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VfGH vom 10.12.1996, g282/96

VfGH vom 10.12.1996, g282/96

Sammlungsnummer

14701

Leitsatz

Verletzung des Rechts auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs durch das generelle Verbot des Erwerbes von Freizeitwohnsitzen in ganz Tirol nach dem Tir GVG 1993 ohne Rücksicht auf regionale Differenzen; Zulässigkeit der Beschränkung der Liegenschaftsverkehrsfreiheit durch den Gesetzgeber nur unter gewissen Bedingungen; Feststellung der Verfassungswidrigkeit des gesamten Tir GVG 1993 infolge Kundmachung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag trotz Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung; Zurückweisung der Anträge des UVS hinsichtlich der Tir GVG-Nov 1991 und des Tir GVG 1993 zur Gänze mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen; Verfassungskonformität der die (verfassungs-)gesetzliche Grundlage der anzuwendenden Bestimmungen bildenden Regelung der Tir LandesO 1989

Spruch

I. Die zu G174,175/96, G214/96 und G276/96 gestellten Anträge werden insoweit zurückgewiesen, als sie sich

a) gegen das Gesetz vom über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz), LGBl. für Tirol Nr. 82/1993, zur Gänze und

b) gegen das Gesetz vom , mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, LGBl. für Tirol Nr. 74/1991, zur Gänze sowie

c) gegen einzelne Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol Nr. 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol Nr. 44/1984 und 45/1988 sowie des Landesgesetzes LGBl. für Tirol Nr. 74/1991, richten.

II. Die zu G174,175/96 und G214/96 protokollierten Anträge auf Aufhebung des Art 38 Abs 7 der Verfassung des Landes Tirol (Tiroler Landesordnung 1989), LGBl. für Tirol Nr. 61/1988, werden abgewiesen.

III. Das Gesetz vom über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz), LGBl. für Tirol Nr. 82/1993, war verfassungswidrig.

Das verfassungswidrige Gesetz ist auch in den beim Verwaltungsgerichtshof zu den Zlen. 95/02/0366 (A76/96), 96/02/0446 (A77/96), 96/02/0487 (A78/96) und 96/02/0523 (A98/96) und in den beim Obersten Gerichtshof zu den Zlen. 3 Ob 2068/96f, 7 Ob 2369/96z und 10 Ob 503/96 anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.

Der Landeshauptmann von Tirol ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Tirol verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1522/95 eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung anhängig, mit dem die von zwei österreichischen Staatsbürgern beantragte grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Eigentumserwerbs an einem bebauten Grundstück in Tirol gemäß § 14 Abs 1 und 2 des Gesetzes vom über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz), LGBl. für Tirol 82/1993 (im folgenden: TGVG 1993), versagt wurde. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, es habe nicht glaubhaft gemacht werden können, daß durch den beabsichtigten Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden sollte; außerdem sei das Kaufobjekt für eine ganzjährige Wohnnutzung geeignet.

Die Beschwerdeführer machen in ihrer Beschwerde die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend und begehren die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides. Das TGVG 1993 wird insgesamt für verfassungswidrig erachtet, weil es trotz Versagung der Zustimmung der Bundesregierung gemäß Art 97 Abs 2 B-VG zur ursprünglich in seinem § 38 vorgesehenen Mitwirkung der Finanzämter an der Vollziehung des Gesetzes ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Tiroler Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht worden sei.

1.2. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs 1 und 2 samt Überschrift, der Wortfolge ", hinsichtlich der Baugrundstücke die Bezirksverwaltungsbehörde" in § 26 Abs 1, des § 26 Abs 2 sowie der lita des § 28 Abs 1 des TGVG 1993 gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen zu prüfen. Er stellte in Aussicht, im Gesetzesprüfungsverfahren zu erwägen, ob im Falle des Zutreffens der Bedenken nach Art 140 Abs 3, zweiter Satz, B-VG vorzugehen wäre. Dieses Gesetzesprüfungsverfahren wird zu G194/96 geführt.

2. Weiters sind beim Verfassungsgerichtshof Gesetzesprüfungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (im folgenden: UVS) anhängig, die jeweils auf den am zu B266/94 von Amts wegen gefaßten Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes hinweisen. Darin waren Bedenken dahingehend aufgeworfen worden, daß ein vom Tiroler Landtag beschlossenes Gesetz (dort: Gesetz vom , mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, LGBl. für Tirol 74/1991), das nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung des Gesetzes ohne neuerliche Befassung des Landtages vom Landeshauptmann kundgemacht worden ist, im Widerspruch zu Art 95 Abs 1, erster Satz, B-VG sowie Art 15 und 38 Abs 7 der Verfassung des Landes Tirol (Tiroler Landesordnung 1989), LGBl. für Tirol 61/1988 (im folgenden: TLO 1989), stehe. Teils wird auch auf den Prüfungsbeschluß zu B1522/95 (G194/96) verwiesen. Begründend führen der Verwaltungsgerichtshof und der UVS aus, daß die vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes geteilt werden; es bestehe das Bedenken, auch das TGVG 1993 leide an einer solchen Verfassungswidrigkeit.

2.1. Zu G84/96, G104/96, G145/96 und G276/96 beantragt der UVS aus Anlaß der bei ihm zu den Zlen. 17/156-1/1995, 1/23-1/1995 und 1/24-1/1995 (G84/96), Zl. 3/14-4/1995 (G104/96), Zl. 3/41-1/1995 (G145/96) und Zl. 3/60-1/1995 (G276/96) anhängigen Verwaltungsstrafverfahren, näher bezeichnete Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol 44/1984 und 45/1988 sowie des Landesgesetzes LGBl. für Tirol 74/1991 (im folgenden: TGVG 1983) sowie des TGVG 1993 als verfassungswidrig aufzuheben.

Die zu G84/96, G104/96 und G145/96 protokollierten Verfahren wurden, soweit sie sich gegen die Novelle LGBl. für Tirol 74/1991 (im folgenden: TGVG-Novelle 1991) richten, bereits mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G50/96 ua., behandelt (Erstreckung der Anlaßfallwirkung gemäß Art 140 Abs 7, zweiter Satz, B-VG), sodaß hier nur noch auf die zu den Übergangsbestimmungen des § 40 Abs 4 und 5 bzw. zu den §§23 Abs 1 und 36 Abs 1 lita TGVG 1993 geäußerten Bedenken einzugehen ist.

2.2. Weiters beantragt der UVS aus Anlaß der bei ihm zu Zl. 3/4-1/1996 (G174,175/96) bzw. zu den Zlen. 4/11-1/1996, 4/12-1/1996 (G214/96) anhängigen Verfahren, der Verfassungsgerichtshof möge Art 38 Abs 7 TLO 1989 als (bundes-)verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, daß die TGVG-Novelle 1991 verfassungswidrig gewesen sei, und das TGVG 1993 als verfassungswidrig aufheben, in eventu feststellen, daß die §§3 Abs 1 litf und g und 19 Abs 1 lita TGVG 1983 verfassungswidrig waren, und § 4 litd und e, § 12 Abs 1 lita, § 23 Abs 1,§ 36 Abs 1 lita und § 40 Abs 4 und 5 TGVG 1993 als verfassungswidrig aufheben.

2.3. Schließlich begehrt der UVS zu Zl. 3/60-1/1995 (G276/96), die Bestimmungen der §§3 Abs 1 lith, 15 Abs 1 und 19 Abs 1 lita TGVG 1983 idF der TGVG-Novelle 1991 sowie § 40 Abs 4 und 5 TGVG 1993 und die §§9 Abs 1 lita, 12 Abs 1 lita, 23 Abs 1, sowie 36 Abs 1 lita TGVG 1993 als verfassungswidrig aufzuheben.

