VfGH vom 29.09.2004, g25/04
Sammlungsnummer
17306
Leitsatz
Keine sachliche Rechtfertigung der durch das Budgetbegleitgesetz eingeführten Beschränkung des Anspruches auf Zuerkennung eines Todesfallbeitrages, eines Bestattungskostenbeitrages und eines Pflegekostenbeitrages auf Angehörige von aktiven Beamten (Beamte des Dienststandes)
Spruch
I. Die Worte "des Dienststandes" in § 42 Abs 1,§ 44 Abs 1 und § 45 Abs 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. 340, idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I 2000/142, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
II. § 62b Abs 7 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. 340, idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I 2000/142, war verfassungswidrig.
III. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zl. B1180/02 eine auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist die Witwe nach einem am verstorbenen Bundesbeamten. Dieser war mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom mit Ablauf des - gemäß § 14 Abs 1 Beamten-DienstrechtsG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit - in den Ruhestand versetzt worden.
Mit Eingaben an das Bundespensionsamt vom 25. Jänner und vom begehrte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung eines Sterbekostenzuschusses bzw. eines Todesfallbeitrages, hilfsweise eines Bestattungs- bzw. Pflegekostenbeitrages. Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom stellte dieses fest, dass der Beschwerdeführerin keine dieser Leistungen gebühre. Begründend führte die Behörde aus, dass sich der am verstorbene Ehegatte seit im Ruhestand befunden habe. Gemäß den §§42 Abs 1, 44 Abs 1 und 45 Abs 1 iVm. § 62b Abs 7 PensionsG 1965, idF des BudgetbegleitG 2001, BGBl. I 2000/142, die mit in Kraft getreten seien, bestehe nämlich ein Anspruch auf Todesfall-, Bestattungs- oder Pflegekostenbeitrag nur mehr im Falle des Todes eines Beamten im Dienststand.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung an den Bundesminister für Finanzen gab dieser mit Bescheid vom keine Folge.
1.2. In der eingangs erwähnten, gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen der Anwendung der oben genannten, als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des PensionsG geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt.
2.1. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der im Spruch genannten bundesgesetzlichen Bestimmungen einzuleiten.
2.2. Die Bundesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben; für den Fall der Aufhebung stellt sie den Antrag, "der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art 140 Abs 5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr bestimmen ..., da diesfalls die Ansprüche auf Todesfall-, Bestattungs- und Pflegekostenbeitrag überdacht und neu geregelt werden müssten".
II. Zur hier maßgeblichen Rechtslage ist auf Folgendes hinzuweisen:
1. Die §§42 bis 45 PensionsG, idF vor dem In-Kraft-Treten des BudgetbegleitG 2001, lauteten wie folgt:
"Abschnitt V
Todesfallbeitrag, Bestattungskostenbeitrag,
Pflegekostenbeitrag
Anspruch auf Todesfallbeitrag
§42. (1) Stirbt ein Beamter, so haben nacheinander Anspruch auf Todesfallbeitrag:
1. der überlebende Ehegatte, der am Sterbetag des Beamten mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat,
2. das Kind, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat.
3. das Kind, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat.
(2) Sind mehrere Kinder (Enkelkinder) nebeneinander anspruchsberechtigt, so gebührt ihnen der Todesfallbeitrag zur ungeteilten Hand.
(3) Nach einem mehr als drei Jahre abgängigen Beamten besteht unabhängig vom Zeitpunkt des Todes des Beamten kein Anspruch auf Todesfallbeitrag. Es gebührt jedoch statt des Todesfallbeitrages ein Beitrag zur Deckung der Kosten, die durch den Tod des Beamten entstanden sind. Dieser Beitrag darf das Ausmaß des Todesfallbeitrages nicht übersteigen.
Ausmaß des Todesfallbeitrages
§ 43. Der Todesfallbeitrag beträgt 150% des jeweiligen Gehaltes eines Beamten der Allgemeinen Verwaltung der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V.
