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VfGH vom 05.12.1989, G261/89

VfGH vom 05.12.1989, G261/89

Sammlungsnummer

12236

Leitsatz

Optimierung des öffentlichen Verkehrs sachliches Ziel des Gesetzgebers; Fehlen eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses als alleiniger Versagungsgrund für die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie in Widerspruch zur Erwerbsausübungsfreiheit; keine Bedenken gegen bloße Mitberücksichtigung; Aufhebung des § 4 Abs 1 Z 3 des KraftfahrlinienG 1952

Spruch

1. § 4 Abs 1 Z 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 - KflG 1952, BGBl. Nr. 84, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

2. Dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, § 4 Abs 1 Z 4 KflG 1952 aufzuheben, wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß von zwei bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren (s. u. II.1.b und 2.b) beschlossen, von amtswegen die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 1 Z 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 - KflG 1952, BGBl. 84 zu prüfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens beim Verfassungsgerichtshof beantragt, § 4 Abs 1 Z 3 und 4 KflG 1952 als verfassungswidrig aufzuheben (s.u. II.3.a).

1. Die zur Beurteilung der hg. Einleitungsbeschlüsse und des Antrages des Verwaltungsgerichtshofes maßgebenden Bestimmungen des KflG 1952 lauten (Die in Prüfung gezogenen Vorschriften sind hervorgehoben):

"§1. (1) Der Betrieb einer Kraftfahrlinie, das ist die dem öffentlichen Verkehr dienende, planmäßige entgeltliche Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen zwischen bestimmten Punkten bedarf einer Konzession nach diesem Bundesgesetze.

...

§4. (1) Die Konzession kann erteilt werden, wenn:

1. der Bewerber zuverlässig und geeignet ist und die Sicherheit des Betriebes und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens gewährleistet sind;

2. der Bewerber die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt beziehungsweise im Falle einer juristischen Person seinen Sitz im Inlande hat;

3. ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis vorhanden ist;

4. die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet und

5. das Unternehmen auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

a) die neue Kraftfahrlinie auf Straßen durchgeführt werden soll, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für diesen Verkehr nicht eignen, oder

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, oder

c) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehres durch die Verkehrsunternehmer, in deren Verkehrsbereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt, vorgriffe und einer von diesen die notwendige Verbesserung der Verkehrsbedienung innerhalb einer von der Konzessionsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten vornimmt.

..."

2. Die Erläuternden Bemerkungen zur - das nachmalige KflG 1952 betreffenden - Regierungsvorlage (552 BlgNR, 6. GP) besagen zu § 4 lediglich:

"§4 bestimmt die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung. Hiebei soll dem Inhaber einer bereits bestehenden Kraftfahrlinie ein besonderer Schutz gewährt werden (Abs1 Z. 5 litb und c, Abs 4)."

II. 1.a) Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B1742/88 das Verfahren über eine auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt.

Die J V Autobusbetriebsgesellschaft mbH und Co KG beantragte am die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auf der Strecke Zell am See - Schwarzach im Pongau - Salzburg - Autobahn A1 - Wien Mitte/Busbahnhof. Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wies diesen Antrag mit Bescheid vom gemäß § 4 Abs 1 Z 3 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 - KflG 1952, BGBl. 84, - nach Anhörung zahlreicher Stellen (siehe § 5 leg.cit.) - ab. Der Bescheid wird - zusammengefaßt - damit begründet, daß die im § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 für die Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession vorgesehene Voraussetzung, nämlich das Vorhandensein eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses, fehle.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die eingangs erwähnte Beschwerde.

b) Der Verfassungsgerichtshof beschloß am , aus Anlaß dieser Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von amtswegen zu prüfen (G 229/89).

Nach einer Wiedergabe des maßgebenden Gesetzestextes (s.o. I.1.) und der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (s.o. I.2.) lautet es im Einleitungsbeschluß:

"a) § 4 KflG 1952 beschränkt die Möglichkeit, ein bestimmtes Gewerbe anzutreten. Diese Bestimmung greift daher in das durch Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit ein.

Der Verfassungsgerichtshof hatte sich in den letzten Jahren wiederholt mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Gesetz einen solchen Eingriff verfassungskonform vorsehen kann (s. zB G1,171/87 und die dort zitierte weitere Judikatur, vgl. auch Binder, Der materielle Gesetzesvorbehalt der Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) - Überlegungen zur neuen Judikatur des VfGH, ÖZW 1988, 1).

Nach dieser Rechtsprechung bindet Art 6 StGG auch den Gesetzgeber. Diese Verfassungsbestimmung ermächtigt ihn jedoch, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt oder unter gewissen Umständen verboten ist (also auch den Erwerbsantritt behindernde Vorschriften zu erlassen), sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechtes nicht verletzt und die Regelung auch sonst nicht verfassungswidrig ist.

Gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen sind nach der zitierten Judikatur nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat sind und auch sonst sachlich gerechtfertigt werden können.

