VfGH vom 12.03.2004, G289/02
Sammlungsnummer
17171
Leitsatz
Aufhebung einer Bestimmung der Gewerbeordnung 1994 über die Beschränkung des gewerblichen Buchhalters auf die Vornahme der Geschäftsbuchhaltung für Betriebe lediglich bis zu einer bestimmten Umsatzsumme wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz und die Erwerbsausübungsfreiheit; jedoch keine Verfassungswidrigkeit der Beschränkung des gewerblichen Buchhalters auf die Durchführung von Einnahmen- und Ausgabenrechnungen unter Ausschluss einer Bilanzerstellung; kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit; kein Verstoß gegen das Übermaßverbot durch Einrichtung eines Stufenbaues vom gewerblichen Buchhalter zu den Wirtschaftstreuhandberufen entsprechend der Ausbildung
Spruch
I. 1. Die Wortfolge "im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998" in § 102 Abs 1 erster Satz Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl. Nr. 194, idF BGBl. I Nr. 111/2002 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
II. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
III. Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, dem Antragsteller zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 1.161,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit einem auf Art 140 B-VG gestützten, beim Verfassungsgerichtshof am eingelangten Antrag begehrt der Einschreiter die Aufhebung der Wortfolgen "im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998" und "zum Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und" in § 102 Abs 1 GewO 1994 idF BGBl. I 111/2002.
Der teilweise bekämpfte § 102 Abs 1 GewO 1994 lautet idF BGBl. I 111/2002 (die zur Aufhebung begehrten Wortfolgen sind hervorgehoben):
"(1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Buchhaltung (§94 Z 9) bedarf es für die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998, und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des § 4 Abs 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988. Gewerbliche Buchhalter sind zum Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und zur Vertretung ihrer Auftraggeber vor Behörden nicht berechtigt."
§ 125 Abs 1 BAO lautet auszugsweise:
"§125. (1) Soweit sich eine Verpflichtung zur Buchführung nicht schon aus § 124 ergibt, sind Unternehmer
a) für einen Betrieb oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§31), dessen Umsatz in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren jeweils 400 000 Euro, bei Lebensmitteleinzelhändlern und Gemischtwarenhändlern jeweils 600 000 Euro, überstiegen hat, oder
b) für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dessen Wert zum 1. Jänner eines Jahres 150 000 Euro überstiegen hat,
verpflichtet, für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Einkommen Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. ..."
2. a) Zur Antragslegitimation bringt der Einschreiter vor, dass er als Inhaber einer aufrechten Gewerbeberechtigung für das Gewerbe des gewerblichen Buchhalters nach § 102 GewO 1994 seinen Beruf nur in den doppelten Schranken des § 125 BAO ausüben und weiters grundsätzlich Bücher nicht abschließen dürfe. Die bekämpften Wortfolgen in § 102 Abs 1 GewO 1994, die ihm Rechtspflichten und Verbote auferlegen würden, seien für ihn unmittelbar wirksam, ohne dass es hiefür der Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder der Erlassung eines Bescheides bedürfe. Eine Bestrafung im Falle des Zuwiderhandels abzuwarten bzw. zu provozieren, sei ihm nicht zumutbar. Auch andere Wege, die Verfassungswidrigkeit des Eingriffs an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, stünden ihm nicht zur Verfügung, weshalb der Antrag nach Art 140 B-VG zulässig sei.
b) Die Einschränkung der Berufsausübung des gewerblichen Buchhalters innerhalb der doppelten Schranken des § 125 BAO und das grundsätzliche Verbot, Bücher abzuschließen, verletzten nach Meinung des Antragstellers die Erwerbsausübungsfreiheit, den Gleichheitssatz sowie die Freiheit der Berufswahl.
Die die Einschränkung umschreibenden Betragsgrenzen des § 125 BAO seien "im Zusammenhang des § 102 GewO 1994 willkürlich":
"Wer die Antrittsvoraussetzungen für den Beruf des gB [= gewerblichen Buchhalters] erfüllt, ist ausgebildet, auch Betriebe, die die Schranken nach § 125 BAO überschreiten, fachgerecht, verständig und umfassend zu betreuen. Daß für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung von § 125 BAO Betragsgrenzen differenzierend vorgeschrieben werden, kann keine Grundlage abgeben zur Annahme, daß gB für die pagatorische Buchhaltung bei Über- oder Unterschreitungen der doppelten Betragsgrenzen in § 125 BAO fachlich unterschiedlich (schlechter oder besser) ausgebildet seien. Eine solche Annahme wäre völlig unsachgemäß. Gleichfalls führt die Differenzierung in § 125 BAO nicht dazu, daß der buchführungspflichtige Auftraggeber seine handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Pflichten mehr oder weniger erfüllen müsse oder sich hierbei Gehilfen nicht bedienen dürfe. Unsere Arbeit, für die wir ausgebildet sind, also insbesonders die Betreuung der Finanzbuchhaltung, bleibt dieselbe, ob innerhalb oder außerhalb der Betragsgrenzen des § 125 BAO. Die Unsachlichkeit der Vorschrift des § 102 GewO, die unsere Befugnisse an § 125 BAO knüpft, zeigt sich besonders deutlich im Fall, daß unser Auftraggeber, der uns kennt und uns vertraut, sich selbst zu einem Betrieb entwickelt, der die Grenzen des § 125 BAO überschreitet: Gerade dem Gehilfen, dem er die Führung seiner Bücher zutraut und den er kennt und dem er vertraut, gerade dem muß er nach § 102 GewO den Auftrag entziehen. Diese Sanktion ist nicht nur unsachlich, sondern überdies stärker als die Vorschrift des § 125 BAO selbst, der für steuerliche Zwecke den Wechsel der Gewinnermittlungsart erst unter der zusätzlichen Bedingung, daß die Grenzen zwei aufeinanderfolgende Jahre überschritten werden, vorsieht. Während also das Steuerrecht im eigenen Bereich selbst erkennt, daß die Grenzen eine gewisse Deutlichkeit und Nachhaltigkeit hinsichtlich der Überschreitung haben müssen, verbietet die GewO uns das Tätigwerden abrupt und ohne Absicherung der betrieblich stabilen Weiterentwicklung."
Dem Auftraggeber werde daher die Wahl eines neuen Vertragspartners aufgezwungen, obwohl die gewerblichen Buchhalter geeignet seien; ja den gewerblichen Buchhaltern würden schon vor Erreichung der Grenzen nach § 125 BAO Aufträge entzogen werden, weil es für den Auftraggeber unzweckmäßig sei, bei laufender Unternehmensentwicklung neue Vertraute suchen zu müssen.
c) In weiterer Folge will der Antragsteller die Gleichheitswidrigkeit der unterschiedlichen Berufsausübungsbefugnisse des gewerblichen und des (freiberuflichen) Selbständigen Buchhalters nach dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) aufzeigen, sei doch zwischen den beiden Berufen "kein Ausbildungsgefälle feststellbar", wie die Übertrittsmöglichkeiten belegten.