2.4. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt in den zu G279/96 bis G283/96 gestellten Anträgen aus Anlaß der bei ihm zu den Zlen. 95/02/0466 (A56/96), 95/02/0478 (A57/96), 95/02/0502 (A58/96), 95/02/0339 (A59/96) und 95/02/0369 (A60/96) anhängigen Beschwerden, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, daß näher bezeichnete Bestimmungen des TGVG 1993 verfassungswidrig waren.

3. Die Tiroler Landesregierung erstattete in den zu G84/96, G104/96, G145/96, G174,175/96, G194/96 und G214/96 protokollierten Verfahren jeweils im wesentlichen in der Sache gleichlautende Äußerungen, in denen sie den Bedenken entgegentritt und beantragt, das TGVG 1993 nicht als verfassungswidrig aufzuheben, für den Fall der Aufhebung aber, für das Außerkrafttreten die nach Art 140 Abs 5, letzter Satz, B-VG, höchstzulässige Frist festzusetzen. Zu G276/96 und G279/96 bis G283/96 sah sie im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G50/96 ua., von einer Äußerung zu den Bedenken ab.

Insbesondere in ihrer zu G194/96 erstatteten Äußerung vom ging die Tiroler Landesregierung auf die vom Verfassungsgerichtshof gegen die Freizeitwohnsitze regelnden Bestimmungen des TGVG 1993 aufgeworfenen, inhaltlichen Bedenken ausführlich ein.

4. In den Verfahren G104/96 und G174,175/96 erstattete je eine Partei des dem jeweiligen Prüfungsantrag zugrundeliegenden Verwaltungsverfahrens eine Äußerung, in der, zusammengefaßt, den Anträgen hinsichtlich der Bedenken zum TGVG 1993 beigetreten, dem Antrag auf Aufhebung des Art 38 Abs 7 TLO 1989 jedoch entgegentreten (G174,175/96) wird.

5. Beim Verfassungsgerichtshof sind ferner einige Gesetzesprüfungsanträge anhängig, mit denen begehrt wird, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, daß einzelne Bestimmungen des TGVG 1993 verfassungswidrig waren. Diese Anträge konnten jedoch wegen des fortgeschrittenen Prozeßgeschehens nicht mehr in das vorliegende Verfahren einbezogen werden (vgl. aber die Ausdehnung der Anlaßfallwirkung im Spruch laut III., zweiter Absatz). Im einzelnen handelt es sich um die zu G361/96, G362/96, G363/96 und G381/96 protokollierten, aus Anlaß der bei ihm zu Zlen. 95/02/0366 (A76/96), 96/02/0446 (A77/96), 96/02/0487 (A78/96) und 96/02/0523 (A98/96) anhängigen Verfahren gestellten Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sowie um die zu G365/96 bis G367/96 protokollierten, aus Anlaß der bei ihm zu Zlen. 7 Ob 2369/96z, 3 Ob 2068/96f und 10 Ob 503/96 anhängigen Verfahren gestellten Anträge des Obersten Gerichtshofes.

Die antragstellenden Gerichte erachten die von ihnen angefochtenen Bestimmungen aus jenen Gründen für verfassungswidrig, die den Verfassungsgerichtshof zu seinem Prüfungsbeschluß vom , B1522/95, bzw. zu seinem Erkenntnis vom , G50/96 ua., bewogen haben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat in den - in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm.

§35 VerfGG 1953 zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Gesetzesprüfungsverfahren erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

Gemäß Art 140 Abs 1 iVm. Art 129a Abs 3 und 89 Abs 2 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen ua. auf Antrag eines unabhängigen Verwaltungssenates, wenn er gegen die Anwendung solcher Normen aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat. Der Verfassungsgerichtshof hat hiebei die ihm unterbreitete Auffassung zur Präjudizialitätsfrage nach ständiger Rechtsprechung auf ihre Denkmöglichkeit hin zu untersuchen (VfSlg. 13424/1993 uvam.). Nur wenn dabei die Unrichtigkeit des Standpunktes des unabhängigen Verwaltungssenates offen zutage tritt, ist der Antrag unzulässig.

1. Art 38 Abs 7 TLO 1989:

In den zu G174,175/96 und G214/96 protokollierten Verfahren bestreitet die Tiroler Landesregierung die Präjudizialität des Art 38 Abs 7 TLO 1989 mit der Begründung, ein gehörig kundgemachtes Gesetz wie das TGVG 1993 dürfe ausschließlich vom Verfassungsgerichtshof in bezug auf einen "verfassungsrelevanten Kundmachungsmangel" geprüft werden. Das bloße Aufwerfen von Bedenken über die Kundmachung stelle jedoch kein "Anwenden" der verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Kundmachung von Landesgesetzen dar.

Diesem Einwand vermag der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht zu folgen.

Zwar ist zuzugestehen, daß es von vorneherein ausgeschlossen ist, daß der UVS Art 38 Abs 7 TLO 1989 sensu stricto "anzuwenden" hätte. Diese Bestimmung ordnet an, daß dann, wenn ein Gesetzesbeschluß (des Landtages) der Zustimmung der Bundesregierung (im Sinne des Art 97 Abs 2 B-VG) bedarf, dieser Gesetzesbeschluß nur kundgemacht werden darf, wenn die Zustimmung erteilt wurde oder als erteilt gilt. "Anzuwenden" in einem spezifischen Sinne hat diese Verfassungsvorschrift das zur Kundmachung berufene Organ, also der Landeshauptmann.

Demgegenüber sind auch solche Regelungen im Sinne des Art 89 Abs 2 B-VG präjudiziell, die die (verfassungs-)gesetzliche Grundlage der im engeren Sinne "anzuwendenden" Bestimmungen bilden (vgl. VfSlg. 13236/1992).

Im Hinblick darauf kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Art 38 Abs 7 TLO 1989 auch für den antragstellenden UVS präjudiziell ist.

2. TGVG 1983 und (bzw. idF der) Novelle LGBl. für Tirol 74/1991:

2.1. Zunächst ist daran zu erinnern, daß die zu G84/96, G104/96 und G145/96 protokollierten, gegen die TGVG-Novelle 1991 gerichteten Anträge durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G50/96 ua., als gegenstandslos zu betrachten sind.

2.2. In den Verfahren zu G174,175/96, G214/96 und G276/96 verneint die Tiroler Landesregierung die Präjudizialität der vom UVS bekämpften Bestimmungen des TGVG 1983 idF der Novelle 1991 deshalb, weil in den diesen Anträgen zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren bereits Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs 1 und 2 VStG eingetreten sein dürfte (die Akten lagen der Tiroler Landesregierung nicht vor; sie vermeinte, daß eine Akteneinsicht nicht mehr möglich gewesen sei, weil "sämtliche Akten bereits dem Verfassungsgerichtshof mit der Einbringung des Antrages durch den UVS vorgelegt" worden seien, obgleich auch diesfalls Akteneinsicht möglich gewesen wäre). Deshalb hätte der UVS die bei ihm bekämpften Straferkenntnisse lediglich aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 3 leg.cit. einzustellen.

Abgesehen davon, daß insoferne ein anderer Zurückweisungsgrund vorliegt (s. sogleich im folgenden II.A.2.3.) ist diesem Einwand entgegenzuhalten, daß der antragstellende UVS - offenkundig denkmöglich - vom Vorliegen von Dauerdelikten ausgeht, sodaß weiters denkmöglich davon ausgegangen werden kann, daß eine solche Verjährung auszuschließen ist. Die Frist ist nämlich in vertretbarer Weise erst von jenem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat (zweiter Satz des § 31 Abs 2 VStG). Demgemäß vermag die seitens der Tiroler Landesregierung ins Spiel gebrachte Fristberechnung (6 Monate (im Sinne des ersten Satzes des § 31 Abs 2 VStG) nach Inkrafttreten der TGVG-Novelle 1991) zumindest nicht mehr Plausibilität für sich beanspruchen als die Annahme des antragstellenden UVS.