Dem einfachen Gesetzgeber ist - so wird in der erwähnten Rechtsprechung ausgeführt - bei der Entscheidung, welche Ziele er mit seinen Regelungen verfolgt, innerhalb der Schranken der Verfassung ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die Verfolgung eines bestimmten Zieles etwa aus wirtschaftspolitischen oder sozialpolitischen Gründen zweckmäßig ist. Er kann dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dieser Ziele verfolgt, die keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind. Errichtet das Gesetz eine Schranke schon für den Antritt eines Gewerbes, die der Betroffene, der alle subjektiven Voraussetzungen erfüllt, aus eigener Kraft nicht überwinden kann - eine Schranke, wie sie etwa eine Bedarfsprüfung darstellt -, so liegt grundsätzlich ein schwerer Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit vor, der nur angemessen ist, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternativen bestehen, um den erstrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden Weise zu erreichen.

b) Das in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage erwähnte Ziel des § 4 KflG 1952 (s.o. II.2), 'dem Inhaber einer bereits bestehenden Kraftfahrlinie einen besonderen Schutz zu gewähren', scheint an sich kein Gesetzeszweck zu sein, der die getroffene Regelung rechtfertigen würde (vgl. hiezu die oben erwähnte Vorjudikatur, die sich insbesondere mit dem Konkurrenzschutz auseinandersetzt); ein solcher Konkurrenzschutz müßte vielmehr durch öffentliche Interessen geboten sein. Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, daß das hier im Prinzip der Fall ist:

An einem möglichst gut funktionierenden System des linienmäßigen Personenverkehrs besteht offenbar ein erhebliches öffentliches Interesse. Um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, müssen sowohl der Eisenbahnsektor als auch der Autobussektor lebensfähig bleiben (vgl. hiezu G1,171/87, betreffend den Güterverkehr). Das wiederum bedingt anscheinend, daß zumindest die (derzeit) wichtigsten Träger des linienmäßigen Personenverkehrs, nämlich die Eisenbahn- und die Kraftfahrlinienunternehmer, jederzeit und umfassend ihre Funktion zu volkswirtscharftlich vertretbaren Kosten und Preisen erfüllen.

Anders als etwa beim Güterverkehr und bei den Taxis (vgl. VfSlg. 10932/1986) dürfte es beim öffentlichen Personenverkehr ein zur Zielerreichung geeignetes, adäquates und auch sonst sachlich zu rechtfertigendes Mittel sein, bei der Konzessionserteilung darauf Bedacht zu nehmen, daß die bestehenden Träger des linienmäßigen Personenverkehrs durch den neu auftretenden Konkurrenten nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten.

Die Kraftfahrlinienkonzession wird - ihrem Wesen entsprechend - nämlich nicht für das gesamte Bundesgebiet oder sonst für ein bestimmtes Gebiet erteilt, sondern für eine ganz bestimmte Strecke (§6 Abs 1 Z 2 der 1. DV zum KflG, BGBl. 206/1954). Den Konzessionsinhaber treffen besondere Pflichten, so insbesondere die Betriebspflicht, die Beförderungspflicht sowie der Tarif-, Beförderungsbedingungs- und Fahrplanzwang (§§8 und 12 KflG 1952). Ähnliche Pflichten gelten für Eisenbahnunternehmer (§§19 und 22 Eisenbahngesetz 1957).

Unter diesen Voraussetzungen ist es - so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig - einerseits für den Konsumenten wenn schon nicht völlig sinnlos, so doch zumindest kein ins Gewicht fallender Vorteil, wenn eine der bestehenden Linie nach Fahrplan und nach Haltestellen ähnliche oder gleiche Linie geführt würde. Andererseits müßte es für den Betreiber der bestehenden Linie - erfüllt er die ihm obliegenden Pflichten korrekt und geht die Behörde (insbesondere bei Genehmigung des Tarifes, der Beförderungsbedingungen und des Fahrplanes - § 12 KflG 1952) gesetzmäßig vor - zumindest im Regelfall zu wirtschaftlichen Einbrüchen kommen, die entweder die (vor allem bei der Eisenbahn) zum Verlust bereits erfolgter großer Investitionen führende Einstellung der Linie, Preiserhöhungen für den Fahrgast oder aber Subventionen durch die öffentliche Hand zur Folge haben können. Der Konkurrenzkampf könnte zur Folge haben, daß sowohl der bisherige als auch der neue Betreiber der Verkehrslinie wirtschaftlich nicht existieren kann. Im schlimmsten Fall könnte es so dazu kommen, daß die Verkehrsbedürfnisse überhaupt nicht mehr befriedigt werden. Jedenfalls aber würde volkswirtschaftlich wertvolle Substanz sinnlos investiert worden sein und der die Umwelt belastende Straßenverkehr mit Autobussen überflüssig vermehrt.

Der Bundesminister formuliert in der Gegeschrift als Ziel des KflG 1952 die optimale (nicht die maximale) Versorgung der Bevölkerung mit Kraftfahrlinien, ein Ziel, das nicht unsachlich sein dürfte. Zur Erreichung dieses Zieles ist es also anscheinend ein geeignetes und auch adäquates Mittel, bei der Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession darauf Bedacht zu nehmen, welche Auswirkungen die geplante neue Kraftfahrlinie auf den bereits bestehenden Autobus- und Eisenbahnlinienverkehr hätte. Eine in das Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit weniger intensiv eingreifende Alternative dürfte nicht bestehen.

