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VfGH vom 23.06.1993, g250/92

VfGH vom 23.06.1993, g250/92

Sammlungsnummer

13471

Leitsatz

Abweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des KWG über die Verpflichtung der einem Zentralinstitut angeschlossenen Banken zur Haltung einer Liquiditätsreserve bestimmten Ausmaßes bei diesem Institut; kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot; keine Verletzung des Gleichheitsrechts, des Eigentumsrechts und des Rechts auf Erwerbsausübungsfreiheit; Sicherung einer entsprechenden Liquidität der Banken und Stärkung des (sektoralen) Verbundes im öffentlichen Interesse gelegen

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die antragstellende Raiffeisenbank ist nach ihrem Vorbringen Mitglied des Raiffeisenverbandes Kärnten regGenmbH als Revisionsverband. Sie beantragt beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG, § 14 Abs 11 des Kreditwesengesetzes, BGBl. 63/1979, idF der Bundesgesetze BGBl. 325/1986 und 18/1992 (im folgenden: KWG), zur Gänze wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.

§ 14 KWG ist mit "Liquidität" überschrieben und ordnet in seinem Abs 1 an, daß die Banken für ihre Leistungsfähigkeit zur jederzeitigen Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen zu sorgen haben. Gemäß Abs 3 der genannten Bestimmung haben sie auf der Grundlage von Monatsausweisen über ihre Forderungen und Verbindlichkeiten durch eine unternehmensspezifische, den bankwirtschaftlichen Erfahrungssätzen entsprechende Finanzplanung, der Fälligkeitsstruktur ihrer Forderungen und Verbindlichkeiten entsprechend, durch die dauernde Haltung ausreichender flüssiger Mittel für den Ausgleich künftiger Ungleichgewichte der Zahlungsein- und -ausgänge ausreichend vorzusorgen. Die Absätze 4 bis 10 des § 14 KWG regeln, was als flüssige Mittel ersten und zweiten Grades gilt, welche Verpflichtungen für deren Bemessung maßgebend und wie sie zu halten sind. Der angefochtene Abs 11 des § 14 KWG lautet:

"(11) Banken, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, haben bei ihrem Zentralinstitut eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Schilling-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Schilling-Einlagen zu halten. Ihr Ausmaß ist jeweils zum Ende der Monate März, Juni, September und Dezember nach dem Stand der Einlagen zu ermitteln und für das jeweils folgende Vierteljahr anzupassen. Sinken die Einlagen um mehr als 20 vH unter den Stand der letzten maßgeblichen Berechnungsgrundlage, so kann die Bank eine Anpassung zum nächstfolgenden Monatsletzten verlangen. Diese Liquiditätsreserve zählt zu den flüssigen Mitteln ersten Grades. Sonstige Einlagen sind täglich fällige Gelder des Zahlungsverkehrs (Sichteinlagen), alle Kündigungs- und Festgelder sowie die Einlagen gegen Ausgabe von Kassenscheinen. Die Bestimmungen dieses Absatzes finden auf eine Bank, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eine Bilanzsumme von mindestens 40 vH der Bilanzsumme des Zentralinstitutes (ohne das Bausparkassengeschäft) aufweist, keine Anwendung, wenn sie diesem erklärt, daß sie nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Erklärung, den Anschluß an das Zentralinstitut lösen wird. Ab dem Tage des Einlangens der schriftlichen Erklärung, mit der eine solche Bank den Anschluß an das Zentralinstitut löst, erlischt die gesetzliche Verpflichtung dieser Bank, das Ausmaß der Liquiditätsreserve quartalsweise anzupassen. Ab diesem Zeitpunkt kann die Liquiditätsreserve stufenweise vermindert werden. Nach Ablauf der Dreijahresfrist kann der Anschluß an das Zentralinstitut aufrecht erhalten werden, indem bis zur Höhe der zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut weiterhin Liquiditätsreserve gehalten werden kann, deren jeweiliges Ausmaß der Oesterreichischen Nationalbank vom Zentralinstitut monatlich zu melden ist."

2. Die Antragstellerin weist darauf hin, daß sie iS des § 14 Abs 11 KWG dem Raiffeisenverband Kärnten angeschlossen und aufgrund dieser Bestimmung unmittelbar verpflichtet sei, eine bestimmte Liquiditätsreserve bei ihrem Zentralinstitut zu halten. Da dieses jedoch statt des marktüblichen Zinssatzes einen wesentlich geringeren gewähre, habe die Antragstellerin erhebliche wirtschaftliche Nachteile hinzunehmen. Durch die bekämpfte Gesetzesbestimmung werde sie unmittelbar betroffen, ohne daß "ein individueller behördlicher Akt dazwischentreten würde".

