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VfGH vom 02.03.2018, G260/2017 (G260/2017-10)

VfGH vom 02.03.2018, G260/2017 (G260/2017-10)

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des Arbeitsvertragsrechts-AnpassungsG betr den generellen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen die Verpflichtung zum Erlag einer Sicherheitsleistung zur Einbringlichmachung von Strafen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping mangels Erforderlichkeit einer vom VwGVG abweichenden Regelung

Spruch

I.§7m Abs 7 Arbeitsvertragsrechts-AnpassungsgesetzAVRAG, BGBl Nr 459/1993, in der Fassung BGBl I Nr 94/2014, war verfassungswidrig.

II.Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diesen Ausspruch unverzüglich im Bundesgesetzblatt I kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1.Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E693/2017 eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat ein slowenisches Unternehmen mit der Durchführung von Bauarbeiten an einem näher bezeichneten Objekt beauftragt. Anlässlich der Kontrolle der Finanzpolizei vom wurde festgestellt, dass dieses slowenische Unternehmen, entgegen § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), keine Lohnunterlagen bereitgehalten habe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft der Erlag einer Sicherheitsleistung in der Höhe von € 20.000,– aufgetragen. In ihrer Begründung verwies die Behörde auf die nicht bereitgehaltenen Lohnunterlagen des slowenischen Unternehmens und führte aus, dass es sich um einen ausländischen Arbeitgeber ohne Sitz im Bundesgebiet handle und kein Rechtshilfeabkommen mit Slowenien bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und beantragte, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Beschluss vom wies das Verwaltungsgericht den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ab. Begründend führte es aus, dass § 7m Abs 7 AVRAG die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausschließe. Diese Bestimmung sei § 37 Abs 3 VStG nachgebildet und diene der Aufrechterhaltung des Sicherheitszwecks. Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 8945/1980 und VfSlg 19.921/2014) sei dieser Ausschluss unerlässlich und verfassungsrechtlich unbedenklich.

2.Bei Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 7m Abs 7 AVRAG entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3.Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"6.4. Das VwGVG – als besonderes Bundesgesetz im Sinne des Art 136 Abs 2 B-VG – sieht in § 13 Abs 1 vor, dass eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat. Gemäß § 13 Abs 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Das VwGVG sieht im 2. Abschnitt des 3. Hauptstücks besondere Bestimmungen für Verfahren in Verwaltungsstraf-sachen vor. § 41 VwGVG bestimmt – in Abweichung zu § 13 Abs 2 VwGVG –, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde in Verwaltungsstrafsachen nicht ausgeschlossen werden kann.

6.5. Das VwGVG sieht keine Ermächtigung zu einer abweichenden Regelung der aufschiebenden Wirkung durch Bundes- oder Landesgesetz vor. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass die Entscheidung über den Erlag einer Sicherheitsleistung gemäß § 7m AVRAG eine Entscheidung in einer Verwaltungs-strafsache im Sinne des § 50 VwGVG ist (vgl. ).

6.6. Zur Regelung des Gegenstandes erforderlich im Sinne von 'unerlässlich' iSd Art 136 Abs 2 B-VG könnte die Regelung des § 7m Abs 7 AVRAG nur dann sein, wenn auf Grund der Besonderheiten des Verfahrens der Erlag der Sicherheitsleistung ansonsten gefährdet wäre und die Regelung nicht dem Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes widerspräche (VfSlg 17.340/2004, 19.921/2014). Der Verfassungsgerichtshof anerkennt ein öffentliches Interesse an der Sicherung der Einbringlichmachung von Strafen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping durch Abschöpfung des fälligen Werklohnes in Form der Sicherheitsleistung. Es wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein, wie Zahlungsstopp und Sicherheitsleistung zusammenspielen. Ebenso wird zu prüfen sein, ob die Erreichung des Zweckes der Sicherheitsleistung regelmäßig gefährdet sein kann, wenn der Entscheidung aufschiebende Wirkung zukommt, da diesfalls durch Dispositionen des Auftraggebers, allenfalls auch im Zusammenwirken mit dem – beschuldigten – Auftragnehmer die Einbringlichmachung erschwert oder vereitelt werden könnte. Der Verfassungsgerichtshof hegt jedoch Zweifel, ob der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wirkung unerlässlich ist, um die Einbringlichmachung von Strafen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping zu sichern. Da § 13 VwGVG bestimmt, dass Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung zukommt, hegt der Verfassungsgerichtshof vorläufig das Bedenken, dass auch in Sachverhaltskonstellationen, die § 7m AVRAG unterliegen, keine ausreichende Begründung für eine unerlässliche Abweichung von den Vorschriften des VwGVG bestehen könnte.

6.7. Die Sicherheitsleistung gemäß § 7m AVRAG ist nicht – wie in Fällen gemäß § 37 Verwaltungsstrafgesetz – vom Beschuldigten, sondern von dessen verwaltungsstrafrechtlich nicht belangten Auftraggeber zu erlegen und erfordert umfangreiche Sachverhaltsermittlungen. Der gänzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch in Fällen, in denen erkennbar eine rechtswidrige Entscheidung getroffen wurde, indem die Behörde etwa den fälligen Werklohn grob unrichtig ermittelte und dem Beschwerdeführer dadurch ein unverhältnismäßiger Nachteil droht, kann den Auftraggeber unverhältnismäßig belasten. Vor diesem Hintergrund hegt der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass diese Bestimmung auch im Widerspruch zum rechtsstaatlichen Prinzip stehen könnte, weil der Rechtsschutzsuchende mit dem Rechtsschutzrisiko bis zur endgültigen Rechtsschutzgewährung einseitig belastet wird (vgl. VfSlg 17.340/2004 mwN, 19.922/2014). Wenngleich der Zweck der Sicherheitsleistung – die Sicherung der Strafverfolgung (vgl. § 7m Abs 3 AVRAG) – grundsätzlich geeignet scheint, einseitige Belastungen zu rechtfertigen, wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein, ob diese Form des Rechtsschutzes mit dem rechtsstaatlichen Prinzip bzw. dem daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes vereinbar ist."