Zwar wird dadurch (auch) ein Konkurrenzschutz bewirkt; dieser dürfte aber aufgrund des geschilderten Regelungssystems nicht der - im privaten Interesse liegenden - Gewinnmaximierung der bestehenden Verkehrsunternehmer, sondern der - im öffentlichen Interesse liegenden - Optimierung des öffentlichen Personenverkehrs dienen.

c) All dies wird jedoch anscheinend bereits durch § 4 Abs 1 Z 5 litb und c KflG 1952 erreicht. Da nicht anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber zweimal dasselbe angeordnet, also eine überflüssige Regelung getroffen hat, muß die voranstehende Z 3 anscheinend einen anderen Inhalt haben, nämlich jenen, daß damit als Voraussetzung für die Konzessionserteilung das Bestehen eines Verkehrsbedürfnisses postuliert wird, dies unabhängig davon, welche Auswirkungen die neue Linie auf die Betreiber bestehender Verkehrslinien hat, daß also die Konzession zB auch dann nicht erteilt werden darf, wenn das Verkehrsbedürfnis durch den Gelegenheitsverkehr und den privaten Kraftfahrzeugverkehr bereits ausreichend befriedigt ist. (In die Richtung einer solchen Auslegung des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 scheint etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 82/03/0230 zu deuten.) Der einzige Zweck des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 wäre dann aber anscheinend, den Bewerber um die Konzession für eine neue Kraftfahrlinie vor künftigen Investitionen zu bewahren, die verfehlt sind. Ein derartiges Ziel liegt anscheinend nicht im öffentlichen Interesse. Dann aber verstößt die in Prüfung gezogene, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelung - wird der oben wiedergegebenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes gefolgt - anscheinend gegen Art 6 StGG."

c) Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie beantragt, § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 nicht als verfassungswidrig aufzuheben; für den Fall der Aufhebung wird begehrt, gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

Sie hält dem Einleitungsbeschluß folgendes entgegen:

"1. Zur Auslegung des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952

Die Bundesregierung teilt auch die im Einleitungsbeschluß vom ausgesprochene Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 als Voraussetzung für die Erteilung einer Konzession das Bestehen eines Verkehrsbedürfnisses unabhängig davon normiert, welche Auswirkungen die neue Linie auf die Betreiber bestehender Verkehrslinien hat und ob im Bereich der beantragten Konzession überhaupt eine Verkehrslinie eingerichtet ist.

Der Verfassungsgerichtshof nimmt nun im Einleitungsbeschluß vorläufig an, es sei der einzige Zweck der in Prüfung gezogenen Bestimmung, den Betreiber um die Konzession für eine neue Kraftfahrlinie vor künftigen verfehlten Investitionen zu bewahren. Dies deswegen, da anscheinend bereits in § 4 Abs 1 Z 5 litb und c KflG 1952 die Auswirkungen einer beantragten Kraftfahrlinie auf bereits konzessionierte Verkehrsunternehmer berücksichtigt seien.

Hiezu darf folgendes bemerkt werden:

Die in § 4 Abs 1 Z 5 litb und c KflG 1952 geregelten Tatbestände scheinen in inhaltlicher Hinsicht davon auszugehen, daß die in Z 3 normierte Voraussetzung des entsprechenden Verkehrsbedürfnisses erfüllt ist. Sie stellen nämlich auf die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch bereits konzessionierte Kraftfahrlinienunternehmer ab. Darunter ist offenbar die optimale Befriedigung der Nachfrage zu verstehen. Dabei ist von der Konzessionsbehörde primär zu prüfen, ob diese Aufgaben restlos erfüllt worden sind, was wiederum einen Vergleich zwischen dem Bedürfnis (Nachfrage) der Öffentlichkeit am Betrieb einer Kraftfahrlinie und dem (wirtschaftlich zumutbaren) Grund der Bedarfsdeckung (Angebot) bedingt. Sind die Verkehrsaufgaben vom Kraftfahrlinienunternehmer nicht restlos erfüllt worden, so besteht ein Nachfrageüberhang, der von der neuen Kraftfahrlinie abgedeckt werden könnte. Dieser Nachfrageüberhang entspricht aber dem in § 4 Abs 1 Z. 3 KflG 1952 genannten 'entsprechenden Verkehrsbedürfnis'.

