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VfGH vom 10.10.2002, G267/01

VfGH vom 10.10.2002, G267/01

Sammlungsnummer

16688

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit und keine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Verbotes unerbetener Anrufe zu Werbezwecken sowie der korrespondierenden Strafbestimmung des Telekommunikationsgesetzes;

Schutzbedürfnis im Hinblick auf Schutz der Privatsphäre gegeben;

"Opting-out" hinsichtlich unerbetener Anrufe nicht gleichwertig dem Erfordernis vorhergehender Einwilligung; keine Verletzung der Erwerbsausübungs- und der Meinungsäußerungsfreiheit sowie des Gleichheitsrechts; keine Anwendbarkeit des Herkunftslandprinzips des E-Commerce-Gesetzes im vorliegenden Fall

Spruch

1. Das Verfahren wird insoweit, als beantragt wurde, § 12 Abs 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes, BGBl. 753/1996, aufzuheben, eingestellt.

2. Im Übrigen, also hinsichtlich § 101 des Telekommunikationsgesetzes 1997 idF BGBl. I 188/1999 und § 104 Abs 3 Z 24 leg.cit. idF BGBl. I 26/2000, wird der Antrag auf Aufhebung abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Gestützt auf Art 140 Abs 1 (letzter Satz) B-VG beantragen sechs Kapitalgesellschaften die Aufhebung des § 101 des Telekommunikationsgesetzes 1997 (TKG), BGBl. I 100, idF BGBl. I 188/1999 und des § 104 Abs 3 Z 24 leg.cit. idF BGBl. I 26/2000 als verfassungswidrig (hg. zu G267/01 protokolliert).

Diese Bestimmungen lauten wie folgt:

"Unerbetene Anrufe

§ 101. Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien - zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers sind unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluß. Die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken bedarf der vorherigen - jederzeit widerruflichen - Zustimmung des Empfängers."

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 104. ...

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36 336 Euro zu bestrafen, wer

...

24. entgegen § 101 unerbetene Anrufe oder die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken tätigt."

Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs 1 bis 3 liegt gemäß § 104 Abs 4 TKG nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

§ 101 TKG erhielt seine zur Aufhebung beantragte Fassung durch die Novelle BGBl. I 188/1999, welche mit in Kraft getreten ist. Die ihm korrespondierende Strafbestimmung im § 104 Abs 3 (dessen Einleitungssatz seine derzeit geltende Fassung durch das Euro-Umstellungsgesetz Verkehr, Innovation und Technologie, BGBl. I 32/2002, erhielt), wurde durch die Novelle BGBl. I 26/2000 als Z 24 benannt.

b) Die erstantragstellende Gesellschaft, ein nach eigenen Angaben im Finanzdienstleistungsbereich tätiges Unternehmen, begehrt darüber hinaus auch die Aufhebung des § 12 Abs 3 des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG), BGBl. 753/1996 (G268/01).

Diese in der Stammfassung BGBl. 753/1996 zur Aufhebung beantragte Bestimmung lautet(e):

"(3) Die telephonische Werbung für eines der in § 1 Abs 1 Z 7 litb bis f BWG genannten Instrumente und für Instrumente, Verträge und Veranlagungen gemäß § 11 Abs 1 Z 3 ist gegenüber Verbrauchern verboten, sofern der Verbraucher nicht zuvor sein Einverständnis mit einem solchen Anruf erklärt hat oder wenn nicht mit dem Verbraucher bereits eine Geschäftsbeziehung besteht, es sei denn, daß er die telephonische Werbung abgelehnt hat."

Gemäß § 27 Abs 2 WAG begeht, wer als Anbieter von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 11 die Bestimmungen der §§12 bis 18 verletzt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafen bis zu 20.000 € zu bestrafen (die Umstellung auf den Euro-Betrag erfolgte mit Wirksamkeit durch das so genannte Finanzmarktaufsichtsgesetz, BGBl. I 97/2001). Zuständige (Straf-)Behörde (erster Instanz) war bis zum die Bundeswertpapieraufsicht (seither ist es die Finanzmarktaufsicht), gegen deren (Straf-)Bescheide ein ordentliches Rechtsmittel nicht ergriffen werden kann (§28).

Mit dem (am herausgegebenen) Finanzmarktaufsichtsgesetz, BGBl. I 97/2001, wurde auch § 12 Abs 3 WAG, und zwar mit Wirksamkeit (s. § 34 Abs 12), neu gefasst; er lautet nunmehr wie folgt:

"(3) Anrufe, das Senden von Fernkopien und die Zusendung von elektronischer Post zur Werbung für eines der in § 1 Abs 1 Z 7 litb bis f BWG genannten Instrumente und für Instrumente, Verträge und Veranlagungen gemäß § 11 Abs 1 Z 3 ist gegenüber Verbrauchern verboten, sofern der Verbraucher nicht zuvor sein Einverständnis erklärt hat. Dem Einverständnis des Verbrauchers steht eine Einverständniserklärung jener Person gleich, die vom Verbraucher zur Benützung seines Anschlusses oder Empfangsgerätes ermächtigt wurde. In allen Fällen kann die erteilte Einwilligung jederzeit widerrufen werden."

Gemäß § 32a Z 6 WAG gilt nach Inkrafttreten des § 12 Abs 3 idF BGBl. I 97/2001 folgende Übergangsbestimmung:

"Am anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen Verletzung des § 101 Telekommunikationsgesetz - TKG, BGBl. I Nr. 100/1997, sind von der zu diesem Zeitpunkt zuständigen Behörde auch dann fortzuführen, wenn sich die Werbung auf eines der im § 12 Abs 3 genannten Instrumente bezogen hat."

c) Mit Schriftsatz vom erklärte die erstantragsstellende Gesellschaft, mit Rücksicht auf die Neuregelung des § 12 Abs 3 WAG durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz, BGBl. I 97/2001, ihren Antrag auf Aufhebung des § 12 Abs 3 WAG in der Stammfassung zurückzuziehen.

2. Zu ihrer Antragslegitimation bringen die antragstellenden Gesellschaften vor, dass sie als wirtschaftstreibende Unternehmen (mit unterschiedlichen, im Einzelnen näher beschriebenen Geschäftszweigen) im Wettbewerb stehen und damit von Werbebeschränkungen, wie sie § 101 TKG und (in Ansehung der erstantragstellenden Gesellschaft, welche nach eigenen Angaben im Finanzdienstleistungsbereich tätig ist) auch § 12 Abs 3 WAG normieren, unmittelbar betroffen seien.

Das Verbot des § 101 TKG und die Strafsanktion des § 104 Abs 3 Z 24 leg.cit. seien eindeutig bestimmt und könnten unmittelbar auf die antragstellenden Gesellschaften angewendet werden, ohne dabei einer weiteren Konkretisierung durch eine niederrangige generelle Rechtsvorschrift oder durch einen Akt der Vollziehung zu bedürfen.

Die Beeinträchtigung der Rechtssphäre durch diese Bestimmungen sei auch aktuell, weil die Antragsteller die von ihnen gewünschten Werbemaßnahmen via Telefon, Telefax oder e-mail nicht durchführen könnten, ohne sich der Bestrafung durch die zuständige Behörde auszusetzen.

Ein anderer Weg, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, nämlich die Erwirkung eines Feststellungsbescheides oder die Provozierung eines Strafbescheides, sei ihnen nicht zumutbar.

3. Ihre Bedenken gegen die Bestimmungen der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG begründen die antragstellenden Gesellschaften wie folgt:

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 12.094/1989, 12.481/1990, 13.725/1994, 14.038/1995) seien gesetzliche Beschränkungen des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung, wie sie die angefochtenen Bestimmungen zweifellos darstellten, einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Beachtung des allgemeinen Sachlichkeitsgebots zu unterziehen.

Dieser Überprüfung könnten die angefochtenen Bestimmungen aber nicht standhalten, insbesondere existierten bei weitem gelindere Mittel, um das mit ihnen verfolgte Ziel zu erreichen. Die angefochtenen Bestimmungen seien daher sachlich nicht gerechtfertigt:

"Auf Grund der Vorgaben der TK-DatenschutzRL war der Gesetzgeber gehalten, das sogenannnte 'Cold-Calling', dh die Herstellung von Kundenkontakten durch unerbetene Anrufe und Telefax-Zusendungen, zu beschränken. Der Gesetzgeber hat zudem sogenannte 'Spam-Mails' verboten und ist dabei der Erlassung der E-CommerceRL zuvorgekommen, welche die Beschränkung des 'spamming' durch die Mitgliedstaaten vorsieht. Die FernabsatzRL, die auf Verbraucherschutz zielt, hatte die Zusendung von e-mails noch ermöglicht, jedenfalls waren diese von den einschlägigen Regelungen dieser Richtlinie nicht umfasst (Thiele, E-Mail-Werbung zulässig? RdW 1996, 387).

