VfGH vom 18.06.2015, G28/2015 ua

VfGH vom 18.06.2015, G28/2015 ua

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit der Anhebung des Schaumweinsteuersatzes; keine Unsachlichkeit der - unionsrechtlich zulässigen - unterschiedlichen Besteuerung von Schaumwein (Sekt) und Perlwein (Prosecco Frizzante)

Spruch

I. Die Anträge, die ersten beiden Ziffern "1" und "0" der im einzigen Satz des § 3 Abs 1 des Bundesgesetzes, mit dem die Schaumweinsteuer an das Gemeinschaftsrecht angepaßt und eine Verbrauchsteuer auf Zwischenerzeugnisse eingeführt wird (Schaumweinsteuergesetz 1995 – SchwStG 1995), BGBl Nr 702/1994 idF BGBl I Nr 13/2014, enthaltenen Zahl "100" als verfassungswidrig aufzuheben, werden zurückgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG gestützten Anträgen begehrt das Bundesfinanzgericht, die ersten beiden Ziffern "1" und "0" im einzigen Satz des § 3 Abs 1 des Bundesgesetzes, mit dem die Schaumweinsteuer an das Gemeinschaftsrecht angepaßt und eine Verbrauchsteuer auf Zwischenerzeugnisse eingeführt wird (Schaumweinsteuergesetz 1995 – SchwStG 1995), BGBl 702/1994 idF BGBl I 13/2014, in eventu § 3 Abs 1 leg.cit. zur Gänze, als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Schaumweinsteuergesetzes 1995, BGBl 702/1994 idF BGBl I 13/2014, lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Ziffern sind hervorgehoben):

"Teil 1

Schaumwein

1. Allgemeines Steuergebiet,

Steuergegenstand, sonstige Begriffsbestimmungen

§1. (1) Schaumwein, der im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht wird, unterliegt einer Verbrauchsteuer (Schaumweinsteuer).

(2) Steuergebiet im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Bundesgebiet, ausgenommen das Gebiet der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg).

§2. (1) Schaumwein im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Getränke, die in Flaschen mit Schaumweinstopfen, der durch eine besondere Haltevorrichtung befestigt ist, enthalten sind oder die bei +20 °C einen auf gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von 3 bar oder mehr aufweisen und die zu den nachfolgenden Positionen oder Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur gehören:

1. Unterpositionen 2204 10, 2204 21 10, 2204 29 10 und Position 2205, soweit sie einen ausschließlich durch Gärung entstandenen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 15% vol aufweisen,

2. Unterpositionen 2206 00 31 und 2206 00 39 und nicht von Ziffer 1 erfaßte Unterpositionen 2204 10, 2204 21 10, 2204 29 10 sowie Position 2205, soweit sie einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 13% vol aufweisen, 3. Unterpositionen 2206 00 31 und 2206 00 39 mit einem ausschließlich durch Gärung entstandenen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 13% vol bis 15% vol.

(2) – (3) […]

[…]

Steuersatz

§3. (1) Die Schaumweinsteuer beträgt 10 0 Euro je Hektoliter Schaumwein.

(2) Der Berechnung der Steuer für Schaumwein, der sich in einer Umschließung befindet, die nach Handelsbrauch mit an den Verbraucher übergeht, ist die Menge zugrunde zu legen, welche dem Rauminhalt (Nenninhalt) der unmittelbaren Umschließung des Schaumweins entspricht.

[…]

2. Entstehung, Anmeldung und Fälligkeit der Steuer

Steuerschuld, Steuerschuldner

§6. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, entsteht die Steuerschuld durch Überführung des Schaumweins in den steuerrechtlich freien Verkehr. Schaumwein wird in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt durch:

1. die Wegbringung aus einem Steuerlager, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren anschließt, oder durch die Entnahme zum Verbrauch in einem Steuerlager;

2. die gewerbliche Herstellung ohne Bewilligung;

3. eine Unregelmäßigkeit nach § 20 bei der Beförderung unter Steueraussetzung.

(2) – (8) […]

Anmeldung, Selbstberechnung und Fälligkeit

§7. (1) Der Steuerschuldner hat bis zum 20. eines jeden Kalendermonats bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb des Steuerschuldners befindet, die Schaumweinmengen, die im vorangegangenen Monat aus dem Steuerlager weggebracht oder zum Verbrauch entnommen wurden, nach Steuersätzen getrennt, schriftlich anzumelden. Schaumwein, der bis zum Tag der Aufzeichnung (§39) aus dem freien Verkehr zurückgenommen worden ist, muß nicht angemeldet werden.

(2) – (3) […]

(4) Entsteht die Steuerschuld nach § 6 Abs 1 Z 1, ist die Schaumweinsteuer bis zum 20. des auf das Entstehen der Steuerschuld folgenden dritten Kalendermonats bei dem im Abs 1 angeführten Zollamt zu entrichten.

(5) Entsteht die Steuerschuld nach § 6 Abs 1 Z 2 oder § 6 Abs 3, so hat der Steuerschuldner die Schaumweinmengen binnen einer Woche nach Entstehen der Steuerschuld bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb befindet, schriftlich anzumelden. Weiters hat der Steuerschuldner die auf die anzumeldenden Mengen entfallende Schaumweinsteuer selbst zu berechnen und den errechneten Steuerbetrag bis zum Ablauf der Anmeldefrist zu entrichten.

(5a) – (7) […]

[…]

9. Aufzeichnungspflichten

§35. (1) Der Inhaber einer Erzeugungsstätte hat Aufzeichnungen zu führen, aus denen hervorgehen muß,

1. wieviel Wein in die Erzeugungsstätte aufgenommen wurde;

2. wieviel Schaumwein in der Erzeugungsstätte hergestellt wurde;

3. wieviel Schaumwein in die Erzeugungsstätte aufgenommen wurde;

4. wieviel Schaumwein zum Verbrauch in der Erzeugungsstätte entnommen wurde;

5. wieviel Schaumwein aus der Erzeugungsstätte weggebracht wurde;

6. wieviel Schaumwein in die Erzeugungsstätte zurückgenommen wurde;

7. wieviel Schaumwein in der Erzeugungsstätte zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemacht oder vernichtet wurde.

(2) […]

§36. (1) Der Inhaber eines Schaumweinlagers hat Aufzeichnungen zu führen, aus denen hervorgehen muß, wieviel Schaumwein

1. in das Schaumweinlager aufgenommen wurde;

2. zum Verbrauch im Schaumweinlager entnommen wurde;

3. aus dem Schaumweinlager weggebracht wurde;

4. in das Schaumweinlager zurückgenommen wurde;

5. im Schaumweinlager zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemacht oder vernichtet wurde.

(2) […]

[…]

Teil 3

Wein

Begriffsbestimmung

§43. (1) Wein im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die nicht der Schaumweinsteuer nach § 2 Abs 1 unterliegenden Erzeugnisse

1. der Positionen 2204 und 2205 der Kombinierten Nomenklatur,

a) wenn sie einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 15% vol aufweisen und der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist, oder

b) wenn sie einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 15% vol bis 18% vol aufweisen, ohne Anreicherung hergestellt worden sind, und der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist,

2. der Positionen 2204 und 2205, die nicht von Z 1 erfaßt werden, sowie die Erzeugnisse der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, die nicht als Bier besteuert werden und die einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol bis 10% vol aufweisen,

3. der Position 2206 der Kombinierten Nomenklatur, die nicht als Bier besteuert werden und die einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 10% vol bis 15% vol aufweisen, der ausschließlich durch Gärung entstanden ist.

(2) […]

[…]

Verkehr mit Wein mit anderen Mitgliedstaaten

§44. (1) Der innergemeinschaftliche gewerbliche Verkehr mit Wein und die daran beteiligten Betriebe und Personen unterliegen im Steuergebiet der amtlichen Aufsicht. §§29, 30 und 32 Abs 2 und 3 sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Inhaber von Weinherstellungsbetrieben und anderen Betrieben bedürfen einer Bewilligung nach Abs 3, wenn sie Wein im innergemeinschaftlichen Steueraussetzungsverfahren an Steuerlager, registrierte Empfänger oder zu den in § 12 Abs 1 Z 3 genannten Empfängern in anderen Mitgliedstaaten versenden wollen.

(3) Die Bewilligung wird auf Antrag Personen erteilt, die ordnungsgemäß kaufmännische Bücher führen, rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen und gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen. Von den Erfordernissen, Bücher zu führen und Jahresabschlüsse aufzustellen, kann das Zollamt auf Antrag bei Betrieben absehen, die nicht nach den Vorschriften der Bundesabgabenordnung zur Führung von Büchern verpflichtet sind, soweit dadurch steuerliche Belange nicht gefährdet werden. Inhaber von Weinherstellungsbetrieben mit einer durchschnittlichen Erzeugung von weniger als 1000 Hektolitern Wein pro Weinwirtschaftsjahr (1. September eines Jahres bis 31. August des folgenden Jahres) sind von dem Verfahren nach dem ersten Satz befreit (kleine Weinerzeuger); für sie gilt die Bewilligung als erteilt, sobald sie schriftlich dem für die amtliche Aufsicht zuständigen Zollamt anzeigen, daß sie den Versand nach Abs 2 aufnehmen wollen. In der Anzeige ist die Durchschnittserzeugung anzugeben.

