VfGH vom 19.06.1998, g275/96

VfGH vom 19.06.1998, g275/96

Sammlungsnummer

15199

Leitsatz

Teilweise Unzulässigkeit von Gesetzesprüfungsanträgen wegen bereits rechtskräftig entschiedener Sache bzw mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen; kein Verstoß einer Strafbestimmung im Glücksspielgesetz gegen das Doppelbestrafungsverbot der Menschenrechtskonvention; Annahme einer Scheinkonkurrenz aufgrund des Gebots verfassungskonformer Auslegung geboten

Spruch

Der Hauptantrag wird zurückgewiesen.

Der Eventualantrag, die Worte "betreibt (Veranstalter) oder" in § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. Nr. 344/1991, aufzuheben, wird abgewiesen; im übrigen werden die Eventualanträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland (im folgenden: UVS) beantragte aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Berufungsverfahrens,

" a) die Worte 'oder einem Gericht' im § 22 Abs 2 und im § 30 Abs 1 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten nach lite dieses Antrages;

in eventu

b) die Worte 'oder einem Gericht' im § 22 Abs 2 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten nach lite dieses Antrages;

in eventu

c) die Worte 'oder einem Gericht' im § 30 Abs 1 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten nach lite dieses Antrages;

in eventu

d) die Worte 'oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen' im § 22 Abs 1 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten ', und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind' im § 30 Abs 1 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten nach litb dieses Antrages, in eventu in Verbindung mit den Worten nach litc dieses Antrages, und in eventu in Verbindung mit den Worten nach lite dieses Antrages;

in eventu

e) die Worte 'betreibt (Veranstalter) oder' in § 52 Abs 1 Z. 5 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, idF BGBl. Nr. 344/1991"

als verfassungswidrig aufzuheben.

In dem diesen Anträgen des UVS zugrundeliegenden Verfahren bekämpft die Berufungswerberin vor dem UVS das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom , mit dem über sie ua. wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. Nr. 695/1993, eine Geldstrafe in Höhe von S 6.000,-, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden verhängt wurde, da sie "bis zur Kontrolle am " in einem näher bezeichneten Lokal "zwei Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betrieben" habe. In einem "denselben Vorfall" (so der UVS) betreffenden gerichtlichen Verfahren wurde die Berufungswerberin vom Bezirksgericht Güssing am gemäß § 168 Abs 1 StGB zu 40 Tagessätzen ß S 200,-, im Nichteinbringungsfall zu 20 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren für die bedingte Strafnachsicht verurteilt. Aus dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Strafakt des Bezirksgerichtes Güssing geht hervor, daß dem Urteil vom der "Sachverhalt" zugrundelag, daß die Berufungswerberin "von Oktober 1995 bis ... durch zur Verfügungstellen von Räumlichkeiten für Glücksspielautomaten, bei welchem Gewinn und Verlust ausschließlich vom Zufall abhängig sind, die Abhaltung und Zusammenkunft für solche Spiele gefördert (hat), um daraus finanziellen Nutzen zu ziehen". Dadurch habe sie das "Vergehen des Glücksspiels nach § 168 Abs 1 StGB" begangen. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.

2.1. Die angefochtenen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, lauten in ihrem Zusammenhang:

"Zusammentreffen von strafbaren Handlungen

§22. (1) Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen nebeneinander zu verhängen.

(2) Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen.

...

Zusammentreffen verschiedener strafbarer Handlungen

§30. (1) Liegen einem Beschuldigten von verschiedenen Behörden zu ahndende Verwaltungsübertretungen oder eine Verwaltungsübertretung und eine andere von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zu ahndende strafbare Handlung zur Last, so sind die strafbaren Handlungen unabhängig voneinander zu verfolgen, und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind.

(2) Ist aber eine Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist es zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.

(3) Hat die Behörde vor dieser Entscheidung ein Straferkenntnis gefällt, so darf es vorläufig nicht vollzogen werden. Ergibt sich später, daß das Verwaltungsstrafverfahren nicht hätte durchgeführt werden sollen, so hat die Behörde erster Instanz, wenn aber in der Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, dieser, das Straferkenntnis außer Kraft zu setzen und das Verfahren einzustellen.