Bestattungskostenbeitrag
§44. (1) Ist keine Person vorhanden, die Anspruch auf Todesfallbeitrag hat, so gebührt der Person, die die Kosten der Bestattung des Beamten ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln getragen hat, auf Antrag der Ersatz ihrer Auslagen, soweit diese im Nachlaß des Verstorbenen oder in einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gedeckt sind.
(2) Der Bestattungskostenbeitrag oder mehrere Bestattungskostenbeiträge zusammen dürfen die Höhe des in Betracht kommenden Todesfallbeitrages nicht übersteigen.
Pflegekostenbeitrag
§45. (1) Ist keine Person vorhanden, die Anspruch auf Todesfallbeitrag hat und erreicht ein allfällig gebührender Bestattungskostenbeitrag nicht die Höhe des Todesfallbeitrages, so kann aus berücksichtigungswürdigen Gründen der Person, die den Beamten vor seinem Tod unentgeltlich gepflegt oder die Kosten der Pflege ganz oder teilweise aus eigenen Mitteln getragen hat, auf Antrag ein Pflegekostenbeitrag gewährt werden.
(2) Die Pflegekostenbeiträge und die Bestattungskostenbeiträge zusammen dürfen die Höhe des in Betracht kommenden Todesfallbeitrages nicht übersteigen."
2.1. Mit Art 49 Z 9 bis 11 des BudgetbegleitG 2001 wurden die §§42, 44 und 45 PensionsG wie folgt geändert:
"9. Im § 42 Abs 1 werden die Worte 'Stirbt ein Beamter,' durch die Worte 'Stirbt ein Beamter des Dienststandes,' ersetzt.
10. Im § 44 Abs 1 wird die Wortgruppe 'des Beamten' durch die Wortgruppe 'des verstorbenen Beamten des Dienststandes' ersetzt.
11. Im § 45 Abs 1 wird die Wortgruppe 'den Beamten' durch die Wortgruppe 'den verstorbenen Beamten des Dienststandes' ersetzt."
Mit Art 49 Z 18 BudgetbegleitG 2001 wurde der Übergangsbestimmung des § 62b PensionsG folgender Abs 7 angefügt:
"(7) Ansprüche auf Todesfall- oder Bestattungskostenbeitrag für Todesfälle, die nach dem eingetreten sind, können nur bestehen, wenn der Tod im Dienststand eingetreten ist. Ein Pflegekostenbeitrag kann für Todesfälle, die nach dem eingetreten sind, nur im Fall des Todes im Dienststand gewährt werden. Auf Todesfälle, die vor dem eingetreten sind, sind die §§42 bis 45 und die auf sie verweisenden Bestimmungen in der am geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."
Gemäß § 58 Abs 36 Z 2 PensionsG idF des Art 49 Z 14 BudgetbegleitG 2001 traten diese Änderungen des PensionsG mit in Kraft.
2.2. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des BudgetbegleitG 2001, 311 BlgNR 21. GP, wird zu diesen Änderungen Folgendes ausgeführt:
"Zu Art 49 Z 9 bis 11 (§42 Abs 1, § 44 Abs 1,
§45 Abs 1 PG):
Der Zweck des Todesfallbeitrages besteht vor allem darin, 'den Hinterbliebenen den Übergang in eingeschränktere wirtschaftliche Verhältnisse, wie sie ja in der Regel durch das Ableben des Erhalters der Familie bedingt sein werden, zu erleichtern' (). Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat die historische Rolle des alleinigen, in aller Regel männlichen Familienerhalters rechtlich, wenn auch noch nicht im wünschenswerten Ausmaß wirtschaftlich, beseitigt; im Pensionsrecht spiegeln sich diese Entwicklungen unter anderem in der Einführung der Witwerpension und in der Einkommensabhängigkeit der Hinterbliebenenversorgung wider. Der Todesfallbeitrag kann daher grundsätzlich als historisch überholt betrachtet werden.