4.Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle aussprechen, dass § 7m Abs 7 AVRAG nicht verfassungswidrig war, und den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegentritt (Zitat ohne die Hervorhebungen des Originals):

"3.1. Seit den 1990er Jahren haben alle Arbeitnehmer, die nach Österreich entsendet oder überlassen[en] werden, Anspruch auf Entgelt nach dem österreichischen Lohnniveau. Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die nach Österreich entsendet oder überlassen[en] werden (vgl. nunmehr § 3 des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes – LSD-BG, BGBl I Nr 44/2016, bzw. § 10 des ArbeitskräfteüberlassungsgesetzesAÜG, BGBl Nr 196/1988). Für aus der Europäischen Union nach Österreich entsandte Arbeitnehmer entspricht dies der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen; nach dieser Richtlinie soll den Arbeitnehmern grundsätzlich das im Aufnahmemitgliedstaat vorgesehene Lohnniveau zu gewähren sein.

3.2. Durch die – als Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSDB-G bezeichnete – Sammelnovelle BGBl I Nr 24/2011 wurden insb. durch eine Änderung des AVRAG Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping ergriffen und es wurde eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zur Überprüfung der Einhaltung des österreichischen Lohnniveaus begründet. Seither obliegt die Erhebung bzw. Kontrolle den Organen der Abgabenbehörden, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse, den Trägern der Krankenversicherung und der Wiener Gebietskrankenkasse als Kompetenzzentrum Lohn- und Sozialdumping Bekämpfung (Kompetenzzentrum LSDB). Diese behördliche Lohnkontrolle erfasst in Österreich tätige Arbeitnehmer, egal ob diese nach Österreich entsandt oder überlassen werden oder ihren gewöhnlichen Arbeitsort in Österreich haben oder in Österreich oder im Ausland sozialversichert sind. Arbeitgebern, die ihre Arbeitnehmer nach Österreich entsenden oder überlassen, wurden besondere Verpflichtungen auferlegt (wie etwa die Erstattung von Meldungen oder die Bereithaltung von Unterlagen). Aber auch Arbeitgebern, deren Arbeitnehmer ihren gewöhnlichen Arbeitsort in Österreich haben, wurden Verpflichtungen auferlegt (wie etwa Gewährung in die Einsicht von Unterlagen oder Übermittlung derselben; siehe § 7g Abs 2 AVRAG bzw. nunmehr § 14 LSD-BG). Verstöße gegen die entsprechenden Verwaltungsvorschriften wie auch Verstöße gegen die Verpflichtung zur Einhaltung des österreichischen Lohnniveaus (sogenannte Unterentlohnungen) sind mit Verwaltungsstrafe bedroht.

Um die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren und den Vollzug von Geldstrafen gegen den Arbeitgeber (Überlasser) sicherzustellen, wurde die Möglichkeit geschaffen, dass im Fall des Verdachts einer Unterentlohnung unter engen gesetzlichen Voraussetzungen die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde dem Auftraggeber (als unmittelbarem Vertragspartner des Arbeitgebers oder Überlassers) durch Bescheid auftragen kann, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheitsleistung binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Die Überweisung der Sicherheit an die Behörde wirkt für den Auftraggeber schuldbefreiend.

§7k AVRAG idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 24/2011 lautet:

'Sicherheitsleistung

§7k. (1) Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 7i Abs 3 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, kann die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in durch Bescheid auftragen, einen Teil des noch zu leistenden Werklohnes oder des Überlassungsentgeltes als Sicherheit zu erlegen. § 37 VStG ist in diesen Fällen, sofern in dieser Bestimmung nichts anderes vorgesehen ist, nicht anzuwenden.

(2) …

(3) Die Überweisung nach Abs 1 wirkt für den/die Auftraggeber/in oder den/die Beschäftiger/in gegenüber dem/der Auftragnehmer/in oder dem/der Überlasser/in im Ausmaß der Überweisung schuldbefreiend.

(4) …

(5) Berufungen gegen Bescheide nach Abs 1 haben keine aufschiebende Wirkung.

(6) bis (8) …'

In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt (ErläutRV 1076 BlgNR 24. GP 8):

'Um die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und den Vollzug einer Geldstrafe sicherzustellen, sieht § 7k in Anlehnung an § 37 Abs 1 2. Satz VStG die Möglichkeit der Einhebung einer Sicherheitsleistung mittels Bescheid durch die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde vor.

Besteht der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 7i Abs 3 (Unterschreitung des dem/der Arbeitnehmer/in gebührenden Grundlohns) und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Vollzug der Strafe aus Gründen, die in der Person des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder des/der Überlassers/Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert wird, kann die Bezirksverwaltungsbehörde vom/von der Auftraggeber/in oder (im Fall einer Arbeitskräfteüberlassung) vom/von der Beschäftiger/in mittels Bescheid einen Teil des noch zu leistenden Werklohns oder Überlassungsentgelts als Sicherheitsleistung einheben.'

Der bezogene § 37 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, lautet in seiner damaligen (bis zum Ablauf des geltenden) Fassung:

'Sicherheitsleistung

§37. (1) Besteht begründeter Verdacht, daß sich der Beschuldigte der Strafverfolgung oder dem Vollzug der Strafe entziehen werde, so kann ihm die Behörde durch Bescheid auftragen, einen angemessenen Betrag als Sicherheit zu erlegen oder durch Pfandbestellung oder taugliche Bürgen, die sich als Zahler verpflichten, sicherzustellen. Ebenso kann die Behörde vorgehen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Strafverfolgung oder der Vollzug der Strafe aus Gründen, die in der Person des Beschuldigten liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde.

(2) Die Sicherheit darf 2 180 Euro nicht übersteigen und keinesfalls höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe. Für den Fall, daß die aufgetragene Sicherheitsleistung nicht unverzüglich erfolgt, kann die Behörde als Sicherheit verwertbare Sachen beschlagnahmen, die dem Anschein nach dem Beschuldigten gehören; ihr Wert soll die Höhe des zulässigen Betrages der Sicherheit nicht übersteigen.

(3) Berufungen gegen Bescheide nach Abs 1 und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

(4) Die Sicherheit wird frei, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den Beschuldigten verhängte Strafe vollzogen ist, oder nicht binnen sechs Monaten der Verfall ausgesprochen wurde. Die als Sicherheit beschlagnahmte Sache wird auch frei, wenn vom Beschuldigten die aufgetragene Sicherheit in Geld erlegt oder sonst sichergestellt wird oder ein Dritter Rechte an der Sache glaubhaft macht.