(4) Die Gerichte und die sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörden haben eine entgegen Abs 3 vollstreckte Verwaltungsstrafe und die von ihnen wegen derselben Tat verhängte Strafe anzurechnen."

2.2. Die Bestimmung des § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. Nr. 344/1991, (im folgenden: GSpG), (- mit dem Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird, BGBl. Nr. 695/1993, wurde § 52 Abs 1 Z 5 GSpG nicht geändert -) lautet:

"Straf- und Verfahrensbestimmungen

§52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 300 000 S zu bestrafen,

(1.-4.)

5. wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber);

(6.-7.)"

3.1. Der antragstellende UVS beruft sich zur Begründung der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen darauf, daß er aufgrund der bereits rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung die Bestimmungen der §§22 und 30 VStG über das Zusammentreffen von strafbaren Handlungen sowie die Strafbestimmung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG im angefochtenen Umfang anzuwenden habe.

3.2. In der Sache hegt der UVS das Bedenken, daß die angefochtenen Bestimmungen im bezeichneten Umfang gegen Art 4 des im Verfassungsrang stehenden 7. Zusatzprotokolles zur Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 628/1988, (7. ZPEMRK), verstoßen. Im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (im folgenden: EGMR) vom , Nr. 33/1994/480/562, (Gradinger gegen Österreich) geht er davon aus, daß die "Erklärung" Österreichs zum 7. ZPEMRK kein gültiger Vorbehalt im Sinne des Art 64 EMRK sei.

Dies habe zur Folge, daß eine Tat, die sowohl unter die Strafdrohung des StGB als auch unter die Strafdrohung eines Verwaltungsgesetzes falle, nicht im Sinne des § 22 Abs 2 VStG kumulativ bestraft werden dürfe, da es sonst zu einer im Sinne des Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK verpönten verfassungswidrigen Doppelbestrafung komme. Auch die Wendung "oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen" im § 22 Abs 1 VStG könne in diesem Zusammenhang als verfassungswidrig angesehen werden. Bei Entfall dieser Wendung sei, wie sich aus dem Zusammenhang mit § 22 Abs 2 VStG ergebe, eine kumulative Bestrafung nicht mehr zulässig. Ebenso stelle sich § 30 Abs 1 VStG als verfassungswidrig dar, da darin angeordnet werde, daß eine kumulative Bestrafung zu erfolgen habe, wenn die strafbaren Handlungen "durch ein und dieselbe Tat" verwirklicht werden.

Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Wortfolge des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG führt der antragstellende UVS unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (E. vom , Z 91/17/0022) aus, daß ein Glücksspiel im Sinne des GSpG derjenige betreibe (veranstalte), der dies auf seine Rechnung ermögliche. Damit sei "für den Veranstalter jedenfalls ein finanzieller Vorteil - wie er auch in § 168 StGB gefordert wird - verbunden, sodaß die Straftatbestände des § 52 Abs 1 Z. 5 Glücksspielgesetz und § 168 Abs 1 erster Fall StGB insoweit deckungsgleich sind, als keine Fallkonstellation denkbar ist, die zwar unter die Strafdrohung des § 52 Abs 1 Z. 5 Glücksspielgesetz, nicht aber unter die Strafdrohung des § 168 Abs 1 erster Fall StGB fällt, da § 168 Abs 1 erster Fall insoweit der weitere Tatbestand ist, als unter diese Strafdrohung auch andere Glücksspiele als Glücksspiele mittels Glücksspielapparaten bzw -automaten fallen". Durch § 52 Abs 1 Z 5 GSpG werde daher eine verfassungswidrige Doppelbestrafung wegen desselben Verhaltens statuiert.

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet.

4.1. Im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 vertritt die Bundesregierung zu den unter lita) bis d) gestellten (Eventual-)Anträgen des UVS, einige Worte in § 22 Abs 1 und 2 sowie in § 30 Abs 1 VStG aufzuheben, die Auffassung, daß diese Anträge gemäß § 19 Abs 3 Z 2 litd VerfGG wegen rechtskräftig entschiedener Sache zurückzuweisen seien.