Ein bereits konzessionierter Kraftfahrlinienunternehmer ist im Fall des § 4 Abs 1 Z 5 litb KflG 1952 grundsätzlich zur Duldung der Konkurrenz seines Betriebes durch andere gleichartige Unternehmen verpflichtet und kann sich gegen die Neuerteilung oder Erweiterung einer anderen Kraftfahrlinienkonzession nicht allein mit der Behauptung zur Wehr setzen, daß die neue Linie dieselbe Strecke befährt, auf deren linienmäßige Befahrung ihm bereits ein Recht zuerkannt worden ist (VwGH Erk. vom , Zl. 2683/55). Vielmehr hat er zur erfolgreichen Abwehr der neuen Kraftfahrlinie die Gefährdung seiner Verkehrsaufgabe nachzuweisen, die nur dann anzunehmen ist, wenn er durch die neue Kraftfahrlinie in der Führung seiner Linie einschneidend beeinträchtigt würde, er also einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall zu befürchten hat (VwSlgNF. 11627A/84 und VwGH Erk. vom , Zl. 86/03/0150, 0151, 0152).

Erst wenn festgestellt wurde, daß der Kraftfahrlinienunternehmer seine Verkehrsaufgaben erfüllt hat, ist weiters zu prüfen, ob (im Rahmen dieses optimalen Betriebsprogrammes) die Führung des Betriebes der Kraftfahrlinie bisher wirtschaftlich erfolgen konnte und gegebenenfalls ob die neue Kraftfahrlinie einen diese wirtschaftliche Betriebsführung in Frage stellenden 'Fahrgastausfall' und damit Einnahmenausfall bewirken würde. Die Konzessionsbehörde hat also auch diesfalls vor bescheidmäßiger Erledigung des Konzessionsansuchens zu prüfen, ob die Verkehrsaufgaben bisher restlos erfüllt wurden.

Die Anwendung von § 4 Abs 1 Z 5 litb ohne Zusammenhalt mit § 4 Abs 1 Z 3 würde daher zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen: Die Konzessionsbehörde könnte ihre Pflicht zur Schaffung von Rahmenbedingungen für einen optimalen öffentlichen Verkehr nicht nachkommen, weil sie ohne Feststellung des Vorliegens einer bislang unbefriedigten Nachfrage ihre Entscheidung bloß auf den Umstand eines wirtschaftlichen Betriebes einer bestehenden Kraftfahrlinie stützen könnte. Sie würde sich somit bloß am betriebswirtschaftlichen Kriterium der wirtschaftlichen Gefährdung, nicht aber an dem auch volkswirtschaftlich bedeutsamen Kriterium der restlosen Erfüllung der Verkehrsaufgaben orientieren.

Auch die Regelung des § 4 Abs 1 Z 5 litc KflG 1952, daß der neu beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehrs durch einen Verkehrsunternehmer vorgriffe, erscheint nur dann sinnvoll, wenn die Bahn- oder Kraftfahrlinie eines konzessionierten Unternehmers bisher einen existierenden Bedarf nicht in ausreichender Weise befriedigt hat.

Auch in diesem Fall einer Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Bedürfnis nach Verkehrsleistungen und dem Grad seiner Befriedigung kann die Behörde dem konzessionierten Unternehmer daher die Ausgestaltung seiner Verkehrsleistungen sinnvollerweise nur dann auftragen, wenn sie zunächst geprüft hat, ob ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis überhaupt vorhanden ist oder zumindest zu erwarten ist.

So gesehen dürfte die Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 aus der Sicht des § 4 Abs 1 Z 5 litb und c leg.cit. sehr wohl ihre Berechtigung haben.

Ihre Aufhebung würde zudem der Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 5 litb KflG 1952 eine Bedeutung beilegen, die vom Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigt war und erschiene daher auch im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes problematisch, daß durch eine Aufhebung gem Art 140 B-VG nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werden darf, als zur Beseitigung einer Rechtswidrigkeit (hier: möglichen Verfassungswidrigkeit) erforderlich ist und der verbleibende Text keine Änderung seiner Bedeutung erfährt (VfSlg. 7376/74, 8155/77, 8461/78). Würde nämlich § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 entfallen, so erschiene etwa auch fraglich, aufgrund welcher Kriterien bei Erteilung einer Konzession die Fahrpläne oder sonstige anhand des Bedarfes zu beurteilenden Beförderungsbedingungen festzulegen wären (§12 KflG 1952).

2. Zum Zweck des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 und zu den hiedurch geschützten öffentlichen Interessen:

Die Bundesregierung geht davon aus, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 vor allem öffentliche Interessen schützt. Es sind dies vor allem jene, welche der Verfassungsgerichtshof in Pkt. III.2.b) seines Einleitungsbeschlusses vom genannt hat. Daß durch die Bestimmung ein Bewerber um eine Konzession für eine Kraftfahrlinie unter Umständen auch vor verfehlten Investitionen bewahrt wird, dürfte demgegenüber nur einen Nebeneffekt darstellen.

Eine Kraftfahrlinie, für welche kein Bedürfnis vorhanden ist, würde nämlich nicht bloß betriebswirtschaftlich gesehen eine sinnlose Investition bedeuten, sondern auch - wie der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß ausführt - eine Vergeudung volkswirtschaftlich wertvoller Substanz darstellen. Eine solche Vergeudung erschiene umsomehr problematisch, als der Konzessionsinhaber einer Kraftfahrlinienkonzession bei mangelndem Bedarf auf diese Nachfragesituation nicht kurzfristig reagieren und etwa seine Beförderungsleistungen einstellen könnte: Er ist nämlich gemäß § 8 Z 1 KflG 1952 verpflichtet, seine Linie entsprechend den Konzessionsbedingungen ununterbrochen zu betreiben und ist die Einstellung des Betriebes gemäß § 9 Abs 1 leg.cit. nur nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zulässig, in welchem erst festgestellt werden muß, ob kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht.

