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VfGH vom 06.12.2021, G275/2021 ua

VfGH vom 06.12.2021, G275/2021 ua

Leitsatz

Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Entschädigung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach Maßgabe des Einkommens und Vermögens der vertretenen Person nach einer Bestimmung des ABGB; Möglichkeit der gerichtlichen Minderung der Entschädigung sichert die Angemessenheit dieser im Hinblick auf Aufwand, Einkommen und Vermögen und schützt vor Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts der betroffenen Person

Spruch

I.Die Anträge auf Aufhebung des §276 Abs1, 2 und 4 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr 946/1811, idF BGBl I Nr 59/2017 werden abgewiesen.

II.Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

Mit seinen zu G275-276/2021, G284-285/2021, G289-290/2021, G295/2021, G298/2021 sowie G313-314/2021 protokollierten, auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten Anträgen begehrt das Landesgericht St. Pölten, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass die "Bestimmungen der §§276 Abs1, 2 und 4 ABGB und §137 Abs2 AußStrG idF des 2. Erwachsenenschutzgesetzes, BGBl I Nr 59/2017, als verfassungswidrig aufgehoben werden".

II. Rechtslage

1. §276 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS 946/1811, idF BGBl I 59/2017 lautet (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz

§276. (1) Dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter gebührt eine jährliche Entschädigung zuzüglich der allenfalls zu entrichtenden Umsatzsteuer. Die Entschädigung beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte der vertretenen Person nach Abzug der davon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind. Übersteigt der Wert des Vermögens der vertretenen Person 15 000 Euro, so sind darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Ist der gerichtliche Erwachsenenvertreter kürzer als ein volles Jahr tätig, so vermindert sich der Anspruch auf Entschädigung entsprechend.

(2) Das Gericht hat die so berechnete Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen, insbesondere wenn die Tätigkeit nach Art oder Umfang mit einem bloß geringen Aufwand an Zeit und Mühe verbunden ist oder die vertretene Person ein besonders hohes Vermögen hat, für angemessen hält. Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des gerichtlichen Erwachsenenvertreters, insbesondere im ersten Jahr seiner Tätigkeit oder im Bereich der Personensorge, kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent der Einkünfte und bis zu fünf Prozent des Mehrbetrags vom Vermögen bemessen. Dies gilt auch, wenn der gerichtliche Erwachsenenvertreter ausschließlich aufgrund der Art der ihm übertragenen Angelegenheit für eine besonders kurze Zeit tätig war und deshalb die nach Abs1 berechnete Entschädigung unangemessen niedrig ist. Bei der Ermittlung des Wertes des Vermögens nach Abs1 sind Verbindlichkeiten ausnahmsweise außer Acht zu lassen, wenn die Tätigkeit des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wegen der bestehenden Verbindlichkeiten mit einem besonderen Aufwand verbunden war.

(3) Nützt der gerichtliche Erwachsenenvertreter für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit bei der vertretenen Person die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.

(4) Die zur zweckentsprechenden Ausübung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die angemessenen Kosten einer zur Deckung der Haftung nach §249 Abs1 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden. Ist der einzelne Nachweis dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter nicht zumutbar, so ist ein angemessener Pauschalbetrag zu erstatten."

2. §137 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (AußerstreitgesetzAußStrG), BGBl I 111/2003, BGBl I 59/2017 lautete:

"Bestätigung der Rechnung, Entschädigung

§137. (1) Ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung, so hat sie das Gericht zu bestätigen. Sonst ist der gesetzliche Vertreter aufzufordern, die Rechnung entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen; misslingt dies, so ist die Bestätigung zu versagen. Soweit das Vermögen oder die Einkünfte nicht gesetzmäßig angelegt oder gesichert erscheinen, hat das Gericht die erforderlichen Maßnahmen nach §133 Abs4 zu treffen.

(2) Zugleich mit der Entscheidung oder unabhängig davon hat das Gericht über Anträge des gesetzlichen Vertreters auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz zu entscheiden und die Ansprüche der Höhe nach zu bestimmen. Auf Antrag hat das Gericht die zur Befriedigung dieser Ansprüche aus den Einkünften oder dem Vermögen der vertretenen Person notwendigen Verfügungen zu treffen, wobei der gesetzliche Vertreter nur soweit zur Entnahme der Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten ist, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts (§63 Abs1 ZPO) bestreiten kann. Ist der gesetzliche Vertreter nicht mit der Verwaltung des Vermögens und des Einkommens betraut, so hat das Gericht die vertretene Person unter Setzung einer angemessenen Frist dazu aufzufordern, ein Vermögensbekenntnis (§66 Abs1 ZPO) beizubringen und erforderlichenfalls nach §66 Abs2 zweiter und dritter Satz ZPO vorzugehen. Kommt die vertretene Person der Aufforderung nicht nach, so hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Höhe des Betrages nach freier Überzeugung festzusetzen. Beantragt der gesetzliche Vertreter Vorschüsse auf Entgelt, Entschädigung oder Aufwandersatz, so hat sie ihm das Gericht zu gewähren, soweit er bescheinigt, dass dies die ordnungsgemäße Vermögensverwaltung fördert.

(3) Die Entscheidung über die Rechnung beschränkt nicht das Recht der vertretenen Person, Ansprüche, die sich aus der Vermögensverwaltung ergeben, auf dem streitigen Rechtsweg geltend zu machen."

3. §137 AußStrG, BGBl I 111/2003, idF BGBl I 58/2018 lautet:

"Bestätigung der Rechnung, Entschädigung

§137. (1) Ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung, so hat sie das Gericht zu bestätigen. Sonst ist der gesetzliche Vertreter aufzufordern, die Rechnung entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen; misslingt dies, so ist die Bestätigung zu versagen. Soweit das Vermögen oder die Einkünfte nicht gesetzmäßig angelegt oder gesichert erscheinen, hat das Gericht die erforderlichen Maßnahmen nach §133 Abs4 zu treffen.

(2) Zugleich mit der Entscheidung oder – bei Befreiung von der Rechnungslegung – unabhängig davon hat das Gericht über Anträge des gesetzlichen Vertreters auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz zu entscheiden und die Ansprüche der Höhe nach zu bestimmen. Auf Antrag hat das Gericht die zur Befriedigung dieser Ansprüche aus den Einkünften oder dem Vermögen der vertretenen Person notwendigen Verfügungen zu treffen, wobei der gesetzliche Vertreter nur soweit zur Entnahme der Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten ist, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts (§63 Abs1 ZPO) bestreiten kann. Ist der gesetzliche Vertreter nicht mit der Verwaltung des Vermögens und des Einkommens betraut, so hat das Gericht die vertretene Person unter Setzung einer angemessenen Frist dazu aufzufordern, ein Vermögensbekenntnis (§66 Abs1 ZPO) beizubringen und erforderlichenfalls nach §66 Abs2 zweiter und dritter Satz ZPO vorzugehen. Kommt die vertretene Person der Aufforderung nicht nach, so hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Höhe des Betrages nach freier Überzeugung festzusetzen. Beantragt der gesetzliche Vertreter Vorschüsse auf Entgelt, Entschädigung oder Aufwandersatz, so hat sie ihm das Gericht zu gewähren, soweit er bescheinigt, dass dies die ordnungsgemäße Vermögensverwaltung fördert.

(3) Die Entscheidung über die Rechnung beschränkt nicht das Recht der vertretenen Person, Ansprüche, die sich aus der Vermögensverwaltung ergeben, auf dem streitigen Rechtsweg geltend zu machen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den vorliegenden Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht betreffen die Festsetzung von Entschädigung und Aufwandersatz mehrerer gerichtlicher Erwachsenenvertreter für die Jahre 2020 und 2021. Die Entschädigung und der Aufwandersatz wurden in erster Instanz von den jeweils zuständigen Bezirksgerichten festgesetzt, wogegen Rekurse erhoben wurden. Das Landesgericht St. Pölten unterbrach diese Rekursverfahren und stellte beim Verfassungsgerichtshof die genannten Anträge gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B-VG.

2. Das Landesgericht St. Pölten legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, in seinem zu den Zahlen G275-276/2021 protokollierten Antrag wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Gegenstand des Rekursverfahrens ist die Bestimmung der Entschädigung und des Barauslagenersatzes des gerichtlichen Erwachsenenvertreters. Grundlage für die Festsetzung von Entschädigung und Aufwandsersatzersatz sind die Bestimmungen des §276 Abs1, 2 und 4 ABGB, die verfahrensrechtliche Norm findet sich in §137 Abs2 AußStrG (jeweils in der Fassung des 2. Erwachsenenschutzgesetzes, BGBl I Nr 59/2017). Nach §276 Abs1 und 2 ist die Entschädigung in Abhängigkeit von Einkommen und Vermögen der betroffenen Person festzusetzen, und grundsätzlich dem Vermögen der Betroffenen Person zu entnehmen. §137 Abs2 AußStrG zieht lediglich hinsichtlich der Entnahme der Entschädigung eine Schranke ein, wenn die Entnahme zu einer Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts führen würde, wobei dazu auf die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe verwiesen wird.

Nach der Rechtsprechung zu §63 ZPO liegt der notwendige Unterhalt zwischen dem notdürftigen Unterhalt bzw dem Existenzminimum und dem standesgemäßen Unterhalt (Klauser/Kodek, JN-ZPO18, E 25ff zu §63 ZPO).

Österreich hat das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenkonvention) ratifiziert und im Bundesgesetzblatt unter BGBl III Nr 155/2008 kundgemacht (wobei mittlerweile eine Korrektur der Übersetzung erfolgte).