2.3. Dennoch waren die zu G174,175/96, G214/96 und G276/96 protokollierten (Eventual-)Anträge, soweit sie sich auf das TGVG 1983 idF der TGVG-Novelle 1991 bzw. auf diese beziehen, zurückzuweisen:

2.3.1. Ein Gesetzesprüfungsantrag, der sich gegen ein Gesetz seinem ganzen Inhalte nach wendet, muß auch Darlegungen enthalten, daß alle Regelungen im Anlaßfall anzuwenden seien, und Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit aller Bestimmungen des Gesetzes vortragen. Die Voraussetzungen des Art 139 Abs 3 bzw. des Art 140 Abs 3 B-VG jedoch sind nur von Amts wegen wahrzunehmen (VfSlg. 9260/1981, 10429/1985, , V22/96).

Da in den genannten Anträgen nicht einmal behauptet wird, daß alle Bestimmungen der TGVG-Novelle 1991 in den Anlaßverfahren präjudiziell wären und solches offenkundig auch nicht der Fall ist, waren diese Anträge insoweit (s. allerdings auch den weiteren Zurückweisungsgrund im folgenden) zurückzuweisen.

2.3.2. Im übrigen ist aber hinsichtlich der ganzen TGVG-Novelle 1991 und somit auch hinsichtlich der für den UVS präjudiziellen Bestimmungen dieser Novelle res iudicata eingetreten (vgl. VfSlg. 12661/1991, 13537/1993, 13678/1994):

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom , G50/96 ua., über die Verfassungsmäßigkeit dieser Novelle befunden und festgestellt, daß die TGVG-Novelle 1991 zur Gänze verfassungswidrig war. Die vorliegenden (Eventual-)Anträge sind zwar teilweise bereits im Juli bzw. im August 1996 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt, konnten jedoch aus prozessualen Gründen nicht mehr mit dem Verfahren zu G50/96 ua. verbunden werden.

Der zu G276/96 protokollierte Antrag ist beim Verfassungsgerichtshof erst im Oktober 1996, also nach Beschlußfassung über die TGVG-Novelle 1991, eingelangt.

2.4. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß alle auf das TGVG 1983 idF der TGVG-Novelle 1991 bzw. die auf diese Novelle bezogenen Gesetzesprüfungsanträge einer (abermaligen) Behandlung in der Sache nicht zuzuführen sind.

3. TGVG 1993:

3.1. Die Tiroler Landesregierung befindet sich im Recht, wenn sie die Zulässigkeit der zu G174,175/96 und G214/96 protokollierten (Eventual-)Anträge, der Verfassungsgerichtshof möge das TGVG 1993 zur Gänze aufheben, bestreitet. Hiezu genügt es, auf die unter II.A.2.3.1. wiedergegebene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.

Diese (Eventual-)Anträge waren sohin zurückzuweisen.

3.2. Hingegen ist der weitere Vorwurf der Tiroler Landesregierung, die Anträge seien schon deshalb unzulässig, weil sie sich im wesentlichen mit einem Hinweis auf den Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes zu B266/94 begnügten, nicht begründet. Denn die Bedenken gegen die zu B266/94 in Prüfung gezogenen (und als verfassungswidrig erkannten) und gegen die nunmehr bekämpften Rechtsvorschriften sind offenkundig gleichartig und können ohne weiteres zur Gänze als Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der nunmehr bekämpften Rechtsvorschriften übertragen werden. Die Vorgangsweise des UVS entspricht sohin den Kriterien, die § 62 Abs 1, zweiter Satz, VerfGG 1953 vorgibt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes etwa VfSlg. 8308/1978, 12648/1991).

3.3. Die Tiroler Landesregierung bestreitet auch die Präjudizialität des § 40 Abs 4 und 5 des TGVG 1993. Hinsichtlich des Abs 5 wird dies mit der möglicherweise eingetretenen Verfolgungsverjährung, hinsichtlich des Abs 4 damit begründet, es könne kein Anhaltspunkt dafür gesehen werden, daß die Frage zu prüfen wäre, ob auf Rechtsgeschäfte oder Rechtsvorgänge das TGVG 1983 oder 1993 anzuwenden wäre.

Daß die Annahme einer allfälligen Verfolgungsverjährung nicht zwingend ist, wurde schon oben (zum TGVG 1983 - s. II.A.2.2.) dargetan; der Präjudizialitätsannahme des UVS hinsichtlich des § 40 Abs 5 TGVG 1993 kann sohin nicht entgegengetreten werden.

Gleiches gilt in bezug auf den Abs 4 leg.cit. Die Annahme des UVS, bei Beurteilung der Frage, ob ein, gegebenenfalls welches strafbare(s) Verhalten vorliege, sei auch maßgeblich, ob auf Rechtsgeschäfte bzw. Rechtsvorgänge das TGVG 1983 oder 1993 anzuwenden ist, ist nicht offenbar verfehlt.

4. Zum amtswegig eingeleiteten Prüfungsverfahren und zu den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes ist in den Verfahren nichts vorgebracht worden oder sonst hervorgekommen, was gegen die Zulässigkeit der Anlaßbeschwerde und der Anträge des Verwaltungsgerichtshofes sprechen würde bzw. was daran zweifeln ließe, daß der Verfassungsgerichtshof bei Beurteilung der Anlaßbeschwerde die in Prüfung gezogenen Bestimmungen anzuwenden hätte.

5. Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Gesetzesprüfungsverfahren im verbleibenden Umfang zulässig.

B. Insoweit die Anträge zulässig sind, hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1. Nicht begründet sind die Anträge des UVS, Art 38 Abs 7 TLO 1989 als (bundes-)verfassungswidrig aufzuheben (G174,175/96, G 214/96).

1.1. Der UVS begründet diese Anträge damit, daß Art 38 Abs 7 TLO 1989 viel weiter gehe als die Bestimmung des Art 97 Abs 2, erster Satz, B-VG, weil er "ein 'Veto' der Bundesregierung zu einem ganzen Gesetz bzw. Gesetzesbeschluß und nicht zu Teilen, wie es der Artikel 97 Abs 2 B-VG" vorsehe, und somit die Gesetzgebungsbefugnis des Landtages durch die Bundesregierung, also durch ein Vollzugsorgan, stärker einschränke.

1.2. Diese Überlegungen übergehen jedoch das der Bundesverfassung immanente Konzept der relativen Verfassungsautonomie der Länder. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem schon erwähnten Erkenntnis vom , G50/96 ua., ausgeführt hat, regelt Art 38 Abs 7 TLO 1989 im Rahmen der den Ländern zukommenden relativen Verfassungsautonomie in bundesverfassungsrechtlich unbedenklicher Weise, daß ein Gesetzesbeschluß des Tiroler Landtages nicht kundgemacht werden darf, wenn eine im Sinne des Art 97 Abs 2, erster Satz, B-VG erforderliche Zustimmung nicht erteilt wurde.