Kurz zusammengefasst zeichnen die genannten Richtlinien verschiedene Wege vor, die Ziele der Regelungen in Bezug auf 'Nicht angeforderte kommerzielle Kommunikationen' (Art7 E-CommerceRL), 'Unerbetene Anrufe' (Art12 TK-DatenschutzRL) und 'Verwendung bestimmter Fernkommunikationstechniken' (Art10 FernabsatzRL) zu erreichen.

Davon ist der eine Weg, für den sich der österreichische Gesetzgeber entschieden hat, das 'opting-in' durch den potentiellen Werbeadressaten: Nur bei vorheriger Zustimmung durch diesen ist es zulässig, ihn anzurufen oder ihm ein Telefax oder e-mail zu übermitteln.

Der andere in den Richtlinien vorgezeichnete Weg ist das 'opting-out' bei gleichzeitiger Verpflichtung der Diensteanbieter, 'Robinson-Listen' zu konsultieren. 'Opting-out' bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass der potentielle Empfänger 'Cold-Calling' oder 'spamming' ablehnen kann. Dadurch wird es unzulässig, ihn zu Werbezwecken mit den erfassten Techniken zu kontaktieren. 'Robinson-Listen' sind Verzeichnisse, in welche die Personen eingetragen werden, die keine Anrufe, Telefax- oder e-mail-Zusendungen wünschen. Diese Verzeichnisse müssen Diensteanbieter regelmäßig konsultieren und dürfen die darin enthaltenen Personen nicht zu Werbezwecken kontaktieren (Gruber, E-Mail-Werbung nur mit Zustimmung? RdW 2001, 74).

Zwar dürfte, was unter dem Gesichtspunkt der dem VfGH obliegenden Kognitionsbefugnis nicht weiter zu untersuchen ist, die Regelung, die der österreichische Gesetzgeber getroffen hat, den europarechtlichen Vorgaben im Wesentlichen entsprechen, hat er doch eine der beiden in den Richtlinien vorgesehenen Möglichkeiten gewählt (das Verbot der Spam-Mails sogar vorauseilend vor Inkrafttreten der E-CommerceRL)."

Eine allfällige Konformität der österreichischen Regelungen mit dem Recht der Europäischen Union lasse jedoch keinen Rückschluss auf die Frage zu, ob diese Regelungen verfassungskonform seien. Das österreichische Verfassungsrecht binde den Gesetzgeber nämlich unabhängig vom Gemeinschaftsrecht, sodass der Gesetzgeber verpflichtet sei, sowohl europarechts- als auch verfassungskonforme Regelungen zu erlassen. Das eine bedeute noch nicht (gleichsam automatisch) das andere (sog. "doppelte Bindung", vgl. VfSlg 14.863/1997).

Offenkundig stellten schon die Richtlinien ein gelinderes Mittel als das strikte, unter Strafdrohung stehende Verbot von "cold-calling" und "spamming" zur Verfügung. § 101 TKG diene der Umsetzung der TK-DatenschutzRL (und auch der - wenn auch später erlassenen - E-CommerceRL); das verfolgte Ziel sei dasselbe, wie sich auch aus den Materialien zum TKG, 759 BlgNR 20. GP, ergebe, die auf die entsprechende Bestimmung der TK-DatenschutzRL verwiesen, deren Umsetzung § 101 TKG gewährleisten soll.

Das mit § 101 TKG verfolgte öffentliche Ziel sei sohin der Schutz der Teilnehmer gegen das Eindringen in ihre Privatsphäre durch unerbetene Anrufe oder Fernkopieübermittlungen (vgl. auch

22. Erwägungsgrund zur Erlassung der TK-DatenschutzRL und hinsichtlich des "spamming" 30. Erwägungsgrund zur Erlassung der E-CommerceRL). Es trete nicht etwa ein zusätzlicher, im öffentlichen Interesse liegender Grund hinzu, der ein bestimmtes höheres Maß an Strenge der Regelung zu rechtfertigen vermöge.

Dem Gesetzgeber sei daher zur Zielerreichung nicht nur europarechtlich ein gelinderes Mittel zur Verfügung gestanden, vielmehr wäre er nach österreichischem Verfassungsrecht sogar verpflichtet gewesen, dieses zu wählen:

"Unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit ist es dem Gesetzgeber verwehrt, die gewährleistete Freiheit, sohin die Freiheit der Erwerbsausübung, in einem größeren Maß einzuschränken, als dies zur Erreichung des Eingriffszieles erforderlich ist. Daraus ist ein Gebot des mildesten Mittels abzuleiten, das es dem Gesetzgeber verbietet, die Freiheit mehr als unbedingt notwendig einzuschränken (Berka, Die Grundrechte, Rz 272).

Schon hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre als hier in Betracht kommendem öffentlichem Interesse schießt die Regelung des § 101 TKG weit übers Ziel hinaus, nimmt sie den Betroffenen doch weitgehend die Möglichkeit, sich für oder gegen Informationserhalt zu entscheiden. Davon abgesehen ist die Werbung mit sogenannten 'neuen Medien' für die Erwerbsausübung besonders wichtig, weil die Werbung mit Print-Medien in welcher Form auch immer schwerfällig und oft nicht zielgenau ist. Eine Reglementierung der Herstellung von Kundenkontakten, die im Wesentlichen nur das Schicken von Briefen und das Abwarten der Kontaktaufnahme durch den Kunden zulässt, schränkt die Erwerbsausübung in einem Maße ein, das es den Unternehmen nicht möglich macht, den Notwendigkeiten des Wettbewerbs entsprechend zu agieren. Können sie aber wegen der angefochtenen Bestimmungen nicht in einer Weise agieren, dass ihr wirtschaftliches Überleben am Markt gesichert ist, wird offensichtlich, dass durch diese Bestimmungen das Wesen der freien Erwerbsausübung beeinträchtigt ist. Im Ergebnis ist somit die Erwerbsausübung unverhältnismäßig eingeschränkt."

Für die angefochtenen Bestimmungen bedeute dies, dass das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) nicht weiter hätte eingeschränkt werden dürfen als unbedingt erforderlich. Durch die Erlassung des strengsten Mittels habe der Gesetzgeber die §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG daher mit Verfassungswidrigkeit belastet.

Hilfsweise wird sodann von den antragstellenden Gesellschaften behauptet, dass auch unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz eine Prüfung der angefochtenen Bestimmungen kein anderes Ergebnis bringe:

"Bei Betrachtung der Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne) einer grundrechtsbeschränkenden Regelung kommt es auf eine Abwägung der angestrebten öffentlichen Interessen mit dem Gewicht der beeinträchtigten Freiheit an. Mit anderen Worten: Der Eingriff muss bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig erscheinen (zB VfSlg 11.558/1987), was hier nicht der Fall ist (siehe dazu im einzelnen [die Ausführungen zum Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung])."

b) Weiters erachten die antragstellenden Gesellschaften die angefochtenen Bestimmungen mit dem Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung (Art10 EMRK) für unvereinbar und führen dazu (unter Hinweis insbesondere auf VfSlg. 10.948/1986, 12.467/1990 und Berka,

Die Kommunikationsfreiheit in Österreich, EuGRZ 1982, 413 ff., sowie denselben, Die Grundrechte, 2000, Rz 547) im Wesentlichen aus:

Die angefochtenen Bestimmungen griffen in die Freiheit der Meinungsäußerung der Antragsteller ein, indem sie deren Möglichkeiten, durch Werbung wirtschaftliche Informationen zu übermitteln, auf ein - in den Tätigkeitsfeldern der Antragsteller nahezu verschwindendes - Minimum reduzierten.

Um feststellen zu können, ob der Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung der Antragsteller notwendig, sohin verhältnismäßig sei, sei daher der Schutz der Privatsphäre der Teilnehmer dem Recht der Antragsteller, Werbung durch Telefon, Telefax oder e-mail zu betreiben, gegenüberzustellen. Auch hier erweise sich, dass das Ziel des Schutzes der Privatsphäre die Intensität des Eingriffs durch § 101 TKG nicht rechtfertigen könne:

"Die Privatsphäre soll - so schon der 22. Erwägungsgrund zur Erlassung der TK-DatenschutzRL - dadurch geschützt werden, dass Werbung durch unerbetene Telephonanrufe, Telefaxzusendungen oder e-mails beschränkt wird.

'Unerbeten' bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Teilnehmer bzw der Empfänger weder ausdrücklich noch stillschweigend seine Einwilligung erklärt hat, noch der Absender von einem mutmaßlichen Einverständnis ausgehen darf (Thiele, E-Mail-Werbung zulässig?, RdW 1999, 386).

Diese Umschreibung des Wortes 'unerbeten' ist hier von Bedeutung, weil der Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, nicht dem Teilnehmer selbst die Einwilligung oder Ablehnung zu überlassen, sondern an dessen Stelle pauschal ein Verbot angeordnet hat.

Die Privatsphäre der Teilnehmer, deren Schutz zweifellos im öffentlichen Interesse liegt, hätte freilich auch anders geschützt werden können: Der Gesetzgeber hätte die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen können, dass Teilnehmer und Empfänger Anrufe und Sendungen als 'unerbeten' bezeichnen können (Stichwort: 'Robinson-Liste'), um daraufhin vor weiteren Anrufen und Sendungen gesetzlich geschützt zu werden.