(4) Der Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist bei dem Zollamt, in dessen Bereich sich der Betrieb befindet, schriftlich einzubringen. § 10 über das Erlöschen der Bewilligung gilt sinngemäß.

(5) Betriebe, deren Inhaber eine Bewilligung nach Abs 3 besitzen, gelten für den innergemeinschaftlichen Versand und Bezug von Wein als Steuerlager.

(6) Personen, die zu gewerblichen Zwecken Wein aus Steuerlagern anderer Mitgliedstaaten oder von registrierten Versendern vom Ort der Einfuhr in anderen Mitgliedstaaten im innergemeinschaftlichen Steueraussetzungsverfahren lediglich beziehen wollen, bedürfen einer Bewilligung als registrierte Empfänger. Für die Bewilligung gelten Abs 3 erster und zweiter Satz und Abs 4 entsprechend. Für die Bewilligung zum Bezug von Wein im Einzelfall bedarf es lediglich des Antrags. Die Bewilligung zum Bezug von Wein im Einzelfall ist auf eine bestimmte Menge, einen einzigen Versender und einen bestimmten Zeitraum zu beschränken. Für die Führung von Aufzeichnungen gilt Abs 8 sinngemäß.

(7) […]

(8) Der Steuerlagerinhaber hat über den Zugang und Abgang von Wein, der im innergemeinschaftlichen Steuerversandverfahren befördert wird, Aufzeichnungen zu führen. Bei Wein aus Weintrauben gelten die nach Weinrecht zu führenden Bücher als ausreichende Aufzeichnungen, sofern das Zollamt nicht anderes anordnet.

[…]

§48g. (1) § 3 samt Überschrift, § 12 Abs 2, § 40 Abs 3 und § 41 samt Überschrift, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 13/2014, treten am in Kraft.

(2) § 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 112/2012 ist weiterhin auf Schaumwein anzuwenden, für den die Steuerschuld vor dem entstanden ist. § 41 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 112/2012 ist weiterhin auf Zwischenerzeugnisse anzuwenden, für die die Steuerschuld vor dem entstanden ist.

(3) § 6 und § 7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 112/2012, sind nach Ablauf des auf Schaumwein neuerlich anzuwenden.

(4) – (5) […]"

2. Die hier maßgeblichen unionsrechtlichen Bestimmungen lauten wie folgt:

2.1. Art 8 der Richtlinie 92/83/EWG zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (im Folgenden: Strukturrichtlinie-Alkohol), ABl. 1992 L 316, 21, lautet:

"Für die Anwendung dieser Richtlinie bezeichnet:

1. der Begriff 'nicht schäumender Wein' alle Erzeugnisse der KN Codes 2204 und 2205 mit Ausnahme des Schaumweins im Sinne der Nummer 2

— mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2 % vol. und höchstens 15 % vol., sofern der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist;

— mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 15 % vol. und höchstens 18 % vol., sofern diese Erzeugnisse ohne Anreicherung hergestellt worden sind und der in Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist;

2. der Begriff 'Schaumwein' alle Erzeugnisse der KN Codes 2204 10, 2204 21 10, 2204 29 10 und 2205, die

— in Flaschen mit Schaumweinstopfen, die durch besondere Haltevorrichtungen befestigt sind, abgefüllt sind oder einen auf gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von 3 bar oder mehr aufweisen;

— einen vorhandenen Alkoholgehalt von mehr als 1,2% vol. und höchstens 15% vol. aufweisen, sofern der in den Fertigerzeugnissen enthaltene Alkohol ausschließlich durch Gärung entstanden ist."

2.2. Art 9. dieser Richtlinie lautet:

"(1) Die von den Mitgliedstaaten auf Wein erhobene Verbrauchsteuer wird nach der Anzahl Hektoliter des Fertigerzeugnisses festgesetzt.

(2) Vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 wenden die Mitgliedstaaten auf alle Erzeugnisse, die der Verbrauchsteuer auf nicht schäumenden Wein unterliegen, denselben Verbrauchsteuersatz an. Entsprechend wenden sie auf Erzeugnisse, die der Verbrauchsteuer auf Schaumwein unterliegen, denselben Verbrauchsteuersatz an. Sie können auf nicht schäumenden Wein und Schaumwein denselben Steuersatz anwenden.

(3) Die Mitgliedstaaten können auf alle Arten von nicht schäumendem Wein und Schaumwein mit einem vorhandenen Alkoholgehalt von höchstens 8,5 % vol. ermäßigte Verbrauchsteuersätze anwenden.

(4) Die Mitgliedstaaten, die am auf nicht schäumende Weine im Sinne des Artikels 8 Nummer 1 zweiter Gedankenstrich einen höheren Verbrauchsteuersatz angewandt haben, können diesen Satz beibehalten. Dieser höhere Satz darf den normalen nationalen Verbrauchsteuersatz für Zwischenerzeugnisse nicht überschreiten."

2.3. Art 5 der Richtlinie 92/84/EWG über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf Alkohol und alkoholische Getränke (im Folgenden: Steuersatzrichtlinie), ABl. 1992 L 316, 29, lautet:

"Ab dem 1 . Januar 1993 wird der Mindestverbrauchsteuersatz

für Wein auf

— 0 ECU für stillen Wein und

— 0 ECU für Schaumwein

je hl des Erzeugnisses festgesetzt."

2.4. Perlwein wird in Anhang III der Verordnung (EG) Nr 491/2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr 1234/2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse definiert als

"das Erzeugnis, das

a) aus Wein hergestellt wird, sofern dieser Wein einen Gesamtalkoholgehalt von mindestens 9 % vol aufweist;

b) einen vorhandenen Alkoholgehalt von mindestens 7 % vol aufweist;

c) in geschlossenen Behältnissen bei 20 °C einen auf endogenes gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von

mindestens 1 bar und höchstens 2,5 bar aufweist und

d) in Behältnissen mit einem Inhalt von höchstens 60 Litern abgefüllt ist."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem zu G28/2015 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die im Anlassverfahren vor dem Bundesfinanzgericht beschwerdeführende Gesellschaft ist Inhaberin eines Steuerlagers iSd § 8 Abs 3 SchwStG 1995. Sie meldete nach Zurückweisung ihres gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG eingebrachten Individualantrages auf Beseitigung von Teilen des § 3 SchwStG 1995 mit Beschluss vom , G14/2014 ua., in dem der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich auf die in § 201 BAO vorgesehene Antragsmöglichkeit zur Geltendmachung ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken hingewiesen hatte, beim zuständigen Zollamt Wien für Juli 2014 eine Menge von 1.189,40 Liter Schaumwein mit einem Steuersatz von € 0,– je Hektoliter und einem daraus resultierenden Steuerbetrag von € 0,– im Rahmen ihrer Verbrauchsteueranmeldung an und stellte einen entsprechenden Antrag auf Festsetzung ihrer Schaumweinsteuerschuld für Juli 2014. Das Zollamt setzte mit Bescheid vom die Schaumweinsteuerschuld für Juli 2014 gemäß § 201 BAO mit € 1.189,40 fest. Die dagegen eingebrachte, beim Bundesfinanzgericht anhängige Beschwerde macht die Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs 1 SchwStG 1995 idF BGBl I 13/2014 geltend.

2. Dem zu G175/2015 protokollierten Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die im Anlassverfahren vor dem Bundesfinanzgericht beschwerdeführende Gesellschaft ist Inhaberin eines Schaumweinlagers iSd § 11 SchwStG 1995. Auch sie meldete nach Zurückweisung ihres gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litc B VG eingebrachten Individualantrages auf Beseitigung von Teilen des § 3 SchwStG 1995 mit Beschluss vom , G14/2014 ua., im Rahmen der Verbrauchsteueranmeldung für Juli 2014 eine Menge von 85.226,650 Liter Schaumwein mit einem Steuersatz von € 0,– je Hektoliter und einem daraus resultierenden Steuerbetrag von € 0,– beim zuständigen Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt an und stellte einen entsprechenden Antrag auf Festsetzung ihrer Schaumweinsteuerschuld für Juli 2014. Das Zollamt setzte mit Bescheid vom die Schaumweinsteuerschuld gemäß § 201 BAO mit € 85.226,65 fest. Die dagegen eingebrachte, beim Bundesfinanzgericht anhängige Beschwerde macht die Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs 1 SchwStG 1995 idF BGBl I 13/2014 geltend.

3. Im Antrag zu G28/2015 legt das Bundesfinanzgericht die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, dar. Es teilt dabei die von der im Anlassverfahren vor dem Bundesfinanzgericht beschwerdeführenden Gesellschaft geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Ausgestaltung der Schaumweinsteuer verletze in ihrer konkreten Ausformung die Steuerschuldner in ihrem Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Freiheit der Erwerbsausübung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Wörtlich heißt es wie folgt:

"[…] Mit der Vorschreibung der Schaumweinsteuer greift der Gesetzgeber in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums der Steuerschuldnerin ein (zB VfSlg 13.733/1994). Eine derartige Eigentumsbeschränkung ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn sie in Übereinstimmung mit dem Allgemeininteresse erforderlich ist (zB VfSlg 17.071/2009). Da der Verfassungsgerichtshof die Prüfung des Allgemeininteresses mit Sachlichkeitserwägungen verknüpft, schließt die Unsachlichkeit eines Eingriffes in das Eigentumsrecht das Vorliegen eines Allgemeininteresses aus.