1.3. Die Anträge waren daher insoweit abzuweisen.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof sowie der UVS begründen ihre Bedenken damit, daß das vom Tiroler Landtag beschlossene Tiroler Grundverkehrsgesetz ohne neuerliche Befassung des Tiroler Landtages kundgemacht worden und dies verfassungswidrig sei. Die auch hier maßgeblichen Erwägungen des am zu B266/94 gefaßten Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes betreffend die amtswegige Prüfung der TGVG-Novelle 1991 bestünden gegen das TGVG 1993 umso mehr, als sich aus dem im Landesgesetzblatt kundgemachten Text keinerlei Hinweis darauf ergebe, daß die erwähnten Teile des Gesetzesbeschlusses des Landtages im Hinblick auf die Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung an der Vollziehung des Gesetzes der Kundmachung nicht zugeführt worden seien. Vielmehr bedürfe es eines ins Detail gehenden Vergleiches des Wortlautes des Gesetzesbeschlusses des Landtages mit jenem im Landesgesetzblatt, um den Unterschied zwischen beschlossenem und kundgemachtem Gesetzestext erkennen zu können.

2.2. Der Tiroler Landtag hat am einen Gesetzesbeschluß betreffend ein Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz) gefaßt. Dessen § 38 hat - neben jener der Gemeinden - die Mitwirkung der Finanzämter an der Vollziehung des Gesetzes derart vorgesehen, daß diese verpflichtet sein sollten, den Grundverkehrsbehörden und dem Landesgrundverkehrsreferenten auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn Grund zur Annahme besteht, daß ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliegt.

Die Bundesregierung hat jedoch in ihrer Sitzung vom beschlossen, ihre Zustimmung zur vorgesehenen Mitwirkung der Finanzämter an der Vollziehung des Landesgesetzes gemäß Art 97 Abs 2 B-VG zu verweigern. Dennoch ist in der Folge der Gesetzesbeschluß des Tiroler Landtages vom in dem am herausgegebenen und versendeten

26. Stück des Landesgesetzblattes für Tirol Nr. 82 in der Weise kundgemacht worden, daß in der Überschrift des § 38 sowie in § 38 Abs 1 die Nennung der Finanzämter unterblieb und in § 38 Abs 3 die vom Landtag beschlossene litb weggelassen wurde.

2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem - aufgrund des erwähnten Prüfungsbeschlusses vom , B266/94, ergangenen - Erkenntnis vom , G50/96 ua., ausgesprochen, daß das Gesetz vom , mit dem das Grundverkehrsgesetz 1983 geändert wird, LGBl. für Tirol 74/1991, deshalb verfassungswidrig war, weil es nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht worden war und sohin Art 38 Abs 7 TLO 1989 widersprach.

Auch das TGVG 1993 wurde nach Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag vom Landeshauptmann kundgemacht. Es sind deshalb die gleichen Überlegungen maßgeblich, die den Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , G50/96 ua., zur Feststellung gezwungen haben, die TGVG-Novelle 1991 sei insgesamt wegen Verstoßes gegen Art 38 Abs 7 der TLO 1989 verfassungswidrig gewesen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im einzelnen auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Für die vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren resultiert daraus die Verfassungswidrigkeit der in Prüfung genommenen Regelungen (zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen - zumal im Hinblick auf die Neuerlassung eines neuen TGVG, LGBl. für Tirol 61/1996 - vgl. unten II.B.4.1.).

3. Der Verfassungsgerichtshof nahm im Rahmen seiner Beurteilung im führenden Verfahren zu G194/96 weiters vorläufig an, daß das in § 14 TGVG 1993 vorgesehene Verbot des Erwerbes von Freizeitwohnsitzen, das in Zusammenhalt mit den §§15 und 16 TROG 1994 zu sehen sei, die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Niederlassung und des Aufenthaltes sowie des Liegenschaftserwerbs, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletze. Die vom Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Niederlassung und des Aufenthaltes entwickelten Bedenken decken sich mit jenen, die im Beschluß vom , B1952/95, betreffend die Verfassungsmäßigkeit der §§15 und 16 sowie einer Wortfolge in § 118 TROG 1994 näher dargelegt wurden. Eine gesetzliche Beschränkung der Möglichkeiten des Rechtserwerbes an Freizeitwohnsitzen sei verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn es gemäß dem zweiten Absatz des Art 1 des (Ersten) Zusatzprotokolls zur EMRK "in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse ... erforderlich" sei. Der Verfassungsgerichtshof nahm vorläufig an, daß dieses Allgemeininteresse nicht bzw. nicht ausreichend vorliegen dürfte, um die durch die in Prüfung genommene Bestimmung bewirkten Eigentumsbeschränkungen zu rechtfertigen. Überdies verletze ein derart rigoroses Verbot des Erwerbes von Freizeitwohnsitzen das Gleichheitsgebot. Sollte die Regelung nämlich mit allfälligen Interessen des Tourismus gerechtfertigt werden, erschiene sie im Hinblick auf das dem Gleichheitssatz immanente Sachlichkeitsgebot bedenklich; auch dürfte sie dem Grundsatz des Vertrauensschutzes widersprechen.

Die Tiroler Landesregierung hält den Bedenken ob der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Niederlassung und des Aufenthalts und auf Unversehrtheit des Eigentums im wesentlichen das Gleiche entgegen wie in ihrer Äußerung vom zu G195/96 zu den Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes betreffend die §§15 und 16 TROG 1994, nämlich daß seitens des Landes Tirol ein umfassendes Raumordnungsinteresse an der Hintanhaltung und Reduzierung von Freizeitwohnsitzen bestünde.

3.1.1. Durch das TGVG 1993 sollte in Zusammenhalt mit dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. für Tirol 81/1993, nunmehr idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol 6/1995 und 68/1995 - also vor der Novelle LGBl. für Tirol 4/1996 - (im folgenden: TROG 1994), die Schaffung, Erweiterung und Benützung von und der Verkehr mit Freizeitwohnsitzen stark eingeschränkt werden.

Erwähnt sei schon hier, daß der Verfassungsgerichtshof mit - beiliegendem - Erkenntnis vom , G195/96 ua., ausgesprochen hat, daß das TROG 1994 teils verfassungswidrig war, teils mit Wirkung vom aufgehoben wird.

Durch § 15 Abs 1 TROG 1994 wird die Errichtung von Gebäuden, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, ausgeschlossen. Gleiches galt bis zur Aufhebung der betreffenden Wortfolge durch den Verfassungsgerichtshof (s. die Kundmachung LGBl. für Tirol 6/1995) für Zubauten und gilt für Änderungen des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden oder Gebäudeteilen, durch die Freizeitwohnsitze neu geschaffen oder bestehende Freizeitwohnsitze vergrößert werden sollen. Infolgedessen ist - anders als nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1984, LGBl. für Tirol 4/1984, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. für Tirol 76/1990 - keine eigene Widmungskategorie für solche Einrichtungen mehr vorgesehen. Bestehende Freizeitwohnsitze unterliegen einer Anmeldungspflicht gemäß § 16 TROG 1994 und Wohnsitze dürfen in nur sehr eingeschränkter Weise als Freizeitwohnsitze benützt werden (vgl. § 15 Abs 3 leg.cit.). Rechtserwerbe an Freizeitwohnsitzen sind dem Regime des TGVG 1993 unterstellt. Eine Begriffsbestimmung des "Freizeitwohnsitzes" enthält sowohl § 15 Abs 2 TROG 1994 als auch in gleicher Weise § 2 Abs 6 TGVG 1993. Dabei ist hervorzuheben, daß das TROG 1994 wie auch das TGVG 1993 auch "Zweitwohnsitze" kennt, deren Begründung bzw. Benützung das Gesetz als zulässig erachtet. (§15 TROG 1994 und § 2 Abs 6 TGVG 1993 wurden durch die bereits erwähnte 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. für Tirol 4/1996, neu gefaßt). Die Umsetzung der raumordnungspolitischen Zielsetzung der Einschränkung der Schaffung bzw. Benützung von Freizeitwohnsitzen erfolgt insbesondere durch § 14 TGVG 1993. Bei allen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht unterworfenen Rechtserwerben sowohl an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken, vor allem aber an Baugrundstücken ist neben den sonstigen Voraussetzungen nach dem zweiten bzw. dritten Abschnitt des Gesetzes auch zu prüfen, ob durch den beabsichtigten Rechtserwerb nicht etwa ein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll. Die Prüfung dieser Frage entfällt bei jenen Rechtserwerben, die nach den §§5, 10 und 12 Abs 2 TGVG 1993 von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind.