Dadurch wäre sogar 'beiden Seiten' gedient: Zum einen schützt Art 10 MRK letztlich auch das Recht, Nachrichten oder Ideen zu empfangen. Wer dieses Recht wahrnehmen will, muss aber zunächst von der Existenz dieser Nachricht (hier: der Werbung) Kenntnis erlangen. Das kann durch persönlich adressierte Briefe oder Postwurfsendungen nicht ausreichend ersetzt werden.

Zum anderen wäre das aus der Meinungsäußerungsfreiheit abzuleitende Recht der Antragsteller, Werbeanrufe zu tätigen und zu Werbezwecken Telefax- oder e-mail-Zusendungen zu übermitteln, bei weitem nicht so eng beschränkt wie durch die angefochtene Bestimmung des § 101 TKG: Grundsätzlich dürfte der Anruf oder die Sendung erfolgen; will ihn der Teilnehmer oder Empfänger nicht erhalten und bezeichnet ihn daher als unerbeten, wird ein weiterer Anruf unzulässig. Er könnte dann sogar unter Strafandrohung gestellt werden.

Die Möglichkeit der Diensteanbieter, persönlich adressierte Briefe oder Postwurfsendungen an die Teilnehmer oder Empfänger zu versenden, reicht nicht, um die Nachteile durch das Verbot des § 101 TKG aufzuwiegen: Nur finanzstarken großen Unternehmen ist dies nämlich möglich, und zwar sowohl wegen der dadurch anfallenden hohen Kosten als auch wegen der dafür erforderlichen Organisationsstruktur.

Gerade in einer demokratischen Gesellschaft ist somit die Regelung des § 101 TKG nicht notwendig. Die Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit darf nur insoweit erfolgen, 'wie' (Art10 Abs 2 MRK) es zur Zielerreichung notwendig ist; weiter darf der Eingriff nicht reichen. Zur Zielerreichung hätte aber, wie gezeigt wurde, auch eine Regelung genügt, die die Meinungsäußerungsfreiheit der Antragsteller nur dadurch einschränkt, dass die Ablehnung von Werbung durch Teilnehmer oder Empfänger unter den Schutz eines Gesetzes gestellt würde und trotzdem vorgenommene unerbetene Anrufe sanktioniert würden."

Trotz seines im öffentlichen Interesse gelegenen Ziels im Sinne des Art 10 Abs 2 EMRK verletze § 101 TKG somit das verfassungsgesetzlich geschützte Recht der Antragsteller, nicht durch Werbebeschränkungen in ihrer Freiheit der Meinungsäußerung beeinträchtigt zu werden, weil die angefochtenen Bestimmungen eine Einschränkung normierten, die weit über das in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maß hinausreiche.

c) Schließlich erachten die antragstellenden Gesellschaften die Bestimmungen der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG deshalb für gleichheitswidrig, weil sie ein völlig undifferenziertes Verbot von Anrufen, Telefax-Übermittlungen und e-mail-Zusendungen zu Werbezwecken enthielten:

Differenzierungen oder Abstufungen des Verbotes hätten sich - so die Antragsteller - offensichtlich angeboten, weshalb in das Gleichheitsrecht der antragstellenden Gesellschaften überall dort eingegriffen werde, wo dieselben Rechtsfolgen für unterschiedliche Sachverhalte oder unterschiedliche rechtliche Auswirkungen trotz fehlender sachlicher Unterschiede vorgesehen seien oder wo das Sachlichkeitsgebot weniger weit reichende Rechtsfolgen gefordert hätte.

aa) Einen Verstoß gegen das dem Gleichheitssatz immanenten Differenzierungsgebot erblicken die antragstellenden Gesellschaften zum einen in der Einbeziehung auch juristischer Personen in den Schutzbereich der Norm:

§ 101 TKG verbiete "unerbetene Anrufe" ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers. Gemäß § 87 Abs 3 Z 2 TKG bezeichne der Begriff "Teilnehmer" "eine natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes einen Vertrag über die Inanspruchnahme dieser Dienste geschlossen hat".

Abgesehen davon, dass auch ein Spannungsverhältnis zu den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestünde, weil die Richtlinien natürliche Personen schützen wollen (s. Art 12 Abs 3 TK-DatenschutzRL), sei die Einbeziehung juristischer Personen überschießend und daher unsachlich:

"Zum einen hätte der Gesetzgeber erkennen müssen, dass juristische Personen in aller Regel selbst am Geschäftsleben beteiligt sind. Damit ist die Schutzwürdigkeit der juristischen Personen als Teilnehmer viel geringer als jene natürlicher Personen (dazu sogleich).

Zum anderen ist Sinn und Zweck des Verbots von 'cold-calling' und 'spamming' der Schutz vor dem Eindringen in die Privatsphäre. Angesichts des Zwecks des Verbots ist leicht einsichtig, warum dieses unsachlich ist: Juristische Personen haben keine Privatsphäre, die ebenso schützenswert wäre wie diejenige von natürlichen Personen; das Recht auf Achtung der Privatsphäre schützt die Persönlichkeit des Menschen in ihrer physischen, seelischen und geistigen Existenz, wie sie sich in der Begegnung des Menschen mit sich selbst und in zwischenmenschlichen Bezügen äußert (Berka, Die Grundrechte, Rz 457). Der Schutzbereich umfasst die unmittelbare, intime Sphäre des Menschen, sohin den Bereich, in dem Menschen ihre spezifischen Interessen und Neigungen sowie ihre Beziehungen zu anderen Menschen entfalten (Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts9, Rz 1493f, Mayer, B-VG2, Art 8 MRK II.1).

Der Begriff 'Privatsphäre' ist einem Verständnis, er umfasse in solcher Weise auch juristische Personen, nicht zugänglich (vgl dazu auch die ständige Rechtsprechung des EGMR und des VfGH zu Art 8 MRK). Juristische Personen können sich daher in der Regel nicht auf Art 8 MRK berufen (Berka, Die Grundrechte, Rz 458)."

Für eine Bestimmung, die auch die Kontaktaufnahme mit juristischen Personen zu Werbezwecken verbiete, gebe es daher keinen sachlichen Grund; im Hinblick auf juristische Personen sei die Bestimmung sogar unvernünftig und unnötig (VfSlg. 15.173/1998), weil eine Privatsphäre von juristischen Personen, wenn überhaupt, nicht in derselben Weise existiere wie jene von natürlichen Personen.

bb) § 101 TKG sei aber auch deshalb überschießend, weil er auf die unterschiedliche Schutzbedürftigkeit der am Geschäftsleben teilnehmenden Gruppen nicht hinreichend Bedacht nehme:

"Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass Verbraucher schutzwürdiger sind als Unternehmer. Dies anerkennt die Rechtsordnung (auch die der Europäischen Union) durch zahlreiche Verbraucherschutzbestimmungen, welche Verbraucher vor Übervorteilungen durch Unternehmen schützen sollen.

Zu Recht hat der Gesetzgeber zB beim Abschluss von Haustürgeschäften nur Verbraucher geschützt; sind doch diese im besonderem Maße - durch mangelnde Erfahrung und Geschäftspraxis - dem Risiko übereilten Handelns ausgesetzt. Diese Gefahr trifft Unternehmer nicht. Diese Wertung hat der Gesetzgeber übrigens auch in § 12 Abs 3 WAG (zu diesem später) vollzogen. Anhand dieser Bestimmung wird der Wertungswiderspruch deutlich, der zu § 101 TKG besteht:

Während der Gesetzgeber bei den tendenziell eher risikoreichen Wertpapiergeschäften lediglich Verbraucher schützt - und dies mit weiteren Ausnahmen - wurden in den Verbotsumfang des § 101 TKG sämtliche Unternehmer einbezogen, mögen ihre Leistungen auch noch so risikoarm und verbraucherfreundlich sein. Eine sachliche Rechtfertigung für die Ausweitung des Verbots des § 101 TKG im Vergleich zu § 12 Abs 3 WAG ist nicht ersichtlich."

cc) Auch widerspreche § 101 TKG deshalb dem Gleichheitssatz, weil diese Regelung weder auf den Umfang der Zusendung abstelle noch nach dem Zeitpunkt der Zusendung oder des Anrufes differenziere, noch nach dem Gegenstand des angestrebten Geschäftes, noch nach dem Inhalt des Anrufes, des Faxes oder der e-mail unterscheide:

"Der Gesetzgeber hätte auch eine Regelung treffen können, in der festgelegt wird, ab welchem Umfang eine Telefax- oder e-mail-Zusendung sich tatsächlich störend in der Privatsphäre des Empfängers auswirkt. Dies könnte etwa bei mehrseitigen Telefaxbriefen oder bei e-mails der Fall sein, die viele Kilobytes an Speicherplatz einnehmen. Durch diese entstehen beim Empfänger höhere Manipulationskosten, sei es in Form von Arbeitszeit oder in Form von Papier, Toner oder Telephonkosten.