Nach Meinung der Antragstellerin verletzt § 14 Abs 11 KWG die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung sowie das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG; dies aus folgenden Überlegungen:

Für die Regelung des § 14 Abs 11 KWG gebe es keine sachliche Begründung, weil die Liquiditätsvorsorge durch Haltung der Gelder auch bei anderen Instituten oder der Nationalbank erfolgen könne. Diesen Weg gebe es in anderen, vergleichbaren europäischen Ländern, sodaß die bekämpfte Beschränkung zur Liquiditätssicherung nicht erforderlich sei. Auch eine eventuelle Sicherung eines sektoralen Verbundes sei keine Zielsetzung des Gesetzes, zumal dieser gesetzlich nicht geregelt sei. Die Gleichheitswidrigkeit ergebe sich aus der Schlechterstellung gegenüber Banken, die keinem Zentralinstitut angeschlossen seien, zusätzlich aber aus jenen Bestimmungen, wonach sich jene Banken, die bei Inkrafttreten des KWG mehr als 40 % der Bilanzsumme ihres Zentralinstitutes aufwiesen, von der Verpflichtung zur Haltung der (besonderen) Liquiditätsreserve lösen könnten. Für eine Wahlmöglichkeit derartiger Banken gebe es keine ersichtlichen Gründe, denn sehe man als Zweck der bekämpften Regelung den sektoralen Interessenausgleich an, müßten gerade große Banken im Verbund bleiben, um im Rahmen des Interessenausgleiches den Verbund zu stärken.

Das Gesetz statte eine private Einrichtung, nämlich das Zentralinstitut, "mit einem Monopol der Haltung der Liquiditätsreserve aus; die Haltung wurde nicht determiniert." Das angeschlossene Institut sei den Gestionen der Zentralbank ohne Einwirkungsmöglichkeit ausgeliefert. Die Bestimmung verstoße somit gegen den Gleichheitssatz und gegen Art 18 B-VG.

Einen Verstoß gegen Art 5 StGG und Art 1 des Ersten ZP zur EMRK sieht die Antragstellerin in den - näher aufgeschlüsselten - Mindereinnahmen, die durch die nicht marktkonforme Verzinsung der Liquiditätsreserve durch das Zentralinstitut entstanden seien, zu deren Begründung ein "Allgemeininteresse" nicht ersichtlich sei.

Da die Bindung der Liquidität die Antragstellerin in der freien Ausübung der Bankgeschäfte behindere, sei sie schließlich auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt.

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in welcher sie die Auffassung vertritt, § 14 Abs 11 KWG widerspreche weder den genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch Art 18 B-VG.

3.1. Dem Bedenken der Antragstellerin, die angefochtene Bestimmung ermögliche es dem Zentralinstitut, die Konditionen der Haltung der Liquiditätsreserve einseitig zu bestimmen, hält die Bundesregierung entgegen, daß diese nur bei Vorliegen eines sogenannten sektoralen Verbundes anzuwenden sei. Ob sich eine Bank aber einem Zentralinstitut iS dieser Bestimmung anschließe, beruhe auf einer freiwilligen privatrechtlichen Vereinbarung. Nach Darstellung der rechtlichen Struktur des - einen sektoralen Verbund iS des § 14 Abs 11 KWG darstellenden - Raiffeisen-Bankenverbundes auf Grundlage der sogenannten Mustersatzung für Raiffeisenkassen werde ein sektoraler Verbund als Form des "gesellschaftlichen Zusammenschlusses" von juristischen Personen umschrieben, der auf freiwilliger Basis beruhe, aus welchem sich Vor- und Nachteile ergäben. Jede Genossenschaft, die einem Verbund beitrete, habe abzuwägen, ob der Eintritt in den Verbund nach den Satzungen letztlich von Vorteil sei und die allenfalls auf sich zu nehmenden Nachteile überwiege. Der Austritt aus dem hier vorliegenden Raiffeisen-Bankenverbund sei aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regelungen jederzeit möglich.

Nach Auffassung des Gesetzgebers sei die Liquiditätsreservehaltung der angeschlossenen Banken bei den jeweiligen Zentralinstituten für die Funktion des ganzen Verbundes von essentieller Bedeutung. Bei einem Beitritt zum Verbund habe eine Bank mitzubedenken, ob sie auch die durch die bekämpfte Bestimmung getroffene Regelung der Liquiditätsreservehaltung beim Zentralinstitut auf sich nehmen wolle. Eine Verpflichtung, flüssige Mittel nur oder weitgehend bei der zuständigen Zentralkassa zu halten, sei schon in den Satzungen der örtlichen Raiffeisenbanken bzw. der Zentralinstitute enthalten. Die Veranlagung flüssiger Mittel (iS des § 14 KWG) der Kreditgenossenschaften in anderer Weise sei lediglich nach vorheriger Zustimmung des Verbandes zulässig.