Auch im Interesse des umfassenden Schutzes der Umwelt wird man davon ausgehen müssen, daß es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, daß nur soviele Kraftfahrlinien zugelassen werden, als es für die optimale Versorgung der Bevölkerung mit Beförderungsleistungen erforderlich ist. Diesem öffentlichen - im BVG vom , BGBl. Nr. 491 ausdrücklich als Staatsziel bezeichneten - Interesse kann aber im vorliegenden Zusammenhang nur durch eine Regelung, wie die in Prüfung gezogene, ausreichend Rechnung getragen werden.

Zudem liegt es wohl gleichfalls im öffentlichen Interesse, daß eine Kraftfahrlinienkonzession nur dann gewährt wird, wenn ein dauernder Betrieb der Kraftfahrlinie zu erwarten ist, dies setzt aber ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis voraus. Die Fahrgäste, von denen auf Grund der gewählten Streckenführung angenommen werden kann, daß sie eine ausreichende Nachfrage für einen dauernden Betrieb einer Kraftfahrlinie gewährleisten, sollen nämlich darauf vertrauen können, daß die linienmäßigen Beförderungsleistungen des Kraftfahrlinienunternehmers regelmäßig und dauerhaft gewährleistet sind.

Hiebei verkennt die Bundesregierung nicht, daß bei der Beurteilung, ob gem. § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gegeben ist, die Behörde nicht nur das gegenwärtige, sondern auch das im Falle des Betriebes der beantragten Verkehrslinie zu erwartende Verkehrsbedürfnis in Form einer Prognose beurteilen muß. Sie hat hiebei etwa auch in Betracht zu ziehen, ob bei Errichtung einer neuen Kraftfahrlinie ein bisher vom Gelegenheitsverkehr oder vom privaten Kraftfahrverkehr erfülltes Verkehrsbedürfnis durch die neue Kraftfahrlinie erfüllt werden kann. Ist dies wahrscheinlich, so wird das Vorliegen des entsprechenden Verkehrsbedürfnisses gem. § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 als gegeben zu erachten sein.

Die Verleihung einer Kraftfahrlinienkonzession ist für den Konzessionsträger - wie der Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß ausführt - nicht nur mit der Übertragung von Rechten, sondern auch mit der Auferlegung von weitgehenden Verpflichtungen verbunden, wie der Betriebspflicht, der Beförderungspflicht sowie dem Tarif-, Beförderungsbedingungs- und dem Fahrplanzwang (§§8 und 12 KflG 1952). Es liegt daher nicht nur im Interesse des Konzessionswerbers, bei mangelndem Verkehrsbedürfnis keine solchen Verpflichtungen auferlegt zu erhalten und damit vor verfehlten Ingvestitionen bewahrt zu werden. Die Auferlegung von derartigen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erschiene bei Fehlen eines Bedarfes an Beförderungsleistungen vielmehr auch unter dem Gesichtspunkt des Art 7 B-VG unsachlich. Sie könnte durch kein öffentliches Interesse gerechtfertigt werden. Zudem würden dadurch volkswirtschaftlich vorhandene Ressourcen gebunden und solchen Strecken vorenthalten werden, bei denen ein Verkehrsbedürfnis für einen wirtschaftlichen und dauernden Betrieb vorhanden ist. Nur bei Vorliegen eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses kann nämlich das öffentliche Interesse der Zuführung einer größeren Zahl von Fahrgästen zum öffentlichen Verkehr gefördert und die Minimierung des Individualverkehrs erreicht werden.

Diese Überlegungen treffen wohl unabhängig davon zu, ob im Bereiche einer beantragten Kraftfahrlinie ein bereits konzessionierter Kraftfahrunternehmer tätig - und daher Aspekte des Konkurrenzschutzes betroffen sind - oder ob dies nicht der Fall ist.

3. Zur Eignung, Angemessenheit (Adäquanz) und sonstigen sachlichen Rechtfertigung der in § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 vorgesehenen Bedarfsprüfung

Ob ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis gem. § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 gegeben ist, ist gem. § 3 KflG 1952 im Verwaltungsverfahren vom Landeshauptmann - bei überregionalen Kraftfahrlinien vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr - zu beurteilen. Diese Behörden haben hiebei gem. § 5 leg.cit. ein Anhörungsverfahren durchzuführen, in welchem sich öffentliche und private Konkurrenten, die betroffenen Landeshauptmänner, Gemeinden, sowie Interessensvertretungen äußern können und ersteren das Recht der Berufung gegen den Bewilligungsbescheid zukommt.

Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das so geregelte Verfahren zur Entscheidung über einen Konzessionsantrag ein geeignetes Mittel darstellt, um das öffentliche Interesse der Berücksichtigung eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses und damit die Ziele einer optimalen Versorgung der Bevölkerung mit Beförderungsleistungen sowie des umfassenden Umweltschutzes zu erreichen. Dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu umfassenden Informationen zu gelangen und Konkurrenten sowie Vertretern der Interessen von Konsumenten die Möglichkeit zu geben, ihren Standpunkt in geeigneter Weise geltend zu machen. Im Falle einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmung würde zwar das in Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht in geringerem Maße beeinträchtigt, als dies durch die in Prüfung gezogene Regelung der Fall ist. Es würde aber die Beurteilung, ob eine Kraftfahrlinie erforderlich ist, allein vom Willen des Konzessionswerbers abhängig gemacht. Es liegt auf der Hand, daß dadurch die Ziele einer optimalen Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Beförderungsleistungen und des umfassenden Umweltschutzes nicht in gleicher Weise erreicht würden.

Das in § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 normierte Mittel der Bedarfsprüfung erscheint daher im vorliegenden Zusammenhang zur Erreichung der genannten öffentlichen Interessen angemessen (adäquat) und auch sonst sachlich gerechtfertigt. Es ist auch kein anderes Mittel ersichtlich, mit welchem diese Ziele in gleicher Weise erreicht werden könnten und hiebei aber in geringerem Umfang in Art 6 StGG eingegriffen würde. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß durch die zwingende Befristung der Konzessionen gem. § 6 KflG 1952 eine gewisse Flexibilität im Wirtschaftssektor der Kraftfahrlinien gewährleistet ist.

Aus all diesen Gründen meint die Bundesregierung, daß § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 im Hinblick auf Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit sehr wohl vertretbar ist."

2.a) Beim Verfassungsgerichtshof ist weiters zu Zl. B875/89 das Verfahren über eine auf Art 144 Abs 1 B-VG gegründete Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr wies das Ansuchen des Kraftfahrlinienunternehmers K F, Heidenreichstein, um Genehmigung der Einrichtung eines zusätzlichen Kurspaares zwischen Wien und Litschau an Freitagen mit Bescheid vom gemäß § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 - nach Anhörung zahlreicher Stellen (§5 leg.cit.) - ab. Der Bescheid wird - zusammengefaßt - damit begründet, daß die im § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 für die Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession vorgesehene Voraussetzung, nämlich das Vorhandensein eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses, fehle.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die erwähnte Verfassungsgerichtshofbeschwerde.

b) Der Verfassungsgerichtshof beschloß am , auch aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 einzuleiten (G 261/89).

In der Begründung verwies er auf die im Einleitungsbeschluß B1742/88 (s.o. II.1.b) dargelegten Bedenken.

c) Die Bundesregierung wurde zur Erstattung einer Äußerung eingeladen. In ihrer zu G229/89 abgegebenen Stellungnahme (s.o. II.1.c) hat sie erklärt, daß diese Äußerung auch für alle künftigen, sachverhaltsähnlichen Verfahren zur Prüfung derselben Gesetzesbestimmung gelte.

3.a) Der Verwaltungsgerichtshof stellt mit Beschluß vom , Zl. A25/89, aus Anlaß des bei ihm zu Zl. 88/03/0050 anhängigen Beschwerdeverfahrens gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 4 Abs 1 Z 3 und 4 KflG 1952 als verfassungswidrig aufzuheben (G 263/89).

Der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid des gemäß § 73 Abs 2 AVG 1950 zur Entscheidung zuständig gewordenen Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 10. Feber 1988 wurde der Antrag des Beschwerdeführers um Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auf der Strecke Gleinstätten/VS-Haslach/Kh Mandl-Parath/Kapelle (Stichfahrt)-Haslach-Paratheregg-Untergreith-St. Johann i. Saggautal-Saggau-Wuggau-Arnfels gemäß § 4 Abs 1 Z 3 und 4 KflG 1952 abgewiesen. Nach der Begründung des Bescheides war das Konzessionsansuchen hinsichtlich der Relation Gleichstätten-St. Johann im Saggautal gemäß § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 mangels eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses und hinsichtlich der Relation St. Johann im Saggautal-Arnfels gemäß § 4 Abs 1 Z 3 und 4 leg.cit. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich in Ansehung des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 den vom Verfassungsgerichtshof im Einleitungsbeschluß B1742/88 (s.o. II.1.b) geäußerten Bedenken an.

Zu § 4 Abs 1 Z 4 KflG 1952 führt er aus:

"Nach § 4 Abs 1 Z 4 des KflG 1952 muß die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleisten. Diese Bestimmung macht demnach die Art der Linienführung vom vorhandenen Verkehrsbedürfnis abhängig und steht solcherart im unmittelbaren Zusammenhang mit der Z 3 des § 4 Abs 1 leg.cit., weshalb die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Bedenken nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch gegen die Z 4 des § 4 Abs 1 leg.cit. sprechen.