Kurze e-mails oder Telefax-Kurznachrichten (in denen zB bloß um einen Rückruf gebeten wird) können aber nicht im selben Ausmaß als 'Belästigung' bezeichnet werden, wie seitenlange Werbenachrichten. Hier wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Teilnehmer und der Unternehmer zu schaffen. Eine einheitliche Regelung, die nicht auf den Umfang abstellt, ist somit nicht verhältnismäßig.

...

Unbestrittenermaßen werden Anrufe, Fax- oder e-mailZusendungen, die zu gewissen Zeiten empfangen werden, als besonders störend empfunden. Besonders zeitig in der Früh oder nach Ende der üblichen Geschäftszeiten einlangende Anrufe werden häufig als Störung der Privatsphäre empfunden.

Anders ist dies während der normalen Geschäftszeiten. Zu diesen sind geschäftliche Anrufe oder Zusendungen generell üblich, ob diese Werbung zum Inhalt haben, ist letztendlich nur eine Abstufungsfrage.

...

Nicht jedes Geschäft, das beworben werden soll, bedroht die Empfänger der Werbung in gleichem Ausmaß. Wieder zeigt sich ein Wertungswiderspruch zu § 12 Abs 3 WAG: Für die Zwecke dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber immerhin die Wertpapierdienstleistungen als besonders risikofreudige Geschäfte, für deren Abschluss auch die Einhaltung von Wohlverhaltensregeln (§11 ff WAG) angeordnet ist, definiert und so von anderen Geschäften unterschieden. (In Abschnitt B wird noch ausgeführt werden, dass diese Differenzierung dennoch nicht ausreichen kann, um dem Gleichheitssatz gerecht zu werden.)

Eine solche Unterscheidung, also Einteilung von Geschäften zB nach Vertragstypen oder Betragsgrenzen als risikofreudig oder -arm hat der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des § 101 TKG nicht getroffen.

Während § 12 Abs 3 WAG wenigstens ein Werbeverbot (nur) für bestimmte Gruppen von Geschäften mit bestimmten Personengruppen anordnet, vollzieht § 101 TKG diese Wertung nicht und ordnet das Verbot losgelöst vom Risiko des angestrebten Geschäfts an. Wieder wäre hier eine Differenzierung geboten gewesen. Die angefochtene Bestimmung ist daher auch aus diesem Gesichtspunkt verfassungswidrig, weil sie trotz sachlicher Notwendigkeit keine Differenzierung trifft.

...

Nicht ersichtlich ist zudem, warum der Gesetzgeber jegliche Kontaktaufnahme verboten hat. Damit ist zB auch verboten, einen Teilnehmer zu kontaktieren, um ihn zu fragen, ob er mit einem Werbeanruf einverstanden wäre, ohne in diesem Gespräch (Gleiches gilt für Fax und e-mail) selbst Werbung zu betreiben. Das ist insbesondere auch unter Berücksichtigung der Fernabsatz-RL beachtlich, in deren

12. Erwägungsgrund festgehalten ist, dass der Verbraucher zu Beginn des Gesprächs bei Benutzung des Telephons genügend Informationen erhalten sollte, um zu entscheiden, ob er das Gespräch fortsetzen will oder nicht. § 101 TKG bewirkt nun aber, dass der Verbraucher nicht mit diesen Informationen versorgt werden kann.

Eine Unterscheidung nach dem Inhalt wäre daher geboten gewesen. Das Verbot von Kontaktaufnahme zur Klärung, ob Werbung erwünscht ist, ist nicht sinnvoll und geht undifferenziert davon aus, dass niemand auch nur die Entscheidung treffen kann, ob er kontaktiert werden will oder nicht."

dd) Andererseits behandle die Regelung des § 101 TKG nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaften Gleiches ungleich:

Sie ermögliche den direkten Kundenkontakt ausschließlich durch Zusendung persönlich adressierter Briefe. Für die Unterscheidung zwischen "modernen" Kommunikationstechniken und Briefen oder anderen Zusendungen in Papierform sei keine sachliche Rechtfertigung ersichtlich. Ein "überschwemmter" Briefkasten verursache nämlich nicht weniger Manipulationskosten als eine "überschwemmte" mail-box oder ein "überlaufendes" Faxgerät und sei sicherlich ebenso störend. Während man zB beim e-mail nur die "Löschen"-Taste betätigen müsse, müssten Werbesendungen per Post oder über Werbemittelverteiler fachgerecht (Altpapier) entsorgt werden.

Diese Art der Werbung benachteilige zudem kleinere Unternehmen gegenüber größeren finanzstärkeren Unternehmen, weil die Herstellungskosten für Werbung mittels Briefe deutlich höher seien (Briefporto, Kosten für Kuverts und Papier) und kleine Unternehmen (besonders in der Startphase) überproportional belasteten.

Finanzstarke Unternehmen würden auch deshalb unsachlich bevorzugt, weil die E-CommerceRL in Art 3 das Herkunftslandprinzip festschreibe, welches im Wesentlichen Unternehmer-Unternehmer-Geschäfte erfasse (Art3 Abs 4 E-CommerceRL). Daraus folge aber, dass Werbemaßnahmen, welche in anderen EU-Mitgliedstaaten zulässig seien, in Österreich hingenommen werden müssen, wenn sie von diesen Mitgliedstaaten aus betrieben werden (Hinweis auf Essl, E-Commerce-Richtlinie und Wettbewerbsrecht: Eine kritische Anmerkung, ÖBl. 2000, 157). Damit seien internationale Konzerne gegenüber österreichischen Klein- und Mittelbetrieben klar bevorzugt, weil diese im Gegensatz zu jenen in der Lage seien, in Österreich verbotene Werbemaßnahmen auszulagern und von einem liberaleren Mitgliedstaat aus "cold-calling" oder "spamming" zu betreiben.

Unternehmen, die sich dies nicht leisten können, hätten, da sie die Bestimmung des § 101 TKG daran hindere, keine andere Wahl, als solche Werbemaßnahmen unbekämpft und unbeantwortet durch Gegenmaßnahmen zur Kenntnis zu nehmen.

Dadurch habe der österreichische Gesetzgeber ohne sachliche Rechtfertigung beachtliche Wettbewerbsvorteile für große, insbesondere multinationale Konzerne geschaffen und österreichische Klein- und Mittelbetriebe gleichheitswidrig diskriminiert.

II. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie begehrt, den Antrag auf Aufhebung des § 12 Abs 3 WAG, BGBl. 753/1996, als unzulässig zurück- und jenen auf Aufhebung der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG als unbegründet abzuweisen.

1. Den erstgenannten Antrag hält die Bundesregierung deshalb für unzulässig, weil es der (erst)antragstellenden Gesellschaft in Ansehung des § 12 Abs 3 WAG (in der Stammfassung) an der für eine Antragslegitimation erforderlichen aktuellen Betroffenheit mangle.

2. Dem - nach Auffassung der Bundesregierung zulässigen - Antrag auf Aufhebung des § 101 TKG idF BGBl. I 188/1999 und des § 104 Abs 3 Z 24 leg.cit. idF BGBl. I 26/2000 hält sie Folgendes entgegen:

a) Die Antragsteller führten gegen die angefochtenen Bestimmungen unter dem Blickwinkel der Erwerbsausübungsfreiheit lediglich ins Treffen, dass der Gesetzgeber die Erwerbsausübung unverhältnismäßig beschränke und dass gelindere Mittel ("Opting-out"-System) zur Verfügung gestanden wären, um dieselben Ziele zu erreichen.

Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass nach Art 10 Abs 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. 1997 L 144, 19 ff., (im Folgenden: FernabsatzRL) bezüglich Anrufe durch Automaten (Voice-Mail-Systeme) und Telefaxe zu Werbezwecken an Verbraucher ein "Opting-in"-System gemeinschaftsrechtlich geboten sei, und nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bei der Abwägung über die Abgrenzung der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen auch zu bedenken sei, dass die verbleibende Regelung zu keinem gemeinschaftsrechtswidrigen Ergebnis führen dürfe (vgl. etwa ; VfSlg. 16.027/2000).

Was den über Verbraucher hinausgehenden Anwendungsbereich des '101 TKG in Bezug auf die mittels Telefonautomaten bzw. mit Faxnachrichten transportierten Werbeinhalte betrifft, lägen der genannten Regelung folgende Überlegungen zugrunde:

"Werbung mittels Telefonautomat oder Fax wird wohl von einer großen Mehrheit der Betroffenen als störend und belästigend empfunden. Dies trifft nicht nur für Privatanschlüsse, sondern auch für solche zu geschäftlichen Zwecken zu. Durch die Werbebotschaften ist der Geschäftsanschluss blockiert, da nur eine Nachricht gleichzeitig empfangen werden kann; zudem kommt es in der Regel zu einer Beeinträchtigung des Geschäftsablaufs und zu Arbeitsunterbrechungen durch Identifizierung als Werbeinformation und Aussortierung. Der unerbetene Empfang von Faxnachrichten ist zudem auch mit einem Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Freiheit des Eigentums (Art5 StGG und Art 1 1.ZPMRK) verbunden. Der Werbende bedient sich gleichsam des fremden Eigentums (Gerät, Papier, Toner, Strom, Anschlussinanspruchnahme) als 'Werbefläche' und überwälzt damit Kosten auf den Angerufenen, von dem nicht in jedem Fall zu erwarten ist, dass er solche Nachrichten überhaupt goutiert."