Unsachlich sei vor allem die "Differenzierung der Befugnisse je nachdem, ob Bücher oder E/A-Rechnungen abzuschließen" seien:
"Mit Ausnahme des Inventars, das der E/A-Rechner nicht führt, zeichnet der E/A-Rechner nämlich - von geringfügigen zwangsläufig unanwendbaren oder wenigen sonstigen Sondervorschriften abgesehen - dieselben Geschäftsfälle auf wie der Bilanzierer: das Anlageverzeichnis ist zu führen wie beim Bilanzierer; das Anlagevermögen wird aufgezeichnet wie beim Bilanzierer, inclusive Normalabschreibung und Veräußerung; insbesonders sind die Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben, (Sach)Entnahmen, (Sach)Einlagen, üblicherweise auch Geldentnahmen und -einlagen aufzuzeichnen. Der E/A-Rechner unterliegt insoweit denselben Begriffen und Vorschriften.
Der Unterschied zum Betriebsvermögensvergleich nach § 4 (1) EStG liegt also nicht darin, welche Geschäftsfälle wirksam sind und aufgezeichnet werden, sondern er liegt bloß darin, wann ein Geschäftsfall als wirksam ('realisiert') gilt. Der E/A-Rechner erfaßt Vorgänge zu einem anderen Zeitpunkt als der Bilanzierer, er erfaßt sie nämlich gemäß § 19 EStG schon bzw erst mit Zufluß bzw Abfluß von Geld oder geldwertem Vorteil. Dieser Zeitpunkt von Zu- bzw Abfluß (Realisationszeitpunkt), auf den abzustellen ist, entscheidet zwischen Bilanzierer und E/A-Rechner, und dieses Realisationsprinzip ist zu beherrschen. Daß der gB auch den Realisationszeitpunkt des Bilanzierers (Zurechnung Einnahme/Ausgabe in die Periode, zu der sie wirtschaftlich gehört) beherrschen muß, ergibt sich schon daraus, daß wir ja selbstverständlich reguläre Buchhaltung innerhalb der Wertgrenzen nach § 125 BAO machen dürfen.
Es ist aber völlig unsachlich, obwohl wir die Geschäftsfälle umfäng- und inhaltlich den Bilanzierern gleichartig zu betrachten haben und technisch gleichartig vorgehen, in Berufsbefugnisse nach dem Realisationszeitpunkt der Geschäftsfälle zu differenzieren. Wann ein Geschäftsfall Betriebseinnahme oder Betriebsausgabe wird, kann nicht zum Anlaß und Kriterium genommen werden, die Berufsbefugnisse des gB zu beschränken."
Weiters sei der gewerbliche Buchhalter gegenüber Mitbewerbern aus wichtigen EU- und EWR-Staaten gröblich benachteiligt, da diese Staaten keine Beschränkungen der Berufsausübung für Buchhaltung und Bilanzierung vorsehen würden, insbesondere nicht zu § 102 GewO 1994 vergleichbare.
d) Unter dem Blickwinkel des Grundrechtes der Erwerbsausübungsfreiheit bringt der Antragsteller Folgendes vor:
Es bestehe kein öffentliches Interesse durch Regulierung etwaige Marktfehler auszugleichen. Insbesondere führe die Regulierung nicht zu günstigeren Preisen für Buchhaltungs- und Bilanzierungsdienstleistungen, sondern verhindere sie vielmehr. Durch die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Monopols der so genannten Selbständigen Buchhalter (nach dem WTBG) werde deren Preis künstlich hoch gehalten.
Die bekämpfte Wortfolge des § 102 GewO 1994 drücke offenbar eine gezielte Wirtschaftslenkung der Buchhaltungsberufe aus. Die Bestimmung sei auch nicht geeignet, dem öffentlichen Interesse an der Transparenz von kostengünstiger Leistungsfähigkeit zu dienen, denn sie führe evident zu überteuerter Monopolisierung (gemeint wohl der Selbständigen Buchhalter), Privilegierung und damit Verzerrung der Marktbedingungen. Dem Auftraggeber sollte dessen Partner nicht vorgeschrieben werden, umso weniger als weder Grundsätze der Steuererhebung noch Gläubigerschutz einen Wirtschaftstreuhänder erzwängen.
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung zum Gegenstand erstattet, in der sie die Zurückweisung des Individualantrages als unzulässig, in eventu dessen Abweisung beantragt.
a) Zur Antragslegitimation führt die Bundesregierung aus, dass es dem vorliegenden Antrag an der Darstellung eines aktuellen Eingriffes in die Rechtssphäre des Antragstellers ermangle. Der Antragsteller begnüge sich mit der allgemeinen Behauptung, dass ihm bloß eine bestimmte Geschäftstätigkeit erlaubt sei. Sein Vorbringen ließe jedoch jeden Hinweis darüber vermissen, dass er bereits konkrete Angebote hätte, die er aber auf Grund des § 102 Abs 1 GewO 1994 nicht wahrnehmen könne.
Weiters könne man davon ausgehen, dass durch den Entfall der zur Aufhebung beantragten Wortfolgen dem gewerblichen Buchhalter ein umfangreicherer Berechtigungsumfang zustehen würde als den Selbständigen Buchhaltern (nach dem WTBG). So erhielte der verbleibende Teil des § 102 Abs 1 GewO 1994 einen gänzlich veränderten Inhalt, der dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen nicht mehr entsprechen würde. Nach Ansicht der Bundesregierung wäre daher nur ein Antrag auf Aufhebung der gesamten Regelung zulässig gewesen.
b) In der Sache verweist die Bundesregierung zunächst auf die Entstehungsgeschichte des § 102 GewO 1994, derzufolge diese Bestimmung auf einer sozialpartnerschaftlichen Einigung beruhe, mit der ein selbständiger Beruf auf einem Teilgebiet der bis dahin ausschließlich Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Arbeiten geschaffen werden sollte. Ursprünglich sei lediglich im Rahmen der Wirtschaftstreuhandberufe die Schaffung eines freien Berufes selbständiger Buchhalter bei Vollintegration in die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vorgesehen gewesen, dem von vornherein nur ein eingeschränkter Berechtigungsumfang zukommen sollte. Die Schaffung eines diesbezüglichen Gewerbes sei vorerst als "sachlich nicht nachvollziehbar" erachtet worden. Erst im Rahmen der parlamentarischen Beratungen sei ein Konsens dahingehend gefunden worden, dass - Erfordernissen der Praxis entsprechend - für den Beruf eines (einfachen) Buchhalters zugleich eine gesetzliche Grundlage in der GewO 1994 geschaffen werde, der nicht dem strengen berufsrechtlichen Regime der Wirtschaftstreuhänder unterworfen werde. Gegenüber dem nunmehr im WTBG vorgesehenen Selbständigen Buchhalter sollten nach der GewO 1994 lediglich einfache Buchhaltungstätigkeiten erlaubt werden, zumal damit weder die Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung noch zur Verschwiegenheit verbunden sei.
