VfGH vom 12.06.2020, G252/2019 ua (G252/2019-13)

VfGH vom 12.06.2020, G252/2019 ua (G252/2019-13)

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des ÄrzteG 1998 betreffend die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr durch die Ärztekammer mangels Zustimmung der beteiligten Länder; Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr sowie ihres Anhangs mangels gesetzlicher Grundlage

Spruch

I.1. Die Zeichenfolge "10," in § 117c Abs 2 Z 1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169, idF BGBl I Nr 20/2019 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II.1. Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 2. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 2/2019, veröffentlicht am auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), war im Hinblick auf die Zeichenfolge "10," in § 1, die Zeichenfolge ", 10" in § 4 und der Anhang der Verordnung (Tarif 2019) im Hinblick auf die Zeichenfolge "§10 und" in Punkt 3. gesetzwidrig.

2. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

III.Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, § 10 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 25/2017 (im Folgenden: ÄrzteG 1998), § 13b Z 2 und § 117c Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 sowie § 117c Abs 2 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 20/2019 als verfassungswidrig aufzuheben. Weiters begehrt das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG, die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 2. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 2/2019, veröffentlicht am auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), samt Anhang (im Folgenden: Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. § 10 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014, Abs 2 Z 4 und Abs 8 zuletzt geändert durch BGBl I 25/2017, lautet wie folgt:

"Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt

§10. (1) Ausbildungsstätten für die Ausbildung gemäß § 8 sind Abteilungen und sonstige Organisationseinheiten von Krankenanstalten, einschließlich Universitätskliniken, sonstige Organisationseinheiten von Medizinischen Universitäten oder Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist, Sonderkrankenanstalten, Untersuchungsanstalten der Gesundheitsverwaltung, arbeitsmedizinische Zentren gemäß § 80 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), BGBl Nr 450/1994, Anstalten, die für die Unterbringung geistig abnormer oder entwöhnungsbedürftiger Rechtsbrecher bestimmt sind, sowie Krankenabteilungen in Justizanstalten, die von der Österreichischen Ärztekammer als Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches anerkannt worden sind.

(2) Die Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches ist zu erteilen, wenn gewährleistet ist, dass entsprechend den fachlichen Erfordernissen die Ausbildungsstätte

1. nachweislich über einen fachärztlichen Dienst verfügt, der von einem Facharzt des betreffenden Sonderfaches geleitet wird, dieser oder der den Leiter vertretende Facharzt zumindest während der Kernarbeitszeit anwesend ist, sodass die Anleitung und Aufsicht der Turnusärzte gewährleistet ist, und neben diesem mindestens ein weiterer zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Facharzt des betreffenden Sonderfaches beschäftigt ist; unter Bedachtnahme auf die Besonderheit einzelner Sonderfächer kann die Leitung der Ausbildungsstätte auch von einem Absolventen einer entsprechenden anderen naturwissenschaftlichen Studienrichtung wahrgenommen werden, sofern mit der unmittelbaren Anleitung der und Aufsicht über die Turnusärzte ein Facharzt des betreffenden Sonderfaches betraut worden ist;

2. im Hinblick auf die von ihr erbrachten medizinischen Leistungen nach Inhalt und Umfang den Turnusärzten die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten entsprechend der Sonderfach-Grundausbildung sowie der Sonderfach-Schwerpunktausbildung vermittelt;

3. über alle zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlichen fachlichen Einrichtungen und Geräte einschließlich des erforderlichen Lehr- und Untersuchungsmaterials verfügt;

4. sofern pflegerische Leistungen zu erbringen sind, über einen Pflegedienst verfügt, der die Durchführung jener Tätigkeiten, die in § 15 Abs 5 GuKG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr 185/2013 ausdrücklich bezeichnet sind, gewährleistet und Turnusärzte für diese Tätigkeiten insbesondere im Zeitraum der neunmonatigen Basisausbildung herangezogen werden können, wenn dies für den Erwerb der für die Erreichung des Ausbildungsziels erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten notwendig ist;

5. über ein schriftliches Ausbildungskonzept verfügt, das die Vermittlung der Lerninhalte gemäß den auf Basis dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen zeitlich und inhaltlich strukturiert festlegt.