Die vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Unterbrechungsbeschluß gegen § 4 Abs 1 Z 3 des KflG 1952 dargelegten Bedenken, denen der Verwaltungsgerichtshof beitritt, geben Anlaß, den eingangs formulierten Antrag zu stellen, in den jedoch wegen des untrennbaren Zusammenhanges auch die Bestimmung des § 4 Abs 1 Z 4 leg.cit. einbezogen wurde."

b) Die Bundesregierung verwies zum Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf ihre zu B1742/88 abgegebene Äußerung (s.o. II.1.c).

III. Zu den Prozeßvoraussetzungen hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1. Was den § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 anlangt, bedarf es keiner weiteren Erörterungen, daß diese bundesgesetzliche Bestimmung in allen drei Beschwerdeverfahren, die Anlaß zur Einleitung der Gesetzesprüfungsverfahren gebildet haben, präjudiziell ist.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind alle drei Gesetzesprüfungsverfahren in diesem Umfang zulässig.

2.a) Während der Verfassungsgerichtshof mit seinen beiden Einleitungsbeschlüssen (s.o. I.1.b und I.2.b) lediglich die Z 3 des § 4 Abs 1 KflG 1952 in Prüfung zog, bekämpft der Verwaltungsgerichtshof in seinem Prüfungsantrag (s.o. I.3.a) darüber hinaus auch die Z 4 des § 4 Abs 1.

b) Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß auch § 4 Abs 1 Z 4 KflG 1952 vom Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die bei ihm anhängige Beschwerde anzuwenden ist, wird doch ein Teil des beim Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheides auch auf diese Bestimmung gestützt.

Der Verwaltungsgerichtshof meint (s.o. II.3.a), daß § 4 Abs 1 Z 4 KflG 1952 auf der vorangehenden Z 3 aufbaue und daher zunächst die Lösung der Frage verlange, ob ein Verkehrsbedürfnis iS der Z 3 vorliegt. Bei dieser Ausgangsposition ist es selbstverständlich, daß die ob der Verfassungsmäßigkeit der Z 3 vorgebrachten Bedenken auch auf die Z 4 zutreffen, ohne daß es weiterer, eigenständiger Ausführungen bedarf.

Daher ist auch der auf Aufhebung des § 4 Abs 1 Z 4 gerichtete Antrag des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.

IV. In der Sache selbst hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

1.a) § 4 KflG 1952 beschränkt die Möglichkeit, ein bestimmtes Gewerbe anzutreten. Diese Bestimmung greift daher in das durch Art 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit ein.

Nach der im Einleitungsbeschluß B1742/88 (s.o. II.1.b) wiedergegebenen Vorjudikatur - von der abzugehen kein Anlaß besteht - bindet Art 6 StGG auch den Gesetzgeber.

Gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen sind danach nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat sind und auch sonst sachlich gerechtfertigt werden können.

Der Verfassungsgerichtshof und mit ihm der antragstellende Verwaltungsgerichtshof gingen vor dem Hintergrund der erwähnten Rechtsprechung vorläufig davon aus, daß es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, bei Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession darauf Bedacht zu nehmen, welche Auswirkungen die geplante neue Kraftfahrlinie auf den bereits bestehenden Autobus- und Eisenbahnlinienverkehr hätte, auch wenn damit ein Konkurrenzschutz bewirkt wird.

Diese vorläufige Annahme hat sich als zutreffend erwiesen.

b) In den hg. Einleitungsbeschlüssen und im Prüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes werden gegen § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 denn auch nicht das Bedenken geäußert, daß im gegebenen Zusammenhang der Konkurrenzschutz unzulässig wäre, sondern daß das Ziel des Gesetzes, den öffentlichen Verkehr zu optimieren, ohnehin durch § 4 Abs 1 Z 5 litb und c KflG 1952 erreicht werde und die Z 3 darüber hinaus keinem im öffentlichen Interesse gelegenen Zweck diene.

c) Weder die Äußerung der Bundesregierung (s.o. II.1.c) noch sonstige Überlegungen vermögen die in den Einleitungsbeschlüssen und im Prüfungsantrag ob der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 dargelegten Bedenken zu zerstreuen.

aa) Die Bundesregierung geht in Pkt. 1 ihrer Äußerung von einem untrennbaren Zusammenhang zwischen der Z 3 und der Z 5 des § 4 Abs 1 KflG aus und meint, daß ohne Geltung der Z 3 die Behörde nicht prüfen könnte, ob das (die) bestehende(n) Verkehrsunternehmen seine (ihre) Verkehrsaufgaben restlos erfüllt(en), daß also die Z 3 eine unentbehrliche Ergänzung der Z 5 sei.

Der Verfassungsgerichtshof pflichtet der Bundesregierung der Sache nach zwar bei, daß es unsachlich wäre, auch solche Verkehrsunternehmen (durch Gewähren eines gewissen Konkurrenzschutzes) zu fördern, die ihren Verkehrsaufgaben nicht ordnungsgemäß nachkommen.