In der Präambel ist unter anderem festgehalten, dass jeder Mensch ohne Unterschied Anspruch auf alle in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in den Internationalen Menschenrechtspakten aufgeführten Rechte und Freiheiten hat; dass Menschen mit Behinderungen der volle Genuss dieser Freiheiten garantiert werden muss; dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigung und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen und wirksamen Teilhabe an der Gesellschaft, auf den Grundsätzen der Gleichberechtigung mit anderen, hindern; dass jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung eine Verletzung der Würde und des Wertes darstellt, die jedem Menschen innewohnen; dass trotz verschiedener schon bestehender Dokumente und Verpflichtungen in allen Teilen der Welt nach wie vor Hindernisse für ihre Teilhabe als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft bestehen.

In Artikel 1 wird als Zweck des Übereinkommens festgehalten, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern.

Artikel 3 hält als allgemeine Grundsätze fest die Nichtdiskriminierung (litb) sowie die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Inklusion in die Gesellschaft (litc), die Chancengleichheit (lite) und die Barrierefreiheit (litf).

Artikel 4 verpflichtet die Vertragsparteien, alle geeigneten Maßnahmen einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderung darstellen.

Artikel 5 Abs1 und 2 lauten:

(1) Die Ve[r]tragsstaaten anerkennen, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, vom Gesetz gleich zu behandeln sind und ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz und gleiche Vorteile durch das Gesetz haben.

(2) Die Vertragsstaaten verbieten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen.

Artikel 12 Abs3 und 5 lauten:

(3) Die Ve[r]tragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu der Unterstützung zu verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen.

(5) Vorbehaltlich dieses Artikels treffen die Vertragsstaaten alle geeigneten und wirksamen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das gleiche Recht wie andere haben, Eigentum zu besitzen oder zu erben, ihre finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln und gleichen Zugang zu Bankdarlehen, Hypotheken und anderen Finanzkrediten zu haben, und gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen nicht willkürlich ihr Eigentum entzogen wird.

Artikel 13 befasst sich schließlich noch mit dem gleichberechtigten Zugang zum Recht.

Dem Rekursgericht ist bewusst, dass die UN-Behindertenkonvention – anders als die E-MRK – nicht im Verfassung[s]rang steht und nicht unmittelbar anwendbares Recht darstellt, sondern in erster Linie Aufforderungen an den Gesetzgeber enthält. Diese – insbesondere die oben wiedergegebenen Passagen – stellen jedoch im Wesentlichen auf die besondere Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zugeschnittene Ausformulierungen des Gleichheitsgrundsatzes dar, wie er in Art2 des Staatsgrundgesetzes, Art7 B-VG und Art14 E-MRK zum Ausdruck kommt.

Der Gesetzgeber hat sich nicht zuletzt durch die UN-Behindertenkonvention zu einer umfassenden Reform des vormaligen Sachwalterschaftsrechts durch das 2. Erwachsenenschutzgesetz veranlasst gesehen. Die Bestimmung über die Entschädigung, Entgelt und Aufwandsersatz ist jedoch – mit etwas neuer Gliederung in §276 ABGB (neu) weitgehend übernommen worden; die Regelung des §276 Abs4 (alt) ist nunmehr mit etwas geändertem Inhalt in das Verfahrensrecht, nämlich §137 Abs2 (neu) AußStrG, übersiedelt.

Ziel der Neuregelung war es, in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der UN-Behindertenkonvention die Selbstbestimmung behinderter Menschen zu fördern. Dazu sollte insbesondere die bisherige Sachwalterschaft zurückgedrängt werden durch Alternativen (Ausbau von gesetzlicher Erwachsenenvertretung und Vorsorgevollmacht, Neuschaffung der gewählten Erwachsenenvertretung), die der Autonomie mehr Rechnung tragen sollen, und Einschränkung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung sowohl in zeitlicher Hinsicht (Befristung), als auch inhaltlich (Verbot der Erwachsenenvertretung 'für alle Angelegenheiten'). Inwieweit diese Zielsetzungen tatsächlich erreicht werden konnten, ist hier nicht zu untersuchen. Es bleibt jedenfalls ein erheblicher Rest an Fällen, die nicht anders als durch Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters gelöst werden können. Damit stellt sich auch die Frage der Entschädigung der bestellten Erwachsenenvertreter.

Der Gesetzgeber hat hier im Wesentlichen keine neuen Wege beschritten, sondern an der Festsetzung der Entschädigung auf Basis von Einkommen und Vermögen der betroffenen Person, und Entnahme aus deren Vermögen (soweit möglich) festgehalten.

Diese Regelung stellt aber nach Auffassung des Rekursgerichtes eine Diskriminierung von Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung dar. Die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben ist ihnen damit nicht unter gleichen Bedingungen möglich wie Menschen ohne solche Beeinträchtigungen, weil sie einen erheblichen Teil ihres Einkommens und/oder Vermögens dafür aufwenden müssen, während anderen, nicht beeinträchtig[t]en Personen die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben ohne solchen Aufwand möglich ist. Menschen ohne Beeinträchtigung können ihr Geld selbst einteilen und Rechtsgeschäfte ohne Vertretung abschließen, während Menschen mit einer Beeinträchtigung für die Tätigkeit ihres Vertreters eine Entschädigung und Aufwandsersatz leisten müssen.

Häufig kommt es zur Einleitung eines Erwachsenenschutzverfahrens gerade deshalb, weil eine Person aufgrund einer Erkrankung oder Minderbegabung nicht in der Lage ist, sich die – ohnedies knappen – finanziellen Mittel einzuteilen, und sie damit Gefahr läuft, Mittel, die sie zur Sicherung ihrer Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Wohnung benötigen würde, für andere Zwecke auszugeben. Durch die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters kann dieser Gefahr zwar vorgebeugt werden, indem der gerichtliche Erwachsenenvertreter bestimmte Zahlungen selbst durchführt, und im Übrigen der betroffenen Person nur genau eingeteilte Mittel überlässt, damit die Grundbedürfnisse jedenfalls abgedeckt werden können. Die Mittel, die insgesamt zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse der betroffenen Person zur Verfügung stehen, werden dadurch aber insgesamt nicht mehr, sondern weniger, wenn ein Teil davon jeweils für die Entschädigung und den Aufwandersatz des gerichtlichen Erwachsenenvertreters aufgewendet werden muss.

Gerade das vorliegende Verfahren lässt dies anschaulich werden, weshalb es auch zum Anlass genommen wurde, dem Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen über die Entschädigung zur Überprüfung vorzulegen.

In den Jahren seit Bestellung des Sachwalters/gerichtlichen Erwachsenenvert[r]eters wurden folgende Beträge an Entschädigung (ab der Neuregelung einschließlich USt) und Aufwandersatz zuerkannt:

ON 58 2008 bis 2010 (rund 33 Monate) € 10.116,-- (umgerechnet pro Monat damit: € 306,55)

ON 78 2011 € 8.535,80 (pro Monat € 711,32)

ON 99 2012 € 4.378,-- (pro Monat € 364,83)

ON 108 2013 € 11.665,-- (pro Monat € 972,08)

ON 120 2014 € 5.630,-- (pro Monat € 469,17)

ON 136 2015 € 6.460,-- (pro Monat € 553,33)

ON 154 2016 € 12.080,-- (pro Monat € 1.006,67)

ON 176 2017 € 17.820,-- (pro Monat € 1.485,--)

ON 200 2018 € 19.933,07 (pro Monat € 1.661,09)

ON 222 2019 € 19.455,14 (pro Monat € 1.621,26)

Die aktuell begehrte Entschädigung, die Gegenstand des Rekursverfahrens ist, für das Jahr 2020 beläuft sich auf € 16.408,73 (pro Monat € 1.367,39).

Dem steht gegenüber, dass dem Betroffenen in der Vergangenheit über weite Strecken nur monatlich € 600,-- an Mitteln zur freien Verfügung überlassen wurden; offenbar nach der aktuellen Abrechnung (ON 236,--) seit Aufnahme der Betroffenen Person in einem Pflegeheim nicht einmal das regelmäßig.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: es geht dem Rekursgericht nicht um Kritik am Vorgehen des gerichtlichen Erwachsenenvertreters, oder den Vorwurf, dieser habe sich auf Kosten des Betroffenen ungerechtfertigt bereichert. Dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter ist zweifellos zuzugestehen, dass die Erwachsenenvertretung nicht zuletzt aufgrund des Krankheitsbildes des Betroffenen mit erheblichem Aufwand verbunden ist, der auch in gerechter Form abgegolten werden soll. Es soll auch nicht der Vorwurf erhoben werden, das Vermögen des Betroffenen werde 'gehortet', um eine möglichst hohe Bemessungsgrundlage für die Entschädigung aus Vermögen zu erreichen, und der Betroffene selbst müsse darben. Dem Betroffenen stand nicht nur das knapp gehaltene Taschengeld zur Verfügung; er war zunächst im eigenen Haus und in weiterer Folge in Einrichtungen wohnversorgt, seit dem Aufenthalt ist er auch mit Nahrung versorgt. Kleidung und andere notwendige Anschaffungen wurden ohnedies in Absprache mit dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter neben dem Taschengeld getätigt. Auch Reparaturen am Haus und Entrümpelungen wurden durchgeführt. Ein großer Teil des Vermögens des Betroffenen besteht in Liegenschaften, ist also nicht frei verfügbar. Darüber hinaus muss der gerichtliche Erwachsenenvertreter auch im Hinblick auf das Lebensalter des Betroffenen Vorsorge für die Zukunft treffen, sodass nicht alle verfügbaren Mittel sogleich verbraucht werden können, um alle Wünsche zu erfüllen.

Aber die Mittel, die für Entschädigung und Aufwandersatz des Erwachsenenvertreters aufgewendet werden müssen, stehen dem Betroffenen selbst eben nicht zur Verfügung, um sich seiner Lebenssituation angemessene Annehmlichkeiten zu leisten – während eine Person, die keines gerichtlichen Erwachsenenvertreters bedarf, bei sonst gleichen Lebensbedingungen diese Mittel zur Verfügung hätte.