Die Bestimmungen über den Austritt von Banken, die bei Inkrafttreten des KWG eine Bilanzsumme von mindestens 40 % der Bilanzsumme des Zentralinstituts aufweisen - diese werden im folgenden kurz als Großinstitute bezeichnet -, regelten keineswegs ein allfälliges Ausscheiden eines Primärinstitutes in abschließender Weise; das Ausscheiden eines Großinstitutes habe im Bereich der Raiffeisenbanken nach den Regeln des Genossenschaftsrechtes zu erfolgen. § 14 Abs 11 KWG ordne für den Fall des Ausscheidens eines Großinstitutes bloß eine besondere Kündigungsfrist im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Liquiditätsreservehaltung beim Zentralinstitut an.

3.2. Zu dem von der Antragstellerin angestellten Vergleich zwischen den von der bekämpften Bestimmung erfaßten und dadurch nach ihrer Auffassung wesentlich benachteiligten Banken einerseits und den nicht erfaßten Banken andererseits weist die Bundesregierung darauf hin, daß § 14 Abs 6 KWG die Möglichkeit der Veranlagung flüssiger Mittel ersten Grades für alle Banken einschränke. Da die Oesterreichische Nationalbank und die Österreichische Postsparkasse für bei ihnen als Liquiditätsreserve gehaltene Anlagen bzw. für die Weitergabe der Liquidität (gemäß § 14 Abs 7 Z 1 KWG zu 50 % der entsprechenden Liquiditätseinlage) keine Zinsen bezahlten, stehe auch den Zentralinstituten eine rentierliche Anlage nur in Form der Haltung von Bundesschatzscheinen - und selbst dies nur in beschränktem Ausmaß - offen. Allein deshalb sei zu bezweifeln, daß zwischen der Regelung der Liquiditätsreservehaltung für angeschlossene Banken im Vergleich zu allen anderen ein im Lichte des Gleichheitssatzes als wesentlich einzustufender Unterschied bestehe.

Was die Verzinsung der Veranlagung flüssiger Mittel ersten Grades betreffe, sei dies Gegenstand privatrechtlicher Vereinbarungen, woran auch nichts ändere, daß es für angeschlossene Banken nur einen Vertragspartner gebe. Dabei müßten die komplexen Beziehungen im Verbund berücksichtigt werden. Insbesondere sei es vorrangige Aufgabe der Zentralinstitute, den Erwerb und die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern.

3.3. Den Gleichheitsbedenken gegen die Regelung betreffend die Banken ab einer bestimmten Größenordnung wird entgegengehalten, dabei handle es sich um eine Übergangsregelung, welche eine besondere (dreijährige) Frist festsetze.

3.4. Dem Vorwurf der mangelnden Determinierung der in der bekämpften Bestimmung enthaltenen Begriffe des "Angeschlossenseins" und des "Zentralinstitutes" begegnet die Bundesregierung damit, daß der Gesetzgeber hiebei an bestimmte traditionell gewachsene gesellschaftliche Zusammenschlüsse anknüpfe, zu denen der Volksbankensektor, der Sparkassensektor und die Banken der Raiffeisen-Geldorganisation gehörten. Diese Bankenzusammenschlüsse hätten sich sowohl für die organisierten Banken als auch für die Volkswirtschaft als nützlich erwiesen. Wenn auch die angefochtene Regelung einerseits, wie § 14 leg.cit. insgesamt, der Liquiditätsvorsorge und damit dem Gläubigerschutz diene, so diene sie darüber hinaus im besonderen der Absicherung sogenannter sektoraler Verbände. Das Besondere und Typische an einem solchen Verbund sei, daß durch die Einrichtung eines Zentralinstitutes bzw. durch die Zusammenarbeit mit einem Zentralinstitut etliche Schwächen und Probleme der Primärinstitute, die sie - würden sie alleine als Banken auftreten - hätten, überwunden würden. Häufig handle es sich bei den Banken eines Verbundes um kleinere Institute, denen es allein häufig nicht möglich wäre, einen entsprechenden Ausgleich zwischen dem Geldangebot und der Kreditnachfrage zu schaffen. Primärinstitute seien oft, bedingt durch regionale Besonderheiten, nicht in der Lage, das ganze von ihnen angesammelte Sparkapital selbst ertragbringenden Kreditgeschäften zuzuführen, weil eine entsprechende Nachfrage in ihrem Bereich nicht bestehe. Weiters stünden den Primärinstituten über die Zentralinstitute Dienstleistungen (etwa der Informationstechnik, des Betriebes gemeinsamer Organisations- und Verwaltungseinrichtungen und der Revision der Primärinstitute) zur Verfügung, die sie als Bank alleine nicht erbringen könnten. Ferner wären Primärinstitute auf sich allein gestellt häufig nicht in der Lage, größere Geschäftsrisiken, wie etwa die Vergabe eines Großkredites, einzugehen. Damit die Zentralinstitute diese Leistungen gegenüber den Primärinstituten erfüllen könnten, sei es von maßgeblicher Bedeutung, über die Haltung der Liquiditätsreserve aller Primärinstitute beim Zentralinstitut eine größere Kapitalkraft sicherzustellen. Dies sei für eine Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung, sei doch der gesamte Bankensektor eine sogenannte volkswirtschaftliche Schlüsselbranche. Durch § 14 Abs 11 KWG solle auch gesetzlich sichergestellt werden, daß Primärinstitute, die sich dem Verbund aus freiem Entschluß angeschlossen haben, andere Banken nicht gegen das Zentralinstitut bei der Liquiditätshaltung ausspielen, nur weil sie aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Lage nicht auf Kredite vom Zentralinstitut angewiesen seien. Die durch die beim Zentralinstitut zu haltende Liquiditätsreserve geschaffene größere Kapitalkraft des Zentralinstitutes komme letztlich in erster Linie den Primärinstituten zugute. Das Zentralinstitut habe auch die Liquidität für die Primärinstitute abzusichern und die Mindestreserve für die Primärinstitute an die Oesterreichische Nationalbank zu leisten, für die es selbst keine Zinsen erhalte.