Zunächst ist zu untersuchen, ob die Einhebung einer Schaumweinsteuer abstrakt im Allgemeininteresse liegt. Die Gesetzesmaterialien (24 BlgNR 25. GP, Seite 15) führen als Ziele, die mit der Einhebung der Schaumweinsteuer erreicht werden sollen, die Verhaltensänderung in bestimmten Bereichen (insbesondere der Gesundheit) und die Erreichung eines strukturellen Nulldefizits an.

[1.1.] Verhaltensänderung im Bereich der Gesundheit

Die Förderung der (Volks-)Gesundheit liegt zwar im öffentlichen Interesse, nicht jedoch eine Förderung in der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes. Nach den Gesetzesmaterialien soll mit der Einführung (auch) der Schaumweinsteuer der Trend, weniger Alkohol zu konsumieren, verstärkt werden. Dabei bedeute – so ebenfalls die Gesetzesmaterialien (24 BlgNR 25. GP, Seite 22) – abstinent bzw. fast abstinent, ein halbes Glas Sekt zu Silvester oder ein Glas Wein bei einem Geburtstag zu trinken. Von gesundheitsschädigendem Alkoholkonsum spreche man bei Männern, wenn diese täglich 1,5 Liter Bier bzw. 0, 75 Liter Wein zu sich nehmen und bei Frauen, wenn diese täglich 1 Liter Bier oder 0,5 Liter Wein trinken. Dieses Ziel kann mit der gegenständlichen Regelung nicht erreicht werden.

Zunächst scheint dieses Ziel, weniger Alkohol zu konsumieren, nur vorgeschoben, denn die Gesetzesmaterialien definieren selbst das Ziel, das mit der Einführung der Schaumweinsteuer im Evaluierungszeitpunkt (2019) erreicht werden soll, damit, dass das Aufkommen aus der Besteuerung von Schaumwein im Jahre 2014 25 Millionen Euro und ab dem Jahre 2015 jährlich 35 Millionen Euro beträgt. Die Gesetzesmaterialien definieren somit das Ziel nicht in einem möglichst geringen Steueraufkommen, was die Folge einer Reduzierung des Schaumweinkonsums wäre, sondern offenbar in einem möglichst hohen Steuereinkommen und damit auch in einem möglichst hohen Konsum.

Der gesundheitspolitische Aspekt bei der Besteuerung von Schaumwein kann darüber hinaus wohl nur im Falle von gesundheitsschädigendem Alkoholkonsum im öffentlichen Interesse liegen, und nicht bei abstinenten bzw. fast abstinenten Konsumenten.

Beide Gruppen trifft jedoch die Schaumweinsteuer gleichermaßen, sodass die Schaumweinsteuer als Mittel zur Zielerreichung nicht ausreichend differenziert ist.

Da nach Darstellung der Bf. aktuell in Österreich von jedem Österreicher im Durchschnitte alle 14 Tage ein Glas Sekt (0,1 Liter) getrunken wird, kann der Beitrag an der Stärkung der Volksgesundheit, den der Gesetzgeber mit der Einführung der Schaumweinsteuer beabsichtigt, näher besehen nur vernachlässigbar gering sein. Das eingesetzte Mittel erscheint daher zur Zielerreichung untauglich.

Die Gesetzesmaterialien übersehen auch, dass die Sparte Schaumwein – jedenfalls aus der Sicht der Konsumenten – von der Sparte Prosecco-Frizzante/Perlwein weitgehend substituiert wird. Konsumenten, die von den erhöhten Preisen des Schaumweins durch die Schaumweinsteuer abgeschreckt werden, verzichten somit zumeist nicht gänzlich auf den Genuss von alkoholischen Getränken mit Kohlensäure, sondern greifen zum insofern vergleichbaren Prosecco Frizzante. Diese Substituierbarkeit lasse sich nach der Darlegung der Bf. durch die Marktentwicklung in den letzten 18 Jahren belegen […].

Schließlich müsste eine dem angesprochenen Gesetzesziel mehr gerecht werdende und somit sachgerechtere gesetzliche Regelung jedenfalls auch Prosecco-Frizzante/Perlwein steuerlich erfassen. Da dies nicht der Fall ist, erscheint das Schaumweinsteuergesetz diesbezüglich verfassungswidrig.

Allein mit der Besteuerung von Schaumwein lässt sich somit eine Verhaltensänderung im Bereich der Gesundheit nicht erreichen.

[1.2.] Erreichung eines strukturellen Nulldefizits

Verfassungsrechtlich sind Steuervorschriften nicht zu beanstanden, die keine lenkende[n], sondern rein fiskalische Zwecke verfolgen. Allerdings hat in diesen Fällen der durch die Steuervorschrift bewirkte Eingriff in das Eigentumsrecht nach sachlichen Kriterien abgegrenzt zu sein. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein.

Zunächst erscheint es unsachlich, Schaumwein zu besteuern, nicht jedoch die dazu in Konkurrenz stehende Produktsparte Prosecco Frizzante/Perlwein. Beide Produktsparten sind – nicht nur aus dem Blickwinkel des Konsumenten – substituierbar. Es erscheint daher sachlich nicht gerechtfertigt allein Schaumwein, nicht jedoch Prosecco Frizzante/Perlwein, einer Verbrauchsteuer zu unterwerfen. Eine unterschiedliche verbrauchsteuerrechtliche Behandlung mag zwar aus den zwingenden EU-rechtlichen Vorgaben in der einschlägigen Alkoholsteuerrichtlinie 92/83/EWG ableitbar sein, weil mit einer Besteuerung von Prosecco Frizzante/Perlwein zwingend auch anderer nicht schäumender Wein besteuert werden müsste. Diese EU-rechtliche Vorgabe rechtfertigt jedoch nicht Schaumwein zu besteuern.

Die Gesetzesmaterialien führen aus, dass von der Schaumweinsteuer 114 Schaumweinerzeuger betroffen seien (24 BlgNR 25. GP, Seite 23). Auch wenn die Last der Schaumweinsteuer auf die 114 Schaumweinerzeuger aufgrund der unterschiedlichen Größe nicht gleichmäßig verteilt ist, so stellt es doch ein verfassungsrechtlich bedenkliches Sonderopfer dieser im Vergleich zur Gesamtbevölkerungszahl Österreichs unbedeutenden Anzahl an Unternehmern dar, wenn sie zur Budgetsanierung unverhältnismäßig stark beitragen müssen. Auch deshalb erscheint die Schaumweinsteuer verfassungswidrig (VfSlg 15.739/2000).

Die Schaumweinsteuer ist – historisch betrachtet – der verbleibende Rest der um die Mitte des 20. Jahrhunderts viel diskutierten 'Luxussteuer'. Wenn aber tatsächlich in der Schaumweinsteuer noch das alte Ziel 'mitschwingt', Luxusgüter einer besonderen Steuer zu unterwerfen, dann wird auch durch die Ausformung der Schaumweinsteuer dieses Ziel verfehlt. Da das Schaumweinsteuergesetz jeden Liter Schaumwein gleich besteuert, begünstigt es hochpreisige Schaumweine wie beispielsweise Champagner und benachteiligt es preiswerte Schaumweine. Während nämlich die Schaumweinsteuer preiswerten Schaumwein um über 25 Prozent verteuert, liegt die Verteuerung bei hochpreisigem Schaumwein lediglich um 1 bis 2 Prozent.

Nach der Beschwerdedarstellung der Bf. gehe die Regierungsvorlage davon aus, dass pro Jahr etwa 40 Millionen Flaschen Schaumwein der Steuerpflicht unterliegen werden. Sie stütze sich dabei auf Konsumdaten (24 BlgNR 25. GP, Seite 19). Von dieser Prämisse ausgehend errechne sie dann ein Steuereinkommen von € 29.200.000,00 ab dem Jahr 2015. Die Regierungsvorlage übersehe jedoch, dass in den angesprochenen 'Konsumdaten' auch etwa 15 Millionen Flaschen Frizzante/Perlwein enthalten sind, sodass sich auch die jährliche Steuereinnahme – ohne Mehrwertsteuer – auf jährlich rund 18,75 Millionen Euro reduziere. Davon seien dann nochmals aus dem Rückgang des Umsatzes von Schaumwein etwa 30 Prozent abzuziehen. Es bleibe somit ein jährlicher Betrag von etwa 13 Millionen Euro (dem Vernehmen nach seien bis Ende August 2014, somit innerhalb der ersten 6 Monate lediglich knapp 2 Millionen Euro Steuereinnahmen erzielt worden). Diese Steuereinnahmen stünden jedoch in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Aufwand, der einerseits bei den Schaumweinherstellern für die Einhebung der Schaumweinsteuer andererseits auch bei den Zollbehörden und den Kellereiinspektoren bei der Kontrolle der Schaumweinsteuereinhebung hervorgerufen wird. Dieses Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen sei auch mit ein Grund für die Beseitigung der Schaumweinsteuer im Jahre 2005 gewesen. Eine gesetzliche Regelung, bei der die Kontrolle der Vollziehung den finanziellen Nutzen aus diesem Gesetz in Form von Steuereinnahmen ausgleicht, entspricht nicht den Grundsätzen der Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, die auch den Gesetzgeber binden (vgl. instruktiv VfSlg 11.190/1986). Auch deshalb erscheint die Schaumweinsteuer als verfassungswidrig.