4.2. Zu dem unter lite) gestellten Eventualantrag des UVS verweist die Bundesregierung auf die Ausführungen im Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 zur verfassungsrechtlichen Grenze, die Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK für eine Doppel- oder Mehrfachbestrafung ziehe. Diese Grenze liege darin, daß

"eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung dann unzulässig ist, wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, so daß ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfaßt".

§ 52 GSpG unterscheide sich in mehrfacher Hinsicht von § 168 StGB, sodaß die zu Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK entwickelten Grundsätze hier nicht anzuwenden seien.

Die Bestimmung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG sei im Zusammenhang mit § 4 Abs 2 leg.cit. zu sehen. Danach unterliegen Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten dann nicht dem Glücksspielmonopol (und können daher keinesfalls - anders als nach § 168 StGB - strafbar im Sinne des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG sein), wenn die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 5 S und der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 200 S nicht übersteigt. (Eine entsprechende Ausnahmebestimmung für Ausspielungen durch Glücksspielapparate kenne das GSpG nicht.)

Umgekehrt seien nach § 168 StGB - anders als nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG - Glücksspiele, die bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt würden, von der Strafbarkeit generell ausgenommen. Nach § 168 Abs 1 StGB sei überdies - anders als nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG - eine Strafbarkeit auch dann generell nicht gegeben, wenn bloß zu gemeinnützigen Zwecken gespielt wird. Das GSpG kenne zwar in den §§32 ff (Sonstige Ausspielungen) eine Reihe von Übertragungstatbeständen für gemeinnützige Ausspielungen; falls eine solche Bewilligung aber nicht vorliege, begehe der Veranstalter von (dem Bund vorbehaltenen) Glücksspielen bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 5 GSpG, auch wenn er das Glücksspiel ausschließlich zu gemeinnützigen Zwecken veranstaltet.

Gemäß § 168 Abs 2 StGB sei die gewerbsmäßige Beteiligung an einem Spiel im Sinne des Abs 1 leg.cit. jedenfalls strafbar, während § 52 GSpG "in keinem seiner Tatbestände die gewerbsmäßige Beteiligung an einem dem Bund vorbehaltenen Glücksspiel" erfasse.

Letztlich unterschieden sich § 52 GSpG und § 168 StGB hinsichtlich des jeweiligen Verschuldenserfordernisses. Strafbarkeit nach § 168 StGB setze zumindest dolus eventualis voraus (§5 Abs 1 StGB), für die Strafbarkeit nach § 52 GSpG genüge bereits fahrlässiges Verhalten (§5 VStG), welches die Verwaltungsstrafbehörden ohne weiteres anzunehmen hätten, wenn die Täterin bzw. der Täter nicht glaubhaft mache, daß sie bzw. ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe.

Die Bundesregierung beantragt daher, den Antrag des UVS auf Aufhebung der angefochtenen Wortfolge im § 52 Abs 1 Z 5 GSpG abzuweisen.

4.3. Für den Fall der Aufhebung beantragt die Bundesregierung, daß der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimme.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof geht entsprechend seiner ständigen Judikatur (VfSlg. 9811/1983, 10296/1984, 12189/1989, 14551/1996; ua.) davon aus, daß er nicht berechtigt ist, durch seine Präjudizialitätsentscheidung ein Gericht oder einen unabhängigen Verwaltungssenat, der einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG stellt, an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung des Gerichtes oder des unabhängigen Verwaltungssenates in der Hauptsache vorgreifen würde. Ein Antrag eines dieser Rechtsschutzorgane gemäß Art 140 Abs 1 B-VG darf daher vom Verfassungsgerichtshof mangels Präjudizialität nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig, also gleichsam denkunmöglich ist, daß die angefochtene Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung eines Gerichtes bzw. eines unabhängigen Verwaltungssenates im Anlaßfall bildet.

