VfGH vom 03.12.2010, G280/09

VfGH vom 03.12.2010, G280/09

19249

Leitsatz

Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Regelung der ZPO über die Kostenentscheidung auf Grund von verzeichneten Kosten; verfassungskonforme Auslegung geboten; Kostenverzeichnis als (nicht bindende) Grundlage für die gerichtliche Entscheidung zu verstehen

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Landesgericht Wels ist ein Verfahren über einen - von

der beklagten Partei in einem Besitzstörungsverfahren erhobenen - Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Vöcklabruck anhängig, mit dem die klagenden Parteien zur ungeteilten Hand schuldig erkannt wurden, der beklagten Partei die mit € 371,84 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2. Diesem Rekursverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

2.1. Die klagenden Parteien brachten am beim Bezirksgericht Vöcklabruck eine Besitzstörungsklage ein. In der vorbereitenden Tagsatzung vom gab der Richter bekannt, dass das Klagebegehren nicht schlüssig sei, forderte die Parteien zur Legung der Kostennoten auf und verkündete daraufhin den Beschluss auf Schluss der Verhandlung und weiters den Endbeschluss in klagsabweisendem Sinne. Weiters erkannte er die klagenden Parteien schuldig, der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens zu ersetzen, wobei die ziffernmäßige Bestimmung der schriftlichen Endbeschlussausfertigung vorbehalten wurde.

2.2. Die beklagte Partei erhob am gemäß § 54 Abs 1a Zivilprozessordnung, RGBl. 113/1895 idF BGBl. I 52/2009 (im Folgenden: ZPO), Einwendungen gegen die Kostennote der klagenden Parteien und führte begründend aus, dass der Streitwert in der Tagsatzung vom "RATG-wirksam" mit € 580,00 bestimmt worden sei, die Kostennote der klagenden Parteien aber auf einem Streitwert von € 5.980,00 beruhe und damit überhöht sei.

Auch das von der beklagten Partei übergebene Kostenverzeichnis beruht auf einer Bemessungsgrundlage von € 5.980,00. Weiters verzeichnete die beklagte Partei Barauslagen in der Höhe von € 31,20 für 78 Kopien und € 186,80 an Fahrtkosten. Insgesamt verzeichnete die beklagte Partei Kosten in der Höhe von € 1.278,92. Die klagenden Parteien erhoben gegen das Kostenverzeichnis der beklagten Partei keine Einwendungen.

2.3. In der schriftlichen Ausfertigung des Endbeschlusses erkannte das Erstgericht die klagenden Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit € 371,84 bestimmten Prozesskosten zu bezahlen. In der Begründung der Kostenentscheidung führte das Erstgericht aus, dass, wie in den Einwendungen des Beklagtenvertreters selbst vorgebracht worden sei, die Leistungen lediglich auf einer Grundlage von € 580,00 zu verzeichnen gewesen wären. Überdies seien tatsächlich nur 29 Seiten Beilagen vorgelegt worden, weshalb auch nur für 29 Kopien Kosten zugesprochen hätten werden können. Da das persönliche Erscheinen der beklagten Partei nicht notwendig gewesen sei, zumal sie anwaltlich vertreten gewesen sei, könnten auch die verzeichneten Fahrtkosten nicht zugesprochen werden. Auch für die Einwendungen gegen die Kostennote der klagenden Parteien könnten der beklagten Partei keine zusätzlichen Kosten zugesprochen werden, da diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen seien.

2.4. Gegen diese Kostenentscheidung erhob die beklagte Partei fristgerecht Rekurs und machte im Wesentlichen geltend, dass das Erstgericht bei seiner Kostenentscheidung § 54 Abs 1a ZPO anwenden hätte müssen. Gemäß Art 16 Abs 10 Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I 52/2009, sei § 54 ZPO idF dieses Bundesgesetzes auf Verfahren anzuwenden, in denen der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nach dem liegt. Dies sei hier der Fall, weil die Verhandlung am geschlossen worden sei. Nach § 54 Abs 1a ZPO seien nicht begründet bestrittene Positionen der Kostenentscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen. Das Erstgericht hätte daher von einem Streitwert in der Höhe von € 5.980,00 ausgehen müssen, da die klagenden Parteien keine Einwendungen hinsichtlich des in der Kostennote der beklagten Partei zu hoch veranschlagten Streitwertes von € 5.980,00 erhoben haben. Weiters seien nicht nur 29 Kopien, sondern je 39 Kopien für das Erstgericht und für den Klagevertreter vorgelegt worden und hätten daher die verzeichneten 78 Kopien zuerkannt werden müssen. Schließlich wären auch die Einwendungen der beklagten Partei gegen die Kostennote der klagenden Parteien zu honorieren gewesen.

