel hoheitlicher und privatrechtlicher Gestaltungsakte einer Gebietskörperschaft verfassungsrechtlich zulässig ist, wenn und insoweit die Gebietskörperschaft dabei die nur ihr zustehende hoheitliche Rechtssetzungsmacht nicht unsachlich dazu ausnützt, ihre Stellung als Träger von Privatrechten gegenüber rechtsunterworfenen Dritten zu bevorzugen."

Genau das, nämlich die Ausnutzung von Hoheitsmacht zur Bevorzugung des Bundes als Träger von Privatrechten gegenüber anderen Rechtsunterworfenen, sei aber die eigentliche Intention des Art 12 des Budgetbegleitgesetzes 2002:

"Weil sich der Bund im Rahmen der Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH nicht gegen seine 'Minderheitsgesellschafter', die Stadtgemeinden Mürzzuschlag und Bruck an der Mur, durchsetzen und insbesondere die Abtretung deren Gesellschaftsanteile an die Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg. Gen.m.b.H. auf gesellschaftsrechtlichem Weg nicht verhindern konnte, korrigiert der Bundesgesetzgeber hoheitlich die gesetzlichen Voraussetzungen des § 39 Abs 6a WGG, im Hinblick auf deren Erfüllen bzw. Nichterfüllen die zwischen dem Bund und den genannten Minderheitsgesellschaftern strittigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen einer Anteilsübertragung erfolgt sind. Rechtspraktisch gesehen hat die rückwirkende Änderung des § 39 Abs 6a WGG durch Art 12 des Budgetbegleitgesetzes 2002 keinen anderen Anwendungsbereich als diesen einzigen Fall, nämlich die Frage, ob die Rechtsfolgen des § 39 Abs 6a WGG - 'Herausnahme' aus der Gemeinnützigkeit - auch für die Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH eintreten oder nicht. ..."

Wenn es, wie die Lehre schon seit langem darlegt [s. nur Funk, Formenmißbrauch und Verfassungsumgehung durch die Legislative, FS Klecatsky, 1990, 67 ff.; Korinek, Das Zusammenspiel hoheitlicher und privatrechtlicher Gestaltungsakte in der kommunalen Wirtschaftsverwaltung, in: Krejci/Ruppe (Hrsg.), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung, 1991, 27 ff.] und die höchstgerichtliche Rechtsprechung nunmehr anerkannt hat (s. VfSlg. 13.310/1992 bzw. OGH, ÖZW 1993, 55 ff., und zu diesem gemeinsamen Aspekt der beiden Entscheidungen Holoubek, Entscheidungsbesprechung, ÖZW 1993, 59 ff.), unzulässig sei, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlich vorgesehenen Rechtssatzformen dadurch unterläuft, dass er staatliche Anordnungen als privatrechtliche Rechtsgeschäfte "tarnt" und insoweit vor den verfassungsrechtlichen Bindungen hoheitlicher Rechtssetzung in nicht hoheitliche Rechtssetzungsformen "flüchtet" (s. VfSlg. 15.625/1999), dann müsse es umso mehr einer Gebietskörperschaft durch den Gleichheitsgrundsatz verfassungsrechtlich auch verwehrt sein, ihre hoheitliche Rechtssetzungsbefugnis auszunutzen, um sich in ihrer Stellung als Träger von Privatrechten im Zivilrechts- und im Zivilprozessbereich Vorteile zu verschaffen.

"Genau das ist aber der Fall, wenn wie hier der Gesetzgeber zunächst im Vertrauen darauf, dass er sich bei 'seinen' gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften als Allein- bzw eindeutiger Mehrheitsgesellschafter schon durchsetzen wird, bestimmte gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, in der Folge dann, weil der Bund sich auf privatrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher Ebene mit seinen Interessen doch nicht durchsetzen kann, der Bundesgesetzgeber die vordem selbst eröffnete Gestaltungsmöglichkeit rückwirkend wieder beseitigt, um den Interessen des Bundes als Mehrheitsgesellschafter an einer Wohnbaugesellschaft zum Durchbruch zu verhelfen."