Im hier zu betrachtenden Berufsbereich seien wesentliche finanzielle Risken involviert, die eine Maß haltende Grenzziehung zu dem Berufsrechtsumfang der wesentlich umfassender ausgebildeten Wirtschaftstreuhänder erfordern würden.
Die Bundesregierung schickt voraus, dass sie jener Auslegung des § 102 Abs 1 GewO 1994 zuneige, wonach nicht ausschließlich auf die Grenzwerte des § 125 BAO abzustellen sei, sondern auf den Eintritt der Buchführungspflicht, wenn jene Umsatzgrenzen in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten werden.
Zum Vorwurf der unsachlichen Abgrenzung des Gewerbeumfanges wird Folgendes vorgebracht:
"Die vom Antragsteller angefochtene Grenzziehung für die gewerblichen Buchhalter mit Hilfe der doppelten Wertgrenzen des § 125 Bundesabgabenordnung stellt nach Ansicht der Bundesregierung einen durchaus tauglichen Weg einer Abgrenzung dar, die Anlehnung an im Steuerrecht für die als Auftragnehmer in Frage kommenden Betriebe maßgebliche Größenelemente erscheint sogar durchaus naheliegend. Die angesprochenen Umsatzgrenzen betreffen, bei typisierender Betrachtung, jene Betriebe, die tatsächlich kleinere volkswirtschaftliche Werteinheiten repräsentieren und bei denen daher das relevante potentielle Risiko der Beeinträchtigung von Vermögen eindeutig geringer ist."
Die Bundesregierung verweist auf die Unterschiede der jeweiligen Befähigungsnachweisvorschriften, nämlich §§24 ff. WTBG über den Inhalt der Prüfung für Selbständige Buchhalter bzw. über Prüfungsbefreiungen einerseits und die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Buchhalter (Buchhalter-BefähigungsnachweisVO), BGBl. II 399/1999, andererseits:
"Während für den gewerblichen Buchhalter die Bilanzbuchhalterprüfung am Wirtschaftsförderungsinstitut ausreicht, benötigt der Selbständige Buchhalter etwa eine wesentlich intensivere Personalverrechnungsausbildung (vgl. diesbezüglich Bernbacher (Hrsg), Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, Wien 2000, § 26, Z 2, ferner SBH-Prüfungsbefreiungsverordnung BGBl. II Nr. 64/2001, die etwa in ihrem § 1 Z 3 zusätzlich zur Ausbildung zum Bilanzbuchhalter der WIFIs eine besonders umfangreiche Ausbildung auf dem Gebiet der Personalverrechnung erfordert, um den Befähigungsanforderungen für Selbständige Buchhalter zu entsprechen). Auch die vertiefte Ausbildung in diesem Bereich erlaubt es, dem Selbständigen Buchhalter in eingeschränktem Umfang die Erstellung von Bilanzen zu überantworten, da so davon ausgegangen werden kann, dass die Zahlen aus dem komplexen Personalverrechnungsbereich in einer Bilanz die wirtschaftliche Realität eines Unternehmens widerspiegeln.
Ein weiterer Unterschied besteht im anzuwendenden Berufsrecht und der Pflichtmitgliedschaft des Selbständigen Buchhalters bei der Wirtschaftstreuhänderkammer. Damit verknüpft ist der nach § 26 Z 1 WTBG im Rahmen der Prüfung für den Selbständigen Buchhalter zu erbringende Nachweis von Kenntnissen im Berufsrecht, der sich nicht in der Ausbildung zum gewerblichen Buchhalter findet und der nicht zuletzt in den für die Berufe der Wirtschaftstreuhänder typischen Standespflichten und der Disziplinargewalt der Kammer wurzelt. In Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zum Berufsstand der Wirtschaftstreuhandberufe steht aber auch die verpflichtende berufsrechtliche Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (§11 WTBG), die im Berufsrecht der gewerblichen Buchhalter kein Äquivalent hat. Schon aufgrund dessen kann dem Gesetzgeber im Licht seiner oben dargestellten Risikoabwägungen nicht entgegengetreten werden, wenn er dem Selbständigen Buchhalter einen etwas weiteren Berechtigungsumfang einräumt."
Zu den behaupteten Nachteilen gegenüber ausländischen Mitbewerbern verweist die Bundesregierung darauf, dass auch ausländische Mitbewerber, die in Österreich tätig werden wollen, die inländischen Berufsausübungsvorschriften zu beachten hätten.
4. Über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes erstattete die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die im Folgenden zusammengefasst wiedergegebene Stellungnahme, inwieweit die Differenzierung des Berechtigungsumfanges bei der Ausübung des Berufes des Selbständigen Buchhalters und des Gewerbes des gewerblichen Buchhalters in unterschiedlichen Ausbildungsstandards (§13, §§24 ff. WTBG bzw. Buchhalter-BefähigungsnachweisVO) begründet ist.
Zunächst wird, wie schon in der Äußerung der Bundesregierung, die Entstehungsgeschichte der einschlägigen Regelungen der GewO 1994 und des WTBG dargestellt und eine Übersicht über die jeweiligen Berufsberechtigungen des gewerblichen Buchhalters und des Selbständigen Buchhalters gemäß § 102 GewO 1994 bzw. § 2 WTBG gegeben. Über die "pagatorische Buchhaltung" (Geschäftsbuchhaltung) im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 BAO hinaus würden sich die Berechtigungsumfänge wesentlich unterscheiden. Hinsichtlich der Erstellung von Bilanzen dürften Selbständige Buchhalter im Rahmen der durch § 125 BAO festgesetzten Wertgrenzen den Abschluss von Büchern vornehmen, gewerbliche Buchhalter seien dazu nur im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung berechtigt. Selbständige Buchhalter dürften die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren vor Behörden ausüben, was gewerblichen Buchhaltern versagt sei. Schließlich dürften Selbständige Buchhalter die Vertretung und die Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldung vornehmen und die "kalkulatorische Buchhaltung" (Kalkulation) ausüben, was gewerblichen Buchhaltern ebenfalls verwehrt sei. Für diesen erweiterten Berechtigungsumfang der Selbständigen Buchhalter sollte jedenfalls auch eine höherwertige Ausbildung erforderlich sein.