Wenn der Gesetzgeber keine der Verpflichtung zur Liquiditätsreservehaltung beim Zentralinstitut korrespondierende Verpflichtung der Zentralinstitute normiert habe, so überlasse er dies der privatautonomen Gestaltung durch Vertrag zwischen dem Zentralinstitut und der angeschlossenen Bank. Im Hinblick darauf, daß die Mitgliedschaft in einem sektoralen Verbund auf Freiwilligkeit beruhe, habe jede Institution die Möglichkeit, aus diesem auszuscheiden bzw. die Satzungen entsprechend auszugestalten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß im Rahmen sektoraler Verbünde Haftungsgemeinschaften der Mitglieder bestünden, die Maßnahmen im Falle des Auftretens von Zahlungsproblemen vorsähen und bei denen die Zentralinstitute im besonderen Ausmaße mitwirkten.

3.5. Aus dem Dargelegten sei das öffentliche Interesse an beschränkenden Maßnahmen abzulesen, das im Zusammenhalt mit dem tatsächlich nur geringfügigen Eingreifen in die Dispositionsfreiheit der einzelnen Primärinstitute eine zulässige Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit darstelle. Überdies sei im Hinblick auf das der angefochtenen Bestimmung zugrundeliegende öffentliche Interesse ein näheres Eingehen darauf, ob dadurch überhaupt eine Eigentumsbeschränkung bewirkt werde, nicht erforderlich.

4. In der Folge legte die Antragstellerin unter dem die Kopien eines Schriftwechsels zwischen ihr und dem Bundesminister für Finanzen betreffend ihre - vergebliche - Anregung der Ergreifung aufsichtsbehördlicher Maßnahmen gegen den Verband zum - weiteren - Nachweis ihrer unmittelbaren Betroffenheit durch die angefochtene Rechtsvorschrift vor.

Schließlich erstattete sie unter dem eine weitere Äußerung samt Unterlagen (Satzung der Antragstellerin und des Raiffeisenverbandes Kärnten, diverse Aufstellungen über erbrachte Leistungen, (Sonder-)Rundschreiben diverser Landesverbände u. ä.), in welcher sie dem Vorbringen der Bundesregierung entgegentritt und die Richtigkeit ihrer Auffassung nachzuweisen sucht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A.1. Gemäß Art 140 Abs 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).

2. Die Antragstellerin hat im einzelnen dargetan, warum sie ihren Antrag als zulässig erachtet. Dem ist die Bundesregierung nicht entgegengetreten. Der Antrag ist in der Tat zulässig:

Das KWG insgesamt, insbesondere auch die von der Antragstellerin angefochtene Bestimmung des § 14 Abs 11 leg.cit., eröffnet keine Möglichkeit, über eine Antragstellung, namentlich zur Erreichung einer Ausnahmegenehmigung oder dgl., einen Bescheid zu provozieren, den die Antragstellerin vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bekämpfen und hiebei die Gesetzwidrigkeit der genannten Bestimmung geltend machen könnte. Vielmehr verpflichtet § 14 Abs 11 KWG unmittelbar die einem Zentralinstitut angeschlossenen Banken zur Haltung einer Liquiditätsreserve bei diesem. Die Regelung beeinträchtigt die Antragstellerin als ein dem Raiffeisenverband Kärnten angeschlossenes Institut auch aktuell in ihrer Rechtssphäre, weil sie ihre Vertragsfreiheit beschränkt (vgl. zB VfSlg. 10313/1984, 11558/1987, 12379/1990, ).