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie begehrt, den Antrag hinsichtlich der behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums als unzulässig zurück-, im Übrigen abzuweisen.

a) Unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach den Formerfordernissen des § 62 Abs 1 zweiter Satz VfGG nur dann entsprochen wird, wenn sich aus dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, zu welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen, vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass es die Antragsteller unterlassen hätten, die Gründe für den von ihnen behaupteten Verstoß gegen die Eigentumsfreiheit darzulegen. Insofern wird - wie eingangs erwähnt - primär die Zurückweisung des Antrags begehrt.

b) In der Sache selbst erschien es der Bundesregierung zunächst wichtig, die rechtspolitischen Überlegungen des Gesetzgebers näher darzustellen und die Intention der angefochtenen Bestimmungen zu erörtern:

Die Neuregelung des gemeinnützigkeitsrechtlichen Status gebietskörperschaftlicher Bauvereinigungen sei Teil der umfassenden Maßnahmen der Bundesregierung zur Erfüllung der so genannten "Maastricht-Kriterien" der Europäischen Gemeinschaft gewesen; sie sollte Österreich den Abbau des öffentlichen Schuldenstandes mit kurzfristiger Budgetwirksamkeit ermöglichen, um den Konvergenzanforderungen und den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der unter Sanktion stehenden mitgliedstaatlichen Haushaltsdisziplin zu genügen. Die Regelung habe darauf abgezielt, die Rechtsgrundlagen dafür zu schaffen, das in den gebietskörperschaftlichen Bauvereinigungen gebundene Vermögen durch Verkauf von Wohnungen an Mieter und Dritte im Wege gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen des "öffentlichen" Alleineigentümers budgetwirksam in dessen Vermögen überführen zu können.

Die Rechtfertigung für die Schaffung der für diese Vermögenstransaktion erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen sei nach Ansicht der Bundesregierung darin zu sehen, dass die finanzielle Basis für die im Mietwohnungsbestand der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft gebundenen stillen Reserven durch öffentliche Mittel (Wohnbauförderung, Bundeswohnbaudarlehen, Steuerprivilegien) gelegt worden sei, woran der Staat als Förderungsgeber und Eigentümer der Bauvereinigungen insofern partizipieren können sollte, als an ihn über seine Anteilseignerschaft in seinen Gesellschaften gebundenes gemeinnütziges Vermögen für Zwecke der Budgetsanierung zurückfließen soll. Der Verwirklichung dieser Ziele sei jedoch die gemeinnützigkeitsrechtliche Vermögensbindung entgegengestanden. Der Grundsatz der Vermögensbindung habe des Weiteren verhindert, dass der gebietskörperschaftliche Alleineigentümer durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen eine erlössteigernde Geschäftsgebarung, zB durch vermehrten Verkauf von Mietwohnungen und Vereinnahmung der Erlöse im Weg über seine Anteilseignerschaft, erwirken kann. Um diese Mittel Zwecken gebietskörperschaftlicher Budgetkonsolidierung zuführen zu können, sei es erforderlich gewesen, den Grundsatz der Vermögensbindung für im Alleineigentum der Gebietskörperschaften stehende gemeinnützige Bauvereinigungen zu beseitigen.

c) § 39 Abs 6a WGG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 habe noch keinen Stichtag für die ausschließliche Eigentümereigenschaft der Gebietskörperschaften vorgesehen. Nach der im Antrag vertretenen Auffassung hätten daher die betroffenen gemeinnützigen Gesellschaften nicht nur durch eine entsprechende Erklärung im Zeitraum zwischen 1. Jänner bis die "Herausnahme" verhindern können, sondern auch durch den Verlust dieser maßgeblichen Eigentümerstruktur auslösende Anteilsübergänge.

"Angesichts der schon bei der ursprünglichen Novelle des WGG verfolgten Intentionen des Gesetzgebers, nur bestimmte hinsichtlich der Eigentümerschaft umschriebene Gesellschaften aus dem WGG auszunehmen, diesen aber die Möglichkeit der 'Opting in'-Erklärung bis einzuräumen, lässt sich jedoch erkennen, dass das verfolgte rechtspolitische Anliegen nur dadurch erreicht werden konnte, wenn auf einen für die Eigentümerstruktur maßgeblichen Stichtag mit abgestellt würde. Der Zeitraum 1.1. bis stünde demgemäß nur für die Abgabe der Erklärung zur Verfügung, nicht aber für Änderungen der Eigentümerschaft, die mit gleichsam versteinert wäre. Eingeräumt werden sollte und musste lediglich eine Überlegungsfrist nach der mit dem Inkrafttreten erfolgten grundsätzlichen Herausnahme aus dem WGG, die nach Nichtabgabe der Erklärung bis endgültig mit wirksam wurde."