Grundsätzlich werde die Berechtigung auf Grund der Ablegung einer jeweils näher geregelten Prüfung erlangt. Antrittsvoraussetzung für die Fachprüfung für Selbständige Buchhalter nach dem WTBG sei eine mindestens zweijährige hauptberufliche fachliche Tätigkeit im Rechnungswesen. Antrittsvoraussetzung zur Prüfung für den gewerblichen Buchhalter sei nach der Buchhalter-BefähigungsnachweisVO hingegen lediglich die Vollendung des 19. Lebensjahres. In weiterer Folge sei sowohl für den gewerblichen als auch den Selbständigen Buchhalter die Ablegung einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung vorgesehen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder räumt ein, dass sich das in § 3 der Buchhalter-BefähigungsnachweisVO für den schriftlichen Teil aufgezählte Prüfungsgebiet nicht wesentlich von dem in § 25 WTBG genannten Gebiet unterscheide. Sie hält allerdings nicht die bloße Nennung einzelner Prüfungsgebiete für wesentlich, sondern den tatsächlich geprüften Umfang und die Detailliertheit der von den Kandidaten zu beherrschenden Fragen. Dies ergebe sich insbesondere aus einem Vergleich der Inhalte der jeweils angebotenen (Vorbereitungs-)Kurse:
"Aus der Prüfungsordnung des WIFI für die Buchhalter- und Bilanzbuchhalterprüfung der Wirtschaftsförderungsinstitute ... ist ersichtlich, dass bei der für Selbständige Buchhalter vorgesehenen Bilanzbuchhalterprüfung zusätzlich entsprechende Kenntnisse über die Bilanzierung verlangt werden, was dem Berechtigungsumfang dieses freien Berufes entspricht, der sich - im Gegensatz zu den gewerblichen Buchhaltern - auch auf den Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen) nach Handelsrecht oder anderen gesetzlichen Vorschriften bezieht ...
Dem entsprechend bauen auch die von den verschiedenen Institutionen angebotenen Vorbereitungskurse auf dieser Unterscheidung auf:
So werden - zB vom WIFI Wien - als Grundlage für die Buchhalterprüfung derzeit die Kurse Buchhaltungspraxis 1 (90 Trainingseinheiten) und 2 (60 Trainingseinheiten) angeboten ...
Für den ebenfalls angebotenen Bilanzbuchhalterlehrgang (314 Trainingseinheiten) als Vorbereitung für die Bilanzbuchhalterprüfung ist zunächst die positive Ablegung der Buchhalterprüfung Voraussetzung. Die Ausbildung des Selbständigen Buchhalters baut daher auf derjenigen des gewerblichen Buchhalters auf.
Das Ausbildungsprogramm nennt als Ziel des Bilanzbuchhalterlehrganges die Beherrschung der Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht bei Unternehmen jeder Rechtsform. Mit 314 Trainingseinheiten ist der Bilanzbuchhaltungslehrgang mehr als doppelt so intensiv wie die Kurse Buchhaltungspraxis 1 und 2 mit insgesamt 150 Trainingseinheiten als Vorbereitung auf die Buchhalterprüfung. Erfahrungsgemäß beträgt die Vorbereitungszeit (und der Stoffinhalt) für die WIFI-Buchhalterprüfung daher zwischen der Hälfte und einem Drittel der WIFI-Bilanzbuchhalterprüfung."
Im mündlichen Prüfungsteil sei für die Selbständigen Buchhalter auch das "Berufsrecht" der Wirtschaftstreuhänder umfasst. Nach der Buchhalter-BefähigungsnachweisVO sei im Wesentlichen von ergänzenden Fragen zum schriftlichen Teil auszugehen, während das WTBG keinerlei Bezug zwischen schriftlicher und mündlicher Arbeit herstellt, sodass der mündliche Prüfungsteil insoweit nicht bloß ergänzenden Charakter habe.
Der Gesetzgeber sehe aber auch einen Ausbildungsunterschied bei den jeweils vorgesehenen Prüfungskommissionen vor. Die Prüfungskommission für gewerbliche Buchhalter bestehe aus zwei Fachleuten, die das Gewerbe der Buchhalter als Gewerbeinhaber oder als Pächter ausüben oder in diesem Gewerbe als Geschäftsführer oder Filialgeschäftsführer tätig seien und den Befähigungsnachweis erbracht hätten, sowie zwei weiteren Fachleuten. Hingegen sei bei der Besetzung der Prüfungskommission für Selbständige Buchhalter die Hälfte der Prüfungskommissäre auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aus dem Stand der Beamten des höheren Finanzdienstes und die andere Hälfte auf Vorschlag der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit aus dem Kreis der Berufsangehörigen, der Hochschullehrer für einschlägige Fächer und anderer "hervorragender Fachleute" des betreffenden Wissensgebietes zu stellen.
Als Ausnahme von den jeweils dargestellten Regelfällen würden sowohl das WTBG als auch das Gewerberecht die Möglichkeit der Anrechnung anderer Ausbildungen vorsehen:
Gemäß § 27 Abs 2 WTBG habe der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung festzulegen, welche Ausbildungen mit den genannten Antrittsvoraussetzungen und den Prüfungsbestimmungen der §§24 bis 26 WTBG vergleichbar sind. Personen, die eine solche vergleichbare Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, seien von der Ablegung der Fachprüfung für Selbständige Buchhalter befreit. In diesem Zusammenhang hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die SBH-Prüfungsbefreiungsverordnung, BGBl. II 64/2001, erlassen. Zunächst seien in dieser Verordnung ausdrücklich bestimmte Ausbildungswege bei bestimmten Institutionen genannt. Darüber hinaus werde zusätzlich jedenfalls die Absolvierung eines Ausbildungsganges "Personalverrechnung" bei bestimmten Institutionen verlangt. Der Umstand, dass diese eingehenden Personalverrechnungskenntnisse zusätzlich notwendig seien, mache deutlich, dass die Ausbildung der Selbständigen Buchhalter von der Ausbildung der gewerblichen Buchhalter erheblich abweiche, von denen nicht einmal die Bilanzbuchhalterprüfung verlangt werde. Durch die ausdrückliche Nennung bestimmter Kurse, deren Inhalt approbiert sei, habe sich der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sohin auch zu den notwendigen Mindestvoraussetzungen geäußert. Nach § 1 Z 1 der Buchhalter-BefähigungsnachweisVO sei die Befähigung für die Ausbildung des Gewerbes der gewerblichen Buchhalter hingegen schon allein durch das Zeugnis einer erfolgreich abgelegten Buchhalterprüfung am Wirtschaftsförderungsinstitut einer Wirtschaftskammer oder an einem Berufsförderungsinstitut nachgewiesen.