(3) Gleichzeitig mit der Anerkennung einer Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches gemäß § 8 ist die Zahl der Ausbildungsstellen für die Sonderfach-Grundausbildung sowie die Sonderfach-Schwerpunktausbildung, festzusetzen. Dabei sind die in Abs 2 für die Anerkennung als Ausbildungsstätte genannten Voraussetzungen einschließlich der Zahl der ausbildenden Ärzte, die allfällige Bettenzahl sowie der Inhalt und Umfang der medizinischen Leistungen der Einrichtung entsprechend zu berücksichtigen.

(4) Für jede Ausbildungsstelle gemäß Abs 3 ist neben dem Ausbildungsverantwortlichen oder dem mit der unmittelbaren Anleitung und Aufsicht der Turnusärzte betrauten Facharzt mindestens ein weiterer in Vollzeitbeschäftigung (oder mehrere teilzeitbeschäftigte Fachärzte im Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung) stehender zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Facharzt des betreffenden Sonderfaches zu beschäftigen.

(5) Zum Zweck der längerfristigen Sicherstellung der fachärztlichen Versorgung der österreichischen Bevölkerung kann die Bundesministerin für Gesundheit nach Anhörung der Kommission für die ärztliche Ausbildung gemäß Artikel 44 der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, BGBl I Nr 105/2008, in der Fassung BGBl I Nr 199/2013, im Rahmen der Verordnung über die Ärzte-Ausbildung (§24 Abs 1) darüber hinaus festlegen, dass vom ausbildungsrechtlichen Erfordernis des Abs 4 bei der Festsetzung von Ausbildungsstellen in einzelnen zu bestimmenden Sonderfächern für eine zu bestimmende Dauer abzusehen ist, sofern nicht die Bewilligung einer einzigen Ausbildungsstelle angestrebt wird. Zusätzlich kann die Bundesministerin für Gesundheit durch Verordnung Begleitmaßnahmen zur Sicherung der Ausbildungsqualität festlegen.

(6) Die Anerkennung als Ausbildungsstätte und Festsetzung von Ausbildungsstellen hat erforderlichenfalls unter Auflagen und Bedingungen zu erfolgen, wenn deren Erfüllung oder Einhaltung für die gesetzmäßige Ausübung der Ausbildungstätigkeit, die Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen Ausbildungsniveaus oder zur Wahrung der Ausbildungsvoraussetzungen nach diesem Gesetz geboten ist.

(7) Die erstmalige Anerkennung als Ausbildungsstätte wird für einen Zeitraum von sieben Jahren erteilt, gerechnet ab dem im Anerkennungsbescheid festgelegten Wirksamkeitsdatum. Der Zeitraum verlängert sich jeweils um sieben Jahre, sofern das Rezertifizierungsverfahren gemäß § 13a ergibt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung weiterhin bestehen.

(8) Die Anerkennung als Ausbildungsstätte ist unbeschadet des in Abs 7 festgelegten Anerkennungszeitraumes von der Österreichischen Ärztekammer zurückzunehmen oder einzuschränken, wenn

1. die für die Anerkennung als Ausbildungsstätte erforderlichen Voraussetzungen schon ursprünglich nicht gegeben waren oder

2. diese teilweise oder zur Gänze weggefallen sind oder

3. Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Anforderungen an die Ausbildung nicht oder nicht mehr erfüllt werden oder

4. Veränderungen im Versorgungsauftrag, der Leistungsstatistik und/oder der personellen oder materiellen Ausstattung der Ausbildungsstätte auftreten, die die Ausbildung nicht mehr gewährleisten.