Vor dem Hintergrund der Sachverhaltsdarstellung unter I.1. ist es nicht als denkunmöglich (s. allerdings unten 2.2.2.) anzusehen, wenn der UVS davon ausgeht, daß § 22 Abs 1 VStG anzuwenden ist, wonach die Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, und § 22 Abs 2 VStG heranzuziehen ist, weil diese kurz als "Kumulationsprinzip" bezeichnete Vorschrift des Abs 1 gemäß Abs 2 auch bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit den von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen gilt. Desgleichen ist es zumindest denkmöglich, daß im Anlaßfall die verwaltungsstraf-verfahrensrechtliche Vorschrift des § 30 Abs 1 VStG über das "Zusammentreffen verschiedener strafbarer Handlungen" heranzuziehen ist. Die angefochtenen Wortfolgen des VStG sind daher ebenso wie die angefochtene Wortfolge des GSpG, auf deren Anwendung die Bestrafung der Berufungswerberin im Anlaßfall vor dem UVS beruht, präjudiziell.

1.2. Die Bundesregierung vermeint in ihrer Äußerung unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 14696/1996, daß der unter lita) gestellte Hauptantrag und die unter lita) bis d) gestellten Eventualanträge des UVS, einige Worte im § 22 Abs 1 und 2 sowie im § 30 Abs 1 VStG aufzuheben, gemäß § 19 Abs 3 Z 2 litd VerfGG wegen rechtskräftig entschiedener Sache zurückzuweisen seien. Mit diesem Vorbringen hat die Bundesregierung im wesentlichen recht.

Der Verfassungsgerichtshof hat über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur ein einziges Mal zu entscheiden (vgl. VfSlg. 5872/1968, 6550/1971, 9186/1981, 9216/1981, 9217/1981, 10311/1984, 10578/1985, 10841/1986, 12661/1991, 13085/1992, 14356/1995, 14711/1996).

Mit Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 wurden verschiedene Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg, des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol sowie des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ua. auf Aufhebung bestimmter Wortfolgen in § 22 Abs 1 und 2 sowie in § 30 Abs 1 VStG (in der auch im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 52/1991) abgewiesen.

Im einzelnen wurden ua. die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes, die "Worte 'oder einem Gericht' in § 22 Abs 2 und in § 30 Abs 1 VStG, in eventu in § 22 Abs 2 VStG die Worte 'oder einem Gericht', in eventu in § 30 Abs 1 VStG die Worte 'oder einem Gericht', ... als verfassungswidrig aufzuheben", der Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg auf Aufhebung der "Worte 'oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen' im § 22 Abs 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ..." sowie der Eventualantrag des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol auf Aufhebung der "in § 30 Abs 1 VStG i.d.g.F. enthaltene(n) Wortfolge 'und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind', ..."

abgewiesen.

Auch die damaligen Anträge wurden mit dem Bedenken begründet, daß die Bestimmungen im jeweils bezeichneten Umfang gegen Art 4 des 7. ZPEMRK verstoßen. Der Verfassungsgerichtshof wies die Anträge im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Vorschriften der §§22 und 30 VStG schon deswegen dem Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK nicht widersprechen, weil § 22 VStG lediglich die "Strafbemessung" im Sinne des Kumulationsprinzips regelt, wenn jemand mehrere strafbare Handlungen begangen hat, und weil § 30 Abs 1 VStG für diesen Fall die "verwaltungsstrafverfahrensrechtliche Regel" aufstellt, daß die strafbaren Handlungen unabhängig voneinander zu verfolgen sind. Ob jedoch "bei eintätigem Zusammentreffen mehrerer Delikte diese insgesamt zu verfolgen sind oder die Bestrafung nach einem Straftatbestand die Bestrafung nach einem anderen ausschließt (- weil diese in bezug auf jenen nur subsidiär anzuwenden ist, der eine den anderen konsumiert oder der eine Tatbestand einen jenen anderen ausschließenden speziellen Charakter besitzt -), ist den gesetzlichen Regelungen der materiellen Strafbestimmungen zu entnehmen, nicht ... den §§22 und 30 Abs 1 VStG".