Den rechtstatsächlichen Hintergrund der angefochtenen Bestimmung schildert die Bundesregierung folgendermaßen:

"Nach dem faktischen Stand anlässlich der legistischen Vorbereitung (Abänderungsantrag am zur seinerzeitigen Regierungsvorlage) waren lediglich zehn gemeinnützige Kapitalgesellschaften, nämlich fünf Gesellschaften mit ausschließlicher oder nahezu ausschließlicher (und weiterer Beteiligung von Gemeinden) Bundesbeteiligung und fünf Gesellschaften mit Landesbeteiligung (und Beteiligung weiterer Gemeinden) betroffen."

und meint:

"Diesen und nur diesen sollte das wahlweise Verbleiben in der Gemeinnützigkeit, eben über den Weg der Opting-in Erklärung, nicht aber über nachträgliche Änderungen der Eigentümerstruktur, offen stehen, wobei ihnen der volle Zeitraum von drei Monaten zur Bewertung der eröffneten Gestaltungsmöglichkeit und zur Entscheidung eingeräumt werden sollte. Die geeignete, den Intentionen des Gesetzgebers entsprechende Vorgangsweise war - im Besonderen mit Rücksicht auf die erwähnten Gesellschaften mit Landesbeteiligung - somit die optional zur Verfügung stehende Erklärungsmöglichkeit. Nach Auffassung der Bundesregierung kann daher bereits der Bestimmung des § 39 Abs 6a idF der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000 eine Bedeutung beigemessen werden, wonach vom Anwendungsbereich jene Gesellschaften erfasst waren, deren Eigentümerstruktur am die Voraussetzungen des § 39 Abs 6a erfüllten."

Nach Verlautbarung des Gesetzes habe man erkannt, dass eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Interpretation einen Eigentümerwechsel ermöglicht hätte. So

"würde einerseits ein Übergang nach dem von privaten Gesellschaften (nicht ausschließliche Eigentümerschaft von Gebietskörperschaften) an Gebietskörperschaften (oder deren Tochtergesellschaften) die Herausnahme aus dem WGG und somit aus der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vermögensbindung bewirken, andererseits würde den Eigentümern gemeinnütziger Gesellschaften im Eigentum von Gebietskörperschaften die ausdrücklich eingeräumte Option und damit Gestaltungsmöglichkeit genommen. Beide Auswirkungen der aufgezeigten Problematik hätte das ursprünglich verfolgte - auch von den Antragstellern anerkannte - rechtspolitische Anliegen konterkariert.

Der Gesetzgeber, der davon ausgegangen war, dass bereits mit der ursprünglichen Novelle eine eindeutige Regelung im Sinne des Abstellens auf einen bestimmten Stichtag erfolgt war, beschloss daraufhin eine weitere Novelle, um gleichsam im Sinne einer 'authentischen Interpretation' und somit im Sinne der Rechtssicherheit eine entsprechende Rechtsklarheit zu schaffen.

Der Kreis der Normadressaten der Ausscheidensregelung war dabei dementsprechend eng zu ziehen; so eng, dass die tatsächlich normunterworfenen Gesellschaften namentlich bekannt waren.

...

... Um auch möglicherweise relevante Änderungen in den Eigentumsverhältnissen gemeinnütziger Gesellschaften zwischen 23.11. und auszuschließen, von denen der Bundesgesetzgeber zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die zweite Novelle nicht notwendigerweise Kenntnis haben konnte (so war nicht bekannt, ob nicht auf Landes- oder Gemeindeebene in diesem Zeitraum neu im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften befindliche Gesellschaften entstanden sind), ist durch die neuerliche Novellierung der gegenständlichen Bestimmung im Budgetbegleitgesetz 2002 eine gesetzliche Interpretation im Interesse der Rechtssicherheit durch die Einfügung des maßgeblichen Stichtages erfolgt."