[2.] Verletzung der verfassungsrechtlich verbürgten Erwerbsfreiheit (Art6 StGG)

Die Einführung der Schaumweinsteuer lasse nach Ansicht der Bf. – so zeigen es die von der Bf. aus den tatsächlichen Gegebenheiten der Vergangenheit gespeisten Prognosen […] – den Schaumweinmarkt um rund 30 Prozent zusammenbrechen. Auch wenn dieser Umsatzrückgang allenfalls nicht vom Gesetzgeber intendiert ist (die Gesetzesmaterialien sehen es aber sogar als Ziel der Einführung der Schaumweinsteuer an, weniger Alkohol zu konsumieren), so greift diese Maßnahme doch als Ausübungsbeschränkung in die Erwerbsfreiheit ein.

Nach ständiger Judikatur des VfGH sind gesetzliche Beschränkungen der Erwerbsfreiheit nur dann zulässig, wenn sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind (zB VfSlg 14.038/1995). Wie bereits ausgeführt dient die Schaumweinsteuer in Wahrheit fiskalischen Zwecken. Es erscheint fraglich, ob die Erzielung von Steuereinnahmen ein öffentliches Interesse ist, das Beschränkungen der Erwerbsfreiheit rechtfertigen kann. Andernfalls wäre schon aus diesem Grunde die gesetzliche Ausgestaltung der Schaumweinsteuer verfassungswidrig.

Die Schaumweinsteuer erscheint in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung im engeren Sinn nicht als angemessen und verhältnismäßig. Eine für die Prüfung der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit vorzunehmende Abwägung der Interessen führt die Verletzung des Rechts auf Erwerbsfreiheit vor Augen.

Da augenscheinlich das öffentliche Interesse allein in der Steuereinnahme besteht, diese Steuereinnahmen jedoch nahezu gänzlich in den Kosten der Vollziehung der Steuereinhebung aufgehen, bleibt bei der Abwägung der Interessen für die Beeinträchtigung der Erwerbsfreiheit kein Gegenpol mehr. Das öffentliche Interesse ist offensichtlich durch die hohen Steuervollzugskosten verloren gegangen. Der Eingriff in die Erwerbsfreiheit erscheint daher nicht verhältnismäßig und die derzeit geltende gesetzliche Regelung damit verfassungswidrig.

[3.] Verletzung des dem Gleichheitssatz immanenten Sachlichkeitsgebotes

[…]

Die gesetzliche Ausgestaltung der Schaumweinsteuer hält weder der vergleichenden Gleichheitsprüfung noch der vergleichsfreien Gleichheitsprüfung stand.

Zum einen behandelt der Gesetzgeber zwei Warengruppen, nämlich Schaumwein und Prosecco-Frizzante/Perlwein unterschiedlich, obwohl sie zumindest im Hinblick auf das Konsumverhalten durchaus vergleichbar sind. Sie sind für den Konsumenten Güter, die sich gegenseitig substituieren lassen. Diese Differenzierung erscheint somit sachlich nicht gerechtfertigt, ja sogar sachwidrig.

Zum anderen stellt sich die gesetzliche Ausgestaltung der Schaumweinsteuer als unsachlich dar, weil sie zu wenig differenziert ist. Der Gesetzgeber unterwirft Schaumwein derselben Steuer, unabhängig davon, um welchen Preis er am Markt verkauft wird.

Dies hat zur Folge, dass die Steuerlast für hochpreisige Schaumweine wie zum Beispiel Champagner vernachlässigbar gering, jene für Schaumweine im unteren Preissegment jedoch erheblich ist.

Dass die Schaumweinsteuer in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung nicht adäquat und nicht verhältnismäßig ist, wurde bereits ausgeführt […]. Die dort dargelegten Bedenken gelten gleichermaßen in diesem Zusammenhang.

Die auch die Bf. treffende Schaumweinsteuer lässt sich somit sachlich nicht rechtfertigen, weder im Vergleich zur nicht besteuerten Warengruppe Frizzante/Perlwein noch in ihrer Ausgestaltung an sich. Sie erscheint zu wenig differenziert und auch nicht verhältnismäßig. Damit bestehen auch aus diesem Grund Bedenken hinsichtlich ihrer verfassungsmäßigen Ausgestaltung."

Zum Anfechtungsumfang der angefochtenen Bestimmung führt das Bundesfinanzgericht aus, die von ihm dargelegten Bedenken ließen sich durch die Beseitigung der Pflicht zur Zahlung von Schaumweinsteuer ausräumen. Da sich die Herabsetzung der Schaumweinsteuer auf einen Steuersatz "0" durch Gesetzesaufhebung dadurch bewerkstelligen ließe, dass aus der Zahl "100" in § 3 Abs 1 SchwStG 1995 die ersten beiden Ziffern (somit "1" und "0") beseitigt werden, habe das Bundesfinanzgericht den Hauptantrag auf diese Aufhebung gerichtet. Bis zur Wiedereinführung der Schaumweinsteuer durch das Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I 13, habe § 3 leg.cit. wörtlich "Die Schaumweinsteuer beträgt 0 Euro je Hektoliter Schaumwein." gelautet.

4. Im Antrag zu G175/2015 schließt sich das Bundesfinanzgericht, Außenstelle Linz, nach Ausführungen zu dem bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren den (wörtlich wiedergegebenen) Bedenken des Bundesfinanzgerichts, Außenstelle Klagenfurt, in dessen Antrag vom (beim Verfassungsgerichtshof protokolliert zu G28/2015) "vollinhaltlich an und macht sie zu seiner eigenen Begründung".

5. Die Bundesregierung hat in beiden Verfahren eine Äußerung erstattet, in der sie den in den Anträgen erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken wie folgt entgegentritt und die Abweisung der Anträge beantragt (Zitat ohne die darin enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] Die Anhebung des Schaumweinsteuersatzes auf 100 Euro je Hektoliter dient neben gesundheitspolitischen Zielsetzungen vor allem der Budgetkonsolidierung. Die Novellierung des SchwStG erfolgte in Umsetzung des Arbeitsprogramms der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013–2018; dieses sieht vor, dass 'mithilfe einer besseren Nutzung von Lenkungsmöglichkeiten durch das Steuer- und Abgabensystem (…) in Zukunft (…) gesundheitspolitische Aspekte stärkere Berücksichtigung finden' sollen. Folglich sind im 'Steuer- und Abgabensystem (…) neben dem fiskalischen Ziel auch Lenkungsaspekte zu beachten', und diese sollen 'in der Steuer- und Abgabengesetzgebung gezielter eingesetzt werden'. Dass die Anhebung des Schaumweinsteuersatzes vor allem aus fiskalischen Gründen erfolgte, lässt sich im Übrigen eindeutig aus dem Besonderen Teil der Erläuterungen (24 XXV. GP), zu Artikel 14 (Änderung des Schaumweinsteuergesetzes 1995), zu Z 1 (§3 SchwStG) entnehmen: demnach soll 'im Interesse der Budgetkonsolidierung' der Steuersatz für Schaumweine in § 3 Abs 1 auf 100 Euro je hl angehoben werden.

Mit der Einführung (auch) der Schaumweinsteuer soll der Trend, weniger Alkohol zu konsumieren, verstärkt werden. Mit den budgetären Zielsetzungen der Steueranhebung steht diese Zielsetzung in keinem Widerspruch. Im Übrigen ist dieses 'Nebeneinander' von budgetären und gesundheitspolitischen Zielsetzungen auch bei anderen Verbrauchsteuern, etwa der Tabaksteuer, zu beobachten. Eine Anhebung der Tabaksteuer dient einerseits typischerweise budgetären Zwecken, andererseits ist eine höhere Tabakbesteuerung ein auch von der Europäischen Kommission und der WHO anerkanntes Instrument, um den Tabakkonsum zu limitieren (zur Zulässigkeit der Setzung von Lenkungseffekten im Steuerrecht siehe jüngst u.a. 'Managergehälter').

Entgegen der Ansicht des BFG […] definieren die Gesetzesmaterialien das Ziel (der Maßnahme) nicht in einem 'möglichst hohen Konsum', sie gehen vielmehr von einem grundsätzlich stabilen Konsum von Schaumweinen aus. Das erwartete Steueraufkommen entspricht dem erwarteten Konsum von Schaumwein.