Soweit der UVS im vorliegenden Verfahren unter lita) den Hauptantrag stellt, "die Worte 'oder einem Gericht' im § 22 Abs 2 und im § 30 Abs 1 VStG" aufzuheben, sowie in eventu beantragt unter litb), "die Worte 'oder einem Gericht' im § 22 Abs 2 VStG," unter litc), "die Worte 'oder einem Gericht' im § 30 Abs 1 VStG," sowie unter litd), "die Worte 'oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen' im § 22 Abs 1 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten ', und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind' im § 30 Abs 1 VStG, in eventu in Verbindung mit den Worten nach litb dieses Antrages, in eventu in Verbindung mit den Worten nach litc dieses Antrages," aufzuheben, sind diese Anträge im Sinne der oben angeführten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen, da sie sich insofern gegen dieselben Normen(bestandteile) wie die vom Verfassungsgerichtshof im Verfahren zu G9/96 ua. (VfSlg. 14696/1996) bereits geprüften richten und die vom UVS vorgetragenen Bedenken mit jenen übereinstimmen, über die der Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis bereits abgesprochen hat.

1.3. Soweit der antragstellende UVS unter den lita) bis d) eventualiter die Aufhebung der in den einzelnen literae angefochtenen Wortfolgen des § 22 Abs 1 bzw. 2 oder des § 30 Abs 1 VStG "in Verbindung mit den Worten nach lite dieses Antrages" beantragt, sind diese Eventualanträge nicht wegen bereits entschiedener Sache zurückzuweisen, da der Verfassungsgerichtshof die unter lite) angefochtene Wortfolge des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG im Verfahren zu G9/96 (ua.) nicht zu beurteilen hatte und hiezu in seinem Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 folglich auch keine Aussage getroffen hat. Die genannten, unter lita) bis d) gestellten Eventualanträge sind aber schon deshalb zurückzuweisen, weil der antragstellende UVS nicht hinreichend im Sinne des § 62 Abs 1 VerfGG dargelegt hat, inwieweit spezifische verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angefochtenen Wortfolgen des VStG "in Verbindung mit" der angefochtenen Wortfolge des GSpG bestehen. Insbesondere hat der UVS keine spezifischen Bedenken dahingehend geäußert, daß die Beseitigung einer allfälligen Verfassungswidrigkeit sowohl die Aufhebung der jeweils angefochtenen Wortfolge des VStG als auch die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge des GSpG erfordert. Die genannten Eventualanträge sind daher gemäß § 62 Abs 1 VerfGG mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 14318/1995, ).

1.4. Da hinsichtlich des zu lite) gestellten Eventualantrages des UVS neben der Präjudizialität der angefochtenen Wortfolge des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der eingangs geschilderte, zu lite) gestellte Gesetzesprüfungsantrag des UVS zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK, dessen Verletzung durch die angefochtene Gesetzesbestimmung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG der antragstellende UVS behauptet, lautet (in seiner deutschen Übersetzung):

"Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden."

Die Republik Österreich hat zwar dazu die als Vorbehalt gemäß Art 64 EMRK zu verstehende "Erklärung" abgegeben, daß sich Art 4 "nur auf Strafverfahren im Sinne der österreichischen Strafprozeßordnung" bezieht. Bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 (und diesem folgend im Erkenntnis vom , G262/97 ua.) sah sich der Verfassungsgerichtshof jedoch veranlaßt, dem EGMR (Urteil vom , Z 33/1994/480/562, Serie A/328, deutsche Übersetzung abgedruckt in ÖJZ 1995, 954 ff = ZVR 1996, 12 ff = JBl. 1997, 577 ff) in dessen Bewertung der "Erklärung" Österreichs zu Art 4 des

7. ZPEMRK zu folgen, wonach diese "Erklärung" nicht den Anforderungen des Art 64 Abs 2 EMRK entspreche. Die vom UVS angefochtene Wortfolge kann daher nicht als Gesetzesbestimmung angesehen werden, deren innerstaatliche Weitergeltung gemäß Art 64 Abs 1 EMRK völker- und verfassungsrechtlich vorbehalten wäre, sollte sie mit Art 4 des 7. ZPEMRK nicht übereinstimmen.