Wurde bzw. wird ein zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TROG 1994 (das war der - s. § 119 Abs 1 leg.cit.) bestehender, den Tiroler Raumordnungsvorschriften nicht widersprechender Freizeitwohnsitz ordnungsgemäß nach § 16 leg.cit. angemeldet, kann dieser zur Verwendung als Freizeitwohnsitz erworben werden, wenn der Rechtserwerb im Sinne der zitierten Regelungen keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht unterliegt. Besteht aber eine grundverkehrsrechtliche Genehmigungspflicht, so ist zu unterscheiden, ob die Freizeitwohnsitze für eine ganzjährige Wohnnutzung geeignet sind oder nicht. Sind sie hiefür nicht geeignet, können sie von jedermann erworben werden, der einen mindestens fünfjährigen ordentlichen Wohnsitz in Österreich nachweisen kann (§14 Abs 2 TGVG 1993). Bei ganzjährig zur Wohnnutzung geeigneten Freizeitwohnsitzen liegt ein grundverkehrsbehördlicher Versagungsgrund vor, wenn der Rechtserwerber nicht glaubhaft macht, daß durch den Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll. Bei Verletzung des gesetzlichen Verbotes der Schaffung von Freizeitwohnsitzen droht nicht nur die Verhängung einer Verwaltungsstrafe (§36 Abs 1 litd TGVG 1993; Geldstrafe bis zu S 500.000,--), sondern ist letztlich auch die Zwangsversteigerung des betreffenden Freizeitwohnsitzes möglich (§14 Abs 4 leg.cit.).

3.1.2. Die Erläuternden Bemerkungen (Beilagen zu den Stenographischen Berichten des Tiroler Landtages XI. Periode,

5. Sitzung der 9. Tagung am 6., 7. und , S 55ff.) führen dazu aus:

"Nach dem im Entwurf vorliegenden neuen Tiroler Raumordnungsgesetz sollen neue Freizeitwohnsitze nicht mehr geschaffen werden dürfen. Jene Freizeitwohnsitze, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Tiroler Raumordnungsgesetzes nach den bisherigen Raumordnungsvorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitze benützt und bei der Gemeinde als Freizeitwohnsitze angemeldet worden sind, sollen weiterhin als solche verwendet werden dürfen.

Auf Grund der Anmeldung bestehender Freizeitwohnsitze hat der Bürgermeister mit Bescheid festzustellen, ob ein Freizeitwohnsitz nach den bisherigen Raumordnungsvorschriften rechtmäßig benützt worden ist und ob der Freizeitwohnsitz für eine ganzjährige Wohnnutzung geeignet ist.

Diese raumordnungspolitische Zielsetzung der Einschränkung von Freizeitwohnsitzen soll durch die Bestimmungen des § 14 auch im Bereich des Grundverkehrs umgesetzt werden. Nach Abs 1 ist bei allen der grundverkehrsrechtlichen Genehmigungspflicht unterworfenen Rechtserwerben an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken und vorallem an Baugrundstücken neben den jeweiligen Voraussetzungen nach dem 2. bzw. 3. Abschnitt auch zu prüfen, ob nicht durch den beabsichtigten Rechtserwerb ein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll. Es ist Sache des Rechtserwerbers, in der Anzeige über den zu genehmigenden Rechtserwerb durch entsprechende Angaben und Unterlagen glaubhaft zu machen, daß kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll (vgl. § 23 Abs 2 litf).

Man könnte nun die Auffassung vertreten, daß im Hinblick auf das im neuen Tiroler Raumordnungsgesetz normierte umfassende Verbot, neue Freizeitwohnsitze zu schaffen, und die schweren Strafen, mit denen Verletzungen dieses Verbotes geahndet werden, zusätzliche grundverkehrsrechtliche Vorschriften zur Hintanhaltung von unzulässigen Freizeitwohnsitzen entbehrlich wären. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Überwachung der Einhaltung des raumordnungsrechtlichen Verbotes von Freizeitwohnsitzen in der Praxis doch mit Schwierigkeiten verbunden sein wird. Es ist daher notwendig, bereits im vorhinein aus Anlaß des Erwerbes einer Liegenschaft (insbesondere durch Ausländer ohne Wohnsitz in Tirol) zu prüfen, ob nicht ein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll.

Andererseits ist darauf hinzuweisen, daß vom Standpunkt des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Freizeitwohnsitzen nichts verloren ist, wenn es einem Rechtserwerber zunächst gelingt, gegenüber der Grundverkehrsbehörde glaubhaft zu machen, daß kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll, er in der Folge aber dennoch einen solchen errichtet. In diesem Fall wird dann eben das raumordnungsrechtliche Verbot von Freizeitwohnsitzen zum Tragen kommen.

Wie bereits erwähnt, soll die Frage, ob durch einen Rechtserwerb nicht ein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll, nur bei jenen Rechtserwerben geprüft werden, die nach den §§4 und 9 der Genehmigungspflicht unterliegen. Die Prüfung dieser Frage entfällt hingegen bei jenen Rechtserwerben, die nach den §§5 und 10 von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind. Ein nach dem neuen Tiroler Raumordnungsgesetz ordnungsgemäß angemeldeter bestehender Freizeitwohnsitz kann somit im Wege eines von der grundverkehrsrechtlichen Genehmigungspflicht ausgenommenen Rechtserwerbes auch weiterhin zur Verwendung als Freizeitwohnsitz erworben werden. Hinsichtlich jener Rechtserwerbe, die der grundverkehrsrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen, muß aber zwischen folgenden Arten von Freizeitwohnsitzen unterschieden werden:

1. Freizeitwohnsitze, die auf Grund ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung u.dgl. für eine ganzjährige Wohnnutzung nicht geeignet sind (dies ist im Bescheid über die Feststellung, daß ein bestehender und bei der Gemeinde angemeldeter Freizeitwohnsitz bisher rechtmäßig als solcher benützt worden ist, festzustellen), dürfen an jedermann zur Verwendung als Freizeitwohnsitz weitergegeben werden, sofern der Rechtserwerber einen mindestens fünfjährigen ordentlichen Wohnsitz in Österreich nachweist (Abs2).

2. Freizeitwohnsitze, die für eine ganzjährige Wohnnutzung geeignet sind, dürfen hingegen nur an Rechtserwerber weitergegeben werden, die einen ganzjährigen Wohnbedarf nachweisen können.

Die in der Z. 2 genannten Freizeitwohnsitze sind somit künftig nur mehr beschränkt verkehrsfähig.

Als Sanktion für die Verletzung des grundverkehrsrechtlichen Verbotes der Schaffung von Freizeitwohnsitzen ist neben der Strafbestimmung nach § 36 Abs 1 litd letztlich die Zwangsversteigerung des betreffenden Objektes vorgesehen (Abs4)."

Im Allgemeinen Teil der Erläuternden Bemerkungen (S 27ff.) wird als Regelungsziel angeführt, "Zweitwohnsitze möglichst einzudämmen, um dadurch das gerade in Tirol so knappe Bauland für diejenigen zu sichern, die einen ganzjährigen Wohnbedarf haben, und um die Nachfrage, die die Preise für Baugrundstücke in unerschwingliche Höhen getrieben hat, zurückzudrängen." Davon sollten nicht "die Wechselfälle des Lebens, die sich aus besonderen beruflichen und familiären Änderungen ergeben" könnten, betroffen sein, die Behörde wolle bei Überwachung des Zweitwohnsitzverbotes auch nicht "spitzelmäßig" Lebensgewohnheiten prüfen, sodaß die Intimsphäre der (Zweit-)Wohnsitzwerber gewahrt bleibe.