Eine Ausnahme bildet der Fall des Todes im Dienststand, der regelmäßig einen finanziellen Engpass verursachen wird. Für diesen Fall bleibt der Todesfallbeitrag daher erhalten. Dem entspricht auch, dass für besonders gefährdete Berufsgruppen im Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz für den Fall des Todes in Ausübung des Dienstes vorgesorgt wurde, wobei der Geltungsbereich dieser Norm hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten in den letzten Jahren mehrmals erweitert und auch die Höhe des Anspruches deutlich verbessert wurde.
Die historische Überholtheit gilt ebenso für den Bestattungskostenbeitrag, dessen Zweck darin besteht, eine angemessene Bestattung des verstorbenen Beamten auch für den Fall zu gewährleisten, dass keine Personen vorhanden sind, die Anspruch auf Todesfallbeitrag haben. Die gesellschaftliche Sonderstellung der Beamten, die sich in der staatlichen Vorsorge für eine angemessene Bestattung niedergeschlagen hat, existiert in dieser Form nicht mehr.
In der gesetzlichen Pensionsversicherung hat man bereits früher auf diese gesellschaftlichen Entwicklungen reagiert und die entsprechenden Geldleistungen ersatzlos gestrichen. In der gesetzlichen Krankenversicherung wurden sie an die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger geknüpft (zB § 51 Abs 5 B-KUVG). Nur mehr in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehen vergleichbare Ansprüche: Bei Tod durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit gebührt ein Teilersatz der Bestattungskosten (§111 B-KUVG).
Aus den angeführten Gründen erscheint es angebracht, die Rechtsinstitute des Todesfallbeitrages und des Bestattungskostenbeitrages nach Pensionsbeziehern auch im Beamtenpensionsrecht zu beseitigen.
Der Pflegekostenbeitrag kann denjenigen Personen gewährt werden, die den Beamten vor seinem Tod unentgeltlich gepflegt oder die Kosten der Pflege aus eigenen Mitteln getragen haben. Im Hinblick auf die Einführung des Pflegegeldes im Jahr 1993 kann auch diese Regelung für verstorbene Ruhestandsbeamte entfallen.
...
Zu Art 49 Z 17 und 18 (§62b Überschrift und Abs 7 PG):
§ 62b Abs 7 schließt für nach dem eingetretene Todesfälle von Beamten, die nicht dem Dienststand angehören, einen Anspruch auf Todesfall-, Bestattungskosten- und Pflegekostenbeitrag aus."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens
1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist im Beschluss über die Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens - vorläufig - davon ausgegangen, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen, auf die sich der bekämpfte Bescheid ausdrücklich und der Sache nach stützt, präjudiziell iSd. Art 140 Abs 1 B-VG seien.
1.2. Dem hält die Bundesregierung hinsichtlich der den Bestattungs- und den Pflegekostenbeitrag betreffenden Regelungen Folgendes entgegen:
"Im vorliegenden Fall hat sich die bescheiderlassende Behörde zwar formal auf sämtliche der in Prüfung gezogenen Bestimmungen gestützt. Allerdings steht fest, dass sie inhaltlich über einen Anspruch der überlebenden Ehegattin nach einem (im Ruhestand) verstorbenen Beamten nach dem V. Abschnitt des Pensionsgesetzes 1965 zu entscheiden hatte. Als Grundlage für einen derartigen Anspruch kommt, sofern die Ehegattin mit dem verstorbenen Beamten am Sterbetag in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, nur § 42 PG 1965 (Todesfallbeitrag) in Betracht, da die Ansprüche gemäß § 44 PG 1965 (Bestattungskostenbeitrag) und § 45 PG 1965 (Pflegekostenbeitrag) nur subsidiär gebühren, also nur dann, wenn keine Person vorhanden ist, die Anspruch auf Todesfallbeitrag hat; zu den Personen, die Anspruch auf Todesfallbeitrag haben, gehört aber die mit dem Beamten in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehegattin. Es ist daher denkunmöglich, dass bei der Entscheidung über einen Anspruch der Ehegattin, die auch die Voraussetzung erfüllt, mit dem verstorbenen Beamten in häuslicher Gemeinschaft gelebt zu haben, neben § 42 PG 1965 auch die §§44 und 45 leg. cit. anzuwenden sind. Allein die Tatsache, dass sich ein Antrag auf Bestimmungen stützt, die auf den gegebenen Sachverhalt nicht in denkmöglicher Weise anwendbar sind, kann nach Auffassung der Bundesregierung auch dann, wenn sich die bescheiderlassende Behörde bei der Abweisung des Antrages formal auf diese Bestimmungen stützt, nicht deren Präjudizialität begründen.
Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass im gegenständlichen Verfahren nur § 42 PG 1965 und die Wortfolge 'Todesfall- oder' in § 62b PG 1965 präjudiziell sind, nicht aber die §§44 f. PG 1965 sowie § 62b leg. cit., soweit er sich auf diese Bestimmungen bezieht."
1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist ungeachtet dessen der Auffassung, dass sämtliche in Prüfung gezogenen Bestimmungen präjudiziell sind: Die belangte Behörde stellte nämlich, ausgehend davon, dass sie meinte, im Hinblick auf § 42 Abs 1 PensionsG, in der hier in Prüfung gezogenen Fassung, das Bestehen eines Anspruches auf Todesfallbeitrag verneinen zu müssen, in weiterer Folge - in Erledigung des Antrages der nunmehrigen Beschwerdeführerin - auf Grund der (weiters) in Prüfung gezogenen Bestimmungen der §§44 Abs 1, 45 Abs 1 und des § 62b Abs 7 PensionsG bescheidmäßig fest, dass der Beschwerdeführerin auch ein Bestattungs- bzw. ein Pflegekostenbeitrag nicht gebührt. Im Hinblick darauf sind aber diese Bestimmungen auch vom Verfassungsgerichtshof bei der Prüfung der an ihn gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde iSd. Art 140 Abs 1 B-VG anzuwenden.
1.4. Da auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. In der Sache
2.1. Im Prüfungsbeschluss wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"Der Verfassungsgerichtshof vermag - vorläufig - keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen, dass hinsichtlich des Anspruches auf Todesfall-, Bestattungskosten- und Pflegekostenbeitrag zwischen Hinterbliebenen nach Beamten des Dienststandes einerseits und nach solchen des Ruhestandes differenziert wird.
Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst führt in seiner [im Beschwerdeverfahren erstatteten] Äußerung diesbezüglich Folgendes aus:
'...
Im Hinblick auf [die einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes] bleibt es dem Dienstrechtsgesetzgeber unbenommen, staatliche Fürsorgeleistungen auf ihre Bedarfsgemäßheit und soziale Bedingtheit und damit auf ihre Rechtfertigung hin zu prüfen und allenfalls auch einzustellen. Im Fall des Todesfallbeitrages nach verstorbenen Beamten oder Beamtinnen des Ruhestandes hat diese Prüfung ergeben, dass eine Einstellung dieser Leistung ohne Weiteres möglich ist, ohne den angemessenen Lebensstandard der versorgungsberechtigten Hinterbliebenen zu gefährden: Der monatliche Versorgungsbezug für die nach § 42 Abs 1 Z 1 in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle anspruchsberechtigten Witwen und Witwer nach Bundesbeamten und -beamtinnen betrug im Jahr 2000 durchschnittlich 1.436 € (brutto) und entsprach damit beinahe dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkommen aller unselbständig Erwerbstätigen dieses Jahres in Höhe von 1.483 €.
In der gebotenen Durchschnittsbetrachtung konnte der einfache Gesetzgeber somit zu Recht davon ausgehen, dass die Aufrechterhaltung des Todesfallbeitrages nach verstorbenen Beamten und Beamtinnen des Ruhestandes - einer im Sozialversicherungsrecht in dieser Form nicht existierenden Leistung - aus sozialpolitischer Sicht nicht notwendig war, zumal durch die Kosten der Bestattung allenfalls auftretende finanzielle Probleme auch durch einmalige Geldaushilfen oder Pensionsvorschüsse nach § 29 PG 1965 je nach Lage des Einzelfalles beseitigt oder zumindest gemildert werden können.