2.2. Dennoch ist die angefochtene Wortfolge des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG nicht wegen Widerspruchs zu Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK verfassungswidrig:

2.2.1. Nach dem bereits erwähnten Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 (und diesem folgend das Erkenntnis vom , G262/97 ua.) widerspricht eine Regelung, wonach durch eine Tat mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), noch nicht dem Doppelbestrafungsverbot des Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK. Die verfassungsrechtliche Grenze, die Art 4 Abs 1 con.cit. einer Doppel- oder Mehrfachbestrafung zieht, sieht der Gerichtshof im genannten Erkenntnis darin,

"daß eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung dann unzulässig ist, wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodaß ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfaßt (Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, 6. Aufl., 1996, 245). ... Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion jedenfalls bei eintätigem Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird. (Vgl. zur Annahme bloßer Scheinkonkurrenzen, um dem Vorwurf der Doppelbestrafung zu entgehen, OGH - verst. Senat - , 14 Os 127/90 = RZ 1993/47, unter Berufung auf Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, S 393 ff., 459 ff.)."

In diesem Erkenntnis wird weiters ausgeführt, daß die Fälle der Scheinkonkurrenz von Delikten wegen Spezialität, Konsumtion oder stillschweigender Subsidiarität zweier oder mehrerer Tatbestände im wesentlichen im Wege der Auslegung und Anwendung der verschiedenen Straftatbestände festzustellen sind und dabei auch das verfassungsrechtliche Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK im Wege verfassungskonformer Auslegung der einzelnen gesetzlichen Straftatbestände zum Tragen kommen muß. Den gesetzlichen materiellen Strafbestimmungen ist zu entnehmen, ob mehrere Delikte eintätig zusammentreffen können oder die Bestrafung nach einem Straftatbestand die Bestrafung nach einem anderen ausschließt (- weil dieser in bezug auf jenen nur subsidiär anzuwenden ist, der eine den anderen konsumiert oder der eine Tatbestand einen jenen anderen ausschließenden speziellen Charakter besitzt).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht sind diese Ausführungen für den Fall des Vorliegens einer Scheinkonkurrenz eines Deliktes nach Verwaltungsstrafrecht und eines Deliktes nach gerichtlichem Strafrecht dahingehend zu ergänzen, daß die zur Anwendung des VStG berufene Verwaltungsstrafbehörde nach § 30 Abs 2 und 3 VStG vorzugehen und den in diesen Bestimmungen normierten Vorrang des Gerichtes zur Beurteilung seiner Zuständigkeit zu beachten hat.

2.2.2. Nach § 52 Abs 1 Z 5 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) (erster Fall) oder zugänglich macht (Inhaber) (zweiter Fall).

§ 3 leg.cit. regelt, daß die Durchführung von Glücksspielen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt wird, dem Bund vorbehalten ist (Glücksspielmonopol). Als eine solche Ausnahme bestimmt § 4 Abs 2 leg.cit., daß Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten (das sind gemäß § 2 Abs 3 leg.cit. Glücksspielapparate, die die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführen oder den Gewinn selbsttätig ausfolgen) nicht dem Glücksspielmonopol unterliegen, wenn 1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 5 S nicht übersteigt und 2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 200 S nicht übersteigt. Eine entsprechende Ausnahme für Ausspielungen mittels eines Glücksspielapparates (eine derartige Ausspielung liegt gemäß § 2 Abs 2 leg.cit. vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung herbeigeführt wird) sieht das Glücksspielgesetz (abgesehen von § 4 Abs 2 leg.cit.) nicht vor.