Zu schützen seien nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen, die Inhaber eines Teilnehmeranschlusses seien. Da Letztere in diesem Fall natürlichen Personen gleich gelagerte berechtigte Interessen aufwiesen, erscheine es auch aus diesen Gründen gerechtfertigt, die Zusendung von Werbefaxen oder Anrufen durch Telefonautomaten an die vorherige Zustimmung des Teilnehmers zu knüpfen und damit die finanziellen Lasten und den administrativen Aufwand für die Einholung des Einverständnisses zur Werbung (zB mittels Briefes) jenen anzulasten, die den finanziellen Nutzen aus der Werbung ziehen, nämlich den Werbetreibenden (vgl. zur Sittenwidrigkeit von Telefaxwerbung zB: in Österreich: SZ 70/227; OGH; JBl. 1998, 322; OGH, JBl. 1999, 809; in Deutschland: BGH GRUR 1996, 208; OLG Oldenburg, NJW 1998, 3208; zu Telexwerbung: in Deutschland: BGHZ 59, 317 = GRUR 1973, 210).

Da bei einer "Opting-out"-Lösung die administrative und finanzielle Last (zB für die Eintragung in sog. "Robinson-Listen") von den Werbeempfängern zu tragen sei, sei eine solche Lösung von ihrem Effekt her nicht mit einer "Opting-in"-Lösung (vorherige Zustimmung notwendig) zu vergleichen. Eine "Opting-out"-Lösung stelle daher keine vergleichbare Alternative dar und komme daher als gelinderes Mittel zur Zielerreichung (Schutz vor unerwünschter Werbung) nicht in Frage.

Die gleiche Argumentation ließe sich auf den Bereich der unerbetenen Anrufe und e-mails übertragen.

Unerbetene Anrufe stellten einen Eingriff in die Privatsphäre der angerufenen Teilnehmer (Art8 EMRK) dar. Die Angerufenen würden in der Regel gezwungen sein, Gespräche alleine schon aus dem Grund entgegenzunehmen, um für sie wichtige Anrufe identifizieren zu können. Auch in diesen Fällen bediene sich der Werber der Telefonanlage des Angerufenen als "Werbefläche". Die Anschlussanlage des Angerufenen sei blockiert, er habe hierfür Strom- und Wartungskosten aufzuwenden, bei großen Unternehmen kann dies auch dazu führen, dass aufgrund dieses Umstandes zusätzliche Anschlüsse angefordert werden müssen. Wenngleich diese Gründe vor allem zum Schutz natürlicher Personen ins Treffen zu führen seien, seien auch juristische Personen in gleicher Weise betroffen. Zwar könne im Falle juristischer Personen nicht von Verletzungen der Privatsphäre gesprochen werden, doch auch in diesem Fall seien es letztlich Privatpersonen, die von den jeweiligen Anrufen betroffen seien (zum Anwendungsbereich des Art 8 EMRK in Bezug auf Bürotelefone vgl. EGMR, Fall Niemietz, ÖJZ 1990, 64, und Fall Halford, ÖJZ 1998, 311). Auch hier werde es in der Regel durch unerbetene Anrufe zu Beeinträchtigungen der Privatsphäre, ganz abgesehen von Störungen des Geschäftsablaufs und Arbeitsunterbrechungen, kommen. Ganz allgemein werde in der Regel ein Interesse an der Offenhaltung des Geschäftsanschlusses für andere geschäftliche Anrufe bestehen. Auch sei hier zu bemerken, dass ein Gutteil der nach der Interessenlage eigentlich vom Werbenden zu tragenden Kosten ohne sachliche Rechtfertigung auf den Beworbenen überwälzt werde, indem Sachen und Personal des Beworbenen zum Transport von Werbeinformationen verwendet werden (vgl. zur Sittenwidrigkeit des "cold-calling" in Deutschland: zB BGHZ 54, 188 = GRUR 1970, 523; BGH, NJW 1989, 2820 = GRUR 1989, 753; BGH GRUR 1990, 280; BGHZ 113, 282 = GRUR 1991, 764;

BGH GRUR 1995, 220; BGH, NJW 1994, 1071; in Österreich: zB SZ 56/156;

OGH, ÖBl. 1995, 12; ).

Ähnliche Überlegungen würden für den Bereich der Werbung über elektronische Post gelten. Die Werbenachricht erscheine im Regelfall in einer mail-box, die direkt auf Anlagen des Beworbenen (Server, mobile Endgeräte, in Zukunft auch UMTS-Endgeräte), oder auf fremden Anlagen (Servern) eingerichtet sei, mit denen der Beworbene in einer Geschäftsbeziehung betreffend den Unterhalt einer solchen mail-box stehe. Der Beworbene habe sich jedenfalls - zumindest kurzfristig - mit der Werbenachricht auseinanderzusetzen, sei es auch nur, um sie zu löschen. Der Eingriff in die Privatsphäre sei auch hier unmittelbar und direkt und werde daher oft als störend und belästigend empfunden. Auch werde in diesem Fall fremdes Eigentum als "Werbefläche" genutzt, und fremdes Personal und die Zeit des Beworbenen in Anspruch genommen. Speicherplatz auf den Endgeräten werde besetzt, oft müssten Nachrichten erst einem "download" unterzogen werden, was Kosten (Telefonkosten) auslösen könne sowie Zeit des Beworbenen bzw. seines Personals in Anspruch nehme (Arbeitsunterbrechungen, Beeinträchtigungen des Geschäftsablaufs sind die Folge).

§ 101 TKG schützte in diesem Fall auch die Netzwerk-, Router- und Access-Provider, also jene, die die Netz- und Dienstinfrastruktur zur Verfügung stellten. Sie könnten die Funktionalität von Netzen und Diensten in der gewohnten Qualität nur dann aufrechterhalten, wenn diese nicht überlastet werden. Die Versendung von Massensendungen per e-mail ohne Zustimmung der Betroffenen berge die Gefahr einer Überlastung der Netze in sich (vgl. zur Sittenwidrigkeit der "kalten" e-mail-Werbung in Deutschland: LG Traunstein, NJW 1998, 1648; LG Berlin, NJW 1998, 3208; LG Berlin, CR 1998, 623; LG Berlin, MMR 1999, 43).

Aus all diesen Gründen, insbesondere wegen der ungerechtfertigten Kostenüberwälzung (zB der Kosten der Eintragung in eine Liste und Aktualisierung der Daten auf der Liste) auf die Beworbenen, stelle ein "Opting-out"-System kein brauchbares Äquivalent zu einem "Opting-in"-System dar, sodass mit dem "Opting-in"-System vom Gesetzgeber ein adäquates Mittel zur Zielerreichung gewählt worden sei.

b) Zur behaupteten Verletzung des Grundrechts auf Freiheit der Meinungsäußerung vertritt die Bundesregierung ebenfalls die Auffassung, dass die angefochtenen Regelungen zulässig seien, weil sie im öffentlichen Interesse gelegen sowie geeignet, notwendig und adäquat seien, die damit verfolgten Ziele zu erreichen: Hinsichtlich des Fehlens vergleichbarer gelinderer Mittel verweist die Bundesregierung auf ihre Ausführungen zur Erwerbsausübungsfreiheit. Sodann referiert sie zwei Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Obersten Gerichtshofes, die sich beide mit der Zulässigkeit des so genannten cold-calling auseinandersetzen:

Der EuGH habe in der Rs. C-384/93, Alpine Investments, Slg. 1995, I-1167, ausgeführt, dass das "cold-calling" (Rz 2: Praxis, mit Privatleuten ohne deren vorherige Zustimmung telefonisch Kontakt aufzunehmen, um ihnen verschiedene Finanzdienstleistungen anzubieten) zwar grundsätzlich der Dienstleistungsfreiheit des Art 49 EG unterliege; ein nationales Verbot, in bestimmten Fällen telefonisch Warentermingeschäfte anzubieten, sei jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zur Aufrechterhaltung des guten Rufes des nationalen Finanzsektors zulässig (Rz 44). Zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des nationalen Verbotes des "cold-calling" habe der EuGH festgehalten (Rz 46 bzw. Rz 51:

"Wie die niederländische Regierung zu Recht dargelegt hat, ist die Privatperson, die im allgemeinen durch das 'cold calling' überrascht wird, nicht in der Lage, sich über die Risiken, die sich aus der Art der ihr vorgeschlagenen Transaktionen ergeben, zu informieren oder die Qualität und den Preis der Dienstleistungen des Anrufers mit den Angeboten der Konkurrenten zu vergleichen. Da der Warenterminmarkt äußerst spekulativ und für wenig erfahrene Kapitalanleger schwer durchschaubar ist, war es erforderlich, sie vor den aggressiven Methoden der Kundenwerbung zu schützen. ...