Zum Hintergrund des Antrages vertritt die Bundesregierung die Auffassung:

"Anlass für den Antrag der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Alfred Gusenbauer und Genossen ist das Bestreben der Eisenbahnergewerkschaft, bei der WBG Wien (Stammkapital S 55 Mio., davon Bund S 54,998.000,--, je S 1.000,-- Gemeinden Bruck/Mur und Mürzzuschlag) die Herausnahme aus der Gemeinnützigkeit dadurch zu verhindern, dass die Anteile der beiden genannten Gesellschaften [richtig: Gemeinden] an eine Genossenschaft (im Einflussbereich der ÖBB-Gewerkschaft stehend) übergehen. Der somit gegebene Verlust der ausschließlichen Eigentümerschaft von Gebietskörperschaften würde daher das 'Auspendeln' aus dem WGG verhindern, die WBG Wien wäre weiterhin gemeinnützig.

Nach den Ausführungen im vorliegenden Antrag sei diese Eigentumsübertragung mit erfolgt. Über diese Frage bestehen jedoch anhängige Gerichtsverfahren. Nicht rechtskräftig geklärt ist dabei, ob die für eine Anteilsübereignung bei einer gemeinnützigen Gesellschaft erforderlichen formellen Voraussetzungen der gültigen Zustimmung des Aufsichtsrates sowie der rechtskonformen Zustimmung der Landesregierung als Aufsichtsbehörde vorliegen."

c) In der Sache meint die Bundesregierung, die Regelung habe einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten wollen, was sie sachlich rechtfertige und die Festlegung des Stichtages sei im Interesse der Rechtssicherheit erfolgt. Die Bundesregierung sucht sodann mit verschiedenen Argumentationslinien die hinter der Regelung stehende Differenzierung zwischen solchen gemeinnützigen Bauvereinigungen, die im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, und anderen gemeinnützigen Bauvereinigungen zu rechtfertigen. [Diese Argumente brauchen nicht berichtet zu werden, da die Differenzierung im Antrag nicht als verfassungswidrig bekämpft wurde.]

Den Einwänden der Antragsteller, wonach der gewählte Stichtag des den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes widerspreche, hält die Bundesregierung entgegen:

"Zunächst ist nochmals zu wiederholen, dass der Gesetzgeber von der Annahme ausgegangen war, bereits mit der ersten Novelle die der nunmehr geltenden Rechtslage vergleichbaren Rechtswirkungen herbeigeführt zu haben. Die zweite Novelle sollte lediglich der Rechtssicherheit dienen und aufgeworfene Zweifelsfragen beseitigen. Insofern kann daher schon in Frage gestellt werden, ob - insbesondere bei dem im Antrag dargestellten Einzelfall, bei dem die Eigentumsänderungen mit herbeigeführt wurden - hier überhaupt von einer im Sinne des Gleichheitssatzes maßgeblichen Rückwirkung gesprochen werden kann, die die Rechtsposition betroffener Gesellschaften verschlechtert hat.

Sollte die zweite Novelle auch hinsichtlich des Zeitraumes ab als Rückwirkung angesehen werden, so kann jedenfalls als rechtfertigender Umstand für die getroffene Maßnahme angeführt werden, dass im Hinblick auf das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel die rückwirkende Bestimmung gerechtfertigt zu sein scheint, da lediglich zehn gemeinnützige Kapitalgesellschaften - nämlich fünf Gesellschaften mit ausschließlicher oder nahezu ausschließlicher (unter weiterer Beteiligung von Gemeinden) Bundesbeteiligung und fünf Gesellschaften mit Landesbeteiligung (unter Beteiligung weiterer Gemeinden) - betroffen waren. Diesen und nur diesen sollte allerdings das wahlweise Verbleiben in der Gemeinnützigkeit, eben über den Weg der 'Opting in'-Erklärung, nicht über nachträgliche Änderungen der Eigentümerstruktur, offen stehen. Die geeignete, den Intentionen des Gesetzgebers entsprechende Vorgangsweise war - im Besonderen mit Rücksicht auf die erwähnten Gesellschaften mit Landesbeteiligung - die optional zur Verfügung stehende Erklärungsmöglichkeit.