Die Knappheit der frei verfügbaren finanziellen Mittel hat offenbar erheblich zu einer Verschlechterung des Verhältnisses des Betroffenen zu seinem Vater und dessen Lebensgefährtin, die auf dem gleichen Anwesen, jedoch in einer eigenen Wohneinheit wohnten, beigetragen, was letztlich zu Unterbringungen in der Psychiatrie und der Suche nach einer anderen Wohnmöglichkeit für den Betroffenen führte (siehe ON 205, ON 209). Die insbesondere auch durch die festgesetzten Entschädigungen mit herbeigeführte Knappheit der frei verfügbaren finanziellen Mittel hat daher zu einer erheblichen Verschlechterung der Lebensverhältnisse des Betroffenen beigetragen.

Wie schon gesagt: es geht dem Rekursgericht nicht um Kritik am Vorgehen und den Entschädigungen des gerichtlichen Erwachsenenvertreters, sondern an einem System, das der betroffenen Person 'hilft', indem es die ihr zur Verfügung stehenden Mittel im Vergleich zu anderen Personen, die solcher Hilfe nicht bedürfen, zusätzlich verknappt.

Die UN-Behindertenkonvention hat es den Staaten zur Aufgabe gemacht, sicherzustellen, dass behinderten Personen die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben unter gleichen Bedingungen möglich ist wie nicht beeinträchtigten Personen. Das österreichische System der Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters verschiebt aber die Last, für die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben zu sorgen, in finanzieller Hinsicht auf die betroffenen Personen. Sie müssen auf eigene Kosten für die Vertretung sorgen, die ihnen diese Teilnahme erst ermöglicht, die anderen Personen ohne Beeinträchtigung ohne solchen zusätzlichen Aufwand möglich ist. Damit ist ihnen aber die Teilnahme nicht zu den gleichen Bedingungen möglich wie nicht beeinträchtigten Personen. Sie müssen gleichsam ein 'Eintrittsgeld' für die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben zahlen, mit dem andere Personen nicht belastet sind. Damit liegt aber eine Diskriminierung und eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits in seinen Erkenntnissen G18/08 ua und G38/11 ua mit der Vorgängerbestimmung §276 aF befasst, jedoch nur unter dem Gesichtspunkt des unzulässigen Eingriffs in das Eigentumsrecht (im erstgenannten Erkenntnis aus Sicht der betroffenen Person, im zweitgenannten Erkenntnis aus Sicht des Sachwalters).

Gegenüber der Vorgängerbestimmung ist durch die Neuregelung sogar noch eine Verschlechterung der Lage der betroffenen Personen eingetreten. §276 Abs4 ABGB aF besagte, dass Ansprüche auf Entschädigung[,] Entgelt und Aufwandersatz 'nicht bestehen', wenn dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse der betroffenen Person gefährdet wurde. Dies wurde von der überwiegenden Zahl der Rekursgerichte dahingehend verstanden, dass die Ansprüche gar nicht erst entstehen, ein auf Festsetzung gerichteter Antrag also abzuweisen ist (zB EF-Slg 157.243); in der Minderheit geblieben ist die Auffassung des Landesgerichtes Korneuburg (EF-Slg 130.876), dass dadurch nicht das Entstehen, sondern nur die Liquidierung des Anspruchs gehindert werde. Die neue Regelung, die nunmehr im Verfahrensrecht angesiedelt wurde (§137 Abs2 AußStrG), geht aber genau in die Richtung solcher 'Vorratsbeschlüsse', indem die Entschädigung zwar bestimmt, die Auszahlung aber unter der engen Begrenzung der 'Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts' gehindert wird (wobei das Gesetz offen lässt, wann die Forderungen dann fällig werden, wann sie verjähren etc.). Das bedeutet aber gleichzeitig, dass sich die betroffene Person auf den 'notwendigen Unterhalt' verweisen lassen muss zu Gunsten der Entschädigung des Erwachsenenvertreters, obwohl ihr an sich – ohne diese Entschädigung – deutlich mehr Mittel zur Verfügung stünden, die im Vergleich dazu eine nicht beeinträchtige Person zur Befriedigung über die Grundbedürfnisse hinausgehender Wünsche verwenden kann.

Die Abhängigkeit der Entschädigung von Einkommen und Vermögen der betroffenen Person führt zudem zu einer erheblich unterschiedlichen Behandlung des Aufwandes von Erwachsenenvertretern: eine vergleichsweise wenig Aufwand verursachende Erwachsenenvertretung kann bei entsprechend hohem Einkommen und Vermögen zu vergleichsweise hohen Entschädigungen führen, während eine Erwachsenenvertretung, die hohen Aufwand verursacht, aufgrund Einkommens- und Vermögenslosigkeit unter Umständen zu gar keiner Entschädigung führt. Auch dies ist eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

Soweit dahinter möglicherweise das Kalkül des Gesetzgebers steckt, Rechtsanwälte oder Notare würden einerseits lukrative, andererseits weniger lukrative Erwachsenenvertretungen übernehmen (müssen), sodass ein gewisser Ausgleich hergestellt werden kann, ist dieser Gedanke schon an sich problematisch, weil eine 'Querfinanzierung' 'armer' Erwachsenenvertretungen durch 'reiche' Erwachsenenvertretungen keinem nachvollziehbaren verfassungsrechtlichen Grundgedanken entspricht sondern ebenfalls dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Dem Gedanken ist darüber hinaus durch das schon genannte Erkenntnis G18/08 ua insofern ein Riegel vorgeschoben, als in jedem Einzelfall die Entschädigung auf Angemessenheit zu prüfen ist, sodass exorbitant hohe Entschädigungen in einem Fall, die eine Reihe von weniger lukrativen Erwachsenenvertretungen kostenmäßig mit abdecken würden, schon von vornherein nicht zulässig wären.

Insgesamt begegnen daher die Bestimmungen der §§276 Abs1, 2 und 4 ABGB sowie §137 Abs2 AußStrG erheblichen Bedenken als gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßende Diskriminierung.

Davon nicht erfasst ist allerdings die Bestimmung des §276 Abs3 ABGB, die Entgeltansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters für solche Tätigkeiten regelt, für die er seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nützt, und deren Besorgung 'sonst einem Dritten übertragen werden müsste'. Hier liegt keine Ungleichbehandlung psychisch kranker oder […] geistig behinderter Personen vor, weil es sich dabei um Tätigkeiten handelt, die auch eine psychisch gesunde Person in der Regel einem Fachmann (Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater) übertragen würde.

Aus den oben genannten Erwägungen hat sich das Rekursgericht daher entschlossen, die Bestimmungen der §§276 Abs1, 2 und 4 ABGB sowie §137 Abs2 AußStrG dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorzulegen. Angemerkt wird, dass eine bloße Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen bei gleichzeitigem Wiederaufleben der Vorgängerbestimmungen zu keiner wesentlichen Verbesserung führen würde, da auch die Vorgängerbestimmungen mit demselben Mangel behaftet waren.

[…]"

3. Die weiteren zu G284-285/2021, G289-290/2021, G295/2021, G298/2021 sowie G313-314/2021 beim Verfassungsgerichtshof protokollierten Anträge des Landesgerichtes St. Pölten entsprechen – mit Anpassungen an das jeweilige Anlassverfahren – nahezu wortgleich dem soeben wiedergegebenen Antrag im Verfahren G275-276/2021.

4. Die Bundesregierung hat im Verfahren zu G275-276/2021 eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages teilweise bestreitet und den vom antragstellenden Gericht erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

3.1. Zur Entwicklung der Rechtslage:

3.1.1. Die angefochtenen Bestimmungen wurden im Zuge der Neustrukturierung des Erwachsenenschutzrechts durch das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz – 2. ErwSchG, BGBl I Nr 59/2017, bzw mit einer geringfügigen redaktionellen Änderung in §137 Abs2 AußStrG durch das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz – ErwSchAG-Justiz, BGBl I Nr 58/2018, neu gefasst.

3.1.2. Die Vorgängerbestimmung des angefochtenen §276 ABGB wurde im Zuge des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes 2006 – SWRÄG 2006, BGBl I Nr 92/2006, unter weitgehender Beibehaltung der bisherigen Rechtslage (neu) eingeführt, um das Sachwalterrecht vom Kindschaftsrecht abzukoppeln, zumal die vorherige Rechtsgrundlage für Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz für Sachwalter und Kuratoren bei den Bestimmungen für 'andere mit Obsorge betraute Personen' geregelt war.

3.1.3. §276 ABGB in der Fassung des SWRÄG 2006, BGBl I Nr 92/2006, lautete samt Überschrift wie folgt:

'Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz

§276. (1) Dem Sachwalter (Kurator) gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich der Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen. Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält.

(2) Nützt der Sachwalter (Kurator) für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim Pflegebefohlenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.

(3) Die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft (Kuratel) notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung der Haftung nach §277 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.

(4) Ansprüche nach den vorstehenden Absätzen bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre.'

3.1.4. Die Gesetzesmaterialen führen zu §276 ABGB in der Fassung des SWRÄG 2006, BGBl I Nr 92/2006, Folgendes aus (RV 1420 BlgNR XXII. GP 14 ff.):

'§276

Sachwalter und Kuratoren haben nach dem bislang geltenden Recht Anspruch auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz (§§266, 267 ABGB), sie hafteten nach §§264, 265 ABGB. Da es – wie erwähnt – ein Ziel dieser Sachwalterrechtsreform ist, das Sachwalterrecht vom Kindschaftsrecht abzukoppeln, wird in §276 unter weitgehender Beibehaltung der bisherigen Rechtslage die Grundlage für den Anspruch auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz geschaffen.