Wie der Generalanwalt unter Nummer 88 seiner Schlussanträge zu Recht ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, daß ein Mitgliedstaat weniger strenge Vorschriften erlässt als ein anderer Mitgliedstaat, nicht, daß dessen Vorschriften unverhältnismäßig und folglich mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sind."

Die Verfügung von Werbebeschränkungen, insbesondere auch für Bank- und Wertpapierdienstleistungsanbieter (vgl. § 12 Abs 3 WAG) sei daher sowohl gemeinschaftsrechtlich als auch nach innerstaatlichem Verfassungsrecht zulässig. Dass Werbebeschränkungen zum Schutz des guten Rufes des österreichischen Kapitalmarktes (zB Schutz der Integrität des Finanzsektors, Abwehr der Gefahr des Eindringens krimineller Kreise in den sensiblen Bank- und Wertpapierdienstleistungsbereich) oder der Rechte anderer (zB Schutz gegen das unkontrollierbare Eindringen in die gemäß Art 8 EMRK garantierte Privatsphäre des Verbrauchers, Schutz der gesetzestreuen Mitbewerber sowie Schutz des Vertrauens der Verbraucher in die Seriosität des Finanzmarktes) unentbehrlich und notwendig sein können - wie etwa Werbebeschränkungen, die sich nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ergeben (vgl. zB VfSlg. 12.467/1990) -, bedürfe keiner weiteren Begründung.

Der Oberste Gerichtshof wiederum habe in seinem Beschluss vom , 4 Ob 113/99t, ausgeführt, dass dem Begriff des Anrufs zu Werbezwecken in § 101 TKG auch jener Anruf zu unterstellen sei, der einen ersten Kontakt zum potentiellen Kunden herstelle und ihm den Namen des Unternehmers und die von diesem angebotene Leistung (Warentermingeschäfte) bekannt mache, wenngleich der Angerufene dabei nur um die Zustimmung zu (weiterer) Telefonwerbung ersucht werde. Die Vorgangsweise der Beklagten sei vom Obersten Gerichtshof nicht nur als Verstoß gegen § 101 TKG, sondern zugleich auch gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§1 UWG) beurteilt worden.

Zum verfolgten Zweck des Gesetzgebers, die Privatsphäre des Angerufenen zu schützen, werde in diesem Beschluss ausgeführt:

"... Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck, die Privatsphäre des Angerufenen zu schützen. Der Angerufene wird auch durch diesen ersten Anruf veranlaßt, das Gespräch zunächst anzunehmen und wegen der Ungewißheit über den Zweck des Anrufs meist auch genötigt, sich auf das Gespräch einzulassen, bevor er sich entscheiden kann, ob er das Gespräch fortsetzt oder abbrechen will. Er kann sich daher gegen das Eindringen in seine Individualsphäre nicht von vornherein wehren. ... Die mit der telefonischen Anfrage verbundene Belästigung ist ... auch erheblich höher als im Fall einer schriftlichen Anfrage. Das Telefonat ermöglicht ein unkontrollierbares Eindringen in die Privatsphäre des Anschlußinhabers. Er muß sich zu einem, seiner Disposition völlig entzogenen Zeitpunkt mit dem Anrufer befassen und hat keine ausreichende Überlegungszeit, so daß der damit zwangsläufig verbundene Überraschungseffekt nicht selten zur einer Überrumpelung des Angerufenen (und einer voreiligen, oft nicht gewollten Zustimmung zu weiteren Kontakten) führen wird. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht darauf hingewiesen, daß die Vorgangsweise der Beklagten schon nach der vor § 101 TKG ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes als sittenwidrige Belästigung gewertet werden müßte.

..."

Nach Auffassung der Bundesregierung gelten diese Überlegungen zum Schutz der Individualsphäre des Angerufenen sowohl allgemein für den Anwendungsbereich des § 101 TKG als auch für den durch § 12 Abs 3 WAG besonders geschützten, äußerst sensiblen Bank- und Wertpapierdienstleistungsbereich, in dem das Vertrauen des Anlegers von wesentlicher Bedeutung sei.

Im Übrigen verweist die Bundesregierung, da das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 10 EMRK ebenso wie die Erwerbsfreiheit gemäß Art 6 StGG unter Gesetzesvorbehalt stehe, hinsichtlich der Fax- und e-mail-Werbung auf ihre Ausführungen im Zusammenhang mit der Erwerbsfreiheit.

c) Zum Vorwurf der Antragsteller, die Bestimmung des § 101 TKG enthalte eine Reihe unsachlicher Differenzierungen bzw. Gleichstellungen, nimmt die Bundesregierung wie folgt Stellung:

Wenn die Antragsteller behaupten, § 101 TKG würde in unsachlicher Weise juristische Personen und natürliche Personen gleichstellen, sei ihnen zwar zuzustimmen, dass

"juristische Personen sich in der Regel nicht auf den Schutz ihrer Privatsphäre berufen können, sehrwohl aber auf den Schutz ihres Eigentums (Art5 StGG). Nachdem durch unerbetene Werbung jedenfalls finanzielle Zusatzbelastungen sowohl bei juristischen als auch bei natürlichen Personen entstehen können (z.B. durch den zusätzlichen Verbrauch von Papier oder Speicherkapazität oder durch Blockierung des Personals) erscheint es gerechtfertigt, sowohl juristische als auch natürliche Personen dem Anwendungsbereich des § 101 TKG zu unterwerfen."

Was die von den Antragstellern gerügte "fehlende Unterscheidung von Verbrauchern und Unternehmern im Anwendungsbereich des § 101 TKG" anlange, erscheint der Bundesregierung eine derartige Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Unternehmern "faktisch kaum durchführbar":

"Der Anrufende (Werber) kann nicht feststellen, ob der Anschluss privaten oder beruflichen bzw. geschäftlichen Zwecken des Angerufenen (Beworbenen) dient. Es besteht keinerlei Verpflichtung, weder im Telekommunikationsgesetz noch in anderen Gesetzen (z.B. GewO), wonach ein Anschlussinhaber verpflichtet wäre, bekannt zu geben, ob dieser Anschluss seinen privaten oder geschäftlichen bzw. beruflichen Zwecken dient. Oftmals dienen Anschlüsse auch beiden Zwecken."

Um aber eine "Unterscheidung nach dem Zeitpunkt oder der Länge der Zusendung" treffen zu können, müsste

"der Gesetzgeber Annahmen darüber treffen, ab welcher Länge oder zu welchem Zeitpunkt unerbetene Werbung für den Beworbenen noch zumutbar ist. Derart verallgemeinernde Annahmen sind aufgrund der Vielzahl und der unterschiedlichen Bedürfnisse der potenziell Betroffenen, vom Großunternehmen bis zu Einzelpersonen, nicht zweckmäßig."

Wenn die Antragsteller vorbringen, es wäre eine Unterscheidung nach dem Gegenstand des Geschäftes zu treffen gewesen, würden sie den Regelungszweck des § 101 TKG verkennen:

"§101 TKG dient nicht nur dem Schutz von Verbrauchern bei besonders risikofreudigen Geschäften, sondern allgemein dem Schutz der Privatsphäre und des Eigentums der Beworbenen (vgl. Erläuterungen zu § 101 TKG in der RV 759 BlgNR XX. GP, die auf Art 13 ... (richtig: Art 12) der TK-DatenschutzRL 97/66/EG verweisen, dessen Zweck im Schutz der Privatsphäre liegt (22. Erwägungsgrund))."

Eine Unterscheidung nach dem Inhalt des Anrufes, des Faxes oder der e-mail sei - so die Bundesregierung - deshalb unzweckmäßig, weil

"auch durch die erstmalige unerbetene Kontaktaufnahme ein Eindringen in die Privatsphäre und finanzielle Belastungen bewirkt werden (vgl. dazu die oz. Ausführungen des )".

Dass eine Bewerbung mittels Briefes von ihrem Eingriffsgehalt in die Privatsphäre nicht mit einem Anruf vergleichbar sei, bedürfe nach Auffassung der Bundesregierung keiner weiteren Erläuterungen. Auch verursache ein mit Werbung "überschwemmter" Briefkasten anders als eine Fax- oder e-mail-Werbung beim Empfänger keine Papier- oder Serverkosten, sodass eine Differenzierung zwischen diesen Kommunikationsmitteln nicht als unsachlich angesehen werden könne.

Da die Frage der Zulässigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikation mittels elektronischer Post gemäß dem Anhang iVm Art 3 Abs 3 der E-CommerceRL vom Herkunftslandprinzip nach Art 3 Abs 1 und 2 ausgenommen sei, bestehe auch keine unsachliche Bevorzugung von Großunternehmen, wie sie die Antragsteller behaupten.