Als "Betreiber" (Veranstalter) im Sinne des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (/0022; /0488) derjenige anzusehen, der die Aufstellung eines betriebsbereiten Glücksspielautomaten auf seine Rechnung ermöglicht. Hingegen ist als Person im Sinne des zweiten Falles des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG, dh. als Person, die den Glücksspielapparat (-automaten) "zugänglich macht (Inhaber)", anzusehen, wer den Glücksspielapparat (-automaten) lediglich in seiner Gewahrsame hat; zB ein Gastwirt, der sich durch die Aufstellung des Gerätes durch einen Dritten auf dessen Rechnung eine Belebung seiner Getränke- und Speiseumsätze erhofft oder eine vom Ertrag des Automaten unabhängige Miete erhält.

Gemäß § 168 Abs 1 StGB ist strafbar, "(w)er ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ..., es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

Die Veranstaltung eines Glücksspiels (erster Fall) sowie die Förderung einer zur Abhaltung eines Glücksspieles veranstalteten Zusammenkunft (zweiter Fall) sind nach § 168 Abs 1 StGB jedenfalls straflos, wenn "bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird". Die Beantwortung der Frage, ob um "geringe Beträge" gespielt wird, ist am Einzelspiel zu orientieren. Die weitere Voraussetzung für den Ausschluß der Strafbarkeit, daß "bloß zum Zeitvertreib" gespielt wird, ist dann nicht als gegeben anzusehen, "wenn das Gewinnstreben als Motivation - zwar nicht unbedingt ausschließlich wirksam ist, aber doch - soweit in den Vordergrund tritt, daß es dem Spieler geradezu darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger 'Absicht' (§5 Abs 2 StGB) spielt" (vgl. OGH, SSt 54/22). Gleichfalls straflos ist die Veranstaltung eines Glücksspiels, wenn "bloß zu gemeinnützigen Zwecken" gespielt wird.

"Veranstalten" eines Glücksspiels (erster Fall) im Sinne des § 168 Abs 1 StGB heißt, "einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel zu geben", die "Förderung" einer zur Abhaltung eines Glücksspieles veranstalteten Zusammenkunft (zweiter Fall) kann durch "Zurverfügungstellen einer Wohnung oder eines Lokals oder durch Werbung für das Spiel geschehen" (vgl. Foregger/Kodek, StGB (MKK)6, Anmerkung II zu § 168 StGB). Die Veranstaltung eines Glücksspieles ist ebenso wie die Förderung einer zur Abhaltung eines Glücksspieles veranstalteten Zusammenkunft nur strafbar, wenn es dem Veranstalter oder Förderer darauf ankommt (§5 Abs 2 StGB), aus der Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden.

Nach dem bereits zitierten Urteil des EGMR vom widerspricht eine gesetzliche Strafdrohung dann dem Art 4 des 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ("aspect") eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (vgl. auch den Bericht der EKMR vom , Beschwerde 22541/93, Bernhard Marte und Walter Achberger gegen Österreich, Newsletter 1997, 211 f, wonach eine Verletzung von Art 4 des 7. ZPEMRK bejaht wurde, weil "(d)en strafrechtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen ... ein weitgehend identer Sachverhalt zugrundelag, sodaß die Bf. - in bezug auf das Verwaltungsstrafverfahren - wegen einer strafbaren Handlung, wegen der sie bereits rechtskräftig verurteilt worden waren, erneut bestraft wurden").

Der antragstellende UVS stützt seine Bedenken auf die Behauptung, daß keine Fallkonstellation denkbar sei, die zwar unter die Strafdrohung des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG, nicht aber unter die Strafdrohung des § 168 Abs 1 erster Fall StGB falle (s. oben I.3.2.). Unabhängig davon, ob dieser Behauptung die unrichtige Prämisse zugrundeliegt, daß die Berufungswerberin im gerichtlichen Verfahren wegen "Veranstaltens" eines Glücksspieles (erste Tathandlung im Sinne des § 168 Abs 1 StGB), und nicht - wie tatsächlich (vgl. der oben unter I.1. wiedergegebene "Sachverhalt" aus der gerichtlichen Urteilsausfertigung) - wegen "Förderns" einer zur Abhaltung eines Glücksspieles veranstalteten Zusammenkunft (zweite Tathandlung gemäß § 168 Abs 1 StGB) verurteilt wurde, ist bei einem Vergleich der Normen des § 168 Abs 1 StGB einerseits und des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG anderseits jedenfalls entgegen den Ausführungen des UVS festzuhalten, daß sehr wohl Fallkonstellationen denkbar sind, die zwar unter die Strafdrohung des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG, nicht aber unter die Strafdrohung des § 168 Abs 1 erster Fall (und auch zweiter Fall) StGB fallen. Dies allein schon deshalb, weil nach § 168 Abs 1 StGB die Veranstaltung von Glücksspielen und die Förderung von zur Abhaltung von Glücksspielen veranstalteten Zusammenkünften von der Strafbarkeit ausgenommen sind, wenn "bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