2.5. Dem gegenüber stehen die klagenden Parteien in ihrer Rekursbeantwortung auf dem Standpunkt, dass mit dem neu eingeführten § 54 Abs 1a ZPO nicht beabsichtigt sein könne, dass verzeichnete Kosten, die auf einem vom beschlussmäßig festgesetzten Streitwert abweichenden Streitwert beruhten, dennoch zuzusprechen seien. Aus dem Gerichtsakt ergebe sich, dass lediglich 29 Kopien vorgelegt worden seien; eine Verpflichtung des Richters, Kosten für eine tatsächlich nicht erbrachte Leistung allein wegen mangelnder Einwendungen des Gegners zusprechen zu müssen, entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers.

3. Bei Behandlung des Rekurses der beklagten Partei sind beim Landesgericht Wels Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 54 Abs 1a ZPO entstanden. Es stellt daher

"gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, in der durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, eingefügten Bestimmung des § 54 Abs 1a ZPO die Sätze 2 bis 4 ('Dieser kann dazu binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen. Auf diese Frist hat die verhandlungsfreie Zeit keinen Einfluss. Soweit der Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.') als verfassungswidrig aufzuheben, hilfsweise in § 54 Abs 1a ZPO den vierten Satz ('Soweit der Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.') als verfassungswidrig aufzuheben."

3.1. Das Landesgericht Wels begründet seinen Antrag folgendermaßen:

3.1.1. § 54 Abs 1a letzter Satz ZPO sei entsprechend dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers und dem ihm innewohnenden Regelungszweck dahin auszulegen, dass die verzeichneten Kosten bei Nichterstattung begründeter Einwendungen durch den Gegner innerhalb der 14-tägigen Äußerungsfrist ungeprüft, also bindend, der Kostenentscheidung des Gerichtes zu Grunde zu legen seien, auch wenn diese eindeutig unrichtig verzeichnet worden seien. Dies liefe darauf hinaus, dass die Höhe des Kostenersatzes nicht mehr vom Gericht entschieden, sondern von den Parteienvertretern bestimmt würde, was aber mit den Grundprinzipien des österreichischen Kostenrechts nicht in Einklang gebracht werden könne. Bei einer derartigen Auslegung liege ein Verstoß des § 54 Abs 1a zweiter bis vierter Satz ZPO gegen den "Gleichheitsgrundsatz bzw. das Sachlichkeitsgebot und das Recht der Parteien auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 EMRK" vor.

Beim Kostenersatzanspruch nach den §§41 ff. ZPO handle es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen kein selbständiges Dasein führenden verfahrensrechtlichen und somit öffentlich-rechtlichen Anspruch. Als solcher sei der Kostenersatzanspruch der Disposition der Parteien entzogen.

3.1.2. Das zivilgerichtliche Verfahren sehe eine Reihe von Säumnisbestimmungen vor, denen gemeinsam sei, dass sie keine Anerkenntnisfiktion normierten. Auch bei Nichtäußerung des Antragsgegners könne einem gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßenden bzw. rechtlich unschlüssigen Antrag auf Grund dieser Säumnisbestimmungen nicht stattgegeben werden. So sei zB gemäß § 396 Abs 1 ZPO bei nicht rechtzeitiger Erstattung der Klagebeantwortung auf Antrag des Klägers ein Versäumungsurteil zu fällen und dabei sein tatsächliches Vorbringen für wahr zu halten, soweit es nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt werde. Das Gericht habe somit das Klagebegehren trotz Säumnis des Beklagten abzuweisen, wenn der vorgebrachte Sachverhalt den geltend gemachten Anspruch nicht rechtfertige. Ein sachlicher Grund dafür, warum dies bei Unterlassung begründeter Einwendungen des Gegners gegen die verzeichneten Kosten anders sein solle, sei nicht erkennbar.

3.1.3. Im besonderen Maße bedenklich sei die Anwendung der Bestimmung des § 54 Abs 1a ZPO gegenüber unvertretenen Parteien, zumal dies eine evidente Überforderung der unvertretenen Partei bedeute und es der unvertretenen Partei wohl auch nicht zugemutet werden könne, allein zum Zweck der Überprüfung des gegnerischen Kostenverzeichnisses einen Rechtsanwalt beizuziehen. Es sei auch illusorisch, bezüglich der Kostenüberprüfung eine umfassende Anleitungspflicht des Richters gegenüber der unvertretenen Partei anzunehmen.