Aus all diesen Gründen vermag die Bundesregierung daher auch keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch § 101 TKG zu erkennen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Da die erstantragstellende Gesellschaft ihren Antrag auf Aufhebung des § 12 Abs 3 WAG id Stammfassung mit Schriftsatz vom zurückgezogen hat, war das Verfahren diesbezüglich einzustellen (§19 Abs 3 Z 3 VfGG).

2. Zu den Prozessvoraussetzungen hinsichtlich des Antrages auf Aufhebung des §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG:

a) Gemäß Art 140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art 140 Abs 1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).

Voraussetzung der Antragslegitimation ist weiters, dass das bekämpfte Gesetz für den Antragsteller auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes wirksam ist (VfSlg. 15.116/1998, 15.491/1999 mwN).

b) Der Antrag ist zulässig:

Wie die antragstellenden Gesellschaften zu Recht ausführen, stehen § 101 und § 104 Abs 3 Z 24 TKG in einem untrennbaren normativen Zusammenhang und verbieten ihnen die Vornahme von Werbung für von ihnen im Rahmen ihres jeweiligen Geschäftsbereiches angebotene Leistungen per Telefon, Fernkopierer oder elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des (Anschluss)-Teilnehmers. Dieses Verbot trifft die antragstellenden Gesellschaften unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtssphäre. Den Antragstellern steht auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Vorschriften an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Denn es ist einem Normunterworfenen nicht zumutbar, eine verbotene Handlung zu setzen, um sich in einem gegen ihn eingeleiteten Verfahren mit der Behauptung zur Wehr zu setzen, dass die Verbotsnorm verfassungswidrig sei (s. VfSlg. 11.853/1988, 12.379/1990).

Der Antrag ist in Ansehung der erstantragstellenden Gesellschaft auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil für sie als im Finanzdienstleistungsbereich tätiges Unternehmen seit Inkrafttreten des § 12 Abs 3 WAG idF BGBl. I 97/2001 dieser und nicht mehr § 101 TKG gilt; § 12 Abs 3 WAG verdrängt § 101 TKG nämlich, wenn überhaupt, nur insofern, als es um Anrufe, Fax- und e-mail-Zusendungen zu Werbezwecken für bestimmte Produkte gegenüber "Verbrauchern" geht.

3. Der Antrag ist aber nicht begründet:

a) Der von den antragstellenden Gesellschaften erhobene Vorwurf des Verstoßes der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung gemäß Art 6 StGG sowie auf Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art 10 EMRK geht davon aus, dass die vom Gesetzgeber verbotenen und unter Strafe gestellten unerbetenen Anrufe einschließlich dem Senden von Fernkopien zu Werbezwecken sowie das Verbot der Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken zwar einem grundrechtlich erforderlichen öffentlichen Interesse dient: nämlich - wie bereits dem 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation zu entnehmen ist - "um die Teilnehmer gegen das Eindringen in ihre Privatsphäre durch unerbetene Anrufe oder unerbetene Fernkopieübermittlungen zu schützen". Gleichwohl liege - den Antragstellern zufolge - der verfassungsrechtliche Verstoß in der Notwendigkeit der vorherigen Einwilligung des Teilnehmers als des potentiellen Werbeadressaten, weil das genannte, im öffentlichen Interesse gelegene Ziel des Gesetzgebers (des Schutzes der Teilnehmer gegen das Eindringen in ihre Privatsphäre durch unerbetene Anrufe) auch durch ein anderes gleichwertiges, grundrechtlich betrachtet aber gelinderes Mittel erreicht werden könne: Anstelle des von den antragstellenden Gesellschaften so genannten "Opting-in" durch den potentiellen Werbeadressaten, also des gesetzlichen Abstellens auf die vorherige Zustimmung zur Werbung mittels Telekommunikation, käme als gelinderes Mittel zur Verwirklichung der geschilderten gesetzlichen Zielvorstellung das - von den Antragstellern so bezeichnete - "Opting-out" in Betracht. Diesem zufolge könnte der potentielle Werbeadressat und Telekommunikationsteilnehmer vorweg den Empfang der Werbung ablehnen, etwa durch Aufnahme in ein Verzeichnis, in welche jene Personen eingetragen werden, die keine Anrufe, Telefax- oder e-mail-Zusendungen zu Werbezwecken wünschen ("Robinson-Listen"). Die antragstellenden Gesellschaften nehmen sohin auf das Wesentliche zusammengefasst an, dass die Privatsphäre der Teilnehmer, deren gesetzlicher Schutz zweifellos im öffentlichen Interesse liegt, in einer dieser ihrer grundrechtlich geschützten Sphäre angemessenen Weise dadurch gewahrt werden könnte, dass anstelle der vorhergehenden Einwilligung zur Werbung per Telekommunikation der Gesetzgeber auch die gesetzlichen Voraussetzungen dafür hätte schaffen können, dass Teilnehmer und Empfänger Anrufe und Zusendungen als "unerbeten" bezeichnen können, um daraufhin von weiteren Anrufen und Sendungen zu Werbezwecken verschont zu bleiben.

Die von den antragstellenden Gesellschaften implizit behauptete oder zumindest angenommene Gleichwertigkeit des ausdrücklichen Widerspruchs mit der vom Gesetz geforderten vorherigen Einwilligung des Teilnehmers zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen und legitimen gesetzgeberischen Ziels des Schutzes vor unerwünschter Werbung mit Telekommunikationseinrichtungen ist jedoch nicht gegeben. Es ist unbestritten, dass diese Werbung von einem erheblichen Teil der Telekommunikationsteilnehmer als belästigend, sohin als negativ empfunden wird. Der über Telekommunikationsmittel Beworbene hat sich zwangsläufig mit der Werbebotschaft auseinanderzusetzen, ist er doch gezwungen, Gespräche vorerst entgegenzunehmen, um über ihre Notwendigkeit und Fortsetzung zu entscheiden. Die aggressiven Formen einer sich der Mittel der Telekommunikation bedienenden Werbung zwingen den Teilnehmer, sich auf ein Gespräch einzulassen. Erst dann kann er für sich entscheiden, ob er das Gespräch fortsetzen will, zumal ihm der Überraschungseffekt des Telefonanrufs Zeit und Ruhe für eine ausreichende Überlegung nimmt, sich mit der beworbenen Transaktion gehörig auseinanderzusetzen. Ähnliches gilt wegen der durch Werbung bewirkten Belastung der entsprechenden Einrichtungen für Fernkopien (Faxe) und elektronische Post.

Zu dem zum Schutz der Privatsphäre des Angerufenen erforderlichen Verbot von unerbetenen, also ohne vorhergehende ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung vorgenommenen Anrufen zu Werbezwecken ist auch auf die oben [Pkt. II.2.b)] von der Bundesregierung in ihrer Äußerung wiedergegebenen Überlegungen des Obersten Gerichtshofes in seinem Beschluss vom , 4 Ob 113/99t, zu dem durch diese Werbung bewirkten Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb hinzuweisen, die im Übrigen schon vor Inkrafttreten des § 101 TKG für die bezügliche Rechtslage der vom Obersten Gerichtshof zitierten Judikatur und Literatur zufolge maßgeblich waren.

Angesichts des Schutzbedürfnisses des Telekommunikationsteilnehmers vor Werbekontakten hat der Gesetzgeber diese in relativ weitem Umfang für unzulässig erklärt, nämlich immer dann, wenn der einzelne Telekommunikationsteilnehmer nicht ausdrücklich seine Einwilligung dazu erklärt hat. Eine Regelung, die im Sinne des von den antragstellenden Gesellschaften geforderten "Opting-out" unerbetene Anrufe zu Werbezwecken und eben solche elektronische Post zuließe, sofern nicht vom Telekommunikationsteilnehmer ausdrücklich widersprochen wird, kommt unter dem Aspekt des notwendigen Schutzes des Teilnehmers der geschilderten durch § 101 TKG getroffenen Regelung in ihrer Wirksamkeit nicht einmal annähernd gleich.

b) Die Regelung der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG greift in die Erwerbstätigkeit der antragstellenden Gesellschaften ein und betrifft sohin das verfassungsrechtliche Schutzgut des Grundrechts auf Erwerbsausübungsfreiheit gemäß Art 6 StGG. Sie ist daher verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn das öffentliche Interesse sie gebietet, sie zur Zielerreichung geeignet und adäquat ist und sie auch sonst sachlich gerechtfertigt werden kann. Da den besonderen, im öffentlichen Interesse gelegenen Schutzinteressen der Telekommunikationsteilnehmer (insbesondere unter den Gesichtspunkten des Eigentumsschutzes und des Art 8 EMRK) nur durch das - ohnedies unter Einwilligungsvorbehalt stehende - gesetzliche Verbot unerbetener Anrufe zu Werbezwecken, nicht aber in gleicher Weise durch die von den Antragstellern begehrte Zulässigkeit derartiger Werbemaßnahmen unter Widerspruchsvorbehalt Rechnung getragen wird, treffen die von den antragstellenden Gesellschaften aus dem Grunde des Verstoßes gegen die Erwerbsausübungsfreiheit erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG nicht zu.