3.2. Die für die Beurteilung der mit Bezug auf einzelne Grundrechte geäußerten Bedenken vornehmlich maßgeblichen Rechtsvorschriften des TGVG 1993 - idF vor der 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. für Tirol 4/1996 - haben folgenden Wortlaut (die insoweit zu G194/96 in Prüfung genommenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"1. A b s c h n i t t

Allgemeine Bestimmungen

...

§2

Begriffsbestimmungen

...

(6) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Teile von Gebäuden oder Wohnungen, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen, Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen Einrichtungen, Betrieben oder Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten werden, sowie Wohnräume, die im Rahmen der Privatzimmervermietung verwendet werden, gelten nicht als Freizeitwohnsitze.

...

3. A b s c h n i t t

Verkehr mit Baugrundstücken

§9

Genehmigungspflicht

(1) Der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der folgenden Rechte an Baugrundstücken zum Gegenstand haben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
den Erwerb des Eigentums;
b)
den Erwerb eines Baurechtes oder eines anderen Rechtes zur Errichtung eines Bauwerkes auf fremdem Grund;
c) den Erwerb eines Fruchtnießungsrechtes (§509 ABGB), eines Gebrauchsrechtes (§504 ABGB) oder einer Dienstbarkeit der Wohnung (§521 ABGB);
d) die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes nach § 23 des Wohnungseigentumsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 417, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 827/1992;
e) den Erwerb eines Bestandrechtes, wenn es in das Grundbuch eingetragen werden soll oder wenn die Bestanddauer unbefristet ist oder mehr als zehn Jahre beträgt, wobei für die Berechnung der Bestanddauer die in einem tatsächlichen und zeitlichen Zusammenhang stehenden Bestandzeiten verschiedener Verträge zwischen denselben Vertragsparteien oder zwischen einer Vertragspartei und einem mit der anderen früheren Vertragspartei im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen zusammenzurechnen sind;
f) die sonstige Überlassung der Benutzung von Grundstücken, sofern dadurch dem Benützer eine ähnliche rechtliche oder tatsächliche Stellung eingeräumt werden soll wie auf Grund eines Rechtserwerbes nach lita bis e;
g) den Erwerb von Gesellschaftsanteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragenen Erwerbsgesellschaften und Personengesellschaften des Handelsrechtes oder von Genossenschaftsanteilen, wenn im Eigentum der Gesellschaft oder Genossenschaft Baugrundstücke stehen oder die Gesellschaft oder Genossenschaft einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an solchen Grundstücken hat.

(2) Der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfen weiters:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
jede Schenkung von Baugrundstücken auf den Todesfall;
b)
jeder originäre Erwerb des Eigentums an Baugrundstücken;
c)
der Erbschaftskauf (§1278 ABGB), wenn zur Verlassenschaft Baugrundstücke oder Rechte an solchen Grundstücken gehören.

§10

Ausnahmen von der Genehmigungspflicht

(1) ...

(2) Der Genehmigung nach § 9 bedarf es weiters nicht, wenn bei einem Rechtserwerb an einem bebauten Grundstück der Rechtserwerber gegenüber der Grundverkehrsbehörde schriftlich erklärt, daß er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und daß durch den Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll. Die Grundverkehrsbehörde hat dem Rechtserwerber die Abgabe der Erklärung zu bestätigen. Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Erklärung sowie über die der Erklärung anzuschließenden Unterlagen zu erlassen. Die Grundverkehrsbehörde hat eine Ausfertigung der bestätigten Erklärung dem Landesgrundverkehrsreferenten (§30) zuzustellen.

...

5. A b s c h n i t t

Freizeitwohnsitze

§14

Verbot des Erwerbes von Freizeitwohnsitzen,

Ausnahmen

(1) Die Genehmigung nach § 4 oder § 9 ist insbesondere auch zu versagen, wenn der Rechtserwerber nicht glaubhaft macht, daß durch den beabsichtigten Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll.

(2) Abs 1 gilt nicht für Rechtserwerbe an Gebäuden, Teilen von Gebäuden oder Wohnungen, die nach § 16 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81, in der jeweils geltenden Fassung als Freizeitwohnsitz angemeldet worden sind und für die festgestellt wurde, daß sie auf Grund ihrer Lage, Beschaffenheit oder Ausstattung nicht für eine ganzjährige Wohnnutzung geeignet sind, wenn der Rechtserwerber seit mindestens fünf Jahren seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat oder früher mindestens fünf Jahre seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatte.

(3) Wird ein Gebäude, ein Teil eines Gebäudes oder eine Wohnung, ausgenommen jene im Sinne des Abs 2, an dem (an der) nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes das Eigentum erworben wurde, als Freizeitwohnsitz verwendet oder wird auf einem Grundstück, an dem nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes das Eigentum erworben wurde, ein Freizeitwohnsitz geschaffen, so hat die Grundverkehrsbehörde dem Rechtserwerber mit Bescheid die sofortige Unterlassung der unzulässigen Verwendung als Freizeitwohnsitz aufzutragen und für den Fall der Nichtbefolgung dieses Auftrages die Zwangsversteigerung des betreffenden Objektes anzudrohen. Dies gilt nicht für Gebäude, Teile von Gebäuden oder Wohnungen, die auf Grund einer Bewilligung nach § 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen.

(4) Wird einem Auftrag nach Abs 3 nicht entsprochen, so hat die Grundverkehrsbehörde bei Gericht die Zwangsversteigerung des betreffenden Objektes zu beantragen.

..."

3.3.1. Zum Grundrecht auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs im allgemeinen, des Liegenschaftserwerbes im besonderen, führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß begründend aus, Art 6 StGG sei beginnend mit VfSlg. 21/1919 in ständiger Rechtsprechung dahingehend verstanden worden, daß sich dieses Recht nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen richte, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allerdings verbiete es Art 6 StGG, eine bevorrechtete Klasse der Landwirte dadurch zu schaffen, daß ihnen - ohne Rücksicht darauf, ob es die nach dem Gesetz zu schützenden Grundverkehrsinteressen erfordern - nur deswegen, weil sie bereits Landwirte sind, gegenüber Personen, auf die dieses Kriterium nicht zutrifft, das vorzugsweise oder gar ausschließliche Recht eingeräumt wird, landwirtschaftlichen Grundbesitz zu erwerben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, würden durch Art 6 StGG nicht ausgeschlossen (vgl. statt vieler VfSlg. 11411/1987, 12984/1992, 13516/1993).

Diese lediglich am historischen Sinn orientierte Rechtsprechung dürfte schon im Hinblick darauf, daß der Inhalt des Begriffes "Grundverkehr" durch die B-VG-Novelle 1992, BGBl. 276, geändert wurde, nicht beizubehalten sein. Zumal die nunmehrigen Beschränkungen der Freiheit des Liegenschaftsverkehrs ungleich weitergehen dürften als die bislang bekannten, sei zu erwägen, ob im Hinblick auf Art 6 StGG nicht dieselben Grenzen bestehen, die der Verfassungsgerichtshof bei anderen, gleichfalls ohne ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten als für das einfache Gesetz nicht überwindbar erkannt habe.