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zunächst die Präjudizialität der im Hauptantrag angefochtenen Sätze 2 und 3 des § 54 Abs 1a ZPO in Frage stellt und die Zurückweisung des Hauptantrages beantragt.

4.1. In der Sache bringt die Bundesregierung vor, dass die Argumentation des Landesgerichtes Wels, der Kostenersatzanspruch sei der Disposition der Parteien entzogen, nicht nachvollziehbar sei. So wäre es den Parteien schon bisher möglich gewesen, über den Kostenersatz und dessen Höhe zu disponieren, etwa im Rahmen eines Vergleiches oder bei Anerkennung bzw. Verzicht auf den Kostenersatzanspruch. Der Gesetzgeber sehe zwingendes Recht nur in Ausnahmefällen vor, etwa wenn öffentliche Interessen dies verlangten oder besonders schutzwürdige Personengruppen betroffen seien. Dies sei hier nicht der Fall.

4.2. Bei der Prüfung der Sachlichkeit seien verwaltungsökonomische Überlegungen mit zu berücksichtigen. Ein unter verfassungsrechtlichem Maßstab aufzugreifendes Missverhältnis zwischen der durch die Einführung des § 54 Abs 1a ZPO erzielten Verwaltungsvereinfachung und den Folgen für die Parteien bestehe nicht; es entstehe dadurch auch keine Belastung für die Parteien, weil der Zeitpunkt der Kostenüberprüfung lediglich vorverlagert werde.

4.3. Auch hinsichtlich unvertretener Parteien sei die Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich. Es sei nicht mehr oder weniger zumutbar, zum Zweck der Überprüfung des gegnerischen Kostenverzeichnisses einen Rechtsanwalt beizuziehen als etwa zum Zweck der Überprüfung der gerichtlichen Entscheidung in der Sache, um die Sinnhaftigkeit eines Rechtsmittels zu beurteilen. Darüber hinaus stehe auch Verfahrenshilfe zu. Weiters bestehe eine entsprechende Anleitungspflicht des Gerichtes.

4.4. Der dem Gesetzgeber zukommende rechtspolitische Gestaltungsspielraum sei nicht überschritten, und die angefochtene Bestimmung verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. Worin eine Verletzung des Art 6 Abs 1 EMRK zu erblicken sei, habe das Landesgericht Wels nicht näher ausgeführt.

II. 1. § 54 Abs 1a ZPO, RGBl. 113/1895 idF BGBl. I 52/2009, lautet (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Sätze sind hervorgehoben):

"§. 54. (1) ...

(1a) Das am Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (§193) dem Gericht zu übergebende Kostenverzeichnis ist gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen. Dieser kann dazu binnen einer Notfrist von 14 Tagen Stellung nehmen. Auf diese Frist hat die verhandlungsfreie Zeit keinen Einfluss. Soweit der Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.

(2) ..."

2. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, RV 113 BlgNR

24. GP, 31 f., lauten auszugsweise:

"... Bei ein ganzes Verfahren umfassenden

Kostenentscheidungen ist es angesichts ihrer Bedeutung angebracht, den Parteien bereits vor der Kostenentscheidung rechtliches Gehör zu gewähren. Die damit verbundene Verzögerung von jedenfalls 14 Tagen fällt dagegen nicht ins Gewicht. Im Übrigen stellen die Überprüfung durch den Verfahrensgegner und seine allfälligen begründeten Einwendungen einen argumentativen Mehrwert dar.

Als Entlastung für die Gerichte dient die Anordnung, dass sie jene Positionen, zu denen der Gegner keine begründeten Einwendungen erhoben hat, und damit erkennen hat lassen, dass er einer entsprechenden Berücksichtigung im Rahmen der Kostenentscheidung nicht entgegentritt, der Kostenentscheidung zu Grunde zu legen haben. Dies erleichtert dem Richter die Prüfung des Kostenersatzanspruchs insofern, als sich die Streitpunkte, deren Anzahl meist nicht groß sein wird, klar herausstellen. Damit kann die Dispositionsmaxime auf den Kostenersatzanspruch erweitert werden. Nicht begründet bestrittene Positionen sind der Entscheidung ungeprüft zu Grunde zu legen. Wird also z. B. die gewählte Bemessungsgrundlage als unrichtig erachtet, die Auffassung vertreten, dass anstelle von TP3 nur TP1 zustehe, die verzeichnete Leistung als nicht erbracht angesehen (etwa weil die verzeichnete Tagsatzung entfallen ist oder der erlegte Kostenvorschuss nicht verbraucht und daher rücküberwiesen wurde) oder ein Schriftsatz als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig befunden, so muss dies vom Gegner bemängelt werden; eine amtswegige Wahrnehmung ist nicht vorgesehen.