(5) und (6) …'

Die Erläuterungen zu § 7k AVRAG enthalten keine näheren Ausführungen zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung. Im Hinblick auf die weitgehende Anlehnung des § 7k AVRAG an § 37 und im Besonderen die nahezu wortgleiche Formulierung der Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung, liegt es nahe, dass sich § 7k AVRAG auch in der Frage des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an § 37 VStG orientiert.

3.3. Durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 2014 – ASRÄG 2014, BGBl I Nr 94/2014, wurden die hier maßgeblichen Bestimmungen des AVRAG betreffend Lohn- und Sozialdumping geändert.

Die Möglichkeit der Verhängung einer Sicherheitsleistung gegenüber dem Auftraggeber (Beschäftiger) wurde unter Beibehaltung der gesetzlichen Voraussetzungen auf sämtliche Strafverfahren, die in Zusammenhang mit den lohnrechtlichen Bestimmungen des AVRAG stehen – somit auch in Bezug auf Administrativdelikte wie etwa Verstöße gegen die Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen oder die Bereithaltung von Unterlagen sowie die Gewährung der Einsicht in die bereitzuhaltenden Unterlagen oder Übermittlung derselben – ausgeweitet. Der frühere § 7k erhielt die Paragrafenbezeichnung '§7m.'.

Es wurde auch die Möglichkeit geschaffen, einen Zahlungsstopp gegenüber dem Auftraggeber (Beschäftiger) zu verhängen. Dieser soll verhindern, dass der Auftraggeber nach einer Erhebung oder Kontrolle Zahlungen leistet, die der Verhängung einer Sicherheitsleistung entgegenstehen. Der Zahlungsstopp ist von den Organen der Abgabenbehörden sowie der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unter denselben Voraussetzungen wie die Sicherheitsleistung zu verhängen.

Außerdem wurde in § 7l AVRAG die Möglichkeit geschaffen, eine 'vorläufige Sicherheit' einzuheben. Anders als die Sicherheitsleistung und der Zahlungsstopp gemäß § 7m AVRAG wird die vorläufige Sicherheit nicht gegenüber dem Auftraggeber (Beschäftiger), sondern gegenüber dem Arbeitgeber (Überlasser) festgesetzt. Die 'vorläufige Sicherheit' gemäß § 7l AVRAG richtet sich also gegen den Beschuldigten des zu Grunde liegenden Strafverfahrens, vergleichbar der 'Sicherheitsleistung' gemäß § 37 VStG.

3.4. Die §§7l und 7m AVRAG wurden durch die Novelle BGBl I Nr 113/2015 geändert; diese Änderungen betreffen jedoch nicht die wesentlichen Charakteristika von vorläufiger Sicherheit, Sicherheitsleistung und Zahlungsstopp.

3.5. Durch Art 1 des Bundesgesetzes BGBl I Nr 44/2016 wurden die Regelungen betreffend Lohn- und Sozialdumping in legistischer Hinsicht im Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSD-BG zusammengefasst. Das LSD-BG ist gemäß seinem § 72 Abs 1 [ist] mit in Kraft getreten und auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem ereignen. Die §§7a bis 7o AVRAG sind mit Ablauf des außer Kraft getreten, jedoch gemäß § 19 Abs 1 Z 38 AVRAG auf Sachverhalte weiter anzuwenden, die sich vor dem ereignet haben.

Die Vorschriften betreffend die vorläufige Sicherheit sowie die Sicherheitsleistung und den Zahlungsstopp (die bis zum Ablauf des geltenden §§7l und 7m AVRAG) sind nunmehr in den §§33 und 34 LSD-BG enthalten, wobei diese nur geringfügig geändert wurden.

4.1. Die auf den Anlassfall anwendbare Rechtslage stellt sich wie folgt dar: Gemäß § 7m Abs 3 AVTAG [gemeint: AVRAG] ist Voraussetzung für die Verhängung der Sicherheitsmaßnahmen, dass der begründete Verdacht einer bestimmten Verwaltungsübertretung (§§7b Abs 8, 7i oder 7k Abs 4 AVRAG) vorliegt und dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers (Überlassers) liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein wird.

4.2. Vorläufige Sicherheit, Zahlungsstopp und Sicherheitsleistung sind mit dem Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe begrenzt (siehe § 7l, § 7m Abs 1 bzw. § 7m Abs 6 AVRAG). Die Sicherheit, die vom Auftraggeber (Beschäftiger) zu erlegen ist, bezieht sich auf den noch zu leistenden Werklohn bzw. das noch zu leistende Überlassungsentgelt, das der Auftraggeber (Beschäftiger) dem Arbeitgeber (Überlasser) schuldet und besteht damit in einem Geldbetrag.

4.3. Durch die Verhängung eines Zahlungsstopps soll vermieden werden, dass der Auftraggeber (Beschäftiger) dem Arbeitgeber (Überlasser) Zahlungen leistet, die der Verhängung einer Sicherheitsleistung entgegenstehen. Der Zahlungsstopp darf dem Auftraggeber (Beschäftiger) jedoch nur dann aufgetragen werden, 'wenn eine vorläufige Sicherheit nach § 7l nicht festgesetzt oder nicht eingehoben werden konnte'. Daraus ergibt sich, dass die Sicherungsmaßnahmen, die sich gegen den Auftraggeber (Beschäftiger) richten, nur dann zu ergreifen sind, wenn die Sicherungsmaßnahme der vorläufigen Sicherheit gemäß § 7l AVRAG nicht möglich ist, dass die Behörde also primär eine Sicherungsmaßnahme gegenüber dem Arbeitgeber (Überlasser) – also dem Beschuldigten – zu ergreifen hat.

4.4. Entsprechend dem Vorrang der Sicherungsmaßnahmen gegenüber dem Arbeitgeber (Überlasser) hat die Erlegung einer vorläufigen Sicherheit durch diesen in Form eines Geldbetrages zur Folge, dass der Zahlungsstopp gegenüber dem Auftraggeber (Beschäftiger) von der Behörde aufzuheben (§7m Abs 1 letzter Satz AVRAG) und die Sicherheitsleistung für frei zu erklären ist (§7m Abs 8 dritter Satz AVRAG) (oder die Beschlagnahme aufzuheben ist; § 7l letzter Satz AVRAG).