§276 Abs1 entspricht §266 Abs1 erster Halbsatz ABGB, die Ausmessung des Entschädigungsanspruchs folgt im Wesentlichen §266 Abs2 und 3 ABGB. Die im Begutachtungsentwurf vorgesehene Herabsetzung des Grenzwertes an Vermögen (5 000 Euro statt 10 000 Euro), ab dem jährlich bis zu 2 % vom Mehrbetrag des Vermögens als Entschädigung gewährt werden kann, wurde vielfach kritisiert und ist daher nicht mehr im vorliegenden Entwurf enthalten. Stattdessen wurde vorgeschlagen, dem Sachwalter (Kurator) grundsätzlich immer – und nicht wie bisher nur bei 'besonderer Verdienstlichkeit' – 2 % von jenem Betrag als Entschädigung zuzusprechen, der über dem Schwellenwert von 10 000 Euro an Vermögen liegt. Diese Anregung wurde aufgegriffen, da sie sozial verträglicher als die Herabsetzung des Schwellenwertes ist. Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen kann das Gericht weiterhin die Entschädigung aus den Einkünften anheben (auf zwischen 5 % und 10 % der Nettoeinkünfte). Hervorzuheben ist, dass hier durchaus auch im Rahmen der vom Sachwalter zu leistenden 'Personensorge' besonders umfangreiche und erfolgreiche Bemühungen Platz greifen und einen höheren Entschädigungsanspruch begründen können. Die Betroffenen wünschen sehr oft regelmäßige Kontakte mit dem Sachwalter und möchten ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt wissen, sie schätzen etwa die Organisation von Besuchsdiensten, Urlauben oder zusätzlichen Therapien. Solche Tätigkeiten sind von der Personensorge umfasst (s die Erläut zu §282), sie sind für den Betroffenen oft bedeutender als etwa die Einrichtung der Wohnung und können mit einem enormen Aufwand verbunden sein. Bei Vorliegen besonderer Gründe – etwa bei sehr eingeschränktem Wirkungskreis des Sachwalters – kann das Gericht aber auch eine geringere Entschädigung, also weniger als 5 % vom Einkommen bzw weniger als 2 % des Vermögens über 10 000 Euro, zusprechen.

§276 Abs2 entspricht dem §267 Abs1 ABGB. Hinzuweisen ist darauf, dass aus der Formulierung des §279 Abs4 ('besondere Anforderungen') Sachwaltervereine keinen Anspruch auf Entgelt ableiten können, da sie ihre Tätigkeit nicht entgeltlich einem Dritten übertragen können. Ein Entgeltanspruch für rechtsfreundliche Vertretung ist wiederum dann zu verneinen, wenn beim Pflegebefohlenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder die Kosten vom Gegner zu ersetzen und auch tatsächlich einbringlich sind. In jenen Verfahren, in denen beim Betroffenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind, kann ungeachtet des Umstandes, dass ein Rechtsanwalt als Sachwalter (Kurator) bestellt ist, Verfahrenshilfe bewilligt werden und der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer den Sachwalter (Kurator) als Verfahrenshelfer bestellen. So kann dem Sachwalter (Kurator) seine Tätigkeit für den Pflegebefohlenen im Rahmen der Pauschalvergütung angerechnet werden.

§276 Abs3 regelt den Aufwandersatz und entspricht inhaltlich dem §267 Abs2 ABGB.

§276 Abs4 weicht insofern von der geltenden Rechtslage (§266 Abs1 zweiter Halbsatz ABGB; §267 Abs3 ABGB) ab, als ein Anspruch auf Aufwandersatz – anders als der Entschädigungs- und Entgeltanspruch – jedenfalls besteht, also auch dann, wenn durch diesen die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wird. Der Sachwalter oder Kurator soll also, wenn er schon ein 'Ehrenamt' wahrnimmt, wenigstens die von ihm getätigten Ausgaben ersetzt erhalten. Dies erscheint im Hinblick auf die Grenzen der Exekutierbarkeit eines solchen Aufwandersatzanspruchs vertretbar.'

3.1.5. In den Gesetzesmaterialien zum 2. ErwSchG, BGBl I Nr 59/2017, wird zu §276 ABGB Folgendes ausgeführt (RV 1461 BlgNR XXV. GP 44 ff.):

'Zu §276 ABGB:

Die neuen Regelungen zur Entschädigung, zum Entgelt und zum Aufwandersatz sollen das geltende Recht an die Anforderungen der Praxis anpassen und in einigen Fragen Klarstellungen bringen.

Abs1 regelt den Anspruch des gerichtlichen Erwachsenenvertreters auf eine jährliche Entschädigung. Gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertreter haben nur einen Anspruch auf Aufwandersatz (§249 Abs2 des Entwurfs). Der gerichtliche Erwachsenenvertreter hat – wie auch der Sachwalter nach geltendem Recht – einen Anspruch auf eine jährliche Entschädigung aus Einkünften und aus Vermögen. Zur Klarstellung soll nun ausdrücklich angeordnet werden, dass der Anspruch bei einer kürzer als ein Jahr andauernden Tätigkeit entsprechend der Dauer der Tätigkeit zu aliquotieren ist. Ist der gerichtliche Erwachsenenvertreter beispielsweise nur ein halbes Jahr tätig, so steht ihm auch nur die Hälfte der nach Abs1 berechneten Entschädigung zu. Die Bezugnahme im geltenden §276 Abs1 erster Satz ABGB auf Art und Umfang der Tätigkeit und den damit gewöhnlich verbundenen Aufwand an Zeit und Mühe soll an dieser Stelle entfallen. Damit soll klargestellt werden, dass die Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung – anders als nach manchen Entscheidungen zur geltenden Rechtslage (zB LG Salzburg 21 R 394/09a = EFSlg 123.491; LG Krems an der Donau 2 R 13/09p = EFSlg 123.492) – nicht vom konkreten Wirkungsbereich des Erwachsenenvertreters abhängig ist. §276 Abs1 des Entwurfs umschreibt – wie die geltende Rechtslage –lediglich in vergröbernder Weise das der vertretenen Person Zumutbare (dazu VfGH in G18/08 ua). So steht daher beispielsweise grundsätzlich auch dann eine Entschädigung aus den Einkünften zu, wenn der Erwachsenenvertreter nur für den Bereich der Vermögensverwaltung eingesetzt ist. Umgekehrt besteht ein Anspruch auf eine Entschädigung aus Vermögen, auch wenn der Erwachsenenvertreter nicht in der Vermögensverwaltung tätig ist. Andernfalls würde dies in manchen Fällen zu unbilligen Ergebnissen führen. So könnte ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter, der eine wichtige Entscheidung im Rahmen der Personensorge treffen muss, keinesfalls eine Entschädigung beanspruchen, weil dieser Bereich nicht zwangsläufig auch die Einkünfte oder das Vermögen betrifft. Daher sind stets in einem ersten Schritt die Einkünfte und das Vermögen als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Abs2 gibt danach in einem zweiten Schritt dem Gericht die Möglichkeit, eine unangemessen hohe oder niedrige Entschädigung nach den Umständen des Einzelfalls nach oben oder nach unten zu korrigieren.

Bislang verneint die Rechtsprechung einen Zuspruch der Umsatzsteuer bei der Entschädigung. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass die im geltenden §276 Abs1 ABGB normierten Prozentsätze Obergrenzen im Sinn von Belastungshöchstgrenzen darstellen, die nicht durch die zusätzliche Verrechnung einer Umsatzsteuer überschritten werden dürfen (zB LGZ Wien 48 R 331/07t = EFSlg 117.134; LG Salzburg 21 R 5/09w = EFSlg 123.518; LG Innsbruck 51 R 81/10a = EFSlg 127.039; LG Wels 21 R 241/11g = EFSlg 130.878; LG St. Pölten 23 R 374/13t = EF-Z 2014/28). Künftig soll die Entschädigung ausdrücklich zuzüglich der allenfalls zu entrichtenden Umsatzsteuer gebühren. Freilich gilt dies nur dann, wenn im Einzelfall überhaupt Umsatzsteuer zu entrichten ist. Ob Umsatzsteuer zu entrichten ist, richtet sich nach den jeweiligen umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen. Die Frage der Belastungsgrenze für die vertretene Person ist in §137 Abs2 AußStrG des Entwurfs geregelt.

Abgesehen von den bereits dargestellten Änderungen, bleibt die Entschädigung aus Einkünften nach dem Entwurf unverändert.

Bei der Entschädigung aus Vermögen wird der Freibetrag von 10 000 Euro auf 15 000 Euro angehoben und damit an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst.

Abs2 soll nun abschließend die Minderung und die Erhöhung der Entschädigung regeln. Nach geltendem Recht hat das Gericht unter bestimmten Umständen die Pflicht, die Entschädigung zu mindern, und die Möglichkeit, die Entschädigung aus Einkünften bis zu 10 % zu erhöhen. §276 Abs2 des Entwurfs sieht weiterhin eine Pflicht vor, die Entschädigung zu mindern, wenn dies angemessen erscheint. Die Möglichkeit, die Entschädigung zu erhöhen, soll auf den Bereich der Entschädigung aus Vermögen erweitert werden. Nach Abs2 hat das Gericht die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält. Damit entspricht Abs2 dem geltenden §276 Abs1 letzter Satz ABGB. Der VfGH hat in seinem Erkenntnis zu G18/08 ua ausgesprochen, dass gegen eine grundsätzlich pauschale Bezugnahme auf die Einkünfte und das Vermögen der vertretenen Person dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, wenn sichergestellt ist, dass eine nach Maßgabe der erbrachten Leistung unangemessen hohe Entschädigung durch das Gericht unter Berücksichtigung der konkreten Umstände auf eine angemessen hohe Entschädigung reduzier[t] werden kann. Nach dem VfGH ist es dabei gleichgültig, ob sich die Unangemessenheit der Entschädigung etwa daraus ergibt, dass das Vermögen besonders hoch ist, oder daraus, dass der Aufwand des Sachwalters wegen der Umstände des Falles oder wegen eines eingeschränkten Wirkungsbereichs ein entsprechend geringer gewesen ist. Diese Rechtslage wird durch den Entwurf fortgeschrieben. Abs2 dient dazu, eine unangemessen hohe Entschädigung nach Maßgabe der konkreten Umstände auf einen angemessenen Betrag zu mindern.