Nach der parlamentarischen Beschlussfassung am und somit dem Bekanntwerden der vorgesehenen gesetzlichen Regelung hätten allerdings die Intentionen des Gesetzgebers unterlaufen werden können. Ein Übergang nach dem von privaten Gesellschaften (nicht ausschließliche Eigentümerschaft von Gebietskörperschaften) an Gebietskörperschaften (oder deren Tochtergesellschaften) hätte die Herausnahme aus dem WGG und somit aus der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vermögensbindung in einer entsprechenden Größenordnung bewirkt.

Der Kreis der Normadressaten der Ausscheidensregelung war dementsprechend eng zu ziehen, so eng, dass die tatsächlich normunterworfenen Gesellschaften namentlich bekannt waren. Für theoretische Überlegungen über den rückwirkenden Verlust der Möglichkeit einer 'Opting in'-Erklärung, bleibt hierbei kein Raum. Die Gesellschaften, die von der Regelung i.d.F. des Budgetbegleitgesetzes 2001 erfasst waren, haben nach der (einstimmigen oder mehrstimmigen) Entscheidung ihrer Eigentümer gegebenenfalls die 'Opting in'-Erklärung abgegeben (Landesgesellschaften) oder nicht (Bundesgesellschaften)."

d) Dem Vorbringen, der Gesetzgeber habe seine hoheitliche Gesetzgebungsbefugnis ausschließlich mit der Zielsetzung verwendet, die Stellung des Bundes als Träger von Privatrechten, nämlich als Mehrheitsgesellschafter der Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH gegenüber seinen Mitgesellschaftern zu bevorzugen, erwidert die Bundesregierung, dass der Gesetzgeber nicht nur diesen einzigen Anwendungsfall - die Wohnbaugesellschaft der Österreichischen Bundesbahnen gemeinnützige GmbH - vor Augen gehabt habe. Vielmehr seien von der getroffenen Maßnahme insgesamt zehn gemeinnützige Kapitalgesellschaften betroffen gewesen. Nur diesen sollte nach dem Willen des Gesetzgebers das wahlweise Verbleiben in der Gemeinnützigkeit offen stehen. Mit der getroffenen Regelung sollte insbesondere auch verhindert werden, dass während der Legisvakanz der ursprünglichen einschlägigen Änderung des WGG (durch das Budgetbegleitgesetz 2001) Gesellschaftsanteile privater Eigentümer von Gebietskörperschaften "aufgekauft" werden, um sie dem Anwendungsbereich des § 39 Abs 6a idF BGBl. I 142/2000 zu unterstellen. Dies zeige, dass die Bestimmung in ihrer Formulierung keineswegs auf nur einen Einzelfall abgestellt habe.

IV. Die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes:

1. Gemäß Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof - außer in den sonst in diesem Absatz genannten Fällen - über die Verfassungswidrigkeit von Landesgesetzen auf Antrag der Bundesregierung und über die Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auf Antrag einer Landesregierung, eines Drittels der Mitglieder des Nationalrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates.

Die antragstellenden 64 Abgeordneten verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates. Die in Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG normierte Antragsvoraussetzung ist daher gegeben. Der Antrag wurde - wie sich aus VfSlg. 8644/1979 ergibt - auch nicht dadurch unzulässig, dass der Nationalrat nach Antragseinbringung seine Auflösung beschlossen hat (BG BGBl. I 154/2002) und mittlerweile Wahlen zum Nationalrat stattgefunden haben.

Der Umstand, dass die Bedenken nur im Bezug auf den Gleichheitsgrundsatz, nicht aber auch im Hinblick auf das ebenfalls bezogene Eigentumsgrundrecht ausgeführt sind, macht den Antrag entgegen der Ansicht der Bundesregierung - auch nicht teilweise - unzulässig.

Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag zulässig.

2. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

a) Die Einführung der Bestimmung des § 39 Abs 6a WGG durch das Budgetbegleitgesetz 2001 bewirkte, dass ausschließlich im Eigentum von Gebietskörperschaften stehende gemeinnützige Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (und deren gemeinnützige Tochtergesellschaften, sofern sie zur Gänze in ihrem Eigentum stehen) im Hinblick auf die Möglichkeit, den Status der Wohnungsgemeinnützigkeit zu verlieren (und damit insbesondere auch von den Vorschriften über die Vermögenssicherung freigestellt zu werden), anders behandelt werden als sonstige gemeinnützige Bauvereinigungen, also Genossenschaften oder Kapitalgesellschaften, an denen zur Gänze oder teilweise andere Personen (des privaten oder des öffentlichen Rechts) beteiligt sind. Insbesondere wurde auch der gemeinnützlichkeitsrechtliche Status gemeinnütziger Kapitalgesellschaften mit "gemischten" Eigentümern, an denen also neben Gebietskörperschaften auch andere Personen beteiligt sind, nicht verändert. [Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieses Gesetzgebungsaktes ist vom Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen, da insofern verfassungsrechtliche Bedenken von den Antragstellern nicht vorgebracht wurden und der Gerichtshof diese Bestimmung - also § 39 Abs 6a WGG in der Fassung vor der Novellierung durch das Budgetbegleitgesetz 2002 - bei seiner Entscheidung über den diese Bestimmung in der späteren Fassung betreffenden Antrag auch nicht anzuwenden hat, also die Bestimmung weder angefochten noch präjudiziell ist.]

Während gemeinnützige Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, die nicht im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehen und gemeinnützige Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Genossenschaft in ihrem rechtlichen Status nach dem WGG unberührt bleiben, verloren gemeinnützige Kapitalgesellschaften, die im ausschließlichen Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, ihren Gemeinnützigkeitsstatus, sofern sie bis Ende März 2001 eine Optionserklärung für den Verbleib im Gemeinnützigkeitsstatus nicht abgegeben haben.

Damit standen für diese gemeinnützigen Wohnungsunternehmungen zwei Möglichkeiten offen, ihre Stellung als gemeinnützig zu erhalten:

Zum einen konnten die Gebietskörperschaften die Gesellschaftsstruktur der Unternehmen - mit Zustimmung des Aufsichtsrates (§6 Abs 3 WGG) - so verändern, dass diese nicht mehr ausschließlich im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen; zum anderen konnten die Gesellschaften eine Optionserklärung für die Beibehaltung des Gemeinnützigkeitsstatus abgeben.

Durch die bekämpfte Neufassung des § 39 Abs 6a WGG durch das Budgetbegleitgesetz 2002 wurde nun rückwirkend (ArtIV Abs 1g WGG zunächst idF des Budgetbegleitgesetzes 2002, nunmehr idF des Wohnungseigentumsbegleitgesetzes 2002, BGBl. I 71) ein (in der Vergangenheit gelegener) Stichtag eingeführt. Die - erstmals am verlautbarte - Vorschrift stellt nun darauf ab, ob eine gemeinnützige Kapitalgesellschaft am im ausschließlichen Eigentum einer Gebietskörperschaft gestanden ist:

war dies der Fall, so wurden für diese Unternehmung durch die bekämpfte Bestimmung beide Möglichkeiten beseitigt, den Gemeinnützigkeitsstatus zu erhalten: Einerseits ergibt sich nämlich aus dieser Regelung, dass ein Eigentümerwechsel von einer Gebietskörperschaft zu einer anderen Person nach dem Stichtag nicht mehr zur Beibehaltung des Gemeinnützigkeitsstatus führte und andererseits wurde derartigen Unternehmungen die Möglichkeit genommen, durch Optionserklärung den Gemeinnützigkeitsstatus zu erhalten, da eine solche Erklärung bis zum abzugeben gewesen wäre, die Vorschrift aber erst am im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde.