Schließlich steht der Antragstellerin auch kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung. Denn es ist ihr nicht zumutbar, Verfahren iS der §§32 und 33 KWG zu provozieren und solcherart Gelegenheit zu bekommen, ein amtswegiges Normenprüfungsverfahren zu initiieren (vgl. mutatis mutandis VfSlg. 11853/1988, 12379/1990). Auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist im KWG hinsichtlich der in § 14 Abs 11 begründeten Verpflichtung nicht vorgesehen. Es ist deshalb zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht geboten, die bescheidmäßige Feststellung der konkreten Rechtsfolge für die Antragstellerin zu begehren, da sich die Verpflichtung zur Haltung einer bestimmten Liquiditätsreserve aus dem Gesetz selbst ergibt. Denn die rechtliche Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erlassen, beseitigt die Zulässigkeit des Individualantrages nach Art 140 Abs 1 B-VG dann nicht, wenn der einzige Zweck des Feststellungsbescheides darin bestünde, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen ein Gesetz bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg. 10842/1986, 11402/1987, 12227/1989).

B. Der Antrag ist aber in der Sache nicht begründet.

1. Vorangestellt sei, daß sich der Verfassungsgerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken hat (s. etwa G280,281/91, G325/91, mit weiteren Hinweisen). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene gesetzliche Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist.

2.1. Die gegen die angefochtene Regelung geltend gemachten Bedenken gehen an wesentlichen rechtlichen Gesichtspunkten und Fakten vorbei und kommen deshalb zu einer rechtlichen Würdigung, welcher der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen vermag.

§ 14 Abs 11 KWG ist nur dann anzuwenden, wenn ein sogenannter (sektoraler) Verbund vorliegt, wenn also Banken einem Zentralinstitut angeschlossen sind. Wie die Bundesregierung zutreffend ausführt, liegt es in der privatautonomen Entscheidung einer Bank, ob sie sich einem Zentralinstitut anschließt oder nicht. Wie die Bundesregierung weiters zutreffend näher darlegt, stehen die Primärbanken mit den Zentralinstituten auf Grundlage des Genossenschafts-, Gesellschafts- und Vereinsrechtes bzw. der Satzungen in vielfältigen Rechtsbeziehungen. Dieses dichte Netz gegenseitiger Rechte und Pflichten hat sich in einer viele Jahrzehnte dauernden Entwicklung herausgebildet. Dies gilt im übrigen nicht nur für den von den Verfahrensparteien allein angesprochenen Raiffeisensektor, sondern auch für die Volksbanken, Sparkassen und Konsumgenossenschaften.

Im Rahmen dieser historisch gewachsenen Strukturen war und ist es üblich und im Wesen des Verbundes gelegen, daß die Primärbanken bestimmte Geschäfte ausschließlich oder doch ganz überwiegend mit dem Zentralinstitut als ihrem verbandsmäßigen Partner und nicht mit außerhalb der eigenen Organisation stehenden Konkurrenten abwickeln (in diesem Sinne im einzelnen Laurer, ÖBA 1992, 859 ff., derselbe, ÖBA 1993, 124 ff.; Winkler, JBl. 1993, 137 ff.; Rummel, ÖBA 1993, 79 ff.; Schäffer, ÖBA 1993, 337 ff.; s. auch Frotz, ecolex 1991, 849 ff.; aA Mayer, ÖBA 1992, 763 ff.; derselbe, ÖBA 1993, 37 ff.; derselbe, 373 ff.). So heißt es etwa auch in § 7 Z 7 der von der Antragstellerin vorgelegten Satzung des Raiffeisenverbandes Kärnten regGenmbH (deren Mitglied sie auch ist):

"Par. 7

Jedes Mitglied hat die Pflicht:

...

7. Die angeschlossenen Kreditgenossenschaften und kreditnehmenden Genossenschaften sind weiters verpflichtet, ihren Geldverkehr tunlichst nur mit dem Verband abzuwickeln, ihre zum Geschäftsbetrieb nicht benötigten Gelder nur bei ihm anzulegen, Kredite nur bei ihm aufzunehmen und Konsortialkredite nur mit ihm zu vergeben. Die Veranlagung flüssiger Mittel der Kreditgenossenschaften in anderer Weise, die Aufnahme von Darlehen und Krediten bei anderen Instituten, die Vergabe von Konsortialkrediten mit anderen Instituten und der Ankauf von Wertpapieren, sofern mehr als 10 % der Verpflichtungen in Wertpapieren veranlagt werden, bedürfen der vorherigen Zustimmung des Verbandes."

Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, an diese historisch gewachsenen Gegebenheiten anzuknüpfen und in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, daß die im Verbund zusammengeschlossenen Partner auf der Grundlage der gleichen Genossenschaftsphilosophie ihre gleichgerichteten Interessen miteinander in optimaler Weise für beide Seiten zu verwirklichen suchen. Dies gilt umso mehr, als - entgegen der vielfach wiederholten Behauptung der Antragstellerin - das Zentralinstitut keineswegs völlig willkürlich die Höhe der Zinsen für die zur Liquiditätsreserve zählenden Gelder und Einlagen festlegen kann. Denn eine solche "Festlegung" unterliegt gleichermaßen wie ihre Abänderung allen einschlägigen zivilrechtlichen Regelungen und Maßnahmen zur Abwehr von Mißbräuchen.