Gleiches gilt sinngemäß für die Zahl der festgesetzten Ausbildungsstellen. Der Träger der Ausbildungsstätte hat im Falle einer Umstrukturierung einer Ausbildungsstätte dies der Österreichischen Ärztekammer unverzüglich schriftlich bekanntzugeben, wobei die Anerkennung weiterhin bestehen bleibt, sofern die Voraussetzungen für eine Anerkennung weiterhin erfüllt sind.

(9) Mit der Anerkennung als Ausbildungsstätte kann das Anerkennungsausmaß entsprechend eingeschränkt werden, wenn die Ausbildungsstätte nicht das gesamte Gebiet der betreffenden Sonderfach-Grundausbildung oder Sonderfach-Schwerpunktausbildung umfasst oder die von ihr erbrachten medizinischen Leistungen nicht gewährleisten, dass Turnusärzten die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten auf dem jeweiligen Gebiet der betreffenden Sonderfach-Grundausbildung oder Sonderfach-Schwerpunktausbildung zur Gänze vermittelt werden können.

(10) Eine rückwirkende Anerkennung als Ausbildungsstätte oder rückwirkende Festsetzung einer Ausbildungsstelle für die Ausbildung in einem Sonderfach ist nur auf Antrag und nur für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr gerechnet ab Antragstellung zulässig. In diesem Zeitraum müssen die hiefür geltenden Voraussetzungen ohne Unterbrechung vorgelegen sein.

(11) Die Ausbildungsstätten sind in das von der Österreichischen Ärztekammer elektronisch geführte Verzeichnis der Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt eines Sonderfaches aufzunehmen. Das Verzeichnis ist laufend zu aktualisieren und auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer zu veröffentlichen.

(12) Hinsichtlich der Anerkennung von sowie der Festsetzung von Ausbildungsstellen in Universitätskliniken und sonstigen Organisationseinheiten einschließlich allfälliger Untereinheiten von Medizinischen Universitäten oder Universitäten, an denen eine Medizinische Fakultät eingerichtet ist (§6 Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002), hat die Österreichische Ärztekammer das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft herzustellen.

(13) Bei der Anerkennung von Ausbildungsstätten und der Festsetzung von Ausbildungsstellen sind die Zahl der betroffenen Turnusärzte und Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten sowie die entsprechenden organisatorischen Rahmenbedingungen von abteilungs- oder organisationseinheitsübergreifender Tätigkeit gemäß § 8 Abs 2 vorzulegen."

2. § 13b Z 2 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 lautet wie folgt:

"Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr

§13b. Die Österreichische Ärztekammer kann eine Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für die in den Angelegenheiten der

1. § 5a,

2. §§6a, 9 und 10 unter Berücksichtigung von § 128a Abs 5 Z 3 sowie

3. § 12, 12a, 13, 13a, 14, 15 Abs 2, 3 und 5, 27 Abs 11, 30 Abs 2, 35, 37, 39 Abs 2 und 40 Abs 7

durchzuführenden Verfahren erlassen. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr hat sich nach dem mit der Durchführung der Verfahren durchschnittlich verbundenen Personal- und Sachaufwand zu richten."

3. § 117c Abs 1 Z 1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 lautet wie folgt:

"Übertragener Wirkungsbereich

§117c. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Durchführung von Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten und Lehrambulatorien gemäß § 6a Abs 3 Z 2, 9, 10, 13 und 13a,

2. – 8. […]"

4. § 117c Abs 2 Z 1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 20/2019 lautet wie folgt:

"Übertragener Wirkungsbereich

§117c. (1) […]

(2) Im übertragenen Wirkungsbereich obliegt der Österreichischen Ärztekammer die Erlassung nachfolgender Verordnungen:

1. Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr (§13b) für die Angelegenheiten gemäß § 6a Abs 3 Z 2, 9, 10, 13, 13a, 35, 37, 40 und 40a und darüber hinaus für die Angelegenheiten gemäß § 27 Abs 11 und § 30 Abs 2, jeweils hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß § 35,

2. – 13. […]"

5. § 195f Abs 1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169, idF BGBl I 144/2009 lautet wie folgt:

"Weisungsrecht gegenüber der Österreichischen Ärztekammer

§195f. (1) Die Österreichische Ärztekammer sowie Dritte, derer sich die Österreichische Ärztekammer zur Aufgabenerfüllung bedient, sind im übertragenen Wirkungsbereich bei der Vollziehung der Angelegenheiten einschließlich der Erlassung von Verordnungen an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit gebunden."

6. Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 2. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 2/2019, veröffentlicht am auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at) lautete:

"Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich)

Auf Grund § 13b in Verbindung mit § 117c Abs 2 Z 1 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl I Nr 169/1998, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 28/2019 wird verordnet:

§1. Die Antragstellerin (der Antragsteller) hat für die in den Angelegenheiten gemäß § 6a, 9, 10, 13, 35, 37, 40, 40a ÄrzteG 1998 und darüber hinaus für die in den Angelegenheiten gemäß § 27 Abs 11 und § 30 Abs 4 ÄrzteG 1998, jeweils hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß 35 ÄrzteG 1998, durchzuführenden Verfahren eine Bearbeitungsgebühr zu entrichten. Die Bearbeitungsgebühr fließt der Österreichischen Ärztekammer zu.

§2. Die Gebührenschuld entsteht, sofern § 4 nichts anderes bestimmt, im Zeitpunkt der Antragstellung. Zahlungspflichtig ist die Antragstellerin (der Antragsteller). Die Antragsbearbeitung erfolgt erst nach Entrichtung des vorgeschriebenen Betrages. Die Höhe der Gebührenschuld ergibt sich aus den in der Anlage dem jeweiligen Verfahren zugeordneten Tarifen. In Verfahren gemäß § 37 Abs 5, 6 und 7 ÄrzteG 1998 bemisst sich die Gebührenschuld nach der für die Bearbeitung voraussichtlich zu erwartenden Tarifposition. Ergibt sich nach Abschluss des entsprechenden Verfahrens eine Differenz hinsichtlich des entrichteten Betrages und der tatsächlich zur Anwendung zu bringenden Tarifposition, so sind zu viel bezahlte Beträge zurückzuzahlen oder ist die fehlende Differenz nachzufordern und von der Antragstellerin (vom Antragsteller) zu bezahlen.

§3. Die Bearbeitungsgebühr ist, ausgenommen für Verfahren gemäß § 4, gleichzeitig mit der Antragstellung auf das Konto der Österreichischen Ärztekammer zu entrichten. Die Bearbeitungsgebühr gilt mit dem Zeitpunkt als entrichtet, in dem sie dem Konto der Österreichischen Ärztekammer gutgeschrieben wurde.

§4. Unbeschadet der § 2 und 3, erster Satz entsteht die Gebührenschuld für Verfahren gemäß § 6a, 9, 10 und 13 ÄrzteG 1998 in dem Zeitpunkt, in dem die das Verfahren abschließende Erledigung der Österreichischen Ärztekammer der Antragstellerin (dem Antragsteller) zugestellt wird und ist innerhalb von drei Wochen nach Entstehen der Gebührenschuld durch Überweisung auf das Konto der Österreichischen Ärztekammer zu entrichten.

§5. (entfallen)

§6. (entfallen)

§7. Die Höhe der Bearbeitungsgebühr richtet sich nach dem angeschlossenen, einen Teil dieser Verordnung bildenden Tarif.

§8. (1) Zur Wertbeständigkeit werden die in der Anlage angeführten Bearbeitungsgebühren ab 2015 jährlich zum 1. Jänner nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) mit dem Stichtag 1. Juli des Vorjahres zu 1. Juli des Vorvorjahres valorisiert. Die so berechneten Beträge sind kaufmännisch auf zwei Dezimalstellen zu runden.

(2) Der gemäß Abs 1 aktualisierte Tarif ist auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer zu veröffentlichen.

Schlussbestimmungen

§9. (1) Diese Verordnung tritt mit in Kraft.