4.5. Gemäß § 7m Abs 7 AVRAG (siehe nunmehr auch § 34 abs. 8 LSD-BG) hat die Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben wird, keine aufschiebende Wirkung.

5. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Für die Bundesregierung sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung sprechen würden."

In der Sache bringt die Bundesregierung vor:

"1. Vorbemerkung:

Da § 7m Abs 7 AVRAG mit Ablauf des außer Kraft getreten ist, geht die Bundesregierung davon aus, dass diese Bestimmung vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben werden kann, sondern dass der Verfassungsgerichtshof für den Fall, dass sich seine Bedenken als zutreffend erweisen, festzustellen haben wird, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung verfassungswidrig war (Art140 Abs 4 B-VG).

2. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:

2.1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist (vgl. zB VfSlg 19.532/2011) und ausschließlich beurteilt, ob die in Prüfung gezogene Bestimmung aus den in der Begründung des Einleitungsbeschlusses dargelegten Gründen verfassungswidrig ist. Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Einleitungsbeschluss dargelegten Bedenken.

2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung nicht 'unerlässlich' im Sinn von Art 136 Abs 2 B-VG sei; unerlässlich könnte sie nur dann sein, wenn der Erlag der Sicherheitsleistung gefährdet wäre, würde die Beschwerde beim Verwaltungsgericht aufschiebende Wirkung haben.

2.2.2. Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in einem Spannungsverhältnis zu dem in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs entwickelten rechtsstaatlichen Prinzip steht. Zudem stellt der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung eine Abweichung vom VwGVG dar, wonach der Beschwerde beim Verwaltungsgericht aufschiebende Wirkung zukommt (§13 VwGVG), die in Verwaltungsstrafsachen auch nicht ausgeschlossen werden kann (§41 VwGVG). Erweist sich ein in den Materiengesetzen vorgesehener Ausschluss der aufschiebenden Wirkung als mit dem rechtsstaatlichen Prinzip unvereinbar, so kann diese Regelung auch nicht als Abweichung vom Verfahrensrecht der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gemäß Art 136 Abs 2 B-VG erforderlich sein (siehe VfSlg 19.921/2014); das bedeutet allerdings nicht, dass gesetzliche Bestimmungen, die die aufschiebende Wirkung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht ausschließen, von vornherein verfassungswidrig wären (siehe VfSlg 19.969/2015).

2.2.3. Dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zur Regelung der Sicherheitsleistung im Sinne des Art 136 Abs 2 B-VG erforderlich ist, erklärt sich schon aus den Voraussetzungen über die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung selbst: Gemäß § 7m Abs 3 AVRAG ist eine Sicherheitsleistung nur dann vorzuschreiben, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen (gemäß § 34 LSD-BG: 'im Einzelfall') anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung (oder der Strafvollzug) aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers (Überlassers) liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde.

Gemäß § 13 Abs 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht ausschließen, wenn – nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien – der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Die Voraussetzungen des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde (nämlich das Vorliegen einer Gefahr im Verzug) entsprechen demnach inhaltlich jenen der Vorschreibung einer Sicherheitsleistung (nämlich die wesentliche Erschwernis des Strafvollzugs). Einzig eine Interessenabwägung im Einzelfall scheidet bei Anwendung des § 7m Abs 7 AVRAG – im Unterschied zur Anwendung des § 13 Abs 2 VwGVG – aus.

§7m Abs 7 AVRAG hat diese Interessenabwägung, die bei Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Einzelfall gemäß § 13 Abs 2 VwGVG vorzunehmen wäre, allerdings vorweggenommen und damit das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Strafverfolgung (des Strafvollzugs) als dem individuellen Interesse des Arbeitgebers (Überlassers) an vorläufiger Nicht-Leistung einer Sicherheit überwiegend angenommen. Für die Bundesregierung besteht kein Zweifel daran, dass ein solches öffentliches Interesse an der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping besteht (siehe etwa die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes, Rs C–438/05, Viking Line, Randnr. 78 und 79; Rs C–341/05, Laval, Randnr. 103 bis 105; Rs C–60/03, Wolff/Müller, Randnr. 35 und 41; Rs C–490/04, Kommission/Deutschland, Randnr. 70).

Hätte die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen den Bescheid, mit dem eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben wird, aufschiebende Wirkung, wäre eine Sicherheit zunächst nicht zu leisten. Da aber die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung nur in jenen Fällen stattfindet, in denen auf Grund bestimmter Tatsachen (im Einzelfall) anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers (Überlassers) gelegen sind, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, könnte die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung ihren Zweck, nämlich die Strafverfolgung (den Strafvollzug) sicherzustellen, nicht erreichen; oder anders gesagt: Es könnte auch in jenen Fällen, in denen sich der Arbeitgeber (Überlasser) der Strafverfolgung zu entziehen droht, eine Sicherheitsleistung zunächst nicht eingehoben werden. Die Bundesregierung bezweifelt, dass dies aus Gründen des Rechtsstaates geboten ist.

Wohl aus demselben Grund sieht auch § 37 Abs 3 VStG vor, dass die Beschwerde gegen einen Bescheid, mit dem eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben wird, keine aufschiebende Wirkung hat. Die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung gemäß § 37 VStG sind aber im Wesentlichen dieselben wie für die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung gemäß § 7m Abs 3 AVRAG. Soweit ersichtlich, sind gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 Abs 3 VStG bisher keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden.

2.2.4. Die Sicherheitsleistung ist zudem mit der Höhe der offenen Forderungen des Arbeitgebers (Überlassers) beschränkt (siehe ). Da die Verhängung einer Sicherheitsleistung zur Folge hat, dass der Zahlungsstopp wegfällt, könnte der Auftraggeber (Beschäftiger) – falls der Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem die Sicherheitsleistung vorgeschrieben wird, aufschiebende Wirkung zukäme – dem Arbeitgeber (Überlasser) den Werklohn oder das Überlassungsentgelt leisten, sodass die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung mangels eines noch zu leistenden Werklohns bzw. noch zu leistenden Entgelts nicht mehr in Frage käme. Die vorläufige Sicherheit würde daher auch aus diesem Grund ihren Zweck nicht erreichen können.