Die damit gezogenen Grenzen dürfte der Landesgesetzgeber durch die Bestimmung des § 14 Abs 1 und 2 TGVG 1993 deswegen überschritten haben, weil sie integrierender Teil eines Normensystems sein dürfte, das im Effekt dazu führe, daß im ganzen Land Tirol nicht mehr von der Liegenschaftsverkehrsfreiheit Gebrauch gemacht werden könnte. Es habe nämlich den Anschein, daß die durch die in Prüfung genommene Bestimmung angestrebten Ziele auch mit weniger weit gehenden Eingriffen erreicht werden könnten und daß das Wesen des Grundrechtes ausgehöhlt werde, weil das Verhältnis einer Regel zur Ausnahme umgedreht werde (vgl. auch Morscher, Die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs: Art 6 StGG und Art 2 des 4. ZP-EMRK, in Machacek u.a. (Hrsg.), Grund- und Menschenrechte in Österreich, Band 2, (1992) 507ff. (527); Korinek, Grundrechte und administrative Beschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, ZfV 1992, 8ff. (10); Öhlinger, Zweitwohnsitze im Lichte des Verfassungsrechtes, AnwBl. 1994, 664ff. (667f.)).

3.3.2. Die Tiroler Landesregierung vermag der in Zusammenhang mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs vorläufig geäußerten Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, durch die B-VG-Novelle BGBl. 276/1992 sei der Inhalt des Begriffes "Grundverkehr" geändert worden, nicht zu folgen. Wie sich insbesondere aus dem Bericht des Verfassungsausschusses (470 BlgNR XVIII. GP) ergebe, sei es Ziel dieser Novelle gewesen, den Ländern die Kompetenz zur Erlassung von Regelungen, mit denen der Grundstücksverkehr verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterworfen werde, in jenem Umfang, wie sie den Ländern schon bisher bezüglich des land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehrs und des Ausländergrundverkehrs zugekommen sei, auch bezüglich des Verkehrs mit Baugrundstücken einzuräumen. Dieser Kompetenzübertragung sei die Ermächtigung zur Erlassung von die Liegenschaftsverkehrsfreiheit einschränkenden Regelungen immanent. Hinsichtlich der Zielsetzung solcher Regelungen seien die Länder auch nicht an den in den Materialien zu dieser B-VG-Novelle beispielhaft genannten Zweck der Hintanhaltung spekulativer Baulandhortung gebunden, vielmehr dürften alle in die Gesetzgebungsverantwortung der Länder fallenden öffentlichen Interessen mit solchen grundverkehrsrechtlichen Beschränkungen durchgesetzt werden. Im übrigen werde auf das dargestellte dringende Raumordnungsinteresse des Landes (s. dazu das zu den §§15 und 16 TROG 1994 ergangene Erkenntnis ua.) verwiesen.

3.3.3. Der Hinweis auf die Materialien zur B-VG-Novelle 1992, BGBl. 276, vermag die Annahme der Tiroler Landesregierung nicht zu stützen, der Inhalt des verfassungsrechtlichen Begriffs "Grundverkehr" habe sich durch die genannte Novelle nicht gewandelt. Jedenfalls aus kompetenzrechtlicher Sicht werden damit nicht nur - wie vordem - Vorgänge mit Bezug auf Ausländer bzw. auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, sondern auch mit Bezug auf bebaute oder zur Bebauung bestimmte Grundstücke erfaßt. Die Tiroler Landesregierung geht im übrigen implizit auch von der Annahme des Verfassungsgerichtshofes aus, indem sie einräumt, ein Eingriff in das gemäß Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht sei aus öffentlichen Interessen gerechtfertigt.

Indes ist zuzugestehen, daß aus dem Umstand, daß eine bis dahin dem Bund oblegene Aufgabe aus dessen - zum Kompetenztatbestand Zivilrechtswesen gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG zählenden - Kompetenz herausgelöst wird und dadurch iVm. der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung von den Ländern zu besorgen ist, kein (zwingender) Schluß dahingehend gezogen werden kann, daß damit der Schutzumfang bzw. -inhalt des durch Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs verändert - nämlich erweitert - worden sei. Die auf der Grundlage der genannten B-VG-Novelle erlassene neue Regelung gibt dem Verfassungsgerichtshof aber Anlaß, an von ihm schon früher angestellte Überlegungen zur Freiheit des Liegenschaftsverkehrs anzuknüpfen (vgl. ferner auch die Literaturhinweise weiter oben).

So hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 5150/1965 ausgeführt, ein Gesetz dürfe keinen Inhalt haben, der den Wesensgehalt des Grundrechts auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs aushöhlen würde; dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Gesetz die Behörde ermächtige, bei einer Veräußerung (von Liegenschaften) den Erwerber zu bestimmen. Das - damals in Geltung gestandene - Tiroler Grundverkehrsgesetz 1962 habe keinen solchen Sinn, es dürfe ihm auch nicht im Wege einer Auslegung ein solcher Sinn beigelegt werden. Insbesondere der Prüfungsbeschluß zu VfSlg. 9580/1982 enthielt aus dem Blickwinkel dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Kärntner Wohnsiedlungsgesetzes 1976 (ihre Erörterung in dem die damaligen Gesetzesprüfungsverfahren erledigenden Erkenntnis ist allein deshalb unterblieben, weil die geprüften Regelungen schon aus anderen Gründen aufzuheben waren). Diese Bedenken waren dadurch ausgelöst, daß die in Prüfung gezogenen Bestimmungen (mit geringfügigen Ausnahmen) j e d e Übertragung des Eigentums an Grund und Boden durch Rechtsgeschäft unter Lebenden einer behördlichen Genehmigung unterwerfen und die Erteilung dieser Genehmigung nur unter Bedachtnahme auf eine fast unübersehbare V i e l f a l t möglicher Gesichtspunkte erlauben. Zwar sehe der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung insbesondere seit dem grundlegenden Erkenntnis VfSlg. 2546/1953 die Stoßrichtung des Art 6 StGG darin, daß im Gegensatz zur früheren Ordnung jeder Staatsbürger nicht nur Liegenschaften der seinem Stande entsprechenden Kategorie, sondern jede Art von Liegenschaften erwerben könne. Beschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, die nicht in der Sonderung der Stände und der ihr entsprechenden Unterscheidung von Liegenschaftskategorien ihren Grund haben, verletzten also diesen Grundsatz nicht. Wäre nämlich diese Bestimmung so gemeint, "daß selbst durch Gesetz dem Liegenschaftsverkehr überhaupt keine Schranken gesetzt werden können, so wären die Worte 'jeder Art' gänzlich überflüssig". An dieser Auffassung habe der Gerichtshof in der Folge mit der Maßgabe festgehalten, daß dem Gesetzgeber auch die Schaffung bevorrechteter Klassen im Bereich des Liegenschaftserwerbes versagt sei (Hinweis auf VfSlg. 5374/1966, 5683/1968, 6029/1969, 6157/1970, 6718/1972, 7539/1975, 8174/1977, 8309/1978).

Der Gerichtshof ging damals vorläufig davon aus, daß diese Aussage nicht etwa den Schutzumfang des Art 6 StGG abschließend umschreibt, sondern nur die Reichweite des darin enthaltenen vorbehaltlosen Verbotes kläre.

Der Verfassungsgerichtshof ist der abschließenden Auffassung, daß gerade im Hinblick auf die sehr weitgehenden Beschränkungen der Freiheit des Liegenschaftsverkehrs durch die in Prüfung genommene Bestimmung seine im vorliegenden Prüfungsbeschluß geäußerte Annahme zutrifft, es liege ein Eingriff in das genannte Grundrecht vor.

Der Verfassungsgerichtshof vertrat in seinem Prüfungsbeschluß weiters vorläufig die Annahme, die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs sei gleich wie andere ohne ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (s. zur Kunstfreiheit gemäß Art 17a StGG VfSlg. 10401/1985, 11567/1987, 11737/1988; zur Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre gemäß Art 17 StGG zuletzt VfSlg. 13978/1994) garantiert.