(2) Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr, beschlossen von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am , veröffentlicht am auf der Homepage der Österreichischen Ärztekammer sowie in der Österreichischen Ärztezeitung Nr 17/2005, zuletzt geändert am , außer Kraft.

(3) Der Anhang in der Fassung der 1. Novelle zur Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich ist nur auf Verfahren anzuwenden, deren verfahrenseinleitende Anträge ab dem eingebracht werden.

(4) Der Anhang in der Fassung der Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich ist weiterhin auf Verfahren anzuwenden, deren verfahrenseinleitende Anträge vor dem eingebracht worden sind.

(5) Die § 1, 3, und 4, der Entfall der § 5 und 6, § 9 Abs 3 und 4 sowie der Anhang, jeweils in der Fassung der 1. Novelle zur Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich, treten mit dem in Kraft.

(6) Der § 1 sowie der Anhang, jeweils in der Fassung der 2. Novelle zur Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich, treten mit in Kraft.

Der Präsident

Anlage"

7. Der Anhang zur Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich, idF der 2. Novelle zur Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich, veröffentlicht durch die Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 2/2019 vom , lautete wie folgt:

"Anhang zur Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich)

Tarif über das Ausmaß der Bearbeitungsgebühr (2019)

1. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß § 6a ÄrzteG 1998 € 469,68

2. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß § 9 und 13 ÄrzteG 1998 für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin

a) ohne Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten € 469,68

b) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten € 644,12

3. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß § 10 und 13 ÄrzteG 1998 für die Ausbildung zum Facharzt

a) ohne Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten € 660,36

b) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten € 834,69

4.Bearbeitungsgebühr für die Ausstellung von Unbescholtenheitsbescheinigungen gemäß § 30 Abs 4 ÄrzteG 1998 1)€ 23,74

5. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß § 35 Abs 2 ÄrzteG 1998 € 211,60

6. Bearbeitungsgebühr für Verfahren gemäß § 35 Abs 3 ÄrzteG 1998 € 74,49

7. Bearbeitungsgebühr für die Nachprüfung der ärztlichen Qualifikation des Dienstleistungserbringers gemäß § 37 Abs 5, 6 und 7 ÄrzteG 1998

a) ohne Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten € 226,72

b) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit einfachem Gutachten ohne Vorschreibung einer Eignungsprüfung € 584,05

c) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit einfachem Gutachten und Vorschreibung einer Eignungsprüfung € 757,86

d) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit umfangreichem Gutachten ohne Vorschreibung einer Eignungsprüfung € 1.299,81

e) unter Beiziehung einer Fachexpertin/eines Fachexperten mit umfangreichem Gutachten und Vorschreibung einer Eignungsprüfung € 1.472,55

8. Bearbeitungsgebühr im Zusammenhang mit notärztlichen Qualifikationen und Fortbildungen gemäß § 40 ÄrzteG 1998 für die erstmalige Ausstellung eines notärztlichen Diploms gemäß § 40 Abs 6 iVm § 15 Abs 1 ÄrzteG 1998 € 110,00

9. Bearbeitungsgebühr im Zusammenhang mit der Qualifikation zur Leitenden Notärztin/ zum Leitenden Notarzt, Fort- und Weiterbildungen gemäß § 40a ÄrzteG 1998 für die erstmalige Ausstellung eines Diploms Leitende Notärztin/ Leitender Notarzt gemäß § 40a Abs 2 iVm § 15 Abs 1 ÄrzteG 1998 € 110,00

Erklärung:

§6a Verfahren zur Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Basisausbildung im Rahmen der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt

§9 Verfahren zur Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin

§10 Verfahren zur Anerkennung als Ausbildungsstätte für die Ausbildung zum Facharzt

§13 Verfahren zur Anerkennung eines selbständigen Ambulatoriums als Lehrambulatorium

§30 (4) Ausstellung von Unbescholtenheitsbescheinigungen

§35 Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur ärztlichen Tätigkeit in unselbständiger Stellung zu Studienzwecken

Der Präsident

_______________________________

1) hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß § 35 ÄrzteG"