Ferner können die Primärbanken zufolge des Genossenschaftsverbundes auf die Gestaltung der Zinsenhöhe wie überhaupt auf grundlegende geschäftliche Entscheidungen - indirekt - Einfluß nehmen, weil und insoweit sie an der Kreation der Organe desselben mitzuwirken befugt sind (vgl. im einzelnen auch Winkler, aaO 141 ff.). Dabei verschlägt es nichts, daß das Mehrheitsprinzip zur Anwendung gelangt und einzelne Verbandsmitglieder überstimmt werden können, vielmehr ist das im Wesen derartiger Zusammenschlüsse gelegen. Auch wenn die Antragstellerin die Entscheidungsstrukturen innerhalb des Verbundes für unbefriedigend hält (in diesem Sinne etwa auch Keinert, ÖJZ 1992, 284 ff. (287); derselbe, Aktuelle Probleme des Genossenschaftsverbunds (1992) 27), ist für ihren Antrag nichts zu gewinnen, weil etwa das Gesetz über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften im Zusammenhang mit den Satzungen grundsätzlich ein Mitspracherecht der Primärgenossenschaften vorsieht und allenfalls ihr nicht genehme verbandsinterne Entscheidungen nicht die Verfassungswidrigkeit der bekämpften Rechtsvorschrift indizieren.

Insgesamt ist also den Erwägungen der Bundesregierung zuzustimmen, daß es sich bei einem sogenannten (sektoralen) Verbund iS des § 14 Abs 11 KWG um Zusammenschlüsse auf freiwilliger Basis handelt und jede Genossenschaft, die diesem Verbund beitritt, abzuwägen hat, ob ein Eintritt in den Verbund, gleicherweise aber auch ein Verbleib in diesem, letztlich von Vorteil ist und die allenfalls auf sich zu nehmenden Nachteile überwiegt; dabei ist auch die bekämpfte Regelung ins Kalkül zu ziehen. Ob und wenn ja in welcher Höhe Zinsen für die Veranlagung flüssiger Mittel ersten Grades zu bezahlen sind, unterliegt dem Privatrechtsregime.

Schließlich verweist die Bundesregierung auch zu Recht auf die in den Satzungen vorgesehene Austrittsmöglichkeit aus dem Verbund. Das ist deshalb beachtlich, weil dadurch eine Primärbank nicht gehindert wird, ihre bisherige Tätigkeit fortzuführen und sie so in die Lage versetzt ist, sich von als lästig empfundenen Beschränkungen zu befreien; daß sie dadurch gleichzeitig der durch den Verbund gewährten Vorteile verlustig geht, ist notwendige Folge eines Austrittes aus Risken- und Solidargemeinschaften, wie sie eben Genossenschaften und Zusammenschlüsse derselben darstellen (worin ein wesentlicher Unterschied zu jener Fallkonstellation besteht, die dem Erkenntnis VfSlg. 12689/1991 zugrundelag).

2.2. Vor allem ist zu beachten, daß § 14 Abs 11 KWG gerade auch darauf abzielt, die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Primärbanken zu erhalten, hingegen die Nachteile, die mit dem Wirtschaften kleinerer und kleinster wirtschaftlicher Einheiten verbunden sind, zu minimieren. Dies ist auf dem Kreditsektor von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Relevanz. Wie nämlich der Verfassungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, sind die den Kreditsektor betreffenden wirtschaftlichen Regelungen vom Gedanken eines besonderen Funktionsschutzes getragen, da Banken in einem volkswirtschaftlichen Schlüsselbereich tätig sind. Dabei liegt die besondere Schutzbedürftigkeit der Einleger und sonstigen Gläubiger von Kreditunternehmungen offen zutage (vgl. zB VfSlg. 10001/1984, 12098/1989, 12378/1990).

3. So gesehen ist § 14 Abs 11 KWG unter dem Aspekt des Art 18 Abs 1 B-VG nicht zu beanstanden; die Bestimmung ist hinreichend determiniert. Was die Antragstellerin in Wirklichkeit bemängelt, ist vielmehr, daß sie es rechtspolitisch für wünschenswert erachtet, daß der Gesetzgeber zusätzlich die Verzinsung für die Hingabe der Liquiditätsreserve regelt. Gewiß wäre solches grundsätzlich möglich; ein Gebot, dies zu tun, ist aber aus Art 18 B-VG nicht ableitbar. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Frage der Verzinsung der beim Zentralinstitut gehaltenen Mittel den autonom handelnden Beteiligten überlassen. Es ist aus der Sicht des Legalitätsgebotes unbedenklich, wenn der Gesetzgeber eine solche Festlegung entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Verbund den Beteiligten überläßt, da dies der rechtlichen Natur des (sektoralen) Verbundes Rechnung trägt und einer willkürlichen Festlegung der Zinshöhe, wie dargetan, begegnet werden kann.