§ 27 Abs 3 und 4 WTBG eröffnen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Möglichkeit mittels Bescheid festzustellen, inwieweit eine bereits absolvierte Ausbildung den maßgeblichen Bestimmungen des WTBG gleichwertig ist, sodass diese Kandidaten von der Ablegung der Fachprüfung befreit sind. In ständiger Praxis der Kammer der Wirtschaftstreuhänder würden wesentliche Teile absolvierter Ausbildungen nicht angerechnet werden.
Unterschiedlich sei aber auch die Anforderung an die geforderten Praxiszeiten. Werde zur Erlangung einer Befähigung für die Tätigkeit als gewerblicher Buchhalter eine fachliche Tätigkeit gemäß (nunmehr) § 18 Abs 3 GewO 1994 verlangt, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind, so sehe das WTBG ausdrücklich eine hauptberufliche fachliche Tätigkeit im Rechnungswesen vor. Es sei daher auch hinsichtlich der jeweils geforderten Praxiszeiten von unterschiedlichen Standards auszugehen. Dies bedeute aber, dass auch bei einer allenfalls gleich lang vorgesehenen Praxiszeit keine gleichwertige Ausbildung vorliege.
Auf Grundlage des § 83 WTBG habe die Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine Richtlinie für die Ausübung der Wirtschaftstreuhandberufe erlassen. Darin sei in § 3 eine Fortbildungsverpflichtung der Selbständigen Buchhalter geregelt. Demnach seien die Selbständigen Buchhalter verpflichtet, ihre beruflichen Kenntnisse stets auf dem Laufenden zu halten und sich in einem Umfang von mindestens 120 Stunden im Zeitraum von 3 Jahren fortzubilden. Dies führe mit zunehmender Berufsdauer zu einem größer werdenden Ausbildungsvorsprung der Selbständigen Buchhalter gegenüber den gewerblichen Buchhaltern.
Schließlich wird in der Stellungnahme noch auf die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 91 WTBG, die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 11 WTBG, die Möglichkeit der Suspendierung gemäß §§99 ff. WTBG und das Disziplinarrecht gemäß §§118 ff. WTBG hingewiesen.
5. Der Verfassungsgerichtshof ersuchte auch die Wirtschaftskammer Österreich dazu Stellung zu nehmen, ob die Differenzierung des Berechtigungsumfanges bei der Ausübung des Berufes des Selbständigen Buchhalters (nach dem WTBG) und des Gewerbes des gewerblichen Buchhalters (u.a. wegen der unterschiedlichen Ausbildungsstandards) begründet ist.
Vorerst wird in der Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich die historische Entwicklung des Buchhalterberufes ab der GewO-Novelle 1934 dargestellt. Weiters werden die rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe in Österreich mit den diesbezüglichen Regelungen in Europa verglichen und hinsichtlich der Fragen des Berufszugangs und der Ausübungsschranken wird Judikatur des EuGH referiert.
In weiterer Folge wird ein Überblick über Rechte und Pflichten der Buchhaltungsberufe und über die fachlichen Berufsantrittsvoraussetzungen gegeben. Auf einzelne Punkte dieser Übersicht geht die Wirtschaftskammer Österreich näher ein:
Die unterschiedlichen Berechtigungen des gewerblichen und des Selbständigen Buchhalters (nach dem WTBG) würden sich nicht in den Inhalten der Befähigungsprüfungen widerspiegeln. Obwohl Selbständige Buchhalter bestimmte Bilanzen erstellen dürften, sei dies in der Fachprüfung nicht verlangt. Der "formale Abschluss" sei lediglich mündlich zu prüfen. Hingegen erfordere die Prüfung für gewerbliche Buchhalter umfangreiche Kenntnisse aus Buchhaltungstheorie und -praxis und umfasse insbesondere auch bereits im schriftlichen Prüfungsteil die doppelte Buchhaltung, die Verbuchung sämtlicher Steuern, die Erfolgsermittlung und den "formalen Abschluss" der doppelten Buchhaltung, welcher durch die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung erfolge. Auch die Dauer der jeweiligen Prüfungen sei zumindest vergleichbar (fünf bis sechs Stunden jeweils für den schriftlichen Teil; für den mündlichen Teil der Prüfung für die gewerblichen Buchhalter ist ein Rahmen vom einer halben bis zu einer Stunde vorgesehen, die mündliche Prüfung für den Selbständigen Buchhalter habe keine zeitlichen Vorgaben).
Gemäß § 27 WTBG bestünden Anrechnungsmöglichkeiten bezüglich der Befähigungsprüfung für den gewerblichen Buchhalter und der Fachprüfung des Selbständigen Buchhalters (nach dem WTBG) sowie der identen Berufspraxis. Auch in diesem Zusammenhang zeige sich, dass die gleiche Ausbildung entweder zur Erlangung eines Gewerbeberechtigung oder zur Zulassung zum Selbständigen Buchhalter (nach dem WTBG) führen könne.
Hinsichtlich der in § 91 WTBG normierten Verpflichtung zur Verschwiegenheit wird darauf hingewiesen, dass auch gewerbliche Buchhalter zur Wahrung der ihnen anvertrauten Angelegenheiten nach dem allgemeinen Vertragsrecht und nach § 12 UWG verpflichtet seien. Lediglich die prozessualen Konsequenzen der beiden inhaltlich gleichen Verschwiegenheitspflichten seien unterschiedlich.
Im Rahmen der Vorrechte im Zusammenhang mit der Kammerzugehörigkeit der Selbständigen Buchhalter seien Fortbildungsverpflichtungen einseitig statuiert worden.
Sowohl der Vergleich der Zugangsvoraussetzungen zu den beiden Buchhaltungsberufen als auch der Vergleich der Prüfungsvorschriften und anderer Berufsvorschriften zeige keine relevanten Unterschiede zwischen den beiden Berufen.
Dieser Standpunkt könne dadurch belegt werden, dass beide Berufe die betragsmäßige Beschränkung ihrer Berufsberechtigung in gleicher Höhe treffe. Die einhellige Meinung sowohl der gewerblichen als auch der Selbständigen Buchhalter zu diesen Grenzen sei, dass durch diese Grenzen ein betriebwirtschaftliches stabiles Wirtschaften nicht möglich sei. Unter Anführung von drei Beispielen aus der Praxis kommt die Wirtschaftskammer Österreich in ihrer Äußerung zu dem Schluss, dass ein Buchhalter entweder gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung oder des WTBG verstoßen müsse, wenn sein Klient höhere Umsätze mache, oder anderenfalls wirtschaftlichen Schiffbruch erleiden müsse. Dies erscheine auch unter dem Gesichtspunkt, dass Buchhalter die Tätigkeit, die ihnen als Selbständige verboten sei, als Angestellte des Klienten ohne weiteres durchführen dürften, als unsachlich.