Nun enthält zwar in der Tat Art 6 StGG hinsichtlich der Freiheit des Liegenschaftsverkehrs keinen Gesetzesvorbehalt. Doch hat der Verfassungsgerichtshof in seinem dem Erkenntnis VfSlg. 9580/1982 zugrundeliegenden Prüfungsbeschluß schon gemeint:

"In der Tat legt die Stellung der Liegenschaftserwerbsfreiheit zwischen den Vorbehaltsgrundrechten der Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5) und der Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 Abs 1 letzter Halbsatz) und der innere Zusammenhang dieser Grundrechte die Annahme nahe, daß auch die Zulässigkeit von Erwerbsbeschränkungen keine unbegrenzte ist, sondern unter einem Vorbehalt steht, der im Ergebnis der Wesensgehaltssperre der verwandten Grundrechte entspricht, sodaß die Schaffung neuer bevorrechteter Klassen nur einen besonderen Fall der Überschreitung dieser Schranke darstellt. Eine Verbindung zu Art 5 StGG hat der VfGH übrigens schon im Erk. VfSlg. 2546/1953 hergestellt, wenn er das in Art 6 mit gewährleistete Recht, über die Liegenschaft frei zu verfügen, als Ausdruck der Gewährleistung der freien Ausübung des Eigentumsrechts gewertet hat.

Wenn die Verfassung von der Freiheit des Liegenschaftserwerbs ausgeht, so scheint jedenfalls ein Eingriff in diese Freiheit nur durch ein Gesetz zulässig und die gesetzlose (oder denkunmögliche) Verhinderung des Erwerbes daher eine Verletzung des Art 6 StGG zu sein. Selbst wenn aber Art 6 ein solcher Gesetzesvorbehalt im eigentlichen Sinn entgegen der Auffassung des Gerichtshofes in VfSlg. 5150/1965 nicht unterstellt werden könnte, schützt er offenbar die Freiheit des Liegenschaftserwerbes als solche doch auch gegen Beschränkungen durch Gesetz, die das Grundrecht aushöhlen würden."

Ferner ist in diesem Zusammenhang auf die Kompetenzregelungen (s. Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG idF der zitierten Novelle BGBl. 276/1992 iVm. der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG, aber auch VfSlg. 2658/1954 und ArtVII. der B-VG-Novelle 1974, BGBl. 444) Bedacht zu nehmen. Danach sind die Länder in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig, den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr, den Grundverkehr für Ausländer und den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen zu unterwerfen. Im Rahmen dieser ihrer Kompetenzen sind deshalb die Länder befugt, gesetzliche Regelungen zu erlassen, die in die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs eingreifen.

Diese Befugnis ist aber keine unbeschränkte. Vielmehr darf ein solches Gesetz, wie schon in VfSlg. 5150/1965 dargetan, keinen Inhalt haben, der den Wesensgehalt der Liegenschaftsverkehrsfreiheit aushöhlt. Im Sinne der nunmehr ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu unter einem ausdrücklichen Vorbehalt stehenden Grundrechten ist dem Gesetzgeber eine Beschränkung der Liegenschaftsverkehrsfreiheit nur unter jenen Bedingungen erlaubt, wie sie für das durch Art 5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gelten. Der Gesetzgeber kann danach verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt und nicht unverhältnismäßig ist (vgl. VfSlg. 13587/1993, 13964/1994).

Auf die hier in Prüfung genommene Regelung des § 14 Abs 1 und 2 TGVG 1993 angewendet, bedeutet dies:

Diese Bestimmungen bewirken, wie unter II.B.3.3.3. dargetan, einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs. Im Grunde vermag sich dieser Eingriff zwar auf wesentliche öffentliche Interessen zu stützen, er überschreitet aber die dem Gesetzgeber gesetzten Schranken, weil er bei seinen Maßnahmen nicht regional (oder in sonst geeigneter Weise) differenziert, der Eingriff mithin überschießend ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat im bereits erwähnten Erkenntnis vom , G195/96 ua., im einzelnen dargetan, warum die Kombination des Verbotes der Schaffung und Vergrößerung von Freizeitwohnsitzen mit der Anmeldungsverpflichtung für bestehende Freizeitwohnsitze sowie mit der Notwendigkeit von Ausnahmebewilligungen und Verwendungsbeschränkungen für bestehende Freizeitwohnsitze ohne Rücksichtnahme auf die regionalen Erfordernisse unverhältnismäßig ist. Gleicherweise konnten auch hier die im Prüfungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken nicht zerstreut werden. Die genannten, (die Veräußerung bzw.) den Erwerb von Freizeitwohnsitzen in ganz Tirol beschränkende Regelung erweist sich deshalb als unverhältnismäßig.

3.3.4. Die gegen § 14 Abs 1 und 2 TGVG 1993 aus dem Blickwinkel des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs entwickelten Bedenken haben sich sohin als zutreffend erwiesen.

3.4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken.

4.1. Nach Art 140 Abs 3, zweiter Satz, und Art 140 Abs 4 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof für den Fall, daß er zur Auffassung gelangt, daß das ganze Gesetz in verfassungswidriger Weise kundgemacht wurde oder an einem gleichzuhaltenden Fehler (vgl. VfSlg. 8213/1977, 13707/1994) leidet, das ganze Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben bzw. auszusprechen, daß das ganze Gesetz verfassungswidrig war. Da hier ein solcher, oben unter II.B.2. konstatierter, eine gehörige Kundmachung im Sinne des Art 89 Abs 1 B-VG nicht vereitelnder Mangel vorliegt (s. auch hiezu das Erkenntnis ua.) und ein Hindernis im Sinne des letzten Satzes des Art 140 Abs 3 B-VG nicht vorliegt, hat der Verfassungsgerichtshof von der genannten Ermächtigung Gebrauch zu machen.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß den Regelungen des TGVG 1993 durch das Inkrafttreten des Gesetzes vom über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996), LGBl. für Tirol 61/1996 (im folgenden: TGVG 1996), - im wesentlichen mit - materiell derogiert wurde. Der Verfassungsgerichtshof hatte daher auszusprechen, daß das TGVG 1993 verfassungswidrig war. Dies ungeachtet der Tatsache, daß angesichts der Übergangsbestimmungen des § 40 Abs 4 TGVG 1996 für bestimmte Fälle die Vorschriften des TGVG 1993 weiterhin anzuwenden sind. Geltungsgrund für diese noch bestehende beschränkte Anwendbarkeit von Vorschriften des früheren Gesetzes ist § 40 TGVG 1996. In dem durch diese Bestimmung angeordneten Ausmaß ist daher das für verfassungswidrig erkannte TGVG 1993 noch anzuwenden.

4.2. Im Hinblick auf weitere bei ihm anhängige Prüfungsverfahren (vgl. oben Pkt. I.5.) hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, von der ihm gemäß Art 140 Abs 7, zweiter Satz, B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Anlaßfallwirkung auch für die im Spruch näher bezeichneten, beim Verwaltungsgerichtshof und dem Obersten Gerichtshof anhängigen Verfahren herbeizuführen. Eine weitere Behandlung dieser Anträge erübrigt sich folglich (vgl. VfSlg. 11918/1988, ua., , G50/96 ua.).

4.3. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes von Tirol zur unverzüglichen Kundmachung erfließt aus Art 140 Abs 5, zweiter Satz, B-VG.

III. Diese Entscheidung konnte, da

die Schriftsätze der Parteien und Beteiligten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens das Rechtsproblem umfassend erörtert haben, gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.