2.2.5. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs, dass einem Auftraggeber (Beschäftiger) ein unverhältnismäßig hoher Nachteil drohen könnte, wenn die Behörde den fälligen Werklohn grob unrichtig ermittelt und daher eine zu hohe Sicherheitsleistung vorschreibt (Rz. 23 des Prüfungsbeschlusses), sind nach Ansicht der Bundesregierung unbegründet. Zwar trifft es zu, dass der zur Sicherheitsleistung Verpflichtete zunächst einseitig mit einer allfälligen rechtswidrigen Vorschreibung einer Sicherheitsleistung belastet wird. Dies ist aber bei der Vorschreibung einer Sicherheitsleistung gemäß § 37 VStG nicht anders. Hier wie dort scheint das Risiko, dass die Behörde (trotz eines solchen Nachweises des Auftraggebers/Beschäftigers) eine rechtswidrige Sicherheitsleistung vorschreibt, jedoch gemessen am öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der Strafverfolgung (des Strafvollzugs) von untergeordneter Bedeutung. Im Fall des § 7m AVRAG hat der Auftraggeber (Beschäftiger) überdies die Möglichkeit, im Verfahren über die Vorschreibung der Sicherheitsleistung entsprechende Belege vorzulegen, aus denen die Höhe der offenen Forderungen des Arbeitgebers (Überlassers) hervorgeht.

3. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass § 7m Abs 7 AVRAG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig war."

5.Die im Anlassfall beschwerdeführende Partei hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der Folgendes vorgebracht wird:

"2. Der Verfassungsgerichtshof verweist auf das Verfahren G283/2016, wonach im Falle einer Sicherheitsleistung dem Auftraggeber keine Zahlungsverpflichtung auferlegt wird, die sich gegenüber dem Auftragnehmer nicht bereits aus dem Zivilrecht ergeben würde. Der Auftraggeber sei nicht verpflichtet, die Sicherheitsleistung vor Fälligkeit des Werklohnes zu leisten, es gehe immer nur um jenen Werklohn oder Teile desselben, den der Auftraggeber tatsächlich bereits schuldet. Der dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegende Fall zeigt, dass in der Praxis die Auferlegung von Sicherheitsleistungen anders gehandhabt wird. Es wird das Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich LVwG-301401/7/SE vom und die aufgetragene Antwort auf dieses Schreiben samt Anlagen vorgelegt. Im gegenständlichen Verfahren waren zum Zeitpunkt der Auferlegung der Sicherheitsleistung aus dem Auftrag EUR 3.035,43 an Werklohn aushaftend, allerdings hatte die Auftraggeberin noch Gegenforderungen abzurechnen und wäre schließlich auch die Frage eines Haftrücklasses zu klären. Die auferlegte Sicherheitsleistung hat aber EUR 20.000,00 betragen.

3. Bereits dies zeigt, dass in der Praxis Sicherheitsleistungen auferlegt werden, die weit höher liegen, als die zivilrechtlich gegebene Zahlungsverpflichtung des Auftraggebers. Da jedoch die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gemäß § 7m Abs 7 AVRAG ausgeschlossen ist, führt die Auferlegung einer höheren Sicherheitsleistung, als sie bereits im [gemeint: in] Form des Werklohnes fällig wäre, tatsächlich zu einer unzulässigen Strafe für fremdes Verhalten und somit zu einer Verletzung der Bestimmungen des Art 7 B-VG sowie Art 5 StGG und Art 1.1.ZP EMRK, wie dies im Verfahren G283/2016 von den beantragenden Landesverwaltungsgerichten formuliert wurde. Ein derartiges Ergebnis kann nur vermieden werden, wenn Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird.

4. Wenn als Sicherheitsleistung tatsächlich nur jener Betrag zur Zahlung auferlegt wird, der dem bereits zur Zahlung fälligen Werklohn entspricht, wird der Auftraggeber keinen Grund für eine Beschwerdeführung haben, da ihm dies ja nur zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten verursacht. Eine Beschwerde wird nur erfolgen, wenn eine höhere Sicherheitsleistung auferlegt wird. Aus Sicht des Auftraggebers ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zur Sicherung der Einbringlichmachung von Strafen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping daher keinesfalls unerlässlich: wenn nur der fällige Werklohn abgeschöpft wird, wird es seitens des Auftraggebers keine Beschwerdeverfahren geben, wenn ein höherer Betrag auferlegt wird, ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde aber zwingend, weil sonst der Auftraggeber tatsächlich Zahlungen bzw. Strafen für fremdes Verhalten zu leisten hätte.

5. Es ist notwendig aufzuzeigen, dass die Praxis völlig anders ist, als sie der Verfassungsgerichtshof im Verfahren G283/2016 als selbstverständlich angesehen hat. Den rechtsfreundlichen Vertretern der beteiligten Partei sind Fälle bekannt, dass [gemeint: in denen] sich die Behörde weigerte, die Sicherheitsleistung zurückzubezahlen, selbst nachdem in erster Instanz eine weit niedrigere Sanktion ausgesprochen wurde, als die Sicherheitsleistung ausmachte (Sicherheitsleistung über EUR 30.000,00, Sanktion EUR 10.000,00) und selbst nachdem in zweiter Instanz die Strafe überhaupt aufgehoben wurde und lediglich eine Ermahnung ausgesprochen wurde, dauerte es Wochen, bis die Sicherheitsleistung rückerstattet wurde (WO9-STR-1569/2016; KLVwG-1537-1541/6/2016). Den rechtsfreundlichen Vertretern der beteiligten Partei sind weiters Fälle bekannt, in denen bereits der Verfall der vorläufigen Sicherheit ausgesprochen wurde, obwohl das Verfahren noch nicht einmal rechtskräftig beendet ist, mit der Begründung, dass sonst die vorläufige Sicherheit ja nach Ablauf eines Jahres zurückzubezahlen wäre (vergleiche VK9-STR-1875/2016, KLVwG-2337-2338/4/2016, KLVwG-2339-2342/4/2016). Wenn in derartigen Fällen eine höhere Sicherheitsleistung auferlegt wird, als der tatsächliche fällige Werklohn, und den Beschwerden keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, kommt es zwingend zu einem rechtswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Auftraggebers.