Zusammenfassend wird festgehalten, dass die Antrittsregeln, das Ausbildungsniveau, die möglichen Anrechnungen, die Ausübungsregeln und vor allem die idente betragsmäßige Beschränkung der beiden Buchhaltungsberufe zum Teil schon auf Grund der gesetzlichen Regelung, zum Teil aufgrund der Praxis auf das Gleiche hinaus laufen. Die betriebswirtschaftlichen Konsequenzen, die die betragliche Beschränkung der Ausübungsrechte mit sich bringen würde, seien für alle Buchhalter "katastrophal", das Gesetz erzwinge beinahe, dagegen zu verstoßen, um nicht wirtschaftlichen Schiffbruch zu erleiden. Es bestünden daher keine Unterschiede zwischen den gewerblichen und den Selbständigen Buchhaltern, die eine unterschiedliche Regelung, wie sie derzeit zum Teil besteht, sachlich gerechtfertigt erscheinen ließen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht.
b) Der Antragsteller ist Inhaber einer aufrechten Gewerbeberechtigung für das Gewerbe des gewerblichen Buchhalters nach § 102 GewO 1994. Die bekämpften Gesetzesbestimmungen, die die Ausübung dieses Gewerbes regeln, stehen zu ihm im gegenwärtigen Zeitpunkt in einem derart engen Bezug, dass sie ihn unmittelbar und aktuell beeinträchtigen (vgl. VfSlg. 12.885/1991). Sie hindern ihn, sein Buchhaltergewerbe für bestimmte Kunden, nämlich für Betriebe ab einer gesetzlich festgelegten Umsatzsumme wahrzunehmen und Bilanzen zu erstellen, und greifen insofern aktuell in seine Rechtssphäre ein. Entgegen der von der Bundesregierung vertretenen Rechtsmeinung schadet es für die Antragslegitimation des Antragstellers nach Art 140 Abs 1 B-VG nicht, dass er keine konkreten Angebote nachweist, ihm verbotene gewerbliche Tätigkeiten zu betreiben; ist es doch dem (Verfassungs-)Gesetzgeber keineswegs zusinnbar, zur Begründung einer Prozesslegitimation zu verlangen, dass (anders als in dem von der Bundesregierung zitierten Fall VfSlg. 16.365/2001) vom Legitimierten ein gegen die Rechtsordnung verstoßendes Verhalten gefordert wird (vgl. zur direkten Anfechtbarkeit gewerberechtlicher Ausübungsbeschränkungen, bei denen Zuwiderhandeln mit Strafe bedroht war, VfSlg. 11.853/1988, 12.094/1989 und 12.492/1990). Um seine Bedenken anders als durch einen Antrag nach Art 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen und solcherart ein Gesetzesprüfungsverfahren auszulösen, gäbe es für ihn nur den Weg, ein Verwaltungsstrafverfahren zu provozieren; das aber ist ihm nicht zumutbar (vgl. VfSlg. 13.891/1994, 14.260/1995).
Der Bundesregierung kann aber auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Zulässigkeit des Antrags bestreitet, die beiden oben wiedergegebenen Wortfolgen in § 102 Abs 1 GewO 1994 isoliert aufzuheben: Ihrer Meinung zufolge erhalte im Falle der Aufhebung des Gesetzes im begehrten Umfang § 102 Abs 1 GewO 1994 einen gänzlich veränderten Inhalt, da dann die Ausübungsberechtigung des gewerblichen Buchhalters umfangreicher sei als jene des Selbständigen Buchhalters nach § 2 Abs 1 Z 1 und 2 WTBG. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Sind die angefochtenen Wortfolgen des § 102 Abs 1 GewO 1994 verfassungswidrig, so könnte auch der Vergleich der nach deren Aufhebung dann möglicherweise umfänglicheren und deshalb ihrerseits verfassungswidrigen Ausübungsberechtigung des gewerblichen Buchhalters mit jener des Selbständigen Buchhalters nach dem WTBG die Prüfung und Aufhebung der angefochtenen Wortfolge nicht verhindern.
Da die vom Antragsteller behauptete Verfassungswidrigkeit nur durch Aufhebung der Bestimmungen im beantragten Umfang beseitigt werden könnte und dem Gesetzesprüfungsverfahren keine anderen Prozesshindernisse entgegenstehen, ist der Antrag zulässig.
2. In der Sache:
a) Die gesetzliche Beschränkung der gewerblichen Buchhalter, die Geschäftsbuchhaltung einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten lediglich für jene Betriebe vornehmen zu dürfen, deren Umsatz sich im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 BAO hält, widerspricht dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz:
Zu Recht beruft sich der Antragsteller darauf, dass die Ausbildung und das berufliche Können des gewerblichen Buchhalters keine Differenzierung der als Kunden zu betreuenden Betriebe nach Umsätzen zulässt oder bedingt, geschweige denn gebietet. Die dem Buchhalter mit der Gewerbeberechtigung gemäß § 102 Abs 1 GewO 1994 verliehene Befugnis zur pagatorischen Buchhaltung bis zur Erstellung der Saldenlisten einschließlich der Lohnverrechnung erfordert die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten, gleichgültig, ob sie nun für Betriebe diesseits oder jenseits der (wenn auch verdoppelten) Umsatzgrenzen des § 125 BAO erforderlich sind und eingesetzt werden. Schon aus diesem Grunde ist es unsachlich, dem mit entsprechendem Wissen und Können ausgestatteten gewerblichen Buchhalter die Ausübung seines Berufes bei Betrieben mit Umsätzen jenseits der doppelten Wertgrenzen des § 125 BAO vorzuenthalten.
Ohne ersichtlichen sachlichen Grund [- ja sogar entgegen allen vernünftigen (betriebs-)wirtschaftlichen Dispositionen -] bewirkt die angefochtene Wortfolge in § 102 Abs 1 erster Satz GewO 1994 schließlich, dass Betriebe im Zuge ihrer umsatzmäßigen Vergrößerung die Geschäftsbeziehung zu dem mit den Verhältnissen des betreffenden Betriebes vielleicht seit Jahren besonders vertrauten gewerblichen Buchhalter aufgeben müssen, weil der Betrieb angesichts der Überschreitung der Umsatzgrenze vom bisherigen (gewerblichen) Buchhalter mangels Berechtigung nicht mehr betreut werden darf. Die von der Wirtschaftskammer Österreich in ihrer vom Verfassungsgerichtshof eingeholten Stellungnahme (S. 19) angeführten Beispiele beweisen signifikant, dass häufig Umsatzsteigerungen auf Grund konkreter Geschäftsfälle die Fortsetzung der Buchhaltungsarbeiten durch den gewerblichen Buchhalter auch bei einem diesbezüglichen Verlangen des bisher von diesem geprüften Unternehmens verhindern. Auch darin liegt eine gleichheitswidrige Benachteiligung des gewerblichen Buchhalters, dem für die die Umsatzgrenze übersteigende Betriebe die Fortsetzung seiner (- der Sache nach noch dazu völlig gleich bleibenden -) Arbeit durch die vom Verfassungsgerichtshof zu prüfende Vorschrift verwehrt wird.