4. Die bekämpfte Regelung verstößt aber auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Dieser verbietet ua., wesentlich Gleiches ohne sachliche Rechtfertigung ungleich zu behandeln (vgl. VfSlg. 2956/1956, 5727/1968, 7947/1976, 8279/1978, 10001/1984, 10413/1985).

4.1. Die Antragstellerin bringt vor, die unter § 14 Abs 11 KWG fallenden Banken würden durch diese Regelung gegenüber den anderen Banken schlechtergestellt.

Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten eines Verbundes - s. dazu oben II. B.2. - ein wesentlicher Unterschied zwischen den darin zusammengeschlossenen und den außerhalb eines solchen agierenden Banken gelegen ist. Somit wird nicht Gleiches ungleich behandelt.

4.2. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die bekämpfte Regelung in sich unsachlich wäre. Auch diese Beurteilung stützt sich auf die Besonderheiten sowohl des Kreditapparats als auch des (sektoralen) Verbundes in dessen Rahmen.

Die angefochtene Bestimmung verfolgt das Ziel der Realisierung einer ausreichenden Liquiditätsvorsorge; hinzu tritt die "gesetzliche Sicherung des sektoralen Verbundes über das Zentralinstitut" (vgl. RV 844 BlgNR 14. GP, 44). Beide, miteinander verzahnten Ziele sind offenkundig im öffentlichen Interesse gelegen und rechtfertigen die bekämpfte Regelung, wird doch in vielen Belangen durch einen Verbund eine den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens und den davon abgeleiteten Vorstellungen des Gesetzgebers entsprechende Tätigkeit vieler kleinerer Geldinstitute erst gewährleistet. Durch verbandsmäßig organisierte Solidaritäts-, Risikoausgleichs- und Rückversicherungsverbände der örtlichen Raiffeisenbanken mit ihren regionalen Zentralinstituten soll die Haftung für allfällige Zahlungsprobleme der Mitglieder gesichert werden, wobei die Zentralinstitute nicht unerhebliche Leistungen erbringen. Hinzu tritt, daß - auf Anregung der Oesterreichischen Nationalbank - mit den bekämpften Bestimmungen den Zentralinstituten ihre Funktion als Geldsammelstellen gesichert und die Fristentransformation größeren Umfangs erleichtert werden sollte; auch kann dadurch - wie erwähnt - Kapital für größere Vorhaben zur Verfügung gestellt werden (s. Raab in: Österreichisches Forschungsinstitut für Sparkassenwesen (Hg.), Die Kreditwesengesetze 1979 (1979) 15 ff. (58)). Zwar hielten die Primärinstitute bereits vor Erlassung des § 14 Abs 11 KWG weit höhere Einlagen bei ihren Zentralinstituten, als nunmehr gesetzlich vorgesehen ist; eine Verstärkung der Liquiditätshaltung wurde deshalb durch die bekämpfte Regelung nicht bewirkt, doch sollte damit eine Sicherung auch für die Zukunft gewährleistet werden (vgl. Pötzelberger in: FS Krasensky (1978) 266 ff. (276)).

Im übrigen erbringt das Zentralinstitut nicht nur jene Leistungen für die ihm angeschlossenen Institute, die die Antragstellerin in ihrer vorgelegten Aufstellung "Zahlungen der RB mit zuordenbarer Gegenleistung durch RV" aufzählt. Abgesehen davon, daß der Umstand der Zahlung noch keinerlei Aussage darüber ermöglicht, ob damit alle dem Verband aufgelaufenen Kosten abgedeckt sind, gehören gemäß § 2 Z 2 der Satzung des Raiffeisenverbandes Kärnten regGenmbH ua. auch die Beratung und Betreuung der Mitglieder in wirtschaftlichen Angelegenheiten (litb), die Teilnahme an Solidaritätsgemeinschaften und anderen Garantieeinrichtungen zum Schutz der Mitglieder und ihrer Kunden (litj) und die Vertretung von Interessen der Mitgliedsgenossenschaften (litl) zum Unternehmensgegenstand. In diesem Zusammenhang ist an den durch § 1 Abs 1 des Gesetzes über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften aufgestellten allgemeinen Auftrag der Genossenschaften zu erinnern, den Erwerb und die Wirtschaft ihrer Mitglieder zu fördern (vgl. Winkler, JBl. 1993, 137 ff. (143 f.); Laurer, ÖBA 1992, 859 ff. (868); derselbe, ÖBA 1993, 124 ff. (124 f.)). Auch diese, wie alle übrigen Leistungen des Verbundes, sind ebenso ins Kalkül zu ziehen wie die erst durch ein gemeinsames österreichweites und darüber hinausgehendes Auftreten der im Verbund zusammengeschlossenen Mitglieder im Wirtschaftsleben erzielbaren besonderen Marktchancen, wodurch die Vorteile sowohl der lokalen Verankerung als auch der regionalen und überregionalen Repräsentanz kumuliert werden können.