Dennoch ist freilich nicht ausgeschlossen (sondern wird vielmehr die Regel sein), daß eine (an sich) unter die Strafdrohung des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG fallende Handlung in Tateinheit mit einer unter die Strafdrohung des § 168 Abs 1 erster oder zweiter Fall StGB fallenden Handlung begangen wird. In diesen Fällen wird in der Regel davon auszugehen sein, daß das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 (erster oder zweiter Fall) StGB den Unrechts- und Schuldgehalt des Delikts des § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG vollständig erschöpft.

Allein daraus ergibt sich jedoch nicht eo ipso die Verfassungswidrigkeit der bekämpften Wortfolge des § 52 Abs 1 Z 5 GSpG. Weder aus dem Wortlaut des § 52 GSpG noch aus dem Wortlaut der übrigen Bestimmungen des GSpG ergibt sich, daß bei der Ahndung der Delikte gemäß § 52 GSpG die Annahme einer Scheinkonkurrenz nicht zulässig wäre; diese ist vielmehr gegebenenfalls aus dem Erfordernis, eine Gesetzesbestimmung einer - soweit möglich - verfassungskonformen Auslegung zuzuführen, geboten (vgl. VfSlg. 12469/1990, 13336/1993, 13805/1994, 14631/1996; ua.). In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (69 BlgNR XVIII GP, S. 8) zur Novelle des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 344/1991, mit der die Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs 1 eingeführt wurde (die Vorläuferbestimmung normierte lediglich - nicht eigens nach dem Glücksspielgesetz sanktionierte - "Verbote"), wurde zwar festgehalten, daß "(d)er Übergang zu einem kumulativen Verwaltungsstraftatbestand ... deshalb erforderlich (ist), weil Abgrenzungsprobleme zwischen Gerichten und Verwaltungsstrafbehörden bisher zu einer unbefriedigenden Ahndung von Eingriffen in das Glückspielmonopol führten". Diese - offensichtliche - Absicht des Gesetzgebers, eine kumulative Bestrafung nach dem GSpG und dem StGB vorzusehen, hat jedoch nicht in einer - eine verfassungskonforme Interpretation ausschließenden - Weise Niederschlag im Wortlaut des Gesetzes gefunden, wie dies vergleichbar mit der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 14696/1996 aufgehobenen Wortfolge des § 99 Abs 6 litc StVO 1960 erfolgt ist. Ist aber eine verfassungskonforme Auslegung möglich, dann ist diese vorzunehmen, selbst dann, wenn in den Materialien der Gesetzwerdung entgegenstehende Aussagen enthalten sind (vgl. VfSlg. 10066/1984, 11576/1987).

§ 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG ist daher - für den Fall einer drohenden Doppelbestrafung - einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK berücksichtigenden Interpretation zugänglich. Die Bestrafung nach § 168 Abs 1 erster oder auch zweiter Fall StGB schließt die Bestrafung wegen desselben Verhaltens (im Sinne eines weitgehend identen Sachverhaltes im Lichte der angewendeten bzw. in Betracht kommenden materiellen Strafbestimmungen) nach § 52 Abs 1 Z 5 erster Fall GSpG aus. Dem unter lite) gestellten Eventualantrag war daher nicht Folge zu geben.

III. Diese Entscheidung konnte

gemäß § 19 Abs 3 Z 2 und § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.