[…]

Das BFG verweist bloß auf die 'langjährige Erfahrung' der Beschwerdeführerin 'aus den vorangehenden Zeitperioden, in denen teils Schaumweinsteuer eingehoben wurde und teils nicht', ohne dass die Prognose von 30 % Umsatzverlust (offenbar über einen längeren Zeitraum gesehen) – der behauptete Gewinnverlust wird zahlenmäßig gar nicht angegeben – näher plausibilisiert würde. Bei der […] beschriebenen Entwicklung des Marktes (der Absatzzahlen) für Schaumwein ('Sekt') und Prosecco Frizzante (Perlwein) wird insbesondere nicht nachgewiesen, in welchem Ausmaß die Absenkung der Schaumweinsteuer auf null ab durch das Steuerreformgesetz 2005 tatsächlich für eine Steigerung der Verkaufszahlen bei Schaumwein bzw. für einen Rückgang der Verkaufszahlen bei Frizzante kausal war und ob bzw. in welchem Ausmaß sich diese Änderungen gerade auch auf die individuellen Absätze bzw. Gewinne der Beschwerdeführerin ausgewirkt haben.

Zu einem Vergleich der Absatzmengen früherer Perioden ist weiters zu bemerken, dass die derzeit geltende Steuerbelastung auch in absoluten Zahlen niedriger ist (obwohl etwa auch das allgemeine Verbraucherpreisniveau zwischenzeitlich gestiegen ist). Die Schaumweinsteuer betrug vor dem 144 Euro je Hektoliter Schaumwein, das entspricht einer Verbrauchsteuerbelastung von 1,08 Euro je Flasche. Seit dem beträgt der Steuersatz 100 Euro je Hektoliter, somit lediglich 75 Cent je Flasche. Die vom BFG wiedergegebene Behauptung der Beschwerdeführerin, ihre Umsätze in diesem Geschäftsfeld würden sich mit der Wiedereinführung der Schaumweinsteuer um etwa 30% zugunsten der Konkurrenzprodukte Prosecco-Frizzante/Perlwein reduzieren, erscheint der Bundesregierung nicht nachvollziehbar. Es sind keine mit der Anhebung der Schaumweinsteuer verbundenen nennenswerten Verluste an Marktanteilen für Schaumwein bekannt und ist auch in Zukunft nicht damit zu rechnen. Traditionelle Produkte insbesondere österreichischer Erzeuger weisen bei den heimischen Konsumenten einen hohen Bekanntheitsgrad auf und werden wegen ihrer guten Qualität geschätzt. Schaumwein wird durch eine Abgabe von 75 Cent je Flasche keinesfalls zum 'Luxusgut' und wird durch diesen moderaten Steuersatz keinen relevanten Wettbewerbsnachteil gegenüber nicht besteuertem Perlwein erleiden. Eine wesentliche Preissteigerung bei Schaumwein (Sekt) im Gefolge der Anhebung der Schaumweinsteuer konnte nicht festgestellt werden.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass auf dem österreichischen Markt durchaus Prosecco Spumante – dieser unterliegt der Schaumweinsteuer – und Prosecco Frizzante anzutreffen sind, deren Einzelhandelspreise auf demselben Niveau oder sogar über jenen von heimischen Schaumweinen ('Sekt') liegen. Zudem werden auf dem österreichischen Markt Schaumweine verschiedenster Preislagen angeboten; wie das BFG zu Recht ausführt[…] , ist eine Steuerbelastung von 75 Cent bei höherpreisigen Schaumweinen nicht weiter relevant.

Es wird daher keine Veranlassung gesehen, von der den geschätzten Steuereinnahmen zugrunde gelegten jährlichen Absatzmenge an Schaumwein abzugehen. Mittelfristig werden sich auch die Steuereinnahmen dem geschätzten Betrag annähern: Aufgrund des Inkrafttretens der Steueranhebung erst zum – dies führte zu erheblichen Auslagerungen von Schaumwein zum Nullsteuersatz vor diesem Datum – und der dreimonatig verzögerten Fälligkeit der Entrichtung der Schaumweinsteuer waren die Einnahmen aus der Schaumweinsteuer für das Jahr 2014 nicht repräsentativ. Die Substitution von inländischen Schaumweinen durch Prosecco Frizzante (Perlweine) wird, wenn überhaupt, nicht in dem vom BFG bzw. der Beschwerdeführerin befürchteten Ausmaß stattfinden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die Marktposition österreichischer Schaumweine während der vergangenen Jahre gefestigt und sich die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Produkte und Erzeuger verbessert hat. Durch den Einsatz moderner, EDV-gestützter Verfahren, z.B. der elektronischen Verbrauchsteueranmeldung, konnten Verwaltungsvereinfachungen erreicht werden.

[…] Selbst wenn sich jedoch die Annahmen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hinsichtlich des der Besteuerung zugrunde liegenden Mengengerüsts bzw. der zu erwartenden Steuereinnahmen im Nachhinein als teilweise unzutreffend erweisen sollten, begründet dies für sich keine Verfassungswidrigkeit des § 3 SchwStG.

[…] Aus den – dem Vorblatt der Erläuterungen entnommenen – Begriffsdefinitionen von gesundheitsschädigendem Alkoholkonsum bzw. Abstinenz lässt sich im Übrigen für den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin bzw. des BFG nichts gewinnen. Die Schlussfolgerung des BFG, die Schaumweinsteuer treffe 'abstinente bzw. fast abstinente Konsumenten' wie auch Fälle von gesundheitsschädigendem Alkoholkonsum gleichermaßen, ist unzutreffend. Konsumenten, die mehr Schaumwein trinken, werden naturgemäß durch die Schaumweinsteuer wirtschaftlich stärker belastet als Personen, die nur geringe Mengen konsumieren.

[…]

Das BFG behauptet weiters, es sei unsachlich, Schaumwein zu besteuern, nicht jedoch die Produktsparte Prosecco Frizzante/Perlwein.

[…] Die Bundesregierung teilt diese Bedenken nicht und verweist dazu zunächst auf die bereits oben […] dargelegten (unions)rechtlichen Hintergründe für diese Differenzierung. Die verbrauchsteuerliche Definition von Schaumwein und Wein und die steuerliche Behandlung von Perlwein als stiller Wein hatten sich an zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 92/83/EWG zu orientieren.

Der Gesetzgeber hat sohin bei seiner Entscheidung, Stillweine (und somit auch Perlweine) im Gegensatz zu Schaumweinen nicht zu besteuern, sein diesbezügliches Auswahlermessen im Rahmen der österreichischen Bundesverfassung und des Unionsrechts ausgeübt. Im Übrigen wird die steuerliche Differenzierung zwischen schäumenden und nicht schäumenden Weinen nicht nur von Österreich, sondern auch von mehreren anderen EU-Mitgliedstaaten seit Jahrzehnten getroffen.

[…] Wenn das BFG behauptet, die im Vorblatt zu den Erläuterungen genannten 114 Schaumweinerzeuger müssten – als im Vergleich zur Gesamtbevölkerungszahl Österreichs unbedeutende Anzahl an Unternehmern – zur Budgetsanierung unverhältnismäßig stark beitragen und dadurch ein – verfassungsrechtlich unzulässiges – 'Sonderopfer' erbringen, so übersieht das Gericht dabei, dass neben den Schaumweinerzeugern auch mehr als 500 Registrierte Empfänger, sämtliche Importeure aus Drittstaaten sowie eine Vielzahl von gewerblichen Beziehern von Schaumwein aus dem steuerrechtlich freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten als (potentielle) Steuerschuldner von der Anhebung des Steuersatzes betroffen sind. Es ist außerdem für sämtliche Verbrauchsteuern typisch und auch gewollt, dass die Besteuerung möglichst 'frühzeitig', d.h. typischerweise bei Steuerlagern, ansetzt und die Zahl der Steuerschuldner (insbesondere Herstellungsbetriebe und Lagerbetriebe) relativ klein ist. So ist die Zahl der Steuerschuldner der Tabaksteuer noch niedriger; es sind dies im Wesentlichen ca. 10 zugelassene Tabakgroßhändler, ohne dass diese im Falle einer Anhebung der Tabaksteuer ein verfassungswidriges 'Sonderopfer' erbrächten.

Das BFG führt auch nicht näher aus, inwiefern die Schaumweinerzeuger zur Budgetsanierung 'unverhältnismäßig stark' beitragen müssten. Außerdem war das Vorhaben Teil eines umfassenden Konsolidierungspakets, bei dem neben der Schaumweinsteuer auch andere Steuern angehoben wurden. Ein verfassungswidriges 'Sonderopfer' der Schaumweinerzeuger liegt bereits deshalb nicht vor, da nicht bloß einer kleinen Personengruppe einseitig Lasten auferlegt werden. Auch unterscheidet sich die Ausgangslage im vom BFG zitierten Erkenntnis VfSlg 15.739/2000 (Verletzung im Vertrauensschutz durch vollständige Beseitigung der Firmenwertabschreibung, ohne Einschleif- oder Übergangsregelung auch für 'Altfälle') wesentlich von der hier gegenständlichen Anhebung einer Steuer pro futuro. Das BFG übersieht weiters, dass die Schaumweinsteuer als indirekte Steuer typischerweise mit dem Kaufpreis vom Steuerschuldner auf den Verbraucher als tatsächlichen Steuerträger überwälzt wird.