6. Erschwerend kommt hinzu, dass im Verfahren über die Sicherheitsleistung den Auftragnehmern zumindest in erster Instanz regelmäßig keine Parteistellung zuerkannt wird. Voraussetzung für die Sicherheitsleistung ist jedoch gemäß § 7m Abs 3 AVRAG das Vorliegen eines begründetet [gemeint: begründeten] Verdachtes sowie dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert wäre. Es muss daher eine entsprechende Überprüfung erfolgen, ob diese Voraussetzungen gegeben sind. Wenn eine derartige Überprüfung unterbleibt oder wenn eine Sicherheitsleistung auferlegt wird, obwohl keine Gründe dafür gegeben sind, um an der Möglichkeit der Strafverfolgung oder des Strafvollzuges zu zweifeln, bewirkt die Auferlegung der Sicherheitsleistung einen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Auftragnehmers. In diesem Fall wird die Sicherheitsleistung rechtswidrigerweise für die Dauer des Verfahrens zurückgehalten, wobei Verfahren ohne weiteres auch zwei Jahre in Anspruch nehmen können. Da es sich um bereits fällige Werklohnforderungen handelt, bewirkt dies gerade bei Kleinunternehmen häufig [eine] problematische Liquiditätsengpässe, da sie ja sowohl den Personalaufwand, als auch den Materialaufwand regelmäßig vorfinanzieren.

7. Da Sicherheitsleistungen nach § 7m AVRAG (bzw. den nunmehrigen entsprechenden Nachfolgebestimmugen des LSD-BG) nur bei Aufträgen an Auftragnehmer aus dem EU- bzw. EWR-Ausland in Betracht kommen, ergibt sich zusätzlich die unionsrechtliche Problematik, ob § 7m AVRAG insgesamt und speziell § 7m Abs 7 AVRAG mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art 56 AEUV vereinbar ist. Da es nur bei Beauftragung eines Auftragnehmers aus der EU- bzw. dem EWR geschehen kann, dass der Auftraggeber in Form einer Sicherheitsleistung Zahlungen tätigen muss, denen kein fälliger Werklohn entgegen steht, diesbezüglich aber keine wirksame Beschwerdemöglichkeit zur Verfügung steht, da eine Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, und da es nur bei derartigen Auftragsverhältnissen vorkommen kann, dass ein Auftragnehmer für die Dauer des Verfahrens auf den bereits fälligen Werklohn warten muss, obwohl sich der dringende Tatverdacht nicht bestätigt oder obwohl die Durchführung des Strafverfahrens und des Strafvollzuges niemals zweifelhaft waren, erweist sich die Beauftragung von Unternehmen aus anderen EU-Mitglied[s]staaten als eindeutig weniger attraktiv als die Beauftragung österreichischer Auftragnehmer. Dies wäre aber ein klarer Verstoß gegen Art 56 AEUV und daher unionsrechtlich § 7m Abs 7 AVRAG nicht einmal anwendbar, dies wegen des Primats des Unionsrechtes."

II.Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AVRAG, BGBl 459/1993 idF BGBl I 113/2015, lauten wie folgt (die in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Strafbestimmungen

§7i. […]

(4) Wer als

1. Arbeitgeber/in im Sinne der §§7, 7a Abs 1 oder 7b Abs 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2. Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

3. Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.

[…]

Sicherheitsleistung – Zahlungsstopp

§7m. (1) Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§7b Abs 8, 7i oder 7k Abs 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder we-sentlich erschwert sein wird, können die Organe der Abgabenbehörden in Ver-bindung mit den Erhebungen nach § 7f sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in schriftlich auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder Teile davon nicht zu zahlen (Zahlungsstopp). § 50 Abs 6 erster Satz VStG findet sinngemäß Anwendung. Der Zahlungsstopp ist in jenem Ausmaß nicht wirksam, in dem der von ihm genannte Betrag höher ist als der noch zu leistende Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt. Der Zahlungsstopp darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe. Leistet der/die Auftraggeber/in oder der/die Beschäftiger/in entgegen dem Zahlungsstopp den Werklohn oder das Überlassungsentgelt, gilt im Verfahren nach Abs 3 der Werklohn oder das Überlassungsentgelt als nicht geleistet. Die Organe der Abgabenbehörden sowie die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse dürfen einen Zahlungsstopp nur dann auftragen, wenn eine vorläufige Sicherheit nach § 7l nicht festgesetzt oder nicht eingehoben werden konnte. Leistet der/die Auftragnehmer/in oder der/die Überlasser/in die vorläufige Sicherheit nachträglich oder eine Sicherheit, ohne dass eine solche festgesetzt wurde, aus eigenem, ist der Zahlungsstopp von der Bezirksverwaltungsbehörde durch Bescheid aufzuheben; ein allfälliges Verfahren nach Abs 3 ist einzustellen.

(2) Die Abgabenbehörden und die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse haben nach Verhängung eines Zahlungstopps nach Abs 1 binnen drei Arbeitstagen bei der Bezirksverwaltungsbehörde die Erlegung einer Sicherheit nach Abs 3 zu beantragen, widrigenfalls der Zahlungsstopp außer Kraft tritt. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat darüber innerhalb von zehn Arbeitstagen ab Einlangen des Antrages zu entscheiden, widrigenfalls der Zahlungsstopp außer Kraft tritt. In diesen Verfahren haben die im ersten Satz genannten Einrichtungen Parteistellung, soweit diese den Antrag auf Erlegung einer Sicherheit gestellt haben. Diese können gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde beim Verwaltungsgericht und gegen das Erkenntnis oder den Beschluss eines Verwaltungsgerichts Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben.

(3) Liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§7b Abs 8, 7i oder 7k Abs 4 vor und ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, kann die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in durch Bescheid auftragen, den noch zu leistenden Werklohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Die §§37 und 37a VStG sind in diesen Fällen, sofern in dieser Bestimmung nichts anderes vorgesehen ist, nicht anzuwenden. Mit Erlassung eines Bescheides fällt der Zahlungsstopp weg.