Die antragstellenden Gesellschaften sind auch nicht im Recht, wenn sie Art 12 Abs 2 der Richtlinie 97/66/EG im Verein mit Art 7 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr dahin deuten, dass diese den angestrebten Schutz der Telekommunikationsteilnehmer gegen das Eindringen in ihre Privatsphäre durch unerbetene Anrufe oder Fernkopieübermittlungen durch verschiedene gleichwertige Maßnahmen verwirklichen lassen, unter denen das "Opting-out" die gelindeste, also am wenigsten eingriffsintensive Maßnahme bedeute. Unter dem Aspekt der jeweiligen nationalen grundrechtlichen Gewährleistungen können die Mitgliedsstaaten, wie nämlich bereits der EuGH (im "Alpine Investments"-Urteil Rs. C-384/93, Slg. 1995, I-1167, Rz 51) dargetan hat, im Rahmen des Gemeinschaftsrechts durchaus unterschiedlich strenge Anordnungen zur Verhinderung der bei unerbetenen Anrufen zu Werbezwecken möglichen Missbräuche erlassen.

c) Aber auch die von den antragstellenden Gesellschaften behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK liegt aus den unter a) dargestellten Überlegungen nicht vor:

Zwar zählt die kommerzielle Werbung zum Schutzgut der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK (VfSlg. 10.948/1986, 12.467/1990, 15.291/1998). Werbemaßnahmen dürfen daher vom Gesetzgeber nur aus den in Art 10 Abs 2 EMRK benannten Zielvorstellungen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingeschränkt werden (VfSlg. 13.694/1994). Gleichwohl kann der vom Gesetzgeber gemäß Art 10 Abs 2 EMRK angestrebte Schutz der Rechte anderer, d.s. bei der durch Telekommunikation vermittelten Werbung die Adressaten unerbetener Telefonanrufe, Telefaxzusendungen oder e-mails [wie oben unter a) gezeigt] effektiv nur dadurch erreicht werden, dass diese Werbung für den Fall gesetzlich verboten wird, dass ein Teilnehmer vorweg seine Einwilligung erklärt bzw. der Empfänger elektronischer Post seine Zustimmung zum Empfang zu Werbezwecken erklärt. Oben [a)] wurde desgleichen bereits dargelegt, dass die Vorkehrung eines "Opting-out" - also der Entfall der Werbung bei ausdrücklichem Widerspruch - in keiner Weise eine für den Schutz der Privatsphäre des Angerufenen dem gänzlichen Verbot mit Einwilligungsvorbehalt gleichwertige Regelung bildet. Auch die aus dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK abgeleiteten Bedenken gegen die Regelungen der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG treffen sohin nicht zu.

d) Ebenso wenig ist der von den antragstellenden Gesellschaften erhobene Vorwurf, § 101 TKG enthalte ein völlig undifferenziertes Verbot von unerbetenen Anrufen, Telefaxübermittlungen und e-mail-Zusendungen zu Werbezwecken und verletze unter mannigfachen Aspekten den Gleichheitssatz, berechtigt. Dass nach den oben unter a) dargestellten Zielvorstellungen des Gesetzgebers jeder Teilnehmer an Telekommunikationsdiensten Schutz vor unerbetenen Anrufen oder ähnlichen Kommunikationsleistungen erwarten darf und dieser im öffentlichen Interesse gelegen ist, wurde bereits dargetan. Mögen auch das Ausmaß und die Zielrichtung des Schutzbedürfnisses teilweise unterschiedlich sein, je nachdem es sich bei den zu Werbezwecken Angerufenen um eine natürliche oder eine juristische Person, um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt, welchen Umfang eine Zusendung aufweist, zu welchem Zeitpunkt die Zusendung oder der Anruf erfolgt, was der Gegenstand des Geschäftes, das beworben werden soll, oder der sonstige Inhalt des Anrufes, der Fernkopie oder der e-mail ist: Der Gesetzgeber ist jedenfalls in sachlicher Weise davon ausgegangen, dass der jeweilige Telekommunikationsteilnehmer Schutz vor unerbetenen Anrufen schlechthin benötigt und dieser durch ein entsprechendes Verbot verwirklichte Schutz nur dort preisgegeben werden kann, wo eine vorhergehende Einwilligung des Werbeadressaten vorliegt. Ein möglicherweise geringeres Schutzbedürfnis juristischer im Vergleich zu natürlichen Personen, von Unternehmen im Vergleich zu Verbrauchern ebenso wie ein differenziertes Schutzbedürfnis nach dem Umfang, dem Zeitpunkt oder dem Gegenstand und Inhalt der Zusendung oder des Anrufs wird sich in der um so leichter zu gewärtigenden Einwilligung des Werbeadressaten zur Benutzung der Telekommunikationsdienste für Werbezwecke niederschlagen. Der Gesetzgeber durfte in sachlich unbedenklicher Weise davon ausgehen, dass die Einwilligung der Werbeadressaten und damit die Zulässigkeit der Verwendung der Telekommunikationsdienste für Werbezwecke umso eher zu erreichen ist, je schwächer das - im Prinzip gleichwohl immer vorhandene - Schutzbedürfnis des Telekommunikationsteilnehmers gegenüber unerbetenen Anrufen oder der Zusendung elektronischer Post zu Werbezwecken beschaffen ist. Es widerspricht- zusammenfassend - nicht dem Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber ausgehend vom stets vorhandenen Schutzbedürfnis des Telekommunikationsteilnehmers gegenüber unerbetenen Anrufen zu Werbezwecken den potentiell unterschiedlichen Interessenlagen lediglich dadurch Rechnung trägt, dass er es der privaten Disposition des jeweiligen Werbeadressaten überlässt, ob dieser als juristische Person, Unternehmer oder wegen des Umfangs, des Zeitpunkts oder des Gegenstandes der Sendung oder des Anrufs auf den gesetzlichen Schutz vor Werbung durch Telekommunikation zu verzichten können vermeint.

Dass die Zusendung von Briefen zu Werbezwecken anders als dazu benutzte Telekommunikationsdienste kein gleiches Schutzbedürfnis auslöst, ist offenkundig. Eine Bewerbung mittels Briefes erfordert weder eine unmittelbare Reaktion des Adressaten, wie es beim unerbetenen Anruf der Fall ist, noch führt sie zu Belastungen des Adressaten, die für Fernkopien (Faxe) oder elektronische Post typisch sind. Wie die Bundesregierung zu Recht anmerkt, entstehen durch eine Briefwerbung für den Empfänger anders als bei der Werbung per Fax oder e-mail keine Papier- oder Serverkosten. Die unterschiedliche gesetzliche Regelung der Zulässigkeit der Zusendung von Briefen zu Werbezwecken im Vergleich zu den dafür benutzten Telekommunikationsdiensten ist daher nicht unsachlich und verstößt demgemäß auch nicht gegen den Gleichheitssatz.

Die antragstellenden Gesellschaften sind schließlich auch nicht im Recht, wenn sie einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darin sehen, dass in anderen EU-Mitgliedstaaten zulässige Werbemaßnahmen auch in Österreich hingenommen werden müssen, wenn sie von diesen Mitgliedsstaaten aus betrieben werden, weil auf diese Weise - nach Meinung der Antragsteller - internationale Konzerne gegenüber österreichischen Klein- und Mittelbetrieben bevorzugt seien, seien jene im Gegensatz zu diesen doch in der Lage, in Österreich verbotene Werbemaßnahmen auszulagern. Denn das von den antragstellenden Gesellschaften als Grundlage ihrer These behauptete "Herkunftslandprinzip" (gemäß § 20 Abs 1 E-Commerce-Gesetz - ECG, BGBl. I 152/2001), wonach sich "die rechtlichen Anforderungen an einen in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Diensteanbieter nach dem Recht dieses Staats" richten, gilt nicht für Werbemaßnahmen der im § 101 TKG bezeichneten Art: § 21 Z 8 ECG ordnet nämlich ausdrücklich an, dass das Herkunftslandprinzip auf "die Zulässigkeit nicht angeforderter Werbung und anderer Maßnahmen zur Absatzförderung im Weg der elektronischen Post" nicht anzuwenden ist. Die für die behauptete Gleichheitswidrigkeit ins Treffen geführte Bevorzugung von Werbemaßnahmen aus anderen Mitgliedstaaten der EU liegt sohin nicht vor, mag auch faktisch die Bekämpfung derartiger Werbemaßnahmen von Österreich aus schwierig sein.

4. Da insgesamt die von den antragstellenden Gesellschaften gegen die angefochtenen Bestimmungen der §§101 und 104 Abs 3 Z 24 TKG geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zutreffen, war der Antrag auf Aufhebung dieser Gesetzbestimmungen abzuweisen.

Dies konnte gemäß § 19 Abserster Satz 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.