Der Entwurf nennt nun ausdrücklich zwei Gründe für eine Minderung:

Einerseits ist die Entschädigung zu mindern, wenn der Erwachsenenvertreter während der Zeit seiner Bestellung nach Art oder Umfang der Tätigkeit nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe hatte. Damit sind beispielsweise Fälle gemeint, in denen der Erwachsenenvertreter unterdurchschnittlich wenig zu tun hatte (weil zB nur sporadische Überwachungsmaßnahmen zu tätigen waren, weil das Vermögen mündelsicher veranlagt war und sonst keine Angelegenheiten zu besorgen waren). Ein geringer Aufwand kann sich auch daraus ergeben, dass der Erwachsenenvertreter für einen Teil der geleisteten Tätigkeit ein Entgelt nach §276 Abs3 des Entwurfs verlangt. Diese Arbeitszeit soll nicht doppelt entgolten werden.

Andererseits kann ein besonders hohes Vermögen, das Bemessungsgrundlage für die Entschädigung ist, eine Minderung nahelegen. Von einem besonders hohen Vermögen wird man im Allgemeinen ab einem Wert von 500.000 Euro ausgehen können. Dem Gericht steht es frei, auch andere Gründe für eine Minderung heranzuziehen, etwa einen eingeschränkten Wirkungsbereich, aus dem sich ein geringerer Aufwand und ein geringeres Haftungsrisiko ergeben. Ausgangspunkt ist aber stets, dass die nach Abs1 berechnete Entschädigung angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls unangemessen hoch ist. Bei dieser Betrachtung sind freilich alle Faktoren zu berücksichtigen. Auch bei einem geringen Aufwand an Zeit und Mühe kann etwa ein hohes Haftungsrisiko (zB bei einer einzelnen Entscheidung) die nach Abs1 berechnete Entschädigung rechtfertigen. Im Gegensatz zur Möglichkeit, die Entschädigung zu erhöhen, handelt es sich bei der Minderung – wie bisher – um eine zwingende Anordnung.

Nach Abs2 kann das Gericht die Entschädigung auch erhöhen. In diesem Fall kann die Entschädigung aus Einkünften – wie bisher – mit bis zu 10 % der Bemessungsgrundlage zugesprochen werden. Neu ist, dass auch die Entschädigung aus Vermögen erhöht werden kann. Das Gericht soll grundsätzlich noch flexibler in der Bemessung der Entschädigung sein, um auf die Besonderheiten des Einzelfalls einzugehen. Wie bisher soll auf die besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des gerichtlichen Erwachsenenvertreters abgestellt werden. Der Entwurf nennt hier einerseits besondere Bemühungen im Bereich der Personensorge und andererseits die Tätigkeit im ersten Jahr der Vertretung. Im Allgemeinen sind insbesondere am Anfang der Vertretungstätigkeit umfangreiche Erhebungen und Bemühungen notwendig. Dies wurde schon bisher in der Rechtsprechung anerkannt, die regelmäßig im ersten Jahr eine höhere Entschädigung zuspricht (zB LG Eisenstadt 20 R 129/13i und LGZ Wien 44 R 475/14z = EFSlg 142.252). Darüber hinaus kann eine Erhöhung nach dem Entwurf auch dann gewährt werden, wenn der Erwachsenenvertreter aufgrund der Art der Aufgabe (zB nur eine punktuelle Zustimmungserklärung) nur für eine besonders kurze Zeit tätig war und daher die aliquote jährliche Entschädigung nach Abs1 einen unangemessen niedrigen Betrag ergibt. Damit soll das Gericht die Möglichkeit haben, bei bloß punktuellen Aufgaben zu einer angemessenen Entschädigung zu kommen, die insbesondere auch dem übernommenen Haftungsrisiko des Erwachsenenvertreters in wichtigen Entscheidungen entspricht. Die kurze Dauer muss sich aber ausschließlich aus der Art der übernommenen Tätigkeit ergeben und darf nicht darauf zurückzuführen sein, dass mit der Tätigkeit aus anderen Gründen bloß ein geringer Aufwand verbunden ist. Dies könnte vielmehr ein Grund sein, die Entschädigung zu mindern.

Im Zuge des Begutachtungsverfahrens wurde die ursprünglich vorgeschlagene Regelung in Abs1, wonach Verbindlichkeiten bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage außer Acht zu lassen sind, kritisiert. Um zu verdeutlichen, dass diese Regelung nur für eine bestimmte, sachlich gerechtfertigte, Fallkonstellation gedacht ist, soll diese nunmehr Abs2 einverleibt und der Anwendungsbereich ausdrücklich im Gesetzestext verankert werden. Mit dem letzten Satz des Abs2 soll auf eine bestimmte Problematik bei vertretenen Personen eingegangen werden, die verschuldet sind. Bislang gab es Fälle, in denen der Sachwalter in diesem Zusammenhang einen besonders großen Aufwand hatte, weil er Ratenvereinbarungen mit den Gläubigern treffen oder andere außergerichtliche oder gerichtliche Maßnahmen zur Schuldenregulierung setzen musste. Selbst wenn er dadurch für die vertretene Person überdurchschnittlich verdienstlich tätig wurde, stand ihm keine Entschädigung zu, weil die Bemessungsgrundlage aufgrund der Verbindlichkeiten gleich Null war. Der Vertreter wurde dadurch gegenüber den anderen Gläubigern benachteiligt, obwohl er nicht zuletzt auch zu ihrem Vorteil tätig wurde. Dieser Situation soll mit der ausnahmsweisen Nichtberücksichtigung der Verbindlichkeiten bei der Bemessungsgrundlage begegnet werden.

Abs3 entspricht dem geltenden §276 Abs2 ABGB.

Abs4 entspricht dem geltenden §276 Abs3 ABGB. Allerdings sieht der Entwurf ausdrücklich die Möglichkeit vor, den Aufwandersatz pauschal geltend zu machen, wenn der Einzelnachweis nicht zumutbar ist. Das Wort 'jedenfalls' soll entfallen, weil es schon nach bisheriger Rechtslage keine eigenständige Bedeutung hat.

Der geltende §276 Abs4 ABGB soll entfallen. Im Ministerialentwurf war in einem vorgeschlagenen Abs5 die Geltendmachung der vermögensrechtlichen Ansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters geregelt. Im Zuge des Begutachtungsverfahrens stellte sich jedoch heraus, dass das AußStrG der bessere Regelungsort für diese Bestimmung ist. Grundsätzlich wird an der im Begutachtungsverfahren vorgeschlagenen Konzeption festgehalten, wonach die Ansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz nunmehr unabhängig von den Lebensbedürfnissen der vertretenen Person entstehen und lediglich die Entnahme bzw Geltendmachung durch die Rücksichtnahme auf die finanzielle Situation der vertretenen Person eingeschränkt wird. Siehe dazu die Erläuterungen zu §137 Abs2 AußStrG in der neuen Fassung.'

3.1.6. Zu §137 AußStrG wird in den Gesetzesmaterialien zum 2. ErwSchG, BGBl I Nr 59/2017, Folgendes ausgeführt (RV 1461 BlgNR XXV. GP 75 ff.):

'Zu §137 AußStrG:

Abs2 soll den bisherigen §137 Abs2 ersetzen und die zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit vermögensrechtlichen Ansprüchen von gesetzlichen Vertretern regeln. Dabei soll der bislang für Sachwalter und Kuratoren geltende §276 Abs4 ABGB – mit angepasstem Inhalt – im neuen Abs2 aufgehen. Zudem soll der Kritik im Begutachtungsverfahren insofern Rechnung getragen werden, als das Gericht nicht nur über das Bestehen, sondern auch über die Geltendmachung der Ansprüche entscheiden soll. So ist für alle Beteiligten Rechtssicherheit gewährleistet. Die neue Regelung soll aber nicht nur für gerichtliche Erwachsenenvertreter und Kuratoren, sondern für alle gesetzlichen Vertreter gelten, da eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt erscheint.

Grundsätzlich wird an der im Begutachtungsverfahren vorgeschlagenen Konzeption festgehalten, wonach die vermögensrechtlichen Ansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters und des Kurators nunmehr unabhängig von den Lebensbedürfnissen der vertretenen Person entstehen und lediglich die Entnahme bzw Geltendmachung durch die Rücksichtnahme auf die finanzielle Situation der vertretenen Person eingeschränkt wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Vertreter seine Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt durchsetzen kann, sollte sich die finanzielle Situation der vertretenen Person bessern (zB durch eine Erbschaft oder den Verkauf einer Liegenschaft). Andernfalls wäre der Vertreter gegenüber anderen Gläubigern in einer sachlich nicht gerechtfertigten Weise benachteiligt. Zunächst hat das Gericht daher über Antrag des Vertreters über das Bestehen der Ansprüche zu entscheiden und diese der Höhe nach zu bestimmen. Der Antrag wird zweckmäßig zugleich mit der Bestätigung der Rechnung gestellt werden. Ist der Vertreter jedoch von der Rechnungslegung befreit, soll er den Antrag auch unabhängig davon stellen können.