Bei der Prüfung der weiterhin bestehenden sozialpolitischen Notwendigkeit dieser Leistung nach einem verstorbenen Beamten bzw. einer verstorbenen Beamtin des Dienststandes ist der Gesetzgeber - wiederum in der gebotenen Durchschnittsbetrachtung - dagegen zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Leistung aus sozialpolitischer Sicht weiterhin zweckmäßig ist, da ein solcher Todesfall in dem Lebensabschnitt, in dem üblicherweise höhere Kosten beispielsweise für die Beschaffung einer angemessenen Wohnung oder für die Ausbildung von Kindern [entstehen,] zumindest vorübergehend finanziell spürbare Folgen für die Hinterbliebenen haben wird. Die Differenzierung zwischen Beamten und Beamtinnen des Dienststandes und denjenigen des Ruhestandes war damit sachlich gerechtfertigt.
Diese auf den Todesfallbeitrag bezogene Argumentation gilt ebenso für den Bestattungskostenbeitrag und den Pflegekostenbeitrag nach den §§44 und 45 PG 1965.'
Auch diese Argumentation scheint aber nicht geeignet, die oben erwähnten Bedenken zu zerstreuen. Die finanzielle Situation der Hinterbliebenen - nur darauf kommt es im vorliegenden Zusammenhang an - nach einem Beamten des Dienststandes und jener nach einem Beamten des Ruhestandes dürfte sich nämlich - im Hinblick auf die identische Regelung über die Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen - nicht maßgeblich unterscheiden (vgl. etwa VfSlg. 13.743/1994 ['Es ist ... sachlich nicht begründet, die Bezieher von Ruhe- und Versorgungsbezügen in der Krankenversicherung mit einem - nicht unerheblich - höheren Beitragsteil zu belasten als die Beamten des Dienststandes ...']). Insoferne scheinen die in Prüfung gezogenen, in dieser Hinsicht differenzierenden Regelungen unter dem Aspekt des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatzes bedenklich, auch wenn nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gesetzliche Regelungen, die zwischen Beamten des Dienststandes und solchen des Ruhestandes differenzieren, grundsätzlich mit dem Gleichheitsgebot vereinbar sind (vgl. etwa VfSlg. 5799/1968, 7040/1973, 7423/1974, 7705/1975, 9292/1981).
Angesichts der tief greifenden Verschiedenheit des öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses und der Materie des Sozialversicherungsrechtes (vgl. dazu zuletzt ) dürfte auch der Hinweis des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst darauf, dass es sich beim Todesfallbeitrag nach verstorbenen Beamten und Beamtinnen des Ruhestandes um 'eine im Sozialversicherungsrecht in dieser Form nicht existierende Leistung' handle, nichts an den vorstehend geäußerten Bedenken ändern. Im gegenständlichen Fall stellt sich nämlich unter dem Gesichtspunkt des verfassungsgesetzlichen Gleichheitsgebotes allein die Frage, ob der Gesetzgeber, wenn er einen Todesfallbeitrag vorsieht, diesbezüglich innerhalb der Gruppe der Hinterbliebenen nach Beamten danach differenzieren darf, ob es sich um Hinterbliebene nach Beamten des Dienststandes oder nach Ruhestandsbeamten handelt."