Nicht zu überzeugen vermag dagegen die Argumentation der
Bundesregierung, der zufolge die Grenzziehung für die gewerblichen
Buchhalter in § 102 Abs 1 erster Satz GewO 1994 von dem Bemühen
getragen ist, "finanzielle Risken für die Volkswirtschaft durch
unsachgemäße Berufsausübung zu vermeiden", weil die "angesprochenen
Umsatzgrenzen ... bei typisierender Betrachtung jene Betriebe
[betreffen], die tatsächlich kleinere volkswirtschaftliche
Werteinheiten repräsentieren und bei denen daher das relevante
potentielle Risiko der Beeinträchtigung von Vermögen ... geringer"
ist. Der Bundesregierung ist vielmehr entgegenzuhalten, dass einerseits das konsumentenpolitische Interesse an korrekten Buchhaltungsgrundlagen bei kleineren nicht anders als bei größeren Betrieben in gleicher Weise besteht und dass andererseits auch die Buchhaltung für Betriebe jenseits der doppelten Wertgrenzen des § 125 BAO keine besonderen, volkswirtschaftlich relevanten Gefahren in sich birgt. Im Übrigen ist von der Ausbildung und den Fähigkeiten des gewerblichen Buchhalters her betrachtet kein Anlass gegeben, diesem die Geschäftsbuchhaltung bei den die doppelten Wertgrenzen nach § 125 BAO übersteigenden Betrieben vorzuenthalten.
Angesichts der Unsachlichkeit der zur Aufhebung beantragten Regelung des Berechtigungsumfanges des gewerblichen Buchhalters in § 102 Abs 1 erster Satz GewO 1994 ist auch auszuschließen, dass die dadurch bewirkte Einschränkung der Ausübungsberechtigung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Da aber der durch die genannte Gesetzesbestimmung bewirkte Eingriff in das Grundrecht der Erwerbsfreiheit nur bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses zu rechtfertigen ist, bedeutet dessen Mangel, dass die angefochtene Vorschrift auch gegen die Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG verstößt.
Die angefochtene Wortfolge in § 102 Abs 1 erster Satz GewO 1994 war daher wegen Widerspruchs sowohl zur Erwerbsfreiheit als auch zum Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben.
b) Hingegen verstößt es nicht gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG, wenn der Gesetzgeber die ihm prinzipiell eingeräumte Gestaltungsfreiheit dazu benutzt, gewerbliche Buchhalter vom "Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung" kraft § 102 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 auszuschließen:
Die vom Antragsteller geäußerten Bedenken ob der Gleichheitskonformität der genannten Wortfolge in § 102 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 beruhen darauf, dass der Einnahmen- und Ausgaben-Rechner "- von geringfügigen zwangsläufig unanwendbaren oder wenigen sonstigen Sondervorschriften abgesehen - dieselben Geschäftsfälle auf[zeichne] wie der Bilanzierer". Der Unterschied der Einnahmen- und Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs 3 EStG zu dem für den Bilanzierer charakteristischen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs 1 EStG liege nicht in der Wirksamkeit und Aufzeichnungspflicht der Geschäftsfälle, sondern "bloß darin, wann ein Geschäftsfall als wirksam ('realisiert')" gelte. Während nach der Einnahmen- und Ausgabenrechnung für die zeitliche Zuordnung von Betriebseinnahmen und -ausgaben auf jenen Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Einnahmen bzw. Ausgaben zufließen bzw. abfließen, sind beim Betriebsvermögensvergleich Einnahmen und Ausgaben nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung jenem Jahr zuzurechnen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Nach Auffassung des Antragstellers ist es "aber völlig unsachlich", bei den "Berufsbefugnisse[n] nach dem Realisationszeitpunkt der Geschäftsfälle zu differenzieren", weil die gewerblichen Buchhalter bei der Einnahmen- und Ausgabenrechnung "die Geschäftsfälle umfäng- und inhaltlich den Bilanzierern gleichartig zu betrachten haben und technisch gleichartig vorgehen".
Diesen Überlegungen kann der Verfassungsgerichtshof schon was die unterschiedliche zeitliche Zuordnung der Geschäftsfälle anlangt nur bedingt zustimmen: So erfordert etwa der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs 1 EStG im Fall der Behandlung von Vorauszahlungen eine Erfolgsabgrenzung von Aufwendungen und Erträgen, die vom Einnahmen- und Ausgaben-Rechner gemäß § 4 Abs 3 EStG nicht durchzuführen ist. Zusätzlich zur und neben der unterschiedlichen zeitlichen Zuordnung sind aber vor allem die Divergenzen in der Methode der Gewinnermittlung zu beachten. Beim Betriebsvermögensvergleich sind nämlich die einzelnen Geschäftsfälle daraufhin zu untersuchen, ob sie die Höhe des Betriebsvermögens beeinflussen. Der Betriebsvermögensvergleich erfordert somit die Anwendung von Bilanzierungsgrundsätzen, die für den Einnahmen- und Ausgaben-Rechner gemäß § 4 Abs 3 EStG keine Relevanz haben. So hat der § 4 Abs 1 EStG-Ermittler die allgemeinen Buchführungsgrundsätze der Bilanzwahrheit, der Bilanzvollständigkeit und der Bewertungsstetigkeit zu beachten. Aus dem Grundsatz der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit kann sich für den § 4 Abs 1 EStG-Ermittler auch die Verpflichtung zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen ergeben (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I8, 2003, Rz 175). Auch die Grundsätze der Bilanzberichtigung und Bilanzänderung sowie des Bilanzzusammenhanges sind lediglich beim Betriebsvermögensvergleich, nicht aber auch bei einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu beachten. Des Weiteren hat der Buchhalter im Rahmen eines Betriebsvermögensvergleichs für den Steuerpflichtigen die dem Betrieb zuzurechnenden Wirtschaftsgüter zum jeweiligen Bilanzstichtag zu bewerten und hiebei den Grundsatz der Einzelbewertung, das Prinzip der Stichtagsbewertung (Verbot der Berücksichtigung wertbeeinflussender Umstände nach dem Bilanzstichtag und Gebot der Berücksichtigung werterhellender Umstände), die Bewertungsstetigkeit und das Verbot des Ausweises nicht verwirklichter Gewinne zu beachten. Die Bewertung erfolgt hiebei unter Anwendung der in § 6 EStG vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe. Nach herrschender Auffassung ist eine solche Bewertung von Beständen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs 3 EStG nicht zulässig (vgl. Doralt/Ruppe, aaO, Rz 154 ff.). Ob und unter welchen Voraussetzungen etwa Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, des Umlaufvermögens oder Verbindlichkeiten mit einem niedrigeren Teilwert anzusetzen sind, ob und inwieweit Zuschreibungen zulässig sind, bilden Fragen, die sich ausschließlich im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs stellen.