Auf Antrag hat das Gericht soweit zur Entnahme der Beträge aus dem Vermögen der vertretenen Person zu ermächtigen bzw die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten (wenn der Vertreter nicht [mehr] auf das Vermögen […] zugreifen kann), als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts im Sinn des §63 Abs1 ZPO bestreiten kann. Hier zeigt sich eine weitere Änderung im Vergleich zum Begutachtungsentwurf. Bislang wurde im geltenden Recht (§276 Abs4 ABGB) und auch im Begutachtungsentwurf (§276 Abs5 und §283 Abs5 ABGB) im Hinblick auf die finanzielle Situation der vertretenen Person auf die 'Gefährdung der Befriedigung der Lebensbedürfnisse' abgestellt. Dieses Kriterium hat jedoch keine festen Konturen in der Rechtsprechung erhalten. Darüber hinaus wurden im Begutachtungsverfahren mehrfach das Bedürfnis nach mehr Rechtssicherheit und der Wunsch nach einer klaren Untergrenze geäußert. Daher soll in Zukunft im Einklang mit den Grundsätzen der Verfahrenshilfe auf die Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts abgestellt werden (§63 ZPO). Durch die gefestigte Rechtsprechung in diesem Bereich soll mit der neuen Regel mehr Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werden. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem Abstellen zB auf das Existenzminimum besteht darin, dass damit sowohl die Einkünfte als auch das Vermögen der vertretenen Person angemessen berücksichtigt werden können. Der Vertreter kann den Antrag gleichzeitig mit dem Antrag auf Bestimmung der Ansprüche oder auch zu einem späteren Zeitpunkt – etwa wenn bekannt wird, dass sich die Vermögenslage der vertretenen Person gebessert hat – stellen. Hinzuweisen ist darauf, dass bei Bemessung des notwendigen Unterhalts auf behinderungsbedingte Mehraufwendungen Bedacht genommen werden muss. Diese sind der Pflegschaftsrechnung zu entnehmen (Kosten für Heimhilfe, Besuchsdienst, Essen auf Rädern, Therapien usw). Weiters sind Einnahmen, die der Deckung eines krankheitsbedingten Pflegebedarfs dienen (wie das Pflegegeld), nicht in die Bemessungsgrundlage für die Beurteilung der Verfahrenshilfevoraussetzungen einzurechnen.

Im Begutachtungsverfahren wurden auch Bedenken geäußert, wie vorzugehen sei, wenn der Vertreter keine Information über das Vermögen der vertretenen Person hat. Diesem Einwand soll mit dem Verweis auf das Beibringen eines Vermögensbekenntnisses (§66 Abs1 ZPO) und der Anwendbarkeit von §66 Abs2 zweiter und dritter Satz ZPO begegnet werden. Folgt die vertretene Person den Aufforderungen des Gerichts nicht, so ist – angelehnt an den allgemeinen Grundsatz des §34 AußStrG – die Höhe des Betrages nach freier Überzeugung festzusetzen.

Schließlich wird auch die ursprünglich vorgesehene Beschränkung der Entnahme der Entschädigung in Hinblick auf die Gefährdung anderer Gläubiger fallen gelassen. Hier soll mit den allgemeinen Gläubigerschutzbestimmungen das Auslangen gefunden werden.

Abs3 enthält terminologische Anpassungen.'

3.2. Zum Regelungsinhalt:

3.2.1. Durch das 2. ErwSchG, BGBl I Nr 59/2017, wurde der bisherige Sachwalter durch den gerichtlichen Erwachsenenvertreter ersetzt. Gemäß §271 ABGB ist einer volljährigen Person vom Gericht auf ihren Antrag oder von Amts wegen insoweit ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter zu bestellen, als sie bestimmte Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann, sie dafür keinen Vertreter hat, sie einen solchen nicht wählen kann oder will und eine gesetzliche Erwachsenenvertretung nicht in Betracht kommt.

Ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter darf gemäß §272 ABGB nur für einzelne oder Arten von gegenwärtig zu besorgenden und bestimmt zu bezeichnenden Angelegenheiten bestellt werden. Der Begriff der 'Angelegenheiten' ist in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Grundsätzlich sind alle Aufgaben umfasst, die ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter für die volljährige Person erledigen kann, wie etwa der Abschluss von Rechtsgeschäften, die Vornahme von anderen Rechtshandlungen und die Vertretung vor Gerichten oder Behörden (siehe Parapatits in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03, §272 Rz. 16).

Die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters ist auf höchstens drei Jahre befristet. Damit soll gewährleistet werden, dass die Erforderlichkeit einer Erwachsenenvertretung in regelmäßigen Abständen überprüft wird (siehe Parapatits, aaO, §272 Rz. 5). Bei der Auswahl des gerichtlichen Erwachsenenvertreters ist auf die Bedürfnisse der volljährigen Person und deren Wünsche, die Eignung des Erwachsenenvertreters und auf die zu besorgenden Angelegenheiten Bedacht zu nehmen.

3.2.2. §276 ABGB regelt die vermögensrechtlichen Ansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters zur Abgeltung der von ihm erbrachten Leistungen. Im Einzelnen sind in der Bestimmung drei Ansprüche vorgesehen, die sich in zwei Gruppen zusammenfassen lassen: Der Entlohnung des Erwachsenenvertreters dienen gemäß §276 Abs1 und 2 die Entschädigung und gemäß §276 Abs3 das Entgelt. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich voneinander nur dadurch, dass die Entschädigung im Regelfall gewährt wird, während der Anspruch auf Entgelt nur dann entsteht, wenn der Erwachsenenvertreter seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten eingesetzt hat, für die andernfalls ein professioneller Dienstleister zu entlohnen gewesen wäre. Die beiden Ansprüche werden durch das Recht auf Aufwandersatz ergänzt, durch das nicht die Entlohnung, sondern lediglich die Kompensation für zweckbezogene Aufwendungen angestrebt wird, die der Erwachsenenvertreter im Zuge seiner Tätigkeit für die vertretene Person aus eigenem Vermögen getätigt hat (vgl Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 §276 Rz. 1).

3.2.3. §276 Abs1 ABGB regelt die Berechnung der ausschließlich dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter zustehenden (Regel-)Entschädigung. Als Bezugsgrößen werden Einkünfte und das den Betrag von 15 000 Euro übersteigende Vermögen der vertretenen Person herangezogen. §276 Abs2 ABGB sieht ausdrückliche Möglichkeiten der Minderung bzw Erhöhung dieser Entschädigung vor, insbesondere um den Erfordernissen des Einzelfalls Rechnung zu tragen. So hat das Gericht eine Entschädigung aus den dort genannten Gründen, insbesondere bei einem besonders hohen Vermögen der vertretenen Person, zu mindern und kann die Entschädigung in eingeschränktem Ausmaß erhöhen. Schon die dergestalt gewählte Formulierung zeigt, dass eine individuelle Ausmessung der Entschädigung erforderlich ist und gerade die Minderungspflicht eine Muss-Bestimmung darstellt (vgl zur gesamten Thematik Barth/Ganner in Barth/Ganner, Handbuch des Erwachenschutzrechts3 796 ff). Zusätzlich zur Entschädigung und gegebenenfalls zum Entgelt hat der Erwachsenenvertreter gemäß §276 Abs4 ABGB einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen zur zweckentsprechenden Ausübung der Erwachsenenvertretung notwendig sind.

3.2.4. Die verfahrensrechtliche Bestimmung des §137 Abs2 AußStrG regelt die zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit vermögensrechtlichen Ansprüchen von gesetzlichen Vertretern. §137 Abs2 AußStrG gilt nicht nur für gerichtliche Erwachsenenvertreter und Kuratoren, sondern – mit Ausnahme des Kinder- und Jugendhilfeträgers – für alle gesetzlichen Vertreter, nämlich gewählte, gesetzliche und gerichtliche Erwachsenenvertreter sowie Vorsorgebevollmächtigte (vgl RV 1461 BlgNR XXV. GP 75). Die Gesetzgebung hat sich dazu entschieden, die ursprünglich im materiellen Recht angesiedelte Regelung der Beschränkung der Entschädigung (§276 Abs4 ABGB in der Fassung vor dem 2. Erw-SchG), den so genannten Bedürfnisvorbehalt, in das Verfahrensrecht zu transferieren und gleichzeitig zu konkretisieren. Demnach hat das Gericht zugleich mit der Erteilung oder Versagung der Bestätigung der Rechnung oder (bei Befreiung von der Rechnungslegung) unabhängig davon, über vermögensrechtliche Ansprüche zu entscheiden (vgl Beck in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 §137, Rz. 9).

3.2.5. Gemäß §137 Abs2 AußStrG ist der gesetzliche Vertreter nunmehr nur soweit zur Entnahme der durch das Gericht bestimmten Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts im Sinne des §63 Abs1 ZPO bestreiten kann. Der Grund für diese Änderung der Rechtlage war laut Gesetzesmaterialien, dass das Kriterium der 'Gefährdung der Befriedigung der Lebensbedürfnisse' (§276 Abs4 ABGB in der Fassung vor dem 2. ErwSchG) 'keine festen Konturen in der Rechtsprechung' erhalten habe, sodass durch die gefestigte Rechtsprechung im Bereich der Verfahrenshilfe und die nunmehrige explizite Bezugnahme im Gesetzestext auf §63 Abs1 ZPO mehr Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werde (vgl RV 1461 BlgNR XXV. GP 75). Ein weiterer Vorteil gegenüber dem Abstellen beispielsweise auf das Existenzminimum bestehe laut Gesetzesmaterialien darin, dass damit sowohl die Einkünfte als auch das Vermögen der vertretenen Person angemessen berücksichtigt werden können.

II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

1. Dem Gesetzesprüfungsantrag des Landesgerichts St. Pölten liegt ein Rekurs gegen die Festsetzung von Entschädigung und Aufwandsersatz des gerichtlichen Erwachsenenvertreters zugrunde. Aus Anlass dieses Rekursverfahrens hat das Landesgericht St. Pölten den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt.

2. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichts eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl zuletzt etwa , Rz. 10 mwN).