..."

III. 1. Zur Zulässigkeit:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 B-VG bzw. des Art 139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Den Ausführungen der Bundesregierung zur Präjudizialität ist entgegenzuhalten, dass der zweite Satz des § 54 Abs 1a ZPO in dem dem Antrag zu Grunde liegenden Verfahren anzuwenden war, weil das Gericht die 14-tägige Notfrist abwarten musste, um festzustellen, dass die klagenden Parteien keine Einwendungen erhoben haben. Da die 14-tägige Notfrist mit Austausch der Kostenverzeichnisse am zu laufen begann, ist auch Satz 3 des § 54 Abs 1a ZPO präjudiziell, wonach die verhandlungsfreie Zeit keinen Einfluss auf die Frist hat.

Es ist daher jedenfalls nicht als denkunmöglich anzusehen, wenn das Landesgericht Wels davon ausgeht, dass es bei der Beurteilung des bei ihm anhängigen Verfahrens § 54 Abs 1a Satz 2 bis 4 ZPO anzuwenden hat.

Der Antrag ist daher zulässig.

1.2. Da bereits der Hauptantrag zulässig ist, ist auf den Eventualantrag nicht mehr einzugehen.

2. In der Sache:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg. 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Das Landesgericht Wels erachtet § 54 Abs 1a Satz 2 bis 4 ZPO als verfassungswidrig, weil diese Bestimmung gegen den "Gleichheitsgrundsatz bzw. das Sachlichkeitsgebot und das Recht der Parteien auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 EMRK" verstoße.

2.2. Die von der Bundesregierung vertretene und in den Gesetzesmaterialien vorgenommene Interpretation des § 54 Abs 1a ZPO erweist sich vor dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes in der Tat als unsachlich. Wäre das Gericht an das Kostenverzeichnis allein deshalb gebunden, weil es durch den Verfahrensgegner unbeeinsprucht blieb, könnte dies dazu führen, dass das Gericht auch Kosten zuzusprechen hätte, deren Aufnahme in das Kostenverzeichnis auf Schreib- oder Rechenfehlern oder anderen offenbaren Unrichtigkeiten beruht. Der in den Gesetzesmaterialien angeführte Zweck des § 54 Abs 1a ZPO, nämlich Entlastung der Gerichte und Straffung des Verfahrens, vermag eine solche Regelung jedoch nicht zu rechtfertigen.

2.3. Nun lässt es der Wortlaut des § 54 Abs 1a ZPO aber zu, die Wendung "seiner Entscheidung zu Grunde zu legen" dahingehend zu verstehen, dass das Kostenverzeichnis nur die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung bildet, das Gericht aber die unter Punkt 2.2. dargestellten Fehler zu korrigieren hat. Da die gegenteilige Auslegung ein verfassungswidriges Ergebnis zur Folge hätte, ist eine verfassungskonforme Interpretation im dargelegten Sinn nicht nur zulässig, sondern geboten.

2.4. Dieser Auslegung stehen zwar die Erläuterungen in den Gesetzesmaterialien entgegen, aber im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation können diese - sofern es der Gesetzeswortlaut nicht ausschließt - unbeachtet gelassen werden. Ist nämlich eine verfassungskonforme Auslegung möglich, so ist diese vorzunehmen, selbst dann, wenn in den Gesetzesmaterialien entgegenstehende Aussagen enthalten sind (vgl. VfSlg. 11.576/1987, 15.199/1998; ua.).

2.5. Anträge mit dem Begehren, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, müssen nach § 62 Abs 1 VfGG die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darlegen.

Da das Landesgericht Wels die behauptete Verfassungswidrigkeit des § 54 Abs 1a Satz 2 bis 4 ZPO wegen Verletzung "des Rechtes der Parteien auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 EMRK" nicht näher ausgeführt hat, war auf dieses Bedenken nicht einzugehen.

2.6. Der Antrag ist daher abzuweisen.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.