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid vom hat die Österreichische Ärztekammer den Antrag der vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Partei auf Anerkennung eines näher bezeichneten Fachbereiches als Ausbildungsstätte für die Sonderfach-Grundausbildung sowie für die Sonderfach-Schwerpunktausbildung im Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin im Ausmaß von 36 bzw 27 Monaten mit jeweils zwei Ausbildungsstellen gemäß § 10 ÄrzteG 1998 abgewiesen. Weiters wurde gemäß § 1 Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 — übertragener Wirkungsbereich iVm Punkt 3. lita des Anhanges zur Verordnung (Tarif 2019) für die Durchführung des Verfahrens eine Bearbeitungsgebühr in der Höhe von € 660,36 auferlegt. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin – entsprechend der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

2. Aus Anlass der Behandlung dieser Beschwerde erhebt das Bundesverwaltungsgericht verfassungsrechtliche Bedenken gegen Regelungen des Ärztegesetzes und stellt den diesem Verfahren zugrunde liegenden Gesetzes- und Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof. Das antragstellende Gericht führt in diesem Antrag – auf das Wesentliche zusammengefasst – aus, dass – soweit ersichtlich – eine verfassungsrechtlich gebotene Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art 102 Abs 4 B-VG nicht erteilt worden sei, weshalb ein verfassungswidriger Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt insbesondere die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , G242/2018 ua, sowie im Beschluss vom , E4643/2018, vertretene Auffassung und legt diese seinen Bedenken zugrunde.

3. Die Bundesregierung hat unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G242/2018 ua, von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand genommen.

4. Die Österreichische Ärztekammer hat den Verordnungsakt übermittelt und in einem eine Äußerung erstattet, in der sie den im Antrag dargelegten Bedenken vor allem dahingehend entgegentritt, dass eine Übertragung von Organisationsmodellen der staatlichen Verwaltung auf Bereiche der Selbstverwaltung von vornherein verfehlt sei. Die im ÄrzteG 1998 vorgesehene Weisungsbindung des zuständigen Kammerorganes unmittelbar gegenüber dem zuständigen obersten Organ entspreche den Vorgaben des Art 120b Abs 2 B-VG.

5. Die vom Verfassungsgerichtshof zur Stellungnahme eingeladenen Länder haben teils eine Äußerung erstattet, in denen sie sich den vom Bundesverwaltungsgericht erhobenen Bedenken anschließen.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw des Art 140 Abs 1 Z 1 lita B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Mit seinem Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht unter anderem § 10 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 25/2017 sowie § 13b Z 2 und § 117c Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, jeweils idF BGBl I 82/2014 als verfassungswidrig aufzuheben.

In diesem Umfang ist der Antrag schon aus folgenden Gründen unzulässig:

1.2.1. Mit Erkenntnis vom , G157/2019 ua, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "von der Österreichischen Ärztekammer" im ersten Satz sowie die Wortfolge "der Österreichischen Ärztekammer" im letzten Satz des § 10 Abs 8 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 25/2017, die Wort- und Zeichenfolge "und 10" in § 13b Z 2 sowie die Zeichenfolge "10," in § 117c Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, jeweils idF BGBl I 82/2014 als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt; im Übrigen wurde § 10 ÄrzteG 1998 idF BGBl 25/2017 nicht als verfassungswidrig aufgehoben, da die Verfassungswidrigkeit bereits durch die dargelegte Aufhebung beseitigt werden konnte.

1.2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur ein einziges Mal zu entscheiden (VfSlg 10.311/1984, 10.841/1986, 12.892/1991; ua; vgl zur gleichen Frage hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung zB VfSlg 6296/1970 und 6391/1971). Da die vom antragstellenden Gericht vorgetragenen Bedenken (§62 Abs 1 VfGG) im Wesentlichen mit jenen übereinstimmen, über die der Verfassungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom , G157/2019 ua, abgesprochen hat, ist der Antrag schon wegen entschiedener Sache bzw betreffend den aufgehobenen Teil wegen Unangreifbarkeit als unzulässig zurückzuweisen (vgl ).