2.1. Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (vgl VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; ; , G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

2.2. Ein derartiger, der Gesetzgebung nicht mehr zusinnbarer Inhalt würde bei einer Aufhebung im beantragten Umfang nach Ansicht der Bundesregierung aber bestehen: Das antragstellende Gericht erblickt auch in der verfahrensrechtlichen Bestimmung des §137 Abs2 AußStrG einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Der angefochtene §137 Abs2 AußStrG regelt die zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit vermögensrechtlichen Ansprüchen von gesetzlichen Vertretern. Wie aus den Gesetzesmaterialien klar erkennbar und unter Punkt I.3.2.4. bereits dargelegt, soll §137 Abs2 AußStrG nicht nur für gerichtliche Erwachsenenvertreter und Kuratoren, sondern für alle gesetzlichen Vertreter gelten, da eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt erscheint (vgl RV 1461 BlgNR XXV. GP 75). Eine Aufhebung im angefochtenen Umfang hätte zur Folge, dass keine verfahrensrechtliche Bestimmung für die anderen gesetzlichen Vertreter bestehen würde und überhaupt unklar wäre, wie das Gericht über Anträge des gesetzlichen Vertreters auf Gewährung von Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz zu entscheiden hat. Ebenso würde die explizite Bezugnahme im Gesetzestext auf §63 Abs1 ZPO, wann eine Entschädigung nicht entnommen bzw die vertretene Person nicht zur Leistung verpflichtet werden darf, entfallen. Die beantragte Aufhebung des §137 Abs2 AußStrG käme somit einem Akt positiver Gesetzgebung gleich, die dem Verfassungsgerichtshof verwehrt ist. Der Antrag erweist sich insofern in Bezug auf die Anfechtung des §137 Abs2 AußStrG als unzulässig.

III. In der Sache:

1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

2. Das Landesgericht St. Pölten hegt Bedenken, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen den Gleichheitssatz (Art2 StGG, Art7 B-VG) verstoßen. Die Verletzung liege darin, dass psychisch kranken oder geistig behinderten Menschen, die eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters bedürfen, die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben nicht unter den gleichen Bedingungen möglich sei wie Menschen ohne solche Beeinträchtigungen, weil sie einen erheblichen Teil ihres Einkommens und/oder Vermögens für die Tätigkeit ihres Vertreters aufwenden müssen. Personen, die keines gerichtlichen Erwachsenenvertreters bedürfen, würden – bei sonst gleichen Lebensbedingungen – diese Mittel zur Verfügung stehen. Das antragstellende Gericht bringt – unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl III Nr 155/2008 (im Folgenden: UN-Behindertenrechtskonvention) – vor, dass 'das österreichische System der Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters … aber die Last, für die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben zu sorgen, in finanzieller Hinsicht auf die betroffenen Personen' verschiebt, wodurch […] 'eine Diskriminierung und eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes' vorliegen würde.

3. Der Gleichheitssatz bindet auch die Gesetzgebung (vgl VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihr insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es der Gesetzgebung jedoch von Verfassung wegen durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, ihre politischen Zielvorstellungen auf die ihr geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Sie kann im Rahmen ihres rechtspolitischen Gestaltungsspielraums einfache und leicht handhabbare Regelungen treffen und darf bei der Normsetzung generalisierend von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl VfSlg 19.722/2012 mwN). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl ).

3.1. Wie das antragstellende Gericht zutreffend ausführt, ist Österreich gemäß Art12 der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, behinderten Menschen die Unterstützung zukommen zu lassen, die nötig ist, damit sie ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit ausüben können (vgl auch RV 1461 BlgNR XXV. GP 3). Mit dem 2. ErwSchG wurde den Grundsätzen der UN-Behindertenrechtskonvention, das Recht auf Selbstbestimmung und barrierefreien Zugang zum Rechtsstaat zu gewährleisten, im Erwachsenenschutzrecht Rechnung getragen. Die §§239 bis 241 ABGB sind Grundsatzbestimmungen des neuen Erwachsenenschutzrechts, die die Förderung der Selbstbestimmung der volljährigen Personen als das wichtigste Ziel der Reform gesetzlich verankern (vgl Parapatits in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 §241, Rz. 1 mwN).

3.1.1. Gemäß §239 Abs1 ABGB ist im rechtlichen Verkehr dafür Sorge zu tragen, dass volljährige Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, möglichst selbständig, erforderlichenfalls mit entsprechender Unterstützung, ihre Angelegenheiten selbst besorgen können (vgl RV 1461 BlgNR XXV. GP 17). Ausweislich der Gesetzesmaterialien wurde damit einer der zentralen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung getragen, die – wie bereits dargelegt – Anlass für die umfassende Reform des österreichischen Sachwalterrechts durch das 2. ErwSchG war (vgl Parapatits, aaO, §241 Rz. 2).

3.1.2. Während in §239 ABGB die Bedeutung der Selbstbestimmung ausdrücklich hervorgehoben wird, betont §240 ABGB den Nachrang der Stellvertretung. Gemäß §240 ABGB haben die in §239 Abs1 ABGB genannten Personen nur dann durch einen Vertreter am Rechtsverkehr teilzunehmen, wenn sie dies selbst vorsehen oder eine Vertretung zur Wahrung ihrer Rechte und Interessen unvermeidlich ist. Bei entsprechender Unterstützung bzw eigener Vorsorge, besonders durch eine Vorsorgevollmacht, darf für sie kein Erwachsenenvertreter tätig werden.

3.1.3. Konkret bedeutet dies zunächst, dass eine gerichtliche Erwachsenenvertretung, für die – und nur für diese – auch eine Entschädigung nach §276 Abs1 ABGB zusteht, nur in Ausnahmefällen angeordnet werden darf und primär andere Vertretungsformen (Vorsorgevollmacht, gewählte Erwachsenenvertretung, gesetzliche Erwachsenenvertretung) gewählt werden sollen, für welche jedoch kein Entschädigungsanspruch besteht. Weiters soll auch bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, die im Übrigen nunmehr mit drei Jahren befristet ist, eine weitere Einschränkung der Selbstbestimmung dadurch vermieden werden, dass gemäß §272 Abs1 ABGB ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter, wie bereits dargelegt, nur für einzelne oder Arten von gegenwärtig zu besorgenden und bestimmt zu bezeichnenden Angelegenheiten bestellt werden darf; überdies ist gemäß §272 Abs2 ABGB nach Erledigung der übertragenen Angelegenheit die gerichtliche Erwachsenenvertretung einzuschränken oder zu beenden. Diese Maßnahmen zeigen, dass den in §239 Abs1 ABGB genannten Personen ein größtmögliches Maß an Eigenständigkeit und Selbstbestimmung erhalten werden soll, was dem klaren Auftrag der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht. Nur in einem sehr eingeschränkten, unvermeidbaren Ausmaß soll es daher nach dem Willen der Gesetzgebung zur Anordnung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung kommen, bei der die materiell- und verfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Entschädigung zum Tragen kommen.

3.1.4. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, ob und wenn ja, in welcher Form ein Entschädigungsanspruch vorgesehen wird. Die Festlegung eines Entschädigungsanspruchs (nur) für den gerichtlichen Erwachsenenvertreter vermag – insbesondere im Zusammenhang mit der in §276 Abs1 ABGB genannten Möglichkeit zur Minderung sowie der in §137 Abs2 AußStrG normierten Einschränkung der Entnahme der Entschädigung bzw der gerichtlich angeordneten Zahlungsverpflichtung bei sonstiger Gefährdung des notwendigen Unterhalts – den Zugang vertretener Personen zum Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention nicht zu schmälern. Vielmehr dient die – in engem Rahmen und nur ausnahmsweise anzuordnende – gerichtliche Erwachsenenvertretung ja gerade oftmals dazu, (finanzielle) Ansprüche der betroffenen Person, sei es in Form einer öffentlich-rechtlichen Sozialleistung, sei es in Form eines privatrechtlichen (Unterhalts-) Anspruchs oder Arbeitseinkommens, zu sichern.

3.1.5. Gerade die Neufassung des §137 Abs2 AußStrG trägt – unter Festlegung exakter Kriterien bzw durch die Bezugnahme auf §63 Abs1 ZPO, wann eine Entschädigung nicht entnommen bzw die vertretene Person nicht zur Leistung verpflichtet werden darf – dem Bedürfnis Rechnung, dass auch Personen ohne erhebliche Einkünfte oder Vermögen bei entsprechender Erforderlichkeit eine gerichtliche Erwachsenenvertretung zusteht und so überhaupt erst deren Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben sichergestellt werden kann. Entgegen der Auffassung des antragstellenden Gerichts kann darin keine Diskriminierung von Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung gesehen werden.

3.2. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

5. In den Verfahren zu G284-285/2021, G289-290/2021, G295/2021, G298/2021 sowie G313-314/2021 sah der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die gleichlautenden Bedenken des antragstellenden Gerichtes gegen die angefochtenen Bestimmungen von der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß §19 Abs3 Z4 VfGG ab.

6. Die Partei des Verfahrens vor dem Landesgericht St. Pölten in dem beim Verfassungsgerichtshof zu G275-276/2021 protokollierten Verfahren hat – vertreten durch ihren gerichtlichen Erwachsenenvertreter – als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der sie die näheren (faktischen) Umstände der vorliegenden gerichtlichen Erwachsenenvertretung schildert.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit der Anträge

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Das antragstellende Gericht ficht mit seinen Anträgen die Bestimmungen des §276 Abs1, 2 und 4 ABGB sowie des §137 Abs2 AußStrG "idF des 2. Erwachsenenschutzgesetzes, BGBl I Nr 59/2017" an. Damit übersieht das antragstellende Gericht, dass §137 Abs2 AußStrG durch das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz (ErwSchAG-Justiz), BGBl I 58/2018, mit Wirkung vom novelliert worden ist. Die Neufassung dieser Bestimmung war damit in den Verfahren betreffend die Festsetzung der Entschädigung der gerichtlichen Erwachsenenvertreter für die Jahre 2020 bzw 2021 bereits anwendbar. Da das antragstellende Gericht somit nicht die geltende und damit präjudizielle Fassung des §137 Abs2 AußStrG angefochten hat, sind die Anträge auf Aufhebung dieser Bestimmung idF BGBl I 59/2017 als unzulässig zurückzuweisen, weil es denkunmöglich ist, dass die Bestimmung in dieser Fassung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes in den Anlassfällen bildet.