Zudem ist beachtlich, daß die Mitglieder des Verbundes vom Gewinn ihres Zentralinstitutes profitieren bzw. daran beteiligt sind (vgl. § 24 der erwähnten Satzung des Raiffeisenverbandes Kärnten).

Sohin kann nicht davon die Rede sein, die bekämpfte Gesetzesbestimmung sei in sich unsachlich.

4.3. Schließlich begegnen auch die Bestimmungen für Banken, die bei Inkrafttreten des KWG eine Bilanzsumme von mindestens 40 % der Bilanzsumme des Zentralinstitutes aufwiesen, wenn sie eine Erklärung abgeben, den Anschluß an das Zentralinstitut zu lösen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn diese Regelungen betreffen nicht das Ausscheiden derartiger Institute an sich, sondern ordnen bloß eine besondere Kündigungsfrist im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Haltung der Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut an. Sie dienen insoferne der Stärkung des Verbundes und namentlich seiner Liquidität, als damit eine abrupte und mithin volkswirtschaftlich unerwünschte Schwächung desselben ausgeschaltet werden soll.

4.4. Die angefochtene Regelung verstößt deshalb insgesamt aus den vorgebrachten Gründen nicht gegen den Gleichheitssatz.

5. § 14 Abs 11 KWG greift in das durch Art 5 StGG

geschützte Recht auf Unversehrtheit des Eigentums von Kreditinstituten ein. Durch diese Bestimmung wird das jeweilige Primärinstitut von Rechts wegen verpflichtet, bei "seinem Zentralinstitut" eine Liquiditätsreserve bestimmten Ausmaßes zu halten; damit wird in seine privatrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten eingegriffen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 12100/1989) gilt der erste Satz des Art 5 StGG ebenso für Eigentumsbeschränkungen, auf die sich allerdings auch der im zweiten Satz des zitierten Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt erstreckt: Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfrei Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschänkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. 12227/1989).

Die Verpflichtung der Primärinstitute zur Haltung von Liquiditätsreserven beim Zentralinstitut gemäß § 14 Abs 11 KWG stellt eine Eigentumsbeschränkung dar, die im öffentlichen Interesse an einer entsprechenden Liquiditätssicherung und an einem unerläßlichen Gläubigerschutz, dh. der Gewährleistung der Zahlungsfähigkeit von Banken und damit der Absicherung des gesamten Bankenbereiches gelegen ist (vgl. VfSlg. 12227/1989). Nicht einmal die Antragstellerin behauptet aber, daß die angegriffene Regelung den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt.

Daher widerspricht § 14 Abs 11 KWG nicht dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

6. Die bekämpfte Bestimmung greift auch in die durch Art 6 StGG geschützte Erwerbsausübungsfreiheit ein. Die diesbezüglich vorgebrachten Bedenken sind aber ebenfalls nicht gerechtfertigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Gesetzgeber Art 6 StGG zufolge ermächtigt, die Ausübung der Berufe dergestalt zu regeln, daß sie unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und unter bestimmten Umständen verboten ist, sofern er dabei den Wesensgehalt des Grundrechts nicht verletzt und auch sonst der Verfassung entspricht. Eine gesetzliche Regelung, die die Erwerbsfreiheit beschränkt, ist daher nur zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, geeignet, zur Zielerreichung adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. Auch gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung (bloß) beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Erwerbsausübungsfreiheit zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, daß Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen.

Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl. zuletzt etwa VfSlg. 12379/1990).

Wie von der Antragstellerin unbestritten geblieben ist, gebietet das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer funktionierenden Wirtschaft insgesamt, namentlich an einem auch besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten verkraftenden Bankensektor, die Erlassung einschränkender Regelungen zur Sicherung einer entsprechenden Liquidität der Banken. § 14 Abs 11 KWG betreffend die Verpflichtung zur Haltung einer besonderen Liquiditätsreserve der angeschlossenen Institute bei ihrem Zentralinstitut ist zur Erreichung dieses Zieles - Sicherung einer entsprechenden Liquidität und Stärkung des (sektoralen) Verbundes - geeignet, aber auch zur Zielerreichung adäquat und insgesamt (s. oben II. B.2. und 4.) sachlich gerechtfertigt. Auch die aus der Sicht des Art 6 StGG gegen die angefochtene Bestimmung vorgebrachten Bedenken treffen sohin nicht zu.

7. Dem Antrag war daher nicht Folge zu geben.

III. Dies konnte vom Verfassungsgerichtshof gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.