2.2. Die Bundesregierung hält dem in ihrer im Gesetzesprüfungsverfahren erstatteten Äußerung Folgendes entgegen:
"Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass die §§42 Abs 1, 44 Abs 1, 45 Abs 1 und 62b Abs 7 PG 1965, BGBl. Nr. 340, idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen könnten, da sie bezüglich des Anspruchs auf Todesfall-, Bestattungs- und Pflegekostenbeitrag zwischen Beamten des Dienststandes und Beamten des Ruhestandes differenzieren. Nach Auffassung der Bundesregierung lässt sich diese Differenzierung jedoch sachlich rechtfertigen, da sich die finanzielle Situation der Hinterbliebenen nach Ruhestandsbeamten maßgeblich von derjenigen der Hinterbliebenen nach Beamten des Dienststandes unterscheidet:
Die zum Zeitpunkt des Todes im Dienststand vielfach noch niedrigen Aktivbezüge sowie fehlende Dienstzeiten führen dazu, dass Hinterbliebenenpensionen nach im Dienststand verstorbenen Beamten im Durchschnitt erheblich geringer sind als solche nach verstorbenen Ruhestandsbeamten. Diese niedrigeren Leistungen fallen zudem regelmäßig in einem Lebensabschnitt an, in dem - wie bereits in der Äußerung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst im Bescheidprüfungsverfahren ausgeführt - üblicherweise noch höhere Kosten beispielsweise für die Beschaffung einer angemessenen Wohnung oder für die Ausbildung von Kindern zu bestreiten sind. Außerdem ist anzunehmen, dass gerade der Tod eines Beamten des Dienststandes aufgrund seines Lebensalters die Hinterbliebenen meist sehr plötzlich und unerwartet trifft und dass der verstorbene Beamte in diesen Fällen oft nicht die Gelegenheit hatte, selbst für den Todesfall vorzusorgen. In einer Durchschnittsbetrachtung wird der Tod eines Beamten des Aktivstandes die Hinterbliebenen damit vor größere finanzielle Probleme stellen als der Tod eines Beamten des Ruhestandes.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass in den geschilderten Umständen Unterschiede im Tatsächlichen liegen, die die gesetzliche Differenzierung durch die in Prüfung gezogenen Bestimmungen rechtfertigen. Dies gilt insbesondere für § 42 PG 1965 betreffend den Todesfallbeitrag, der den engsten Angehörigen gebührt, aber - vor allem im Hinblick auf den Eintritt des Todes in einem Lebensabschnitt, in dem im Allgemeinen nicht damit zu rechnen ist und die Folgen eines Todesfalls auch in finanzieller Hinsicht besonders hart sein können - auch für § 44 und § 45 PG 1965.
Was den Pflegekostenbeitrag gemäß § 45 PG 1965 betrifft, so wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2001, 311 BlgNR 21. GP, außerdem ausgeführt, dass diese Regelung für verstorbene Ruhestandsbeamte im Hinblick auf die Einführung des Pflegegeldes im Jahr 1993 entfallen könne. Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht aber gemäß § 4 Abs 1 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993, nur dann, wenn auf Grund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung der ständige Betreuungs- und Hilfsbedarf (Pflegebedarf) voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern wird oder würde. Beamte mit einem derartigen langfristigen Pflegebedarf werden in aller Regel gemäß § 14 BDG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein; nur in Ausnahmefällen kann es dazu kommen, dass auch Beamte des Dienststandes einen Anspruch auf Pflegegeld haben. Ausgehend von einer Durchschnittsbetrachtung erscheint es daher auch aus diesem Grund gerechtfertigt, den Anspruch auf Pflegekostenbeitrag auf jene Fälle zu beschränken, in denen ein Beamter im Dienststand verstorben ist.
Schließlich ist auch auf die erhebliche budgetäre Belastung hinzuweisen, die die Gewährung der in Rede stehenden Leistungen an Hinterbliebene nach Beamten des Ruhestandes bedeuten würde; die Gewährung der Leistungen nur in jenen Fällen, in denen ein Beamter im Dienststand verstorben ist, erscheint hingegen vertretbar und im Hinblick auf den finanziellen Engpass, den der Tod in diesem Lebensabschnitt regelmäßig verursachen wird, als Ausfluss der Fürsorgepflicht des Bundes auch wünschenswert. Der Verfassungsgerichtshof hat etwa im Erkenntnis VfSlg. 12.641/1991 ausdrücklich festgehalten, dass budgetäre Erwägungen durchaus in den Bereich sachlicher Überlegungen gehören, wenn nur die aufgrund dieser Überlegungen getroffene Regelung in sich sachlich ist.
Zusammenfassend wird festgehalten, dass aus Sicht der Bundesregierung eine Verfassungswidrigkeit der §§42 Abs 1, 44 Abs 1, 45 Abs 1 und 62b Abs 7 des Pensionsgesetzes 1965 - PG 1965, BGBl. Nr. 340, idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, nicht gegeben ist."