(4) Als Werklohn oder als Überlassungsentgelt gilt das gesamte für die Erfüllung des Auftrages oder der Überlassung zu leistende Entgelt.

(5) Die Überweisung nach Abs 3 wirkt für den/die Auftraggeber/in oder den/die Beschäftiger/in gegenüber dem/der Auftragnehmer/in oder dem/der Überlasser/in im Ausmaß der Überweisung schuldbefreiend.

(6) Die Sicherheitsleistung darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe. Der/die Auftraggeber/in oder der/die Beschäftiger/in ist verpflichtet, auf Anfrage der Bezirksverwaltungsbehörde die Höhe und Fälligkeit des Werklohnes oder des Überlassungsentgeltes bekannt zu geben. Können aus dem noch zu leistenden Werklohn oder Überlassungsentgelt die Sicherheitsleistung sowie der sich aus § 67a ASVG und § 82a EStG ergebende Haftungsbetrag nicht bedeckt werden, kann der/die Auftraggeber/in oder der/die Beschäftiger/in von seinem Recht zur Leistung des Werklohns an das Dienstleistungszentrum (§67c ASVG) jedenfalls Gebrauch machen.

(7) Beschwerden gegen Bescheide nach Abs 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Sicherheit für frei zu erklären, wenn das Verfahren eingestellt wird oder die gegen den/die Auftragnehmer/in oder den/die Überlasser/in verhängte Strafe vollzogen ist, oder nicht binnen eines Jahres der Verfall ausgesprochen wurde. In Verfahren nach § 7i Abs 5 findet der erste Satz Anwendung mit der Maßgabe, dass die Sicherheit für frei zu erklären ist, wenn nicht binnen zwei Jahren der Verfall ausgesprochen wurde. Die Sicherheit ist auch dann für frei zu erklären, wenn sie vom/von der Auftragnehmer/in oder dem/der Überlasser/in erlegt wird. Frei gewordene Sicherheiten sind an den/die Auftraggeber/in oder den/die Beschäftiger/in auszuzahlen.

(9) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Sicherheit für verfallen zu erklären, sobald sich die Strafverfolgung des Auftragnehmers oder der Aufragnehmerin oder des Überlassers oder der Überlasserin oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist. § 17 VStG ist sinngemäß anzuwenden.

(10) Für die Verwertung verfallener Sicherheiten gilt § 37 Abs 6 VStG sinngemäß, wobei ein allfälliger Restbetrag an den/die Auftraggeber/in oder den/die Beschäftiger/in auszuzahlen ist."

§7m AVRAG ist gemäß BGBl I 44/2016 mit Ablauf des mit der Maßgabe außer Kraft getreten, dass diese Bestimmung weiterhin auf Sachverhalte Anwendung findet, die sich vor dem ereignet haben.

2. Das VwGVG, BGBl I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, lautet auszugsweise wie folgt:

"2. Hauptstück

Verfahren

[…]

2. Abschnitt

Vorverfahren

[…]

Aufschiebende Wirkung

§13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 4 und Abs 2 Z 1 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

[…]

3. Abschnitt

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

[…]

Aufschiebende Wirkung

§22. (1) Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG haben keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

[…]

3. Hauptstück

Besondere Bestimmungen

[…]

2. Abschnitt

Verfahren in Verwaltungsstrafsachen

[…]

Aufschiebende Wirkung

§41. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde kann nicht ausgeschlossen werden."

III.Erwägungen

1.Zur Zulässigkeit des Verfahrens

Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich als zutreffend erwiesen:

2.Der Verfassungsgerichtshof hat im Prüfungsbeschluss dargelegt, dass § 7m Abs 7 AVRAG einen generellen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vorsieht. In seiner bisherigen Rechtsprechung hob der Verfassungsgerichtshof mehrfach Regelungen auf, die einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vorsahen (vgl. VfSlg 11.196/1986 zur Berufung gegen Abgabenbescheide; 13.003/1992 zum Einspruch gegen Bescheide, mit denen Beiträge nach dem ASVG vorgeschrieben wurden; 14.374/1995 zur Ausweisung von Fremden; 14.765/1997 zu Umlagenvorschreibungen der Österreichischen Apothekerkammer; 15.511/1999 zur Berufung in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes; 16.460/2002 zu Nachbarberufungen im betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren nach der Gewerbeordnung; 17.340/2004 zur Berufung gegen zurückweisende Entscheidungen im Asylverfahren; 19.921/2014 zu Beschwerden in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe; 19.922/2014 zu Beschwerden gegen die bescheidmäßige Anordnung erkennungsdienstlicher Behandlung nach dem Sicherheitspolizeigesetz). Der Gesetzgeber hat zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips die Position des Rechtsschutzsuchenden, Zweck und Inhalt der Regelung, Interessen Dritter sowie das öffentliche Interesse zu berücksichtigen und unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich zu schaffen, wobei dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukommt und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig ist (vgl. VfSlg 11.196/1986, 13.003/1992, 14.374/1995, 15.511/1999, 19.921/2014).

Unter Anwendung dieser Grundsätze erkannte der Verfassungsgerichtshof aber etwa eine Bestimmung als verfassungskonform, die die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen einen Versetzungsbescheid nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 ausschloss. Der Gesetzgeber hat in diesem Fall einen den Grundsätzen des Rechtsstaatsprinzips entsprechenden Ausgleich geschaffen, indem er vorsah, dass der bisherige Arbeitsplatz des Beamten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Versetzung nur provisorisch besetzt werden durfte und damit sichergestellt war, dass der rechtsschutzsuchende Beamte für den Fall seines Obsiegens auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren konnte (VfSlg 18.383/2008).