Das Bundesverwaltungsgericht hat denkmöglich im Ausgangsverfahren, bei dem es um die Anerkennung als Ausbildungsstätte gemäß § 10 Abs 2 ÄrzteG 1998 geht, bloß die gemäß § 117c Abs 2 Z 1 ÄrzteG 1998 diesbezüglich neu von der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich erlassene Verordnung in der Fassung 2019 über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr anzuwenden. Nur insoweit ist die Anfechtung dieser und des § 117c Abs 2 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 20/2019 zulässig; im Übrigen ist der Antrag zurückzuweisen.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG sowie zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art 139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003; VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungs- bzw gesetzwidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003; VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hegt im Antrag auf das Wesentliche zusammengefasst das Bedenken, eine verfassungsrechtlich gebotene Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art 102 Abs 4 B-VG zur Übertragung der Zuständigkeit zur Anerkennung als Ausbildungsstätte gemäß § 10 Abs 2 ÄrzteG 1998 – eine Angelegenheit des Kompetenztatbestandes "Gesundheitswesen" gemäß Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG – auf die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich unter Weisungsbefugnis des zuständigen Bundesministers gemäß § 117c Abs 1 Z 1 ÄrzteG 1998 sei nicht erfolgt. Träfe dieses Bedenken zu, wären die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verfassungswidrig (vgl ua; , E4643/2018). Gleiches gelte auch für die Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich gemäß § 13b ÄrzteG 1998, die einer gesetzlichen Grundlage entbehren würde bzw von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei.

2.3. Damit ist das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis im Recht:

2.4. Art 120b Abs 2 B-VG ermächtigt dazu, Selbstverwaltungskörpern Aufgaben staatlicher Verwaltung zu übertragen. Dass jedoch die Zulässigkeit einer solchen Übertragung zur Vollziehung in mittelbarer oder unmittelbarer Bundesverwaltung jedenfalls nicht das Regelungsregime des Art 102 B-VG obsolet macht, wurde vom Verfassungsgerichtshof (vgl VfSlg 19.123/2010), aber auch in der Literatur (vgl die Zitate in ua) schon mehrfach betont. Insofern steht außer Frage, dass Art 102 B-VG auf die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung auf Selbstverwaltungskörper anwendbar ist (vgl ua; , G157/2019 ua).

2.5. Die Bestimmungen über die Anerkennung bzw Zurücknahme oder Einschränkung der Anerkennung als Ausbildungsstätte sind auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" des Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG gestützt (vgl dazu RV 1386 BlgNR 20. GP, 84; RV 467 BlgNR 24. GP, 3; und VfSlg 4413/1963). Angelegenheiten des "Gesundheitswesens" sind nicht in Art 102 Abs 2 B-VG angeführt. Diese sind – da hier auch keine sonstige verfassungsgesetzliche Ermächtigung vorliegt – nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen, sondern in mittelbarer Bundesverwaltung (VfSlg 19.123/2010; ua; , G157/2019 ua).

2.6. Gemäß Art 102 Abs 1 B-VG können in Angelegenheiten, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG genannt sind, auch Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter den Landeshauptmann betraut werden. Allerdings dürfen Bundesgesetze, die eine solche Zuständigkeitsübertragung vornehmen, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden (vgl ua; , G157/2019 ua).

2.7. Nach Art 102 Abs 4 B-VG darf die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die in Art 102 Abs 2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten – für die auch sonst keine besondere verfassungsrechtliche Anordnung besteht – nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. Art 102 Abs 4 B-VG stellt jedoch nicht auf die Errichtung von Behörden in Angelegenheiten, die nicht in Art 102 Abs 2 B-VG oder einer besonderen Verfassungsbestimmung genannt sind, sondern auf die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden ab (vgl VfSlg 19.721/2012 mwN; ua; , G157/2019 ua).