Für die von dieser Regelung betroffenen Unternehmungen stellt das einen gravierenden Eingriff dar, der sie in ihren rechtlichen Dispositionsmöglichkeiten und in ihrer wirtschaftlichen Substanz einschneidend getroffen hat. Es ist sachlich nicht gerechtfertigt jenen Unternehmungen, die im Vertrauen auf die durch das Budgetbegleitgesetz 2001 geschaffene Rechtslage entsprechende Dispositionen getroffen haben, indem sie etwa einen Eigentümerwechsel vorgenommen oder eine Optionserklärung vorbereitet haben, die Möglichkeit der Beibehaltung des Gemeinnützigkeitsstatus - anders als allen anderen gemeinnützigen Wohnungsunternehmungen - zu nehmen.

b) Die Bundesregierung meint in ihrer Äußerung, dass es zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Nationalrat über die Erstfassung des § 39 Abs 6a WGG bloß zehn gemeinnützige Bauvereinigungen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gegeben habe, die im alleinigen Eigentum von Gebietskörperschaften gestanden seien, und dass der Gesetzgeber die Absicht verfolgt habe, deren Gemeinnützigkeitsstatus mit zu beenden, falls diese bis dahin keine Optionserklärung abgegeben hätten, aber nicht beabsichtigt habe, einen Eigentümerwechsel mit der beschriebenen gemeinnützigkeitsrechtlichen Konsequenz zu ermöglichen. Dem ist freilich entgegenzuhalten, dass diese Absicht im Normtext selbst nicht zum Ausdruck kommt und dass sie auch nicht in einer Weise dokumentiert ist, die es erlauben würde, ein derartiges Interpretationsergebnis zu begründen.

Nicht nachvollziehbar ist schließlich - angesichts des Umstandes, dass durch die rückwirkende Einführung eines vor In-Kraft-Treten der ursprünglichen Regelung liegenden Stichtages durch eine nach Ablauf der Möglichkeit zur Abgabe einer Optionserklärung kundgemachte Novelle der Normgehalt des § 39 Abs 6a WGG wesentlich verändert wurde - die Ansicht der Bundesregierung, es habe sich dabei "im Sinne einer 'authentischen Interpretation'" bloß um einen klarstellenden Gesetzgebungsakt im Interesse der Rechtssicherheit gehandelt.

c) Die angefochtene Regelung verstößt daher gegen den Gleichheitsgrundsatz. Sie war daher aufzuheben.

3. a) Der Ausspruch, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, gründet sich auf Art 140 Abs 7 B-VG. Zu diesem Ausspruch sah sich der Verfassungsgerichtshof veranlasst, da die Aufhebung ansonsten ohne rechtliche Wirkung bliebe.

b) Gemäß Art 140 Abs 6 B-VG treten mit dem Tag des In-Kraft-Tretens der Aufhebung einer Gesetzesbestimmung, falls das Erkenntnis nichts anderes ausspricht, die gesetzlichen Bestimmungen wieder in Wirksamkeit, die durch das vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannte Gesetz aufgehoben worden waren.

Der Verfassungsgerichtshof sieht sich aus folgenden Erwägungen nicht veranlasst, von der Ermächtigung, anderes auszusprechen, Gebrauch zu machen:

Der durch das Budgetbegleitgesetz 2001 offenkundig gewordenen Absicht des Gesetzgebers, den Gebietskörperschaften zu ermöglichen, Mittel aus Verkäufen von Objekten gemeinnütziger Bauvereinigungen, die in ihrem Eigentum oder in dem ihrer 100%igen gemeinnützigen Tochtergesellschaften stehen, zur Budgetkonsolidierung zu verwenden, war nur soweit entgegenzutreten, als dies aus dem Blickwinkel des vorliegenden Antrags geboten ist. Die aufgeworfenen Bedenken richten sich aber nur gegen die rückwirkende Einführung eines vor Geltungsbeginn des Gesetzes liegenden Stichtags, nicht aber gegen die Regelung im Übrigen, also der Sache nach auch nicht gegen die Bestimmung des § 39 Abs 6a idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I 142/2000, der die Rechtsgrundlage dafür ist, dass die dort näher umschriebenen Bauvereinigungen in Ermangelung einer gegenteiligen Erklärung als nicht mehr gemeinnützig anerkannt gelten. Das Wieder-in-Kraft-Treten dieser Bestimmung war daher nicht auszuschließen, was nach Art 140 Abs 6 letzter Satz B-VG klarzustellen war.

c) Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung, des Ausspruches, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, sowie der wieder in Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmung erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz und Abs 6 B-VG sowie aus § 64 Abs 2 VfGG iVm § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.