[…] Unzutreffend ist auch die Annahme, bei der Schaumweinsteuer handle es sich um eine 'Luxussteuer'. Bei einer Steuerhöhe von 75 Cent je Flasche kann wohl kaum von einer Luxusbesteuerung gesprochen werden. Wie das BFG selbst feststellt […], ist eine Steuerbelastung von 75 Cent bei höherpreisigen Schaumweinen nicht weiter relevant.

[…] Die – relativ betrachtet – unterschiedliche Steuerbelastung von Erzeugnissen verschiedener Preislagen resultiert aus der Charakteristik der Schaumweinsteuer als Mengensteuer (je Hektoliter). Mengenbezogene Steuersätze finden sich bei allen Verbrauchsteuern, nur das Tabaksteuergesetz 1995 kennt auch wertabhängige (advalorem) Steuersätze. Die Steuerstruktur bei der Besteuerung von Schaumweinen und anderen alkoholischen Getränken wird […] durch Unionsrecht verbindlich vorgegeben. Hinsichtlich des der Besteuerung zugrunde liegenden Mengengerüsts bzw. der zu erwartenden Steuereinnahmen wird auf die obigen Ausführungen […] verwiesen.

[…] Die Annahme des BFG, die zu erwartenden Steuereinnahmen stünden in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem für Unternehmen und Behörden verursachten Verwaltungsaufwand, ist unzutreffend.

Seit 1995 unterliegt Schaumwein in Österreich den Regelungen des SchwStG, das aufgrund des österreichischen Beitritts zur Europäischen Union angepasst werden musste. Dieser Verbrauchsteuer unterliegt seitdem Schaumwein, der in Österreich gewerblich hergestellt oder aus einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem Drittland nach Österreich verbracht wird. Die Herstellung, Verarbeitung, Lagerung, Beförderung und/oder Verwendung verbrauchsteuerpflichtiger Waren bedarf vor allem einer vorherigen Bewilligung durch das zuständige Zollamt, sofern sie im Verfahren der Steueraussetzung (d.h. ohne dass die Steuerschuld entsteht) erfolgen soll. Daher haben auch die Inhaber eines Steuerlagers gemäß § 8 Abs 2 SchwStG durch einen positiven Steuersatz nur einen geringen administrativen Mehraufwand. Die Verfahrensvorschriften, welche durch das Abgabenänderungsgesetz 2014 auch nur geringfügig geändert wurden, sollten den Betroffenen bereits bestens bekannt (gewesen) sein. Unternehmer, die Inhaber einer Bewilligung als Steuerlager oder Registrierter Empfänger sind, hatten bzw. haben nur einen geringen zusätzlichen Aufwand zu erwarten, da ihre Betriebe bereits vor dem beim zuständigen Zollamt registriert waren und am elektronischen Verbrauchsteuerverfahren teilnahmen.

Durch den Einsatz moderner, EDV-gestützter Verfahren, z.B. der elektronischen Verbrauchsteueranmeldung und des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems (EMCS – Excise Movement and Control System), konnten in den vergangenen Jahren erhebliche Verwaltungsvereinfachungen erreicht werden. Die [Beschwerdeführerin] hatte zweifellos – nicht zuletzt zur Erfüllung ihrer sonstigen steuerlichen Verpflichtungen – auch bereits vor der Anhebung des Schaumweinsteuersatzes zum eine EDV-gestützte Lagerbuchhaltung sowie Zugang zu Finanz-Online zur Abgabe ihrer Abgabenerklärungen, zur Inanspruchnahme des EDV-gestützten Beförderungs- und Kontrollsystems EMCS für innergemeinschaftliche Beförderungen unter Steueraussetzung, und dergleichen mehr. Darüber hinaus hatten Schaumweinhersteller und -lagerbetriebe bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 13/2014 umfassende Aufzeichnungspflichten nach §§35 ff. SchwStG zu erfüllen (so auch VfGH G14/2014 10, G17/2014 10, G34-35/2014 9). Für Unternehmen entsteht daher wegen des Einsatzes moderner, EDV-gestützter Verfahren, die seit dem neben anderen Steuergegenständen auch auf Schaumweine im Steuergebiet anzuwenden sind, lediglich ein geringer Mehraufwand. Aufwendungen wie sie die Beschwerdeführerin als Antragstellerin in ihrer Replik in den Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof G14/2014 und G17/2014 ins Treffen führte, um ihre 'aktuelle Betroffenheit' und somit ihre Antragslegitimation darzulegen, sind im Übrigen für Unternehmen auch in anderen Fällen von Änderungen von Steuersätzen nicht ungewöhnlich. Dazu zählen allenfalls erforderliche 'Adaptationsprogrammierungen' ebenso wie Anpassungen im Bereich der Sicherheitsleistungen. Die Anhebung der Schaumweinsteuer zum ist nicht anders zu beurteilen als jede andere Anhebung eines Steuersatzes.

Für die Zollämter erfordert die Einhebung der Schaumweinsteuer keinen nennenswerten Mehraufwand, da diese Steuer eine Selbstbemessungsabgabe darstellt, die in einem elektronischen Verfahren administriert wird. Kontrollmaßnahmen werden risikoorientiert durchgeführt. Die Kontrolldichte und damit der Personaleinsatz kann daher risikoorientiert gesteuert werden. Die vom BFG erwähnten Kellereiinspektoren sind für die Kontrolle der Schaumweinsteuer nicht zuständig, ihr Einsatz – neben den Zollbediensteten – wird lediglich im Rahmen von stichprobenweise durchgeführten Kontrollen der Produktqualität bzw. in Fällen eines konkreten Verdachts auf unrichtige Angaben der Hersteller zu erfolgen haben.

In die genannten Überlegungen muss zudem einbezogen werden, dass im grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb der Europäischen Union jedenfalls die Bestimmungen des verbrauchsteuerrechtlichen Versandverfahrens auch bei Anwendung eines Nullsatzes eingehalten werden müssen. Im Verfahren der Steueraussetzung ist das EDV-gestützte Verfahren EMCS, im steuerrechtlich freien Verkehr ein papiergestütztes Begleitdokumentverfahren anzuwenden; dem daraus resultierenden Verwaltungsaufwand stünde im Falle eines Nullsatzes kein Verbrauchsteueraufkommen gegenüber.

[…]"

Die Regelung des § 3 SchwStG 1995 stehe aus den dargelegten Gründen in keinem Widerspruch zu den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Auch die Bedenken des antragstellenden Gerichts im Hinblick auf die Erwerbsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz werden von der Bundesregierung mit Verweis auf die oben zitierten Ausführungen nicht geteilt.

6. Die im Anlassverfahren vor dem Bundesfinanzgericht beschwerdeführende Partei erstattete im Verfahren G28/2015 eine Replik, in der sie den Ausführungen der Bundesregierung entgegentritt und auf Umsatzeinbrüche verweist, die die Prognosen erheblich übertroffen hätten.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B VG bzw. des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesvorschrift sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 8461/1978, 12.464/1990) schon wiederholt dargelegt hat, so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997).

Ein Gesetzesprüfungsantrag ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowohl dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn im Falle einer Aufhebung im begehrten Umfang der verbleibende Rest der Gesetzesvorschrift als inhaltsleerer und unanwendbarer Torso verbliebe, als auch dann, wenn durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl. VfSlg 14.895/1997 mwN).

1.2. Das Bundesfinanzgericht beantragt mit seinen Hauptanträgen die Aufhebung der ersten beiden Ziffern "1" und "0" im einzigen Satz des § 3 Abs 1 SchwStG 1995, BGBl 702/1994 idF BGBl I 13/2014. Zum Anfechtungsumfang bringt es – in beiden Anträgen gleichlautend – vor, dass sich die von ihm dargelegten Bedenken durch die Beseitigung der Pflicht zur Zahlung von Schaumweinsteuer ausräumen ließen. Die Herabsetzung der Schaumweinsteuer auf einen Steuersatz "0" durch Gesetzesaufhebung lasse sich dadurch bewerkstelligen, dass aus der Zahl "100" in § 3 Abs 1 SchwStG 1995 die ersten beiden Ziffern (somit "1" und "0") beseitigt werden, auch weil bis zur Wiedereinführung der Schaumweinsteuer durch das Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I 13, § 3 Abs 1 leg.cit. wörtlich "Die Schaumweinsteuer beträgt 0 Euro je Hektoliter Schaumwein." gelautet habe.

1.3. Für die Bundesregierung sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Zulässigkeit der Anträge und die Präjudizialität des in den Anträgen angefochtenen § 3 Abs 1 SchwStG 1995 sprächen.

1.4. Bei Aufhebung der mit den Hauptanträgen angefochtenen Ziffern "1" und "0" im einzigen Satz des § 3 Abs 1 SchwStG 1995, BGBl 702/1994 idF BGBl I 13/2014, entspräche der Sinn des Abs 1 leg.cit. mit der dadurch bewirkten Betragsänderung – entgegen der Ansicht des antragstellenden Gerichts – nicht mehr dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen, weshalb nur die Aufhebung des gesamten Abs 1 leg.cit. zulässig ist (vgl. 19.590/2011 mwN).