2.8. Als einer solchen Bundesbehörde obliegt es der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 117c Abs 2 Z 1 ÄrzteG 1998, Verordnungen über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr gemäß § 13b ÄrzteG 1998 unter anderem für die Angelegenheit des § 10 ÄrzteG 1998 zu erlassen. Gemäß § 195f Abs 1 ÄrzteG 1998 besteht in diesen Angelegenheiten eine Weisungsbindung an den Bundesminister für Gesundheit.

2.9. Da zur Übertragung der Aufgabe zur Erlassung von Verordnungen gemäß § 13b Z 2 ÄrzteG 1998 eine Zustimmung der Länder gemäß Art 102 Abs 4 B-VG nicht erfolgte, ist dies verfassungswidrig (vgl erneut ua; , G157/2019 ua).

2.10. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 16.929/2003, 16.989/2003, 17.057/2003, 18.227/2007, 19.166/2010, 19.698/2012).

2.11. Zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit genügt es, die Zeichenfolge "10," in § 117c Abs 2 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 20/2019 als verfassungswidrig aufzuheben.

2.12. Zur angefochtenen Verordnung

Die Bedenken richten sich – nochmals auf das Wesentliche zusammengefasst – dahin, dass im Falle der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlage der Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich, diese – da sie hinsichtlich der noch in Kraft stehenden in § 10 ÄrzteG 1998 geregelten Aufgaben – ihrer gesetzlichen Grundlage entbehren würde, gesetzwidrig wird.

2.13. Die angefochtene Verordnung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 13b Z 2 ÄrzteG 1998. Die Wort- und Zeichenfolge "und 10" in § 13b Z 2 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 wurde – wie bereits dargelegt – mit Erkenntnis vom , G157/2019 ua, als verfassungswidrig aufgehoben. Da die nichtöffentliche Beratung im Verfahren zur Prüfung des § 13b Z 2 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 82/2014 am begann und der vorliegende Gerichtsantrag beim Verfassungsgerichtshof schon vorher, nämlich bereits am eingelangt ist, ist der hier zu beurteilende Fall daher einem Anlassfall gleichzuhalten (vgl VfSlg 16.042/2000, 18.456/2008).

2.14. Die Verordnung ist sohin im Hinblick auf die Angelegenheiten des § 10 ÄrzteG 1998 so zu beurteilen, als ob sie ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden wäre.

2.15. Da die präjudizielle Fassung der Verordnung jedoch auf Grund der Änderung des – gemäß § 7 Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich einen Teil der Verordnung bildenden – Tarifes im Jahr 2020 novelliert wurde, ist bloß auszusprechen, dass die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 2. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 2/2019, veröffentlicht am auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), im Hinblick auf die Zeichenfolge "10," in § 1, die Zeichenfolge ", 10" in § 4 und der Anhang der Verordnung (Tarif 2019) im Hinblick auf die Zeichenfolge "§10 und" in Punkt 3. gesetzwidrig war.

V. Ergebnis

1. Die Zeichenfolge "10," in § 117c Abs 2 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl I 169, idF BGBl I 20/2019 ist als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 – übertragener Wirkungsbereich) idF 2. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr 2/2019, veröffentlicht am auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), war im Hinblick auf die Zeichenfolge "10," in § 1, die Zeichenfolge ", 10" in § 4 und der Anhang der Verordnung (Tarif 2019) im Hinblick auf die Zeichenfolge "§10 und" in Punkt 3. gesetzwidrig.

3. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

4. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.

5. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.

6. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm § 3 Z 3 BGBlG.

7. Die Verpflichtung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung des Ausspruches der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art 139 Abs 5 erster und zweiter Satz B-VG und § 59 Abs 2 VfGG iVm § 4 Abs 1 Z 4 BGBlG.

8. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2020:G252.2019
Schlagworte:
Ärzte, Ärztekammer, Bundesverwaltung mittelbare, Kompetenz Bund - Länder Gesundheitswesen, VfGH / Anlassfall, res iudicata, VfGH / Fristsetzung, VfGH / Aufhebung Wirkung

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