2.3. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die im Prüfungsbeschluss dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken zu entkräften.
Die faktischen Bedürfnisse von Hinterbliebenen, die die hier in Rede stehenden Leistungen rechtfertigen, knüpfen nämlich nicht zwingend an der Differenzierung zwischen dem Dienststand und dem Ruhestand an (vgl. etwa VfSlg. 13.743/1994, S 431 f., zur Unsachlichkeit einer Regelung, der zu Folge die Bezieher von Ruhe- und Versorgungsbezügen in der Krankenversicherung mit einem - nicht unerheblich - höheren Beitragsteil belastet werden als die Beamten des Dienststandes). Auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Tod des Beamten dessen Hinterbliebene abhängig vom Alter des Beamten überraschend trifft, ist die Differenzierung zwischen dem Dienststand und dem Ruhestand nicht sachgerecht; und zwar wegen der - auf Grund der jüngeren Rechtsentwicklung - großen Spannweite von (Lebens)Jahren, in denen es zur Ruhestandsversetzung bzw. zum Übertritt in den Ruhestand kommen kann.
Ausgehend davon ist für den Standpunkt der Bundesregierung aber auch aus dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nichts zu gewinnen, wonach "budgetäre Erwägungen durchaus in den Bereich sachlicher Überlegungen gehör[t]en, wenn nur die aufgrund dieser Überlegungen getroffene Regelung in sich sachlich ist", weil letzteres hier eben nicht vorliegt.
Aus der Argumentation der Bundesregierung betreffend den Pflegekostenbeitrag ist allein deshalb nichts für ihren Standpunkt zu gewinnen, weil die Regelungen über das Pflegegeld hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten und der Anspruchsvoraussetzungen mit jenen über den Pflegekostenbeitrag von vornherein nicht vergleichbar sind.
3. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken haben sich somit als zutreffend erwiesen. Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen verstoßen daher gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitssatz (Art7 Abs 1 B-VG).
Die Worte "des Dienststandes" in § 42 Abs 1,§ 44 Abs 1 und § 45 Abs 1 PensionsG waren sohin als verfassungswidrig aufzuheben. Dazu ist Folgendes anzumerken: Die mit Art 7 Z 19 der - als Sammelgesetz ergangenen - 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I 2003/130, bewirkte Änderung im § 42 Abs 1 PensionsG kann außer Betracht bleiben; sie betrifft allein die Z 3 des § 42 Abs 1 PensionsG, nicht aber die in Prüfung gezogenen Worte "des Dienststandes" im Einleitungssatz des § 42 Abs 1 PensionsG und ist somit ohne Einfluss auf die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes.
§ 62b PensionsG hat mit Art 4 Z 14 des - als Sammelgesetz ergangenen - Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I 2002/119, die Bezeichnung "§88" erhalten. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich daher auf die Feststellung zu beschränken, dass § 62b Abs 7 PensionsG in der hier maßgeblichen Fassung des BudgetbegleitG 2001 verfassungswidrig war.
4. Die Bestimmung einer Frist für das Außer-Kraft-Treten der im Spruch unter Punkt I. genannten Gesetzesstellen gründet sich auf Art 140 Abs 5 dritter und vierter Satz B-VG.
Der auf die Aufhebung der (wie oben unter Pkt. II.2.1. dargestellt mit Art 49 Z 9 bis 11 des BudgetbegleitG 2001 eingefügten) Worte "des Dienststandes" in § 42 Abs 1,§ 44 Abs 1 und § 45 Abs 1 PensionsG Bezug nehmende Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art 140 Abs 6 erster Satz B-VG.
Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des Ausspruches nach Art 140 Abs 4 B-VG sowie damit im Zusammenhang stehender Aussprüche erfließt aus Art 140 Abs 5 erster und zweiter Satz B-VG und § 64 Abs 2 VfGG iVm. § 3 Abs 1 Z 3 BGBlG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.