Er kann aber der geschilderten Ausgangsposition der Bundesregierung nicht folgen: Im Falle der Aufhebung der Z 3 des § 4 Abs 1 KflG 1952 ist es zulässig, bei Vollziehung der Z 5 zu klären, ob ein Verkehrsbedürfnis gegeben ist, und diesen Umstand bei Anwendung der Z 5 mitzuberücksichtigen. Allerdings ermächtigt das Gesetz nach Aufhebung der Z 3 die Behörde nicht mehr dazu, allein wegen des Mangels eines entsprechenden Verkehrsbedürfnisses die Konzession zu versagen; gegen eine bloße Mitberücksichtigung des Verkehrsbedürfnisses als eines der zu beachtenden Sachverhaltselemente hegt der Verfassungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

bb) In Punkt 2 ihrer Äußerung (s.o. II.1.c) gesteht die Bundesregierung zu, daß unter bestimmten Umständen (nämlich dann, wenn kein Konkurrenzunternehmen besteht) die Z 3 eigenständige (also von der Z 5 losgelöste) Bedeutung hat. Sie versucht nachzuweisen, daß an sich die Bedachtnahme auf das bestehende Verkehrsbedürfnis im öffentlichen Interesse liege und nicht ausschließlich (oder auch nur primär) - wie in den Einleitungsbeschlüssen und im Prüfungsantrag vorläufig angenommen wurde - dem Schutz des Konzessionswerbers vor betriebswirtschaftlich verfehlten Investitionen diene.

Vor dem Hintergrund der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsausübungsfreiheit ist es grundsätzlich Sache des Unternehmers, betriebswirtschaftlich zu disponieren (vgl. zB u.a. Zlen., G198/88, G234/88). Nur dann, wenn allfällige Fehldispositionen für die Öffentlichkeit, insbesondere für die Volkswirtschaft, bedeutende schädliche Folgen hätten, ist es dem Gesetzgeber erlaubt, regelnd einzugreifen. Eine unrichtige Einschätzung des Bedürfnisses nach einer neuen Kraftfahrlinie trifft nun in erster Linie deren Betreiber wirtschaftlich; die Auswirkungen für die Öffentlichkeit sind nicht gravierender als Fehldispositionen in anderen Wirtschaftszweigen; so können die für das Betreiben der Linie, die sich als unwirtschaftlich erweist, angeschafften Autobusse ohne besondere Schwierigkeiten sinnvoll auch anders eingesetzt werden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof brachte der Vertreter der Bundesregierung noch vor, es sprächen Umweltschutzaspekte dafür, zu verhindern, daß Autobuslinien betrieben werden, nach denen keine (ausreichende) Nachfrage besteht. Diese Meinung ist nicht zutreffend: Anders als etwa bei der Binnenschiffahrt, die (nahezu) ausschließlich auf dem öffentlichen Verkehr beruht (vgl. G220,221,237/88), tritt im Straßenverkehr der Autobusverkehr gegenüber jenem mit PkW deutlich zurück; ob eine - vom Publikum nicht nachgefragte - Autobuslinie (eine gewisse Zeit hindurch) verkehrt oder nicht, ist vom Standpunkt des Umweltschutzes gleichgültig.

cc) Damit aber ist auch bereits das Vorbringen der Bundesregierung unter Punkt 3 ihrer Äußerung (zur Eignung, Adäquanz und sonstigen sachlichen Rechtfertigung der im § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 vorgesehenen Bedarfsprüfung) widerlegt.

c) § 4 Abs 1 Z 3 KflG 1952 verstößt also aus den in den wiederholt erwähnten Beschlüssen vorläufig angenommenen Gründen tatsächlich gegen Art 6 StGG; die Bestimmung war mithin als verfassungswidrig aufzuheben.

d) Die damit verbundenen Aussprüche gründen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.

2. Hingegen haben sich die vom Verwaltungsgerichtshof ob der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 1 Z 4 KflG 1952 geäußerten Bedenken als nicht gerechtfertigt erwiesen:

Diese Gesetzesbestimmung erlaubt (nach Aufhebung der vorangehenden Z 3) keine isolierte Beachtung des Verkehrsbedürfnisses, sondern lediglich dessen Mitberücksichtigung. Die Behörde ist nach Aufhebung der Z 3 nicht (mehr) ermächtigt, allein wegen des mangelnden Verkehrsbedürfnisses die Konzession zu verweigern; vielmehr hat sie bei der Konzessionsverleihung dafür zu sorgen, daß das Verkehrsbedürfnis möglichst zweckmäßig und wirtschaftlich befriedigt wird; nicht das "Ob", sondern das "Wie" hat nun die Behörde zu prüfen. Sie hat zur Erreichung dieser Ziele die Details der Linienführung zu untersuchen und beispielsweise darauf Bedacht zu nehmen, daß die Halte- und Umsteigstellen für das Publikum möglichst zweckmäßig gewählt werden.

Bei diesem Inhalt bestehen gegen § 4 Abs 1 Z 4 KflG nicht die vom Verwaltungsgerichtshof vorgetragenen - nämlich die gleichen wie gegen die Z 3 geltend gemachten - Bedenken.

Dem auf Aufhebung des § 4 Abs 1 Z 4 KflG 1952 gerichteten Antrag des Verwaltungsgerichtshofs war daher keine Folge zu geben.