Dass derart besondere Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten des mit dem Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen) beruflich betrauten Personenkreises zu stellen sind, bildet eine plausible Annahme des Gesetzgebers. Damit sind für den "Abschluss von Büchern" Techniken gefordert, die im Normalfall den Ausbildungsstandard und die berufliche Qualifikation des gewerblichen Buchhalters übersteigen. Die Gewerbeberechtigung dieser Berufsgruppe wurde daher vom Gesetzgeber zu Recht auf den Abschluss von Einnahmen- und Ausgabenrechnungen beschränkt, mag vereinzelt auch ein gewerblicher Buchhalter über die erforderlichen Kenntnisse der Bilanzbuchhaltung verfügen.
Für den Ausbildungsstandard des gewerblichen Buchhalters kennzeichnend hat demnach der Verordnungsgeber in § 1 Z 1 der Buchhalter-BefähigungsnachweisVO bereits das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Buchhalterprüfung als Nachweis der Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes der Buchhalter anerkannt. Damit berücksichtigt er die durch § 102 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 angeordnete Einschränkung der Berufsbefugnis des gewerblichen Buchhalters auf die Einnahmen- und Ausgabenrechnung. Mag damit auch nicht ausgeschlossen sein, dass vereinzelte gewerbliche Buchhalter (etwa nach Ablegung der Bilanzbuchhalterprüfung) auch über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die über den von § 102 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 geforderten Ausbildungsstandard hinausreichen, so verstößt es jedenfalls nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber bewusst und gezielt ein Berufsbild schafft, zu dem der Abschluss von Büchern zwecks Erstellung von Bilanzen mit Rücksicht auf die dabei erforderlichen besonderen Sachkenntnisse (wie sie oben als erforderlich beschrieben wurden) eben nicht zählt.
Ein derartiges, von vornherein auf bestimmte berufliche Befugnisse beschränktes Berufsbild eines gewerblichen Buchhalters zu schaffen, verstößt auch nicht gegen das Grundrecht der Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG. Die Schaffung entsprechender Berufsbilder durch den Gesetzgeber ist zwar zweifellos am Maßstab dieses Grundrechts zu messen [Oberndorfer, Die Berufswahl- und Berufsausbildungsfreiheit in der neueren Grundrechtsjudikatur, JBl. 1992, S. 273 ff. (281)]. Ob und wieweit die entsprechenden beruflichen Tätigkeiten aber im Rahmen des Gewerberechts oder auf spezialgesetzlicher Grundlage als freier Beruf ausgeübt werden, kann der Gesetzgeber nach seinem Gutdünken regeln, wobei er freilich verfassungsrechtliche Grenzen zu wahren hat. Der Gesetzgeber hat demgemäß im Hinblick auf das besondere volkswirtschaftliche und konsumentenpolitische öffentliche Interesse an den Wirtschaftstreuhandberufen im Allgemeinen, am Beruf des Selbständigen Buchhalters aber im Besonderen die Zulassung zum Beruf des Bilanzbuchhalters den Wirtschaftstreuhandberufen vorbehalten. Er geht davon aus, dass diese Berufe mit typischen Standespflichten (wie der Pflicht zur Geheimhaltung) und einer besonderen Disziplinargewalt der Kammer verbunden sind. Er sieht ferner besondere Berufsausbildungserfordernisse vor sowie eine verpflichtende berufsrechtliche Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (§11 WTBG). Unter Berücksichtigung aller dieser im öffentlichen Interesse gelegenen, mit den Wirtschaftstreuhandberufen verbundenen Kautelen liegt aber auch kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit der gleichzeitig mit dem WTBG 1999 geschaffenen gewerblichen Buchhalter vor, wenn diese bei ihrer Berufsausübung jenen besonderen Bedingungen nicht unterliegen, dafür aber auch in ihren Berufsbefugnissen eingeschränkt sind. Selbst wenn der Gesetzgeber im Jahr 1999 gleichzeitig mit der Regulierung der Wirtschaftstreuhandberufe das reglementierte Gewerbe des gewerblichen Buchhalters überhaupt nicht geschaffen hätte, wäre gleichwohl mit Rücksicht auf die gesetzliche Umschreibung der in ihrem Berechtigungsumfang aufeinander aufbauenden Wirtschaftstreuhandberufe (Selbständiger Buchhalter, Steuerberater, Buchprüfer und Wirtschaftsprüfer) kein Verstoß gegen die Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG anzunehmen.
Dazu tritt die Möglichkeit für den gewerblichen Buchhalter, durch Absolvierung zusätzlicher Ausbildungsgänge und -prüfungen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die ihn dann entsprechende, im Berechtigungsumfang erweiterte Wirtschaftstreuhandberufe ergreifen lassen (vgl. etwa § 27 WTBG). Der Gesetzgeber wollte (so der AB 1636 XX. GP, S. 1) einen "Stufenbau" vom gewerblichen Buchhalter zu den Wirtschaftstreuhandberufen schaffen, in dem bewusst als erste Stufe der im Berechtigungsumfang entsprechend seiner Ausbildung eingeschränkte "gewerbliche Buchhalter" gesetzlich eingerichtet wurde. Darin liegt ein das Übermaßverbot des Art 6 StGG wahrendes, gleichwohl zur Buchhaltung (ohne Erstellung von Bilanzen) ermächtigendes Berufsbild. Die Einschränkung des gewerblichen Buchhalters gemäß § 102 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 auf die Durchführung von Einnahmen- und Ausgabenrechnungen gemäß § 4 Abs 3 EStG unter Ausschluss des Abschlusses von Büchern durch Erstellung von Bilanzen verstößt sohin auch nicht gegen Art 6 StGG.
Der auf die Aufhebung der entsprechenden Wortfolge in § 102 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 gerichtete Antrag war daher abzuweisen.
III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. Da dem Antrag des Einschreiters nur teilweise Folge gegeben werden konnte, konnte der Pauschalsatz nur zu Hälfte zuzüglich € 163,50 an Umsatzsteuer und einer Eingabegebühr von € 180,-- zugesprochen werden.
2. Die sonstigen Aussprüche des Verfassungsgerichtshofes stützen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.
3. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.