1.5. Unter diesen Umständen erweisen sich – da auch sonst nichts hervorgekommen ist, was an der Präjudizialität zweifeln ließe – die auf Aufhebung des § 3 Abs 1 SchwStG 1995 gerichteten Eventualanträge als zulässig, während die Hauptanträge zurückzuweisen sind.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Das Bundesfinanzgericht hegt aus der Perspektive des Gleichheitsgrundsatzes, des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums und des Rechts auf Freiheit der Erwerbsausübung gegen die Erhebung der Schaumweinsteuer verfassungsrechtliche Bedenken, weil zusammengefasst die Abgabe ein ungeeignetes Mittel zur Erreichung der vom Gesetzgeber in den Materialien angeführten Ziele darstelle, der Gesetzgeber Schaumwein und "Prosecco-Frizzante/Perlwein" ungeachtet ihrer im Hinblick auf das Konsumentenverhalten gegebenen Vergleichbarkeit unterschiedlich behandle, die Abgabe ferner ein Sonderopfer für eine unbedeutende Anzahl von Unternehmern darstelle, die unverhältnismäßig stark zur Budgetsanierung beitragen müssten, die Regelung hochpreisigen Schaumwein gegenüber niedrigpreisigen Schaumwein begünstige und schließlich die Steuereinnahmen in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand aus der Steuereinhebung stünden.

2.2.1. Soweit das Bundesfinanzgericht gegen die Verfassungsmäßigkeit der Schaumweinsteuer deshalb Bedenken hat, weil die Steuer für die Erreichung des mit der Besteuerung verfolgten Ziels der Stärkung der Volksgesundheit ein ungeeignetes Mittel sei, führt es u.a. aus, das in den Gesetzesmaterialien angeführte Ziel der Verhaltensänderung im Bereich der Gesundheit sei nur "vorgeschoben", da die Materialien das Ziel nicht in einem möglichst niedrigen, sondern in einem möglichst hohen Steueraufkommen definierten. Auch treffe die Abgabe Konsumentengruppen, die nicht einem gesundheitsschädigenden Alkoholkonsum unterlägen.

2.2.1.1. Mit der Anhebung des Steuersatzes der Schaumweinsteuer von € 0,– auf € 100,– je Hektoliter bezweckt der Gesetzgeber die Erzielung staatlicher Einnahmen. Die Materialien definieren als Ziele des Abgabenänderungsgesetzes 2014, BGBl I 13, im Vorblatt (RV 24 BlgNR 25. GP) u.a., dass das österreichische Bundesbudget bis 2016 ein strukturelles Nulldefizit erreicht und einige Gerechtigkeits- und Solidaritätsaspekte des Steuerrechts gestärkt und Verhaltensänderungen in bestimmten Bereichen – zB Gesundheit, Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Ökologie – erreicht werden sollen.

2.2.1.2. Vor diesem Hintergrund vermag der Verfassungsgerichtshof die Bedenken des Bundesfinanzgerichts, dass die Anhebung der Schaumweinsteuer schon deshalb als verfassungswidrig zu qualifizieren sei, da die Regelung nicht geeignet sei, die in den Gesetzesmaterialien angeführten gesundheitspolitischen Zielsetzungen zu erreichen, und das Ziel der Regelung nach den Materialien vielmehr "in einem möglichst hohen Steuereinkommen und damit auch in einem möglichst hohen Konsum" bestehe, nicht zu teilen:

Mit seinen Bedenken verkennt nämlich das antragstellende Gericht, dass es dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes nicht verwehrt ist, allein in Verfolgung fiskalischer Zwecke eine Anhebung des Schaumweinsteuersatzes von € 0,– auf € 100,– je Hektoliter vorzunehmen, ohne dass es erforderlich ist, diese mit spezifischen Lenkungszwecken zu begründen. Eine solche Maßnahme findet jedenfalls schon für sich betrachtet darin ihre Rechtfertigung, dass sie auf die Belastung der Einkommensverwendung für ein nicht existenzielles Verbrauchsgut abzielt.

2.2.2. Das Bundesfinanzgericht hat ferner das Bedenken, dass die gesetzliche Ausgestaltung der Schaumweinsteuer deshalb den Gleichheitsgrundsatz verletze, weil der Gesetzgeber zwei Warengruppen, nämlich Schaumwein und "Prosecco-Frizzante/Perlwein" unterschiedlich behandle, obwohl sie zumindest im Hinblick auf das Konsumverhalten durchaus vergleichbar seien und es sich für den Konsumenten um Güter handle, die sich gegenseitig substituieren ließen. Das Bundesfinanzgericht argumentiert zum einen, dass auf Grund der Substituierbarkeit "Konsumenten, die von den erhöhten Preisen des Schaumweins durch die Schaumweinsteuer abgeschreckt werden, […] zum insofern vergleichbaren Prosecco Frizzante [greifen]". Zum anderen seien die Produktsparten nicht nur aus dem Blickwinkel der Konsumenten substituierbar; eine unterschiedliche verbrauchsteuerrechtliche Behandlung möge zwar "aus den zwingenden EU-rechtlichen Vorgaben in der einschlägigen Alkoholsteuerrichtlinie 92/83/EWG ableitbar sein, weil mit einer Besteuerung von Prosecco Frizzante/Perlwein zwingend auch anderer nicht schäumender Wein besteuert werden müsste." Diese unionsrechtliche Vorgabe rechtfertige jedoch nicht, Schaumwein zu besteuern.

2.2.2.1. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union hatte der Gesetzgeber die Vorgaben der Strukturrichtlinie-Alkohol (ABl. 1992 L 316, 21) umzusetzen. Art 8 der Strukturrichtlinie-Alkohol unterscheidet hiebei zwischen nicht schäumendem Wein und Schaumwein, wobei sich Schaumwein von nicht schäumendem Wein alternativ durch den mittels einer besonderen Haltevorrichtung befestigten Schaumweinstopfen oder den Kohlensäureüberdruck von mindestens 3 bar unterscheidet. An diese Unterscheidung knüpft Art 9 Abs 2 der Strukturrichtlinie-Alkohol die Vorgabe, dass die Mitgliedstaaten auf alle Erzeugnisse, die der Verbrauchsteuer auf nicht schäumenden Wein unterliegen, denselben Verbrauchsteuersatz anwenden. Entsprechendes gilt für Erzeugnisse, die der Verbrauchsteuer auf Schaumwein unterliegen. Abs 2 leg.cit. bestimmt ferner, dass die Mitgliedstaaten auf nicht schäumenden Wein und Schaumwein denselben Steuersatz anwenden können.

Hinsichtlich der Steuersätze sieht Art 5 der Steuersatzrichtlinie (ABl. 1992 L 316, 29) einen Mindestverbrauchsteuersatz in Höhe von € 0,– für stillen Wein und € 0,– für Schaumwein je Hektoliter vor. Der sechste Erwägungsgrund der Steuersatzrichtlinie hält in diesem Zusammenhang fest, dass "Schaumweine anderen Verbrauchsgewohnheiten unterliegen als nicht schäumende Weine", weshalb den Mitgliedstaaten gestattet werden könne, "unterschiedliche Steuersätze auf diese beiden Erzeugnisse anzuwenden."

Die unionsrechtliche Ausgangslage bedingt somit eine weitgehende Freiheit der Mitgliedstaaten bei der Besteuerung und der Festsetzung der Steuersätze von Schaumwein und nicht schäumendem Wein. Sie lässt – mit Blick auf die in der Steuersatzrichtlinie vorgesehenen Nullsteuersätze – u.a. die gänzliche Nichtbesteuerung dieser Erzeugnisgruppen zu, aber auch deren unterschiedliche steuerliche Behandlung (Besteuerung von Schaumwein, Nichtbesteuerung von nicht schäumendem Wein und umgekehrt).

2.2.2.2. Eine Definition der vom Bundesfinanzgericht mit "Prosecco-Frizzante/Perlwein" bezeichneten Produktgruppe enthalten die oben zitierten Richtlinien nicht. Diese findet sich im Anhang III der Verordnung (EG) Nr 491/2009, die wie die Vorgängerregelung Perlwein als ein Erzeugnis definiert, das aus Wein hergestellt wird, sofern dieser Wein einen Gesamtalkoholgehalt von mindestens 9 % vol. aufweist, einen vorhandenen Alkoholgehalt von mindestens 7 % vol. aufweist, in geschlossenen Behältnissen bei 20° Celsius einen auf endogenes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von mindestens 1 bar und höchstens 2,5 bar aufweist und in Behältnissen mit einem Inhalt von höchstens 60 Litern abgefüllt ist. Derartige Weine rechnen somit – unter der Voraussetzung, dass sie nicht in Flaschen mit Schaumweinstopfen, die durch eine besondere Haltevorrichtung befestigt sind, abgefüllt sind – im Sinne der Strukturrichtlinie-Alkohol zur Gruppe der nicht schäumenden Weine. Werden sie in Flaschen mit Schaumweinstopfen abgefüllt, sind sie ungeachtet eines Überdrucks von weniger als 3 bar im Sinne der Strukturrichtlinie-Alkohol als Schaumwein zu qualifizieren.