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; ). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; ; , G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

1.3. Die Anfechtung des §276 Abs1, 2 und 4 ABGB ist zulässig, weil diese Regelungen mit §137 Abs2 AußStrG nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes beziehen sich ausschließlich auf die Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters; diese ist aber dem Grunde und auch der Höhe nach in §276 ABGB geregelt. §137 Abs2 AußStrG enthält lediglich ergänzende verfahrensrechtliche Regelungen; eine Anfechtung dieser Bestimmung des Außerstreitgesetzes ist nicht erforderlich.

1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die Anträge (nur) hinsichtlich §276 Abs1, 2 und 4 ABGB als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Das antragstellende Gericht ist zusammengefasst der Auffassung, die angefochtenen Bestimmungen verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG.

Österreich habe das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (in der Folge: UN-Behindertenkonvention) ratifiziert und im Bundesgesetzblatt III kundgemacht. In der Präambel der UN-Behindertenkonvention sei unter anderem festgehalten, dass jeder Mensch ohne Unterschied Anspruch auf alle in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in den Internationalen Menschenrechtspakten angeführten Rechte und Freiheiten habe; dass Menschen mit Behinderung der volle Genuss dieser Freiheiten garantiert werden müsse; dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigung und einstellungs- sowie umweltbedingten Barrieren entstehe, die sie an der vollen und wirksamen Teilhabe an der Gesellschaft hinderten; dass jede Diskriminierung auf Grund von Behinderung eine Verletzung der Würde und des Wertes darstelle, die jedem Menschen innewohnten; und dass trotz verschiedener schon bestehender Dokumente und Verpflichtungen in allen Teilen der Welt nach wie vor Hindernisse für ihre Teilhabe als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft bestünden.

Dem antragstellenden Gericht sei bewusst, dass die UN-Behindertenkonvention in Österreich nicht im Verfassungsrang stehe, sondern in erster Linie eine Aufforderung an den Gesetzgeber darstelle. Die Bestimmungen der Konvention stellten jedoch eine auf die besondere Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zugeschnittene Konkretisierung des Gleichheitsgrundsatzes dar.

Der Gesetzgeber habe sich durch die UN-Behindertenkonvention zu einer umfassenden Reform des vormaligen Sachwalterrechtes durch das 2. Erwachsenenschutzgesetz veranlasst gesehen. Ziel dieser Neuregelung sei es gewesen, in Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der UN-Behindertenkonvention die Selbstbestimmung behinderter Menschen zu fördern. Der Gesetzgeber habe versucht, die gerichtliche Erwachsenenvertretung sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht einzuschränken. Es bestehe dennoch weiterhin eine erhebliche Zahl an Fällen, die nur durch Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters gelöst werden könne. Damit stelle sich die Frage nach dessen Entlohnung.

Der Gesetzgeber habe hier keinen neuen Weg beschritten, sondern an der bisherigen Festsetzung der Entschädigung auf Basis von Einkommen und Vermögen der betroffenen Person sowie – soweit möglich – der Entnahme aus deren Vermögen festgehalten. Diese Regelung stelle nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes eine Diskriminierung von Menschen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung dar. Die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben sei diesen Personen nicht unter gleichen Bedingungen möglich wie Menschen ohne Beeinträchtigungen, weil sie einen erheblichen Teil ihres Einkommens und/oder Vermögens für einen Vertreter aufwenden müssten, während dies bei nicht beeinträchtigten Personen nicht der Fall sei. Menschen ohne Beeinträchtigung könnten frei über ihr Geld verfügen und Rechtsgeschäfte ohne Vertretung abschließen, während Menschen mit Beeinträchtigung für die Tätigkeit ihres Vertreters eine Entschädigung und Aufwandersatz leisten müssten. Häufig komme es zu einer Einleitung eines Erwachsenenschutzverfahrens, weil eine Person nicht in der Lage sei, mit den ohnedies knappen finanziellen Mitteln das Auslangen zu finden. Dieser Gefahr könne zwar durch die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters vorgebeugt werden; dadurch würden aber die Mittel, die insgesamt zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse zur Verfügung stünden, weniger, weil ein Teil davon für die Entschädigung und den Aufwandersatz des gerichtlichen Erwachsenenvertreters aufgewendet werden müsse.

Die UN-Behindertenkonvention habe es den Staaten zur Aufgabe gemacht, dass behinderten Personen die Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben unter gleichen Bedingungen möglich sein solle wie nicht beeinträchtigten Personen. Das österreichische System der Entschädigung verschiebe aber die diesbezügliche finanzielle Last auf die betroffenen Personen. Diese müssten auf eigene Kosten für ihre Vertretung sorgen, die ihnen erst eine Teilnahme am Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben ermögliche. Damit sei eine Teilhabe zu gleichen Bedingungen wie bei nicht beeinträchtigten Personen nicht sichergestellt.

Die Abhängigkeit der Entschädigung von Einkommen und Vermögen der betroffenen Person führe zudem zu einer erheblichen Ungleichbehandlung von Erwachsenenvertretern; eine vergleichsweise wenig Aufwand verursachende Erwachsenenvertretung könne bei hohem Einkommen und Vermögen zu hohen Entschädigungen führen, während eine Erwachsenenvertretung, die hohen Aufwand verursache, unter Umständen zu keiner Entschädigung führe. Dies sei eine weitere sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung. Sollte der Gesetzgeber davon ausgegangen sein, dass sich "lukrative" und "weniger lukrative" Erwachsenenvertretungen in einer Gesamtbetrachtung ausgleichen, entspreche dies keinem nachvollziehbaren Grundgedanken und sei daher unsachlich.

2.3. Die Bundesregierung hält diesen verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes zusammengefasst Folgendes entgegen:

Mit dem 2. Erwachsenenschutzgesetz sei den Vorgaben der UN-Behindertenkonvention, das Recht auf Selbstbestimmung und einen barrierefreien Zugang zum Rechtsstaat zu gewährleisten, im Erwachsenenschutzrecht Rechnung getragen worden. Eine Entschädigung sei lediglich hinsichtlich der gerichtlichen Erwachsenenvertretung vorgesehen worden, die lediglich in Ausnahmefällen angeordnet werden dürfe. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung sei zudem auf drei Jahre befristet und dürfe nur für einzelne oder Arten von gegenwärtig zu besorgenden und bestimmt zu bezeichnenden Angelegenheiten bestellt werden. Bei Erledigung der übertragenen Angelegenheiten sei die gerichtliche Erwachsenenvertretung einzuschränken oder zu beenden. Diese Regelungen zeigten, dass betroffenen Personen ein größtmögliches Ausmaß an Eigenständigkeit und Selbstbestimmung erhalten werden solle, was dem Anliegen der UN-Behindertenkonvention entspreche. Die Regelungen über die Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters könnten daher nur in einem sehr eingeschränkten, unvermeidbaren Ausmaß zur Anwendung gelangen.

Nach Auffassung der Bundesregierung liege es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, ob und in welcher Form ein Entschädigungsanspruch vorgesehen werde. Die Festlegung eines Entschädigungsanspruches für den gerichtlichen Erwachsenenvertreter schmälere den Zugang vertretener Personen zum Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtsleben nicht in unzulässiger Weise.

2.4. Der vom antragstellenden Gericht behauptete Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt nicht vor.

2.4.1. Dem Gesetzgeber sind durch den Gleichheitsgrundsatz insofern inhaltliche Schranken gesetzt, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001) sowie sachlich nicht begründbare Differenzierungen vorzunehmen (vgl VfSlg 8169/1977, 15.590/1999, 18.269/2007). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002).

2.4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 18.838/2009 ausgesprochen, dass §276 Abs1 dritter Satz ABGB idF BGBl I 92/2006 nicht gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG verstoßen hat. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes können die dortigen Erwägungen auf das vorliegende Verfahren übertragen werden, zumal das 2. Erwachsenenschutzgesetz hinsichtlich der Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters – wie auch das antragstellende Gericht ausführt – am bisherigen Regelungssystem festgehalten hat:

Es bestehen (auch) aus der Perspektive des Gleichheitsgrundsatzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber den Betroffenen, für den Leistungen eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters erbracht worden sind, zur Finanzierung der Leistung nach Maßgabe seines Einkommens sowie seines Vermögens heranzieht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sichergestellt ist, dass das dem Betroffenen Zumutbare auf der einen und die Grenze der Angemessenheit der Entschädigung nach Maßgabe der erbrachten Leistungen auf der anderen Seite jeweils nicht überschritten werden.

2.4.3. Auch die derzeit geltende Rechtslage entspricht diesen Vorgaben zum Schutz der betroffenen Person:

Das Gericht hat nämlich einerseits gemäß §276 Abs2 ABGB die Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen, insbesondere wenn die Tätigkeit nach Art oder Umfang mit einem bloß geringen Aufwand an Zeit und Mühe verbunden ist oder die vertretene Person ein besonders hohes Vermögen hat, für angemessen hält. Andererseits bestimmt §137 Abs2 AußStrG, dass das Gericht auf Antrag die zur Befriedigung der Ansprüche des gerichtlichen Erwachsenenvertreters aus den Einkünften oder dem Vermögen der vertretenen Person notwendigen Verfügungen zu treffen hat, wobei der gesetzliche Vertreter nur soweit zur Entnahme der Beträge zu ermächtigen oder die vertretene Person zur Leistung der Beträge zu verpflichten ist, als die vertretene Person die Zahlung ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts (§63 Abs1 ZPO) bestreiten kann.

2.4.4. Vor diesem Hintergrund liegt der vom antragstellenden Gericht behauptete Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG nicht vor.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §276 Abs1, 2 und 4 ABGB erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Die Anträge sind daher insofern abzuweisen.

2. Im Übrigen sind die Anträge zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2021:G275.2021
Schlagworte:
Erwachsenenvertretung, Behinderte, Entschädigung, Unterhalt, Zivilrecht, VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Prüfungsumfang

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