2.1. Die Bundesregierung verweist in ihrer Äußerung auf § 13 Abs 2 VwGVG, der vorsieht, dass die Behörde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausschließen kann, wenn der vorzeitige Vollzug des Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten erscheint. Nach Auffassung der Bundesregierung bewirkt der in § 7m Abs 7 AVRAG normierte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beim Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung an den Auftraggeber, dass die in § 13 Abs 2 VwGVG der Behörde vorbehaltene im Einzelfall durchzuführende Abwägung vom Gesetzgeber hier vorweggenommen werde. Der Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung gemäß § 7m AVRAG sei zulässig, soweit auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen sei, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers/Auftragnehmers/Überlassers liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert würde. Die Verhängung einer Sicherheitsleistung setze daher eine Einzelfallprüfung voraus, die die gesetzliche Vermutung – der Beschwerde sei wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung abzuerkennen – rechtfertige. Die Bundesregierung führt weiter aus, dass die aufschiebende Wirkung beim Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung gegen den Beschuldigten gemäß § 37 Abs 3 VStG aus denselben Gründen ausgeschlossen sei. Die Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung nach § 37 VStG und § 7m AVRAG seien im Wesentlichen gleich. Soweit ersichtlich, seien gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 37 Abs 3 VStG bisher keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden.

2.2. Die Bundesregierung setzt damit die Sicherheitsleistung nach § 37 VStG mit jener nach § 7m AVRAG gleich, obwohl die Sicherheitsleistung nach § 7m AVRAG dem Vertragspartner des Beschuldigten und nicht dem Beschuldigten selbst auferlegt wird. Der absolute Ausschluss der aufschiebenden Wirkung kann aber nicht mit Gründen, die in der Person des Beschuldigten liegen, gerechtfertigt werden. Die Einzelfallprüfung beim Auftrag zum Erlag der Sicherheitsleistung nach § 7m AVRAG berücksichtigt nämlich ausschließlich Gründe, die in der Person des Beschuldigten liegen: Es bedarf eines begründeten Verdachts einer Verwaltungsübertretung und bestimmter Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers/Auftragnehmers/Überlassers liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde (§7m Abs 3 AVRAG). Eine Prüfung, die die Interessen des Auftraggebers berücksichtigt, wird jedoch weder vom Gesetzgeber noch vom Verwaltungsgericht vorgenommen. Der Auftraggeber wird daher bei rechtswidriger Festsetzung der Höhe der Sicherheitsleistung, ohne Abwägung seiner Interessen, einseitig mit dem Rechtsschutzrisiko belastet.

3.1. Die Bundesregierung weist in ihrer Äußerung auf das öffentliche Interesse der Sicherung der Strafverfolgung bzw. des Strafvollzugs hin, das – bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung – vereitelt würde. Die Bundesregierung bringt außerdem vor, dass der Zahlungsstopp auch bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wegfiele. Da der Auftraggeber dem Auftragnehmer/Beschuldigten den Werklohn schuldbefreiend leisten könne, komme eine Sicherheitsleistung nach § 7m AVRAG nicht mehr in Betracht.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof gelangt zur Ansicht, dass es dem Gesetzgeber nicht gelungen ist, den zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips erforderlichen Ausgleich zwischen den in § 7m AVRAG berührten Interessen zu gewährleisten: Der Gesetzgeber hat zwar im ersten Verfahrensschritt den Interessen des Auftraggebers im behördlichen Verfahren zum Erlag einer Sicherheitsleistung Rechnung getragen, indem etwa der Zahlungsstopp außer Kraft tritt, sofern die Behörde nicht binnen zehn Tagen den Erlag einer Sicherheitsleistung aufträgt (vgl. § 7m Abs 2 AVRAG). Im weiteren Verfahren nach dem Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung hat der Gesetzgeber eine vergleichbare Interessenabwägung aber weder selbst vorgenommen noch hat er das Verwaltungsgericht zu einer solchen ermächtigt, sodass die Interessen des – sich rechtmäßig verhaltenden – Auftraggebers gegen eine (allenfalls auch grob) unrichtige Festsetzung der Sicherheitsleistung gänzlich unberücksichtigt bleiben. Der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wirkung verhindert eine einzelfallbezogene Abwägung der betroffenen Interessen durch das Verwaltungsgericht. Das Rechtsstaatsprinzip und der daraus abgeleitete Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes verbieten jedoch, dass der Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung seines Rechtsschutzgesuchs belastet wird. Eine von den allgemeinen Bestimmungen der Verfahrensgesetze abweichende Regelung ist aber nur dann zulässig (Art136 Abs 2 B-VG), wenn sie nicht anderen Verfassungsbestimmungen, etwa dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes widerspricht (vgl. VfSlg 17.340/2004, 19.922/2014).

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die Sicherheitsleistung nach § 7m AVRAG zur Sicherung der Strafverfolgung notwendig und auch ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in vielen Fällen erforderlich sein mag. § 7m Abs 7 AVRAG geht jedoch über eine unerlässliche Abweichung von § 13 VwGVG hinaus, weil die Bestimmung nicht bloß eine Umkehrung des in § 13 VwGVG geschaffenen Systems der aufschiebenden Wirkung vorsieht (wie etwa § 16 Abs 2 BFA-Verfahrensgesetz), sondern den Rechtsschutzsuchenden generell und ohne Überprüfungsmöglichkeit im Rechtsmittelweg einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen Entscheidung so lange belastet, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist (vgl. VfSlg 13.003/1992, 19.921/2014).

3.3. Die konkrete Ausgestaltung eines Systems, das sowohl den verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch den faktischen Gegebenheiten beim Vollzug des AVRAG entspricht, insbesondere im Hinblick auf den in § 7m Abs 3 letzter Satz AVRAG vorgesehenen Wegfall des Zahlungsstopps, liegt im gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum.

IV.Ergebnis

1.Die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift erweist sich sohin als verfassungswidrig. Da sie gemäß BGBl I 44/2016 mit Ablauf des außer Kraft getreten ist, hat sich der Verfassungsgerichtshof auf die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit zu beschränken (Art140 Abs 4 B-VG).

2.Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruchs beruht auf Art 140 Abs 5 zweiter Satz B-VG und § 64 Abs 2 iVm § 65 Z 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2018:G260.2017
Schlagworte:
Verwaltungsgerichtsverfahren, Wirkung aufschiebende, Rechtsschutz, Rechtsstaatsprinzip, Arbeitsrecht, Arbeitsvertrag, Sicherheitsleistung, Verwaltungsstrafrecht, Verwaltungsstrafverfahren

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