2.2.2.3. Der Gesetzgeber hat die unionsrechtlichen Vorgaben anlässlich des Beitritts zur Europäischen Union in der Weise umgesetzt, dass er die bis zum Beitritt zur Europäischen Union gesetzlich vorgesehene Besteuerung von Schaumwein nach dem Schaumweinsteuergesetz 1960, BGBl 247, im Schaumweinsteuergesetz 1995, BGBl 702/1994 beibehalten hat. Für Wein hat der Gesetzgeber hingegen von einer Besteuerung abgesehen. In den §§43 ff. SchwStG 1995 werden zwar aufsichtsrechtliche Vorschriften für das Inverkehrbringen von Wein verankert und "Wein" damit zum Gegenstand der Steueraufsicht gemacht, ohne aber einen Steuersatz festzulegen. Damit hat der Gesetzgeber das in der Steuersatzrichtlinie vorgesehene Wahlrecht, den Steuersatz für Wein – mit Ausnahme des gesondert geregelten Schaumweines – mit € 0,– festzusetzen, ausgeübt.

Unionsrechtlich folgt aus der Nichtbesteuerung von Wein, dass diese – wegen der unionsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung nicht schäumender Weine – auch für Perlweine, die ohne Schaumweinstopfen abgefüllt werden, Geltung beansprucht.

Die Absenkung des Steuersatzes für Schaumwein auf € 0,– je Hektoliter mit dem Steuerreformgesetz 2005, BGBl I 57/2004, begründete der Gesetzgeber damit, dass dadurch die Konkurrenz von steuerfreiem ausländischen Schaumwein und Prosecco zu österreichischem Schaumwein hergestellt und die Wettbewerbsfähigkeit von österreichischem Schaumwein erhöht werde (RV 451 BlgNR 22. GP, 7). Damit wurde die steuerliche Behandlung von Schaumwein jener nicht schäumender Weine (und somit nicht nur des stillen Weins, sondern auch des Perlweins, der ohne Schaumweinstopfen abgefüllt ist) – mit den unionsrechtlichen Vorgaben im Einklang stehend – im Sinne einer umfassenden Nichtbesteuerung gleichgestellt.

2.2.2.4. Vor dem Hintergrund der vom antragstellenden Gericht geäußerten gleichheitsrechtlichen Bedenken ist zu prüfen, ob die unionsrechtlich zulässige Nichtbesteuerung nicht schäumender Weine in Anbetracht des Umstandes, dass die Produktgruppen Schaumwein und "Prosecco-Frizzante/Perlwein" nicht nur aus Sicht des Konsumenten substituierbar sind, einer Anhebung des Steuersatzes für Schaumwein von € 0,– auf € 100,– je Hektoliter entgegensteht:

Der Gleichheitsgrundsatz setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Innerhalb dieser Schranken ist es jedoch dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art und Weise zu verfolgen (vgl. VfSlg 17.807/2006 mwN). Dabei ist unter der Sachlichkeit einer Regelung nicht deren "Zweckmäßigkeit" zu verstehen. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (zB VfSlg 17.315/2004).

Wie bereits oben unter 2.2.1.2. gezeigt, verfolgt der Gesetzgeber mit der Anhebung des Schaumweinsteuersatzes jedenfalls Ziele, die im öffentlichen Interesse liegen. Ob die Regelung zu Substitutionseffekten führt, kann hiebei dahingestellt bleiben. Allein der Umstand, dass es im Fall der Anhebung des Schaumweinsteuersatzes zu einem Ausweichverhalten der Konsumenten auf andere alkoholische Erzeugnisse kommen kann, die keiner Verbrauchsbesteuerung unterliegen, vermag die Sachlichkeit der Regelung nicht in Frage zu stellen, dient die Regelung doch der Erzielung von Einnahmen.

In Anbetracht einer historisch nach Alkoholerzeugnissen stark differenzierenden Besteuerung, die auch das Unionsrecht im Rahmen der Harmonisierung der Verbrauchsteuern auf alkoholische Produkte weitgehend bestehen lässt, steht die Nichtbesteuerung einer Erzeugnisgruppe (wie im gegebenen Fall von stillem Wein und folglich unionsrechtlich auch des Perlweins) daher der Besteuerung eines möglicherweise in einem Substitutionsverhältnis stehenden Erzeugnisses nicht entgegen, zumal ein solches Verhältnis durch eine Reihe außersteuerlicher Faktoren, die zum Teil auch dem Produzenten eine Einflussnahme auf das Verbraucherverhalten ermöglichen, bestimmt ist.

Selbst wenn somit ein Substitutionsverhältnis zwischen den hier in Rede stehenden Verbrauchsgütern bestünde, ist dem Gleichheitsgrundsatz nicht zu entnehmen, dass die Nichtbesteuerung des einen Verbrauchsgutes der Besteuerung eines anderen Verbrauchsgutes allein wegen des Bestehens eines solchen Verhältnisses entgegenstünde.

2.2.3. Die Schaumweinsteuer stellt auch keine unsachliche Belastung einer im Vergleich zur Gesamtbevölkerung Österreichs unbedeutenden Anzahl an Unternehmern, die unverhältnismäßig stark zur Budgetsanierung beitragen müssten, dar. Mit diesem Argument übersieht das Bundesfinanzgericht – worauf auch die Bundesregierung in ihrer Äußerung hinweist –, dass die Steuererhebung von Verbrauchsteuern typischerweise bei einem kleinen Kreis von Steuerschuldnern (Erzeuger, Inhaber von Steuerlagern) ansetzt, zu dem im konkreten Fall neben den Schaumweinerzeugern auch Importeure aus Drittstaaten sowie gewerbliche Bezieher von Schaumwein aus dem steuerrechtlich freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten rechnen. Hinzu kommt, dass die Anhebung der Schaumweinsteuer im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 2014, BGBl I 13, nur eine von insgesamt 27 Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung darstellt (vgl. Vorblatt RV 24 BlgNR 25. GP), mit dem neben der Schaumweinsteuer auch andere Steuern angehoben worden sind.

2.2.4. Die Anhebung des Schaumweinsteuersatzes führt auch zu keiner unsachlichen Begünstigung hochpreisiger Schaumweine, weil die Steuer preiswerten Schaumwein um über 25 % verteuere, während hochpreisige Schaumweine nur bis zu 2 % verteuert würden. Die Belastungskonzeption der Schaumweinsteuer zielt nämlich nicht auf eine gleichmäßige (proportionale) Belastung der Einkommensverwendung des Konsumenten, sondern als Mengensteuer auf die gleiche Belastung hergestellter Mengen ab. Eine Mengensteuer, die jeden hergestellten Hektoliter Schaumwein gleich besteuert, ist damit aber nicht schon allein wegen der unterschiedlichen relativen Preiseffekte unsachlich.

2.2.5. Die vom Bundesfinanzgericht geäußerten Bedenken, dass die Einnahmen aus der Schaumweinsteuer in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Aufwand stünden, der einerseits bei den Schaumweinherstellern für die Einhebung der Schaumweinsteuer und andererseits auch bei den Zollbehörden sowie den Kellereiinspektoren im Zuge der Kontrolle der Einhebung hervorgerufen werde, sind ebenso wenig geeignet, eine Verfassungswidrigkeit der Anhebung des Schaumweinsteuersatzes aufzuzeigen. Zu bedenken ist, dass die Schaumweinsteuer – unabhängig von der Höhe des Steuersatzes und somit auch bei Bestehen eines Nullsteuersatzes – im grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb der Europäischen Union den Bestimmungen des verbrauchsteuerlichen Versandverfahrens unterliegt und im Verfahren der Steueraussetzung wie auch im steuerrechtlich freien Verkehr einen Verwaltungsaufwand sowohl auf Ebene der Unternehmen wie auch der Zollbehörden auslöst (vgl. dazu bereits ua.).

Das Bundesfinanzgericht übersieht somit, dass die Regelung auch ohne Einhebung einer Steuer einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand bedingt. Insofern erweist sich aber das Bedenken, dass "die Kontrolle der Vollziehung den finanziellen Nutzen aus diesem Gesetz in Form von Steuereinnahmen ausgleicht" als verfehlt.

2.2.6. Auch eine Verletzung des Rechts auf freie Erwerbsausübung (Art6 StGG) vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen:

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art 6 StGG (zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002, 17.932/2006 und 19.635/2012) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Recht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

Die Maßnahme der Anhebung des Steuersatzes für Schaumwein stellt aber weder eine Berufszugangsbeschränkung dar, noch ist sie als verfassungsrechtlich unzulässige Berufsausübungsbeschränkung zu qualifizieren (vgl. VfSlg 18.183/2007, 19.580/2011).

V. Ergebnis

1. Die Anträge, die ersten beiden Ziffern "1" und "0" der im einzigen Satz des § 3 Abs 1 SchwStG 1995, BGBl 702/1994 idF BGBl I 13/2014, enthaltenen Zahl "100", als verfassungswidrig aufzuheben, werden zurückgewiesen; im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:G28.2015